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Geschrieben

„Die Talsohle der Krise ist offenbar durchschritten“

 

Exegese und Theologie, Spiritualität, Charismen und die Rückbesinnung auf „Erzkatholisches“: Zur Situation der katholischen Kirche in Deutschland

 

Von Klaus Berger

 

Die Talsohle der Kirchenkrise ist offenbar durchschritten. Zwei Schlaglichter aus dem Orden der Zisterzienser, dem ich seit Jahren eng verbunden bin, mögen dieses erhellen: Zum einen das Wunder von Helfta in der Lutherstadt Eisleben. Dort, wo Wirtschaft und Kirche längst tot zu sein scheinen, wo noch „DDR pur“ dahinwest, kann sich das Kloster der heiligen Gertrud vor Nachwuchs kaum retten, zu fast jedem Stundengebet ist die Kirche halbvoll von Menschen. Und zum anderen: Der Abt vom Stift Heiligenkreuz bei Wien wurde jüngst in der Konferenz der Ordensoberen im fernen Österreich gefragt, warum sein Kloster reichlich Nachwuchs habe, andere aber gar nicht. Seine Antwort: Weil wir Ordenskleidung tragen, auch wenn wir unterwegs sind, und weil wir hinter dem Papst stehen.

 

In seinem Buch „Der blockierte Riese“ hat Manfred Lütz jüngst den Vorschlag gemacht, es in Sachen Kirche zu halten wie die neuere Psychiatrie: Wenn man fragt, woran leiden Sie, dann bekommt man endlose Litaneien zu hören, und alle anderen sind schuld. Wenn man dagegen fragt: Wie haben Sie das nur so lange aushalten können?, dann sprechen die Menschen über ihre Ressourcen, über die Kraft, die sie am Leben erhält. Und welches sind unsere Ressourcen?

 

Verantwortung der Exegeten für den Zustand der Kirche

 

Als Neutestamentler bin ich sozusagen Kellermeister unserer Hauptressource, und was Exegeten zum Neuen und zum Alten Testament sagen, das ist aus meiner Sicht ganz wesentlich verantwortlich für den Zustand der Kirche. Die meisten Theologen ziehen sich bei der Exegese eine lebenslängliche chronische Erkältung zu, denn die Exegese findet immer heraus, dass angeblich alles das nicht stimmt, was wir glauben. Und wenn das Herz der Kirche so zerfasert ist, wie kann sie da leben? Niemand, ich schon gar nicht, will auf die Einsichten der historischen Exegese verzichten. Aber die Zukunft liegt eindeutig bei einer Auslegung der Schrift, die nicht immerzu die Bibelkritik zum Instrument der Kirchenkritik macht. Das sieht dann so aus: Wenn der Exeget meint, ihm hinge Liturgie zum Halse heraus, wird er flugs behaupten, Jesus sei nie im Tempel gewesen und habe den ganzen Kult abschaffen wollen. Wenn ihn autoritär verordneter Wunderglaube stört, erklärt er, Lazarus habe gar nicht gelebt, damit eben Johannes 11 nicht passiert sein muss. Wenn jemand sich über den Papst ärgert, erklärt er das Wort an Petrus für unecht. Wenn jemand gern geheiratet hätte, erklärt er das anstößige Eunuchenwort Jesu für nicht authentisch.

 

Und wenn jemand – irrtümlich – meint, Marienverehrung belaste die Ökumene, dann wird schnell darauf hingewiesen, die Empfängnis durch den Heiligen Geist stehe nur in zweien der vier Evangelien. Und außerdem sei sie nicht mehr zeitgemäß. Ich pflege dann immer mit einem Tauschangebot zu antworten: Auch das Vaterunser steht nur in zwei Evangelien, zufällig in denselben. Wenn ihr das Vaterunser aufgebt, gebe ich Mariae Verkündigung auf.

 

Besonders stark wird das Gottesbild manipuliert. Angesehene katholische Theologen schrecken nicht davor zurück, alle Gerichtsaussagen in der Verkündigung Jesu für spätere Eintragungen und Verfälschungen zu halten. Dabei bezeichnet sich Jesus ausdrücklich nicht als Friedensapostel. Die Zertrennung der Beziehungen jetzt soll der sonst fälligen Zertrennung im Gericht präventiv vorausgehen.

 

Wer den Gott der Bibel auf das eine Attribut therapeutischer Liebe festlegt, trägt die angeblichen Bedürfnisse einer hedonistischen Wohlfühlgesellschaft gewaltsam in die Bibel ein. Wer so mit dem Gottesbild umgeht, weckt Erwartungen, die die Kirche nicht erfüllen kann, weil doch auch Gott selbst diese Wünsche nicht erfüllen will. Hier geht es um direkte Folgen einer zweifelhaften Spiritualität für das Verhalten zur Kirche. Oft kommen Menschen zu mir und sagen: „Ich trete aus der Kirche aus, weil Gott unsere Oma hat sterben lassen. Einen solchen Gott kann ich nicht unterstützen.“ Aber wer hat den Leuten denn eingeredet, dass Gott so sei? Wer hat ihnen denn weismachen wollen, Jesu Wort vom notwendigen Hassen der Familie und seiner selbst sei unecht?

 

Und die Anrede Gottes als Mutter ist nichts weiter als ein feministisches Eigentor. Jesus redet deshalb Gott mit „Vater“ an, weil es dringend notwendig ist, in einer patriarchalischen Gesellschaft, in der alles Unheil von Vätern und so genannten Onkels ausgeht, einen neuen, ganz anderen Vater zu finden. Wer Gott als Mutter anredet, bekennt damit, dass in der bestehenden Gesellschaft alles Unheil von Müttern und Tanten ausgeht, so dass die Mütter unbedingt ersetzt werden müssen.

 

Liebe Reformkatholiken, verschont uns mit euren Versuchen, all das für unecht oder unhistorisch zu erklären, was im Neuen Testament auf ein differenziertes Gottesbild, auf Kirche und den Glauben an den dreifaltigen Gott hinweist. Die Zukunft gehört eindeutig einem schonenderen Prüfverfahren, das die Fremdheit der Texte achten kann, damit es den Studierenden mehr so ergeht wie den Jüngern von Emmaus, denen das Herz brannte.

 

Die Zukunft gehört einer Exegese, die in der Lage ist, die mystischen Fakten als eigenständige Wirklichkeit anzuerkennen, die also Auferstehung, Wunder und Himmelreich nicht so weit reduzieren muss, dass sie nur Anhängsel psychischer oder sozialer Fakten sind. Ich meine damit eine Emanzipation des unsichtbaren, aber wirkmächtigen und sehnsüchtig gesuchten Bereiches Gottes. Das bedeutet: Der Bereich des Heiligen ist nicht irrational und subjektiv, und eine aufmerksame und nicht-reduktionistische Exegese liefert hier eine ganze Landkarte möglicher Lebensvollzüge zwischen Gott und Mensch. Zum Beispiel ist die Einigkeit mit Gott im Glauben und unter Menschen in der Versöhnung der Schöpfermacht Gottes selbst zugesagt. Zum Beispiel zielt Gottes Offenbarung auf die Erfassung, Heilung und Verwandlung menschlicher Leiblichkeit. Und es besteht ein Zusammenhang zwischen Sprache und Gebet überhaupt. Also eine Wirklichkeit, in der das Kausalgesetz im Sinne der hinreichenden Ursache nicht gilt. Mystik bedeutet nicht Subjektivität, sondern eine eigene Wirklichkeit, in die Visionen und Wunder, Schöpfung, Jungfrauengeburt, Auferstehung, Engel und Teufel gehören. Ihre Logik ist kommunizierbar, einsehbar und wissenschaftlich beschreibbar. Es geht darum, diese als Exeget nicht einfach zu negieren, sondern darüber sprachfähig zu werden. Das wäre ein spezifisch katholischer Beitrag zu der zu hundert Prozent dominierenden liberalen protestantischen Exegese.

 

Ich bin erschrocken darüber, wie zerspalten gerade die aktiven Katholiken und dann noch einmal die Katholiken rechts von der Mitte sind. Es ist immer wieder die Spaltung zwischen Traditionalisten und Reformisten. Dabei entsprechen die Reformisten etwa dem, was zu achtzig bis neunzig Prozent an katholischen Fakultäten gelehrt wird. Und das ist ein irenischer, aufgeklärter Rationalismus – ohne ernst zu nehmenden Bezug zur ganzen Bibel. Eucharistische Frömmigkeit und Marienverehrung sind abhanden gekommen. Aus moralischen Gründen ist man antipäpstlich, antihierarchisch und oft antikirchlich. Diese oftmals interreligiös begründeten Positionen finden sich besonders oft auch im Apparat der kirchlichen Angestellten und bei Pfarrern zwischen 45 und 65. Es gehört oft zum guten Ton, gegen die Kirche zu sein. Wer nicht gegen die Kirche ist, kann nichts werden.

 

Zum Beleg für die Zustände an den katholischen Fakultäten nur wenige Fragen: Wo ist die eucharistische Frömmigkeit geblieben? Irgendjemand hat den Menschen eingeredet, aus Rücksicht auf die Protestanten dürfe man nicht mehr an die Gegenwart Jesu in Brot und Wein glauben. In vielen Pfarreien werden seit Jahren keine Sakramentsandachten mehr gehalten, in sehr vielen Kirchen ist der Tabernakel schamhaft in die Ecken abgedrängt.

 

Und zweitens: Die Vereinigung deutschsprachiger katholischer Systematiker hat jüngst erklärt, sie entschuldige sich bei den Protestanten für „Dominus Iesus“. Das nenne ich „katholische Weicheier“. Kein Protestant wird dies ernsthaft würdigen wollen und können. Denn man kann froh darüber sein, dass die Diskussion über „Kirche“ endlich ehrlicher wird.

 

Zur Diagnose: Dass der Mangel an Pries- ternachwuchs am Zölibat hinge, ist im Wesentlichen eine Ausrede. Vielmehr: Es stimmt mit der Theologie das meiste nicht. Sie ist seicht aufklärerisch und naiv angepasst. Die Heilmittel liegen auf der Hand: biblischer und urkirchlicher Pfeffer, Freude am Glauben und apokalyptische Distanz zur Gesellschaft, und wie wäre es mit einem Schuss Radikalität?

 

„Apokalyptische Distanz“, weil die Nähe zum Staat zu groß ist. „Freude am Glauben“, weil es im Evangelium heißt: Voll Freude ging der, der den Schatz im Acker gefunden hatte, hin und gab alles auf, was er hatte. Ob man den Zölibat schafft, das ist ein Indikator für die Freude am Glauben. Eine erneuerte Theologie stelle ich mir vor als monastische Theologie und eben nicht nur als Neuauflage der Scholastik. Meine Fragezeichenbücher („Wer war Jesus wirklich?“, „Darf man an Wunder glauben?“ usw.) sind als Beiträge zu monastischer Theologie gedacht.

 

Das Überleben hängt ab von der Spiritualität

 

Nun werden meiner These von der „erneuerten Spiritualität“ sicher fast alle zustimmen können, weil es sich da um etwas Schwammiges zu handeln scheint, die These aber, mit der Theologie stimme das meiste nicht, werden Theologen, Apologetik gewöhnt, bestreiten. Doch die Spiritualität ist nicht zu haben ohne eine zugehörige Theologie. Und genau das habe ich seit meiner Jugend entbehrt.

 

Schon als ich Theologie studierte, wurden Spirituale in den Priesterseminaren als Witzfiguren geführt. Ihre Rolle entsprach ungefähr der des Zeichenlehrers an einem Gymnasium voll rotzfrecher Buben. Die Unterstützung durch die Regenten war halbherzig. Das wäre ein Heilmittel: Die jungen Menschen zu faszinieren durch den Reichtum, den Liturgie und Väter in spiritueller Hinsicht bieten. Bei meinen protes- tantischen Hörern in Heidelberg ist wenigs- tens die Frage aufgebrochen. In einer Kirche mit durchschnittlich einem Prozent Gottesdienstbesuch entdeckt man plötzlich, dass das Überleben von der Spiritualität abhängt. Geradezu verzweifelt sucht man danach, reist nach Taizé, um wenigstens „Zis- terzienser light“ zu erleben.

 

Die Kirche der Zukunft wird wieder Kraft dazu haben, das Ärgernis der Botschaft auszuhalten und zu vertreten. So wie sie dem Zeitgeist widerstanden hat und unter großen Opfern daran festhält, dass Jesus die Ehescheidung nicht will. Wie leicht hätte sie es sich machen können. Doch es hat schon seinen Sinn, warum Jesus insgesamt fünfmal sagt, dass er Scheidung nicht will. Kein Wort ist so häufig belegt wie dieses. Denn Jesus sieht in der Treue zwischen Mann und Frau Abbild und Konsequenz der Treue Gottes zu seinem Volk, die seit alten Zeiten im Bild der Ehe gesehen wird.

 

Kirche der Zukunft wird kaum noch flächendeckend die Menschen mit Pfarreien vorsorgen können, sondern sich wie vor 1>r W/4<200 Jahren auf geistliche Zentren beschränken müssen. Erfahrungen mit den streng kontemplativen Orden zeigen es: Spiritualität lebt nicht ohne Träger, um die kontemplativen Klöster werden sich Gemeinden der Zukunft scharen, weil diese selbst ein Stück Verweis auf die geheimnisvolle Mitte sind. Es werden Gemeinden sein, die strikt auf das Wesentliche beschränkt sind, Gottesdienst und Seelsorge; dazu gehört es zum Beispiel, Hausbesuche zu machen, ganz altmodisch, gewiss. Wie wäre es, wenn wir nur noch das Wesentliche tun könnten? Ohne die tausend Verzettelungen. Vielleicht würde es uns gut tun.

 

Die zweite Säule neben den geistlichen Zentren werden charismatische Figuren sein, wie Julius Döpfner eine war. Um solche Männer und Frauen kann man nur beten. Man sollte sie nicht nur im Klerus suchen. Früher nannte man solche Figuren Heilige. Die Kirche braucht sie notwendig. Übrigens ist das wohl der Hauptgrund, weshalb von 100>r W/4<000 Besuchern der evangelischen Kirchentage jeweils 30 000 katholisch sind, eben weil sie Frau Schottroff und Frau Käßmann, Frau Sölle und Frau Jepsen für Prachtexemplare halten, die man unbedingt gesehen und gehört haben muss, dazu auch männliche Gegenstücke wie Drewermann, Steffenski und Anselm Grün. Von diesen Figuren leben die Jugendlichen, und wir sollten das ganz nüchtern neidlos wahrnehmen. Kirche der Zukunft nimmt die charismatischen Gaben vieler Laien ernster.

 

Die Zukunft der Kirche liegt darin, dass sie sich auf erzkatholische Elemente besinnt. Und das ist immer eine Sache des Bodenpersonals. Jede Unsicherheit, jede versteckte Nörgelei, alles, was nicht freudigen Herzens und mit Überzeugung getan wird, merken die Menschen zum Beispiel dem Leiter des Gottesdienstes sofort an. Und der ungeheure Druck der Mitbrüder und Kollegen in Richtung Modernismus ist eine einzige große Mobbing-Veranstaltung. Denn wer will schon gern als reaktionär verschrieen sein, wo doch modern sein alles ist. Das ist geradezu die Definition eines Theologen: Ein Zeitgenosse, der immer versucht, auf den letzen Wagen des Zuges der Modernität noch aufzuspringen – und die Lokomotive ist doch oft schon ganz woanders. Das Verb „glauben“ wird immer mit dem Wörtchen „noch“ verbunden. Sag bloß, du glaubst noch an Jungfrauengeburt? noch an Auferstehung? Neulich hat jemand vorgeschlagen, die Botschaft von Jesu Kreuz und Auferstehung müsse unbedingt modernisiert werden. Soll also Jesus an Schlaftabletten gestorben sein?

 

Es gibt Dinge, die so altmodisch sind, dass sie schon wieder modern sind. Und zur katholischen Religion gehören eben Weihrauch und Prozession, Wallfahrt und Marienfest, Rosenkranz und Priesterkleidung auf der Straße. Die evangelischen Brüder und Schwestern entdecken jetzt alles wieder, was wir haufenweise zum Fens- ter hinauswerfen.

 

Treue zur Identität bedeutet nicht starre Geschichtslosigkeit, sondern ist auch die Fähigkeit zu unterscheiden zwischen Standbein und Spielbein, zwischen Grundsatztreue und Seelsorge. Aber das, was in der Gegenwart geschieht, ist nicht irgendein notwendiger Wandel, da würden die Leute nicht austreten, sondern Selbstsäkularisierung und Selbstbanalisierung, der Verlust des Charakters als Religion. Und zur Religion gehören Kult und Mystik, Schönheit und Askese, Mönchtum und Beten, Kultsprache und liturgische Gewänder, Gottesdienst feiern können. Warum ich da so konservativ bin? Weil trinitarischer Glaube ultimative, unüberholbare Präsenz des Heiligen Geistes bedeutet. Oder um mit dem Protevangelium des Jakobus zu sprechen: Als Jesus geboren wurde, als Gott in die Welt eintrat, hielt die Schöpfung den Atem an. So ist das, wenn der Himmel die Erde küsst, eine märchenhafte Zeitlosigkeit. Hier gilt: Von der (byzantinischen) Orthodoxie lernen heißt überleben lernen.

 

Die Kirche der Zukunft wird auch über die Frage Klarheit gewinnen müssen, ob sie sich als Konfession unter anderen versteht oder als Kirche Jesu Christi. An der innerlich fast vollständig protestantisierten katholischen Kirche der Schweiz kann man gut erkennen, wohin es in der Praxis führt, wenn Ökumenismus zur Falle wird, wenn er auf Dauer nur das gemeinsame Minimum zulässt. Und das sind meist dürre Formeln, aber nicht ein Leben aus dem Vollen.

 

Man kann der Meinung sein, das zentrale Problem der Zukunft sei das Verhältnis der Kirche zu anderen nichtkatholischen Chris- ten und zu anderen Religionen. Viele setzen hier auf Formelkompromisse oder das Projekt Weltethos. Ich halte beides für illusionär, für Konstruktionen im dritten Himmel. Katholiken pflegen hier anderen jeweils mehr als genug entgegenzukommen, aus Minderwertigkeitsgefühl und schlechtem Gewissen. So entsteht der Eindruck, sie würden sich eines Tages auch bei der Interkommunion über den Tisch ziehen lassen und auf die Wahl des nächsten Papstes anständigerweise überhaupt verzichten.

 

Aus dem Neuen Testament sind ähnliche Krisensituationen der frühen Kirche bekannt. In allen diesen Situationen hat sich die Kirche vor Schaden bewahrt, indem sie sich am Judentum orientiert hat. Das heißt auf deutsch: Verschleudert nicht eure Identität, ihr könnt nur liebevoll mit anderen reden, wenn ihr eure eigenen Schätze für kostbar haltet. Es gibt einen berechtigten Hochmut des Glaubens, und es gibt einen legitimen Stolz, zu einer Kirche zu gehören, die noch immer die Kirche der großen Heiligen ist.

 

Interkonfessionalität und Interreligiosität als Fallen

 

Wenn Mission zum Erliegen kommt, ist das ganz bedenklich. Damit meine ich nicht Bekämpfung ehrwürdiger Religionen, sondern zum Beispiel Nord- und Ostdeutschland. Zwanzig Prozent Christen in Hamburg Altona, zwölf Prozent in Magdeburg. Deutschland ist Missionsland. Die Esoteriker und Neobuddhisten haben den großen Zulauf, weil die Menschen dort Spiritualität suchen, die sie in der Kirche nicht finden. Das muss man sich vorstellen: In der Kirche, die Theresa von Avila und Franz von Assisi hervorgebracht hat. Ich kann da nur wieder auf den galoppierenden Rationalismus der Theologen verweisen. Die Quittung liegt längst vor. Eine missionarische Kirche muss eindeutig sein. In dieser Hinsicht ist das Ergebnis des Streites um die Schwangeren-Konfliktberatung in der kirchenfernen Öffentlichkeit ein nochmaliger starker Autoritätsverlust der Kirche.

 

In der Kirche der Zukunft werden die Menschen die Dimension des Heiligen und des Geheimnisses wiederentdecken. Chris- tentum ist eine Religion und eben nicht eine ganz vernünftige Sache. Der Gottesdienst ist keine didaktische Veranstaltung, zu deren Beginn man die Leute dazu begrüßen und beglückwünschen muss, dass sie trotz des guten oder je nachdem schlechten Wetters gekommen sind. Die Leute wissen schon, wozu sie gekommen sind, aus Sehnsucht nach Gott, aber nicht zu albernen Psycho-Hilfen. Viele kommen sich vor wie im Kindergarten, mit Spielchen veralbert.

 

Die Mitte ist die Liturgie mit ihrem Schatz an Spiritualität. Lesen Sie doch einmal das Corpus Praefationum! Und – um an den Anfang zurückzukehren – auch die Exegese der Zukunft wird sich diese Schätze aneignen. Zum Beispiel nach diesem Text aus den mittelalterlichen bischöflichen Segensgebeten: „Lass, Herr, die herrliche Schönheit des himmlischen Jerusalem an deiner Kirche sichtbar werden. Lass deine Kirche das Wunderwerk aus Gold und Perlen, als das es beschrieben wird, wahrnehmen und in die Tat umsetzen. Denn auf seinen himmlischen Fundamenten sollen wir die Mauersteine sein, durch Liebe zusammengehalten, so dass wir zusammen mit Jesu Auserwählten diese Stadt erben.“

 

Der hier veröffentlichte Text ist der Wortlaut eines Referats, das der Autor, in Heidelberg lehrender Professor für Exegese des Neuen Testaments, am 14. Juli in der Katholischen Akademie in Bayern gehalten hat.

( http://www.die-tagespost.com  

Geschrieben

Ich finde es trotzdem gut, sich an der Wirklichkeit zu orientieren.

Klar: Eine rein historisch-kritische Exegese reißt 'ne Menge ein an Vorstellungen, die einem zwar liebgeworden sind, die aber sich nicht halten lassen.

 

Die historisch-kritische Methode führt ja auch nicht direkt zu Glauben, sondern liefert ein (abgenagtes) Skelett. Fleisch, Geist und Lebenssaft liegen außerhalb ihrer Methodik.

 

Ihr Wert besteht darin, dass man etwas bescheidener wird: Die Wissensallüren werden ausgetrieben und wieder Platz für den Glauben geschaffen. (Wobei "Platz" ja immer noch etwas leeres ist). Um das abgelieferte Skelett herum lässt sich dann nicht alles willkürlich hingruppieren.

 

Ein wenig Realismus scheint dem Klaus Berger sowieso nicht schlecht zu tun, wenn er behauptet, die Talsohle der Kirchenkrise sei "offenbar" überwunden. Warum eigentlich? Weil ER jetzt die Lösung gefunden hat? So ganz "offenbar" scheint mir diese Überwindung nicht zu sein.

Geschrieben

>> Die Talsohle der Kirchenkrise ist offenbar durchschritten. <<

 

 

Kein Strohhalm ist schwach genug, daß sich nicht irgendwer fände, sich daran festzuklammern.

 

Da haben zwei Klöster starken Zulauf - und schon ist die Talsohle der Kirchenkrise offenbar durchschritten.

 

Es war schon immer eine Spezialität von Glaubensaposteln, das als offenbar zu bezeichnen, was ganz und gar nicht offenbar ist. Es soll ja ganze Offenbarungsreligionen geben.

Geschrieben

Lieber Steffen,

 

mehr monastisches Denken als Zukunftschance kann ich voll unterschreiben. Allerdings nicht auf der Basis von K. Berger.

Geschrieben

Lieber Mecky,

 

ich gebe Berger auch nicht überall recht.

Das fängt schon mit der Überschrift an (Talsohle durchschritten), die er selbst revidiert, indem er vom Tod der Kirche im herkömmlichen Sinn und von einer Neuevangelisierung, deren Herz die kontemplativen Orden sind, ausgeht.

 

Diese ansichten zur Neuevangelisierung teile ich, wenn ich auch den Säkularinstituten und der Personalprälatur eine wichtige Rolle dabei zuerkenne.

 

Was er zur Exegese schreibt, ist mir ziemlich egal; sie interessiert mich ohnehin nur am Rande, da ich die gesamte Diskussion über hist. krit. Methode usw. reichlich albern finde.

 

Er hat jedoch damit recht, wenn er auf die Liturgie und Eucharistie als Kern der kath. Frömmigkeit hinweist, und wenn er hier vor Verwässerung warnt.

 

Er hat auch damit recht, daß er mehr Wert auf Ganzhingabe des Menschen und somit auf die klassischen Haltungen wie die Demut und Offenheit zu Gott hinweist und deswegen eine Moraltheologie ablehnt, die das Spezifische der christlichen Botschaft, das Lebensverändernde weitgehend ignoriert oder verharmlost.

Geschrieben

Lieber Steffen,

vielen Dank für diesen Artikel.

Ich möchte hier mal ganz aus dem Bauch heraus schreiben, was mich angesprochen hat und was meine Meinung ist:

 

Der Autor hat ganz richtig erkannt, dass die Menschen von heute (wie vielleicht auch damals) auf der Suche nach Spiritualität sind.

Hört Euch doch nur mal in diesem Forum um bei den Konvertierten, oder denen, die wieder zurückgefunden haben zum "aktiven" Glauben. Ich höre und gebrauche auch immer wieder selber das Wort Mystik und mein Gefühl zu Gott.

 

Zu der Zeit als das Christentum verbreitet wurde , erklärten die Jünger den Menschen auch nicht die Bibel, die entstand da ja wohl erst.Sondern sie sprachen von ihren Erfahrungen und ihren Gefühlen.

Ich möchte hier nicht behaupten ,dass wir ohne die Exegese

auskommen. Aber wir brauchen mehr als das. Und das wird für mich sehr deutlich ausgedrückt in diesem Artikel.

 

Fangt also jetzt nicht wieder alle an nur das halbleere Glas zu sehen, sondern macht Euch Gedanken über das Halbvolle in

diesem Artikel.

Liebe Grüsse von Sabine

Geschrieben


Zitat von Steffen am 12:03 - 25.Juli.2001

„Die Talsohle der Krise ist offenbar durchschritten“

 

Exegese und Theologie, Spiritualität, Charismen und die Rückbesinnung auf „Erzkatholisches“: Zur Situation der katholischen Kirche in Deutschland

 

Von Klaus Berger

 

Die Talsohle der Kirchenkrise ist offenbar durchschritten. Zwei Schlaglichter aus dem Orden der Zisterzienser, dem ich seit Jahren eng verbunden bin, mögen dieses erhellen: Zum einen das Wunder von Helfta in der Lutherstadt Eisleben. Dort, wo Wirtschaft und Kirche längst tot zu sein scheinen, wo noch „DDR pur“ dahinwest, kann sich das Kloster der heiligen Gertrud vor Nachwuchs kaum retten, zu fast jedem Stundengebet ist die Kirche halbvoll von Menschen. Und zum anderen: Der Abt vom Stift Heiligenkreuz bei Wien wurde jüngst in der Konferenz der Ordensoberen im fernen Österreich gefragt, warum sein Kloster reichlich Nachwuchs habe, andere aber gar nicht. Seine Antwort: Weil wir Ordenskleidung tragen, auch wenn wir unterwegs sind, und weil wir hinter dem Papst stehen....

(
 


 

ein paar spontane Gedanken:

Frage: Ist es ein "Zurück", ein Wideraufleben alter Werte, geht das überhaupt oder ist es Eskapismus in eine scheinbar heile Welt der Vergangenheit, wo es noch klar, einfach, in der projektiven Phantasie von heute aus gesehen "geborgen" war? Abgesehen davon, dass diese Welt wohl nie so "heil" war: "Das Wunder von Helfta" hat sich nicht zufällig in einer Region ereignet, wo Leute offensichtlich ein tristes Leben und wenige Chancen haben, in einer Gegend von hoher Arbeitslosigkeit könnte manch einer eher seine Berufung für ein monastisches Leben entdecken. Und Wien: Klare Strukturen in einer unübersichtlich gewordenen Welt. Zurück hinter die Aufklärung in eine diesmal selbst verschuldete Unmündigkeit - und die wirklichen Herrschaftsstrukturen, Globalisierung, die Macht der multinationalen Konzerne, das entschwindet aus dem Blickfeld. Ich glaube auch, dass Mystik eine befreiendende/verändernde Kraft ist, sie weist über das Bestehende, den Mythos des Geldes hinaus. Worum geht es denn wirklich?  Eine Gefangenheit in ökonomischen Problemen: Obwohl dieWelt insgesamt noch nie so produktiv war wie heute, nimmt der Lebensstandard ab, Geld konzentriert sich immer mehr bei Wenigen, all das kann nicht mehr gesehen werden, wenn Leute offensichtlich anfangen, "Mittelalter" zu spielen. Mystik, eine potentiell verändernde Kraft, wird in papsttreuen Ordensgehorsam gezwängt, damit kontrollierbar, entschärft, zu reiner Innerlichkeit degradiert. Mit anderen Worten: Da meinen Leute, erevolutionär zu sein und werden doch einfach nur in nostalgische Strukturen gebunden, in denen sie für die wirklich Herrschenden kein Unheil anrichten können.  

 

Freundliche Grüße

Geschrieben

Eine glasklare Analyse, Patrick!

 

Erspart mir weitere Schreibereien.

 

Danke

Cano

Geschrieben

"Frage: Ist es ein "Zurück", ein Wiederaufleben alter Werte, geht das überhaupt oder ist es Eskapismus in eine scheinbar heile Welt der Vergangenheit, wo es noch klar, einfach, in der projektiven Phantasie von heute aus gesehen "geborgen" war? "

 

Die scheinbar heile Welt der Vergangenheit...

Ich glaube, es ist immer ein Zeichen von Schwäche, die alte Vergangenheit beschwören zu wollen.

Wer sie beschwört, weicht meistens den gegenwärtigen Problemen aus, und versucht die alte heile Welt an ihre Stelle zu setzen, eine Art Insel des Alten zu bilden, inder er sich wohlfühlen kann und mit Gleichgesinnten zusammen ist.

 

Genau das ist jedoch nicht das "zurück", das ich mit meiner Topicüberschrift anstrebe.

Das Christentum lebt von seiner Quelle: Christus.

Sie kann immer wieder neu entdeckt werden, aus ihr fließt neu Leben.

Daher ist der Weg des Christen nicht ein Kampf gegen die Tradition, sondern ein Wiederentdecken der Tradition aus ihren Wurzeln. Mystik wird nicht ohne Grund durch die Kombination aus konservativem element und revolutionärem Geist definiert.

Durch die Begegnung mit Christus ist das Alte immer jung.

Das Christentum ist immer die Religion des lebendigen Gottes, daher z.B. auch die Eucharistie. Der gegenwärtige Gott ist unser Gott; der Gott Abrahams, Issaks und Jakobs, nicht ein statischer Gott, ein Prinzip des Guten, nicht der Gott der Philosophen.

Unser Gott ist der, dessen Namen seine Wesensbestimmung ist: "Ich bin da"

 

Wir heute wollen daher nicht die alte Welt, die Volkskirche mit ihrem oft heuchlerischen Mitläufertum zurück, sondern wir versuchen intensiver das zu leben, was schon immer im Schoß der Kirche gelebt worden ist:

 

- besitzen, ohne zu besitzen

- Demut und Offenheit

- Hingabe

- Selbstaufgabe in Gott hinein

 

Wir lehnen uns dabei besonders an die Orden an, denn besonders in ihnen hat Christus immer besonders stark gewirkt, sie sind die eigentlichen Zeugen christlichen Lebens, sie sind das Herz des Christentums, deren Herz wiederum Christus ist.

Besonders interessant gerade für unsere Zeit sind daher alle Versuche, das mönchische Gedankengut in den Alltag zu integrieren, den Alltag zum Gebet werden zu lassen, Gott zwischen den Kochtöpfen zu suchen.

 

 

"Zurück hinter die Aufklärung in eine diesmal selbst verschuldete Unmündigkeit - und die wirklichen Herrschaftsstrukturen, Globalisierung, die Macht der multinationalen Konzerne, das entschwindet aus dem Blickfeld. "(Patrick)

 

Nein, ganz im Gegenteil, die Verpflichtung des Christen, Salz in der Welt zu sein, im Weinberg Gottes zu arbeiten, schlägt sich doch gerade darin nieder. Gerade er kümmert sich um die Welt, denn sie ist sein Auftrag.

Er arbeitet daran, in dieser Welt das Reich Gottes keimhaft aufgehen zu lassen, in dieser welt die Liebe Gottes transparent werden zu lassen.

Diese Welt ist daher UNSERE Welt.

 

 

Zur Frage der Unmündigkeit:

Das Leben mit Gott zeigt ermöglicht erst wahre Freiheit, wahres frei sein. Christus ist der Garant unserer Freiheit, wo wir ihm folgen, folgen wir unserem tiefsten Inneren und leben in vollkommener Übereinstimmung mit uns selbst.

 

Mystik wird auch nicht in papsttreuen Gehorsam gezwängt. Mystik gehorcht nie, ihr ist der Begriff der Pflicht vollkommen fremd.

Sie fragt danach, wie sie Gott mehr lieben kann, wie sie ihm dienen kann. Und darin weiß sie sich eins mit der gesamten Kirche, die als solche geliebte Braut Christi ist. An ihr hat sie teil, in ihr liebt sie Gott und hat in ihr mittels der Eucharistie engste Gemeinschaft mit Gott, die dem rein geistlichen Band der unio mystica noch die reale, fleischliche Komponente des menschgewordenen Gottes zufügt, die also unio ohne Täuschung, sondern als objektives Geschehen ist , das seine subj. Vollendung durch die in der Gnade vollendbare Aufnahme durch den Menschen sucht

Geschrieben

Der Abt vom Stift Heiligenkreuz bei Wien wurde ... gefragt, warum sein Kloster reichlich Nachwuchs habe, andere aber gar nicht. Seine Antwort: Weil wir Ordenskleidung tragen, auch wenn wir unterwegs sind, und weil wir hinter dem Papst stehen.

 

Darin liegt eine Gefahr des monastischen Gedankens: Die Versuchung, auf Uniformen und Galionsfiguren zu setzen. Ich kann mir zwar sehr gut vorstellen, dass das für viele Menschen heute sehr attraktiv ist wegen der emotionalen Dichte und der einfachen Klarheit. Aber nicht jede emotionale Dichte ist gut (z.B. Schwärmertum, Hasserfüllung). und auch nicht jede einfache Klarheit (Parolen).

 

Ich hätte mir eine andere Antwort gewünscht. Da ich aber keineswegs von einem Überschrittenhaben der Talsohle überzeugt bin, kann ich auch keine Antwort geben. Das Überschreiten der Talsohle und das Geben von Antworten wird zusammenfallen.

 

Wenn man fragt, woran leiden Sie, dann bekommt man endlose Litaneien zu hören, und alle anderen sind schuld. Wenn man dagegen fragt: Wie haben Sie das nur so lange aushalten können?, dann sprechen die Menschen über ihre Ressourcen, über die Kraft, die sie am Leben erhält.

 

Ja. Das halte ich auch für einen gesunden Weg.

 

 

Und wenn jemand – irrtümlich – meint, Marienverehrung belaste die Ökumene, dann wird schnell darauf hingewiesen, die Empfängnis durch den Heiligen Geist stehe nur in zweien der vier Evangelien. Und außerdem sei sie nicht mehr zeitgemäß. Ich pflege dann immer mit einem Tauschangebot zu antworten: Auch das Vaterunser steht nur in zwei Evangelien, zufällig in denselben. Wenn ihr das Vaterunser aufgebt, gebe ich Mariae Verkündigung auf.

 

Hier kann ich nur sarkastisch antworten: Wahrhaft Bibeltheologie auf höchstem Niveau. Voll auf dem heutigen Diskussionsstand. Abzählen, wie oft was in Evangelien vorkommt.

Die Banalisierte Darstellung von Gegenargumenten ist einfach unfair.

 

Besonders stark wird das Gottesbild manipuliert. Angesehene katholische Theologen schrecken nicht davor zurück, alle Gerichtsaussagen in der Verkündigung Jesu für spätere Eintragungen und Verfälschungen zu halten. Dabei bezeichnet sich Jesus ausdrücklich nicht als Friedensapostel. Die Zertrennung der Beziehungen jetzt soll der sonst fälligen Zertrennung im Gericht präventiv vorausgehen.

 

Hier hat Berger wahrscheinlich von Luckyluke abgekupfert.

 

Wer den Gott der Bibel auf das eine Attribut therapeutischer Liebe festlegt, trägt die angeblichen Bedürfnisse einer hedonistischen Wohlfühlgesellschaft gewaltsam in die Bibel ein. Wer so mit dem Gottesbild umgeht, weckt Erwartungen, die die Kirche nicht erfüllen kann, weil doch auch Gott selbst diese Wünsche nicht erfüllen will. Hier geht es um direkte Folgen einer zweifelhaften Spiritualität für das Verhalten zur Kirche.

 

Wäre dieser Teil nicht dabei, könnte ich Berger nicht mehr ernst nehmen. Hier aber hat er einen Treffer gelandet. Interessanterweise kommt dieser Kritikpunkt mit dem Anliegen so mancher Agnostiker hier aus dem Forum in dem Punkt überein, dass ein nur lieb-niedlicher Gott unvorstellbar ist - angesichts der Welt, die er geschaffen hat.

Auch die von Berger im weitern beschriebene Folge halte ich für sehr realistisch: Menschen werden irre an Gott, weil sie im Leben ihren Schmusegott nicht wiederfinden.

 

 

Liebe Reformkatholiken, verschont uns mit euren Versuchen,

Polemik...!

all das für unecht oder unhistorisch zu erklären, was im Neuen Testament auf ein differenziertes Gottesbild, auf Kirche und den Glauben an den dreifaltigen Gott hinweist.

 

Wieder bleibt mir nur Sarkasmus: Jawohl, die modernen Theologen haben nichts anderes zu tun und keinerlei andere Absicht, als den Glauben an den dreieinigen Gott zu desavouieren.

 

Die Zukunft gehört eindeutig einem schonenderen Prüfverfahren, das die Fremdheit der Texte achten kann, damit es den Studierenden mehr so ergeht wie den Jüngern von Emmaus, denen das Herz brannte.

 

Und hier hat er wieder recht. Dass zu der historisch-kritischen Methode noch was dazukommen muss. Etwas, was das Skelett wieder mit Fleisch und Blut füllt, etwas, was das Herz zum Brennen bringt. Aber es ist eben das von der hist.-krit. Meth. erarbeitete Skelett und nicht irgendeines, das einem Autor emotional grad mal naheliegt.

 

Die Zukunft gehört einer Exegese, die in der Lage ist, die mystischen Fakten als eigenständige Wirklichkeit anzuerkennen,

 

Ich habe Bergers Argumentation mal wo gelesen. Was Berger "mystische Fakten" nennt, ist in seiner Argumentation die Rechtfertigung für Hokuspokus.

 

...die also Auferstehung, Wunder und Himmelreich nicht so weit reduzieren muss, dass sie nur Anhängsel psychischer oder sozialer Fakten sind.

 

Die Theologen, die die Auferstehung auf psychische und soziale Fakten reduzieren, sind eine verschwindende Minderheit. Dass die Erfahrung der Auferstehung Jesu etwas anderes ist, wird hier von Berger kolportiert.

 

Ich meine damit eine Emanzipation des unsichtbaren, aber wirkmächtigen und sehnsüchtig gesuchten Bereiches Gottes. Das bedeutet: Der Bereich des Heiligen ist nicht irrational und subjektiv

 

Bei dieser Formulierung kommt mir jetzt ein Verdacht. Es geht gar nicht um den "Bereich des Heiligen", den Berger verteidigt.

Er, Berger selbst, ist nicht sonderlich rational und nicht sonderlich objektiv. Er beschreibt hier ein Bild seiner selbst.

 

Ich finde es völlig legitim, wenn jemand sagt: Ich bin nicht der rationale Typ. Ich löse meine Aufgaben zu einem großen Teil anders (z.B. intuitiv).

Aber ich fände es sehr angenehm, wenn Berger dazu stehen könnte, ohne andere Menschen, die rational an die Dinge herangehen, abzuwerten.

 

 

Mystik bedeutet nicht Subjektivität, sondern eine eigene Wirklichkeit, in die Visionen und Wunder, Schöpfung, Jungfrauengeburt, Auferstehung, Engel und Teufel gehören. Ihre Logik ist kommunizierbar, einsehbar und wissenschaftlich beschreibbar.

 

Natürlich ist Mystik nicht als Subjektivität abzutun. Echte Mystik spiegelt echte Wirklichkeit.

 

Es geht darum, diese als Exeget nicht einfach zu negieren,

 

was natürlich alle modernen Bibeltheologen tun,

 

sondern darüber sprachfähig zu werden. Das wäre ein spezifisch katholischer Beitrag zu der zu hundert Prozent dominierenden liberalen protestantischen Exegese.

 

 

(Geändert von Mecky um 16:23 - 25.Juli.2001)

Geschrieben

Ich bin erschrocken darüber, wie zerspalten gerade die aktiven Katholiken und dann noch einmal die Katholiken rechts von der Mitte sind.

 

Tja, Herr Berger. Woher mag das kommen?

 

Es ist immer wieder die Spaltung zwischen Traditionalisten und Reformisten. Dabei entsprechen die Reformisten etwa dem, was zu achtzig bis neunzig Prozent an katholischen Fakultäten gelehrt wird. Und das ist ein irenischer, aufgeklärter Rationalismus – ohne ernst zu nehmenden Bezug zur ganzen Bibel.

 

Daher!

 

Eucharistische Frömmigkeit und Marienverehrung sind abhanden gekommen. Aus moralischen Gründen ist man antipäpstlich, antihierarchisch und oft antikirchlich.

 

und von solchen Pauschalisierungen her!

 

Zum Beleg für die Zustände an den katholischen Fakultäten nur wenige Fragen: Wo ist die eucharistische Frömmigkeit geblieben? Irgendjemand hat den Menschen eingeredet, aus Rücksicht auf die Protestanten dürfe man nicht mehr an die Gegenwart Jesu in Brot und Wein glauben.

 

Bis hin zur unverschämten Lüge.

 

In vielen Pfarreien werden seit Jahren keine Sakramentsandachten mehr gehalten, in sehr vielen Kirchen ist der Tabernakel schamhaft in die Ecken abgedrängt.

 

Berger verschweigt den Grund: Nicht der Tabernakel, sondern der Altar ist das Zentrum der Messliturgie.

 

Ich frag mich grad: Warum redet ein Professor so ein Zeug daher. Er hat ja recht: Die Eucharistiefrömmigkeit und der Glaube an die Realpräsenz Jesu in der Hostie ist in den Gemeinden dünne geworden. Aber seine Analyse der Gründe ist so was von daneben!

 

Und zweitens: Die Vereinigung deutschsprachiger katholischer Systematiker hat jüngst erklärt, sie entschuldige sich bei den Protestanten für „Dominus Iesus“. Das nenne ich „katholische Weicheier“.

 

und von einer verletzenden Wortwahl

 

 

Dass der Mangel an Priesternachwuchs am Zölibat hinge, ist im Wesentlichen eine Ausrede. Vielmehr: Es stimmt mit der Theologie das meiste nicht. Sie ist seicht aufklärerisch und naiv angepasst. Die Heilmittel liegen auf der Hand: biblischer und urkirchlicher Pfeffer, Freude am Glauben und apokalyptische Distanz zur Gesellschaft, und wie wäre es mit einem Schuss Radikalität?

 

Wieder das selbe Bild. Natürlich ist der Zölibat keineswegs DIE Ursache für den Priestermangel. Da hat er recht.

Von einer Radikalität ala Berger will ich aber lieber nichts miterleben müssen.

 

Später vielleicht mehr.

 

(Geändert von Mecky um 16:22 - 25.Juli.2001)

Geschrieben

>> Er, Berger selbst, ist nicht sonderlich rational und nicht sonderlich objektiv. Er beschreibt hier ein Bild seiner selbst. << (Mecky)

 

 

Volltreffer, Mecky!

 

Auch Dir gebührt mein Dank. Du ersparst mir, Berger auseinanderzunehmen (wäre bei mir etwas härter ausgefallen)

 

Herzliche Grüße

Cano

Geschrieben

Eines macht mich immer wieder traurig. Hier ist es bei Berger ganz gut zusammengekommen:

 

Da gibt es Menschen, die sich mit billigen Antworten nicht zufriedengeben. Berger hat ja schon recht, dass die historisch-kritische Methode keineswegs ein Königsweg ist - und schon gar nicht einer, der ohne Weiteres(!) zu Gott hinführt.

Er hat auch so recht mit seinem Plädoyer für einen persönlichen Mut, über die Grenzen der Rationalität hinweg Leben, Gefühle, Mystik usw. erst einmal ernst zu nehmen und sie zu kultivieren.

Und er hat den Mut, sich gegen wohlangesehene Strömungen zu stellen und nicht zu schweigen.

 

Mich macht aber die Art und Weise traurig. Sie mündet in eine Überheblichkeit und gründet in einem Nicht-Verstehen-Wollen. Und dieses ist sowohl sachlicher, alsauch menschlicher Natur. Nicht-Verstehen-Wollen scheint oft eine menschumfassende Eigenschaft zu sein.

Geschrieben

Hallo,

 

also ich sehe bei Berger sowohl Dinge, die ich unterschreiben würde, als auch ziemlich fragwürdige Dinge:

 

"„Apokalyptische Distanz“, weil die Nähe zum Staat zu groß ist. „Freude am Glauben“, weil es im Evangelium heißt: Voll Freude ging der, der den Schatz im Acker gefunden hatte, hin und gab alles auf, was er hatte. Ob man den Zölibat schafft, das ist ein Indikator für die Freude am Glauben."

(Berger)

 

Eine gewisse Distanz zum Staat ist durchaus ok, aber was hier "apokalyptisch" bedeutet, ist mir nicht klar.

 

Freude am Glauben ist richtig und wichtig.

 

"Ob "man" den Zölibat "schafft"..."  (Berger)

 

Wer ist "man"?

"Schaffen" hört sich an wie eine zu erbringende Leistung.

 

" Eine erneuerte Theologie stelle ich mir vor als monastische Theologie und eben nicht nur als Neuauflage der Scholastik. Meine Fragezeichenbücher („Wer war Jesus wirklich?“, „Darf man an Wunder glauben?“ usw.) sind als Beiträge zu monastischer Theologie gedacht.

 

Das Überleben hängt ab von der Spiritualität "

(Berger)

 

Was ist eigentlich "monastische Theologie"?

 

Grüße

 

Olli

Geschrieben

Ja, Olli,

 

das ist ja das Komische. Berger scheint ein gutes Näschen zu haben für wesentliche Dinge. Er scheint vor allem eine gute Intuition zu haben für das, was weiterführt.

 

Aber was der dann daraus macht...

 

Ich denke: Dahinter steckt die Erkenntnis, dass historisch-kritische Wissenschaft nichts als eine trockene Wissenschaft ist mit viel Erbsenzählerei. Und sie bringt erst mal Ergebnisse hervor, von denen man nicht satt werden kann.

 

Dieses Gefühl auszudrücken ist sein Verdienst. Ein echter Verdienst. So was muss immer wieder mal gesagt werden.

 

Aber dann versucht er, aus diesem Gefühl ein System zu machen und grenzt dann sein System gegen andere recht aggressiv ab. Aber er ist kein Systematiker. Das ist Selbstüberschätzung.

---------

 

monastische Theologie ist, soviel ich das verstehe,  von Mönchen gepflegte und aus dem Mönchtum heraus entstandene Theologie.

Geschrieben

lieber mecky

 

<<Ich denke: Dahinter steckt die Erkenntnis, dass historisch-kritische Wissenschaft nichts als eine trockene Wissenschaft ist mit viel Erbsenzählerei. Und sie bringt erst mal Ergebnisse hervor, von denen man nicht satt werden kann.

 

Dieses Gefühl auszudrücken ist sein Verdienst. Ein echter Verdienst. So was muss immer wieder mal gesagt werden. >>

 

das habe ich vor 10 jahren schon bei drewermann in ähnlicher form gelesen.

 

gruss helmut

Geschrieben

Lieber Helmut!

 

Aber leider ist auch Drewermann nicht das Konzept par exellence (richtig geschrieben?).

 

Die Wahrheit ist: Wir haben keine zugkräftige Lösung im Moment. Dies sich einzugestehen ist für mich der Anfang der Zukunft.

 

Ich seh es so: Die Kirche hat sich Jahrzehnte und Jahrhunderte gegen die kritische Auseinandersetzung mit der Bibel gewehrt. (Wie auch gegen die Natur- und Humanwissenschaften). Irgendwann ist aber der Schutzwall gebrochen: Durch die Öffnung im 2. Vatikanischen Konzil, durch die Durchmischung der Milieus. Man konnte sich nicht mehr gut genug abschotten.

 

Und jetzt stand man da ohne Hosen. Man hatte es unterlassen, sich über Jahrhunderte was Vernünftiges zu erarbeiten, und es so wachsen zu lassen.

 

Und nun hat man sich an das geklammert, was eben da war - und das war kirchenfremd (zumindest mal konfessionsfremd).

 

Plötzlich MUSSTE man sich mit der historisch kritischen Wissenschaft auseinandersetzen - und da haben einige aus der Not eine Ideologie gemacht. Da wurde die historisch-kritische Methode als DIE Lösung gesehen, ohne deren Problematik hinreichend zu verstehen (besonders auf philosophischem Gebiet).

 

Das ist ungefär der Stand ende der 70-Jahre gewesen. Seitdem versucht man wieder, Fleisch an die Knochen zu bekommen. Aber Fleisch will wachsen. Das geht nicht im Hauruck-Verfahren.

 

Berger, Küng und Drewermann haben eines gemeinsam: Sie glauben, sie hätten die Lösung. Hochgescheite Leute haben trotz geschichtlicher Bildung oft kaum Gespür für geschichtliche Wachstumsprozesse - das würde sie etwas demütiger werden lassen.

 

Anstatt ihre Gedanken als Beitrag zu sehen, halten sie Ihre Gedanken für unhinterfragbar richtig und versuchen sie zu verabsolutieren. Und das lege ich ihnen zur Last.

Geschrieben

Meine Güte,

 

da haut Berger mal etwas auf den Tisch, provoziert, und schon wird ihm wieder alles vorgeworfen. Provokation voll gelungen. Aber anstelle dass man mal sich grundsätzlich zum Nachdenken anregen lässt, heißt es: das und das ist vollkommen übertrieben, oder falsche Therapie etc.

 

Wenn ich in solch "christlichen" Zeitschriften wie dem "Publik-Forum" lese (was ich zum Glück nicht kaufen muss, es liegt hier im Haus aus), dass Theologen fordern, man dürfe als Christ keinerlei Getier essen - war besonders zu BSE-Zeiten sehr beliebt - während Jesus doch offensichtlich Lämmer und Fische in sich rein stopfte, dann frage ich mich echt: wie leicht wird einem dieses Studium eigentlich gemacht?

 

Berger spricht aus Erfahrung, besonders aus Uni-Efahrung. Und da kann einem schonmal der Hut hochgehen.

 

Die dt. Theologie hat weltweites Renomée. Doch die kirchliche Praxis liegt am Boden. In Spanien bspw. ist das Studium und die Forschung bei weitem nicht so "anspruchsvoll" wie hier, und dennoch (oder deswegen?) gibt es dort eine viel breitere Basis, auch in der Jugend.

 

Woran mag das liegen?

 

Ich denke, in großem und ganzen hat Berger Recht. Gegen Kirche sein ist einfach in, ein Muss bei Engagierten. Und dass man sich bei den Gottesdienstbesuchern bedankt, trotz des schönen Wetters gekommen zu sein, habe ich selber schon erlebt.

 

Wenn eine Familie in sich gespalten ist, hat sie keine Zukunft.

 

Paz Y Bien,

Ralf

Geschrieben

Hallo Ralf,

 

"Meine Güte,

da haut Berger mal etwas auf den Tisch, provoziert, und schon wird ihm wieder alles vorgeworfen. Provokation voll gelungen. " (Ralf)

 

Also, daß ihm "alles" vorgeworfen wird, stimmt ja so auch nicht ganz. Ich für meinen Teil konnte da auch einige positive Ansätze erkennen (und wenn ich Mecky richtig verstanden habe, er auch).

 

"Aber anstelle dass man mal sich grundsätzlich zum Nachdenken anregen lässt, heißt es: das und das ist vollkommen übertrieben, oder falsche Therapie etc. "

(Ralf)

 

Also ich denke, wir wurden schon zum Nachdenken angeregt. Aber ein Gedankenanstoß ist eben auch nur ein Gedankenanstoß, und dies heißt ja auch nicht, daß man alles so kritiklos übernehmen muß.

 

"Wenn ich in solch "christlichen" Zeitschriften wie dem "Publik-Forum" lese (was ich zum Glück nicht kaufen muss, es liegt hier im Haus aus), dass Theologen fordern, man dürfe als Christ keinerlei Getier essen - war besonders zu BSE-Zeiten sehr beliebt - während Jesus doch offensichtlich Lämmer und Fische in sich rein stopfte, dann frage ich mich echt: wie leicht wird einem dieses Studium eigentlich gemacht? " (Ralf)

 

Also ich kenne das Publik-Forum nicht, da kann ich mir kein Urteil erlauben. Was die Sache mit dem Fleisch angeht: ok, man muß gewiß nicht als Christ unbedingt Vegetarier werden (aber es gibt auch keinen Grund dafür, jemandem den Veganertum zu verbieten - hat ja auch keiner gemacht, ich sags nur mal so). Dies steht jedem frei. Aber was hat denn dies bitteschön mit dem Studium zu tun?

 

"Berger spricht aus Erfahrung, besonders aus Uni-Efahrung. Und da kann einem schonmal der Hut hochgehen. " (Ralf)

 

Jo.. stimmt.. (Ich kenne aber nur die naturwissenschaftliche Seite der Uni)

 

"Die dt. Theologie hat weltweites Renomée. Doch die kirchliche Praxis liegt am Boden. In Spanien bspw. ist das Studium und die Forschung bei weitem nicht so "anspruchsvoll" wie hier, und dennoch (oder deswegen?) gibt es dort eine viel breitere Basis, auch in der Jugend.

 

Woran mag das liegen? " (Ralf)

 

Hm.. ich würde mal schätzen, daß in Spanien der Katholizismus zum einen eine traditionsbedingt breitere Basis hat (da sind ja über 90% katholisch, oder?, und die Alternativen sind da auch eher dünn gesät) und zum anderen sich eine gewisse Ursprünglichkeit erhalten hat.

 

Nur gebe ich auch zu bedenken, daß die Bergersche "apokalyptische Distanz" und eine hohe Mitgliederzahl ja nicht unbedingt deckungsgleich zu kriegen sind. Auch würde ich die spanische Kirche alles andere als "apokalyptisch distant" beschreiben, sondern viel eher als "volksnah".

 

Die Menschen müssen sich mit ihren Sorgen und Nöten darin aufgehoben fühlen, wenn ich ein Problem habe, brauche ich Nähe und keine Distanz.

 

"Ich denke, in großem und ganzen hat Berger Recht. Gegen Kirche sein ist einfach in, ein Muss bei Engagierten. Und dass man sich bei den Gottesdienstbesuchern bedankt, trotz des schönen Wetters gekommen zu sein, habe ich selber schon erlebt. " (Ralf)

 

Wo ist jetzt das Problem? Sollte man lieber mit erhobenem Zeigefinger warnen: "wehe, wenn ihr nächstes Mal nicht kommt?"

 

"Wenn eine Familie in sich gespalten ist, hat sie keine Zukunft. " (Ralf)

 

Jo.. aber Einigkeit muß von sich heraus wachsen, man kann sie nicht von oben herab "einfordern". Man kann sie fördern, aber nicht einfordern.

 

Grüße

 

Olli

Geschrieben

Ralf:


Berger spricht aus Erfahrung, besonders aus Uni-Efahrung.

 

Richtig, also, ein Prof. komentiert seine "Kollegen" - betrachten wir den Text also mal unter dem Aspekt wissenschaftlicher Rivalitäten, damit wissenschaftlicher Karrieren oder eventueller Frustrationen aus mißlungen Karrieren:

 

"Die meisten Theologen ziehen sich bei der Exegese eine lebenslängliche chronische Erkältung zu, denn die Exegese findet immer heraus, dass angeblich alles das nicht stimmt, was wir glauben."

Die anderen kommen in der scientific community offensichtlich besser an, haben mehr Erfolg und auf mich hört kein Schwein

 


"Niemand, ich schon gar nicht, will auf die Einsichten der historischen Exegese verzichten. Aber die Zukunft liegt eindeutig bei einer Auslegung der Schrift, die nicht immerzu die Bibelkritik zum Instrument der Kirchenkritik macht. Das sieht dann so aus: Wenn der Exeget meint, ihm hinge Liturgie zum Halse heraus, wird er flugs behaupten, Jesus sei nie im Tempel gewesen und habe den ganzen Kult abschaffen wollen. Wenn ihn autoritär verordneter Wunderglaube stört, erklärt er, Lazarus habe gar nicht gelebt, damit eben Johannes 11 nicht passiert sein muss. Wenn jemand sich über den Papst ärgert, erklärt er das Wort an Petrus für unecht. Wenn jemand gern geheiratet hätte, erklärt er das anstößige Eunuchenwort Jesu für nicht authentisch."

Meine "Kollegen" wenden völlig falsche Methoden an, da sie dabei offensichtlich weiter kommen wie ich, taugen die Methoden nichts

 


"Besonders stark wird das Gottesbild manipuliert. Angesehene katholische Theologen schrecken nicht davor zurück, alle Gerichtsaussagen in der...."

 

Andere arbeiten mit völlig falschen Ansätzen, sie reden nur Mist, wenn man nur meinem Ansatz folgen würde


"Wer den Gott der Bibel auf das eine Attribut therapeutischer Liebe festlegt, trägt die angeblichen Bedürfnisse einer hedonistischen Wohlfühlgesellschaft gewaltsam in die Bibel ein."

Andere treiben keine Wissenschaft, sondern reden nur den Leuten nach dem Mund und außer mir merkt es keiner

 


"Liebe Reformkatholiken, verschont uns mit euren Versuchen, all das für unecht oder unhistorisch zu erklären, was..."

Die Kollegen wenden untaugliche Methoden bei ihren Untersuchungen an, meine ist besser und entspricht mehr dem Gegenstand, aber keiner will es erkennen

 


"Die Zukunft gehört einer Exegese, die in der Lage ist, die mystischen Fakten als eigenständige Wirklichkeit..."

Bis jetzt bin ich noch verkannt, aber meuine Zeit wird kommen und dann bin ich oben


"Dabei entsprechen die Reformisten etwa dem, was zu achtzig bis neunzig Prozent an katholischen Fakultäten gelehrt wird."

Leider sind 90%meiner Kollegen anderer Meinung wie ich, das Berufsleben ist schon ungerecht"
"Schon als ich Theologie studierte, wurden Spirituale in den Priesterseminaren als Witzfiguren geführt. Ihre Rolle entsprach ungefähr der des Zeichenlehrers an einem Gymnasium voll rotzfrecher Buben. Die Unterstützung durch die Regenten war halbherzig."

 

Mein Problem ist, dass ich schon als Student nicht für voll genommen wurde, aber MEINE ZEIT wird kommen und dann wehe euch"

 

 

So wird einer, der offensichtlich nicht geworden ist, was er werden wollte - hier scheintmir ein frustrierter profesor zu klagen

 

Gruß

Geschrieben

Hi Patrick,

 

danke für den amüsanten Beitrag.

 

 

 

Mir ist noch etwas aufgefallen: bei manchen Passagen bin ich ja fast geneigt, Berger zuzustimmen, aber dann kommen so merkwürdige Stilblüten wie "das Eunuchenwort Jesu" (Berger). Was soll denn das bitteschön sein?

 

Ich gehe mal davon aus, daß Herr Berger weiß, was ein Eunuch ist (oder weiß er das nicht?).

 

liebe (und leicht amüsierte) Grüße von

 

Olli

Geschrieben

Hallo!

 

Patrick: ich habe genug mit der "scientific community" zu tun, um zu wissen, dass die Selbstreinigungsmechanismen auch von Egoismen, Ehrgeiz und Misstrauen mehr als genug geschwächt sind. Mir sind selbst Fälle bekannt, wo nach Strich und Faden in angeblich hochwissenschaftlichen Berichten und Arbeiten gelogen wurde mit falschen Daten. Keiner hats gemerkt.

Insofern ist mir das Ghetto der "scientific community" nicht besonders sympathisch. Wer sich mal den Zorn derselben zuziehen will, sollte mal Methodenkritik betreiben. Geht auch in der Theologie sehr gut, besonders in der Exegese. Da kenne ich einige, die bloß durch Hinterfragen sich schon eine blutige Nase geholt haben.

 

Die wissenschaftlichen sog. "Wahrheiten" sind alle streng nach von Menschen erarbeiteten Methoden herausgearbeitet worden und werden durch diese Methoden evaluiert. An die Methoden selbst, an deren innerem Verständnis, wagt kaum jemand zu rütteln. War schon mal Thema von mir im alten Forum.

 

Olli: Wenn wirklich einiges von Berger zum Nachdenken antgeregt hat, dann haben sich hier mal wieder nur die Miesmacher gemeldet bzw. ihre Wertschätzung des Beitrages sehr geschickt versteckt.

Wieso Berger "apokalyptische Distanz" vermittelt, ist mir noch nicht klar. Wo tut er das? Wenn einer distanziert ist, dann sind das die exeg. Theologen von den spirituellen Nöten der Menschen. Nicht diese haben das Lehramt, das ist nicht zu vergessen. Ich glaube, hier in Deutschland sind sie einfach neidisch auf die Evangelen, weil da ja so ziemlich jeder machen und lehren kann, was er/sie will, auch auf den Lehrstühlen. Den Theologen an den Unis fehlt oftmals die Rückbindung an die Volksfrömmigkeit. Genau diese ist aber in Spanien bspw. viel mehr gegeben. Wo gehen als "progressiv" geltende Theologen auf Wallfahrten, unterstützen eucharistische Anbetungen, den Rosenkranz (ein "fürs einfache Volk" sehr wichtiges Gebet!), das Gebet für die Kirche?

 

Man wird lange suchen müssen.

 

Und nichts anderes kritisiert Berger.

 

Paz Y Bien,

Ralf

Geschrieben

Mir kommt es leider so vor, als habe Herr Berger seine eigene Disziplin nicht verstanden!

 

Die ntl Exegese - oder die Exegese allgemein - will nichts weiter als die Wahrheit, die HISTORISCHE Wahrheit herauszufinden.

Sicher man kann auch alles allegorisch auslegen, aber was wäre damit gewonnen?

Wir müssen die Texte der Bibel in ihrem Kontext und in ihrer Zeit lesen!

Wenn ich mich von den Ergebnissen der Exegese in der Form vom Glauben abbringen lasse, dann ist etwas falsch - und zwar am Gedankengang dessen, der sich da vom Glauben abbringen läßt.

Die Exegese ist EINE Disziplin der Theologie. Die Dogmatik und die Moraltheologie sind zwei andere. Wenn ich mir mein Glaubensgerüst durch die Exegese zwerstören lasse, dann war es wohl nicht auf Stein, sondern auf Sand gebaut!?  ;)

 

Wenn eine historisch-kritische Exegese mich auf Nuancen eines Textes aufmerksam macht, dann bin ich dankbar dafür und erkenne zum Teil besser als vorher!

Mein Glaube wird durch historisch-kritische Exegese eher bestärkt als geschwächt!

Das klappt natürlich nur, wenn man eine ordentliche fundierte Exegese betreibt.

Wir wollen jetzt lieber nicht zurückschließen, wie die des Herrn Berger dann wohl aussehen mag...

Geschrieben

Lieber Ralf!

 

"Wenn wirklich einiges von Berger zum Nachdenken antgeregt hat, dann haben sich hier mal wieder nur die Miesmacher gemeldet bzw. ihre Wertschätzung des Beitrages sehr geschickt versteckt."

 

Es wäre mir persönlich auch viel lieber gewesen, gleich auf den positiven Gehalt von dem einzugehen, was Berger sagt. Aber dazu war sein Artikel einfach nicht geeignet. Sollt mit "Miesmachern" auch ich gemeint sein, dann verstehe ich nicht, wie Du darauf kommst, dass ich die Wertschätzung von Bergers Beitrag sehr geschickt versteckt hätte.

 

"Ja. Das halte ich auch für einen gesunden Weg."

"Wäre dieser Teil nicht dabei, könnte ich Berger nicht mehr ernst nehmen. Hier aber hat er einen Treffer gelandet."

"Auch die von Berger im weitern beschriebene Folge halte ich für sehr realistisch: Menschen werden irre an Gott, weil sie im Leben ihren Schmusegott nicht wiederfinden. "

"Und hier hat er wieder recht. Dass zu der historisch-kritischen Methode noch was dazukommen muss."

"Natürlich ist Mystik nicht als Subjektivität abzutun. Echte Mystik spiegelt echte Wirklichkeit."

"Er hat ja recht: Die Eucharistiefrömmigkeit und der Glaube an die Realpräsenz Jesu in der Hostie ist in den Gemeinden dünne geworden."

"Er hat auch so recht mit seinem Plädoyer für einen persönlichen Mut, über die Grenzen der Rationalität hinweg Leben, Gefühle, Mystik usw. erst einmal ernst zu nehmen und sie zu kultivieren."

"Berger scheint ein gutes Näschen zu haben für wesentliche Dinge. Er scheint vor allem eine gute Intuition zu haben für das, was weiterführt."

"Dieses Gefühl auszudrücken ist sein Verdienst. Ein echter Verdienst. So was muss immer wieder mal gesagt werden."

 

Leider hast Du nicht genannt, wen Du als Miesmacher empfindest. Vielleicht renne ich ja gerade offene Türen ein.

 

"Den Theologen an den Unis fehlt oftmals die Rückbindung an die Volksfrömmigkeit. Genau diese ist aber in Spanien bspw. viel mehr gegeben. Wo gehen als "progressiv" geltende Theologen auf Wallfahrten, unterstützen eucharistische Anbetungen, den Rosenkranz (ein "fürs einfache Volk" sehr wichtiges Gebet!), das Gebet für die Kirche?"

 

--------------

 

Eine Distanz zwischen vielen(!) Theologen und der Volksfrömmigkeit ist tatsächlich offensichtlich - nicht aber eine Distanz der Professoren von jeglicher Frömmigkeit. Man könnte den Spieß umdrehen und sagen: Nicht die Professoren sollten wieder zur Volksfrömmigkeit zurückfinden, sondern die Volksfrömmigkeit müsste dringend überarbeitet werden.

 

Meine Meinung dazu: Beides hat was. Aber weder das eine noch das andere ist die Lösung. Wäre sie es, würde daraus ein greifbarer Aufbruch entstehen.

Geschrieben

Hi Stefan,

 

>>Wenn eine historisch-kritische Exegese mich auf Nuancen eines Textes aufmerksam macht, dann bin ich dankbar dafür und erkenne zum Teil besser als vorher!

Mein Glaube wird durch historisch-kritische Exegese eher bestärkt als geschwächt!<<

 

Nun ja, der Glaube der katholischen Kirche bzw. dass was sie den Gläubigen ans Herz legt zu glauben, wird leider eher geschwächt als gestärkt. Berger trifft hier den Nerv, die teils heftigen Reaktionen der Möchtegernexegeten sind nur allzu verständlich und durchaus nach zu vollziehen. Wer möchte schon gerne von SEINEM GLAUBEN Abstand nehmen, der doch um so vieles einfacher und billiger zu haben ist.

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