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Wer ist Jesus?


MichiF89

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Historisch-kritische Methode nach Volker:

 

1) Ich fasse mir eine Vorstellung, von dem, was Jesus gesagt und gewirkt hat.

2) Alle Bibelstellen, die diese Vorstellung bestätigen, sind als Argument zu verwenden.

3) Wo Bibelstellen etwas anderes sagen, sind sie Verdrehungen späterer Generationen.

4) Klingen die Aussagen Jesu widersprüchlich, nehme ich die Aussage, die meiner Vorstellung entspricht, und ordne die andere Vorstellung Punkt 3) zu.

5) Ist von Wundern oder Wirkung höherer Mächte die Rede, muss es sich grundsätzlich um Erfindungen handeln, weil nicht sein kann, was nicht sein darf.

6) Falls alle Stricke reißen, hat es Jesus gar nicht gegeben und wir haben es mit der Bibel als fiktivem Roman zu tun.

7) Die Aussagen der Bibel sind Spekulationen, die Spekulationen von Volker dagegen die Bibel!

Volltreffer!! B):):)

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Man kann sich der Frage

 

Wer ist dieser?

oder

Was meint Jesus mit Menschensohn?

 

narrativ nähern

oder mehr oder weniger wissenschaftlich.

 

 

Zum Beispiel so.

 

Der Ausdruck "Menschensohn" (Hebräisch 'ben adam', Aramäisch 'bar enascha' oder 'bar nascha') taucht schon im Buch Ezechiel auf. Einerseits wird der Prophet mehrfach als "Menschensohn" bezeichnet, andererseits wird in Ez 1,26 Gott selbst als einer geschildert, der "aussah wie ein Mensch".

 

Davon liess sich vermutlich der Verfasser des Buches Daniel inspirieren. Dort ist vom "Menschensohn" als von einer endzeitlichen Gestalt die Rede, die zugleich als universaler Richter und Retter auftritt (Daniel 7,9-14). Es darf als sicher gelten, dass Jesus sowohl das Buch Ezechiel als auch das Buch Daniel gekannt hat.

 

Der Jesus der (synoptischen) Evangelien verwendet, ähnlich wie Daniel, den Ausdruck "Menschensohn" im endzeitlichen Sinn bei seinen Schilderungen der kommenden eschatologischen Ereignisse (Mt 16,28- 24,27 - 25,31). Damit wendet er sich gegen eng nationalistische Vorstellungen seiner Zeit, die den Messias als politischen Führer, als König aus der Dynastie der Davididen und von ihm die Errichtung eines weltumspannenden jüdischen Reiches (auch mit militärischer Gewalt) erwarteten.

 

Es gibt jedoch nicht nur eschatologisch angehauchte Stellen, in denen Jesus vom "Menschensohn" spricht.

 

So heisst es in Matthäus 8,20 (Lk 9,58): Der Menschensohn hat nichts, wo er sein Haupt hinlegen könnte. Dieser Gebrauch hat keine eschatologischen Anklänge, sondern verweist auf Jesu ganz irdisch-menschliche (materiell bedingte) Existenz (ähnlich Mt 11,19 - Lk 7,34).

 

An anderer Stelle wiederum wird von Jesus betont, dass der Menschensohn schon jetzt Vollmacht hat (Mt 9,6 - Mk 2,10 - Lk 5,24), z.B. über den Sabbat (Mt 12,8 - Mk 2,28 - Lk 6,5).

 

Schließlich taucht der Ausdruck Menschensohn im Munde Jesu auf, um seine Verfolgung, sein Leiden und seinen Tod anzudeuten. So z.B. in Markus 10,45:

"Denn auch der Menschensohn ist nicht gekommen, um sich dienen zu lassen, sondern um zu dienen und sein Leben hinzugeben als Lösegeld für viele" (siehe auch Mk 9,12 - Mk 9,31).

 

Einige, vor allem protestantische Exegeten meinten, Jesus habe, - wie nicht selten im aramäischen Sprachraum üblich -, den Ausdruck "Menschensohn" (3. Person) einfach als Umschreibung für "ich" (1. Person) benutzt. Dem widerprach vor allem Albert Schweitzer, der nachweisen konnte, dass Jesu Vorstellungen vom Reich Gottes sich stark an die jüdische Apokalyptik anlehnten.

 

Aufgrund der sehr unterschiedlichen Aspekte, die der Jesus der Evangelien mit dem Begriff "Menschensohn" jeweils verbindet, meinten wieder andere Exegeten (vor allem Bultmann und seine Schule), dass der historische Jesus einen anderen als sich selbst als endzeitlichen Retter erwartete.

 

Es gibt im Neuen Testament viele Hoheitstitel von und für Jesus.

Das Besondere am Ausdruck "Menschensohn" ist nun, dass es in den neutestamentlichen Schriften keine Selbstaussage Jesu in der Form „Ich bin der Menschensohn“ gibt, kein Bekenntnis zu ihm in der Form „Du bist der Menschensohn“ und keine Glaubensformel wie „Jesus ist der Menschensohn“.

 

Daraus meinten nun in letzter Zeit einige Exegeten ableiten zu können, dass Jesus den Ausdruck gar nicht benutzt habe, sondern dass er ihm erst nachträglich zuerkannt wurde.

 

Dagegen spricht aber wiederum die Vielzahl der Stellen in so unterschiedlichen Situationen und die Tatsache, dass Jesu Reich-Gottes-Verkündigung nachweislich stark von jüdischer Apokalyptik geprägt war. Und in ihr spielt der "Menschensohn" DIE zentrale Rolle.

 

 

Tja.

 

Und so sehen wir betroffen

Den Vorhang zu

und alle Fragen offen

bearbeitet von Konradin
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Man kann sich der Frage

 

Wer ist dieser?

oder

Was meint Jesus mit Menschensohn?

 

mehr oder weniger wissenschaftlich nähern

oder narrativ.

 

 

Zum Beispiel so.

 

 

 

Der Regen rauschte vor den Fenstern der kleinen Landapotheke. Hin und wieder zuckten Blitze über den Nachthimmel und in der Ferne war ein Grollen zu hören. Es war weit über Mitternacht und sie warteten schon mehrere Stunden auf die Glaubensbrüder aus Jerusalem. Sie kamen wie immer zu spät. Wieder einmal wie so oft.

Lukas hatte begonnen, auf das Abstelltischchen ein Bild zu malen. Farben lagen immer bei ihm herum. Schließlich kannte er sich als Apotheker mit Ingredienzien aller Art bestens aus.

Aus einer Laune heraus hatte er angefangen, Maria zu malen. Gedankenversunken sass sie ihm gegenüber und schaute über seine Schulter hinweg durchs Fenster hinaus in die Nacht. Obwohl sie schon über 90 Jahre alt war, hatte sie immer noch mädchenhafte Züge.

 

Martha kam aus der Küche, legte zwei Stücke frischgebackenes Fladenbrot auf den Tisch.

"Wo bleiben sie nur?"

"Noch unterwegs."

"Die Armen, bei diesem Wetter!"

Lukas sah von seinem Werk auf.

"Hoffentlich sind sie keiner Patrouillie in die Hände gefallen. Die Römer suchen ja sogar hier in der Dekapolis nach Aufständischen. Dabei ist Masada über 500 Stadien entfernt."

"Masada." flüsterte Martha beklommen.

"Er hat es kommen sehen." murmelte Lukas und wandte sich wieder dem Porträt zu.

 

Es zeigte bereits die Umrisse eines Frauengesichts. Das schwarze Kopftuch war vorerst nur angedeutet, den Hintergrund hatte er in Goldgelb gehalten. Mit angehaltenem Atem wagte er sich an die Kinnpartie. Lukas war kein Maler - er verdiente seit rund 30 Jahren seinen Unterhalt mit seiner Landapotheke und wenn es Notfälle gab, sprang er als Sanitäter ein, doch seine Leidenschaft gehörte anderen Dingen. Malen - ja, er tat es gern - es lenkte ihn ab, trug ihn weg, man konnte die Welt vergessen. Wichtiger als Malen aber war ihm das Schreiben geworden. Das Wort war kompakter, gedrängter und doch offener, letztlich faszinierender als jedes Bild. Das Wort konnte Welten aufspannen - vor allem SEIN Wort. Festhalten was war, wie es war, das war ihm das Wichtigste geworden, seit er vor über 20 Jahren zu SEINEN Jüngern gefunden hatte. Mit wievielen Menschen hatte er seither gesprochen, wieviele Zeugen hatte er ausgefragt, bedrängt zu erzählen, von ihm zu erzählen? Nicht zuletzt Maria, SEINE Mutter, die er vor 15 Jahren bei sich aufgenommen hatte. Sie war schweigsam, wohl immer schon gewesen, doch seit dem Tod ihres Sohnes war es fast unmöglich geworden, ihr etwas von den Ereignissen damals zu entlocken.

 

Es klopfte.

Lukas stellte das Tischchen mit dem angefangenen Porträt beiseite und öffnete die Tür. Draussen stand völlig durchnässt eine Gruppe aus 7 Personen.

"Sara! Matthäus! Aristos! Endlich! Wir warten seit Stunden!"

Die Sieben strömten ins Zimmer, hängten ihre triefenden Mäntel an die Haken neben dem Kamin.

"Wir sind zu spät los, die Strassen waren voller Soldaten" erklärte Sara und schüttelte die nassen Haare über dem Feuer.

"Das hier ist Anna Italica aus Rom".

Sara zeigte über die Schulter auf eine Frau Mitte Dreissig mit kurzgeschorenem roten Haar.

"Und das ist Patricius Mosaiicus ihr Mann. Sie haben Petrus noch gekannt."

"Petrus..." Andacht schwang in Lukas' Stimme mit.

Und das hier" - Sara deutete auf einen hochgewachsenen jungen Mann in brauner Kutte - "ist Kairos Oskarios, ein Freund von Johannes. Er kommt aus Antiochien."

"Kairos, Wie geht es Johannes?" fragte Lukas den Jüngling

"Bestens" antwortete Kairos, der Mann aus Antiochien.

 

 

"Matthäus kennst du ja" meinte Sara und nahm das von Martha angebotene Fladenbrot und den Becher mit Wasser entgegen.

"Nur dem Namen nach... Willkommen." begrüßte Lukas den Sagenumwobenen und fuhr sich etwas verlegen durchs schüttere Haar.

Matthäus gab nur einen kurzen Grußlaut von sich. Der Greis mit schlohweißem Bart und Mähne kniete auf dem Boden und wühlte irgendwie verzweifelt in seinem Wanderbeutel herum. Er hatte seine Habseligkeiten, darunter ein in Leder gebundenes Pergamentkonvolut auf dem Lehmboden ausgebreitet und tastete nun die Seitentaschen seines Beutels ab.

 

Hinter den Vorgestellten hatte sich, von den meisten unbeachtet, ein etwas gebeugter Mann Ende Dreissig, dessen Wange von einer frischen Narbe entstellt war, in den Raum geschoben. Er hatte sich unterwegs der Gruppe angeschlossen. Maria kümmerte sich um den Fremden.

"Ihr müßt hungrig sein... " meldete Martha sich zu Wort und drückte auch den anderen ein Fladenbrot in die Hand. Dazu kredenzte sie eine große Schale voller Feigen. Dann verschwand sie in die Küche.

 

Ein herrzzereissendes Stöhnen unterbrach urplötzlich die Begrüssungsgespräche.

Es war Matthäus. Sein "Neiiin!!" klang so voller Verwzweiflung, dass es schlagartig mucksmäuschenstill wurde und niemand zunächst wagte, nach dem Grund für seinen Aufschrei zu fragen.

"Die Spruchsammlung ist weg! Ich muss sie unterwegs verloren haben!" Der alte Mann mit dem ehrfurchteinflössenden Patriarchenbart wollte schon hinausstürmen in Nacht und Regen, um nach der Kostbarkeit zu suchen, aber Sara hinderte ihn daran:

"Wenn du sie verloren hast, ist sie längst verweht, durchweicht und verdorben."

"Du hast recht". Die Stimme des Herrenjüngers klang resigniert. Kraftlos setzte er sich auf einen Hocker, sank in sich zusammen. Die Glaubensgeschwister schwiegen voller Mitgefühl.

 

"Seine Worte - das Gebet, die Gleichnisse, die Seligpreisungen" murmelte der Unglückliche vor sich hin und hielt sich die Hand vor die kummervoll geschlossenen Augen.

"Seligpreisungen?" Lukas wurde hellhörig.

"Spirchst von der Sammlung mit SEINEM Gebet, mit der Feldrede , mit den Worten zur Feindesliebe?"

"Seligpreisungen, Gebet, Feindesliebe - ja. Feldrede? - nein. Jesus predigte immer von einer Anhöhe aus zu den Menschen." gab Matthäus zur Antwort.

"Ist ja egal. Auf jeden Fall - von dieser Sammlung habe ich, denke ich, ein Exemplar hier."

Lukas zog eine Truhe unter seiner Sitzbank hervor, öffnete sie, holte zwei in Leder gebundene Pergamentstapel hervor sowie eine in Ziegenhaut eingeschlagene Loseblattsammlung und legte sie auf den Tisch.

"Da. Das ist eine Sammlung seiner Worte" sagte er und schob die Ziegenhaut mit den losen Papyrusblättern Matthäus zu.

Der Apostel überflog die Seiten, las, blätterte, las, - und seine Züge hellten sich auf.

Alles hielt den Atem an.

"Tatsächlich das ist sie! Wo hast du diese Abschrift her?"

"Habe ich vor über 20 Jahren für eine Gichtbehandlung als Honorar bekommen. Damals fing alles an. Mit meinem Glauben ... und" Lukas machte eine bedeutungsschwere Pause "Ich habe sie in mein Evangelium eingearbeteit. " Stolz tippte der Apotheker auf den mittleren der in Leder eingeschlagenen Stapel.

 

"Ich auch!" rief Matthäus erstaunt aus.

"Was heißt das: 'Ich auch'?"

"Auch ich habe ein Evangelium geschrieben und auch ich habe die Spruchsammlung eingearbeitet "

Der Alte bückte sich nach dem Umschlag mit den Papyri, der auf dem Boden lag und plazierte sein Werk neben die drei anderen Stapel.

Die beiden sahen einander ungläubig an.

Eine Zeitlang hielt die Verblüffung alle in ihrem Bann.

 

Dann brach Anna Italica das Schweigen:

"War das nötig? Es gibt doch schon ein Evangelium. Das unseres römischen Glaubenbruders Markus."

Ihre Stimme vibrierte fast ein wenig vor Entrüstung.

"Ja" pflichtete Patricius Mosaiicus seiner Gattin bei. "Noch mehr Evangelien sind überflüssig. Das schafft nur Verwirrung. Markus hat alles gesagt."

Mit diesen Worten legte er einen in Leinen verpackten Kodex, der gerade einmal halb so hoch wie der Stapel von Lukas und Matthäus war, auf den Tisch.

 

"Ich kenne Mar-kus und sein Evangelium" zog Lukas die Silben in die Länge und zerkaute den Namen Markus mit einem leicht kritischen Anflug in der Stimme.

"Ich ken-ne ihn auch" mischte Matthäus sich ein.

"Es ist etwas sehr knapp gehalten, was er geschrieben hat, und es fehlen wichtige Dinge." erläuterte Lukas seinen unüberhörbaren Vorbehalt.

"Zum Beispiel fehlt die große Predigt zum jüngsten Gericht" erläuterte Matthäus.

"Und die Gleichnisse vom verlorenen Sohn und vom Samariter" unterfütterte Lukas die Kritik seines Autorenkollegen.

"Unbekannt. Unwichtig. Erfindungen." quittierte Patricius Mosaiicus die Einwände mit eisiger Stimme.

"Also da hört sich doch alles auf!" protestierte Lukas.

Matthäus schüttelte nur voller Unverständnis die weiße Löwenmähne.

"Aufgebläht würde ich so etwas nennen" goß Anna Italica Öl ins Feuer und tippte auf die Stapel von Lukas und Matthäus.

"Hmmm" machte Matthäus und biss sich auf die Zunge.

 

'Wie schaffte es ein Mensch mit so schmalen Hangelenken und so zarten Schulterblättern nur, so niedermähend angriffslustig zu sein. Woher kam diese hyperkritische Energie?' flackerte in Kairos Oskarios kurz eine trotzige Frage auf. Doch er schwieg.

 

"Aufgebläht!?" Lukas mußte an sich halten.

"Noch nicht einmal die Seligpreisungen und das Gebet unseres Herrn zum Vater bringt der liebe Markus." kam Matthäus aus seiner Reserve "Das soll kein Vorwurf sein. Schließlich kannte er die Spruchsammlung nicht, aber.."

"Das hier stammt von direkten Augen- und Ohrenzeugen, das sind Wortprotokolle ohne Schnörkel und deshalb..." pochte Lukas auf den Stapel mit der Spruchsammlung vor Matthäus.

"Petrus war der wichtigste Augenzeuge. Was in Markus steht, reicht." unterbrach Anna Italica ihn schroff.

"Also ich weiß nicht - wenn man Johannes glauben darf, und das darf man gewiss... " meldete Kairos Oskarios sich zu Wort und presste die Hände gegen sein Herz, das unter seinem härenen Gewand aufgeregt pochte. Dann zog der hagere Asket von dort fünf Röllchen hervor, die mit Tiersehnen zusammengebunden waren.

"Das habe ich von Johannes vernommen und aufgeschrieben..." Weiter kam er nicht.

 

"Noch ein Evangelium!" stöhnte Patricius Mosaiicus auf.

"Nein. Das sind nur fragmentarische Aufschriebe" ließ Kairos sich nicht beirren, "Lukas und Matthäus haben recht. Ich habe während der Reise mit euch hierher das Evangelium von Markus gelesen. Es ist zu... zu spröde, zu ... zu .. dürftig... auch. " Der Asket sah sich ängstlich nach Anna Italica um. "Es fehlt soviel Wichtiges, zum Beispiel die parakletische Weitung, das Ineinssein von Vater und Sohn..."

 

"Parakletische Weitung, Ineinssein von Vater und Sohn..." Particius Mosaiicus zermalmte die Worte zwischen den Zähnen und äffte Kairos Oskarios' Stimme nach... "Pure Esoterik. Gnostischer Firlefanz. Fauler Budenzauber."

"Genau! " ließ Anna Italica sich vernehmen.

"Analytische Nüchternheit ist erforderich - klarer Berichtsstil. Sachlich. Auf den Punkt gebracht. Ein Evangelium ist kein Märchenbuch. Historische Treue - das ist erforderlich!"

 

"Kch kch kch" machte Matthäus und lachte in sich hinein. "Historische Treue! Markus sollte lieber ein wenig jüdische und galiläische Geographie nachholen. So wie er sich bei den Orten vertan hat...typisch Rom."

"Papperlapapp. Mit historischer Treue meine ich Worttreue ..." fuhr Anna dem Apostel über den Mund.

 

 

 

Sara hatte sich zu Martha und Maria in die Küche zurückgezogen. Nur vereinzelt drangen Wortfetzen aus dem Wohnraum an ihr Ohr. Bei den Frauen in der Küche sass auch der Fremde. Nur mit Chiton bekleidet kauerte er in der Ecke beim Backofen.

 

Er war verwundet. Vom linken Ohr bis zum Mundwinkel zog sich ein kaum vernarbter Schnitt. Deshalb hatten sie ihn, als sie ihm auf dem Weg begegnet waren, eingeladen, doch mit ihnen zur Landapotheke mitzukommen. Was sie in der Nacht nicht gesehen hatten, war, dass er auch an der Hand veretzt war und dass eine frische, kaum verheilte Wunde zwischen Hals und Schulter klaffte.

Martha hatte ihm eine Schüssel mit Linsen gereicht. Gierig schlang er das Essen in sich hinein.

"Schöne Ohren hat er" schoß es Sara kurz durch den Kopf.

Als er mit dem Essen fertig war, fragte sie ihn:

"Woher bist du?"

"Von unten aus dem Tal." Die Stimme, eine warme Stimme, klang sonor, doch vorsichtig. Ausweichend.

"Du bist Römer, richtig?"

"Nein, Noriker." antwortete der Fremde kurz angebunden und schaute auf seine Füsse.

Stumm reichte Maria der Jüngeren eine Alabasterflasche mit Nardenöl.

Sara verstand, stellte das Fragen ein und half Martha beim Verbinden der Hand.

 

 

 

Kairos Oskarios wurde langsam ungehalten. Er gab ja gerne zu, dass er ein wenig schrullig geworden war, seit seiner zweijährigen Haft damals vor fünf Jahren, aber es gab Gründe, warum man Jesu Botschaft nicht einfach auf das Unmittelbare, Sichtbare reduzieren durfte, Gründe, die Johannes ihm sehr genau erläutert hatte.

"Aber wir dürfen doch nicht einfach nur an der Oberfläche bleiben. Jesus war mehr als nur ein Heiler und Prophet. Wo bleibt bei Markus der präexistente Logos, die Ego-eimi-Worte, die..."

"Verschone uns doch bitte endlich mit deinen gnostischen Flausen. Jesus hat niemals irgendetwas von einem Logos gefaselt..." fuhr Patricius Mosaiicus ihm in die Parade.

 

"Was für ein Geschwurbel!" war Anna Italicas Stimme zu vernehmen. Sie ballte die Faust und Hektikflecken zierten ihre Wangen.

Manche Frauen hatten einen besonderen Charme wenn sie... nun wenn sie empört waren, dachte Lukas. Sofort verscheuchte er diese überflüssigen Gedanken wieder.

"Da hat Johannes mir aber anderes erzählt" wagte Kairos einzuwenden.

Patricius Mosaiicus erstickte jeden Widerspruch im Keim:

"Nie! Hörst du?! Nie, nie hat Jesus sich als Logos bezeichnet! Jesus sah sich als Menschensohn, ja, aber mit diesen Logos-Spekulationen, die ich zur Genüge und bis zum Abwinken aus Rom von den Stoikern her kenne, hatte Jesus nie etwas am Hut. Zumindest hat Petrus uns davon nie etwas erzählt. Er sprach von sich als Menschensohn, ist das klar?"

 

"Naja, dem Kephas hat er sicher nicht alles erzählt, sondern nur was der fassen konnte" brummte Matthäus leise vor sich hin, so dass nur Lukas und Sara, die neben ihm sassen, es hören konnten.

"Aber was hat er mit Menschensohn gemeint?" versuchte Sara die gereizte Stimmung durch eine sachliche Frage in freundlichere Gewäser zu lenken.

 

"Also ich meine ja, dass er einfach da, wo er "ich" sagen wollte, 'Menschensohn' eingesetzt hat" schlug Anna Italica vor.

"Nein, nein, nein, so geht das nicht. Nicht immer wieder so banal! Ich kenne über Johannes mehrere Worte von ihm, wo Jesus sein Ich wortwörtlich ins Zentrum des Heils stellt.."

"Zentrum des Heils... " Patricius Mosaiicus schnalzte verächtlich mit der Zunge.

"Wo Jesus sein Ich ins Zenturm stellt. Zum Beispiel sagt er: Ich bin das Licht der Welt, Ich bin das Brot des Lebens, Ich bin die Tür, die Auferstehung und .. ehe Abrahm war, BIN ICH."

Kairos Oskarios deklamierte die Worte wie in Trance und presste seine Manuskriptröllchen ans Herz.

 

" 'Ich bin, der ich bin' hat auch keiner verstanden." gab Anna Italica trocken zur Antwort

"Am wenigsten Moses" fügte Aristos hinzu, der bis dahin geschwiegen hatte.

"Geht das schon wieder los mit deinem Antijudaismus, Aristos?" ermahnte Matthäus den Jüngling.

Der heftete sein Kinn betreten auf die Brust und schwieg.

 

"Vielleicht wollte Jesus einfach vermeiden, immer wieder seine Sätze mit "Ich" zu beginnen?" fing Martha den Ball auf und stellte einen dampfenden Topf mit Bohnen und Gemüse auf den Tisch, den aber keiner beachtete.

"Unwahrscheinlich. Zu oft meinte er: Ich aber sage euch. Gerade in der Spruchsammlung, die fast wortwörtlich wiedergibt, was er gesagt hat, kommt der Satz immer wieder vor." meinte Lukas.

"Offen gesagt, was er mit Menschensohn genau meinte, warum er sich so nannte, ich habe es nie genau verstanden. Ich erinnere mich nur, dass er sich oft so genannt hat." gestand Matthäus.

 

"Kann es nicht sein, dass Jesus den Ausdruck Menschensohn verwendet hat, weil er den Messiastitel vermeiden wollte, weil der zu mißverständich war?" warf Sara in die Debatte.

"Inwiefern?" fragte Lukas zurück.

"Der Begriff 'Messias' war doch immer mit der Vorstellung von Dynastie und Königtum besetzt, alle dachten doch beim Titel "Messias' immer an einen Davidsspross, der durch einen gewaltsamen Volksaufstand die Römer vertreibt und dann die Welt erobert. Wohin das führt, erleben wir heute. Masada wird belagert, Jerusalem ist zerstört..." erläuterte Sara.

 

"Jerusalem Jersualem wie oft wollte ich dich unter meine Fittiche nehmen wie eine Glucke ihre Küken, aber du hast nicht gewollt..." zitierte Lukas aus seinem eigenen Evangelium.

Stille trat ein.

Sie dachten an Jerusalem, die Toten, die Eingeschlossenen.

"Ja, das klingt plausibel. Um zu vermeiden, dass die Menschen ihn mit einem gewaltbereiten nationalen Aufstandskönig verwechseln, hat er statt vom Messias vom Menschensohn gesprochen." griff Anna Italica die Debatte wieder auf.

 

"Da ist was dran." stimmte Matthäus zu.

"Ja. Und Markus... " Patricius erhob achtunggebietend den Zeigefinger "..hat das in seinem Evangelium unterstrichen, indem er mitteilt, dass Jesus immer dann, wenn man ihn als Messias bezeichnet, demjenigen über den Mund fährt. Stattdessen Menschensohn."

"Und noch eins. Als Menschensohn" fuhr Patricius fort zu dozieren "bezeichnet Jesus sich immer nur dann, wenn er vom Endgericht redet."

"Vielleicht rechnete er aber sogar mt einem anderen Richter für die Endzeit?" warf Anna Italica in die Debatte. Ihr Mann runzelte bei Anna Italicas letzter Vermutung vorwurfsvoll die Stirn.

 

"Nein. Sicher nicht. Und auch das mit Menschensohn und Endgericht stimmt nur zum Teil" wagte Matthäus mit brummiger Stimme zu widersprechen. "Denn er meinte öfter: Der Menschensohn hat nichts, wo er sein Haupt hinlegen kann."

"Hat er das wirklich gesagt?" zweifelte Partricius Mosacius.

Matthäus funkelte ihn böse an.

"Schon gut, schon gut" machte der Römer einen Rückzieher.

"Richtig. So wurde mir das auch erzählt." sekundierte Lukas dem Apostel.

"Dann hat er mit Menschensohn wohl nur seine Rolle beim Endgericht gemeint?" fragte Sara

"Nicht nur. Ich denke, er wollte sagen, dass er zwar den Vater kennt, aber zu Lebzeiten ganz und gar wie ein Mensch fühlt, wie wir..." widersprach ihr Matthäus

"...und dass er auch am Ende der Zeiten diese Menschlichkeit nicht aufgibt?" fügte Sara hinzu

"Du sagst es.... am Ende der Zeiten nicht - und auch vorher nicht, bis er wiederkommt. Denn Menschensohn ist auch ein Ausdruck für die Geringsten und Ausgegrenzten. Der Menschensohn begegnet uns ja schließlich in den Geringsten und Verfolgten..."

 

"Ganz langsam..."

"Mooment... "

Zeitgleich meldeten Patricius und Kairos Widerspruch an Matthäus' Worten an.

 

Sara ging hinaus.

Der Morgen graute. Es hatte aufgehört zu regnen.

Zu aufgeregt, zu heftig und verbissen war ihr der Streit geworden. Sie suchten doch alle dasselbe und zankten sich dennoch um Kleinigkeiten. Ein wenig traurig schlenderte sie zu dem Olivenhain hinüber, wo sie immer gern ein oder zwei Stunden alleine zubrachte, wenn sie bei Lukas zu Besuch war. Es duftete herrlich nach Moos. Die Sonne war zu ahnen. Ein Zittern ging durch die Blätter der Olivenbäume und eine Zärtlichkeit aus Licht und Nichts verströmte ein Aroma der Unschuld.

 

Hinter ihr knackte ein Ast. Der Fremde.

Er schien immer noch Schmerzen zu haben, aber er lächelte.

"Du hier?"

"Zufall. Ich muß weiter. Mein Weg führt durch diesen Hain." Er zeigte mit der gesunden Hand ins Tal.

"Du mußt denken, wir sind nur am Streiten."

"Nein, das denke ich nicht."

"Und dass alles, woran wir glauben, nur Widersprüche sind."

"Es sind keine Widersprüche. Es sind Aspekte, und es ist spannend. Wie die Wahrheit"

"Aber es gibt doch nur eine Wahrheit"

"Ja, aber die hat sicher viele Facetten...Ich muss jetzt gehen."

"Wie kam das?" Sie tastete mit ihren Augen seine Verletzungen ab.

"Pech beim Glücksspiel. Ein dummes Wort."

"Alles Gute" sagte Sara mit leicht belegter Stimme.

"Danke. Bis irgendwann" antwortete ihr der Fremde noch im Weggehen.

Dann verschwand er im Morgennebel.

 

Sie kannte nicht einmal seinen Namen fiel ihr ein, als sie schweren Herzens in die Landapotheke zurückkehrte.

 

Dort überschlugen sich derweilen die Ereignisse.

"Das ist die Wahrheit. Das andere - nur Pathos, Mythen, Märchen!"

Patricius Mosaiicus wedelte triumphierend mit dem Packen umher, der das Markusevangelium enthielt.

Dabei lösten sich die letzten zwei Blätter und segelten ins Kaminfeuer. Als er verzweifelt versuchte, die Papyri zu retten, stiess er den Tisch mit den anderen Evangelien um und die Kodizes landeten auf dem Boden.

 

"Himmel!" stieß Martha aus.

Einige Papyri waren aus ihren Etuis gerutscht und lagen nun wild verstreut auf dem lachenübersäten Lehmboden umher. Sofort machten sich Besitzer und Autoren auf Knien daran, die Blätter aufzuklauben und wieder richitg einzuordnen.

"Schluß jetzt!" keuchten Matthäus und Lukas unisono unter dem Tisch hervor.

 

Aristos hatte die Seiten der Spruchsammlung bereits wieder komplett zusammengefügt und war gerade dabei, die feuchten Blätter über der Feuerstelle zu trocken, da wurde plötzlich die Tür aufgerissen und ein halbes Dutzend römischer Soldaten stürmte das Haus.

"Wo ist der Deserteuer!" brüllte der Kommandierende.

Vor Schreck liess Aristos die Ziegenhaut mit der Spruchsammlung ins Feuer fallen, wo die Papyri in Sekundenschnelle prasselnd verbrannten.

Größer als der Schrecken über die Soldaten war unter den Nazarenern das Entsetzen über diesen Verlust. Sie schauten wie gelähmt in die Flammen, wo sich die Sammlung mit SEINEN Worten bereits nahezu vollständig in schwarze Asche verwandelt hatte.

 

"Wo steckt der Kerl Raus mit ihm!" wiederholte der Kohortenführer, ein knapp 2 Meter großer Hüne, seinen Befehl und kickte, um seine Entschlosenheit zu unterstreichen, das Tischchen mit dem angefangenen Porträt von Maria beiseite.

"Was für ein Deserteur?" wagte Lukas zu fragen, der sich als erster aus der Starre gelöst hatte.

"Tut nicht so dumm. Wir wissen genau, dass er hier sein muss. Er ist verletzt. Alleine kommt er nicht weit."

Schweigen.

Sie wussten nun, dass er den Fremden meinte, und schauten sich suchend nach ihm um.

"Gut. Wenn ihr nicht wollt..." Die Stimme des Legionärs klang mehr als nur drohend.

"Abführen, alle!"

 

Kaum hatte er den Befehl ausgestossen, als draussen Stimmengewirr zu hören war.

"Andronicus! Wir haben ihn! Hier ist er!" rief eine raue Männerstimme.

"Er hatte sich auf dem Weg hinter einem Felsen versteckt."

Mit den Worten "Glück gehabt!" drehte der Kohortenführer sich ruckartig um und ging samt Gefolge hinaus zu seinen Leuten.

 

Es hatte wieder angefangen zu regnen.

Sara sah den Fremden, von zwei Soldaten mehr geschleppt als gestützt, ein zweites mal im Nebel verschwinden.

"Schade um die schönen Ohren" dachte Anna Italica.

Dann packte sie das um zwei Blätter dezimierte Markusevangelium in ihre Manteltasche. Die Beschädigung des Textes ging ihr nicht besonders nahe. Ihr hatte der Schluß bei Markus ohnehin nie gefallen.

 

***

 

Und so sehen wir betroffen

Den Vorhang zu

und alle Fragen offen

bearbeitet von Konradin
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Man kann sich der Frage auch gläubig nähern...

 

indem man ersteinmal den Verfassern des NT glaubt ,

ihnen nicht von vornherein unterstellt

das das worüber sie schreiben, ihren sublekriven Wunschdenken oder Vorstellungen entsprungen ist,

sondern das das worüber sie Berichten wahr,-historische Realität ist,die sie erlebt haben.

 

Luk. 24,25Und er sprach zu ihnen: O ihr Toren und träges Herzens, zu glauben alle dem, was die Propheten geredet haben! 26Mußte nicht Christus solches leiden und zu seiner Herrlichkeit eingehen? 27Und fing an von Mose und allen Propheten und legte ihnen alle Schriften aus, die von ihm gesagt waren.

 

und sieh was dann passiert...

 

31Da wurden ihre Augen geöffnet, und sie erkannten ihn. Und er verschwand vor ihnen. 32Und sie sprachen untereinander: Brannte nicht unser Herz in uns, da er mit uns redete auf dem Wege, als er uns die Schrift öffnete?

 

Und so sehen wir betroffen

Den Vorhang auf

denn nun sind unsere Augen offen

 

B) ;-)

 

Gruß

jenny

bearbeitet von Jenny
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Man kann sich der Frage auch gläubig nähern...

 

indem man ersteinmal den Verfassern des NT glaubt ,

ihnen nicht von vornherein unterstellt

das das worüber sie schreiben, ihren sublekriven Wunschdenken oder Vorstellungen entsprungen ist,

sondern das das worüber sie Berichten wahr,-historische Realität ist,die sie erlebt haben.

 

Sorry, ich habe nicht alles gelesen, aber hat das jemand getan (den Verfassern Wunschdenken zu unterstellen)? Ich bin mir ziemlich sicher, dass sie das glaubten bzw. in ihren Evangelien den Glauben ihrer jeweiligen Gemeinden festhielten. Nur mit der "historischen Realität" die sie erlebt haben wird es schwieriger. Man siehe die vielen Wiedersprüche. Ich glaube da ist von allem was dabei: etwas historischer Realität und etwas Theologie.

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Ich habe den Beitrag von Konradin erst einmal aus dem Verkehr gezogen. Der sah so aus, als ob er fremdes Copyright verletzen könnte.

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Ich habe den Beitrag von Konradin erst einmal aus dem Verkehr gezogen. Der sah so aus, als ob er fremdes Copyright verletzen könnte.

 

 

Dein Verdacht ist ja in gewisser Weise schon fast ein Komplinent.

Danke also.

 

Aber mein Beitrag ist absolut selbstverfasst.

 

Niemand wird irgendwo eine Copyright-Verletzung finden.

 

 

Konradin

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Wenn der Beitrag von Dir ist, dann darer natürlich stehen bleiben. Ich schiebe ihn wieder zurück.

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5) Ist von Wundern oder Wirkung höherer Mächte die Rede, muss es sich grundsätzlich um Erfindungen handeln, weil nicht sein kann, was nicht sein darf.

 

Nö. Kann schon sein.

 

Das Ding ist nur, dass eine Täuschung oder eine Lüge innerhalb der langen Überlieferungskette weniger unwahrscheinlich ist als Leichen, die nach drei Tagen wieder munter werden. Deshalb wird ein rationaler Mensch eher annehmen, dass Täuschung oder Lüge zur Entstehung der Auferstehungsberichte führten als eine tatsächliche Auferstehung.

 

So und nicht anders geht auch jeder kritische Geschichtswissenschaftler bei der Prüfung historischer Quellen vor. Wenn Tacitus etwas wahrscheinliches berichtet, dann wird das vorläufig geglaubt. Wenn er schreibt, dass in Germanien die Elche schlafen, indem sie sich an die Bäume lehnen, und dass die Germanen die Elche jagen, indem sie dem schlafenden Elch den Baum wegsägen - dann wird das natürlich nicht geglaubt, weil es wahrscheinlicher ist, dass Tacitus veräppelt wurde oder sich selbst einen Scherz erlaubt, als dass die Germanen tatsächlich auf diese Weise Elche gejagt haben.

 

Oder: Wenn Herodot, ein eigentlich zuverlässiger, redlicher Geschichtsschreiber, eine Größenangabe für das persische Heer macht, die schlichtweg absurd ist (wobei ein persisches Heer von dieser Größe noch weniger absurd ist als die Auferstehung von Leichen, die bereits in Verwesung übergehen), dann schenkt man ihm keinen Glauben. Dass Herodot getäuscht wurde oder etwas falsch verstanden hat, findet der Geschichtswissenschaftler wahrscheinlicher als ein persisches Heer von solcher Größe.

 

Warum sollten diese Vernunftprinzipien beim Umgang mit den Evangelien, wo sie selbstverständlich zu der Annahme führen, dass Jesus nicht auferstanden ist, ausgesetzt sein?

bearbeitet von David
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5) Ist von Wundern oder Wirkung höherer Mächte die Rede, muss es sich grundsätzlich um Erfindungen handeln, weil nicht sein kann, was nicht sein darf.

 

Nö. Kann schon sein.

 

Das Ding ist nur, dass eine Täuschung oder eine Lüge innerhalb der langen Überlieferungskette weniger unwahrscheinlich ist als Leichen, die nach drei Tagen wieder munter werden. Deshalb wird ein rationaler Mensch eher annehmen, dass Täuschung oder Lüge zur Entstehung der Auferstehungsberichte führten als eine tatsächliche Auferstehung.

 

So und nicht anders geht auch jeder kritische Geschichtswissenschaftler bei der Prüfung historischer Quellen vor. Wenn Tacitus etwas wahrscheinliches berichtet, dann wird das vorläufig geglaubt. Wenn er schreibt, dass in Germanien die Elche schlafen, indem sie sich an die Bäume lehnen, und dass die Germanen die Elche jagen, indem sie dem schlafenden Elch den Baum wegsägen - dann wird das natürlich nicht geglaubt, weil es wahrscheinlicher ist, dass Tacitus veräppelt wurde oder sich selbst einen Scherz erlaubt, als dass die Germanen tatsächlich auf diese Weise Elche gejagt haben.

 

Oder: Wenn Herodot, ein eigentlich zuverlässiger, redlicher Geschichtsschreiber, eine Größenangabe für das persische Heer macht, die schlichtweg absurd ist (wobei ein persisches Heer von dieser Größe noch weniger absurd ist als die Auferstehung von Leichen, die bereits in Verwesung übergehen), dann schenkt man ihm keinen Glauben. Dass Herodot getäuscht wurde oder etwas falsch verstanden hat, findet der Geschichtswissenschaftler wahrscheinlicher als ein persisches Heer von solcher Größe.

 

Warum sollten diese Vernunftprinzipien beim Umgang mit den Evangelien, wo sie selbstverständlich zu der Annahme führen, dass Jesus nicht auferstanden ist, ausgesetzt sein?

Ich bin mir gar nicht sicher, ob das so vernünftig wäre. Die Auferstehung (ob nun wahr oder ausgedacht) hatte doch weitreichende Folgen. Da fragt man sich vernünftigerweise, was passiert sein muss, damit die Jünger ihr Verhalten so radikal verändern und plötzlich auch so überzeugend sind. Alle Erklärungsversuche (Leiche geklaut, Doppelgänger, Narkose...) überzeugen mich komischerweise nicht, denn bisher ist keinem etwas auch nur annähernd Vergleichbares gelungen.

bearbeitet von Alouette
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5) Ist von Wundern oder Wirkung höherer Mächte die Rede, muss es sich grundsätzlich um Erfindungen handeln, weil nicht sein kann, was nicht sein darf.

 

Nö. Kann schon sein.

 

Das Ding ist nur, dass eine Täuschung oder eine Lüge innerhalb der langen Überlieferungskette weniger unwahrscheinlich ist als Leichen, die nach drei Tagen wieder munter werden. Deshalb wird ein rationaler Mensch eher annehmen, dass Täuschung oder Lüge zur Entstehung der Auferstehungsberichte führten als eine tatsächliche Auferstehung.

 

So und nicht anders geht auch jeder kritische Geschichtswissenschaftler bei der Prüfung historischer Quellen vor. Wenn Tacitus etwas wahrscheinliches berichtet, dann wird das vorläufig geglaubt. Wenn er schreibt, dass in Germanien die Elche schlafen, indem sie sich an die Bäume lehnen, und dass die Germanen die Elche jagen, indem sie dem schlafenden Elch den Baum wegsägen - dann wird das natürlich nicht geglaubt, weil es wahrscheinlicher ist, dass Tacitus veräppelt wurde oder sich selbst einen Scherz erlaubt, als dass die Germanen tatsächlich auf diese Weise Elche gejagt haben.

 

Oder: Wenn Herodot, ein eigentlich zuverlässiger, redlicher Geschichtsschreiber, eine Größenangabe für das persische Heer macht, die schlichtweg absurd ist (wobei ein persisches Heer von dieser Größe noch weniger absurd ist als die Auferstehung von Leichen, die bereits in Verwesung übergehen), dann schenkt man ihm keinen Glauben. Dass Herodot getäuscht wurde oder etwas falsch verstanden hat, findet der Geschichtswissenschaftler wahrscheinlicher als ein persisches Heer von solcher Größe.

 

Warum sollten diese Vernunftprinzipien beim Umgang mit den Evangelien, wo sie selbstverständlich zu der Annahme führen, dass Jesus nicht auferstanden ist, ausgesetzt sein?

Ich bin mir gar nicht sicher, ob das so vernünftig wäre. Die Auferstehung (ob nun wahr oder ausgedacht) hatte doch weitreichende Folgen. Da fragt man sich vernünftigerweise, was passiert sein muss, damit die Jünger ihr Verhalten so radikal verändern und plötzlich auch so überzeugend sind.

 

Wo liegt das Problem? Charismatische Religions- oder Sektengründer, die auch ohne Zauberei heftige Wirkung auf ihre Anhänger ausüben, findet man in der Geschichte immer wieder. Als Nicht-Muslima glaubst doch auch, dass Mohammed binnen kürzester Zeit eine Weltreligion aus dem Boden gestampft hat, ohne wirklich mit dem Erzengel geplaudert zu haben, oder? Und der Gründer der Volkstempelsekte hat seinen Anhängern so zugesetzt, dass über 900 von ihnen bei einem Massenselbstmord mitgemacht haben.

 

Dass Jesus mit Erfolg eine begeisterte, sektenartige Gemeinde gegründet hat, ist also sicherlich kein Sachverhalt, der einer übernatürlichen Erklärung bedarf.

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Wo liegt das Problem? Charismatische Religions- oder Sektengründer, die auch ohne Zauberei heftige Wirkung auf ihre Anhänger ausüben, findet man in der Geschichte immer wieder.

 

Ja, aber doch nicht so, dass sie in 250 Jahren das halbe Römische Reich konvertiert hätten! Ein kleines Häufchen ungebildeter Firscher mit komischem Dialekt... und vielleicht auch noch ein schräger Intellektueller etwas später.

 

Als Nicht-Muslima glaubst doch auch, dass Mohammed binnen kürzester Zeit eine Weltreligion aus dem Boden gestampft hat, ohne wirklich mit dem Erzengel geplaudert zu haben, oder?

 

Das erstaunt mich kein bisschen. Mohammed war ein geschickter Politiker und ein erfolgreicher Geschäftsmann. Das kann man von Jesus nicht gerade behaupten. Zudem gehe ich davon aus, dass bei Mohammed die Religion nur ein Teil der Strategie war.

 

 

Und der Gründer der Volkstempelsekte hat seinen Anhängern so zugesetzt, dass über 900 von ihnen bei einem Massenselbstmord mitgemacht haben.

 

Ja Wahnsinn! 900 Mitglieder gegen das halbe Römische Reich...

 

 

Dass Jesus mit Erfolg eine begeisterte, sektenartige Gemeinde gegründet hat, ist also sicherlich kein Sachverhalt, der einer übernatürlichen Erklärung bedarf.

 

Das sicherlich nicht. Aber die Auswirkungen... gerade wenn man sich überlegt, was eine Kreuzigung in den Augen gläubiger Juden (das waren die Jünger ja) bedeutete... Stichpunkt "von Gott verflucht".... Dass man sich für so einen einfach so einer solchen Gefahr aussetzt, was man zuvor ja nicht mal ansatzweise wollte und dann auch noch so überzeugend ist... Ich sage ja nicht, dass das etwas Uebernatürliches voraussetzt, aber es muss ETWAS passiert sein. Und dieses ETWAS ist 100% historisch. Meine ich zumindest.

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Ja, aber doch nicht so, dass sie in 250 Jahren das halbe Römische Reich konvertiert hätten! Ein kleines Häufchen ungebildeter Firscher mit komischem Dialekt... und vielleicht auch noch ein schräger Intellektueller etwas später.

 

Wieso denn nicht? Zu der damaligen Zeit gab es im römischen Reich ein religiöses Vakuum, wodurch die aufblühende Christussekte ideale Bedingungen vorfand. Viele östliche Religionen sind in dieser Zeit im römischen Reich ins Kraut geschossen. Außerdem ist das Christentum (das kann man nicht leugnen), nun mal hübsch ausgesdacht, und es ist nicht schwer zu erklären, weshalb die christliche Lehre insbesondere auf die breite, ungebildete Masse außerordentlich anziehend wirkte.

 

Mal ehrlich: Bist du ernsthaft der Meinung, dass das rasche Aufblühen einer Religion ein Umstand ist, den man sich nicht anders als durch Annahme einer übernatürlichen Ursache erklären kann?

 

Ja Wahnsinn! 900 Mitglieder gegen das halbe Römische Reich...

 

Die 900 Selbstmörder sind zunächst mal nur ein Beispiel dafür, in welchem Ausmaße Menschen durch religiöses Brimborium beeinflusst und begeistert werden können, ohne dass irgendetwas Übernatürliches im Spiel ist. Schließlich hast du oben angedeutet, dass bereits die Begeisterung der ersten Christen so erstaunlich sei, dass man eine übernatürliche Ursache (die Auferstehung) annehmen müsse, und das erscheint mir einfach unrichtig.

bearbeitet von David
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Wieso denn nicht? Zu der damaligen Zeit gab es im römischen Reich ein religiöses Vakuum, wodurch die aufblühende Christussekte ideale Bedingungen vorwand. Viele östliche Religionen sind in dieser Zeit im römischen Reich ins Kraut geschossen. Außerdem ist das Christentum (das kann man nicht leugnen), nun mal hübsch ausgesdacht, und es ist nicht schwer zu erklären, weshalb die christliche Lehre insbesondere auf die breite, ungebildete Masse außerordentlich anziehend wirkte.

 

Also das mit dem religiösen Vakuum im römischen Reich ist mir neu. Und ich finde es ganz im Gegensatz überaus schwierig, zu erklären, warum das Christentum sooo anziehend wirken sollte. Welche Vorteile hat es denn gegenüber dem Glauben der Römer? Ausserdem geben Völker ihren Glauben nicht einfach so auf. Schau dir die Christianisierung der Rus an oder auch die der Germanen. So freiwillig war das da nicht mehr. Warum hielten sie so an ihren Göttern?

 

Und dann sprichst du von "ausgedacht". Da haben wir ein Problem mit den Jüngern. Wieso um alles in der Welt sollten sie das machen? Was hätten sie davon? Wenn man sich den kulturellen Rahmen anschaut, aus dem sie kommen, macht das gar keinen Sinn.

 

Aber plötzlich sind da Juden, die - wenn auch z.T. zähneknirschend - Gemeinschaft mit Heiden akzeptieren und umgekehrt. Und Heiden, die ihre Götter aufgeben und den Monotheismus annehmen!!! Massenweise. Das Ganze "einfach so", ohne militärische, finanzielle, unternehmerische, künstlerische, intellektuelle etc. Erfolge.

 

Was ist denn so genial am Christentum?

 

Mal ehrlich: Bist du ernsthaft der Meinung, dass das rasche Aufblühen einer Religion ein Umstand ist, den man sich nicht anders als durch Annahme einer übernatürlichen Ursache erklären kann?

 

Zum wiederholten Male: Nein. Es ist das Gesamtbild. Es ist nicht nur das rasche Aufblühen sondern auch das Grenzüberschreitende. Auch die Motivation und vor allem die Ueberzeugungskraft der Jünger ist nicht erklärlich.

 

Die 900 Selbstmörder sind zunächst mal nur ein Beispiel dafür, in welchem Ausmaße Menschen durch religiöses Brimborium beeinflusst und begeistert werden können, ohne dass irgendetwas Übernatürliches im Spiel ist. Schließlich hast du oben angedeutet, dass bereits die Begeisterung der ersten Christen so erstaunlich sei, dass man eine übernatürliche Ursache (die Auferstehung) annehmen müsse, und das erscheint mir einfach unrichtig.

 

Nicht nur die Begeisterung sondern auch die Umstände, in den diese Begeisterung entstanden ist. Die sprechen nämlich komplett dagegen. Ich gehe hier natürlich davon aus, dass das NT nicht frei erdacht ist. Die Jünger waren in einer Kultur sozialisiert, in denen ein Tod durch Kreuzigung ein extremes Stigma darstellte. So jemand ist nicht nur kein Messias (allein der Gedanke...) sondern verflucht, von Gott und Menschen verlassen.

 

Heutzutage ist das mehr oder weniger normal, dass Sekten und Gurus international Erfolg haben. Schaut man sich die Geschichten und Interessen der Menschen an, zeigen sich Aehnlichkeiten. Das Christentum hat aber verschiedenste Menschen (Juden, Heiden, Reiche, Arme, Frauen, Männer...) angesprochen. Mache das mal nach! Wie ist es diesen Fischern und Handwerkern aus Galilea gelungen?

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Also das mit dem religiösen Vakuum im römischen Reich ist mir neu.

 

Es ist aber tatsächlich richtig. In der Spätantike wurden große Teile der römischen Bevölkerung die alte römische Religion leid, weshalb östliche Religionen - und eben nicht nur das Christentum - mit Macht in das römische Reich hineinströmten und gut gediehen. Ich las erst kürzlich, dass schon im 3. Jahrhundert absehbar gewesen sei, dass irgendeine der orientalischen Religionen die römisch-griechische Religion ersetzen würde, dass man aber noch nicht hätte voraussehen können, dass es sich dabei um das Christentum handeln würde.

 

Der Aufstieg des Christentums ist also in weiten Zügen eine Angelegenheit, die sich günstigen historischen Zufällen verdankt: Die Internationalität des römischen Reiches, die relative Toleranz, und eben vor allem der Niedergang der alten Religion und das Interesse an orientalischen Kulten.

 

Man kann in diesen Umständen natürlich auch göttliche Fügung sehen, wenn man möchte. Gott schickt seinen Sohn just in dem historischen Augenblick auf die Erde, der für eine Verbreitung des Christentums besonders geeignet ist.

 

Und dann sprichst du von "ausgedacht". Da haben wir ein Problem mit den Jüngern. Wieso um alles in der Welt sollten sie das machen? Was hätten sie davon?

 

Ausgedacht ist das falsche Wort, weil es sicherlich keinen Planer gegeben hat, der die christliche Lehre am Reißbrett entworfen hat. Es wird sich vielmehr um einen typischen Mythologisierungsprozess gehandelt haben. Das Fundament der Lehre mag der historische Jesus gelegt haben, und dieses Fundament wurde im Laufe der Jahre verändert, angepasst und mit zauberhaften Fiktionen unterfüttert.

 

Was ist denn so genial am Christentum?

Genial nun auch nicht. Man muss auch nicht genial sein, um bei der Mehrheit gut anzukommen. Aber das Christentum hat gegenüber der römisch-griechischen Religion schon eine ganze Reihe unverkennbarer Vorteile: Ein liebender, vollkommener Vater anstelle von oftmals gleichgültigen, höchst unvollkommenen Göttern; die Aussicht auf die ewige Seligkeit und die Bestrafung der Ungläubigen anstelle der eher triesten Jenseitserwartungen der Römer; die rührende Geschichte vom Sühneopfer usw.

 

Ich finde es überhaupt nicht schwer verständlich, dass das Christentum auf Menschen, die grundsätzlich bereit sind, einen religiösen Glauben zu akzeptieren, einigen Eindruck machen kann.

bearbeitet von David
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Also das mit dem religiösen Vakuum im römischen Reich ist mir neu.

 

Es ist aber tatsächlich richtig. In der Spätantike wurden große Teile der römischen Bevölkerung die alte römische Religion leid, weshalb östliche Religionen - und eben nicht nur das Christentum - mit Macht in das römische Reich hineinströmten und gut gediehen. Ich las erst kürzlich, dass schon im 3. Jahrhundert absehbar gewesen sei, dass irgendeine der orientalischen Religionen die römisch-griechische Religion ersetzen würde, dass man aber noch nicht hätte voraussehen können, dass es sich dabei um das Christentum handeln würde.

 

Der Aufstieg des Christentums ist also in weiten Zügen eine Angelegenheit, die sich günstigen historischen Zufällen verdankt: Die Internationalität des römischen Reiches, die relative Toleranz, und eben vor allem der Niedergang der alten Religion und das Interesse für orientalische Kulte.

 

Bitte Quelle.

Und was die Toleranz angeht. Das waren sie ja vielleicht, aber nicht zu dem Punkt, die eigenen Gottheiten wegzuwerfen. Das erscheint mir höchst unwahrscheinlich.

 

Und dann sprichst du von "ausgedacht". Da haben wir ein Problem mit den Jüngern. Wieso um alles in der Welt sollten sie das machen? Was hätten sie davon?

 

Ausgedacht ist falsche Wort, weil es sicherlich keinen Planer gegeben hat, der die christliche Lehre am Reißbrett entworfen hat. Es wird sich vielmehr um einen typischen Mythologisierungsprozess gehandelt haben. Das Fundament der Lehre mag der historische Jesus gelegt haben, und dieses Fundament wurde im Laufe der Jahre verändert, angepasst und mit zauberhaften Fiktionen unterfüttert.

 

Ja, wie gesagt, da müssen Genies am Werk gewesen sein. Ob nun der Zimmermann Jesus oder der Fischer Pertus... Wow.

 

Was ist denn so genial am Christentum?

Genial nun auch nicht. Man muss auch nicht genial sein, um bei der Mehrheit gut anzukommen. Aber das Christentum hat gegenüber der römisch-griechischen Religion schon eine ganze Reihe unverkennbarer Vorteile: Ein liebender, vollkommener Vater anstelle von oftmals gleichgültigen, höchst unvollkommenen Göttern; die Aussicht auf die ewige Seligkeit und die Bestrafung der Ungläubigen anstelle der eher triesten Jenseitserwartungen der Römer; die rührende Geschichte vom Sühneopfer usw.

 

Aehm, ja, hatten sie das nicht alles schon? Ich meine, meist bringen die A&As doch die ganzen Parallelen zu Horus, Mitras und wie sie alle heissen ins Spiel. Ausserdem gab es da noch diese schäge, jüdische Sexualmoral dazu und die allgemeine... naja...ich will nicht sagen Genussfeindlichkeit, aber doch weniger Sinnesfreude, als das bei den Griechen und Römern üblich war.

 

Ich finde es überhaupt nicht schwer verständlich, dass das Christentum auf Menschen, die grundsätzlich bereit sind, einen religiösen Glauben zu akzeptieren, einigen Eindruck machen kann.

 

Ich finde es kommt sehr auf die Ausgangssitutations drauf an. Es würde mich nicht erstaunen, dass ein suchender und von der christlicher Kultur geprägter Mensch zum Christentum findet. Es würde mich aber extrem verwundern, wenn meine aus Russland stammende Freundin, die Muslima ist, mir morgen erklären würde, dass sie nur zum Hinduismus konvertiert ist. Ja, auch wenn die fernöstlichen Religionen derzeit in sind und bestimmt auch einiges zu bieten haben.

bearbeitet von Alouette
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Hallo Konradin, danke B) !

 

Ich versuche, dir zu erklären, worum es mir eigentlich geht.

Ich verstehe das "Menschensohn" als Symbol.

Bzw glaube ich sowieso, dass Jesus und sein Leben selbst Symbol ist.

 

(Und zwar "Symbol" in dem Sinn, wie ich das Wort verwende: „Symbol" ist ein Wort, ein Bild, eine Erzählung, in der verschiedene Wirklichkeiten zusammenfallen: die materielle Realität und die „Geistwirklichkeit", verschiedene Ebenen, die sich gegenseitig durchdringen und die gleichzeitig wahr sind. Mit solchen Bildern wird das eigentlich Unsagbare sichtbar. (Jeder - notwendige! - Versuch, das, was ein Symbol aussagt, in andere Worte zu fassen, verkürzt oder verfälscht es auch schon.)

Symbole sind Bilder, die in unserem Gehirn etwas "anreden", die auf Strukturen, auf Engramme stoßen, die schon da sind, als im Lauf der Evolution entstandene innere Wachstumsbilder. Und wenn sie uns anreden, wirken sie, bewirken etwas in uns, setzen uns in Bewegung.

Smbole kann man nicht machen, sie sie sind uns "geschenkt". Entweder rührt ein Bild etwas in uns an, hat eine Entsprechung in unserer Tiefe, so dass es uns bewegt und uns zu verändern beginnt (als ganzen Menschen, im Denken, Fühlen und Handeln) – oder nicht. Symbolsprache ist d i e religiöse Sprache, die Sprache des ganzen Menschen.)

 

Wenn ich nun anschaue, wie Jesus und sein Leben quer durch die Kulturen und die Jahrhunderte Menschen beschäftigt und bewegt, dann ist das für mich klar darum, weil er eben selbst so ein Symbol ist.

Ich glaube, es ist kein Zufall, dass über Jesu Aussehen und sein Erscheinungsbild nichts gesagt ist - persönliche Charakteristika eines bestimmten Menschen gehören zu seiner Botschaft nicht dazu, denn was er uns sagt, indem er es lebt, sagt er uns allen:

Seine Botschaft ist die Botschaft vom Menschlichsein des Menschen in der Wirklichkeit. Er ist der Erstgeborene einer Seinsweise, in die wir auch alle hineinwachsen sollen.

Und das Neue dieser Seinsweise sagt er - so wie ich es verstehe - ebenfalls als Symbol: wenn er vom Menschensohn redet (und das offensichtlich so, dass gar nicht eindeutig ist, ob er von sich oder vom Menschen allgemein redet und man da herrlich drum streiten kann), dann meint er damit genau das: die Entwicklung der Menschheit ist noch nicht fertig, es muss eine "neue Generation", die "Sohngeneration" aus ihr heraus geboren werden. In ihm sebst ist das schon geschehen, er ist schon so ein "Menschensohn", der mit einem neuen Denken und Verstand (metanoia!) auf ganz neue Weise mit der Wirklichkeit verbunden ist.

Aber er ist nur Wegbahner. Tür, Licht, Brot, Hirte, Weinstock .... alles kann er denen sein, die diesen Weg mit ihrem eigenen Leben so weit es ihnen möglich, nachvollziehen wollen.

 

Und dass wir das tun, wäre, so wie ich es verstehe, die Aufforderung und der Auftrag an uns!

Angelus Silesius` sagt das so: "Und wäre Christus tausendmal in Bethlehem geboren, und nicht in dir - du gingest ewiglich verloren" (aus dem Kopf zitiert). Das wäe das Entscheidende: dass in jedem von uns das Neue, "das Kind" geboren werden muss: "der Menschen Sohn",

So, wie wir (die Kirche) jetzt über Jesus reden, (so, als ob es nicht viel mit uns zu tun hätte, wie er ist - oder dann höchstens soviel, als dass er uns davon befreit, selbst an uns zu arbeiten), ist es als ob wir ihn in ein Gefängnis sperren wollten, damit wir nicht sehen müssen, was doch eigentlich dringendste Botschaft der Evangelien ist:

dass wir wiedergeboren werden müssen "aus Wasser und Geist": dass wir nicht bleiben dürfen und auch nicht bleiben müssen, wie wir jetzt sind, sondern dass es uns möglich ist, einen neuen Verstand zu erwerben:

"Neuer Verstand" als eine ganzheitliche Erneuerung des Wesens (WIEDERGEBURT) durch eine Verschränkung von Kräften aus dem Unbewussten (WASSER - unsere sehnsüchtigsten Bedürfnisse wohnen im Wasser, als Ungeheuer und als lebendige Fische. Sie machen Angst, Wut und Begierde und werfen unbewusste Zukunftsentwürfe der Hoffnung voraus) mit den gebündelten Bewusstseinskräften (ich will, ich wünsche, ich denke.... "ich will dem Leben dienen, weil ich es bejahe" (GEIST).).

 

Jesus hat und benützt diesen Verstand. Sein Reden und Handeln ist Botschaft an uns, wie tief dieser Verstand in die Wirklichkeit schaut, wie viel er weiß über die Gesetze des Lebens, und wie unmittelbar er wahrnimmt, was für uns (noch) unsichtbar ist. In den Evangelien wird das nicht erklärt, sondern gezeigt: Wie nämlich Jesus aus diesem Verstand heraus h a n d e l t, denn das kann man sehen.

 

Und er zeigt es immer noch mal besonders dort, wo er Aussagen über "den Menschensohn" macht: im Menschensohn ist keine Stagnation und er ist immer auf dem Weg ("er hat nichts, worauf er sein Haupt legen könnte"), er kann so umgehen mit dem, was nicht gut ist und war und was fehlt, dass es nicht blockiert und lähmt ("er hat die Vollmacht, Sünden zu vergeben"), er lebt über einem ständigen inneren Raum der bewussten Verbundenheit mit dem "Vater" und muss das nicht mehr bewusst auf bestimmte äußere Zeiten konzentrieren ("er ist Herr über den Sabat"), usw.

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Also das mit dem religiösen Vakuum im römischen Reich ist mir neu.

....... In der Spätantike wurden große Teile der römischen Bevölkerung die alte römische Religion leid, .....

warum?

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Für mich ist die Frage wichtig, was wollte Jesus eigentlich?

Ich denke er wollte den Menschen zeigen, wie sie menschlich und liebevoll miteinander umgehen können und wie man glücklich wird.

 

Leider wurde er später von der Religion vereinnahmt ...

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Für mich ist die Frage wichtig, was wollte Jesus eigentlich?

Papst Benedikt XVI. beantwortet in "Jesus von Nazareth" diese Frage ziemlich eindeutig:

Den Menschen Gott bringen.

 

Ich denke er wollte den Menschen zeigen, wie sie menschlich und liebevoll miteinander umgehen können und wie man glücklich wird.
Das ist die Konsequenz, wenn Jesus oben genanntes Ziel erreicht.

 

Leider wurde er später von der Religion vereinnahmt ...

So wie jeder Vereinsgründer von den Mitgliedern "vereinnahmt" wird.

Wenn ihn keiner "vereinnahmt" hätte, wüssten wir heute sehr wenig über ihn.

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Was meint Jesus mit Menschensohn?

 

mehr oder weniger wissenschaftlich nähern

oder narrativ.

 

 

Zum Beispiel so.

Mann Konradin!

 

Da hast Du Dir eine Menge Mühe gemacht.

Ich könnte jetzt an so einigen Details rumkritteln, aber insgesamt finde ich Deine Geschichte eine tolle Leistung. Voll gut. Und Dankeschön!

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Historisch-kritische Methode nach Volker:

 

1) Ich fasse mir eine Vorstellung, von dem, was Jesus gesagt und gewirkt hat.

 

Falsch. Mir scheint, Du hast weder gelesen noch verstanden, was ich gesagt habe: Man kann sich zwar viele Vorstellungen von Jesus machen (es gibt davon Tausende, wenn nicht gar Millionen), nur kann man nicht sagen, welche der Vorstellungen davon zutreffend ist - weil die Argumente in diese und jene Richtung deuten und sich widersprechen, weil Legenden über Legenden gelagert wurden, und weil nichts von dem, was Jesus gesagt haben soll, sicher ist.

 

2) Alle Bibelstellen, die diese Vorstellung bestätigen, sind als Argument zu verwenden.

 

Falsch. Das ist genau das, was ich kritisiere: Man nimmt nur die Argumente für die eigene Ansicht und ignoriert alles andere. Deswegen habe ich ein paar Argumente genannt, die gegen die gängigen Vorstellungen sprechen, und gesagt, dass man bei allen diesen Argumenten und Gegenargumenten nichts sagen kann, was sich nicht auch widerlegen ließe.

 

Mir scheint, Du beschreibst die gängige, gläubige Vorgehensweise, mit dem, was ich geschrieben habe, hat das aber nichts zu tun.

 

3) Wo Bibelstellen etwas anderes sagen, sind sie Verdrehungen späterer Generationen.

 

Falsch. Man kann von allen und keiner Bibelstelle sagen, dass sie die Tatsachen verdreht, genau dieser Umstand macht es unmöglich, zu sagen, wer Jesus wirklich war - weil man für alles Argumente für dieses und sein Gegenteil findet. Tatsache ist nur, dass man einiges nicht erklären kann, ohne überhaupt anzunehmen, dass spätere Generationen an den Worten herumgedreht haben. So hat Jesus (angeblich) gesagt, dass es keine Heidenmission geben sollte, und das man die Heiden missionieren sollte. Wie willst Du das erklären, ohne anzunehmen, dass eines davon Jesus nur zugeschrieben wird?

 

Tatsache ist auch, dass Jesus relativ viel sagt, was andere bereits vor ihm gesagt haben, will man nun annehmen, dass er die Lehren anderer stumpfsinnig nachgeplappert hat, oder dass es ihm später zugeschrieben wurde?

 

4) Klingen die Aussagen Jesu widersprüchlich, nehme ich die Aussage, die meiner Vorstellung entspricht, und ordne die andere Vorstellung Punkt 3) zu.

 

Falsch. Gegenteilige Aussagen, die ich gegen gängige Vorstellungen wende, illustrieren bloß die Widersprüchlichkeit. Meine Vorstellung von Jesus ist, dass es keine "richtige" Vorstellung von Jesus geben kann, dass es ihn ebenso gut gegeben haben kann wie dass er nie existiert hat, sondern eine komplette Erfindung ist. Alle Extreme sind möglich.

 

5) Ist von Wundern oder Wirkung höherer Mächte die Rede, muss es sich grundsätzlich um Erfindungen handeln, weil nicht sein kann, was nicht sein darf.

 

Falsch. Gegen diese Annahme habe ich explizit Stellung bezogen, dass Du meine Position so definitiv in ihr Gegenteil verdrehst, bedeutet, dass Du nicht gelesen oder verstanden hast, was ich gesagt habe, oder dass Du böswillig meine Position verdrehst, damit Du oder ein anderer nicht auf meine wirkliche Position eingeht, sondern weiterhin leeres Stroh von Strohmännern drischst.

 

Zu Deinem Vorteil nehme ich an, dass Du nicht wirklich gelesen oder verstanden hast, was ich gesagt habe.

 

6) Falls alle Stricke reißen, hat es Jesus gar nicht gegeben und wir haben es mit der Bibel als fiktivem Roman zu tun.

 

Falsch. Das Jesus nie existiert hat, ist ebenso eine mögliche Position wie das es ihn gegeben hat. Dass allerdings die Evangelien romanhaften Charakter haben, ist offensichtlich, und wie bei allen Romanen kann es einen wahren Kern geben - nur ist nicht zu erkennen, wo der liegt. Aus den Evangelien herauslesen zu wollen, wer Jesus wirklich war, ist ebenso schwer oder unmöglich, als wenn man dasselbe mit einem Roman von Dan Brown versucht. Man kann aus den Evangelien nicht mehr oder nicht weniger über das Leben Jesu herauslesen wie aus den Romanen über ihn.

 

7) Die Aussagen der Bibel sind Spekulationen, die Spekulationen von Volker dagegen die Bibel!

 

Falsch. Auch meine Spekulationen sind Spekulationen, sie sind weder besser noch schlechter als andere - da man über Jesus nichts wissen kann, bleibt aber eben alles Spekulation, und mehr kann man nicht sagen.

 

Kurzum: Man kann es drehen und wenden, wie man will: Letztlich kommt immer das heraus, was man sich am Anfang schon vorgestellt hat, was wiederum die Genialität dieser Vorstellung eindrucksvoll beweist.

 

Damit beschreibst Du die übliche Vorgehensweise von Dir und anderen, etwa auch etwa die des Papstes. Mit meiner Auffassung hat das nichts zu schaffen.

 

Dass ich einige Spekulationen für plausibler halte, liegt in der Natur der Sache. Das hat aber nichts damit zu tun, dass alles über Jesus den Charakter von Spekulationen hat, und das man nichts davon wirklich rechtfertigen kann. Was bleibt ist die Auffassung, dass man den Evangelien nicht trauen kann, und das ist eine wohlüberlegte Auffassung, immerhin so gut, dass sie einen Theologen wie Albert Schweitzer zur Abkehr vom Christentum veranlassten.

 

Unsere Vorgehensweise steht sich genau diametral gegenüber: Du konstruierst Dir ein Bild von Jesus (und unterstellst mir, ich würde dieselben Fehler begehen wie Du), ich hingegen sage, dass man Jesus nur dekonstruieren kann: Man kann sich kein Bild von ihm machen, jedenfalls keines mit mehr als dem Anspruch, bloße Spekulation zu sein.

 

Du bist in Deiner Vorgehensweise so gefangen, dass Du nicht einmal ansatzweise in der Lage bist, meine zu verstehen, sondern versuchst, Deine Sichtweise meiner unterzuschieben. Was dabei herauskommt ist allerdings Murks allerersten Grades. Dieser Murks geht aber auf Deine Kappe.

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Für mich ist die Frage wichtig, was wollte Jesus eigentlich?

Papst Benedikt XVI. beantwortet in "Jesus von Nazareth" diese Frage ziemlich eindeutig:

Den Menschen Gott bringen.

 

Wenn das so einfach ginge. Gott ist doch keine Ware, die man so einfach bringen kann.

 

Man kann vielleicht sagen: er hat Impulse gegeben, die Menschen helfen können auf der Suche nach dem Wirklichen, nach der Liebe und das wirkt heute noch´(man könnte auch sagen "er wirkt heute noch" ), obwohl die Mißverständnis sowohl individuell als auch kollektiv schier endlos sind - aber vielleicht soll das so sein. B)

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..... Auch meine Spekulationen sind Spekulationen, sie sind weder besser noch schlechter als andere - da man über Jesus nichts wissen kann, bleibt aber eben alles Spekulation, und mehr kann man nicht sagen......

ja, so sehe ich auch deine exegetischen bemühungen um den "menschensohn". aber warum diese mühe, das will sich mir nicht erschließen.

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Man kann sich zwar viele Vorstellungen von Jesus machen (es gibt davon Tausende, wenn nicht gar Millionen), nur kann man nicht sagen, welche der Vorstellungen davon zutreffend ist - weil die Argumente in diese und jene Richtung deuten und sich widersprechen, weil Legenden über Legenden gelagert wurden, und weil nichts von dem, was Jesus gesagt haben soll, sicher ist.

Aha, und wie verträgt sich das mit dieser Aussage:

 

Sohn Gottes = Fromm (oder jemand, der von Gott besonders geliebt wird). Daraus wurde dann bei den griechischen Evangelienschreibern durch wörtliche Übersetzung "Sohn Gottes" statt der korrekten Übersetzung "fromm".

 

Wenn also dort steht: "Wer bin ich?" - "Du bist der Sohn Gottes!" - "So ist es" dann müsste man es so übersetzen:

 

"Wer bin ich?" - "Du bist ein frommer, von Gott geliebter Mensch" - "So ist es"

 

Die griechische Übersetzung tut dem Aramäischen Gewalt an, in dem sie wörtlich übersetzt, was dort eine fest stehende Redewendung ist. Es erinnert fast an den alten Witz "May I become a beefsteak?". Oder: "I cannot more, I break together".

 

Wenn man sich nun die ganzen Textstellen ansieht, dann sagt Jesus an allen diesen Stellen nichts weiter, als dass er ein frommer, gottgefälliger Mensch ist. Aus diesem Grund hat auch keiner der mit oder bei ihm Lebenden oder einer seiner Zeitgenossen ihn im wörtlichen Sinne für einen "Sohn Gottes" gehalten, weil das keiner so verstanden haben kann. Vermutlich hätten sie sich sehr gewundert, wenn ihnen aufgefallen wäre, wie falsch ein Grieche die griechische Übersetzung verstanden hätte. Abgesehen davon hätte kein frommer Jude damals es hingenommen, wenn sich jemand (in unserem Sinne) ein "Sohn Gottes" genannt hat, aber im Aramäischen hätte dies jeder hingenommen - da bezeichnet sich jemand als fromm, ja und? Wenn Jesus im Aramäischen hätte ausdrücken wollen, dass er der "leibliche, eingeborene Sohn Gottes" sei, dann hätte er gänzlich andere Formulierungen benutzen müssen. Das hätte sich dann aber auch in den Übersetzungen anders angehört.

 

Also: Man kann nicht einerseits sagen, dass Jesus sich sicher nicht als "Sohn Gottes" im Sinne einer Ebenbildlichkeit mit Gott gesehen hat, und gleichzeitig darauf pochen, dass man nicht sagen kann, welche Vorstellung über Jesus zutreffend ist.

Es sei denn, man betreibt bewusste Irreführung des Zuhörers bzw. Lesers .

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