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Fastentuch


Maximilian

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GLOBALES LERNEN - HUNGERTÜCHER ALS PROTESTSYMBOLE

 

Die Tradition des Hunger - oder Fastentuches

 

In unserem Sprachgebrauch gibt es den Ausdruck : "am Hungertuch nagen". Hier aber liegt ein Mißverständnis vor, denn ursprünglich hieß es am Hungertuch nähen. Das Hungertuch ist ein großer weißlinnerner Vorhang (Fastenvelum), das bereits im Jahr 1000 nachweisbar ist und während der Fastenzeit (Quadragesimä) bis zum Karmittwoch in den meisten Kirchen am Eingang des Chores angebracht wurde. Es diente dazu, den Altar zu verhüllen und zur Buße zu mahnen. Zumeist wurde es mit gemalten oder gestickten Bildern zum Leidensweg (Passion) Jesu Christi verziert. Weil es am Mittwoch der Karwoche während des Gottesdienstes bei den Worten: "Velum templi scissum est"= Und der Vorhang zerriß (beim Tod Jesu am Kreuz/ Lk. 23,45) entfernt wurde, hieß es auch "velum templi". Die einzelnen Stücke des Vorhangs mußten erneut zusammengenäht werden: es wurde ein Hungertuch genäht.

 

Als man den Sinn des Wortes "Hungertuch" nicht mehr verstand, wurde aus "nähen", "nagen", weil man sich in der Verbindung mit Hunger vorstellte, daß dieser durch "nagen" wohl besser gestillt werden könnte als durch "nähen". Der Brauch erhielt sich nach der Reformation (16. Jhdt.) noch bis zum Barock (17. Jhdt.) , wo er durch den Einzug der Fastenkrippen mit der Darstellung des Ölberges und der Stationen des Kreuzigungsweges zurückgedrängt wurde, bis er in der Zeit der Aufklärung fast vollends verschwand. In einigen Lanstrichen Spaniens (Sevilla und Toledo), auf Sizilien, in der Bodensee-Gegend und im Münsterland erhielt sich der Brauch bis in unser Jahrtausend. 1975 wurde diese Tradition von einer kirchlichen Entwicklungshilfeorganisation wiederbelebt, um auf zentrale Probleme sozialer Gerechtigkeit in den wirtschaftlich unterentwickelten Ländern unseres Erdballs , in denen immerhin 2/3 der Menschheit leben, aufmerksam machen zu können. Seither werden Künstler aus unterschiedlichen Regionen dieser Welt gebeten, zu Spannungen und Konflikten innerhalb ihrer Länder, aber auch im globalen Zusammenhang des Nord/Süd-Gefälles von Reichtum und Armut Stellung zu nehmen und den kulturellen wie auch religiösen Reichtum ihrer Heimat in einer leicht faßlichen Bildersprache widerzuspiegeln. Das Hungertuch entwickelte sich zu einem Glaubenzeugnis der sogenannten dritten Welt an die vermeintliche erste Welt.

 

Harald Behrendt

 

 

Quelle

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Eine Initiative von Volker B. > > >

 

Vor dem Fasten kommt schließlich der Karneval:

 

Das Orchester auf der Bühne packt der Wahnsinn,

der Pianist reißt alle Tasten raus,

die Tuba bläst dem Trommler das Toupet weg,

der Dirigent weint, Heinzel schreit - Licht aus!

Unten trabt das Volk bereits im Laufschritt,

die Bänke fliegen tief, die Tische auch.

Die Wirtin schmeißt sich schützend über'n Aufschnitt.

Das Chaos tobt, der Boden schwankt - wir auch!

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Ja, vielen Dank, Lucia. Das war wirklich aufschlussreich.

 

Heutzutage scheint mir das Hungertuch allerdings eher an die 3. Welt und an soziale Probleme zu erinnern und außerdem der Promotion fremdländischer (Möchtegern-)Künstler. Es dient einer Sozio-Moralität: Tu was für die Armen! Es soll dir leid tun, dass du es besser hast, als andere!

 

An für sich nicht schlecht - aber dabei geht verloren (oder ist schon längst verloren gegangen), was Hungertuch und Fastenzeit bedeuten. Es ist, wie im ersten Halbsatz des schönen Kirchenliedes: "Es geht ohne Gott".

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