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Ecclesia et Synagoga


Gast Ketelhohn

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>> Die Verkündigung muß anderswo stattfinden. << (Ketelhohn)

 

 

Klug erkannt!

 

Die besten Aussichten bestehen immer noch im Kinderzimmer. Da kann sich niemand gegen die Verkündigung wehren.

 

Hier sind wir auf einem Marktplatz, auf dem sich überwiegend Erwachsene befinden.

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>>............, auf dem sich überwiegend Erwachsene befinden. <<

 

ja wo sind sie denn..... ja wo laufen sie denn hin...

 

(Loriot)

 

"Jedes neugeborene Kind bringt die Botschaft, dass Gott sein Vertrauen in den Menschen noch nicht verloren hat."

- Rabindranath Tagore

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"Jedes neugeborene Kind bringt die Botschaft, dass Gott sein Vertrauen in den Menschen noch nicht verloren hat."

 

 

Viele Sprüche finden nicht deshalb Verbreitung, weil sie wahr, sondern weil sie gefällig sind.

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Gast Ketelhohn


Betrifft: Beitrag von Stefan Mellentin, 29. Mai 2001.

Zitat: »Lieber Robert! Ich finde ja Dein Bemühen, jeglichen Antijudaismus von der kath. Kirche abzuwenden bermerkenswert und heroisch, aber es nützt, glaube ich, der Kirche wenig, wenn wir die Augen vor der Wahrheit verschließen.

Auch der Papst hat in seinem "Confiteor" während des Heiligen Jahres um Vergebung für die Verbrechen an den Juden gebeten.

Leugnen kannst Du nicht, daß bis zum Konzil in den großen Fürbitten am Karfreitag für die "verstockten Juden" gebetet wurde, die Jesus Christus nicht erkannt und ihn umgebracht haben.

Leider muß ich an dieser Stelle auch zugeben, daß das Joh. einige antijudaistische Tendenzen zeigt, der Evangelist neigt dazu, den Juden die Kollektivschuld an Jesu Tod zu geben. Er spricht von "den Juden", die Jesus zu Pilatus brachten, "die Juden", die schrien: "Kreuzige, kreuzige..."

Lieber Robert, ich denke schon, daß auch das, was Du recherchiert und dargelegt hast, richtig ist, leider lassen sich dennoch nicht alle antijudaistischen Züge aus der Vergangenheit der Kirche eleminieren.

Liebe Grüße«

Lieber Stefan,

 

ich will gar nicht „jeglichen Antijudaismus“ von der Kirche abwenden. Es ist die Frage, was man unter Antijudaimus versteht. Ein deutlicher Gegensatz zum Judentum muß ja wohl bestehen bleiben, sonst wäre Christi Inkarnation, Kreuzestod und Auferstehung offensichtlich für den Aršch. Wenn es reicht, guter Jude und Gesetzesdiener zu sein, was soll dann die Kirche?

 

Der Feind versucht genau hier anzusetzen. Aus den Verbrechen an Juden schnitzt er sich die Keule, mit der er die Kirche traktiert, um sie nicht bloß zur Abkehr von vielleicht oder vermeintlich falschen Anschauungen über die Juden zu bringen, sondern um Kernbestandteile des Glaubens herauszubrechen. Darum schlage ich zurück, wenn die Bande mit der Antijudaismuskeule daherkommt, und das werde ich tun, solange ich noch zappeln kann.

 

Was das „Confiteor“ („Ich bekenne“) des Heiligen Vaters betrifft, so gebe ich zu bedenken, daß Johannes Paul gar nichts „bekannt“ hat. Bekennen kann man nämlich bloß seine eigenen Sünden (obwohl es Leute geben soll, die in der Beichte erst mal mit den Sünden ihrer Ehegatten anfangen), sonst wird aus dem Bekenntnis eine Anklage. Der Papst hat Gott um Vergebung für die Sünden von Gliedern der Kirche gebeten. Das ist ein bißchen was anderes.

 

Übrigens bestreitet niemand, daß Christen Verbrechen an Juden begangen haben. Bekämpfen müssen wir nur die Behauptung, solche Verbrechen seien die Frucht des Glaubens der Kirche. Gewiß wurden in einer Zeit, da Europa christlich war, praktisch sämtliche Verbrechen von Christen begangen. Und was für Verbrechen! Nichts, was man nicht fände: Mord, Totschlag, Vergewaltigung, Brandschatzung, Raub, Diebstahl, Gotteslästerung, Abtreibung, Sodomie, Lüge und Betrug, Plünderung und Massaker in Jerusalem und Konstantinopel. – Ja, so warn se, die Christen, mag einer der hiesigen Satansbraten feixen. Ja, so sind wir Christen. Elende Sünder. Uns unterscheidet das eine: Wir wissen's, und wir haben den erkannt, der uns dennoch liebt, bis in den Tod, und der uns rettet in Ewigkeit.

 

Gruß

Robert

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>> Gewiß wurden in einer Zeit, da Europa christlich war, praktisch sämtliche Verbrechen von Christen begangen. Und was für Verbrechen! Nichts, was man nicht fände: Mord, Totschlag, Vergewaltigung, Brandschatzung, Raub, Diebstahl, Gotteslästerung, Abtreibung, Sodomie, Lüge und Betrug, Plünderung und Massaker in Jerusalem und Konstantinopel. – Ja, so warn se, die Christen, mag einer der hiesigen Satansbraten feixen. Ja, so sind wir Christen. Elende Sünder. << (Ketelhohn)

 

 

Der große Persilschein für die Kirche!

 

Die Verantwortung soll nicht die reine Kirche, sondern nur ihre schmutzigen Glieder treffen. DAGEGEN GILT ES, SICH ZU VERWAHREN. Und deshalb werde ich nicht müde, herauszustellen, daß die Schuld nicht beim "gemeinen" Christen, dem Mann von der Straße, sondern bei den eminentesten Vertretern der Kirche zu suchen ist.

 

Das Volk ist immer lenkbar und verführbar. Die großen Verbrechen gehen nie von den Gelenkten und Verführten, sondern immer nur von den Lenkern und (Ver)führern aus.

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Gast Ketelhohn

Das folgende ist zwar nicht eigens fürs Forum hier verfaßt, paßt aber gleichwohl. Vielleicht wird es dem einen oder andern doch das Verhältnis der Kirche zum Judentum verstehen helfen.

 

 

 

Der heilige Paulus, die Osterhomilie des Bischofs Melito von Sardes und der angebliche kirchliche Antijudaïsmus

 

Ein Resultat der im zwanzigsten Jahrhundert an Juden begangenen Verbrechen scheint zu sein, daß einige historische Tatsachenbehauptungen gleichsam amtlich feststehen: Erstens gebe es eine lange, ununterbrochene Tradition der Judenverfolgung; zweitens liege deren deren Wurzel im Christentum und in der Kirche; drittens habe der Nationalsozialismus insofern nur die christliche Unheilstradition fortgesetzt; und viertens hätten die Christen konsequenterweise auch nichts oder viel zu wenig gegen den nazistischen Judenmord unternommen.

 

So unwahr die letzte Behauptung ist – die von der Schuld der Kirche oder der Christen an nationalsozialistischen Untaten –, soll sie hier außer Betracht bleiben, denn es geht dabei nur um zeitlich eng begrenzte historische Vorgänge und Ereignisse und um Handlungen konkreter Personen. Von weitaus grundsätzlicherer Bedeutung ist der Vorwurf, der neuzeitliche Antisemitismus wurzele in einem uralten kirchlichen Antijudaïsmus. Hier geht es um das Wesen der Kirche. Man verlangt, daß die Kirche diese „Altlasten“, die manche Autoren bis auf den Evangelisten Matthäus zurückführen wollen, endlich und vollständig abwerfe. Demgegenüber ist zu fragen, ob es diesen „Antijudaïsmus“ tatsächlich gab oder gibt, ob die gemeinte Haltung oder Tradition der Kirche mit diesem Begriff treffend beschrieben ist und ob sie heute zu Recht als verwerflich angesehen wird.

 

Ecclesia und Synagoga als allegorische Darstellung

 

synagoga-minor.jpgDie nebenstehende Abbildung (Wandmalerei aus der Kirche von heiligsten Herzen Jesu, Berlin-Prenzlauer Berg; ebenso die folgende Abb.) zeigt die allegorische Darstellung der „Synagoga“, also des Judentums, wie die Tradition der Kirche sie seit karolingischer Zeit kennt: Eine Frau mit der Binde vor Augen, die Krone ihr vom Haupte fallend, das Feldzeichen von geknickter Lanze herabhängend, in der Hand das Opfermesser, auf dem Altar ein Widder als Zeichen für den levitischen Opferdienst des Alten Bundes. Daß diese Darstellung sogar frisch restauriert ist – noch dazu in einer katholischen Kirche –, grenzt heutzutage fast an ein Wunder, personifiziert sie doch geradezu alles, was den der Kirche angelasteten Antijudaïsmus ausmacht.

 

ecclesia-minor.jpgDas Gegenbild ist die Darstellung der Ecclesia, der Kirche: Sie – und nicht die verblendete Synagoge – trägt als Königin die Krone, hinter welcher der Nimbus der Heiligkeit erstrahlt; sie hält als Siegeszeichen das aufgerichtete Kreuz in der Linken, in der Rechten den Kelch des Neuen Bundes mit dem Blut Christi, der wahren Opfergabe „nach der Ordnung Melchisedechs“. Ist eine solche Darstellung und Gegenüberstellung „antijüdisch“? Anders gefragt: Für welche Juden steht hier die Synagoge? Wird mit ihr alles Jüdische als gebrochen, abgelöst und überholt auf den Abfallhaufen der Geschichte geworfen? So einfach kann es schwerlich sein, macht doch gerade die Gegenüberstellung von Ecclesia und Synagoga in der Zusammengehörigkeit beider deutlich, daß die Kirche ohne die Synagoge, ohne das Judentum nicht denkbar ist.

 

Jesus Christus war der Sohn einer jüdischen Frau. Das Heil ist durch die Juden in die Welt gekommen. Doch Er, der dies Heil selbst ist, verlangt eine Entscheidung. So hat die Notwendigkeit, sich für oder gegen Christus zu entscheiden, auch zur Scheidung unter den Juden geführt, und zwar von Anfang an: Juden waren die Apostel ebenso wie die Angehörigen des Hohen Rats, die Jesu Hinrichtung betrieben und durchgesetzt haben. Freilich, wenn Angehörige des Volkes, dessen Verheißung, ja dessen ganzer Daseinszweck die Heraufkunft des Messias war, die Ankunft des Heiles in der Welt, wenn sie selber sich diesem Heil verweigern, dann hat das doch eine andere Qualität, als wenn Heiden taub sind für das Evangelium.

 

Paulus und der Ölbaum Israel

 

Der Apostel Paulus, der ja selber Jude war – „aus dem Samen Abrahams, aus dem Stamme Benjamin“ [Rm 11,1], „zu Füßen Gamaliels erzogen“ [Apg 22,3] –, hat im Römerbrief [Rm 9-11] die Grundlage des christlichen Verhältnisses zum jüdischen Volk gelegt. Ferne sei die Vorstellung, so der Apostel, Gott habe sein Volk verworfen [Rm 11,1]. Wenn die Israeliten auch jetzt ein ungläubiges und widerspenstiges Volk seien [Rm 10,21] wie zur Zeit des Propheten Elias, als sie die Propheten töteten, die Altäre des Herrn schändeten und ihre Knie dem Baal beugten [Rm 11,3-4], so habe Gott doch auch jetzt durch seine Gnade einen heiligen „Rest Israels“ erwählt [Rm 11,4-5], während die Masse der Juden verblendet worden sei [Rm 11,7]. Da aber kein Unterschied mehr sei zwischen Juden und Heiden [Rm 10,12], erfolge diese Erwählung nun auch unter den nichtjüdischen Völkern: Paulus selber ist ja der „Heidenapostel“ schlechthin [Rm 11,13], und an die Heidenchristen in Rom schreibt er den Brief.

 

Ihnen, die namentlich von den stadtrömischen Juden angefochten wurden, erklärt er ihr Verhältnis zum Volk Israel im Bild vom Ölbaum, das für uns heutige Heidenchristen nicht minder gültig ist: Sie seien als Heiden gleichwie Zweige des wilden Ölstrauchs in den Wurzelstock des edlen Ölbaums Israel eingepfropft: „Nicht du trägst die Wurzel, sondern die Wurzel dich“ [Rm 11,18], mahnt der Apostel. Doch jene verstockten Juden, die nicht an Christus glaubten und glauben, seien als verdorrte Zweige aus dem Stamm des Ölbaums herausgebrochen; denn „Blindheit ist Israel zum Teil widerfahren, bis daß die Fülle der Heiden eingeht“ [Rm 11,25]. Paulus läßt aber zugleich keinen Zweifel daran, daß Gott ebenso die Macht hat, neue Zweige, wenn sie sich als unfruchtbar erweisen, wieder herauszubrechen und alte Zweige wieder einzupfropfen [Rm 11,21-24].

 

Israel, das heißt: die Kirche

 

Betrachten wir nun noch einmal die allegorische Gegenüberstellung von Ecclesia und Synagoga in paulinischem Licht. Wird denn, so mag man fragen, in der Allegorie überhaupt noch deutlich, daß beide aus derselben Wurzel stammen? – Die Frage ist falsch, weil aus der heute üblichen religionssoziologischen Froschperspektive gestellt, die „Christen“ und „Juden“ als „Religionsgemeinschaften“ nebeneinander sieht. Der Schlüssel zum rechten Verständnis lautet: Die Ecclesia <b>ist</b> Israel. Sie ist das Volk der Erwählung und der Verheißung. Sie umfaßt alle Patriarchen und Propheten und Heiligen des Alten Bundes ebenso wie die Heiligen des Neuen Bundes. Sie ist der Ölbaum des Apostels. Die Heiden – und nicht etwa die Kirche – sind die eingepfropften Zweige. Die Synagoge bedeutet die gebrochenen, welkenden und dorrenden Zweige, den levitischen Opferdienst wie die buchstabentreue Werkgerechtigkeit, diejenigen Juden, die geblendet sind und den Messias nicht erkennen. „Denn nicht alle, die aus Israel sind, die sind Israel; und nicht, weil sie Abrahams Same sind, sind sie Kinder ... Das heißt: Nicht diejenigen, die Kinder des Fleischs sind, die sind Kinder Gottes, sondern welche Kinder der Verheißung sind, die werden als Same gerechnet“ [Rm 9,6-8].

 

Die große Karfreitagsfürbitte

 

Dennoch bleibt die mit Blindheit geschlagene Synagoge immer gegenwärtig als Gegenüber der Kirche, denn schließlich wird doch „ganz Israel gerettet werden“ [Rm 11,26]. Darum auch hat die Kirche am Karfreitag bis vor kurzem immer gebetet:

 

„Oremus et pro perfidis Judæis: ut Deus et Dominus noster auferat velamen de cordibus eorum; ut et ipsi agnoscant Jesum Christum Dominum nostrum. Omnipotens sempiterne Deus, qui etiam Judaïcam perfidiam a tua misericordia non repellis: exaudi preces nostras, quas pro illius populi obcæcatione deferimus; ut, agnita veritatis tuæ luce, quæ Christus est, a suis tenebris eruantur. Per eundem Dominum etc. – Lasset uns auch beten für die treulosen Juden, daß unser Gott und Herr hinwegnehme den Schleier von ihren Herzen, auf daß auch sie Jesus Christus erkennen, unsern Herrn. Allmächtiger ewiger Gott, der du auch die jüdische Treulosigkeit von deiner Barmherzigkeit nicht fortstößt: Erhöre unsere Bitten, die wir ob der Verblendung jenes Volkes darbringen, auf daß sie das Licht deiner Wahrheit erkennen, das Christus ist, und ihrer Finsternis entrissen werden. Durch denselben Herrn usw.“

 

Daß im Zuge der Liturgiereform diese Fürbitte durch einen Text ersetzt wurde, der den Eindruck erweckt, Ecclesia und Synagoga, das sei letztlich einerlei – das ist eins der bedrückendsten und unbegreiflichsten Ereignisse der jüngsten Kirchengeschichte. Denn so offensichtlich ist das Gebet von der Sehnsucht getragen, die Juden möchten sehend werden und Jesus Christus erkennen, daß man geradezu die Liebe des Apostels Paulus selber zu seinem verstockten Volk aus ihm zu hören meint.

 

Aber nochmals: „Antijudaïsmus“, so lautet die Anklage. Bestätigen die Beispiele aus der kirchlichen Tradition, die wir betrachtet haben, diesen Vorwurf an die Adresse der Kirche? Offensichtlich nicht, denn in all diesen Fällen geht es um heilsgeschichtliche Aussagen, um Aussagen über das Wesen der Kirche, auch über die Bestimmung des israelitischen Volks. Daß Juden, die Christus nicht erkannt haben, darin ihrerseits einen Vorwurf sehen können, das liegt auf der Hand – aber wie könnte es anders sein, wenn denn Jesus Christus tatsächlich der Messias ist?

 

Melito, Ankläger der Juden?

 

Hat es aber, mag man wiederum einwenden, in der Geschichte der Kirche nicht viel heftigere und explizitere Angriffe gegen die Juden gegeben, schon von seiten der Kirchenväter? – Ja, lautet die ehrliche Antwort. Aber wie sind solche Angriffe zu bewerten? Muß man sie verurteilen? Betrachten wir ein konkretes Beispiel. Einer der ersten, die in ausgesprochen „antijüdischer“ Weise predigen, ist der heilige Melito, Bischof von Sardes in Kleinasien im zweiten Jahrhundert, von dem eine Homilie überliefert ist, gehalten in der Feier der Osternacht um die Mitte des zweiten christlichen Jahrhunderts. Melito ist es, dessen Predigt die erste Bezeugung des Worts vom „Gottesmord“ der Juden bietet.

 

Die Osterhomilie hatte in der Feier der Osternacht ihren Platz nach der Lesung vom Paschalamm und von der Exodus der Israeliten aus Ägypten (Ex 11,1-15,21). Durch diese Lesung – die weithin üblich war in der Osternacht – ist das Thema zwar schon vorgegeben; dennoch bleibt beeindruckend, wie Melito, der ein gewaltiger Prediger gewesen sein muß, das Wort auslegt. Ausgangspunkt ist die typologische Verbindung von Altem und Neuem Bund, von alttestamentlichem Pascha und Christus, dem wahren Lamm. Nachdem Melito diesen Zusammenhang kurz dargestellt hat, legt er zunächst das mosaïsche Pascha aus, um sodann über den Sinn der Typologie zu reden – die für ihn kein exegetisches Prinzip ist, sondern sich historisch manifestiert, sich ereignet hat –, über den Sinn von Vorausbild und Erfüllung. Hier wird schon deutlich, daß bei Melito das „Bewußtsein der gemeinsamen Wurzel von Juden und Christen“, das man der des Antijudaïsmus geziehenen Kirche so gern abspricht, in gar nicht zu überbietender Weise gegenwärtig ist.

 

Marcion, der Erzketzer

 

Dies ist damals, zu Beginn der zweiten Hälfte des zweiten Jahrhunderts, durchaus nicht selbstverständlich: Es war die Zeit Marcions, jenes gnostischen Häresiarchen und Judenfeindes, der das alte Testament radikal verwarf und nach seiner Exkommunikation von der Kirche vor allen andern Ketzern bekämpft wurde (letztlich erfolgreich, bis seine Ideen nach der Vorarbeit Adolf Harnacks bei Houston Stewart Chamberlain, Alfred Rosenberg und schließlich den „Deutschen Christen“ wieder auftauchten); auch Melito selber hat sich wohl in mehreren, unglücklicherweise nicht erhaltenen, sondern nur dem Titel nach bezeugten Schriften explizit mit Marcion auseinandergesetzt. Hierher gehört auch eine Reise Melitos nach Jerusalem: Deren Zweck war nach dem Zeugnis Eusebs von Cæsarea die Feststellung des alttestamentlichen – also jüdischen – Kanons durch Befragung der besten Zeugen, nämlich der Jerusalemer Juden.

 

Nach den genannten Darlegungen wendet sich Melitos Homilie dem neutestamentlichen Pascha-Mysterium zu. Auch hier spannt er noch einmal den Bogen der Heilsgeschichte, vom Fall Adams zur Erlösung durch das Leiden Christi, das präfiguriert ist in den Patriarchen und Propheten und von diesen vorherverkündigt, gipfelnd in Tod und Auferstehung des Herrn. Dies Stichwort, den Tod Christi, nimmt Melito nun auf, um – gleichsam in einer Art Beweisaufnahme – die Fakten darzustellen. Daß er hier angesichts der Geschichte, wie sie sich ereignet hat, nicht von der Schuld der Juden absehen kann, sollte sich von selbst verstehen. Wenn Melito manches auch bildhaft ausschmückt – das ist sein Stil, die ihm eigene, suggestive Sprache –, so bleibt er im Kern doch stets dem biblischen Befund treu, auch im Fazit seiner „Beweisaufnahme“:

 

„Du aber wurdest nicht als Israel erfunden [vgl. Joh 8,44: „Ihr habt den Teufel zum Vater“], denn du hast Gott nicht gesehen [vgl. Joh 12, 40.45: „Er hat ihre Augen verblendet ... Wer mich sieht, sieht den, der mich gesandt hat“; Rm 11,25: „Denn Blindheit ist Israel zum Teil widerfahren“], du hast den Herrn nicht erkannt [vgl. Joh 8,19: „Weder mich kennt ihr noch meinen Vater“], du hast nicht begriffen, o Israel, daß dieser der Erstgeborene Gottes ist, der vor dem Morgenstern gezeugt wurde [Hom. 82,648-653]“.

 

Melito predigt als Prophet

 

Indem Melito hier das johanneïsch-paulinische Motiv der Verblendung Israels variiert, geht er über die eigentliche „Beweisaufnahme“ schon hinaus. Es kündigt sich die folgende flammende Anklage Israels an, gleichsam eine sakrale „Prozeßrede“. Dort spricht nicht mehr eigentlich Melito, sondern der Bischof fällt in prophetische Rede, ja fast möchte man sagen, der Herr selber, durch den Mund des Bischofs, klagt sein Volk an.

 

Wer freilich als moderner Theologe die „politische Korrektheit“ mit der akademischen Muttermilch seiner Alma Mater aufgesogen hat, der muß sich mit solchen Texten schwertun. „Politisch“ war der Bischof von Sardes nun einmal „inkorrekt“, ganz wie jener Jesus von Nazareth, den Pilatus um seiner eigenen politischen Korrektheit willen ans Kreuz schlagen ließ (vgl. Joh 19,12: „Wenn du diesen freigibst, bist du kein Freund des Kaisers ...“).

 

Melitos „Prozeßrede“ aber steht durchaus nicht isoliert in der christlichen Landschaft. Zuerst, um den Bezug zur Tradition herzustellen, ist an die Improperien der Karfreitagsliturgie zu denken: „Mein Volk, was habe ich dir getan, womit nur habe ich dich betrübt? Antworte mir! Aus dem Lande Ägypten habe ich dich herausgeführt. Du aber bereitest das Kreuz deinem Heiland ...“. Der detaillierte Vergleich beider Texte zeigt auffällige Übereinstimmung wenn nicht im Wortlaut, so doch in fast allen vorkommenden Motiven; auf der einen Seite Gottes Wohltaten gegenüber Israel: die Auserwählung, das Schlagen Ägyptens und seiner Erstgeburt, die Führung aus Ägypten und durchs Rote Meer, die Feuer- und Wolkensäule, das Manna in der Wüste, das Wasser aus dem Felsen, die Eroberung des verheißenen Landes; andererseits die Vergeltung Israels: Erhöhung Jesu am Holze des Kreuzes, Gericht vor Pilatus und den Hohenpriestern, Bande und Geißeln, die Dornenkrone, Galle und Essig.

 

Die Propheten klagen ihr Volk an

 

Die Improperien sind in ihren textlichen Anfängen seit dem vierten Jahrhundert historisch greifbar; die Parallelen bei Melito legen aber die Vermutung nahe, daß ihr liturgischer Ursprung doch wenigstens ins zweite Jahrhundert zurückreicht. Auch damals aber stehen sie bereits in der Tradition der alttestamentlichen prophetischen „Prozeßrede“ wider das untreue, bundesbrüchige Israel; so geht die Antiphon der Improperien unmittelbar auf Michäas zurück: „Mein Volk, was habe ich dir getan, oder worin bin ich dir lästig gewesen? Antworte mir! Ich habe dich doch aus dem Lande Ägypten geführt und dich aus dem Hause der Knechte befreit“ (Mi 6,3-4). Dasselbe Motiv vom „Rechtsstreit Jahwes mit Israel“, unter Gegenüberstellung der Taten Gottes und der Untreue Israels, liegt neben Mi 6 etwa auch vor in Jer 2, Ez 20, Ps 77 und Ps 105, im Grunde auch in der Verteidigung des Stephanus (Apg 7,2-53); die vielleicht härteste und eindringlichste Anklage in der ganzen Heiligen Schrift richtet Ezechiel im babylonischen Exil gegen Israel (Ez 16).

 

In der prophetischen Tradition ist der Zweck solcher Reden stets die Bekehrung des Volks; gleiches gilt für die Improperien, antworten wir doch: „Heiliger Gott, heiliger starker, heiliger unsterblicher, erbarme dich unser!“ Was aber bezweckt der Bischof von Sardes, wenn er in der Osternacht eine solche Anklage führt? Will er die anwesenden Gläubigen aufrufen, sich zu bekehren, schlagen sie doch durch ihre Sünden Jesus gleichsam erneut ans Kreuz? – Dieser Zweck ist nicht auszuschließen, dürfte aber kaum im Vordergrund gestanden haben. Zunächst lag die „prozessuale“ Form für Melito schon deshalb nahe, weil er in der johanneïschen Tradition Kleinasiens stand, und der Prozeß Jesu ist eben das hauptsächliche Gestaltungsprinzip der Johannispassion. Sodann könnte es ihm um die Abwehr judaïsierender Tendenzen gegangen sein – also der dem Marcionitentum entgegengesetzten Abweichung –, zumal man damals in Sardes noch der „quartadecimanischen“ Osterpraxis folgte, Ostern also am Tag des jüdischen Pascha feierte, dem 14. Nisan. Melito hätte also die Notwendigkeit gesehen, in aller Deutlichkeit klarzustellen, daß und durch welches Faktum das mosaïsche Pascha endgültig obsolet geworden ist. Auch diese Möglichkeit ist denkbar.

 

„Gott ist gemordet worden!“

 

Im Zusammenhang der Osterhomilie erfüllt die Anklage Israels aber offensichtlich auch und vor allem einen andern Zweck. Melito stellt in zugespitzter, geradezu exstatisch anmutender Rede die unerhörte Einzigartigkeit des Todes Christi heraus, des Gottesmordes: „Ho Theòs pephóneutai – Gott ist gemordet worden“ [Hom. 96,786]. Die äußerst denkbare Zuspitzung des Frevels, der scheinbaren Katastrophe ist eingetreten: Ausgerechnet Gottes eigenes, auserwähltes Volk war es, das eben diesen Gott dem Tod eines Verbrechers überantwortet hat. Alles scheint zu Ende zu sein. Doch nun folgt der Kern des Kerygmas: Gerade in dieser vermeintlichen Katastrophe liegt das Heil. Der Frevel ist gesühnt. Denn Christus ist auferstanden. Um die alles Verstehen übersteigende Größe dieses Ereignisses faßbar werden zu lassen, stellt Melito beide Extreme in äußerster Zuspitzung widereinander. Er spricht nun wirklich in persona Christi:

 

„Egó, phesín, ho Christós – Ich, spricht Er, bin der Christus. Ich bin es, der den Tod vernichtet hat; und der über den Feind triumphiert hat; und der die Hölle zertreten hat; und der den Starken gebunden hat; und der den Menschen herausgerissen hat in die Höhen der Himmel: Ich, spricht Er, bin der Christus. Nun also hierher, all ihr Stämme der Menschen, die ihr in Sünden verkleistert seid, und empfanget die Vergebung der Sünden! Denn ich bin eure Vergebung. Ich bin das Pascha des Heils. Ich bin das Lamm, geschlachtet für euch. Ich bin euer Lösegeld. Ich bin euer Leben. Ich bin eure Auferstehung. Ich bin euer Licht. Ich bin euer Heil. Ich bin euer König. Ich führe euch hinan zu den Höhen der Himmel. Ich werde euch dorthin auferwecken. Ich werde euch den Vater weisen, der da ist von Ewigkeit. Ich werde euch auferwecken durch meine Rechte“ [Hom. 102,833 - 103,856]*.

 

Entweder ist Jesus der Messias – oder er ist es nicht

 

„Antijudaïsmus“? – Nur wer auf dem Standpunkt der prinzipiellen Gleichwertigkeit aller „Religionen“ steht, kann in Melitos Worten eine Anmaßung sehen oder dem Sardenser Bischof Judenfeindschaft vorwerfen. Nochmals sei es gesagt: Daß zwischen Ecclesia und Synagoga ein scharfer Gegensatz besteht, das steht nicht in Frage, das kann nicht anders sein. Entweder ist Jesus von Nazareth der Christus, der Gesalbte Gottes, der Messias, oder er ist es nicht. Entweder ist die Synagoga mit Blindheit geschlagen – oder der christliche Glaube ist falsch, auf Sand gebaut, Irrtum und Lüge von Anfang an. Wer diesen Gegensatz einzuebnen versucht, der hebt das Christentum auf – und im übrigen ebenso die Messiaserwartung der verblendeten Synagoge.

 

Schon früh hat dieser unaufhebbare Gegensatz zu Konkurrenz geführt, zu wechselseitiger Missionierung, zu theologischer Auseinandersetzung. Auf kirchlicher Seite ist daraus die apologetische Gattung der „Adversus-Judæos“-Litteratur entstanden, die Traktate „Gegen die Juden“ seit der Zeit der Kirchenväter. Man mag das „religiösen Antijudaïsmus“ nennen, aber man verfehlt damit der Kern der Sache**. Was man damit meint und angreift, ist der innerste Wesenskern des Christentums: Der Glaube an Jesus von Nazareth, den Messias, den Sohn Gottes, Mensch geworden als Sohn Israels, des auserwählten Volkes, von den Führern dieses selben Volks unschuldig dem Tode überliefert, gestorben und auferstanden für alle, weil in ihm die Trennwand zwischen Juden und Heiden niedergerissen ist; und an die Kirche, die Israel ist, das Neue Jerusalem, die civitas Dei.

 

Darum gilt: Wenn man uns Christen des Antijudaïsmus zeiht, dann sollen wir antworten: Nein, wir sind keine Feinde der Juden. Wir sind ja selber Israeliten, Söhne Abrahams, dank der Gnade Gottes. Seine Gnade und seine Liebe ist es, die wir verkündigen, gelegen oder ungelegen, Juden und Heiden. Wer uns von dieser Gnade trennen will, indem er den Messias leugnet, den weisen wir zurück, und zwar nicht aus Feindschaft, sondern aus Liebe. – Vielleicht ist es angesichts der wachsenden Verwirrung unter den Christen an der Zeit, das rechte Verhältnis zur Synagoge wieder im Sinne der Tradition unter dem alten Titel klarzustellen: „Adversus Judæos – Gegen die Juden“, das heißt: gegen die verblendete Synagoge, deren Irrtum wir zurückweisen, für die wir aber zugleich beten, daß Gott sie sehend mache.

 

Robert Ketelhohn

 

 


*   Eine deutsche Übersetzung der Osterhomilie hat Josef Blank herausgegeben: Meliton von Sardes, Vom Passa. Die älteste christliche Osterpredigt, Freiburg im Breisgau 1963; die maßgebliche Edition des griechischen Originaltextes mit italienischer Übersetzung und vollständiger Wortkonkordanz besorgte Luigi Torraca: Melitone, La Pasqua, Napoli 1973. Lektüre wärmstens empfohlen.

 

** Ohne Zweifel hat es jenseits solcher theologischen Auseinandersetzung auch unter Christen eine vulgäre Judenfeindschaft gegeben, die mitunter religiöse Argumente vorschob, hinter denen sich aber fast immer wirtschaftliche oder soziale Motive entdecken lassen. Und es war stets die Kirche, die durch ihre Amtsträger die Juden gegen Unrecht und Gewalt von seiten des weltlichen Schwerts oder gesellschaftlicher Interessengruppen zu schützen versucht hat. Als ein Beispiel sei hier nur die „Magna charta“ der Toleranz gegenüber den Juden genannt, die Konstitution Licet perfidia Judæorum Papst Innozenzens III. aus dem Jahre 1199, die unter anderm die Taufe jüdischer Kinder gegen den Willen der Eltern untersagte.

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>>Und deshalb werde ich nicht müde, herauszustellen, daß die Schuld nicht beim "gemeinen" Christen, dem Mann von der Straße, sondern bei den eminentesten Vertretern der Kirche zu suchen ist. <<

 

 

kindisch, einfach kindisch: die Bösen sind immer "die da oben". Vor allem die älteren Geschwister, Eltern, Lehrer, Arbeitgeber, Regierung, Gott

 

werd mal erwachsen und lerne zu sagen "mea culpa"

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Lieber Robert,

 

danke für den Text - einfach klasse. Ich werd ihn bei Gelegenheit verwenden.

 

Lieben Gruß

Erich

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Zitat von Erich am 15:25 - 29.Mai.2001

>>Und deshalb werde ich nicht müde, herauszustellen, daß die Schuld nicht beim "gemeinen" Christen, dem Mann von der Straße, sondern bei den eminentesten Vertretern der Kirche zu suchen ist. <<

 

 

kindisch, einfach kindisch: die Bösen sind immer "die da oben". Vor allem die älteren Geschwister, Eltern, Lehrer, Arbeitgeber, Regierung, Gott

 

werd mal erwachsen und lerne zu sagen "mea culpa"


 

Damit auch Du es kapierst, Erich,

 

hätte ich klarstellen müssen, daß die Schuld von "denen da oben" nicht "die da unten" immer und in jedem Fall entschuldigt (Gott trifft übrigens nie eine Schuld).

 

Gruß

Cano

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"Die Verantwortung soll nicht die reine Kirche, sondern nur ihre schmutzigen Glieder treffen. DAGEGEN GILT ES, SICH ZU VERWAHREN. Und deshalb werde ich nicht müde, herauszustellen, daß die Schuld nicht beim "gemeinen" Christen, dem Mann von der Straße, sondern bei den eminentesten Vertretern der Kirche zu suchen ist. "

 

Wer sagt denn, daß der Papst nicht auch ein genauso schmutziges Glied der Kirche ist wie alle anderen?

 

Die Kirche als solche ist mehr als die Anzahl ihrer Mitglieder, sie ist darüber hinaus geliebte Braut Christi, ihre Lehre betet und lebt gleichsam Christsein vor.

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Hast recht, Steffen!

 

Ich habe nicht bedacht, daß DIE KIRCHE genauso eine künstliche Konstruktion ist wie ihre Lehre.

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>> Wer uns von dieser Gnade trennen will, indem er den Messias leugnet, den weisen wir zurück, und zwar nicht aus Feindschaft, sondern aus Liebe. << (Ketelhohn)

 

 

Nachdem ich nun soviel über den angeblichen kirchlichen Antijudaismus gelesen habe, bin ich heilfroh, daß uns der Staat inzwischen vor den Segnungen der Christenliebe schützt.

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Über die unendlichen Verdienste eines Judenschützers

 

Papst Innozenz III (1198-1216), ein radikaler Judenhasser, rief 1215 zu dem 4. Laterankonzil auf, das einen „Höhepunkt des mittelalterlichen Papsttums“2 bildete. „Es war mit über 400 Bischöfen, 800 Äbten und anderen Vertretern der Geistlichkeit die größte ökumenische Versammlung, die die Kirche bis dahin gesehen hatte. Das Konzil wurde von zwei Anliegen beherrscht, die die Politik Innozenz' III prägten: Kreuzzug und Reform.“3 Unerwähnt bleibt in den meisten Kirchengeschichtsbüchern, dass auf diesem Konzil auch etliche kanonische Beschlüsse gefasst wurden, die die Juden betrafen. Z.B. bestimmte ein Kanon, die christlichen Fürsten sollten die Juden streng überwachen, um zu verhindern, dass sie zu hohe Zinsen von ihren christlichen Schuldnern nähmen. Ein weiterer Beschluss lag darin, dass die Juden auf ihre Häuser und Liegenschaften den Zehnten zu leisten und außerdem alle jüdischen Familienväter sechs Denar jährlich zum Osterfeste an die Kirche zu zahlen hätten. Außerdem wurde das kanonische Gesetz erneuert, dass kein christlicher Fürst einem Juden irgendein Amt anvertrauen dürfe. Der vielleicht weitreichendste Beschluss jedoch bestand darin, dass die Juden in allen christlichen Ländern eine von den Christen zu unterscheidende Tracht zu tragen hätten. Zu diesem Punkt nimmt ein jüdischer Geschichtsschreiber ausführlich Stellung:

 

„Fortan beschäftigten sich Provinzialkonzilien, Ständeversammlungen und fürstliche Kabinette neben der Ausschließung von allen Ehren und Ämtern mit dem Judenzeichen, um dessen Farbe, Form, Länge und Breite mit pedantischer Gründlichkeit zu bestimmen. Viereckig oder rund, von safrangelber oder anderer Farbe, an dem Hute oder an dem Oberkleide getragen, war das Judenzeichen eine Aufforderung für die Gassenbuben, die Träger zu verhöhnen und mit Kot zu bewerfen, war es ein Wink für den verdummten Pöbel, über sie herzufallen, sie zu misshandeln oder gar zu töten, war es selbst für die höheren Stände eine Gelegenheit, sie als Auswürflinge zu brandschatzen oder des Landes zu verweisen. Noch schlimmer als diese Entehrung nach außen war die Wirkung des Abzeichens für die Juden selbst. Sie gewöhnten sich nach und nach an ihre demütige Stellung und verloren das Selbstgefühl und die Selbstachtung. Sie vernachlässigten ihr äußeres Auftreten, da sie doch einmal eine verachtete, ehrlose Kaste sein sollten. Sie verwahrlosten nach und nach ihre Sprache, da sie doch zu gebildeten Kreisen keinen Zutritt erlangen und untereinander sich auch durch Kauderwelsch verständlich machen konnten. Sie büßten damit Schönheitssinn und Geschmack ein. Sie verloren männliche Haltung und Mut, so dass ein Bube sie in Angst setzen konnte.“4

 

Wieviel Leiden, Verfolgungen und Morde mögen die Beschlüsse dieses Konzils über die Jahrhunderte hin nachsichgezogen haben. Selbst ein Papst wie Pius XI, der sich in seiner Zeit mutig für die Gleichstellung aller Menschen ausgesprochen hat, konnte der geschichtlichen Wahrheit nicht ins Auge sehen und retuschierte tunlichst die indirekten Anstiftungen zu Unmenschlichkeiten durch den Heiligen Stuhl.

 

(Quelle: http://www.forum-holocaust-mahnmal.de/Seit...eutsch_aktuell/

10Thesen_Text/Inhalt_These_II/Gegenwarten_These_II/gegenwarten_these_ii.html

 

 

(Geändert von Cano um 16:57 - 29.Mai.2001)

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>> Und es war stets die Kirche, die durch ihre Amtsträger die Juden gegen Unrecht und Gewalt von seiten des weltlichen Schwerts oder gesellschaftlicher Interessengruppen zu schützen versucht hat. Als ein Beispiel sei hier nur die „Magna charta“ der Toleranz gegenüber den Juden genannt, die Konstitution Licet perfidia Judæorum Papst Innozenzens III. aus dem Jahre 1199, die unter anderm die Taufe jüdischer Kinder gegen den Willen der Eltern untersagte. << (Ketelhohn)

 

 

Bei soviel kirchlichem Schutz kann ein Jude nur hohnlachen.

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lieber robert

 

es gibt doch leute die schon etwas weiter sind als du.

etwas ähnliches wie deinen beitrag las ich mal bei PRHL.

eine ungute nähe.

 

gruss helmut

 

<<hat bei einer Gedenkfeier zur Befreiung des Konzentrationslagers Mauthausen am 10. Mai daran erinnert, daß die Kirche in die Schuld des Dritten Reiches verwoben sei. Das Denken der Kirche sei teilweise irregeleitet gewesen von einem christlichen Antijudaismus, einer falschen Auslegung der Passionsgeschichte>>

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lieber robert

 

weitere fundierte meinungen

 

<<der christliche Antijudaismus sei eine der Hauptursachen des Antisemitismus gewesen. ....

In dem Dokument heisst es weiter, der christliche Antijudaismus sei vom rassistisch-biologischen Antisemitismus des 19. Jahrhunderts deutlich zu unterscheiden. Dennoch habe die judenfeindliche Haltung in der katholischen Kirche wesentlich zum Judenhass beigetragen.>>

 

gruss helmut

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Zitat von Cano am 15:03 - 29.Mai.2001

>> Gewiß wurden in einer Zeit, da Europa christlich war, praktisch sämtliche Verbrechen von Christen begangen. Und was für Verbrechen! Nichts, was man nicht fände: Mord, Totschlag, Vergewaltigung, Brandschatzung, Raub, Diebstahl, Gotteslästerung, Abtreibung, Sodomie, Lüge und Betrug, Plünderung und Massaker in Jerusalem und Konstantinopel. – Ja, so warn se, die Christen, mag einer der hiesigen Satansbraten feixen. Ja, so sind wir Christen. Elende Sünder. << (Ketelhohn)

 

 

Der große Persilschein für die Kirche!

 

Die Verantwortung soll nicht die reine Kirche, sondern nur ihre schmutzigen Glieder treffen. DAGEGEN GILT ES, SICH ZU VERWAHREN. Und deshalb werde ich nicht müde, herauszustellen, daß die Schuld nicht beim "gemeinen" Christen, dem Mann von der Straße, sondern bei den eminentesten Vertretern der Kirche zu suchen ist.

 

Das Volk ist immer lenkbar und verführbar. Die großen Verbrechen gehen nie von den Gelenkten und Verführten, sondern immer nur von den Lenkern und (Ver)führern aus.

 


 

Dabei sollten die aufgeklärten Zeitgenossen nicht die grossen Verbrechen der Gegenwart aus den Augen verlieren. Gerade hier ist es die Kirche und der jetztige Papst die einzige Stimme des Rufers in der Wüste. Das monotone Aufzählen von Verbrechen aus der Vergangenheit ist reine Zeitverschwendung, angesichts von Millionen abgetriebener Kinder auf der ganzen Welt, die unsere Generationen auf dem Gewissen haben. Da ist es sehr verdächtig dass gerade die, die mit der Anklagekeule gegen die Kirche, den Abtreibungsverbrechen keine oder gar wohlwollende Bedeutung beimessen. Gerade hier im Forum längst an der Tagesordnung. Aber der Satan ist um eine Lüge mehr oder weniger nicht verlegen, dies beim Namen zu nennen, werde ich ganz sicher nicht müde, auch ohne Flatrate.  

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Wenn es reicht, guter Jude und Gesetzesdiener zu sein, was soll dann die Kirche?

____________________________________________________________

 

Es reicht zum Heil einfach ein von geschaffener Mensch zu sein.

Ein gläubiger Jude sein, reicht auch.

 

Was soll die Kirche???

 

Das besondere der Kirche ist, daß sie Jesus  von Nazareth als den vollkommenen Gottgesanden bekennt. D.h. er ist ihr ein Maßstab für ein Leben nach Gottes Willen.

 

Juden haben den Willen Gottes im Gesetz erkannt. Das ist genau so gut!

 

Paulus sagt ja, daß der alte Bund voll erhalten bleibt. Und die Juden sind die Wurzel der Christen. D.h. sie haben das Gesetzt aber Jesus haben sie noch nicht als den Messis erkannt (sonst wären sie ja Christen). D.h. sie sind also noch ans Gesetz gebunden, die Christen aber sind nun an Jesus gebunden.

Beide sind auserwältes Volk Gottes je auf ihre Art. D.h. sie haben vor den anderen Volker Gott und seinen Willen darzustellen/leben.

Das ist alles.

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Die Ecclesia <b>ist</b> Israel. Sie ist das Volk der Erwählung und der Verheißung. Sie umfaßt alle Patriarchen und Propheten und Heiligen des Alten Bundes ebenso wie die Heiligen des Neuen Bundes. Sie ist der Ölbaum des Apostels. Die Heiden – und nicht etwa die Kirche – sind die eingepfropften Zweige. Die Synagoge bedeutet die gebrochenen, welkenden und dorrenden Zweige, den levitischen Opferdienst wie die buchstabentreue Werkgerechtigkeit, diejenigen Juden, die geblendet sind und den Messias nicht erkennen. „Denn nich alle, die aus Israel sind, die sind Israel; und nicht, weil sie Abrahams Same sind, sind sie Kinder ... Das heißt: Nicht diejenigen, die Kinder des Fleischs sind, die sind Kinder Gottes, sondern welche Kinder der Verheißung sind, die werden als Same gerechnet“ [Rm 9,6-8].

____________________________________________________________

 

Ganz schön unverschämt Deine Enterbungstheorie!

 

>"Die Heiden – und nicht etwa die Kirche – sind die eingepfropften Zweige."--Unsinn!

Die Heidenkirche, also wir sind dieser Zweig.

Denn wieso sollten die "Heiden" aus der Wurzel Israel herauswachsen?

Schon mal etwas von Weihnachten und der Wurzel Jesse gehört?

Dieses Bild greift Paul auf! Und bei Weihnachten wirst du den Messias aus der Wurzel Jesse doch wohl nicht zum Heiden machen wollen!

 

Und denke mal darüber nach, daß Paul darann festhält, daß der alte Bund bestehen bleibt. Und nicht etwa als "gebrochenen, welkenden und dorrenden Zweige" gestorben ist.

 

Das was du verbreidest ist eine gute kunsthistorische Erklärung der Bilder und Symbolsprache des Mittelalters.

 

ABER es ist auch typisch mittelalterlicher Antijudaismus!!

Also Provaganta!

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Es ist wirklich herzerfrischend. Unter dem Vorwand der Wahrheitsliebe hauen sich Leute so lange auf die Rübe, bis jede Gesprächsgrundlage entfällt. Keiner berücksichtigt Empfindlichkeiten (seien sie nun nachvollziehbar oder nicht) des anderen, von einem Mit- oder Hineindenken in die Gedankenwelt des anderen gar nicht zu reden. Dafür wird der Gegner, zumindest aber seine Meinung, dämonisiert und beschimpft.

 

Man könnte sicher zu den Argumenten der einen oder anderen Seite sicherlich vieles sagen. Ich habe das auch versucht. Mein eigener Beitrag war mir dann aber viel zu langweilig. Da mache ich mir doch viel lieber ein Bier auf und warte, bis die Sanitäter den letzten vom Platz getragen haben.

 

Na denn prost - ich sitze hier im Schatten. Sagt mir Bescheid, wenn raus ist, wer gewonnen hat.

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Leßt mal die Erklärung zu den Nichtchristlichen Religionen des Vaticanum II.

Die ist geschrieben worden auf dem Hintergrund des Weltkriegs II und will mit dem Antijudaismus Schluß machen!

(Kleines Konzilskonpentium von Rahner und Vorgrimmler)

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Hey, warum hört Ihr denn auf?

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Zitat von sstemmildt am 20:11 - 29.Mai.2001

Da mache ich mir doch viel lieber ein Bier auf und warte, bis die Sanitäter den letzten vom Platz getragen haben.

 

Na denn prost - ich sitze hier im Schatten. Sagt mir Bescheid, wenn raus ist, wer gewonnen hat.


 

Prost Sven.  Du hast wohl alles gesagt.

beerchug.gif

 

Liebe Grüße,

 

Matthias

 

P.S: Denkt dran: hier sind wir nicht in der Gladiatoren-Arena.

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Bei ihrer Besinnung auf das Geheimnis der Kirche gedenkt die Heilige Synode des Bandes, wodurch das Volk des Neuen Bundes mit

dem Stamme Abraham geistlich verbunden ist.

 

So anerkennt die Kirche Christi, daß nach dem Heilsgeheimnis Gottes die Anfänge ihres Glaubens und ihrer Erwählung sich schon bei

den Patriarchen, bei Moses und den Propheten finden. Sie bekennt, daß alle Christusgläubigen als Söhne Abrahams dem Glauben nach

in der Berufung dieses Patriarchen eingeschlossen sind und daß im Auszug des erwählten Volke aus dem Lande der Knechtschaft das

Heil der Kirche geheimnisvoll vorgebildet ist. Deshalb kann die Kirche auch nicht vergessen, daß sie durch jenes Volk, mit dem Gott

aus unsagbarem Erbarmen den Alten Bund geschlossen hat, die Offenbarung des Alten Testaments empfing und genährt wird von der

Wurzel des guten Ölbaums, in den die Heiden als wilde Schößlinge eingepropft sind. Denn die Kirche glaubt, daß Christus, unser

Friede, Juden und Heiden durch das Kreuz versöhnt und beide in sich vereinigt hat.

 

Die Kirche hat auch stets die Worte des Apostels Paulus vor Augen, der von seinen Stammverwandten sagt, daß ihnen die Annahme an

Sohnes Statt und die Herrlichkeit, der Bund und das Gesetz, der Gottesdienst und die Verheißungen gehören wie auch die Väter und

daß aus ihnen Christus dem Fleische nach stammt (Röm 9,4-5), der Sohn der Jungfrau Maria. Auch hält sie sich gegenwärtig, daß aus

dem jüdischen Volk die Apostel stammen, die Grundfesten und Säulen der Kirche, sowie die meisten seiner ersten Jünger, die das

Evangelium Christi der Welt verkündet haben.

 

Wie die Schrift bezeugt, hat Jerusalem die Zeit seiner Heimsuchung nicht erkannt, und ein großer Teil der Juden hat das Evangelium

nicht angenommen, ja nicht wenige haben sich seiner Ausbreitung widersetzt. Nichtsdestoweniger sind die Juden nach dem Zeugnis

der Apostel immer noch von Gott geliebt um der Väter willen; sind doch seine Gnadengaben und seine Berufung unwiderruflich. Mit

den Propheten und demselben Apostel erwartet die Kirche den Tag, der nur Gott bekannt ist, an dem alle Völker mit einer Stimme den

Herrn anrufen und ihm "Schulter an Schulter dienen" (Soph 3,9).

 

Da also das Christen und Juden gemeinsame geistliche Erbe so reich ist, will die Heilige Synode die gegenseitige Kenntnis und Achtung

fördern, die vor allem die Frucht biblischer und theologischer Studien sowie des brüderlichen Gespräches ist.

 

Obgleich die jüdischen Obrigkeiten mit ihren Anhängern auf den Tod Christi gedrungen haben, kann man dennoch die Ereignisse seines

Leidens weder allen damals lebenden Juden ohne Unterschied noch den heutigen Juden zur Last legen. Gewiß ist die Kirche das neue

Volk Gottes, trotzdem darf man die Juden nicht als von Gott verworfen oder verflucht darstellen, als wäre dies aus der Heiligen Schrift

zu folgern. Darum sollen alle dafür Sorge tragen, daß niemand in der Katechese oder bei der Predigt des Gotteswortes etwas lehre, das

mit der evangelischen Wahrheit und dem Geiste Christi nicht im Einklang steht.

 

Im Bewußtsein des Erbes, das sie mit den Juden gemeinsam hat, beklagt die Kirche, die alle Verfolgungen gegen irgendwelche

Menschen verwirft, nicht aus politischen Gründen, sondern auf Antrieb der religiösen Liebe des Evangeliums alle Haßausbrüche,

Verfolgungen und Manifestationen des Antisemitismus, die sich zu irgendeiner Zeit und von irgend jemandem gegen die Juden gerichtet

haben. Auch hat ja Christus, wie die Kirche immer gelehrt hat und lehrt, in Freiheit, um der Sünde aller Menschen willen, sein Leiden

und seinen Tod aus unendlicher Liebe auf sich genommen, damit alle das Heil erlangen. So ist es die Aufgabe der Predigt der Kirche,

das Kreuz Christi als Zeichen der universalen Liebe Gottes und als Quelle aller Gnaden zu verkünden.

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