abitibi Geschrieben 11. Juli 2005 Melden Share Geschrieben 11. Juli 2005 Es gibt etwas, daß ich nicht verstehe, bei den Kreuzigungsschilderungen im Matthäus- und Markusevangelium: im Moment seines Todes schreit Jesus: " Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?" (Ich zitiere jetzt mal nicht wörtlich und/oder den gesamten Kontext, da ich davon ausgehe, daß in den GG jeder die betreffenden Stellen kennt). Vermutlich wisst ihr weshalb ich die Stelle nicht verstehe- ich glaube an den dreieinigen Gott. Gott Vater, Gott Sohn, Gott Heiliger Geist. Wie kann Jesus dann von Gott verlassen sein? Für Hinweise zum besseren Verständnis wäre ich sehr dankbar. Die Stelle berührt mich zutiefst, nur verstehe ich sie seit ich sie kenne und darüber nachdenke nicht... Vielleicht gibt es ja verschiedene Interpretationsmöglichkeiten, über die man sich austauschen kann. Bin mir nicht sicher ob die Frage in die GG oder in F&A gehört, falls hier falsch, bitte entsprechend verschieben. Vielen Dank im Vorraus, abitibi Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Katta Geschrieben 11. Juli 2005 Melden Share Geschrieben 11. Juli 2005 (bearbeitet) Das Glaubensbekenntnis beruft sich auf Erkenntnisse, die durch die frühen Konzilien festgelegt worden sind, hier durch das Konzil von Nicäa. Die Gottesbilder, die das Glaubensbekenntnis in den sogenannten "Symbola" aufführt, sind nach und nach entstanden. Was berührt dich denn an dieser Textstelle? Ich erinnere mich gerade, wie ich am Karfreitag die Passion gelesen habe und bei der Stelle fast geweint habe. Du hast, sie ist sehr anrührend. Vielleicht auch, weil wir hier die Menschlichkeit Jesu besonders spüren. Wenn Jesus sagt, Gott ist mein Vater, staune ich immer wieder. Wenn Jesus Gott als Gott anspricht, ist er mir als Bruder und Mensch nah... bearbeitet 11. Juli 2005 von Katta Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Mariamante Geschrieben 11. Juli 2005 Melden Share Geschrieben 11. Juli 2005 (bearbeitet) Es gibt etwas, daß ich nicht verstehe, bei den Kreuzigungsschilderungen im Matthäus- und Markusevangelium: im Moment seines Todes schreit Jesus: " Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?" (Ich zitiere jetzt mal nicht wörtlich und/oder den gesamten Kontext, da ich davon ausgehe, daß in den GG jeder die betreffenden Stellen kennt). Vermutlich wisst ihr weshalb ich die Stelle nicht verstehe- ich glaube an den dreieinigen Gott. Gott Vater, Gott Sohn, Gott Heiliger Geist. Wie kann Jesus dann von Gott verlassen sein? Für Hinweise zum besseren Verständnis wäre ich sehr dankbar. Die Stelle berührt mich zutiefst, nur verstehe ich sie seit ich sie kenne und darüber nachdenke nicht... Vielleicht gibt es ja verschiedene Interpretationsmöglichkeiten, über die man sich austauschen kann. Bin mir nicht sicher ob die Frage in die GG oder in F&A gehört, falls hier falsch, bitte entsprechend verschieben. Vielen Dank im Vorraus, abitibi Zwei Erklärungen die ich dazu gelesen bzw. gehört habe: 1. Jesus hat gebetet- auch am Kreuz- und er hat hier den Psalm 22. gebetet, wo diese Stelle vor kommt. 2. Die zweite Erkärung ist jene dass Jesus in seiner Menschennatur die "Gottverlassenheit" und das Gefühl der Gottverlassenheit der ärgsten Sünder sühnend auf sich nahm, um auch diesen Seelen die Gnade der Umkehr zu erwirken. Hier der Psalm 22 wo sich erkennen läßt, dass die Hoffnung immer stärker wird: Die Psalmen, Kapitel 22 Gottverlassenheit und Heilsgewissheit 1 [Für den Chormeister. Nach der Weise «Hinde der Morgenröte». Ein Psalm Davids.] 2 Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen, / bist fern meinem Schreien, den Worten meiner Klage? 3 Mein Gott, ich rufe bei Tag, doch du gibst keine Antwort; / ich rufe bei Nacht und finde doch keine Ruhe. 4 Aber du bist heilig, / du thronst über dem Lobpreis Israels. 5 Dir haben unsre Väter vertraut, / sie haben vertraut und du hast sie gerettet. 6 Zu dir riefen sie und wurden befreit, / dir vertrauten sie und wurden nicht zuschanden. 7 Ich aber bin ein Wurm und kein Mensch, / der Leute Spott, vom Volk verachtet. 8 Alle, die mich sehen, verlachen mich, / verziehen die Lippen, schütteln den Kopf: 9 «Er wälze die Last auf den Herrn, / der soll ihn befreien! Der reiße ihn heraus, / wenn er an ihm Gefallen hat.» 10 Du bist es, der mich aus dem Schoß meiner Mutter zog, / mich barg an der Brust der Mutter. 11 Von Geburt an bin ich geworfen auf dich, / vom Mutterleib an bist du mein Gott. 12 Sei mir nicht fern, denn die Not ist nahe / und niemand ist da, der hilft. 13 Viele Stiere umgeben mich, / Büffel von Baschan umringen mich. 14 Sie sperren gegen mich ihren Rachen auf, / reißende, brüllende Löwen. 15 Ich bin hingeschüttet wie Wasser, / gelöst haben sich all meine Glieder. / Mein Herz ist in meinem Leib wie Wachs zerflossen. 16 Meine Kehle ist trocken wie eine Scherbe, / die Zunge klebt mir am Gaumen, / du legst mich in den Staub des Todes. 17 Viele Hunde umlagern mich, / eine Rotte von Bösen umkreist mich. / Sie durchbohren mir Hände und Füße. 18 Man kann all meine Knochen zählen; / sie gaffen und weiden sich an mir. 19 Sie verteilen unter sich meine Kleider / und werfen das Los um mein Gewand. 20 Du aber, Herr, halte dich nicht fern! / Du, meine Stärke, eil mir zu Hilfe! 21 Entreiße mein Leben dem Schwert, / mein einziges Gut aus der Gewalt der Hunde! 22 Rette mich vor dem Rachen des Löwen, / vor den Hörnern der Büffel rette mich Armen! 23 Ich will deinen Namen meinen Brüdern verkünden, / inmitten der Gemeinde dich preisen. 24 Die ihr den Herrn fürchtet, preist ihn, / ihr alle vom Stamm Jakobs, rühmt ihn; / erschauert alle vor ihm, ihr Nachkommen Israels! 25 Denn er hat nicht verachtet, / nicht verabscheut das Elend des Armen. Er verbirgt sein Gesicht nicht vor ihm; / er hat auf sein Schreien gehört. 26 Deine Treue preise ich in großer Gemeinde; / ich erfülle meine Gelübde vor denen, die Gott fürchten. 27 Die Armen sollen essen und sich sättigen; / den Herrn sollen preisen, die ihn suchen. / Aufleben soll euer Herz für immer. 28 Alle Enden der Erde sollen daran denken / und werden umkehren zum Herrn: / Vor ihm werfen sich alle Stämme der Völker nieder. 29 Denn der Herr regiert als König; / er herrscht über die Völker. 30 Vor ihm allein sollen niederfallen die Mächtigen der Erde, / vor ihm sich alle niederwerfen, die in der Erde ruhen. [Meine Seele, sie lebt für ihn; / 31 mein Stamm wird ihm dienen.] Vom Herrn wird man dem künftigen Geschlecht erzählen, / 32 seine Heilstat verkündet man dem kommenden Volk; / denn er hat das Werk getan. bearbeitet 11. Juli 2005 von Mariamante Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Erich Geschrieben 11. Juli 2005 Melden Share Geschrieben 11. Juli 2005 (bearbeitet) ein sehr schwieriges Thema und ich zitiere hierzu Cantamalessa aus seinem Buch "Ostergeheimnis" Das Verhalten Jesu am Ölberg ist das Verhalten eines Menschen in Todesangst: »er kniete nieder«, »warf sich zu Boden«, »stand auf und ging zu den Jüngern zurück«, »ging wieder weg und betete«, »stand auf«, »ging wieder von ihnen weg und betete zum drittenmal«. Doch eines ist sicher: Ursache dieser Angst war nicht einfach das Wissen um die bevorstehenden Leiden. Der Kelch, vor dem er zittert, ist der Kelch des göttlichen Zorns, von dem es heißt, daß »ihn alle Frevler der Erde samt der Hefe schlürfen müssen« (vgl. Ps 75,9) — alle Frevler der Erde oder, in diesem Fall, eben der, der an ihre Stelle tritt. Von Jerusalem, das für seine Sünden gezüchtigt wird, sagen die Propheten: »Du hast aus dem Becher des Zorns getrunken, den der Herr in der Hand hielt. Du hast aus dem betäubenden Becher getrunken und ihn geleert« (Jes 51,17). Jener Kelch also ist zwar das Leiden, aber nicht das Leiden als solches, sondern als Strafe für die Sünde: der Kelch des Leidens ist die Frucht der Sünde. In diesem Licht betrachtet, erscheint die Angst, von der Jesus gequält wird, als Folge zweier Gegebenheiten, die miteinander in Zusammenhang stehen: Nähe der Sünde und Gottesferne. Wenn Gott eine Seele, um sie zu läutern, mit ihrer eigenen Sündhaftigkeit konfrontiert, ist diese darüber zu Tode erschrocken. Eine Mischung von Entsetzen, Furcht und Verzweiflung bemächtigt sich ihrer, und sie möchte sich auflösen, möchte aufhören zu existieren, nur um dies nicht sehen zu müssen. Und Jesus? Er sieht die Sünde, ja, er nimmt sie auf sich: nicht nur eine Sünde oder einige, nein: alle Sünden der Welt. Und auch die Tatsache, daß er sie nicht begangen hat, ändert nichts daran: diese Sünden sind sein, weil er sie freiwillig auf sich genommen hat: Er hat unsere Sünden mit seinem Leib auf das Holz des Kreuzes getragen (1 Petr 2,24); Gott hat den, der keine Sünde kannte, für uns zur Sünde gemacht (2 Kor 5,21), er ist für uns zum Fluch geworden (Gal 3,13). Unvermeidliche Folge dieser Nähe der Sünde ist die Gottesferne, mit anderen Worten: Gott entfernt sich. Hilflos muß der Mensch mitansehen, wie er geht, wie seine Gegenwart schwächer und schwächer wird, bis er schließlich gar nicht mehr antwortet. Den Schrei: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen? (Mt 27,46) (und auch den darauffolgenden Vers des Psalms 22: bist fern meinem Schreien, den Worten meiner Klage) trug Jesus bereits in Getsemani in seinem Herzen. Die grenzenlose Anziehungskraft der Liebe zwischen Vater und Sohn wird nun durchkreuzt von einer ebenso grenzenlosen Abstoßungskraft, denn Gott haßt die Sünde unendlich. Es gibt nichts, womit man dieses Geschehen vergleichen könnte. Wenn das bloße Aufeinandertreffen einer warmen und einer kalten Luftströmung in der Atmosphäre den Himmel mit Blitzen, Donner und Wolkenbrüchen zu erschüttern vermag, so daß man Angst bekommen kann, wie mag es dann in der Seele Jesu ausgesehen haben, wo die höchste Heiligkeit Gottes und die tiefste Bosheit der Sünde einander gegenüber-standen? In ihm erfüllte sich auf geheimnisvolle Weise der Psalm, in dem es heißt: Flut (die Flut der Heiligkeit) ruft der Flut (der Flut der Sünde) zu beim Tosen deiner Wasser, all deine Wellen und Wogen gehen über mich hin (Ps 42,8); deine Schrecken vernichten mich (Ps 88,17). Müssen wir uns da noch wundern über jene Worte, die Jesus hervorstößt: »Meine Seele ist betrübt bis in den Tod« oder nach bequemen Erklärungen suchen, wie es etliche in der Vergangenheit getan haben? Die Heiligkeit Gottes läßt die Sünde als das erscheinen, was sie tatsächlich ist: eine tödliche Gefahr, ein Schrei der Empörung gegen den Allmächtigen, gegen den Heiligen, gegen die Liebe. Gott muß sich entfernen, damit offenbar wird, was die Sünde ist, und damit durch die Folgen der Sünde ihr innerstes Wesen zutage tritt. Wenn Gott sich aus allem zurückgezogen hat, wenn tiefste Finsternis in der Seele herrscht und sie lebendig in die Unterwelt hinabgestiegen ist, dann erst begreift das Geschöpf, was es tat, als es sündigte. Aus dieser Erfahrung geht die Seele gleichsam wie aus Feuerqualen wieder hervor. Wenn wir lesen, was die Heiligen darüber berichten, überläuft es uns kalt. Und doch ist ihre Prüfung nicht im entferntesten zu vergleichen mit dem, was Jesus durchlitt, der die Sünden der ganzen Menschheit trug. »Damit man sich eine Vorstellung machen kann von diesen meinen Qualen und von meiner Sehnsucht, mich ihrer zu entledigen«, so schreibt eine Mystikerin über diese Prüfung, »sage ich, daß ich stattdessen lieber alle Übel, Krankheiten und Schmerzen hätte, die es in allen Leibern der Menschen nur geben kann ... daß ich lieber jede Art von Martyrium ertrüge« (Sel. Angela von Foligno). bearbeitet 11. Juli 2005 von Erich Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Erich Geschrieben 11. Juli 2005 Melden Share Geschrieben 11. Juli 2005 und aus einem anderen Buch vom gleichen Cantamalessa: Das ist uns hilfreich, um uns eine genauere Vorstellung von der Haltung des Vaters im Geheimnis der Erlösung zu bilden. Er war nicht abwesend, im Himmel droben, während der Sohn zum Kalvarienberg ging, sondern im Gegenteil, er war bei ihm: »Ihr werdet mich allein lassen«, sagte Jesus zu seinen Jüngern, »aber ich bin nicht allein, denn der Vater ist bei mir« (vgl. Joh i6, 32). Wer kann die Gefühle im Herzen Abrahams beschreiben, als er seinen Sohn zum Ort der Opferung führte? Origenes sagt, der Augenblick der größten Versuchung für Abraham sei gewesen, als der Sohn sich unterwegs an ihn wandte und nichtsahnend fragte, wo denn das Lamm für das Brandopfer sei, und ihn dabei mit »mein Vater« anredete. Bei diesen Worten: »Mein Vater!« führ Abraham zusammen wie jemand, der auf frischer Tat er-tappt ist, und antwortete: »Ja, mein Sohn!« Wie hätte er dem Sohn sagen können: »Das Opferlamm bist du!«? Das war für Abraham wirklich die Stimme der Versuchung; sein Vaterherz bebte vor Erschütterung beim Klang jener Worte: »Mein Vater!« Wer kann sagen, was im Herzen des himmlischen Vaters vor sich ging, als Jesus in Getsemani sich mit denselben Worten an ihn wendete: »Mein Vater!«: »Abba, Vater, alles ist dir möglich. Nimm diesen Kelch von mir!« (Mk 14, 36). Abraham wäre sicher lieber tausendmal selbst gestorben, als den Sohn zu töten. Vater und Sohn durchlitten also gemeinsam die Passion, und der Augenblick, in dem Jesus den Vater am weitesten entfernt glaubt und ruft: »Warum hast du mich verlassen?«, ist in Wirklichkeit der Moment, in dem der Vater ihm am nächsten ist und ihn in einer Umklammerung der Liebe an sich drückt — noch fester, wenn das überhaupt noch möglich ist —‚ denn es ist der Moment, in dem der menschliche Wille des Sohnes am tiefsten mit seinem göttlichen Willen vereinigt ist. Jetzt verstehen wir, was der hl. Paulus mit dem Satz: »Gott hat seinen eigenen Sohn nicht verschont, sondern ihn für uns alle hingegeben« sagen will: Er will sagen, daß er ihn sich nicht vorbehalten hat, d. h. daß er ihn nicht für sich behalten hat »wie einen eifersüchtig gehüteten Schatz«. Der Vater ist nicht nur derjenige, der das Opfer des Sohnes entgegennimmt, sondern auch derjenige, der das Opfer des Sohnes »bringt«: Er hat das große Opfer gebracht, uns seinen Sohn zu geben! Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
abitibi Geschrieben 11. Juli 2005 Autor Melden Share Geschrieben 11. Juli 2005 Ich erinnere mich gerade, wie ich am Karfreitag die Passion gelesen habe und bei der Stelle fast geweint habe. Du hast, sie ist sehr anrührend.Vielleicht auch, weil wir hier die Menschlichkeit Jesu besonders spüren. Wenn Jesus sagt, Gott ist mein Vater, staune ich immer wieder. Wenn Jesus Gott als Gott anspricht, ist er mir als Bruder und Mensch nah Genauso geht es mir mit dieser Stelle auch. Außerdem hab ich da immer Bach im Ohr, das verstärkt das vermutlich noch, ich glaube die Matthäuspassion...Meine Mutter hat mich quasi mit geistlichen Werken Bachs aufgezogen. Beeindruckend fand ich auch einen Gottesdienst zur Todesstunde Jesu. Da habe ich fast geweint, das war bisher mein intensivstes Erlebnis mit dem Glauben. Katta hat es gut ausgedrückt...daß man an dieser Stelle die Menschlichkeit besonders spürt. Und für mich spricht aus dieser Stelle auch tiefste Verzweifelung, da ist denke ich Erichs Erklärung ganz hilfreich. Was Peter schrieb, mit dem beten von Psalm 22, fand ich auch eine gute Erklärung... Vielen Dank schonmal und hoffentlich kommen noch mehr so gute Anregungen und Denkanstösse, ich guck auch ob ich noch was finde, ist wirklich eine schwierige Frage. Wie war den euer persönlicher Zugang zu der Stelle, also ohne Erklärungen von anderen, wie empfindet ihr die Stelle, wenn ihr mit ihr quasi allein seid? Ich empfinde da auch irgendwie die Ungeheuerlichkeit des ganzes Vorganges, dass wir Menschen den Sohn Gottes gekreuzigt haben. Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Martin Geschrieben 11. Juli 2005 Melden Share Geschrieben 11. Juli 2005 Und genau so ungeheuerlich ist es, dass Gott dies zugelassen hat. Das sollte viele Gottesbilder und Erwartungshaltungen an Gott förmlich sprengen. Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Mecky Geschrieben 11. Juli 2005 Melden Share Geschrieben 11. Juli 2005 daß man an dieser Stelle die Menschlichkeit besonders spürt. Hi abitibi! Lustigen Nick hast Du! (Mir fällt nur ein: Ubi tipi ibi tipi mei!... Tipi=Indianerzelt) Das mit der besonderen Menschlichkeit Jesu ist gefährlich. Der Satz ist richtig, weil Leiden eine Erfahrung ist, die wohl alle Menschen kennen und weil Menschen fähig sind, mit einem Leidenden sehr gut mitzuempfinden. Der Satz wird falsch, wenn man aus ihm eine sonstige Nichtmenschlichkeit Jesu ableitet und sozusagen die Göttlichkeit und die Menschlichkeit in zwei verschiedene "Isolierräume" verteilt. Gerade im Leiden Jesu wendet sich Gott durch dieses menschliche Leiden uns zu. Da gibt es keine Isolierräume. Ich betrachte es noch mal aus einer ganz anderen Perspektive. Markus und Matthäus bringen das Leben Jesu genau auf diesen Punkt des vollständigen Scheiterns. Jesus ist (nach profanen Vorstellungen) wirklich vollständig gescheitert: Er hat die Hohenpriester nicht überzeugen können, alle seine Anhänger sind geflohen (bei Mk und Mt sind es ebenso wie bei LK wirklich ausnahmslos alle, da gibt es keinen Johannes und keine Maria unter dem Kreuz). Das Markusevangelium zielt schon ziemlich von Beginn an auf diesen Punkt des Scheiterns. Immer wieder Morddrohungen. Immer wieder Misserfolge - immer wieder miss- und unverstehen seine Jünger Jesus. Die Schweigegebote im Mk- Evangelium haben hier eine besondere Bedeutung: So lange ihr nicht Ostern erlebt habt, werdet ihr zwangsläufig nur Mist weitererzählen können. Die Zebedäussöhne wollen ihre Beziehung zu Jesus nutzen, um auf ewig Vorteile zu haben. Offensichtlich haben sie samt ihrer schlauen Mutter überhaupt nicht verstanden, dass es Jesus nie und nimmer um eine Vetterleswirtschaft geht. Matthäus baut diese Linie sogar noch aus: Petrus erkennt, dass Jesus der Sohn des lebendigen Gottes, der Messias ist. Hurra!, denkt man erst mal. Aber wie stellt er sich das vor? Natürlich in Glanz und Gloria. Jesus, der große Boss, der Chef von allen. Leiden? Gekreuzigt werden? Nö, auf keinen Fall. Alle Enttäuschung über dieses Miss- und Unverständnis entlädt sich im Satz Jesu: "Schleich Dich, Satan!" Petrus will kein Scheitern. Im Gegenteil! Und gerade hier hört er nicht mehr auf das Wort Gottes, sondern nur noch auf seine (überlieferte, kriegerische, prunkvolle) Messiasvorstellung vom großen Macker. Höhepunkt ist dann bei Matthäus der Satz: "Sein Blut komme über uns und unsere Kinder!". Eine grausame und gottlose Selbstverfluchung. Matthäus komponiert sein Evangelium aber genau so, dass aus dieser Selbstverfluchung das Heil wird: Das Blut komme tatsächlich über sie und ihre Kinder - aber nicht als Blut, sondern als Rettung: "Das Blut Christi" ist die Erlösung. Beide Evangelien zielen (ganz im Gegensatz zum Johannesevangelium) auf das vollständige Scheitern aller profanen Möglichkeiten. Sogar auf das Scheitern des Glaubens. Am Ende bleibt Jesus gar nichts mehr. Ob Jesus den 22. Psalm wirklich am Kreuz laut gebetet hat (davon ist nichts überliefert), bleibt ungewiss und angesichts der Atemnot eines Gekreuzigten sogar unwahrscheinlich. Überliefert das paradoxe Gebet (zugleich Schrei zu Gott, zugleich auch Zeugnis des Gefühls der völligen Gottverlassenheit): "Mein Gott, mein Gott, warum hast Du mich verlassen?" Die Worte drücken sowohl bei MK wie bei MT das Ende aller Möglichkeiten aus. (Oder, wie es in einem neuen KZ-Film (der neunte Tag) heißt: "Im KZ gibt es keinen Gott"). Es gibt nichts mehr zu sehen und nichts mehr zu hoffen. Alles ist aus. Dies ist der gemeinsame Zielpunkt des Mt- und des Mk-Evangeliums. Weder Würde noch Macht noch Weisheit noch Glaubensstärke kann den Menschen retten. Am Schluss hängt er am Kreuz, windet sich aussichtslos in Todesqualen und kann keine Rettung mehr sehen - weder von Ärzten, noch von Freunden, nicht einmal von Gott. Und ich frage mich, ob diese Beschreibung des Todes, wie sie Mt und Mk aufgeschrieben haben, nicht milliardenfache Realität ist. Nicht nur für Ungläubige, sondern auch für sehr, sehr gläubige Menschen. Vielleicht nicht für alle, aber wohl für ganz viele. "Der Tod ist eine Mauer, die bis zu den Sternen reicht", schreibt einmal die hl. Therese von Lisieux. Und würden hier die beiden Evangelien enden, so wären sie keine Frohbotschaft, sondern eine Beschreibung der menschlichen Katastrophe, sogar der Glaubenskatastrophe. Was soll denn der Glaube, wenn er am Kreuz zerbrechen kann? In den beiden ersten Evangelien (Mk, Mt) kommt der Knüller postum. Am drastischsten Markus. Auf die Botschaft der Engel von der Auferstehung hin heißt es über die Frauen: "Da verließen sie das Grab und flohen; denn Schrecken und Entsetzen hatte sie gepackt. Und sie sagten niemand etwas davon, denn sie fürchteten sich." Warum? Das waren ursprünglich übrigens die letzten Worte des Mk-Evangeliums, der Knaller zum Abschluss. Warum Furcht und Entsetzen? Es ist das Erschaudern vor der Größe Gottes. Das Schaudern, dass er die Menschen ins Messer laufen lässt. Und das Schaudern vor der Macht, die aus dem im Messer gestorbenen Leben wieder Heil hervorbringt. Genau dies hatten Mt und Mk von vornherein als Zielpunkt vor Augen: Die erschreckende Größe des Allmächtigen, sein Zuwarten über den letzten Augenblick hinaus und seine Macht, nach dem letztmöglichen Augenblick noch alles zu wenden. Alle ausdenkbare Macht scheitert am Tode. Nur die Macht dessen, der über alles Denken hinausgeht, der der Herr der Welt, der Herr über Tod und leben ist, wird hier helfen. Erst mit Ostern ist der Weg Jesu gerechtfertigt und verständlich. Ansonsten wären sein Mut in Getsemani (zu bleiben, anstatt zu fliehen) nichts als Idiotie. Das Sich-Fallen-Lassen auf Gedeih oder Verderb (wovon man nur den Verderb, nämlich den Tod, vor Augen hat) ist das Glaubensziel des Mk- und des Mt- Evangeliums. Keine Technik, kein Glaube kann uns retten, wenn nicht Gott uns rettet. Und er tut es ungeachtet dessen, dass wir diese Rettung nicht vor Augen haben und sehen können. Das "Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen" ist die menschenlogische Konsequenz des Menschenlebens. Doch ungeachtet des fast zwangsläufigen Gefühls der Gottverlassenheit, ist Gott nicht fern. Er spricht gerade dort das Wort des Lebens, wo es am Unwahrscheinlichsten erscheint: Im Tod. Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Mecky Geschrieben 11. Juli 2005 Melden Share Geschrieben 11. Juli 2005 Meine Mutter hat mich quasi mit geistlichen Werken Bachs aufgezogen. Meine hat erst mal Milch verwendet. Deswegen bin ich manchmal ein wenig eigenartig. Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Katta Geschrieben 11. Juli 2005 Melden Share Geschrieben 11. Juli 2005 Meine Mutter hat mich quasi mit geistlichen Werken Bachs aufgezogen. Meine hat erst mal Milch verwendet. Deswegen bin ich manchmal ein wenig eigenartig. Junge, ich kann dich echt gut leiden.... Aber ich versteh schon, was sie meint. Man kann gerade über die Kirchenmusik einen sehr tiefen Zugang zu Glaubensinhalten bekommen. Ich hab mich in meiner Singerei jetzt auch auf Kirchenmusik und Oratorium spezialisiert und ich muss sagen, dass ich über vieles ganz anders nachgedacht habe. Eine Arie, die mich immer wieder ergreift, ist "Zerfliesse mein Herze in Strömen der Zähren..." aus der Johannes-Passion. Bei "Erzähle der Welt und dem Himmel die Not, dein Jesus ist tot" könnte ich immer wieder weinen. Ein ähnliches Erlebnis hatte ich bei Haydns "Schöpfung", die ich auf einer Reise im Zug hörte (ich habe sie schon oft gesungen) und aus dem Fenster sah.... mit einem Mal begriff ich auch die Worte "Die Welt so groß, so wunderbar ist Deiner Hände Werk..." Vielleicht gelingt es gerade der Musik oftmals den Zugang zu unserer Seele freizulegen. Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
SandraHD Geschrieben 11. Juli 2005 Melden Share Geschrieben 11. Juli 2005 (bearbeitet) Ich habe mal eine Arbeit über die Dreifaltigkeit geschrieben... vielleicht kannst Du was rausziehen. Liebe Grüße Sandra Im Konzil von Konstantinopel (381) wurde die Fassung des trinitarischen Dogmas endgültig formuliert. Das Konzil wählte den Begriff der "Personen" (Hypostáse), weil die Antike damit den Begriff "Beziehung" assoziierte. Auch wenn von drei Personen, dem Gott Vater, Abba, Jesus und dem Heiligen Geist, die Rede ist bedeutet das nicht, daß wir im Christentum einen Tritheismus (Dreigötterlehre) haben, wie uns von anderen Religionen oft vorgeworfen wird, sondern beschreibt Gott in biblischer Tradition als Beziehung. Hier muß zwischen innertrinitarisch, also die Beziehung der "Drei" zueinander und außertrinitarisch, der heilsgeschichtlichen Erscheinung zu uns Menschen unterschieden werden. Innertrinitarisch gesehen trägt jede der drei göttlichen Personen ihre Eigentümlichkeit in sich, ist aber nur besonders vom anderen her und auf die anderen hin zu sehen. Gott zeigt sich nicht nur als liebender Gott, er selbst ist in sich Beziehung und liebe. Außertrinitarisch ist die Beziehung zu uns Menschen und die Erscheinung gemeint. - Gott Vater, der Schöpfer, der sich im brennenden Dornbusch dem Mose gezeigt und in der Feuer- und Wolkensäule das Volk Israel begleitet hat - Jesus, die Menschwerdung Gottes - Und der Geist, der bleibende Beistand. Im Johannesevangelium lesen wir von der Zusage Jesu "Wenn ich nicht fortgehe, wird der Beistand nicht zu euch kommen; gehe ich aber, so werde ich ihn zu euch senden." (Joh 16, 4b-15). Diese Trinität ist eine Einheit und doch drei Personen. Gott ist der Eine und doch auch immer ganz der Andere. Wenn der Vater der "Gott über mir", der Sohn der "Gott neben mir" und der Geist der "Gott in mir" oder auch der "Gott zwischen uns" (Menschen) ist, dann haben wir hier eine absolut gemeinschaftsstiftende Situation der drei Personen. Um zu erklären, wodurch wir zu dieser Aussage, daß Gott ein Gott in drei Personen ist, ermächtigt sind muß noch die Bedeutung der Person Jesu geklärt werden: a) Die präexistenz Jesu In Phil 3 lesen wir, daß Jesus vor aller Schöpfung war. Im Prolog Joh 1 lesen wir "Am Anfang war das Wort und das Wort ward Fleisch..." Johannes der Täufer ist Zeuge und nicht nur Wegbereiter Jesu, wie wir in Mk lesen. Hier muß also die zentrale Stellung Jesu in der Heilsgeschichte beachtet werden. Menschwerdung und Sühnetod => Nur Gott selbst kann Sünden vergeben! Jesus kann nicht nur Mensch, sondern muß auch Gott gewesen sein. Er tritt mit göttlicher Vollmacht auf. (Sündenvergebung) Gleichnis von den bösen Winzern (Lk 20,9-19) Die Rolle Jesu im Bezug auf Mensch und Gott muß ebenfalls geklärt werden: Wäre Jesus nur Mensch, wäre das zu wenig, wäre er ein Zwischenwesen, wäre sein Wirken ebenfalls unerklärlich. Und Gott ist kein Schauspieler, der mal in der Person und mal in der Person auftritt. => Wahrhaftigkeit Gottes. Jesus und sein Vater, Abba, sind auf jeden Fall zu trennen und doch aufs Engste miteinander verbunden. Um dies sicherzustellen ist die Einheit Gottes beizubehalten und seine verschiedenen Erscheinungsweisen zu erklären: unvermischt und ungetrennt. Heribert Mühlen hat einmal folgendes gesagt: Ich, der Vater, der sich im Gegenüber ausspricht: im Du (Sohn), und beide vereinen sich im gemeinsamen Wir, ist das mehr als die Summe von ich und du. Da die Vorstellung der Dreifaltigkeit keine abstrakte Spekulation sondern das Ergebnis der Erfahrung ist zeigt sich Gott in Jesus Christus den Menschen ohne Vorbehalt als das Geheimnis äußerster Zuwendung und Nähe. Liebe und Kommunikation sind die zentralen Größen in diesem Geheimnis. Die Aussage also, daß Gott ein Gott in drei Personen ist geht nicht aus philosophischer Spekulation hervor, sondern entsteht dadurch, daß sie die konkrete Erfahrung von Menschen mit dem lebendigen Gott nach dem Zeugnis der Heiligen Schrift ernst nimmt.. bearbeitet 11. Juli 2005 von SandraHD Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
SandraHD Geschrieben 12. Juli 2005 Melden Share Geschrieben 12. Juli 2005 Was ich noch sagen wollte: Die Aussage, oder besser der Ausschrei Jesu: Mein Gott, warum hast Du mich verlassen, hat mich wirklich schon oft getröstet. Weiß ich doch nur so, daß ich bei Jesus gang aufgehoben und ganz verstanden bin. Er hat kein "göttliches" Leben hier auf Erden gehabt. Er war eben auch gefühlsmäßig ganz Mensch... Ja, Jesus wußte, daß dieser Kelch nicht an ihm vorübergehen wird. Also wenn es mir richtig schlecht geht und ich mich "gottverlassen" fühle, dann weiß ich dennoch, daß er da ist. Immer. Und Jesus ist mir dann am nähsten. Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Frank Geschrieben 14. Juli 2005 Melden Share Geschrieben 14. Juli 2005 Hallo zusammen, Jesu schrei am Kreuz bedeutet für mich zweierlei. Erstens macht er Gott für mich sehr menschlich. Ich weiß das Jesu Mensch und Gott zugleich, er ist kein Halbgott wie es sie in der Griechischen Mythologie gibt und er ist keine gespaltene Persönlichkeit. Die Persönlichkeit Jesus von Nazareth wird nur komplett wenn man seine Göttlichkeit und seine Menschlichkeit als verschmolzenes ganzes sieht. In seiner Verzweiflung, in seiner Lage, von Gott und den Freunden verlassen ist er uns Menschen ganz nahe. Gott war, nein, Gott ist Mensch und es gibt nichts was er schon durchgestanden hat. Egal welchens Schiksal mich ereilt, ER hat es schon einmal erlebt. Er kennt nicht nur die Sonnen- sondern auch die Schattenseiten des da seins. Und deshalb kann ich mit allen Nöten zu ihm kommen. Er versteht mich, weil er es schon einmal erlebt hat. Sein verstehen ist nicht nur Empathie, die immer an seine grenzen stößt. Nein, es ist echtes Nachvollziehen. Er versteht nicht wie es sich anfühlt wenn Mensch in der kacke sitzt. Nein er versteht es nicht, er weiß es. Das gibt Kraft. Daran merke ich, das ich nicht alleine auf dieser Welt bin. Zweiter aspekt. Jesus hat Gott angeschrien "Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen" Daraus spricht für mich auch so ein Gefühl wie: "Herrgott, Vater, wo bist du? Du wolltest immer für mich da sein und jetzt wo ich dich brauche bist du nicht da!" Dieses Schimpfgebet Jesu an seinen Vater liegt mir auch oft auf der Zunge. Jewsu verkündet uns Gott als seinen Vater und verspricht ihn uns als unseren Vater. Und so wie mein Bruder Jesus mit dem Vater gehadert hat, darf ich das auch. Ich brauch kein schlechtes Gewissen haben wenn ich mit Gott hadere. Wenn im Leben alles schief läuft darf ich mich bei ihm aus- und ihn ankotzen. Das befreit. Gruß! Frank Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
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