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Tirunesh

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Im Rahmen meiner derzeitigen Lektüre Goethe in vertraulichen Briefen seiner Zeitgenossen in drei Bänden kam ich zur Auffassung, für meine ausufernden Rentnerstudien auch noch Peter Hacks, Ein Gespräch im Hause Stein über den abwesenden Herrn von Goethe zu brauchen. Aus Gründen der Nachhaltigkeit (oder auch des Geizes) suche ich mir solche Sachen gerne gebraucht* und, um den Bestellwert über die Grenze der Versandkosten zu heben, stöbere ich noch etwas weiter und stelle zu meiner großen Überraschung fest dass ein kleines Büchlein meines Lieblingsschriftstellers und Richterkollegen Herbert Rosendorfers aus dem Jahre 2000 (!) bisher ungelesen an mir vorbeigegangen ist: Die Erscheinung im weißen Hotel. 

 

Hieraus eine kleine Kostprobe mit Wunibald:

 

Zum Glück konnte der Erzabt Hildigrim** — es war der Tag Wunibald und Theognosta — das schändliche Treiben aus der Ferne beobachten. Nachdem er in kaum bezähmter Langmut die Sache aufmerksam, wenngleich mit Abscheu betrachtet hatte, sammelte er seinen Geist, erbat Unterstützung seitens der beiden Tagesheiligen, seitens seiner Namenspatrone (d. h. sowohl des Patrons seines Taufnamens als auch den seines Klosternamens) sowie dreier ausgewählter heiliger Päpste des zweiten und dritten Jahrhunderts, nämlich des hl. Papstes Hyginus', des hl. Papstes Urbans I. und des hl. Papstes Sixtus' II. Allerdings gelangte die Anrufung Papst Sixtus' II. irrtümlich an Papst Sixtus I., da aber der auch heilig ist, gab es zwar im Jenseits eine gewisse Irritation — wie können Sie etwas erhören, was an mich gerichtet ist«, schnauzte Sixtus II. »Haben Sie sich nicht so!« erwiderte Sixtus I.), im Diesseits aber war der Unterschied kaum zu merken.

 

Von Rosendorfer habe ich zwar keine Widmung oder Autograph, aber immerhin aus einem Akt des Amtsgerichts München eine Kopie einer handschriftlichen Verfügung Rosendorfers.

 

* medimops.de, soviel Werbung muss sein, ich schreibs auch ganz klein.

** Seine Eltern pflegten über ihn zu sagen: Wir haben zwei Töchter, eine ist in Würzburg verheiratet, die andere ist Erzabt in Polykarpszell.

 

 

bearbeitet von Wunibald
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Ich habe gerade mit dem neuen W. Moers Buch angefangen... Er scheint da gerade was verarbeiten zu müssen... Sein Versuch der Sozialkritik (z.B. Klimawandel oder prekäre Beschäftigungsverhältnisse von Studienversagern bei Logistik-Unternehmen) wirkt in einem offiziellen Zamonien-Buch dann doch etwas hilflos-deplatziert.

 

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Im Jahr 2017 übergab Peter Handke 151 von insgesamt mehr als dreihundert Notizbüchern dem Deutschen Literaturarchiv in Marbach. Fünfundsiebzig davon sollen für die Online-Edition aufbereitet werden, die ein Kooperationsprojekt des DLA mit der Österreichischen Nationalbibliothek ist. Seit dem vergangenen Sommer sind 21 dieser Notizbücher im Netz abrufbar, als Faksimile, ergänzt um eine Transkription und eine Lesefassung, versehen mit einem ausführlichen Kommentar sowie mit einem Orts- und Personenregister.

 

Zu finden hier. Da werde ich in nächster Zeit dann ein wenig herumschmökern.

 

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Im  Streiflicht der Süddeutschen Zeitung heißt es: 

Der Dichter Arno Holz hat sich einmal die Maske des Schäfers Dafnis vors Gesicht gebunden und in dieser barocken Tarnung ein Bündel höchst erfreulicher „Freß-, Sauff- und Venus-Lieder“ heraus-gebracht. In einem dieser Gedichte schildert Dafnis, wie er die gegenwärtige und besonders die kommende Jahreszeit zu verbringen gedenkt. Er freut sich, dass es Winter ist, und singt: „Itzt will ich frölig seyn/ bakkt mir ein Ringel-Schwein/ darzu Saulaten. /Stopfft es gantz voll Confäkkt/ daß es noch bässer schmäkkt/ hihr drey Dukahten!“ Dann fragt er noch, ob denn nicht auch „Mägdgens“ da seien, aber das wollen wir hier nicht vertiefen.

 

Dieser Arno Holz hat sein Buch der Zeit - Lieder eines Modernen dem  "Alten vom Zürichberg", einem gewissen Johannes Scherr gewidmet, der als  Mitgründer des „Demokratischen Vereins“ 1849 zu 15 Jahren Haft verurteilt wurde, jedoch in die Schweiz fliehen konnte. Der wiederum schrieb so pointierte Sachen wie:

 

Es war – so absonderlich, ja blasphemisch das dem christlichen Mystizismus vorkommen mag und muß – nicht eine Szene der Schamlosigkeit, sondern ein religiöser Akt, als das wandelnde Schönheitswunder, die Hetäre Phryne, eines sonnenhellen Tages beim Poseidonsfest zu Eleusis angesichts des am Meeresufer versammelten Volkes sich entkleidete, ihre gelösten Haare auf Schultern und Hüften niederrollen ließ, und zum Baden in die Flut stieg. Fromme unserer Tage mögen sich darob entsetzen, aber es ist doch so: beim Anblick der badenden Phryne, welche den schönheitsdurstigen Augen der Griechen die Erscheinung der Aphrodite Anadyomene gewährte, hat gewiß viele der Wallfahrer, die zum Poseidonsfest nach Eleusis gekommen, ein nicht weniger inniges Gefühl der Andacht überschauert, als christliche Pilger und Pilgerinnen empfinden, wenn sie nach mühseliger Wallfahrt endlich vor dem Altar stehen, aus dessen Glasschrank ihnen der Totenkopf irgend eines hochverehrten »heiligen Leibes« entgegengrinst. 

Der Dichter Arno Holz hat sich einmal die Maske des Schäfers Dafnis vors Gesicht gebunden und in dieser barocken Tarnung ein Bündel höchst erfreulicher „Freß-, Sauff- und Venus-Lieder“ herausgebracht.Der Dichter Arno Holz hat sich einmal die Maske des Schäfers Dafnis vors Gesicht gebunden und in dieser barocken Tarnung ein Bündel höchst erfreulicher „Freß-, Sauff- und Venus-Lieder“ herausgebracht.Der Dichter Arno Holz hat sich einmal die Maske des Schäfers Dafnis vors Gesicht gebunden und in dieser barocken Tarnung ein Bündel höchst erfreulicher „Freß-, Sauff- und Venus-Lieder“ herausgebracht.

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WANT - Sexuelle Fantasien der Frauen im 21. Jahrhundert -  Anonyme Stimmen - gesammelt von: Gilian Anderson.

 

Bereits im ersten Satz ihres Vowortes bezieht sie sich auf das Buch "Die sexuellen Phantasien der Frauen" von Nancy Friday aus dem Jahr 1973, erwähnt auch den erotischen Roman "Die Geschichte der O". Das Buch von Gilian Anderson bietet eine Auswahl von fast 1000 anonymen Zusendungen von Frauen, in denen diese Frauen ungeschminkt, explizit, teilweise in sehr drastischer Sprache ( vgl. "dirty Talk" ) ihre sexuellen Phantasien im Schutz der Anonymität schildern und beschreiben. Das Besondere, Spannende und Erregende an Phantasien - gerade an erotisch-sexuellen Phantasien - ist ja gerade, dass es keinerlei Zensur und Einschränkung gibt: "Kopfkino".... 

 

Wie man das Buch letztlich bewertet, ob man es für "lesenswert" hält, gar jemanden zur Lektüre weiterempfehlen würde, hängt im Wesentlichen auch von der je individuellen Einstellung zur Welt der Erotik / Sexualität ab.

 

Eigene sexuelle Phantasien teilt man eher weniger mit Arbeitskollegen, Bekannten oder im Freundeskreis, sie sind etwas sehr Intimes...

Es kann spannend und anregend sein, zu lesen, welche Sexphantasien andere Frauen haben.... 

bearbeitet von Cosifantutti
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Spitzzüngige Bosheiten missgünstiger Weiber aus einem Brief ( 7. Juli 1811) der Dichterwitwe Charlotte Schiller an die Erbprinzessin Karoline über Frau Goethe:

 

... die Kugelform der Frau Geheimerat erinnert zu sehr an das runde Nichts, wie Oken die Kugel nennt, und ist doch ein Nichts von Leerheit und Plattheit. Wenn wir ihn [den angeschmachteten Goethe] in einer besseren Welt ohne dieses Bündelchen sehen können, wollen wir uns auch freuen, nicht wahr?

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vor 6 Minuten schrieb Wunibald:

Spitzzüngige Bosheiten missgünstiger Weiber

 

Ja, aber doch gut formuliert, oder? ;) Damals verstand man noch, mit unserer Sprache umzugehen. 

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vor 2 Minuten schrieb Alfons:

Vielleicht sollte man den Literatur-Nobelpreis umbenennen in Förderpreis für kaum bekannte Autoren.
 

 

Die Idee hinter dem Nobelpreis* ist das Belohnen objektiver Leistung. Gibt es so etwas im Bereich der Literatur überhaupt?

_________
* und ja, der Friedensnobelpreis ist noch mal eine ganz eigene Kategorie von Sinnlosigkeit.

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Ich habe jetzt meinen alten Georges (5. Auflage 1885) in Rente geschickt und mir aus den Restbeständen der Wissenschaftlichen Buchgesellschaft den Neuen Georges von 2019 zugelegt, denn Latein ist eine lebendige Sprache und man will ja  auf dem laufenden bleiben. Nein, natürlich war das nicht der Grund, beim Alten (bei Ebay erstanden) fehlte der Buchrücken und vom Zusammenheften der einzelnen Bögen stehen noch einige Drähte heraus, die ich mühsam entschärfen musste. Der Neue ist auch wegen des größeren Drucks deutlich lesefreundlicher. Da macht auch das anlasslose Blättern ohne die Lupe durchaus Spaß.

Und so stoße ich auf

 

leguleius, i, m. (lex), ein Anwalt, der fest an den Formen des Gesetzes hängt u. damit seine Gegner schikaniert, ein Gesetzeskrämer.

Hätte ich das Wort schon in meiner aktiven Zeit gekannt, so hätte ich einige Rechtsverdreher damit betiteln können.

 

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vor 7 Stunden schrieb Wunibald:

Da macht auch das anlasslose Blättern

In einem lateinischen Wörterbuch??? :blink:

 

... OK, mich könntest Du beim anlasslosen Blättern in einer mathematischen Formelsammlung erwischen. Ist wohl andersrum auch nicht besser...

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