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Geschrieben

Lesen ist der falsche Begriff, da ich tatsächlich das Buch nicht besitze, sondern eine Aufnahme davon höre, aber gerade bin ich ziemlich begeistert von Kurt Flasch: Warum ich kein Christ bin. 

 

Nun mag man zurecht fragen: Ist Studiosus unter die Religionskritiker/Kirchenkritiker gegangen? Nein, das sei ferne! Aber Flasch ist nicht nur ein durch und durch gebildeter Autor, sondern auch ein messerscharfer Beobachter des Christentums in Vergangenheit und Gegenwart. Und obwohl das Buch der Versuch einer Darlegung ist, warum der Autor eben kein Christ sein kann, sauge ich sehr viel Honig daraus, auch was die Kritik moderner Theologen angeht. Da kommen Flasch und ich zwar von ganz anderen Richtung her, aber treffen uns doch meist in der Symptombeschreibung. 

Geschrieben
vor 3 Stunden schrieb Studiosus:

Lesen ist der falsche Begriff, da ich tatsächlich das Buch nicht besitze, sondern eine Aufnahme davon höre, aber gerade bin ich ziemlich begeistert von Kurt Flasch: Warum ich kein Christ bin. 

 

Mein Rat: Ruhig kaufen, um später etwas nachschlagen zu können. Flaschs knappe, ruhige Art und sein trockener Humor haben mich auch beeindruckt. Wenn ich so schaue, was ich damals beim Lesen unterstrichen habe ... Etwa, als er aus seiner Studienzeit berichtet: "Ich hörte auch Germanisten, aber ihr schlechtes Deutsch stieß mich ab [...]" (S.13), das fand ich witzig und böse zugleich. Oder, nur ein weiteres Beispiel, im Kapitel 8, wo es eigentlich um Seele und Unsterblichkeit geht, eine Kirchenkritik in nuce, nur zwei knappe Sätze zwischendurch: "Wahr ist nur, dass in den Kirchen viel von Liebe die Rede ist. Sie handeln bei Geld- und Arbeitsrechtsfragen hart, aber ihre Reden klingen wie ein Harmonium tönt." (S.232).

Ich hatte mir damals vorgenommen, seine Vorlesungen über Nikolaus von Kues und sein Buch über Meister Eckhart zu lesen, bin aber nie dazu gekommen. Danke für den Anstoß, ielleicht komme ich im neuen Jahr dazu.
 

Geschrieben (bearbeitet)

Um nochmal über Flasch zu sprechen: Obiges Buch wäre vielleicht auch für Dich @Flo77 etwas (falls Du es nicht schon kennst). Ich bin etwa zur Hälfte durch und besonders in den ersten Kapiteln (mangels physischem Exemplar kann ich jetzt keine Seitenzahlen angeben) musste ich öfter an Dich bzw. an unsere "Streitgespräche" denken.

 

Am Anfang gibt Flasch, seines Zeichens ja langgedienter Ordinarius für Philosophiegeschichte, insbesondere Spätantike und Mittelalter, eine kleine religionsgeschichtliche Einführung, um zu zeigen, wann im Christentum die Zäsur stattfand ab der es nicht mehr ausreichte, einfach zu praktizieren, sondern der Fokus sich auf das "Glauben" von Glaubenssätzen verschob. Er kontrastiert das am religiösen Habitus der antiken griechischen bzw. römischen Kulturen, unter denen die Teilnahme am Kult, konkret an den Stadtkulten, das identitätsstiftende verbinde Element war. Er schreibt sinngemäß: Man konnte als fromm gelten, indem man einfach am öffentlichen Kult teilnahm (und insinuiert: unabhängig davon, was man persönlich glaubte oder nicht). Das erinnert mich an unsere Diskussionen. 

 

Und überhaupt streift Flasch vieles, über das wir hier auch regelmäßig sprechen: Er setzt sich ausgiebig mit Augustinus und dessen Beitrag zur christlichen Theologie auseinander. Durchaus auch kontrovers: So sei es eben jener Augustinus gewesen, bei dem die Frage nach der Wahrheit der Religion (in seinem kleinen Traktat De vera religione) zum ersten Mal eine entscheidende geworden sei. 

 

Auch dem durchaus ambivalenten Verhältnis des kirchlichen Lehramts zur historisch-kritischen Methode der Bibelforschung, die irgendwo zwischen stillschweigender Ignoranz und Lippenbekenntnissen chargiert, widmet er einen breiten Teil seines Buchs. Das könnte Dich interessieren. 

 

Mir gefällt besonders der unaufgeregte Zugang von Flasch. Er polemisiert wenig (hat anders als andere Religionskritiker keinen missionarischen Eifer, Menschen die Religion abspenstig zu machen), hat unzweifelhaft Ahnung von dem Gegenstand, den er behandelt, und pflegt einen gefälligen, unterhaltenden Schreibstil.

bearbeitet von Studiosus
Geschrieben (bearbeitet)
vor 4 Minuten schrieb Studiosus:

Um nochmal über Flasch zu sprechen: Obiges Buch wäre vielleicht auch für Dich @Flo77 etwas (falls Du es nicht schon kennst)

Kennen nicht, aber klingt gut.

bearbeitet von Flo77
Geschrieben
vor 2 Stunden schrieb Studiosus:

Mir gefällt besonders der unaufgeregte Zugang von Flasch. Er polemisiert wenig (hat anders als andere Religionskritiker keinen missionarischen Eifer, Menschen die Religion abspenstig zu machen), hat unzweifelhaft Ahnung von dem Gegenstand, den er behandelt, und pflegt einen gefälligen, unterhaltenden Schreibstil.

 

Ich hab mal nachgeschaut und festgestellt, daß ich mir einen Auszug seines Buches heruntergeladen habe. Warum es bei mir letztlich durchs Raster gefallen ist, kann ich nicht mehr sagen. Vermutlich, weil die Frage, die der Autor sich hier stellt, für mich keine ist. ;)

Geschrieben (bearbeitet)
vor 23 Minuten schrieb Marcellinus:

Vermutlich, weil die Frage, die der Autor sich hier stellt, für mich keine ist. ;)

 

Und dennoch würde ich sagen, dass Flasch auch für Atheisten eine Empfehlung wert wäre. Und sei es nur, um sich aus fachkundigem, aber eben nicht gläubigem Munde über das zu informieren, was das Christentum ausmacht. Also das ist hier nicht das Werk eines christlichen Apologeten, aber eines Kenners der Materie. 

 

Und wie angedeutet halte ich Flasch aus zwei Gründen für universal lesbar: Er ist Fachmann (zwar kein Theologe, aber Philosoph mit Schwerpunkt auf jene Epochen, die für die Ausbildung christlicher Theologie besonders relevant waren) und er hat keine Mission. Er will sozusagen lediglich von dem Punkt aus, an dem er steht, darlegen, warum er als historisch arbeitender Philosoph nicht den christlichen Glauben annehmen kann oder will. 

 

Das hebt ihn und sein Buch meines Erachtens sehr wohltuend von anderen Erzeugnissen aus dem Bereich Atheismus, Religions- und Kirchenkritik ab. Da schreiben leider sehr oft Leute, die zwar der Rabulistik und Polemik frönen, aber inhaltlich recht wenig Fachwissen besitzen. Sie machen sich dann vielleicht seitenlang über fundamentalistische Kreationisten aus dem Bible Belt lustig, aber begreifen den Kern der eigentlichen Diskussion gar nicht. Das ist bei Flasch nicht so. 

bearbeitet von Studiosus
Geschrieben
vor 7 Minuten schrieb Studiosus:
vor 30 Minuten schrieb Marcellinus:

Vermutlich, weil die Frage, die der Autor sich hier stellt, für mich keine ist. ;)

 

Und dennoch würde ich sagen, dass Flasch auch für Atheisten eine Empfehlung wert wäre. 

Und sei es nur, um sich aus fachkundigem, aber eben nicht gläubigem Munde über das zu informieren, was das Christentum ausmacht.

 

Das will ich gar nicht bestreiten. Sein Buch hatte es ja auch schon bis in meine Auswahl gebracht. Andererseits interessieren mich viele Dinge, und - bitte nicht falsch verstehen - das Christentum ist da nicht ganz oben auf der Liste. ;)

 

 

Geschrieben

Nach dem Wikipedia-Artikel ist seine Begründung allerdings ziemlich dürftig.

 

Ist der Text gegendert?

Geschrieben
vor 12 Minuten schrieb Flo77:

Nach dem Wikipedia-Artikel ist seine Begründung allerdings ziemlich dürftig.

 

Ist der Text gegendert?

 

Der Autor selbst äußert sich in einer Anmerkung zu diesem Wiki-Artikel. Hier ein Auszug:

 

Wikipedia nennt von meinen etwa 40 Vorlesungen an der Ruhr-Universität Bochum nur diese einzige: Warum ich kein Christ bin. Sie stellt es so dar, als habe es sich um einen zweistündigen Abschiedsvortrag gehandelt, aber es war eine vielstündige zweisemestrige Vorlesung. Die Angabe erzeugte einen Rattenschwanz von Anfragen. Immer wieder wollte jemand wissen, wo mein Text zu kaufen wäre. Ich konnte nicht alle Anfragen einzeln beantworten. Ich bitte dafür um Nachsicht und gebe hier eine Kurzfassung meiner Gründe.

 

Vielleicht bekommst du so auch einen Eindruck von seinem Schreibstil.

Geschrieben
vor 12 Minuten schrieb Marcellinus:

 

Der Autor selbst äußert sich in einer Anmerkung zu diesem Wiki-Artikel. Hier ein Auszug:

 

Wikipedia nennt von meinen etwa 40 Vorlesungen an der Ruhr-Universität Bochum nur diese einzige: Warum ich kein Christ bin. Sie stellt es so dar, als habe es sich um einen zweistündigen Abschiedsvortrag gehandelt, aber es war eine vielstündige zweisemestrige Vorlesung. Die Angabe erzeugte einen Rattenschwanz von Anfragen. Immer wieder wollte jemand wissen, wo mein Text zu kaufen wäre. Ich konnte nicht alle Anfragen einzeln beantworten. Ich bitte dafür um Nachsicht und gebe hier eine Kurzfassung meiner Gründe.

 

Vielleicht bekommst du so auch einen Eindruck von seinem Schreibstil.

Ich habe gerade die Einleitung gefunden.

https://www.litrix.de/apps/litrix_publications/data/pdf1/Flasch-DE.pdf

 

Naja, für 9,50 € kann man eigentlich nicht so wahnsinnig viel falsch machen.

Geschrieben
vor 11 Minuten schrieb Marcellinus:

Vielleicht bekommst du so auch einen Eindruck von seinem Schreibstil.

 

@Studiosus hat es oben ganz richtig beschrieben: Flasch schreibt unaufgeregt, mit umfassender Kenntnis seines Fachgebiets (Geschichte der Philosophie mit dem Schwerpunkt Mittelalter), er vermeidet Fachbegriffe soweit irgend möglich, um den Text gut lesbar zu halten, und ist nicht polemisch. Oder fast nicht - mir machen seine kleinen, leicht überlesbaren Seitenhiebe Spaß. Etwa wenn er, bei einem Kapitel über die Erlösungslehre des Augustinus, einen anderen, mir ebenfalls suspekten, Philosophen der Neuzeit gleich mit erledigt: "So findet Augustin beim Nachdenken über die Erlösung selbst die Todesstrafe gut, die Adam der Menschheit eingetragen hat. Das klingt nach Heidegger. Aber natürlich klingt Heidegger nach Augustin." (S.214)

 

Geschrieben

Aus dem WikiArtikel:

"begründet seine Zweifel zum Beispiel an Mose als Autor der fünf Bücher Mose, an der Jungfrauengeburt, an den Berichten über die Auferstehung sowie an den Berichten über die Schöpfung."

 

Ich habe so einen Verdacht...

Geschrieben (bearbeitet)
vor 1 Stunde schrieb Alfons:

 

@Studiosus hat es oben ganz richtig beschrieben: Flasch schreibt unaufgeregt, mit umfassender Kenntnis seines Fachgebiets (Geschichte der Philosophie mit dem Schwerpunkt Mittelalter), er vermeidet Fachbegriffe soweit irgend möglich, um den Text gut lesbar zu halten, und ist nicht polemisch. Oder fast nicht - mir machen seine kleinen, leicht überlesbaren Seitenhiebe Spaß. Etwa wenn er, bei einem Kapitel über die Erlösungslehre des Augustinus, einen anderen, mir ebenfalls suspekten, Philosophen der Neuzeit gleich mit erledigt: "So findet Augustin beim Nachdenken über die Erlösung selbst die Todesstrafe gut, die Adam der Menschheit eingetragen hat. Das klingt nach Heidegger. Aber natürlich klingt Heidegger nach Augustin." (S.214)

 

Dieses Buch von Kurt Flasch habe ich auch schon länger auf dem Radar….. Ich habe inzwischen auch schon verschiedene Kommentare / Besprechungen zu diesem Buch gelesen. Was mich schlicht schon mal vorab interessiert: Findet man bei Kurt Flasch auch Aspekte / Argumente, die wirklich neu sind und nicht schon von anderen Autoren dargelegt werden ?

 

Was ich anhand der  verschiedenen Besprechungen entnehmen kann sind folgende Kritikpunkte:

- - - Das problematische bis „widersprüchliche“ Gottesbild der biblischen Schriften

- - - die Kanonbildung des Neuen Testamentes

- - - Die Entstehung der christlichen Glaubensbekenntnisse und der Dogmen

- - - Die Gnadenlehre / Sündenlehre Augustinus

- - - das Theodizeeproblem…….

 

…..wenn ich mir diese Themenkomplexe anschaue, so sind diese seit etlichen Jahren Gegenstand der kritischen Diskussion, auch Gegenstand der theologischen Forschung selber….. 

 

Mich würde es wirklich freuen, mal etwas zu lesen, was wirklich über die bekannten Kritikpunkte hinausgeht und wirklich neue Aspekte / Argumente in die Diskussion bringt…

bearbeitet von Cosifantutti
Geschrieben (bearbeitet)

@Cosifantutti

 

Ich bin zwar erst zur Hälfte durch und Alfons hat da vielleicht eine andere Meinung, aber ich finde Flasch bringt nichts in dem Sinne bahnbrechend Neues, dass die Geschichte von Theologie und Kirche neu geschrieben werden müsste. Ich würde sagen als Theologe, der notwendigerweise auch Philosophie mitstudiert hat, enthält es (bisher) nichts, das ich nicht in dem einem oder anderen Zusammenhang schon gehört hätte. 

 

Mich hat in diesem Fall auch mehr die Darstellung des Stoffes angesprochen und weniger die Jagd nach neuen Erkenntnissen. Flasch hat, was eine Voraussetzung für Hochschullehrer sein sollte, eine gute Gabe dafür, Zusammenhänge auf den Punkt zu bringen. Und den Blickwinkel, den er als "Außenstehender" auf die Christen einnimmt, ist doch sehr interessant. Ich habe mehrmals mich selbst, aber auch viele User hier (was die Argumentation angeht) darin wiedererkannt. 

bearbeitet von Studiosus
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Geschrieben
vor 26 Minuten schrieb Studiosus:

@Cosifantutti

 

Ich bin zwar erst zur Hälfte durch und Alfons hat da vielleicht eine andere Meinung, aber ich finde Flasch bringt nichts in dem Sinne bahnbrechend Neues, dass die Geschichte von Theologie und Kirche neu geschrieben werden müsste. Ich würde sagen als Theologe, der notwendigerweise auch Philosophie mitstudiert hat, enthält es (bisher) nichts, das ich nicht in dem einem oder anderen Zusammenhang schon gehört hätte. 

 

Mich hat in diesem Fall auch mehr die Darstellung des Stoffes angesprochen und weniger die Jagd nach neuen Erkenntnissen. Flasch hat, was eine Voraussetzung für Hochschullehrer sein sollte, eine gute Gabe dafür, Zusammenhänge auf den Punkt zu bringen. Und den Blickwinkel, den er als "Außenstehender" auf die Christen einnimmt, ist doch sehr interessant. Ich habe mehrmals mich selbst, aber auch viele User hier (was die Argumentation angeht) darin wiedererkannt. 

Danke für diese fundierte Einschätzung. Vor allem was du schreibst: „die gute Gabe, Zusammenhänge auf den Punkt zu bringen…..“ auch wenn die einzelnen Argumente nicht wirklich „neu“ sind hat doch auch seine eigene Qualität…….werde mir das Buch besorgen…..

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