Mariamante Geschrieben 9. Januar 2006 Melden Share Geschrieben 9. Januar 2006 (bearbeitet) Was ist denn "vierfacher Schriftsinn"? Die Kirche lehrt die Auslegung der Bibel in mehrfacher Weise; daraus entstand die kirchliche Lehre vom vierfachen Schriftsinn: Litteralsinn (sensus litteralis seu historicus), Glaubenssinn (sensus allegoricus), moralischem Sinn (sensus moralis) und heilsgeschichtlichem oder eschatologischem Sinn (sensus anagogicus) Zuerst: Herzlich willkommen. Frage: Die hl. Hildegard hat eine mystische Evangeliumsauslegung geschrieben. Gibt es auch einen "mystischen" Schriftsinn? bearbeitet 9. Januar 2006 von Mariamante Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Mat Geschrieben 9. Januar 2006 Melden Share Geschrieben 9. Januar 2006 Und außerdem wird die Geschcihte erst wirklich relevant für unser Leben, wenn man sie auf der Symbolebene liest. Dann ist sie wunderschön. Und hilfreich. Da sind wir uns einig, viele Grüße, Matthias Tu mal , wie verstehst du sie dann? Gruß Susanne Hallo Susanne, vermutlich werde ich hier nicht so symbolisch, wie Du es jetzt erwartest. Ich denke, die wichtigen Themen sind die drei Männer aus dem Orient, der aufgehende Stern, der über Jerusalem verschwindet und die erschreckten Herodes und ganz Jerusalem. 1. Die Männer aus dem Orient Der Orient ist die Wiege der Kultur und des Wissens, die drei Männer sind suchende. D.h. hier werden intelektuelle Fäigkeiten und existenzielle Triebkräfte, Fragen nach dem Sinn des Lebens zusammengedacht. Insófern ist die oben gemachte Übertragung der Erzählung vom Stern auf das Internet zu schwach. Die Männer sind erkunden den göttlichen Willen mit den ihnen zur Verfügung stehenden wissenschaftlichen Methoden. Sie könnten durchaus für eine moderne Welthaltung stehen, die Wissenschaft und Existenz zu verbinden sucht. 2. Der aufgehende Stern Den Suchenden erschließt sich eine neue existenzielle Erkenntnis, die eine Ausrichtung ihres Lebens bedeutet. Sie haben hier das Ziel ihrer Suche gefunden. Am Horizont ihres Lebens erscheint ihr Sinn. Aus der intelektuellen Suche wird eine physische. Ein solcher Ereignis könnte man auch unter dem Stichwort Berufung zusammenfassen. Die Suche erkennt ein Ziel, das jetzt umgesetzt werden muss. Mit der Erkenntnis des Ziels ist längst noch nicht alles klar, denn der Weg muss ja noch gegangen werden. Der Wegweiser, der durch die Wüste führt, (denn der Weg aus dem Osten nach Bethlehem muss ja fast durch die Wüste führen, falls man ziemlich direkt wandert), kann aber auch verstellt werden. Jerusalem ist hier die Stadt, die den Wegweiser verblassen lässt. Der Stern ist sozusagen ein innerer, vielleicht gar nicht mitteilbaerer Wegweiser, der von außen verdunkelt werden kann. 3. Jerusalem Jerusalem ist das Gegenteil des inneren Wegweisers. Es ist das Pochen auf das Althergebrachte, Gesicherte und vermeintlich Wohlverstandene, Offenbarte. Allerdings wird diese Tradition von den Mächtigen instrumentalisiert. Es geht um die Wahrung des Status Quo, nicht um eine neugierige Offenheit. Herodes ist der Gegenspieler der Könige. Zu den Gaben sage ich jetzt ichts, weil sie noch und noch symbolisch gedeutet wurden. Viele Grüße, Matthias Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Ennasus Geschrieben 10. Januar 2006 Melden Share Geschrieben 10. Januar 2006 vermutlich werde ich hier nicht so symbolisch, wie Du es jetzt erwartest. Doch, bist du schon geworden, danke! Du hast andere Schwerpunkte gesetzt, als ich es im Moment grad tun würde und natürlich auch andere Formulierungen verwendet, aber es ist spannendIch denke, die wichtigen Themen sind die drei Männer aus dem Orient, der aufgehende Stern, der über Jerusalem verschwindet und die erschreckten Herodes und ganz Jerusalem. Für mich sind es es auch noch andere, aber das ist ja das Schöne, dass sich sowas immer mit dem jeweiligen Leben verknüpft 1. Die Männer aus dem OrientDer Orient ist die Wiege der Kultur und des Wissens, die drei Männer sind suchende. D.h. hier werden intelektuelle Fäigkeiten und existenzielle Triebkräfte, Fragen nach dem Sinn des Lebens zusammengedacht. Insófern ist die oben gemachte Übertragung der Erzählung vom Stern auf das Internet zu schwach. Die Männer sind erkunden den göttlichen Willen mit den ihnen zur Verfügung stehenden wissenschaftlichen Methoden. Sie könnten durchaus für eine moderne Welthaltung stehen, die Wissenschaft und Existenz zu verbinden sucht. MIr kommt dazu z.B. auch noch in den Sinn, dass "Osten" immer die Richtung ist, aus der Neues heraufdämmert, dass das Suchen und damit der Weg der Sterndeuter in der Dunkelheit der Nächte begonnen hat usw. 2. Der aufgehende SternDen Suchenden erschließt sich eine neue existenzielle Erkenntnis, die eine Ausrichtung ihres Lebens bedeutet. Sie haben hier das Ziel ihrer Suche gefunden. Am Horizont ihres Lebens erscheint ihr Sinn. Aus der intelektuellen Suche wird eine physische. Ein solcher Ereignis könnte man auch unter dem Stichwort Berufung zusammenfassen. Die Suche erkennt ein Ziel, das jetzt umgesetzt werden muss. Mit der Erkenntnis des Ziels ist längst noch nicht alles klar, denn der Weg muss ja noch gegangen werden. Der Wegweiser, der durch die Wüste führt, (denn der Weg aus dem Osten nach Bethlehem muss ja fast durch die Wüste führen, falls man ziemlich direkt wandert), kann aber auch verstellt werden. Jerusalem ist hier die Stadt, die den Wegweiser verblassen lässt. Der Stern ist sozusagen ein innerer, vielleicht gar nicht mitteilbaerer Wegweiser, der von außen verdunkelt werden kann. 3. Jerusalem Jerusalem ist das Gegenteil des inneren Wegweisers. Es ist das Pochen auf das Althergebrachte, Gesicherte und vermeintlich Wohlverstandene, Offenbarte. Allerdings wird diese Tradition von den Mächtigen instrumentalisiert. Es geht um die Wahrung des Status Quo, nicht um eine neugierige Offenheit. Herodes ist der Gegenspieler der Könige. Das versteh ich sehr ähnlich. Nur die Rolle von Jerusalem scheint mir nicht ganz so eindeutig zu sein. Immerhin ist in Jerusalem auch das Wissen um den Geburtsort des Neuen (spannend, warum das Bethlehem ist - aber das hatten wir schon mal ) zu finden.Vielleicht könnte man auch in die Richtung denken, dass es - wenn der Stern irgendwo verblasst ist, sinnvoll ist, dort stehen zu bleiben und genau nachzuforschen und auf die Antworten, die man dann bekommt, zu hören. Keine Angst zu haben, sich einfach konfrontieren mit dem, was ist. Vermutlich ist "Jerusalem" mit "Herodes und Hohepriestern und Schriftgelehrten" eine notwendige Station auf jedem "Berufungsweg". (Ich denke, es geht neben der Bereitschaft, das noch unbekannte, u.U. bedrohlich erscheinende Neue der vertrauten Sicherheit zu opfern, auch um die Auseinandersetzung mit der Versuchung zur Macht usw.) Für mich gibt es im Moment noch zwei Aspekte, die mir wichtig sind: die Freude, die die Sterndeuter erfüllt, als der Stern stehen bleibt und sie ankommen (einfach auch als Wegweiser und Bestätigung dafür, dass der Weg richtig war. In der Jesaiastelle ist das soooo schön: "Du wirst es sehen, und du wirst strahlen, dein Herz bebt vor Freude und öffnet sich weit"). Und dann auch, dass es gilt, auf den "Rückweg" zu achten. Zu verstehen, welche Orte es zu meiden gilt. Lieben Gruß Susanne Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Gabriele Geschrieben 10. Januar 2006 Autor Melden Share Geschrieben 10. Januar 2006 Lieber Matthias, sehr interessant, Dein Blick auf die Geschichte. Ich habe da noch einige Anmerkungen: 1. Die Männer aus dem OrientDer Orient ist die Wiege der Kultur und des Wissens, die drei Männer sind suchende. D.h. hier werden intelektuelle Fäigkeiten und existenzielle Triebkräfte, Fragen nach dem Sinn des Lebens zusammengedacht. Insófern ist die oben gemachte Übertragung der Erzählung vom Stern auf das Internet zu schwach. Die Männer erkunden den göttlichen Willen mit den ihnen zur Verfügung stehenden wissenschaftlichen Methoden. Sie könnten durchaus für eine moderne Welthaltung stehen, die Wissenschaft und Existenz zu verbinden sucht. Denkst Du, dass es damals auch explizit die Suche nach Gottes Willen war? Ich habe eher den Eindruck, dass es ein allgemeines Suchen nach dem Schicksal oder der Versuch, in die Zukunft zu blicken war, was Sterndeuter betrieben. Das wäre auch analog zu dem, was Du als moderne Welthaltung bezeichnest. 2. Der aufgehende SternDen Suchenden erschließt sich eine neue existenzielle Erkenntnis, die eine Ausrichtung ihres Lebens bedeutet. Sie haben hier das Ziel ihrer Suche gefunden. Am Horizont ihres Lebens erscheint ihr Sinn. Aus der intelektuellen Suche wird eine physische. Ein solcher Ereignis könnte man auch unter dem Stichwort Berufung zusammenfassen. Die Suche erkennt ein Ziel, das jetzt umgesetzt werden muss. Mit der Erkenntnis des Ziels ist längst noch nicht alles klar, denn der Weg muss ja noch gegangen werden. Der Wegweiser, der durch die Wüste führt, (denn der Weg aus dem Osten nach Bethlehem muss ja fast durch die Wüste führen, falls man ziemlich direkt wandert), kann aber auch verstellt werden. Jerusalem ist hier die Stadt, die den Wegweiser verblassen lässt. Der Stern ist sozusagen ein innerer, vielleicht gar nicht mitteilbarer Wegweiser, der von außen verdunkelt werden kann. Was mir immer wieder auffällt, wenn ich die Geschichte lese: Die Sterndeuter gehen zurück in ihre Heimat, zurück zu ihrer Arbeit und ihrem Alltag. Ihr Ziel war zwar die Krippe, aber sie bleiben nicht da stehen, bleiben auch nicht in der Nähe, sondern gehen wieder (auf einem anderen Weg) zurück. Es ist schön, an der Krippe zu stehen, den Herrn anzubeten, aber das ist noch nicht der ganze Weg. Danach kommt die Umsetzung des Erlebten im Alltag. 3. JerusalemJerusalem ist das Gegenteil des inneren Wegweisers. Es ist das Pochen auf das Althergebrachte, Gesicherte und vermeintlich Wohlverstandene, Offenbarte. Allerdings wird diese Tradition von den Mächtigen instrumentalisiert. Es geht um die Wahrung des Status Quo, nicht um eine neugierige Offenheit. Herodes ist der Gegenspieler der Könige. Ist nur Herodes der Gegenspieler? Matthäus schreibt: 3 Als König Herodes das hörte, erschrak er und mit ihm ganz Jerusalem. Allerdings ist nur Herodes der Handelnde, er redet mit den Sterndeutern, er befragt die Schriftgelehrten, er gibt die Informationen an die Sterndeuter weiter, er bittet die Sterndeuter, ihm das Ergebnis der Suche mitzuteilen. Liebe Grüße, Gabriele Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Mat Geschrieben 10. Januar 2006 Melden Share Geschrieben 10. Januar 2006 Denkst Du, dass es damals auch explizit die Suche nach Gottes Willen war?Ich habe eher den Eindruck, dass es ein allgemeines Suchen nach dem Schicksal oder der Versuch, in die Zukunft zu blicken war, was Sterndeuter betrieben. Das wäre auch analog zu dem, was Du als moderne Welthaltung bezeichnest. Ich denke, es geht hier um ein allgemeines Suchen nach dem göttlichen willen. Die Spitze der Erzählung ist ja gerade, dass die, die die göttliche Offenbarung nicht kennen, auf Gottes Zeichen eher reagieren, als die, die die Offenbarung besitzen. Was mir immer wieder auffällt, wenn ich die Geschichte lese:Die Sterndeuter gehen zurück in ihre Heimat, zurück zu ihrer Arbeit und ihrem Alltag. Ihr Ziel war zwar die Krippe, aber sie bleiben nicht da stehen, bleiben auch nicht in der Nähe, sondern gehen wieder (auf einem anderen Weg) zurück. Es ist schön, an der Krippe zu stehen, den Herrn anzubeten, aber das ist noch nicht der ganze Weg. Danach kommt die Umsetzung des Erlebten im Alltag. Eien Ähnliche Dynamik findet sich ja auch am Ende des Evangeliums. Nach der Auferstehung kehren die Jünger nach Galiläa zurück. Dort erscheint ihnen der Auferstandene. Ist nur Herodes der Gegenspieler?Matthäus schreibt: 3 Als König Herodes das hörte, erschrak er und mit ihm ganz Jerusalem. Allerdings ist nur Herodes der Handelnde, er redet mit den Sterndeutern, er befragt die Schriftgelehrten, er gibt die Informationen an die Sterndeuter weiter, er bittet die Sterndeuter, ihm das Ergebnis der Suche mitzuteilen. Das ist sowieso eine interessante Passage. Historisch war Jerusalem in der judäischen Oberschicht alles andere als beliebt, weil er kein Israelit war. Seine Familie stammt m.W. aus Idumäa, dem alten Edom. Die Idumäer wurden wenige Generationen zuvor zwangsjudaisiert. Wenn also ein neuer König in Israel hervorgeht, dann wäre es historisch viel wahrscheinlicher gewesen, dass sich die Oberschicht darüber gefreut hätte. Ganz Jerusalem hatte keinen Grund, gemeinsam mit Herodes übe die geburt eine Thronrivalen zu erschrecken. Hier wird noch einmal die Spitze der Aussage ganz deutlich. Matthäus konstruiert hier ein gemeinsames Interesse von Jerusalem und Herodes, das so gar nicht existierte. Viele Grüße, Matthias Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Gabriele Geschrieben 13. Januar 2006 Autor Melden Share Geschrieben 13. Januar 2006 Was die Geschichte von den drei Weisen angeht, so halte ich es schon deswegen für problematisch, sie als Tatsachenbericht anzusehen, weil damit die Sterndeuterei und Astrologie eine biblische Grundlage bekäme. Und außerdem wird sie erst wirklich relevant für unser Leben, wenn man sie auf der Symbolebene liest. Dann ist sie wunderschön. Und hilfreich. Das ist sicher kein neuer Gedanke, aber mir erst die letzten Tage bewusst geworden: allein die vielen Parallelen zu Jes 60 sprechen wohl auch dafür, dass Matthäus keinen Tatsachenbericht schreiben wollte. Nein, kein neuer Gedanke: Das Kapitel [gemeint ist Mt 2] bildet eine geschlossene Überlieferungseinheit aus vier aufeinanderfolgenden Szenen. Die wenigen biographischen Daten hindern das Verständnis eher; denn hier hat nicht die Erinnerung an ein schreckliches Ereignis aus der Kindheit Jesu seinen Niederschlag gefunden, sondern jüdisch-christliche Meditation über das Schicksal des Messias. Wie das Leben der Vöter Israels (Abraham, Jakob, Mose), ist auch Jesu Leben geprägt von Verfolgung und Flucht, aber noch mehr vom hindurchrettenden Schutz Gottes. Er ist der neue Mose, der Retter des Volks in der Endzeit Quelle: Einheitsübersetzung kommentiert, Kommentierung von Eleonore Beck, Verlag Kath. Bibelwerk GmbH, S. 1207 Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Ennasus Geschrieben 13. Januar 2006 Melden Share Geschrieben 13. Januar 2006 Das ist sicher kein neuer Gedanke, aber mir erst die letzten Tage bewusst geworden: allein die vielen Parallelen zu Jes 60 sprechen wohl auch dafür, dass Matthäus keinen Tatsachenbericht schreiben wollte.Nein, kein neuer Gedanke:Das Kapitel [gemeint ist Mt 2] bildet eine geschlossene Überlieferungseinheit aus vier aufeinanderfolgenden Szenen. Die wenigen biographischen Daten hindern das Verständnis eher; denn hier hat nicht die Erinnerung an ein schreckliches Ereignis aus der Kindheit Jesu seinen Niederschlag gefunden, sondern jüdisch-christliche Meditation über das Schicksal des Messias. Wie das Leben der Vöter Israels (Abraham, Jakob, Mose), ist auch Jesu Leben geprägt von Verfolgung und Flucht, aber noch mehr vom hindurchrettenden Schutz Gottes. Er ist der neue Mose, der Retter des Volks in der Endzeit Quelle: Einheitsübersetzung kommentiert, Kommentierung von Eleonore Beck, Verlag Kath. Bibelwerk GmbH, S. 1207 Hallo Gabriele! So ganz grundsätzlich war mir das schon klar, was mir neu bewusst worden ist, ist die Parallelität zwischen der Jesaia - und der Mt-Stelle. Aber auch das ist natürlich keine großartige Neuentdeckung ... Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Recommended Posts