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Fortschritt - positiv und negativ


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Geschrieben
ich bin überzeugt Andreas Gryphius hätte ein Jubellied auf seine Zeit angestimmt, wäre sein Horizont nur nicht so beschränkt gewesen und könnte er sehen, was heute ist und morgen wird.

Das trifft auf dich gewiss ebenfalls zu.

Geschrieben

[...]

Irrsinniger Fortschrittsglaube. Nach uns die Sintflut. Wie blind muß man sein um die Zerstörungen der natürlichen Lebensgrundlagen nicht zu sehen? Solange die Macht des Darwinismus (Kapitalismus), Materialismus und Szientismus nicht gebrochen wird, geht die Menschheit unaufhaltsam dem Untergang entgegen. Die Erde ist begrenzt, es gibt kein unendliches Wachstum. Alle empirischen Daten belegen das.

Empirisch kann man die Zukunft schlecht belegen, man müßte erst warten, bis sie kommt.

Ja, das ist natürlich schon so. Ich meinte auch, daß in der Vergangenheit ein exponentielles Wachstum zu einer exponentiellen Umweltzertörung geführt hat, und wenn die Menschen nicht ihr Verhalten ändern, kann man es durchaus absehen, daß die Menschheit wohl den Bach runter geht. Wir sind nun einmal ein Teil der Natur und keine Maschinen. Zu einer Änderung dieser Situation führt aber nur ein grundlegender Bewußtseinswandel, kein Fortschrittsglaube, der uns erst in diese Situation gebracht hat. Gegen einen geistige Weiterentwicklung habe ich nichts, ganz im Gegenteil, aber der Fortschritt der hier propagiert wird ist ein rein materieller Fortschritt, ein weiter so, ein mehr vom Gleichen. Es ist eine reine Verschleierungstaktik, wenn Fortschrittgläubige ihre Kritiker in die fundamentalistische Ecke stellen. Sie wollen davon ablenken, daß sie selbst es sind, die sich gegen jegliche Veränderung wehren, sie selbst sind also in Wahrheit die Reaktionäre und nicht diejenigen, die den Gleichschritt kritisieren.
Zu Aufgeregtheiten besteht aber kein Anlaß, die Erde ist nicht das Paradies, sie ändert sich, aber die Zustände waren früher bestimmt nicht besser.
Doch, im Paradies waren sie besser ;).
Und vom christlichen Standpunkt aus geht die Menschheit dem erwarteten Weltende mit der Wiederkunft Christ entgegen, das ist doch keine schlechte Aussicht. Grüße, KAM
Bis es soweit ist wird sich das geistige Bewußtsein aber noch gewaltig ändern müssen.
Geschrieben
Du sihst / wohin du sihst nur eitelkeit auff erden.

Was dieser heute bawt / reist jener morgen ein:

Wo itzund städte stehn / wird eine wiesen sein

Auff der ein schäffers kind wird spilen mitt den heerden.

 

Was itzund prächtig blüht sol bald zutretten werden.

Was itzt so pocht vnd trotzt ist morgen asch vnd bein.

Nichts ist das ewig sey / kein ertz kein marmorstein.

Izt lacht das gluck vns an / bald donnern die beschwerden.

 

Der hohen thaten ruhm mus wie ein traum vergehn.

Soll denn das spiell der zeitt / der leichte mensch bestehn.

Ach! was ist alles dis was wir für köstlich achten /

 

Als schlechte nichtikeitt / als schatten staub vnd windt.

Als eine wiesenblum / die man nicht wiederfindt.

Noch wil was ewig ist kein einig mensch betrachten.

 

Andreas Gryphius, 1643

 

Schon lang nicht mehr gelesen. Eines meiner früheren Lieblingsgedichte. B)

 

Bringt dieser Thread also doch noch was Lesenswertes zu Tage.

Geschrieben
Aber diesem Fortschritt gegenüber steht ein Erkalten der Liebe und Probleme menschlicher Art, die von Wüstenrufer angesprochen werden:

 

Abtreibungen, hohe Selbstmordrate, Zunahme der Gewaltbereitschaft unter Jugendlichen, Alkoholismus, Drogenprobleme etc.

 

D.h. frueher war alles besser?

Geschrieben (bearbeitet)
Ich finde es interessant wie sich die Mitte des letzten Jahrhunderts von T. W. Adorno und M. Horkheimer vorgetragene Kritik der Aufklärung in den ideengeschichtlichen Mainstream hineinverwandelt hat und plötzlich von Menschen aufgegriffen wird, deren sonstiges Weltbild durchaus nichts mit den beiden Herren zu tun zu haben pflegt. Der (sicherlich manchmal auch unbewusste) Anknüpfungspunkt ist die in der Dialektik der Aufkärung versuchte Aufklärung der Aufklärung. Adorno entlarvt dabei die Hypostasierung des Fortschritts als Totalitarismus und wendet sich gegen diese. Während aber Adorno, ganz im Sinne seiner Negativen Dialektik, als Gegenentwurf das Offenhalten jener die Aufklärung zeitigenden Dialektik propagiert (oder besser: sprachlich durchspielt), radikalisieren jene seine Kritik und fordern ein Zurück hinter Aufklärung und ein Ende jeglichen Fortschrittsdenkens. Das kann man dann vollkommen zu Recht reaktionäres Verhalten nennen. Mit dem Christentum hat es allerdings ideengeschichtlich wenig zu tun, gehören doch wir Christinnen und Christen zu den letzten traditionell fortschrittsgläuben Menschen dieser Gesellschaft (Für das Verhältnis der bereits eingetretenen Erlösung durch Christus und ihrem noch nicht eigetretenen Offenbarwerden könnten wir übrigens viel von der Negativen Dialektik Adornos lernen, aber das gehört in einen anderen Thread)

 

Literaturempfehlung: M. Horkheimer / Th. W Adorno, Die Dialektik der Aufklärung, in verschiedenen Ausgaben (Erstausgabe: New York 1944)

 

Hallo Christoph Lauermann,

 

dass mehrere Menschen zu ähnlichen Erkenntnissen angesichts offensichtlicher Entwicklungen und Beobachtungen kommen, diskreditiert wohl diese Erkenntis nicht, sondern untermauert sie. Zumal diese durch immer mehr wissenschaftliche Beweise abgesichert wird. Es ist Dir bestimmt nicht entgangen, dass z.B. Klimaforscher angesichts neuerer Erkenntnis regelmäßig beinahe in Schockzustände verfallen, weil sich die diesbezüglichen Zukunftsszenarien zunehmend dramatischer gestalten. Und die Klimaveränderung allein würde reichen, um Zivilisationen zu zerstören. Dazu kommen in unserem Fall weitere Krisen sozialer, wirtschaftlicher, demographischer, geistiger und moralischer Art, und ich bezweifle, dass meine Aufzählung vollständig ist. Diese Krisen zu leugnen ist doch Selbstbetrug. Sie resultieren jedoch aus einer Missachtung des zweifachen Liebesgebotes.

 

Um daraus Schlussfolgerungen zu ziehen, muss man sich nicht in Bücherstudien vertiefen, es reicht die Augen auf zu machen und seinen gesunden Menschenverstand zu gebrauchen.

 

Es sollte darüber diskutiert werden, was "Fortschritt" genannt werden darf, und ob Rückschritt nicht auch über bisher unbekannte Umwege als "Fotschritt" getarnt erfolgen kann.

 

Schließlich möchte ich mich ausdrücklich davon distanzieren, über Deine "unbewußten Anknüpfungspunkte" angesichts Deiner Unterstellung spekulieren zu wollen.

 

Alles Gute

 

Oliver

bearbeitet von WüstenRufer
Geschrieben

Aber diesem Fortschritt gegenüber steht ein Erkalten der Liebe und Probleme menschlicher Art, die von Wüstenrufer angesprochen werden:

 

Abtreibungen, hohe Selbstmordrate, Zunahme der Gewaltbereitschaft unter Jugendlichen, Alkoholismus, Drogenprobleme etc.

 

D.h. frueher war alles besser?

Nein.
Geschrieben
Es sollte darüber diskutiert werden, was "Fortschritt" genannt werden darf, und ob Rückschritt nicht auch über bisher unbekannte Umwege als "Fotschritt" getarnt erfolgen kann.

 

Dazu ein Wort: Für jene, die auf dem falschen Weg sind ist Rückschritt Fortschritt.

Geschrieben
Ich finde es interessant wie sich die Mitte des letzten Jahrhunderts von T. W. Adorno und M. Horkheimer vorgetragene Kritik der Aufklärung in den ideengeschichtlichen Mainstream hineinverwandelt hat und plötzlich von Menschen aufgegriffen wird, deren sonstiges Weltbild durchaus nichts mit den beiden Herren zu tun zu haben pflegt. ...

 

Lieber Christoph: Zunaechst mal vielen Dank fuer eine intellektuelle Anregung. Der Kulturpessimismus und das der-Vergangenheit-Nachweinen haben eine lange Tradition - mehrere Jahrtausende. Daher sollte all dieses Endzeitgejammer zunaechst einmal nicht ernstgenommen werden. Dies gilt vor allem fuer Leute, die einer Religion angehoeren, die eine Endzeitloesung verspricht. Einem Fundi (mit seiner Weltfeindlichkeit und Obrigkeits-/Traditions-Hoerigkeit) kann es eigentlich nur Recht sein, wenn das Hier und Jetzt in die Toilette gehoert. Daher sind seine Urteile ueber die Qualitaet des Hier und Jetzt ungueltig - sie werden immer negativ sein. Das hat natuerlich nichts damit zu tun, das gewisse Aspekte des Hier und Jetzt meines Erachtens (und ich bin garantiert kein christlicher Fundi, ganz im Gegenteil) sehr problematisch sind. Zum Beispiel die globale Erwaermung. Oder das Aufbrauchen unserer Oelvorraete, waehrend gleichzeitig weite Teile unseres Lebens auf Oel angewiesen sind. Zum Beispiel, von meinen drei Lieblingshobbies brauchen zwei Oel oder Produkte: Zweitakt-Mischbenzin fuer die Kettensaege, Schiesspulver fuer die Waffen; zum Glueck ist beim Sex Oel unnoetig, aber ein gutes Glas Wein kann nicht schaden.

 

OK, jetzt mal wieder im Ernst. Mir ist heute morgen auf dem Weg zur Arbeit (im mit Benzin betriebenen Auto!) ein ganz anderer Gedanke eingefallen, den ich hier nur mal ganz kurz anreisse. Einerseits ist der Kulturpessimismus und die Weltfeindlichkeit eng verwandt mit (und vielleicht sogar direkt abzuleiten aus) mystischem Gedankengut (sowohl in juedisches als auch christlicher Inkarnation). Dieses wiederum leitet sich aus der Gnosis, und damit wohl teilweise auch aus griechischer Philosophie ab. Andererseits war die griechische Philosophie ausserordentlich fortschritts- und wissenschaftsfreundlich, was sich in der Gnosis niedergeschlagen hat. Zum Beispiel in der Ansicht, dass eigene Erfahrung und Ansicht, wie z.B. persoenliche Gotteserfahrung, wichtiger ist als das Autoritaets- und Lehramtsdenken. Dies ist sicher einer der Gruende, warum in den Gnostischen Schriften (Nag Hammadi u.s.w.) die koerperliche Wiederauferstehung Christi entweder ignoriert oder sogar ihr sogar widersprochen wird; schliesslich ist die eigene mystische Begegnung mit Gott (=Christus) das einzig wichtige, waehrend Berichte der ersten Apostel ueber ihren 40 Tage langen Kontakt mit dem koerperlich wiederauferstandenen Christus nur Nachrichten zweiter Hand sind. Diese Fortschrittsfreundlichkeit bei gleichzeitiger Autoritaetsleugnung ist sicher der wichtigste Grund, warum Bischof Irenaeus die Gnostiker so verdammt hat, und ihre Evangelien aus dem Kanon herausgenommen hat (was dann direkt dazu fuehrte, dass die gnostischen Evangelien beinahe komplett in Vergessenheit geraten sind, modulo Qumran und/oder Nag Hammadi).

 

Bevor ich hierzu einen laengeren Beitrag poste, muss ich mal das Buch von Elaine Pagels raussuchen und nachlesen - sonst kommt wieder nur Unfug raus.

 

Auf jeden Fall, es amuesiert unsere Fundis sicher, dass sie mit ihrem Kulturpessimismus und Zukunftsaengsten vielleicht gleichzeitig in tiefer philosophischer Uebereinstimmung mit der katholischen Lehre stehen, und gleichzeitig der gnostischen (und daher haeretischen) Lehre nachfolgen.

Geschrieben
3: Füher war eine gesunde seelische Entwicklung möglich, ohne durch die Medien von morgens bis abends manipuliert zu werden. Im Grunde reicht es doch, wenn ein paar dutzend maßgeblich Verantwortliche der Medienwelt einer Meinung sind, und schon hat der Normalbürger den Eindruck, es bestünde ein weltweiter Konsens über eine Sache und er übernimmt bereitwillig jede Denkschablone, die ihm das Fernsehen per flimmernder Gehirnwäsche verabreicht.

 

Alles Gute

 

Oliver

 

Nun muss ja jeder die Medien, die ihn manipulieren einschalten oder aber kaufen.

 

Pierre

Geschrieben
Nun muss ja jeder die Medien, die ihn manipulieren einschalten oder aber kaufen.

 

Pierre

 

Hallo,

 

ich behaupte, dass 95% der Menschen begünstigt durch Sozialisation, Gewöhnung und fehlende Kritikfähigkeit zu unreflektiertem Medienkonsum neigen. Nicht umsonst sind viele der hier gebrachten Argumente geradezu vom Zeitgeist durchtränkt und lassen nichts von einer unabhängigen, kritischen Intelligenz erahnen.

 

Alles Gute

 

Oliver

Geschrieben
Hallo,

 

ich behaupte, dass 95% der Menschen begünstigt durch Sozialisation, Gewöhnung und fehlende Kritikfähigkeit zu unreflektiertem Medienkonsum neigen. Nicht umsonst sind viele der hier gebrachten Argumente geradezu vom Zeitgeist durchtränkt und lassen nichts von einer unabhängigen, kritischen Intelligenz erahnen.

 

Alles Gute

 

Oliver

 

 

Ja, lieber Oliver nur kann man es nicht den Medien anlasten zu existieren. Alle Medien, Print-Hör und Sehmedien werden immer das bringen, von dem sie sich die beste Audienz versprechen...... also weitgehend flach und unreflektiert. Entsprechend der Audienzmassen.

 

Pierre

Geschrieben
2: Ich möchte auch gerne den Unterschied zu den von Dir angesprochenen Zeiten aufzeigen.

Die Perspektive war früher eine andere. Das Klima hatte nicht dauerhaften Schaden genommen, die Umwelt war nicht dauerhaft vergiftet, die Ressourcen waren nicht beinahe erschöpft, und das menschliche Zusammenleben war in einem gesunden Zustand.

Da muss ich Dich enttäuschen. Das Waldsterben begann schon vor tausenden von Jahren, u.a. sind die Aborigines dafür verantwortlich, das ganz Australien eine Wüste ist (Flächenbrände für die Treibjagd), Griechenland war sehr waldreich, bis die alten Griechen quasi den gesamten Baumbestand für ihre Schiffbau abgeholzt haben (falls Du Dich fragen solltest, warum Griechenland waldtechnisch so karg ist). Und die neuseelädischen Maori haben den Moa (einen großen Laufvogel) ausgerottet und sich damit bei ihrer Lebensmittelversorgung arg in Schwulitäten gebracht. Und was den Respekt solcher Völker angeht, die sie ja alle für die Natur gehebt haben sollen: Moa heisst übersetzt nichts anderes als Großer [eßbarer] Vogel. Mal von der Phantasielosigkeit der Namensgebung abgesehen, drückt das keinen großen Respekt für seine Umwelt aus, lebende Wesen qasi als "Grillfleisch" zu bezeichnen.

 

Was das "gesunde" menschliche Zusammenleben angeht sag ich nur: Sklaverei, Leibeigenschaft, Frauen waren nichts wert, Kinder eigentlich auch nicht, Genozid an eingeborenen Völkern, religiöse Menschenopfer en masse, Kinderarbeit, Masstensterben wg.mangelnder Hygiene, keine Menschenrechte, usw.

 

Früher war ein Menschenleben nicht viel wert.

 

Es bestand immer eine kulturelle und materielle Perspektive, sobald die akuten Krisen vorüber waren.

Na, den Spruch kann man ja nach jeder Krise bringen! Und während einer Krise waren die Menschen genauso perspektivlos. Lies mal die Berichte aus dem 30-jährigen Krieg, aus der Zeit der Pest...

 

Zudem konnte man solchen Krisen ausweichen. Es bestand für niemanden die Möglichkeit eine derartige überregional wirksame Machtkonzentration aufzubauen, wie es heutigen Staaten möglich ist.

Ach ja? Rom herrschte quasi über den größten Teil der damals "bekannten Welt". Oder das Mongolenreich...

 

Früher war es sogar schlimmer: Durch die mangelnden Fortbewegungsmöglichkeiten waren die damaligen Länder ja (subjektiv) noch größer. Wenn mir heute etwas In Europa nicht passt, dann bin ich innerhalb von 30-40 Stunden in Neuseeland. Hätte mir damals etwas in meiner Grafschaft/Fürstentum nicht gepasst, 30-40 Stunden hätten mich nicht einmal nach Frankreich oder Polen gebracht, vielleicht nicht einmal raus aus dem Fürstentum.

 

Die Machtkonzentration war auf lokaler Ebene enorm. Und "lokal" war damals besser als "global" heute. Ein Fürst konnte jeden für volgefrei erklären, nur wenn ihm einen die Nase nicht passte. Da hatte man schon Probleme, 40 Stunden überhaupt noch zu überleben...

 

Die Technisierung erlaubt potentiell die völlige Überwachung der Menschen noch in einem viel höheren Ausmaß, als es 1933-1945 möglich war und die Waffen sind gefährlicher und weitreichender geworden.

Was aber einen geringeren Unterschied macht, als man vielleicht glauben mag. Lanze, Pfeil und Bogen haben mehr Menschen ausgelöscht als alle abgeworfenen Atombomben...

 

Ich glaube nicht, dass wir die letzte Diktatur hinter uns gelassen haben.

Nö, warum auch. Die Menschheit ist erst seit wenigen hundertausen Jahren auf diesem Planeten und mit Glück werden wir weitaus länger durchhalten. Zu glauben, wir müssten bestimmte Probleme schon am Anfang für alle Ewigkeit gelöst haben, halte ich für vermessen.

 

Die große gegenseitige Gleichgültigkeit der Menschen (Individualismus) ist ein idealer Nährboden für die Demagogie eines neuen starken Mannes (oder Frau...), der uns versprechen würde, uns aus der nächsten Weltwirtschaftskrise zu retten, oder vor dem int. Terrorismus zu bewahren.

Komisch, ich sehe das genau anders herum. Autoritätsglauben bereitet den Nährboden für sowas. Wenn jeder hingegen individuell seine eigene Meinung bilden kann, wird es schwerer mit der Massenbeinflussung.

 

3: Füher war eine gesunde seelische Entwicklung möglich, ohne durch die Medien von morgens bis abends manipuliert zu werden.

Früher wurde viel mehr manipuliert, freie Presse und Berichterstattung sind nämlich neuzeitliche Erfindungen.

 

Was die seelische Entwickluing angeht: Nur für die Hochwohlgeborenen. Alle anderen durften schon mit 12 in die Minen, in die Müllereien oder ins Miltär. Wer lesen konnte, war z.T. allein schon deswegen verdächtig. Und die Kirchen im Mittelalter mit ihrem literarischen Quasi-Monopol waren der Meinungsmacher schlechthin. Von der Macht träumt heutzutage jeder Propagandaminister...

 

Im Grunde reicht es doch, wenn ein paar dutzend maßgeblich Verantwortliche der Medienwelt einer Meinung sind, und schon hat der Normalbürger den Eindruck, es bestünde ein weltweiter Konsens über eine Sache und er übernimmt bereitwillig jede Denkschablone, die ihm das Fernsehen per flimmernder Gehirnwäsche verabreicht.

Früher hat man einfach das geglaubt, was einem sein Herrscher vorgebetet hat. Zumindestens laut, anderenfalls kam man schnell zu einem Strick. Durch mangelnde Bildung und autokratischem Führungsstil brauchte es auch kein Dutzend Verantwortliche, um das zu erreichen, der örtliche Landgraf reichte da vollkommen aus.

Geschrieben

2: Ich möchte auch gerne den Unterschied zu den von Dir angesprochenen Zeiten aufzeigen.

Die Perspektive war früher eine andere. Das Klima hatte nicht dauerhaften Schaden genommen, die Umwelt war nicht dauerhaft vergiftet, die Ressourcen waren nicht beinahe erschöpft, und das menschliche Zusammenleben war in einem gesunden Zustand.

Da muss ich Dich enttäuschen. Das Waldsterben begann schon vor tausenden von Jahren, u.a. sind die Aborigines dafür verantwortlich, das ganz Australien eine Wüste ist (Flächenbrände für die Treibjagd), Griechenland war sehr waldreich, bis die alten Griechen quasi den gesamten Baumbestand für ihre Schiffbau abgeholzt haben (falls Du Dich fragen solltest, warum Griechenland waldtechnisch so karg ist). Und die neuseelädischen Maori haben den Moa (einen großen Laufvogel) ausgerottet und sich damit bei ihrer Lebensmittelversorgung arg in Schwulitäten gebracht. Und was den Respekt solcher Völker angeht, die sie ja alle für die Natur gehebt haben sollen: Moa heisst übersetzt nichts anderes als Großer [eßbarer] Vogel. Mal von der Phantasielosigkeit der Namensgebung abgesehen, drückt das keinen großen Respekt für seine Umwelt aus, lebende Wesen qasi als "Grillfleisch" zu bezeichnen.

 

Was das "gesunde" menschliche Zusammenleben angeht sag ich nur: Sklaverei, Leibeigenschaft, Frauen waren nichts wert, Kinder eigentlich auch nicht, Genozid an eingeborenen Völkern, religiöse Menschenopfer en masse, Kinderarbeit, Masstensterben wg.mangelnder Hygiene, keine Menschenrechte, usw.

 

Früher war ein Menschenleben nicht viel wert.

 

Es bestand immer eine kulturelle und materielle Perspektive, sobald die akuten Krisen vorüber waren.

Na, den Spruch kann man ja nach jeder Krise bringen! Und während einer Krise waren die Menschen genauso perspektivlos. Lies mal die Berichte aus dem 30-jährigen Krieg, aus der Zeit der Pest...

 

Zudem konnte man solchen Krisen ausweichen. Es bestand für niemanden die Möglichkeit eine derartige überregional wirksame Machtkonzentration aufzubauen, wie es heutigen Staaten möglich ist.

Ach ja? Rom herrschte quasi über den größten Teil der damals "bekannten Welt". Oder das Mongolenreich...

 

Früher war es sogar schlimmer: Durch die mangelnden Fortbewegungsmöglichkeiten waren die damaligen Länder ja (subjektiv) noch größer. Wenn mir heute etwas In Europa nicht passt, dann bin ich innerhalb von 30-40 Stunden in Neuseeland. Hätte mir damals etwas in meiner Grafschaft/Fürstentum nicht gepasst, 30-40 Stunden hätten mich nicht einmal nach Frankreich oder Polen gebracht, vielleicht nicht einmal raus aus dem Fürstentum.

 

Die Machtkonzentration war auf lokaler Ebene enorm. Und "lokal" war damals besser als "global" heute. Ein Fürst konnte jeden für volgefrei erklären, nur wenn ihm einen die Nase nicht passte. Da hatte man schon Probleme, 40 Stunden überhaupt noch zu überleben...

 

Die Technisierung erlaubt potentiell die völlige Überwachung der Menschen noch in einem viel höheren Ausmaß, als es 1933-1945 möglich war und die Waffen sind gefährlicher und weitreichender geworden.

Was aber einen geringeren Unterschied macht, als man vielleicht glauben mag. Lanze, Pfeil und Bogen haben mehr Menschen ausgelöscht als alle abgeworfenen Atombomben...

 

Ich glaube nicht, dass wir die letzte Diktatur hinter uns gelassen haben.

Nö, warum auch. Die Menschheit ist erst seit wenigen hundertausen Jahren auf diesem Planeten und mit Glück werden wir weitaus länger durchhalten. Zu glauben, wir müssten bestimmte Probleme schon am Anfang für alle Ewigkeit gelöst haben, halte ich für vermessen.

 

Die große gegenseitige Gleichgültigkeit der Menschen (Individualismus) ist ein idealer Nährboden für die Demagogie eines neuen starken Mannes (oder Frau...), der uns versprechen würde, uns aus der nächsten Weltwirtschaftskrise zu retten, oder vor dem int. Terrorismus zu bewahren.

Komisch, ich sehe das genau anders herum. Autoritätsglauben bereitet den Nährboden für sowas. Wenn jeder hingegen individuell seine eigene Meinung bilden kann, wird es schwerer mit der Massenbeinflussung.

 

3: Füher war eine gesunde seelische Entwicklung möglich, ohne durch die Medien von morgens bis abends manipuliert zu werden.

Früher wurde viel mehr manipuliert, freie Presse und Berichterstattung sind nämlich neuzeitliche Erfindungen.

 

Was die seelische Entwickluing angeht: Nur für die Hochwohlgeborenen. Alle anderen durften schon mit 12 in die Minen, in die Müllereien oder ins Miltär. Wer lesen konnte, war z.T. allein schon deswegen verdächtig. Und die Kirchen im Mittelalter mit ihrem literarischen Quasi-Monopol waren der Meinungsmacher schlechthin. Von der Macht träumt heutzutage jeder Propagandaminister...

 

Im Grunde reicht es doch, wenn ein paar dutzend maßgeblich Verantwortliche der Medienwelt einer Meinung sind, und schon hat der Normalbürger den Eindruck, es bestünde ein weltweiter Konsens über eine Sache und er übernimmt bereitwillig jede Denkschablone, die ihm das Fernsehen per flimmernder Gehirnwäsche verabreicht.

Früher hat man einfach das geglaubt, was einem sein Herrscher vorgebetet hat. Zumindestens laut, anderenfalls kam man schnell zu einem Strick. Durch mangelnde Bildung und autokratischem Führungsstil brauchte es auch kein Dutzend Verantwortliche, um das zu erreichen, der örtliche Landgraf reichte da vollkommen aus.

Du triffst es ganz genau.

Geschrieben (bearbeitet)

Der Progressimus, in dem Sinne, daß ein Fortschreiten in der Zeit auch ein Fortschritt der Wahrheit mit sich bringt ist logisch falsch.

Die Wahrheit kann nicht geschichtlich sein, weil sonst die These, daß die Wahrheit geschichtlich sei, selbst geschichtlich sein müßte, was zu einem Widerspruch führt.

 

Nun kann man noch einen Progressimus vertreten, der auf pragmatische und empirische Punkte ausgerichtet ist.

Dem kann man die große Zahl der Menschen entgegenhalten, die auch heute zutage noch verhungern, gefoltert werden, die Kinderarbeit, die Kinderprostitution, die Hinrichtung und Beseitigung politischer Gefangene, die ca. 27 Millionen Sklaven die es heute noch gibt, dürfte die Zahl der Sklaven der Vergangenheit erreichen oder überschreiten.

Dem relativen Wohlstand Deutschlands gegenüber steht das Leid anderer Menschen in anderen Ländern und es gibt durchaus wirtschaftliche Beziehungen zwischen dem einen und anderem. Coca Cola unterstützt in Kolumbien paramilitärische Gruppen die Gewerkschafter beseitigen.

 

Neben den von dir genannten Maori gibt es bzw. gab es die Indianerstämme die in Harmonie lebten, sich nicht gegenseitig töteten und deren Arglosigkeit zu ihrem Verhängnis geworden ist, nach dem sie mit dem Entdecker der fortgeschritteneren Welt in Berührung kamen.

Die Guillotine, Tschernobyl, biologische Kampfstoffe, Experimente an Menschen sind Produkte der Neuzeit.

Rein biologisch-evolutionär betrachtet, dürfte das menschliche Gehirn sich nur unwesentlich in den letzten 2000 Jahren verändert haben, was uns daher von dem Menschen damals unterscheidet ist die Kultur. Wie leicht diese Kultur zu destabilisieren ist, sah man im dritten Reich.

 

Heute kann zwar nach Neuseeland fliegen, du wirst da aber nur hin können, wenn du von Staat aus weg darfst und wenn du in Neuseeland bist, kannst du wieder aufgefunden werden - bei uns hat sich vor kanpp 100 Jahre eine Räuber Zeit seines Lebens vor den Polizisten verstecken können, in einer Höhle die ca. 300-500 m von der heutigen Stadtgrenze entfernt ist.

 

Irgendwann werden wir, wie jetzt schon die Haustiere, einen kleinen Chip im Ohr tragen - hat ja niemand was zu verbergen - und man wird genau wissen, wer gerade wo ist, sich mit wem gerade trifft, welche Gewohnheiten und Ansichten die beiden haben etc.

 

Wenn man die heutige Zeit mit der Vergangenheit vergleicht, dann muß man die allgemeine Zahl der Menschen auf dieser Welt berücksichtigen und zu dieser die Zahl der Menschen in Relation setzen, denen es wirklich gut geht und die eine gewiße Freiheit besitzen.

Auch in der Vergangenheit lassen sich solche Inseln für eine kleinere Menschengruppe ausmachen.

 

Ich bin Kulturpessimist deswegen, weil Kultur selbst kein primäres Ideal, sondern nur Nebenprodukt bestimmter anderer Ideale ist. Ab und an wird die Kultur dann auch mal instrumentalisiert, nämlich dann wenn es um Überlegenheit der einen Kultur der anderen gegenüber geht.

 

gericault_floss_medusa.jpg

bearbeitet von Sam_Naseweiss
Geschrieben

Aber diesem Fortschritt gegenüber steht ein Erkalten der Liebe und Probleme menschlicher Art, die von Wüstenrufer angesprochen werden:

 

Abtreibungen, hohe Selbstmordrate, Zunahme der Gewaltbereitschaft unter Jugendlichen, Alkoholismus, Drogenprobleme etc.

 

D.h. frueher war alles besser?

Nein.

 

D.h. frueher war vieles besser?

Geschrieben
D.h. frueher war vieles besser?

 

Noch nie waren Depressionen, Verzweifelung und Selbstmorde in einer Gesellschaft so verbreitet wie heute. Es muss doch einen Grund dafür geben. Was denkst du?

Geschrieben
Noch nie waren Depressionen, Verzweifelung und Selbstmorde in einer Gesellschaft so verbreitet wie heute. Es muss doch einen Grund dafür geben. Was denkst du?

Gibt es für diese steile Behauptung ein Indiz?

 

Ich glaube eher: Wenn die Maus satt ist, schmeckt das Mehl bitter.

Geschrieben

 

D.h. frueher war vieles besser?

 

Noch nie waren Depressionen, Verzweifelung und Selbstmorde in einer Gesellschaft so verbreitet wie heute. Es muss doch einen Grund dafür geben. Was denkst du?

 

Früher sind die Menschen in Kriegen, an damals unheilbaren Krankheiten oder im Kindbett gestorben oder einfach verhungert. Zum Selbstmord kam man da gar nicht mehr.

Geschrieben
Noch nie waren Depressionen, Verzweifelung und Selbstmorde in einer Gesellschaft so verbreitet wie heute. Es muss doch einen Grund dafür geben. Was denkst du?

Gibt es für diese steile Behauptung ein Indiz?

 

Ich glaube eher: Wenn die Maus satt ist, schmeckt das Mehl bitter.

 

Das sehe ich auch so. Der Mensch ist immer unzufrieden - egal wieviel oder wenig er hat.

Geschrieben

Will also jemand folgender Aussage widersprechen:

 

Wenn die materiellen und geistigen Lebensbedingungen den Bedürfnissen des Menschen genügen, ist der Anteil von Menschen mit Depressionen und psychischen Störungen gering oder schrumpfend. Im gegenteiligen Fall steigt die Rate von Verzweiflungsssymptomen und depressiven/psychischen Störungen und erreicht ein hohes Niveau, worauf es zu Störungen auch in den sozialen Beziehungen, der Gesellschaft kommt.

Geschrieben
Will also jemand folgender Aussage widersprechen:

 

Wenn die materiellen und geistigen Lebensbedingungen den Bedürfnissen des Menschen genügen, ist der Anteil von Menschen mit Depressionen und psychischen Störungen gering oder schrumpfend. Im gegenteiligen Fall steigt die Rate von Verzweiflungsssymptomen und depressiven/psychischen Störungen und erreicht ein hohes Niveau, worauf es zu Störungen auch in den sozialen Beziehungen, der Gesellschaft kommt.

 

Würde ich wiedersprechen. Es scheint bestimmte psychische Erkrankungen zu geben, die gewissermaßen Wohlstandskrankheiten sind. (Im Krieg scheint es zB keine Magersüchtige gegeben zu haben.) Aber das heißt nicht, daß Armut gut, gesund und fromm macht. Grüße, KAM

Geschrieben
Will also jemand folgender Aussage widersprechen:

 

Wenn die materiellen und geistigen Lebensbedingungen den Bedürfnissen des Menschen genügen, ist der Anteil von Menschen mit Depressionen und psychischen Störungen gering oder schrumpfend. Im gegenteiligen Fall steigt die Rate von Verzweiflungsssymptomen und depressiven/psychischen Störungen und erreicht ein hohes Niveau, worauf es zu Störungen auch in den sozialen Beziehungen, der Gesellschaft kommt.

Ich halte das für eine Behauptung für die man eien Beweis nur mit Statistiken finden könnte, die es nicht gibt.

Noch nie waren Depressionen, Verzweifelung und Selbstmorde in einer Gesellschaft so verbreitet wie heute. Es muss doch einen Grund dafür geben. Was denkst du?

 

Diese Zustände sind wahrscheinlich nicht häufiger, sei werden nur jetzt erst beachtet und sind stärker publik.

Geschrieben
Will also jemand folgender Aussage widersprechen:

 

Wenn die materiellen und geistigen Lebensbedingungen den Bedürfnissen des Menschen genügen, ist der Anteil von Menschen mit Depressionen und psychischen Störungen gering oder schrumpfend. Im gegenteiligen Fall steigt die Rate von Verzweiflungsssymptomen und depressiven/psychischen Störungen und erreicht ein hohes Niveau, worauf es zu Störungen auch in den sozialen Beziehungen, der Gesellschaft kommt.

Keine Ahnung. Das ist mir eine etwas zu unscharf formulierte soziologische These, als dass ich da eine Meinung dazu haben könnte.

 

Du hast die zugrundeliegende Frage nicht beantwortet: Wie kommst Du auf die Idee, noch nie seien Depressionen, Verzweifelung und Selbstmorde in einer Gesellschaft so verbreitet wie heute gewesen. Dafür fehlt immer noch jeder Beleg.

Geschrieben
Will also jemand folgender Aussage widersprechen:

 

Wenn die materiellen und geistigen Lebensbedingungen den Bedürfnissen des Menschen genügen, ist der Anteil von Menschen mit Depressionen und psychischen Störungen gering oder schrumpfend. Im gegenteiligen Fall steigt die Rate von Verzweiflungsssymptomen und depressiven/psychischen Störungen und erreicht ein hohes Niveau, worauf es zu Störungen auch in den sozialen Beziehungen, der Gesellschaft kommt.

Ich glaube, bei gleichen Erlebnissen sind die Gefühle der Menschen auch so ziemlich die selben, leben sie nun heute oder vor 500 oder 1000 Jahren. Ein Kriegstrauma war damals auch nicht leichter zu ertragen als heute. Damals hat man das aber als Problem nicht wahrgenommen, jedenfalls nicht so wie heute. Was eigentlich zeigt, dass wir heute weiter sind als damals: Wir beschäftigen uns mit Problemen, die damals keine Sau interessierten (obwohl sie vorhanden waren).

Geschrieben
Will also jemand folgender Aussage widersprechen:

 

Wenn die materiellen und geistigen Lebensbedingungen den Bedürfnissen des Menschen genügen, ist der Anteil von Menschen mit Depressionen und psychischen Störungen gering oder schrumpfend. Im gegenteiligen Fall steigt die Rate von Verzweiflungsssymptomen und depressiven/psychischen Störungen und erreicht ein hohes Niveau, worauf es zu Störungen auch in den sozialen Beziehungen, der Gesellschaft kommt.

 

Ja, dem will ich widersprechen.

 

Nicht, weil ich beweisen kann (hier Beweis = Demonstration durch statistische Analyse vieler Faelle), dass es falsch ist.

 

Sondern, weil Du nicht beweisen kannst, dass es wahr ist. Und weil ich ganz stark vermute, dass Du Dir diese Schlussfolgerung erdacht hast, weil es in Deine Philosophie passt. Und eine Ideologie ist als Grundlage einer wissenschaftlichen Aussage total ungeeignet, ganz im Gegenteil (das oben geschriebene ist der missratene Versuch einer wissenschaftlichen Aussage ueber psychische und soziale Begebenheiten).

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