Squire Geschrieben 8. Juli 2006 Melden Share Geschrieben 8. Juli 2006 (bearbeitet) Das ist aber was anderes als platt zu sagen: NUR die Neuzeit/die Reformation/die Kirche/die Germanen waren schuld. Aber so platt kam das hier nicht. Gleichwohl muss man aber feststellen, dass es nur im Christentum und nicht etwa vor der Christianisierung zu systematischen Hexenverfolgungen kam. Die Gefahr für die "Hexen" lag m.E. nicht in altgermanischen Vorstellungen, sondern in der Unduldsamkeit des Christentums. Erst das Christentum mit seiner Glaubens-Systematik hat dem Hexenglauben das Potential zu einer durchorganisierten Ideologie verliehen. Ich finde es irreführend, wenn man dieses Phänomen auf angebliche "Reste heidnischer Vorstellungen" abschiebt. bearbeitet 8. Juli 2006 von Squire Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
lara Geschrieben 8. Juli 2006 Melden Share Geschrieben 8. Juli 2006 (bearbeitet) Also ich kritisier' die kath. Kirche ja nun auch, da hat wohl (fast) jeder seine speziellen Bereiche. Aber Gegenargumenten stehe ich dann trotzdem offen gegenüber, in der Hoffnung, dass die Kirche doch nicht die alleinige Schuld trägt. (Wenn auch Mitschuld schlimm genug ist.) Dieses "wohlwollende Anhören" der Gegenargumente vermisse ich hier bei einigen. Es ist Fakt, dass es in Spanien und Italien keine Auswüchse der Hexenverfolgung gab. Also in Ländern, die damals fast nur von Katholiken bewohnt wurden und in denen die kath. Kirche über große weltliche Macht verfügte. - Da wird hier als Grund genannt, die Inquisition hätte keine Zeit gehabt, weil sie mit der Verfolgung anderer Unschuldiger beschäftigt gewesen sei. Haaalllllooooooo!!!! Merkt ihr noch was? Entweder gehts euch hier um die Wahrheit, oder um Recht zu behalten oder um irgendwelche persönlichen Meta-Dingens. Es wirkt aber so, als ob in diesen Glaubensgesprächen für Kaths nur wenige schreiben, die nicht die Kirche für alles mögliche verantwortlich machen wollen. Prinzipiell ist mir das ja egal, macht was ihr wollt und überhaupt bin ich eher der ökumenische Typ. Aber dann schiebt den Thread wenigstens in die Arena. Dann haben die Kirchengegner mehr Unterstützung. - Obwohl, zugegeben, ihr könnt das auch alleine. bearbeitet 8. Juli 2006 von lara Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Squire Geschrieben 8. Juli 2006 Melden Share Geschrieben 8. Juli 2006 Dieses "wohlwollende Anhören" der Gegenargumente vermisse ich hier bei einigen. Welche Gegenargumente wären das? Und wer hat der kath. Kirche die alleinige Schuld zugewiesen? Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
abitibi Geschrieben 8. Juli 2006 Melden Share Geschrieben 8. Juli 2006 Das ist aber was anderes als platt zu sagen: NUR die Neuzeit/die Reformation/die Kirche/die Germanen waren schuld. Aber so platt kam das hier nicht. Gleichwohl muss man aber feststellen, dass es nur im Christentum und nicht etwa vor der Christianisierung zu systematischen Hexenverfolgungen kam. Die Gefahr für die "Hexen" lag m.E. nicht in altgermanischen Vorstellungen, sondern in der Unduldsamkeit des Christentums. Erst das Christentum mit seiner Glaubens-Systematik hat dem Hexenglauben das Potential zu einer durchorganisierten Ideologie verliehen. Ich finde es irreführend, wenn man dieses Phänomen auf angebliche "Reste heidnischer Vorstellungen" abschiebt. Es sind erstens keine angeblichen, sondern tatsächliche Reste, die sich aber, und das habe ich auch geschrieben, mit spezifisch christlichen Elementen (Teufelspakt) und anderen Aspekten vermischt haben. Das zu erwähnen, ist kein abschieben, sondern die Weigerung, Gründe, die außerhalb des Christentums liegen, zu ignorieren. Unduldsamkeit? Die Hexenverfolgungen waren grausam, es sind was weiß ich wie viele unschuldige Menschen umgebracht worden. Brauchen wir nicht drüber zu diskutieren, aus heutiger Sicht völlig inakzeptabel und auch damals gab es durchaus Stimmen, die dem ganzen Treiben kritisch bis ablehnend gegenüberstanden. ABER es ging hier nicht darum, daß irgendwelche irgendwie alternativen Kräuterweiblein aus der Norm fielen und darum umgebracht wurden, sondern die haben geglaubt, daß die Angeklagten einen Pakt mit dem Teufel haben. Aus der damaligen Vorstellungswelt heraus war dies das schlimmste, was man tun konnte. Das entschuldigt nichts, macht es aber erklär- und verstehbar. Für mich zumindest. Es war Unsinn, ja, und viele haben das auch damals erkannt. Leider haben es die allermeisten eben nicht erkannt und haben dann mitgemacht bei der Hexenverfolgung. Aber grade mit den Erfahrungen des letzten Jahrhunderts sollte man ein bißchen vorsichtig sein, die Leute von oben herab zu verurteilen- ist ja nicht so, daß sowas ähnliches in jüngster Geschichte nicht auch passierte, in verschiedenen Ländern und Kulturen. Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Squire Geschrieben 8. Juli 2006 Melden Share Geschrieben 8. Juli 2006 (bearbeitet) ABER es ging hier nicht darum, daß irgendwelche irgendwie alternativen Kräuterweiblein aus der Norm fielen und darum umgebracht wurden, sondern die haben geglaubt, daß die Angeklagten einen Pakt mit dem Teufel haben. Aus der damaligen Vorstellungswelt heraus war dies das schlimmste, was man tun konnte. Das entschuldigt nichts, macht es aber erklär- und verstehbar. Für mich zumindest. Das ist ja das, was ich meinte. Es ist gerade der christliche Aspekt des Hexenglaubens (Teufelspakt) und die christliche Vorstellungswelt, die den Hexenwahn erklär- und verstehbar machen. Diese christlichen Ressentiments haben (in Verbindung mit anderen unglücklichen Umständen) zu dem Phänomen geführt. Da gibt es nichts zu relativieren. Ich glaube allerdings, dass es den Triebkräften der Hexenverfolgungen sicherlich nicht um Schadzauber usw. ging. Das waren vermutlich einfach Mitläufer, die eine Gelegenheit gesehen haben, Vorteile für sich herauszuschlagen. Das ist bei derartigen Massenphänomenen ja meistens so. bearbeitet 8. Juli 2006 von Squire Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Erich Geschrieben 9. Juli 2006 Melden Share Geschrieben 9. Juli 2006 [ Ich finde es irreführend, wenn man dieses Phänomen auf angebliche "Reste heidnischer Vorstellungen" abschiebt. In dem karolingischen Frühmittelalter war Hexenverfolgung dennoch kein Thema. In dem Gegenteil stellte das Konzil von Paderborn in dem Jahre 785 den Glauben an Hexen und ihre Verfolgung unter Strafe: Wer vom Teufel verblendet nach Weise der Heiden glaubt, es sei jemand eine Hexe und fresse Menschen, und diese Person darum verbrennt oder ihr Fleisch durch andere essen läßt, der soll mit dem Tode bestraft werden. (zitiert aus Soldan/Heppe) (was Karl der Große per Gesetz bestätigte). Quelle Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Squire Geschrieben 9. Juli 2006 Melden Share Geschrieben 9. Juli 2006 (bearbeitet) In dem Gegenteil stellte das Konzil von Paderborn in dem Jahre 785 den Glauben an Hexen und ihre Verfolgung unter Strafe: Was war da eigentlich genau der Straftatbestand? Der Glaube an Hexen oder ihre Verbrennung? Wer vom Teufel verblendet nach Weise der Heiden glaubt, es sei jemand eine Hexe und fresse Menschen, und diese Person darum verbrennt oder ihr Fleisch durch andere essen läßt Das scheint ein Indiz dafür zu sein, dass der christliche Glaube an Teufelspakte nichts mit den heidnischen Vorstellungen von Zauberei aus eigener Kraft zu tun hat. Also, nichts mit "Reste heidnischer Vorstellungen". bearbeitet 9. Juli 2006 von Squire Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
abitibi Geschrieben 9. Juli 2006 Melden Share Geschrieben 9. Juli 2006 Das scheint ein Indiz dafür zu sein, dass der christliche Glaube an Teufelspakte nichts mit den heidnischen Vorstellungen von Zauberei aus eigener Kraft zu tun hat. Also, nichts mit "Reste heidnischer Vorstellungen". Eben doch. Die heidnischen Vorstellungen von Schadzaubern, Menschenfresserei und fliegenden Frauen wurden bekämpft. Sie wurden aber nicht beseitigt, dieses Gedankengut geisterte weiter durch die Köpfe, vor allem im volkstümlichen Bereich. Und genau das verband sich dann später in der frühen Neuzeit mit der Idee, daß diese Personen Böses nur wirken können, weil sie mit dem Teufel im Bund stehen. Das ist keine Widerlegung der heidnischen Restbestände, sondern eher ein Beleg für die Richtigkeit und letztlich auch einfach das Ergebnis dieser Restbestände, nur eben in einer gewissen Logik weitergedacht. Es war für die meisten Leute damals zwingend logisch: man hat über Jahrhunderte hinweg den Glauben an Hexen bekämpft. Dann kommen Umwälzungen und von den Auswirkungen her dramatische Klimaveränderungen. Da Hexen als solche nicht existieren können, mit der Kraft aus sich selbst heraus, ist dann die damals folgerichtige Lösung, daß sie mit dem Teufel im Bund stehen müssen, womit man dann die ganzen Probleme erklären konnte und die Betreffenden verurteilen konnte. Nicht schön und aus heutiger Sicht völliger Wahnsinn, aber man kann an die Zeit damals, vor einem halbem Jahrtausend, nicht unsere Maßstäbe anlegen. Tja und ansonsten halte ich die Erklärung, die ich an der Uni gelernt habe, für überzeugender, als wenn man die Hexenverfolgung nur aus dem damaligen christlichen Glauben heraus erklären will. Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Squire Geschrieben 9. Juli 2006 Melden Share Geschrieben 9. Juli 2006 Na ja, die Aussagen des Thomas von Aquin oder Martin Luther würde ich nicht gerade als "volkstümliche Vorstellung" ansehen. Ich denke schon, dass diese Vorstellungen die allgemeine vorherrschende Meinung waren. Aber mal davon abgesehen. Der eigentliche Anklagepunkt in den Hexenprozessen war doch gerade der Bund mit dem Teufel. Das hattest du auch selbst geschrieben: ABER es ging hier nicht darum, daß irgendwelche irgendwie alternativen Kräuterweiblein aus der Norm fielen und darum umgebracht wurden, sondern die haben geglaubt, daß die Angeklagten einen Pakt mit dem Teufel haben. Aus der damaligen Vorstellungswelt heraus war dies das schlimmste, was man tun konnte. Kann man denn aus christlicher Sicht nun einen Bund mit dem Teufel eingehen oder nicht? Und ist das verwerflich oder nicht? Was sagt die Uni dazu? Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
wolfgang E. Geschrieben 9. Juli 2006 Melden Share Geschrieben 9. Juli 2006 Na ja, die Aussagen des Thomas von Aquin oder Martin Luther würde ich nicht gerade als "volkstümliche Vorstellung" ansehen. Ich denke schon, dass diese Vorstellungen die allgemeine vorherrschende Meinung waren. Aber mal davon abgesehen. Der eigentliche Anklagepunkt in den Hexenprozessen war doch gerade der Bund mit dem Teufel. Das hattest du auch selbst geschrieben: ABER es ging hier nicht darum, daß irgendwelche irgendwie alternativen Kräuterweiblein aus der Norm fielen und darum umgebracht wurden, sondern die haben geglaubt, daß die Angeklagten einen Pakt mit dem Teufel haben. Aus der damaligen Vorstellungswelt heraus war dies das schlimmste, was man tun konnte. Kann man denn aus christlicher Sicht nun einen Bund mit dem Teufel eingehen oder nicht? Und ist das verwerflich oder nicht? Was sagt die Uni dazu? Ich glaube auch hier ist die Erklärung nicht monokausal. Ich stell mir das Verhältnis so vor, wie zwischen christlichem Antijudaismus und rassistischem Antisemitismus. Die germanischen Glaubenreste bilden den Nährboden für den Glauben welche Auswirkungen der Teufelspakt hat. Und natürlich liegt die Wurzel der Hexenverfolgung auch in der Ketzerverfolgung der Inquisition. Insoferne ist die immer wieder gemachte apodiktische Behauptung falsch, es habe im Mittelalter keine Hexenverfolgungen gegeben. (s. auch der Name der Rose - Ecco ist in seinem Roman sehr geschichtsnahe). Sie waren lediglich gegenüber den Ketzerverfolgungen nachrangig. So ähnlich dürfte es auch in Spanien gewesen sein. Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Squire Geschrieben 9. Juli 2006 Melden Share Geschrieben 9. Juli 2006 Ich stell mir das Verhältnis so vor, wie zwischen christlichem Antijudaismus und rassistischem Antisemitismus. Die germanischen Glaubenreste bilden den Nährboden für den Glauben welche Auswirkungen der Teufelspakt hat. Meine These war, dass das Christentum mit seinem totalitären Anspruch den Hexenglauben erst gefährlich gemacht hat. Ich habe die (natürlich nicht belegte) Vermutung, dass der volkstümliche Hexenglauben zunächst von der Kirche nicht ernst genommen wurde und so vor sich hin dümpelte, bis er vom damaligen Machtapparat als Terrorinstrument entdeckt wurde. Die daraufhin einsetzenden Hexenverfolgungungen basieren nicht etwa auf dem altgermanischen Erbe, sondern sind eine christliche Eigenkreation, die lediglich an ältere Vorstellungen anknüpft. Es ging also letztlich nicht um die Bekämpfung des Volksglaubens, sondern um Herrschaftsfestigung durch Terror. Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Gabriele Geschrieben 9. Juli 2006 Melden Share Geschrieben 9. Juli 2006 Ich habe es schon geschrieben - die war zu sehr damit beschäftigt, bekehrte Juden zu verfolgen und zu verbrennen, wieso sollte die Kirche nur südlich der Alpen bekehrte Juden = Christen verfolgen und verbrennen?? Bei Wikipedia habe ich unter dem Stichwort "Inquisition" die Antwort gefunden: Die spanische Inquisition lag beinahe vollständig in der Hand der Monarchen. Die römische Kurie hatte auf ihren Verlauf nur einen sehr begrenzten Einfluss. Sie wurde 1481 durch Ferdinand II. und Isabella I. eingerichtet, um solche Juden (so genannte Conversos) und Mauren (Moriscos) aufzuspüren und zu bestrafen, die öffentlich zum Christentum konvertiert waren, aber privat ihre vorherige Religion weiter ausübten und so per Definition Ketzer blieben. Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
lara Geschrieben 9. Juli 2006 Melden Share Geschrieben 9. Juli 2006 Ich habe es schon geschrieben - die war zu sehr damit beschäftigt, bekehrte Juden zu verfolgen und zu verbrennen, wieso sollte die Kirche nur südlich der Alpen bekehrte Juden = Christen verfolgen und verbrennen?? Bei Wikipedia habe ich unter dem Stichwort "Inquisition" die Antwort gefunden: Die spanische Inquisition lag beinahe vollständig in der Hand der Monarchen. Die römische Kurie hatte auf ihren Verlauf nur einen sehr begrenzten Einfluss. Sie wurde 1481 durch Ferdinand II. und Isabella I. eingerichtet, um solche Juden (so genannte Conversos) und Mauren (Moriscos) aufzuspüren und zu bestrafen, die öffentlich zum Christentum konvertiert waren, aber privat ihre vorherige Religion weiter ausübten und so per Definition Ketzer blieben. Heißt das jetzt, dass die Kirche an der Ketzerverfolgung in Spanien keine Schuld trifft? *verwirrtbin* Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
abitibi Geschrieben 9. Juli 2006 Melden Share Geschrieben 9. Juli 2006 Na ja, die Aussagen des Thomas von Aquin oder Martin Luther würde ich nicht gerade als "volkstümliche Vorstellung" ansehen. Ich denke schon, dass diese Vorstellungen die allgemeine vorherrschende Meinung waren. Aber mal davon abgesehen. Der eigentliche Anklagepunkt in den Hexenprozessen war doch gerade der Bund mit dem Teufel. Das hattest du auch selbst geschrieben: ABER es ging hier nicht darum, daß irgendwelche irgendwie alternativen Kräuterweiblein aus der Norm fielen und darum umgebracht wurden, sondern die haben geglaubt, daß die Angeklagten einen Pakt mit dem Teufel haben. Aus der damaligen Vorstellungswelt heraus war dies das schlimmste, was man tun konnte. Kann man denn aus christlicher Sicht nun einen Bund mit dem Teufel eingehen oder nicht? Und ist das verwerflich oder nicht? Was sagt die Uni dazu? Man hat damals auch von kirchlicher Seite geglaubt, daß man mit dem Teufel einen Bund eingehen kann. Das zu glauben ist nicht verwerflich. Einen Bund mit dem Teufel einzugehen oder Leute umzubringen, die angeblich einen Bund mit dem Teufel haben, ist hingegen sehr verwerflich. Mit Herrschaftssicherung durch Terror hat das ganze meines Meinung nach ziemlich wenig zu tun. Mag sein, daß das mit ein Ergebnis war (glaube ich aber eigentlich eher nicht), aber ich denke, es war kein bewusst angestrebtes Ziel. Die Leute, die da als Hexen verbrannt wurden, stellten keine Bedrohung der Macht dar. Das waren meist einfache Leute die nicht mal ihren Namen schreiben konnten. Bei den Ketzerprozessen ist das was anderes, aber bei den Hexenprozessen scheint mir das keine besonders überzeugende Erklärung zu sein. Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Squire Geschrieben 9. Juli 2006 Melden Share Geschrieben 9. Juli 2006 Mit Herrschaftssicherung durch Terror hat das ganze meines Meinung nach ziemlich wenig zu tun. Mag sein, daß das mit ein Ergebnis war (glaube ich aber eigentlich eher nicht), aber ich denke, es war kein bewusst angestrebtes Ziel. Die Leute, die da als Hexen verbrannt wurden, stellten keine Bedrohung der Macht dar. Das waren meist einfache Leute die nicht mal ihren Namen schreiben konnten. Bei den Ketzerprozessen ist das was anderes, aber bei den Hexenprozessen scheint mir das keine besonders überzeugende Erklärung zu sein. Es geht bei einer Terrorherrschaft ja auch nicht um die Ausschaltung mächtiger Rivalen, sondern um die Verbreitung von Angst. Terror ist vor allem eine Machtdemonstration. So ein brennender Scheiterhaufen hinterläßt schon einen bleibenden Eindruck. Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
wolfgang E. Geschrieben 9. Juli 2006 Melden Share Geschrieben 9. Juli 2006 Ich habe es schon geschrieben - die war zu sehr damit beschäftigt, bekehrte Juden zu verfolgen und zu verbrennen, wieso sollte die Kirche nur südlich der Alpen bekehrte Juden = Christen verfolgen und verbrennen?? Bei Wikipedia habe ich unter dem Stichwort "Inquisition" die Antwort gefunden: Die spanische Inquisition lag beinahe vollständig in der Hand der Monarchen. Die römische Kurie hatte auf ihren Verlauf nur einen sehr begrenzten Einfluss. Sie wurde 1481 durch Ferdinand II. und Isabella I. eingerichtet, um solche Juden (so genannte Conversos) und Mauren (Moriscos) aufzuspüren und zu bestrafen, die öffentlich zum Christentum konvertiert waren, aber privat ihre vorherige Religion weiter ausübten und so per Definition Ketzer blieben. Heißt das jetzt, dass die Kirche an der Ketzerverfolgung in Spanien keine Schuld trifft? *verwirrtbin* Das kann man so nicht sagen. Es sagt nur aus dass zu dieser Zeit der Einfluss Roms noch nicht durchgehend gesichert war sondern es war der weltliche Herrscher noch in einem erheblichen Maß auch (Mit)oberhaupt der Kirche seines Staatsgebietes. Auch Luther war ja vor den Reichstag in Worms und vor den Kaiser geladen und nicht nach Rom und vor den Papst. Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
abitibi Geschrieben 9. Juli 2006 Melden Share Geschrieben 9. Juli 2006 Mit Herrschaftssicherung durch Terror hat das ganze meines Meinung nach ziemlich wenig zu tun. Mag sein, daß das mit ein Ergebnis war (glaube ich aber eigentlich eher nicht), aber ich denke, es war kein bewusst angestrebtes Ziel. Die Leute, die da als Hexen verbrannt wurden, stellten keine Bedrohung der Macht dar. Das waren meist einfache Leute die nicht mal ihren Namen schreiben konnten. Bei den Ketzerprozessen ist das was anderes, aber bei den Hexenprozessen scheint mir das keine besonders überzeugende Erklärung zu sein. Es geht bei einer Terrorherrschaft ja auch nicht um die Ausschaltung mächtiger Rivalen, sondern um die Verbreitung von Angst. Terror ist vor allem eine Machtdemonstration. So ein brennender Scheiterhaufen hinterläßt schon einen bleibenden Eindruck. Und was wollten die katholische Kirche und die Reformierten und Lutheraner damit erreichen? Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Erich Geschrieben 9. Juli 2006 Melden Share Geschrieben 9. Juli 2006 Und natürlich liegt die Wurzel der Hexenverfolgung auch in der Ketzerverfolgung der Inquisition. da frage ich mich doch, wieso die Evangelen auch die Hexen verfolgt haben - ganz ohne Inquisition und Ketzerverfolgung. Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Squire Geschrieben 9. Juli 2006 Melden Share Geschrieben 9. Juli 2006 (bearbeitet) Und was wollten die katholische Kirche und die Reformierten und Lutheraner damit erreichen? Ich vermute, es ging darum, die durch die Reformation geschwächte Herrschaft (bzw., in den evangelischen Gebieten die noch ungefestigte Herrschaft) der jeweiligen Religionsgemeinschaft zu stärken. Dies würde auch dazu passen, dass der Hexenwahn in den rein katholischen Gebieten nicht auftrat. Für mich wäre das zumindest eine plausible Erklärung. bearbeitet 9. Juli 2006 von Squire Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
lara Geschrieben 9. Juli 2006 Melden Share Geschrieben 9. Juli 2006 Heißt das jetzt, dass die Kirche an der Ketzerverfolgung in Spanien keine Schuld trifft? *verwirrtbin* Das kann man so nicht sagen. Es sagt nur aus dass zu dieser Zeit der Einfluss Roms noch nicht durchgehend gesichert war sondern es war der weltliche Herrscher noch in einem erheblichen Maß auch (Mit)oberhaupt der Kirche seines Staatsgebietes. Auch Luther war ja vor den Reichstag in Worms und vor den Kaiser geladen und nicht nach Rom und vor den Papst. Dann ist die Kirche doch unschuldiger an den Hexen- und Ketzerverfolgungen als angenommen? Wenn diese Entscheidungen eher in den Händen der weltlichen Machthaber lagen? Oder diese sich zwecks Durchsetzung ihrer Politik beim Glauben die Begründungen ausliehen? OK, man könnte der Kirche vorwerfen, dass sie es nicht unterbunden hat. Aber einem Machthaber etwas verbieten, ist bestimmt nicht so einfach. Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
abitibi Geschrieben 9. Juli 2006 Melden Share Geschrieben 9. Juli 2006 Dafür hätte man aber nicht die Hexenverfolgung gebraucht. Sinnvoller wäre doch dann gewesen, Leute, die Unruhestifter waren, oder deren Rechtgläubigkeit nicht feststand, als Ketzer anzuklagen. Stattdessen irgendwelche Frauen umzubringen ist nicht sonderlich effektiv. Außerdem unterstellt Deine These, daß die Akteure der Verfolgung damals wußten, daß es Unsinn ist, und das nur zur Machtsicherung gemacht haben. Ich glaube nicht an Verschwörungstheorien, und die These würde aber ziemlich stracks auf eine zulaufen. Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
lara Geschrieben 9. Juli 2006 Melden Share Geschrieben 9. Juli 2006 Wahrscheinlich hatten sie schon religiöse Gründe für ihr Tun und schoben sie nicht nur vor. (Zumindest meistens.) Aber m.E. ist es schon ein Unterschied, ob ein US-Präsident eigene Handlungsbegründungen aus seiner Glaubensgewissheit entwickelt, oder ob er ausdrücklich im Auftrag seiner Kirchenoberen handelt. (Mal als Beispiel) Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Squire Geschrieben 9. Juli 2006 Melden Share Geschrieben 9. Juli 2006 (bearbeitet) Dafür hätte man aber nicht die Hexenverfolgung gebraucht. Sinnvoller wäre doch dann gewesen, Leute, die Unruhestifter waren, oder deren Rechtgläubigkeit nicht feststand, als Ketzer anzuklagen. Stattdessen irgendwelche Frauen umzubringen ist nicht sonderlich effektiv. Außerdem unterstellt Deine These, daß die Akteure der Verfolgung damals wußten, daß es Unsinn ist, und das nur zur Machtsicherung gemacht haben. Ich glaube nicht an Verschwörungstheorien, und die These würde aber ziemlich stracks auf eine zulaufen. Das von dir angesprochene Mittel der Ketzerverfolgung hatte man zu diesem Zeitpunkt ja bereits erfolgreich angewandt. Nachdem die Ketzer mehr oder weniger ausgerottet waren, konnte sich der zu ihrer Verfolgung entwickelte Verwaltungsapparat nahtlos anschließend der Hexenverfolgung widmen. Wie gesagt, bei einer Schreckensherrschaft geht es ja nicht darum, einzelne Unruhestifter zu beseitigen, sondern Angst zu verbreiten. Beispiele dafür sind z.B. die französische Revolution oder die stalinistischen Exzesse. Wichtig ist wohl vor allem das Bewußtsein, das man der Staatsgewalt ausgeliefert ist. Ich denke schon, dass die Machtinteressen da im Vordergrund gestanden haben. Es ging darum, die in der Bevölkerung vorhandenen Aggressionen in bestimmte Kanäle zu lenken. bearbeitet 9. Juli 2006 von Squire Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Gabriele Geschrieben 9. Juli 2006 Melden Share Geschrieben 9. Juli 2006 Heißt das jetzt, dass die Kirche an der Ketzerverfolgung in Spanien keine Schuld trifft? *verwirrtbin* Das kann man so nicht sagen. Es sagt nur aus dass zu dieser Zeit der Einfluss Roms noch nicht durchgehend gesichert war sondern es war der weltliche Herrscher noch in einem erheblichen Maß auch (Mit)oberhaupt der Kirche seines Staatsgebietes. Auch Luther war ja vor den Reichstag in Worms und vor den Kaiser geladen und nicht nach Rom und vor den Papst. Dann ist die Kirche doch unschuldiger an den Hexen- und Ketzerverfolgungen als angenommen? Wenn diese Entscheidungen eher in den Händen der weltlichen Machthaber lagen? Oder diese sich zwecks Durchsetzung ihrer Politik beim Glauben die Begründungen ausliehen? OK, man könnte der Kirche vorwerfen, dass sie es nicht unterbunden hat. Aber einem Machthaber etwas verbieten, ist bestimmt nicht so einfach. Wenn Wikipedia richtig liegt und wenn ich das richtig verstanden habe, dann war "die Kirche doch unschuldiger", zumindest in Spanien: Papst Sixtus IV., der die Einrichtung genehmigen musste, zögerte zuerst, da die Italiener der Renaissance die Spanier für bigott, gierig und rassistisch hielten. Als Spanien jedoch Neapel eingenommen hatte, gab er 1478 nach. Das spanische Königspaar hatte sich also die Einrichtung der Inquisition gewissermaßen mit Waffengewalt ertrotzt. Inwiefern dann die Konzentration auf konvertierte Juden politisch motiviert war, lässt sich kaum mehr feststellen. Aber insgesamt lässt sich die spanische Inquisition kaum der katholischen Kirche vorwerfen. Wie auch die vergleichsweise kleine Zahl der Hexenverbrennungen und überhaupt der vergleichsweise geringe Prozentsatz an Todesurteile (1,8 % nur, meint Wikipedia). OK, das war jetzt kein so gutes Gegenargument, die katholische Kirche zu entlasten. Ich werde da wohl noch ein bisschen üben müssen. Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Gerlinde Blosche Geschrieben 10. Juli 2006 Melden Share Geschrieben 10. Juli 2006 Liebe rembetiko, jetzt erst kann ich Dir Deine letzte Frage beantworten. Damals hat die Kirche freilich als moralisches Vorbild versagt und hat , da sie an einem großen Unrecht beteiligt war, durchaus nicht zur Besserung der Menschen beigetragen, ja sogar zum Gegenteil. Aber deshalb sollte man der Kirche nicht generell für alle Zeiten den Nutzen hinsichtlich der Besserung der Menschen absprechen. Das wäre ungerecht, meinst Du nicht auch? Oder hast Du diesbezüglich eine andere Meinung? Liebe Grüße Gerlinde Das möchte ich bestimmt nicht. Ich bin z. B. Abtreibungsgegner, und fühle mich da auch von der Kirche bestärkt. Nur: Die Sache "Hexenverfolgung" hat nun einmal ein Defizit an Glaubwürdigkeit hinterlassen. Genauso die "Nicht-Fisch-nicht-Fleisch"-Haltung sehr vieler Christen (mit wenigen rühmlichen Ausnahmen) gegenüber Hitler und seinen Taten. Ich möchte, dass sich die Christenheit dem Thema stellt. Wäre bestimmt nicht zuviel verlangt. Was hältst du von diesen o.g. Erwiderungen? * die Germanen waren noch heidnisch (im 14. Jh.!!), deshalb die Scheiterhaufen * die Reformatoren waren ja auch dafür, wenn nicht sogar schuld * die rationale Neuzeit bringt ja so viel Schlechtes mit sich, Hexenverbrennung und Insulin und Psychoanalyse... Das ist doch beschämtes Sich-Raus-Winden-Wollen. Noch einmal: Wenn meine Religion Argumente liefert, damit ich etwas Böses tun kann, wie kann ich sie dann noch vertrauensvoll praktizieren? Ich muss doch ständig den Kontrollblick einschalten: Ist das moralisch, was von mir von der Kirche zu tun gewünscht wird? Hier wird immer mal wieder von tomlo u.a. die absolute Gefolgschaft der Kirche gegenüber gefordert. Wie kann man das tun - abgesichts des Falles der Postmeisterin von Köln, angesichts dessen, was Blume zitiert hat: Werft sie mal ins Wasser, Gott wird schon nocht zulassen, dass Unschuldige verurteilt werden... Menschen können grausam sein. Aber wenn Religion sie darin bestärkt - was heißt das? Dass man ihr weiterhin schlichten Herzens folgen muss? Liebe rembetiko, da ich mir gestern wegen des Sonntags eine Auszeit vom Internet nahm, bekommst Du jetzt in aller Herrgottsfrüh meine Anwort. Was die Erwiderungen hier zur Schuldfrage der Hexenverfolgung angeht, kenne ich leider die geschichtlichen Einzelheiten nicht so gut, aber vielleicht hast Du in der Zwischenzeit hier eine Anwort bekommen. Zu Deiner Frage, ob Du nicht ständig den " Kontrollblick einschalten" musst, in Bezug auf das, was von der Kirche von dir gewünscht wird , scheint mir folgendes richtig zu sein. Wenn ein Kirchenoberer zu Unmenschlichkeit verleitet oder sie bejaht,dann soll ich nach Befragung meines Gewissens Widerstand leisten , statt gehorsam sein. Somit kann in solchen Einzelfällen Treue zu Gott und zur Kirche auch mal Widerstand bzw. Ungehorsam gegen Kirchenobere bedeuten. Wichtig ist immer der Blick auf den Willen Gottes. Und alles was böse und menschenunwürdig ist, kann doch nicht sein Wille sein. Uralte, aus dem NT abgeleitete Lehre der Kirche ist, dass die Kirchenoberen auf die Untergebenen hören müssen, wenn diese aus dem Gewissen heraus reden, und nicht nur umgekehrt. Lehrt uns nicht auch die Geschichte dass manchmal ein Ungehorsam gegen die Oberen von Staat und Kirche besser gewesen wäre, als Schweigen gegen das eigene Gewissen und der absolute Gehorsam? Die weiterhin alles Gute Liebe Grüße Gerlinde Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
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