Tifs Geschrieben 6. Oktober 2006 Melden Share Geschrieben 6. Oktober 2006 Huhu Allerseits! Ich möchte mal das mir vor langer Zeit gewährte Gastrecht in den katholischen Glaubensgesprächen ausnutzen und um Eure Assoziationen zum Predigttext vom nächsten Sonntag bitten. (Ich halte den Gottesdienst) So einige Ideen habe ich schon, in welche Richtung es gehen könnte, möchte aber gerne noch weitere Assoziationen von Euch dazu haben. Der vorgeschlagene Predigttext ist Jesaja 49, 1-6 1Hört mir zu, ihr Inseln, und ihr Völker in der Ferne, merket auf! Der HERR hat mich berufen von Mutterleibe an; er hat meines Namens gedacht, als ich noch im Schoß der Mutter war. 2 Er hat meinen Mund wie ein scharfes Schwert gemacht, mit dem Schatten seiner Hand hat er mich bedeckt. Er hat mich zum spitzen Pfeil gemacht und mich in seinem Köcher verwahrt. 3 Und er sprach zu mir: Du bist mein Knecht, Israel, durch den ich mich verherrlichen will. 4 Ich aber dachte, ich arbeitete vergeblich und verzehrte meine Kraft umsonst und unnütz, wiewohl mein Recht bei dem HERRN und mein Lohn bei meinem Gott ist. 5 Und nun spricht der HERR, der mich von Mutterleib an zu seinem Knecht bereitet hat, dass ich Jakob zu ihm zurückbringen soll und Israel zu ihm gesammelt werde, - darum bin ich vor dem HERRN wert geachtet, und mein Gott ist meine Stärke -, 6 er spricht: Es ist zu wenig, dass du mein Knecht bist, die Stämme Jakobs aufzurichten und die Zerstreuten Israels wiederzubringen, sondern ich habe dich auch zum Licht der Heiden gemacht, dass du seist mein Heil bis an die Enden der Erde. Vielen Dank schon mal im Voraus für alle Beiträge Tifs Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
kam Geschrieben 6. Oktober 2006 Melden Share Geschrieben 6. Oktober 2006 "Fordern und fördern" ist zum platten politischen Schlagwort verkommen, hier sieht man, was es heißen kann, wie uns der Herr fördert und fordert. Grüße, KAM Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Mat Geschrieben 6. Oktober 2006 Melden Share Geschrieben 6. Oktober 2006 Huhu Allerseits! Ich möchte mal das mir vor langer Zeit gewährte Gastrecht in den katholischen Glaubensgesprächen ausnutzen und um Eure Assoziationen zum Predigttext vom nächsten Sonntag bitten. (Ich halte den Gottesdienst) So einige Ideen habe ich schon, in welche Richtung es gehen könnte, möchte aber gerne noch weitere Assoziationen von Euch dazu haben. Der vorgeschlagene Predigttext ist Jesaja 49, 1-6 1Hört mir zu, ihr Inseln, und ihr Völker in der Ferne, merket auf! Der HERR hat mich berufen von Mutterleibe an; er hat meines Namens gedacht, als ich noch im Schoß der Mutter war. 2 Er hat meinen Mund wie ein scharfes Schwert gemacht, mit dem Schatten seiner Hand hat er mich bedeckt. Er hat mich zum spitzen Pfeil gemacht und mich in seinem Köcher verwahrt. 3 Und er sprach zu mir: Du bist mein Knecht, Israel, durch den ich mich verherrlichen will. 4 Ich aber dachte, ich arbeitete vergeblich und verzehrte meine Kraft umsonst und unnütz, wiewohl mein Recht bei dem HERRN und mein Lohn bei meinem Gott ist. 5 Und nun spricht der HERR, der mich von Mutterleib an zu seinem Knecht bereitet hat, dass ich Jakob zu ihm zurückbringen soll und Israel zu ihm gesammelt werde, - darum bin ich vor dem HERRN wert geachtet, und mein Gott ist meine Stärke -, 6 er spricht: Es ist zu wenig, dass du mein Knecht bist, die Stämme Jakobs aufzurichten und die Zerstreuten Israels wiederzubringen, sondern ich habe dich auch zum Licht der Heiden gemacht, dass du seist mein Heil bis an die Enden der Erde. Vielen Dank schon mal im Voraus für alle Beiträge Tifs Hallo Tifs, der Text ist ja nicht so einfach. Redet der Prophet von sich selbst? Oder von einem anderen? Oder gar vom Volk Israel im Exil? Man kann den Text wunderbar in Richtung Jesu verwenden. Wenn man das nicht will, dann vielleicht folgendermaßen: Es geht in diesem Text um Berufung. Es geht um Chance und Risiko um Last und Freude. Da ist einer ausersehen von Mutterleib an. Aber die Berufung durch Gott führt nicht dazu, dass ihm unmittelbarer Erfolg beschieden sei. Im Gegenteil: der Weg des Propheten ist schwere Plackerei ohne wirklich ein Ziel vor Augen. Man könnte fast meinen, der Prophet sei irre geworden an seinem Auftrag. Dennoch hofft der Prophet auf den Erfolg. Dieser scheint ja in dem Text eher eine Zukunftsvision zu sein. Vieleicht steht er ja unmittelbar bevor. Interssant ist hier, dass der Prophet seinen Erfolg nicht uneigennützig sieht. Es geht nicht nur darum, dass seine Voraussagen eintreffen, sondern auch, dass sie ihm selbst zum Ruhme werden. Ich finde, das ist eine interessante Spannung aus harter Arbeit, fehlendem Erfolg und Erwartung... Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Tifs Geschrieben 6. Oktober 2006 Autor Melden Share Geschrieben 6. Oktober 2006 Hallo Ihr zwei! Danke für Eure Ideen. Meine Assoziationen gehen momentan auch in die Richtung Warten/Erwartung. Weil derjenige, von dem im Text die Rede ist, darauf gewartet hat, das endlich was passiert, sich endlich Gottes Verheißung erfüllt, kam ihm sein ganzes Tun nutzlos vor. Dabei war es das gar nicht, sondern auch schon ein Beitrag zur kommenden Erfüllung. (so verstehe ich das zumindest, wie seht Ihr das?) Ich mag den Vers 2 gerne - den Hinweis auf das Warten (mit dem Schatten der Hand bedeckt, im Köcher verwahrt), auch im Warten ist Gott nicht fern, sondern ganz beschützend nah... Gruß Tifs Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Gabriele Geschrieben 6. Oktober 2006 Melden Share Geschrieben 6. Oktober 2006 Hallo Tifs, Ich möchte mal das mir vor langer Zeit gewährte Gastrecht in den katholischen Glaubensgesprächen ausnutzen und um Eure Assoziationen zum Predigttext vom nächsten Sonntag bitten. Schön, Dich mal wieder zu sehen. mir ist eine Stelle aufgefallen, die ich einfach mal rauspicken will: 2 Er hat meinen Mund wie ein scharfes Schwert gemacht, mit dem Schatten seiner Hand hat er mich bedeckt. Er hat mich zum spitzen Pfeil gemacht und mich in seinem Köcher verwahrt. Ein gefährliches Werkzeug, das da beschrieben wird. Ich schrecke da erst mal zurück. Wenn ich es auf mich beziehe: Das scharfe Schwert, der spitze Pfeil will sorgsam gehandhabt werden. Da muß ich vorsichtig sein, am Besten das Schwert, den Pfeil wegpacken, damit sich niemand verletzt daran. Aber: Dann werde ich meiner Aufgabe gar nicht gerecht, dazu hat der Herr mich gewiß nicht bestimmt, wenn er meinen Mund wie ein scharfes Schwert, mich zum spitzen Pfeil gemacht hat. Was ist also meine Aufgabe? Wo und wie soll / muß ich reden? Und wie soll ich besser nicht reden, wo verletze ich mit Worten? Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Gabriele Geschrieben 8. Oktober 2006 Melden Share Geschrieben 8. Oktober 2006 Huhu Allerseits! Ich möchte mal das mir vor langer Zeit gewährte Gastrecht in den katholischen Glaubensgesprächen ausnutzen und um Eure Assoziationen zum Predigttext vom nächsten Sonntag bitten. (Ich halte den Gottesdienst) Huhu Tifs, wie war sie denn jetzt, Deine Predigt? Liebe Grüße, Gabriele Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Tifs Geschrieben 9. Oktober 2006 Autor Melden Share Geschrieben 9. Oktober 2006 Hallo Gabriele! Auch Dir noch einmal ganz herzlichen Dank für Deine Assoziationen. Ich habe tatsächlich auch hauptsächlich über den Vers gepredigt, den Du genannt hast. Allerdings bin ich da doch in eine andere Richtung gegangen. Diesmal habe ich am Sonntag Morgen um 8:30 Uhr das Letzte an der Predigt geändert. Normalerweise möchte ich eigentlich, dass der Gottesdienst am Freitag steht... Aber so ist das, je mehr Zeit ich habe, desto trödeliger werde ich... Wenn Interesse besteht, kann ich die Predigt auch gerne mal hier einstellen. Liebe Grüße Tifs Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Gabriele Geschrieben 9. Oktober 2006 Melden Share Geschrieben 9. Oktober 2006 Wenn Interesse besteht, kann ich die Predigt auch gerne mal hier einstellen. *Interesse bekunde* Ach ja bitte, liebe Tifs, lass uns die Predigt zukommen. Predigten über alttestamentliche Texte gibt es nicht allzu oft in meiner Kirche. Und die Predigt zu lesen, deren Zustandekommen wir hier ein bisschen mitverfolgen konnten, ist ja auch etwas Besonderes. Liebe Grüße, Gabriele Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Tifs Geschrieben 9. Oktober 2006 Autor Melden Share Geschrieben 9. Oktober 2006 Und hier kommt sie: Liebe Gemeinde, Der für den heutigen Sonntag vorgeschlagene Predigttext steht im Buch Jesaja, einem der Prophetenbücher der Bibel. Prophetische Texte sind uns heute häufig sehr fremd, weil sie in eine ganz bestimmte Zeit gesprochen wurden. Deshalb möchte ich Ihnen zu Beginn kurz etwas über den Propheten Jesaja und seine Zeit erzählen. Die meisten Propheten der Bibel haben etwas gemeinsam: Sie sind in der Regel nicht besonders glücklich darüber, Propheten zu sein, denn sie werden meist von Gott beauftragt, um das Volk auf Mißstände aufmerksam zu machen. Meist sogar in so drastischer Form, dass sie seinen Untergang vorhersagen müssen. Und das gefällt dem Volk in der Regel nicht besonders gut, wer von uns mag denn schon die Leute, die nur schlechtes erzählen. Deshalb müssen die Propheten meist erleben, dass ihre Worte nicht gehört werden, sie verlacht werden und lächerlich gemacht werden - und die angekündigte Katastrophe eintrifft. Jesaja nun tritt zum ersten Mal in einer Zeit auf, als sich eine politische Katastrophe anbahnt. Das Land Juda ist politischer Spielball zwischen den Großmächten Babylon und Ägypten. Der kleine Streifen Land dient als Pufferzone zwischen den beiden. Durch eine Wankelpolitik, die es einmal mit der einen, dann mit der anderen Großmacht versucht, ist das Land völlig abhängig geworden und versucht immer wieder, diese Abhängigkeit loszuwerden. Trotz aller Warnungen Jesajas sagt sich Juda von Babylon, unter dessen Oberherrschaft es steht, los. Die zu erwartende Strafaktion lässt nicht lange auf sich warten. Nebukadnezar, der babylonische König zerstört Jerusalem und verschleppt die Bewohner nach Babylon. In dieser Zeit verlieren sich auch die Spuren Jesajas. Trotzdem geht das Buch Jesaja weiter, ab Kapitel 40 bis 55 spricht man in der Forschung –nicht besonders phantasievoll - von Deuterojesaja, dem zweiten Jesaja, da man vermutet, dass hier ein anderer spricht. Zum einen kommt der Name Jesaja nicht mehr vor, zum anderen ist die Aussage dieser Kapitel völlig anders. Sie wenden sich an das Volk im Exil in Babylon und sprechen von der Hoffnung auf Rückkehr und davon, dass der Herr sein Volk aus Babylon herausführen wird, so wie damals aus Ägypten. Die ganzen Kapitel atmen förmlich Trost und Zuversicht. Ich lese Jesaja 49, die Verse 1 bis 6. 1.Hört mir zu, ihr Inseln, und ihr Völker in der Ferne, merket auf! Der HERR hat mich berufen von Mutterleibe an; er hat meines Namens gedacht, als ich noch im Schoß der Mutter war. 2 Er hat meinen Mund wie ein scharfes Schwert gemacht, mit dem Schatten seiner Hand hat er mich bedeckt. Er hat mich zum spitzen Pfeil gemacht und mich in seinem Köcher verwahrt. 3 Und er sprach zu mir: Du bist mein Knecht, Israel, durch den ich mich verherrlichen will. 4 Ich aber dachte, ich arbeitete vergeblich und verzehrte meine Kraft umsonst und unnütz, wiewohl mein Recht bei dem HERRN und mein Lohn bei meinem Gott ist. 5 Und nun spricht der HERR, der mich von Mutterleib an zu seinem Knecht bereitet hat, dass ich Jakob zu ihm zurückbringen soll und Israel zu ihm gesammelt werde, - darum bin ich vor dem HERRN wert geachtet, und mein Gott ist meine Stärke -, 6 er spricht: Es ist zu wenig, dass du mein Knecht bist, die Stämme Jakobs aufzurichten und die Zerstreuten Israels wiederzubringen, sondern ich habe dich auch zum Licht der Heiden gemacht, dass du seist mein Heil bis an die Enden der Erde. Die Verse, die ich gerade gelesen habe, werden als „Gottesknechtslied“ bezeichnet. Dabei ist umstritten, wer denn der Gottesknecht ist, der hier redet. Ist es der Prophet Jesaja selbst, oder ein Hinweis auf einen kommenden Anführer des Volkes, oder ist vielleicht das ganze Volk Israel mit dieser Bezeichnung gemeint? Von den Christen werden diese Verse als prophetischen Hinweis auf Jesus Christus verstanden, jedoch die damaligen Hörer haben die Verse sicherlich anders verstanden. Es scheint also so zu sein, dass diese Verse verschiedene Interpretationen und Sichtweisen zulassen, aber vor allem, dass sie eine solche Kraft besitzen, dass sie in unterschiedlichen Zeiten immer wieder neu aktuell gedeutet wurden. So möchte ich auch heute gerne der Aussage der Verse auf die Spur kommen und herausfinden, was dieser alte Text, der über 2500 Jahre alt ist, uns heute noch zu sagen haben könnte. Eine Fülle von Bildern trifft beim Lesen der Verse auf uns ein, einige schwer verständlich, andere klar. Die Gedanken bleiben an verschiedenen Bildern hängen, die uns unterschiedlich stark ansprechen. Meine Gedanken sind vor allem am zweiten und vierten Vers hängen geblieben. 2.Er hat meinen Mund wie ein scharfes Schwert gemacht, mit dem Schatten seiner Hand hat er mich bedeckt. Er hat mich zum spitzen Pfeil gemacht und mich in seinem Köcher verwahrt. „Mit dem Schatten seiner Hand bedeckt und in seinem Köcher verwahrt.“ Das sind fremde Bilder. Aber ich glaube, sie stehen für ein Gefühl, dass wir alle gut kennen: Das Warten. Das Schwert ist geschärft, der Pfeil abschussbereit, und trotzdem geht es nicht los. Wartezeiten in unserem Leben, da fallen sicherlich jedem und jeder von Ihnen genug Situationen ein, in denen wir zum Warten verurteilt sind. Situationen, in denen das Warten sehr unterschiedlich ausfällt, und von uns auch unterschiedlich wahrgenommen wird: · Das ungeduldige Warten auf die Bahn, die uns zur Arbeit oder in die Ferien bringen soll, wo jede Minute Verspätung uns wie geklaute Lebenszeit vorkommt, · das hoffnungsvolle Warten auf eine Antwort auf die hundertste Bewerbung, wo jeder Tag, der verstreicht, die Hoffnung kleiner werden lässt · das freudige Warten auf den Anfang der Ferien, das die letzte Woche in der Schule in eine endlose Aneinanderreihung von letzten Stunden vor den Ferien verwandelt, in denen man natürlich keinen regulären Unterricht mehr machen darf. · auch das sehnsuchtsvolle und auch ängstliche Warten auf die Geburt eines Kindes, oder Enkelkindes, wenn die letzten Wochen und Tage bis zum Entbindungstermin dahinschleichen oder sogar noch länger gewartet werden muss, weil der neue Mensch sich zu seiner Zeit auf den Weg macht. · Oder auch das Warten darauf, dass die Therapie anschlägt und zur Heilung einer Krankheit führt Sicherlich fallen Ihnen noch viel mehr Situationen ein, in denen wir warten, darauf warten, dass sich in unserem Leben etwas tut, etwas zum besseren wandelt. Ich beobachte da bei mir häufig sogar eine Art Schreckstarre, bis der ersehnte Moment eintrifft, eine Starre, die mich daran hindert, überhaupt einer sinnvollen Tätigkeit nachzugehen, wo die Gedanken immer wieder um das selbe kreisen und mich lähmen. Als ob das Leben in einer Auszeit fest hängt und erst dann wieder weitergehen kann, wenn die Warterei zu Ende ist. Eine ähnliche Haltung finde ich im vierten Vers wieder, wenn es dort heißt: 4 Ich aber dachte, ich arbeitete vergeblich und verzehrte meine Kraft umsonst und unnütz, wiewohl mein Recht bei dem HERRN und mein Lohn bei meinem Gott ist. Das verstehe ich so: Eigentlich weiß ich ja, dass ich mich auf Gott und seine Verheißungen verlassen kann, aber trotzdem sehe ich überhaupt nicht, dass hier mal was vorwärts geht. Und diesen Unterschied zwischen Kopf und Herz, den kennen wir doch auch alle. Wir wissen es ja, all das ungeduldige Rennen zum Briefkasten lässt die Antwort keine Sekunde früher eintreffen, und wir wissen nach ein paar Tagen doch, wann genau der Briefträger kommt. So als könnte besonders ungeduldiges Warten die Zeit schneller vergehen lassen, wo es doch der Erfahrung nach eher umgekehrt ist. Es ist schon erstaunlich, was Warterei mit uns machen kann. Plötzlich wird ein zukünftiges Ereignis so wichtig und überragend, dass uns die Gegenwart flöten geht. Und alles, was wir tun, wird zur nutzlosen Beschäftigungstherapie entwertet. Das scheint demjenigen auch passiert zu sein, der hier aus 2500 Jahren Entfernung zu uns spricht. Er hat aber, wenn wir die Verse weiter verfolgen, irgendwann die Kurve gekriegt, es irgendwie geschafft, sich der Verheißung Gottes wieder neu bewusst zu werden. Vielleicht hat er innegehalten und genau geschaut, was sich eigentlich tut und doch Hinweise darauf gefunden, dass sich was zum besseren wendet. Vielleicht hat er sich auch davon tragen lassen, was andere Menschen ihm berichtet haben. Was genau seinen Stimmungswandel ausgelöst hat, können wir nicht wissen, klar ist nur: Es hat sich was geändert. Und zwar radikal, denn jetzt stellt sich die Verheißung Gottes noch größer dar, als sie ursprünglich war. 6 er spricht: Es ist zu wenig, dass du mein Knecht bist, die Stämme Jakobs aufzurichten und die Zerstreuten Israels wiederzubringen, sondern ich habe dich auch zum Licht der Heiden gemacht, dass du seist mein Heil bis an die Enden der Erde. Und so lesen sich diese Verse auch nicht mehr so wie von einem Pfeil der im Köcher vor sich hingammelt, sondern wie von einem mit aller Kraft einer Bogensehne hinausgeschossenen Pfeil, der sich mit durchschlagender Kraft seinem Ziel nähert. Derjenige, der die Verse verfasst hat, hat seine Gegenwart durch seine hoffnungsvolle Zukunft bestimmen und verändern lassen. Statt nutzlosen Beschäftigungsmaßnahmen sieht er sein Tun nun als sinnvoll an. Er lässt sich und sein Leben schon im Vorhinein von Gottes Zukunft beeinflussen und gestaltet seine Gegenwart bewusst. Das ist etwas, was wir aus diesen Versen lernen können, denn auch wir wissen es eigentlich - Paulus schreibt es -, dass wir uns darauf verlassen können, dass uns alle Dinge zum Besten dienen sollen, egal wann sie eintreffen. Gottes Weg mit uns fängt schon vor unserer Geburt an. Und mit der Taufe sind wir sichtbar in seinen Bund aufgenommen. Diese Verheißung müsste auch bei uns alle Lähmungserscheinungen auflösen und uns wieder fähig machen, zu leben. Wir können eigentlich auch unsere Zeit im Köcher besser ertragen, wenn wir sie als uns von Gott geschenkte Zeit ansehen, die uns zur Vorbereitung dient auf das, was uns verheißen ist: Ein Leben in seiner Gegenwart. Wenn Gottes Zukunft auch unsere Gegenwart bestimmt, dann zieht auch unser Leben nicht an uns vorbei, dann gleiten uns die Tage nicht durch die Finger, denn dann können wir ganz befreit und gelassen im Jetzt leben, während wir uns auf Gottes Zukunft freuen. Dieser Zustand ist keiner, den wir ein für alle Mal erreichen, sondern den wir uns immer wieder neu erkämpfen müssen. Das geschieht durch Gemeinschaft mit anderen Menschen, in der wir uns gegenseitig bestärken und von unserer Hoffnung erzählen. Das geschieht auch, indem wir darauf achten, wo Gott schon am Werk ist und die Welt zu seinem Ziel führt. Und das geschieht, indem wir mit Gott in Kontakt bleiben und ihn darum bitten, dass er uns die Augen für seine Zukunft öffnet. Schließen möchte ich mit einem Vers, der ebenfalls dem Propheten Jesaja zugeschrieben wird und sehr gut beschreibt, wie es ist, wenn Gottes Zukunft unsere Gegenwart bestimmt: Jesaja 40, 31 die auf den HERRN harren, kriegen neue Kraft, daß sie auffahren mit Flügeln wie Adler, daß sie laufen und nicht matt werden, daß sie wandeln und nicht müde werden Amen. (im Gottesdienst selbst habe ich allerdings verschiedene Dinge dann doch anders gesagt, als sie hier aufgeschrieben sind... In Zukunft würde ich gerne wieder Eure Ideen zum Text abrufen, wenn ich mit predigen dran bin, das finde ich sehr hilfreich!) Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
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