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Wo darf man glücklich sein...?


Gast Claudia

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Wendeverlierer? Na, da muss es ziemlich viele gegeben haben: praktischer jeder/jede der/die vom alten System profitierten. Sozusagen die 'Kriegsgewinnler' des real existierenden Sozialismus.

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Was den Lebensstandard in Russland betrifft: ich habe mal bei einem Projekt in Moskau mitgearbeitet und war darum einige Zeit dort, ist allerdings schon einige Jahre her. Was ich von dort mitgenommen haben: Moskau ist extrem teuer, selbst nach westlichem Standard. Billig war allerdings der Kaviar, den ich 'schwarz' kaufte. Aber der Rest, etwa mal essen gehen in ein Restaurant: das reisst schon tiefe Löcher ins Portemonnaie. Ich habe mich immer gewundert, wie das die Russen machen. Ich erinnere mich auch noch an einen Typen, der verdiente sein Geld mit Touristenporträts, die er auf der Straße malte - das war sein Nebenberuf, sein Hauptberuf: Universitätsprofessor! Wie gesagt: ist schon einige Jahre her, vielleicht haben sich die Verhältnisse gebessert.

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"Bildung und Erziehung zur Gemeinschaft, nicht zur Individualität und Egoismus. (Das ist wohlgemerkt das, was *die Gesellschaft* vermittelt, nicht das, was in den meisten Familien vermittelt wird)." (Claudia)

 

Nicht, dass ich das schlecht fände. Aber das sind doch alles ganz unbeweisbare Prinzipien. Eher schön zu sehen, dass auch Du so was kennst.

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Zitat von altersuender am 16:56 - 23.Dezember..2002

Wendeverlierer? Na, da muss es ziemlich viele gegeben haben: praktischer jeder/jede der/die vom alten System profitierten. Sozusagen die 'Kriegsgewinnler' des real existierenden Sozialismus.


 

Westliche Arroganz in ihrer schärfsten Ausprägung... wow!

 

Stimmt, die die profitiert haben, die hatten einen Job und eine persönliche Perspektive und konnten sich ab und zu mal was leisten. Die waren in einer wie-auch-immer-zu beurteilenden Gemeinschaft verwurzelt.

 

Sowas von privilegiert aber auch... und die jammern, daß sie das verloren haben! Gips ja wohl nich, die sollen dankbar sein, daß sie jetzt das Arbeitsamt  auf einer vernünftigen Straße erreichen können!

 

Nu hört´s aber auf!

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Zitat von Mecky am 17:50 - 23.Dezember..2002

"Bildung und Erziehung zur Gemeinschaft, nicht zur Individualität und Egoismus. (Das ist wohlgemerkt das, was *die Gesellschaft* vermittelt, nicht das, was in den meisten Familien vermittelt wird)." (Claudia)

 

Nicht, dass ich das schlecht fände. Aber das sind doch alles ganz unbeweisbare Prinzipien. Eher schön zu sehen, dass auch Du so was kennst.

 

Wie soll ich das jetzt verstehen?

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Lebe von diesem Geld mal einen Monat in einer russischen Provinzstadt. Meinetwegen auch von der doppelten Summe. Meine Güte, du hast ja nun überhaupt keine Ahnung.


 

Du solltest erst lesen, dann schreiben, lieber Hasenfuß. Ich habe nicht geschrieben, daß die Russen *gut leben* oder sowas. Ich habe lediglich geschrieben, daß man es nicht vergleichen kann, wenn man denselben Geldbetrag in zwei völlig unterschiedlichen Ländern gegeneinander setzt.

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Da mir zu lästig ist, in zwei Threads zu schreiben mit dem gleichen Thema, werde ich ab sofort nur noch bei den Gladiatoren zum Thema schreiben.

Viele Grüße

Charlene

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Zitat von Claudia am 14:55 - 24.Dezember..2002

Du solltest erst lesen, dann schreiben, lieber Hasenfuß. Ich habe nicht geschrieben, daß die Russen gut leben oder sowas. Ich habe lediglich geschrieben, daß man es nicht vergleichen kann, wenn man denselben Geldbetrag in zwei völlig unterschiedlichen Ländern gegeneinander setzt.

Du hattest behauptet, dein russischer Briefpartner habe von dem Rubel-Erlös deiner 10,- DM "genauso gut/schlecht leben (heißt: Miete bezahlen, sich kleiden, sich verpflegen)" können "wie ein Sozialhilfeempfänger hier". Mit andern Worten, du hast Charlenes Hinweis auf Einkommen- und Kaufkraftdifferenzen nicht akzeptiert und zur Begründung deinen Briefpartner angeführt.

 

Ich habe entgegnet, daß deine Vorstellung völlig irreal ist: Vom Gegenwert von 10,- DM und selbst 10,- € ist es heute (wobei ich nicht weiß, in welche inflationäre Lage du möglicherweise vor ein paar Jahren deine Märker geschickt hast) in Rußland völlig unmöglich, auch nur annähernd gemäß dem Lebensstandard eines deutschen Sozialhilfeempfängers zu leben. Vielmehr bedeutet ein solches Einkommen einen täglichen Kampf ums Dasein: vom Organisieren des täglichen Brots über das Nähen von Kleidung aus ebenso organisierten Stoffresten bis zum Kampf gegen den Frost im Winter, bei kaputten Fenstern, die niemand repariert, und lebensgefährlichen Heizungsanlagen. Von den täglichen Stromabschaltungen und dem stundenweise rationierten Wasser reden wir lieber nicht.

 

Oder werde bei solchem Einkommen mal krank. Die staatliche Absicherung gibt es nicht mehr. Private Versicherung können sich nur halbwegs Wohlhabende leisten. Rate mal, warum die durchschnittliche Lebenserwartung des Russen auf Mitte fünfzig abgesunken ist. Da geht es ums Überleben.

 

Vielleicht versuchst du mal, auf einem russischen Boulevard mit einem der verdorrten Mütterchen ins Gespräch zu kommen, die dir da welke Blumen entgegenstrecken und "kupitje, kupitje" in den eisigen Wind hauchen.

 

(Zur "Schuldfrage" nur eine Anmerkung: Es ist offensichtlich, daß diese katastrophale Lage - in Rußland unter Putin etwas verbessert, aber noch nicht nachhaltig auf breiter Front, erst recht nicht in der Ukraine - nicht direktes Erbe des Bolschewiken-Regimes ist, wenn dich das etwas beruhigt. Vielmehr sind nach dem Untergang dieses Regimes und seiner überaus maroden Wirtschaft die westlichen Privatisierungsgeier in das Land eingefallen und haben es gemeinsam mit ihren russischen Raubkumpanen vom Schlage Gajdar, Tschubais, Beresowskij und Datschenko gnadenlos ausgeplündert und verschachert. Aber das wäre eine andere Debatte.

 

P.S.: Wenn ich mich hierzulande umschaue, fürchte ich, daß wir bereits in demselben Abwärtsstrudel sind.)

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Diesmal gar nicht schlecht was Du geschrieben hast, Hasenfus. Nur das P.S. find ich negativ bemerkenswert wenn Du die Zustände dort so gut kennst. Dieser Vergleich hinkt nun wirklich.

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Liebe Claudia,

 

es hat ein wenig gedauert. Erstens wollte ich es erst etwas sacken lassen, zweitens hatte ich inzwischen zu wenig "Zeit am Stück". Ich möchte mich im Wesentlichen bei dieser Antwort auf die wirtschaftlichen Aspekte beziehen, zu den polititschen hat Charlene bereits im Demokratie-Thread ausführlich Stellung genommen und da schließe ich mich bequemlichkeitshalber an.

 

Dann schildere doch bitte einmal genauer, WAS genau davon dir erhaltenswert erscheint.  

 

Bildung und Erziehung zur Gemeinschaft, nicht zur Individualität und Egoismus. (Das ist wohlgemerkt das, was *die Gesellschaft* vermittelt, nicht das, was in den meisten Familien vermittelt wird). In der Marktwirtschaft setzt der Markt auch Maßstäbe und Werte (durch Werbung, die Schönheit, Reichtum und Konsum als das schlichtweg Erstrebenswerte vermittelt), das ist ohne gezielte Werbung nicht möglich.

 

Dazu hat Charlene bereits ausführlich geschrieben. Wenn die "Erziehung zur Gemeinschaft" wirklich gefruchtet hätte, dann sollte sie auch jetzt überdauern können. Kann sie das?

 

Höhere Bildung auleistungsmäßig). Das war keine wirklich höhere Bildungsreinrichtung mehr...

 

Meintest du "auch leistungsmäßig"? Würdest du die Bildung in DDR-Zeiten höher einschätzen? Dann aber passt der 2. Satz nicht. *rätsel*

 

Impfpflicht finde ich dann in Ordnung, wenn man unter Angabe triftiger Gründe auch Ausnahmen zulässt.

 

Stichwort Kinderbetreuung: Kindervollbetreuung halte ich tatsächlich für unbezahlbar. Damit meine ich nicht nur die finanzielle Seite. Durch Kindervollbetreuung werden bereits Kleinkinder ihrer Familie entfremdet. Eltern lernen es nicht, Eltern zu sein. Ganz hart gesprochen: Wer seine Kinder zur Vollzeitbetreuung abgeben will, sollte sich keine anschaffen. Klar hatte der DDR-Staat ein großes Interesse daran, genau dadurch die zukünftigen Staatsbürger frühzeitig beeinflussen zu können. Das ging hin bis zu dem Problem, dass Eltern Angst hatten, sich zu Hause frei zu äußern, weil sie davon ausgehen mussten, dass die Kinder darüber ausgefragt wurden.

 

Andererseits ist es selbstverständlich wichtig, dass Müttern, besonders auch alleinerziehenden, durch geeignete Betreuungsmöglichkeiten Freiräume verschafft werden. Und da liegt noch einiges im Argen, das stimmt. Familienförderung wird in unserem Staat lange noch nicht groß genug geschrieben.

 

Fürs Militärbudget ist ja auch immer dicke Geld da.  

 

Das ist falsch. Die Ausrüstung der Bundeswehr veraltet, weil nicht genügend Mittel einfließen. Du liest doch Zeitung?

 

Und gab es mal tatsächlich eine Nullrunde für unsere Volksvertreter im Bundestag? Abschaffung der Vermögenssetuer mußte sicher auch nicht sein. Diese 7 Mrd. würden´s tun mit der Kinderbetreuung, denke ich.  

 

Die Diätenerhöhungen von einer Handvoll Volksvertreter, umgelegt auf einige Millionen Kinder? Und die Vermögenssteuer ist in der Erhebung wahnsinnig aufwendig und auch investitionsfeindlich.

 

Ich weiß nicht, was wir gehabt haben sollen, was *der Normalbürger* nicht hatte. Nein, wir waren nicht privilegiert.

 

Ich hatte einen Onkel, der Direktor in einem kleinen Industriebetrieb war, der Elektroartikel herstellte. Die meisten wurden in den Westen exportiert und waren in der DDR kaum zu bekommen. Dieser Onkel durfte Geschäftsreisen in den Westen machen. Bei einer dieser Reisen besuchte er uns 1964(heimlich). Als er später in Rente war und und öfters zu Besuch war, brachte er meinen Kindern immer schönes Spielzeug mit. Nach der Wende, als auch meine Cousinen und Cousins herkamen, erzählten die uns etwas bitter, dass es fast alles davon nicht auf "normalem Weg" zu kaufen gegeben habe. So etwas gehört zu "privilegiert".

 

Die, die wegen der Wende jegliche Zukunftsperspektiven verloren haben und von einer minimalen Rente leben. So mit 45-450 Jahren aufwärts. Keinen Job, keine Aussicht drauf. Kein Geld. Nix mehr. Kinder am Ende auch noch weg. Man führt ein *sinnloses Leben* jetzt.

 

Ohne Wende hätten sie eine Perspektive gehabt, nicht wahr? Totale Verelendung in lauter Bruch. Nichts zu beißen, nichts anzuziehn. Aber Job und Geld. Mit dem man nix anfangen kann. Sehr sinnvoll. Claudia, die DDR war am ENDE! Da war nichts zu retten.

 

Tatsache ist, daß sehr viele Westdeutsche sich im Ausland vollkommen daneben benahmen und benehmen. Weil sie *das richtige* Geld haben und weil *das richtige geld* begehrt ist / war.

 

Einige mögen sich daneben benehmen. Längst nicht alle, noch nicht mal die meisten. Nur eigenartig aber, dass auch denen die sozialistischen Brüder den Speichel geleckt haben. Ich behaupte (aus eigener Erfahrung), dass alle Ostler wahnsinnig hinter Westgeld her waren. Trotz aller sozialistischen Erziehung.

 

Für Dich, für sehr viele / die meisten hier ist das selbstverständlich. Für die allermeisten Menschen auf der Welt ist es das nicht. Woran aber messen die meisten Deutschen, mißt DU, Deine Wünsche? Nicht etwa am Durchschnittsleben auf dieser Erde, sondern an dem, was DU für selbstverständlich hältst, für Dich. Du orientierst Dich mit Deinen Ansprüchen nach *oben* und schaust nicht zurück. Für Dich ist es völlig okay, daß diese Gesellschaft auf Kosten anderer Länder lebt. Du kannst ja eh nix dagegen tun. Willst Du aber auch nicht, oder?

 

Ich dachte, wir reden über die "Vorteile des DDR-Systems"? Und jetzt willst du gleich die Welt retten? DAMIT etwa?

 

Für mich steht nicht der *verdiente Konsum nach harter Arbeit* im Vordergrund, sondern eine gewisse soziale Absicherung, eine Gemeinschaftszugehörigkeit, soziale Wärme (im Gegensatz zur hier vorherrschenden - und zunehmenden! sozialen Kälte), ein WIR-Gefühl, nicht dieses *zuerst ICH! *-Bewußtsein.

 

Erzähl mir nicht, dass in der DDR mehr soziale Wärme herrschte (denk dabei doch auch an die vielen Stasi-Spitzeleien!). Die Leute waren stärker aufeinander angewiesen, wegen der von Charlene angesprochenen notwendigen Tauschwirtschaft, aber sonst? Wenn ich so meine Umgebung, also Freunde, Nachbarschaft, Kollegen, betrachte, dann kann ich von "zunehmender sozialer Kälte" absolut nichts spüren. Könnte es nicht eher sein, dass sich bei Euch da etwas tut? In dem Sinne, dass früher angebrachte Zweckgemeinschaften nun mangels echtem mitmenschlichen Interesse auseinanderbrechten?

 

Zumindest jammere ich nicht herum, daß die Beitragsbemessungsgrenze erhöht wird und uns monatlich 60 Euro kostet. Oder daß der Kiga-Beitrag so hoch ist. Oder daß das Essengeld teurer geworden ist.

 

Die BBG liegt in Neufünfland derzeit bei 3.750 €. Wenn's für dich jetzt teurer geworden ist, dann lagst du offensichtlich bisher drüber. Ist auch wenig Grund zum Jammern.

 

Dieses deutsche Gejammer geht mir mächtig auf die Ketten. Da ist kein *eigentlich geht es uns doch wirklich gut*, denn wir können uns viel leisten und investieren unser Geld in unsere Freizeit, sondern dann sowas wie der *Steuer-Song*... immer nur Gejammer.

 

Jetzt versteh ich die Welt nicht mehr: wolltest DU denn nicht die alten DDR-Verhältnisse verteidigen, weil jetzt so viel angeblich schlechter geworden ist? Oder hab ich das ganz falsch verstanden?

 

Du meinst, die Putzstellen, die dann meist GENAU diese Ausländer auch annehmen, weil sich kaum Deutsche für solche Jobs finden? Im Osten sieht das freilich anders aus. Da arbeitet eine deutsche Putzhilfe für 5€ die Stunde, bei meiner Freundin im Haus. Sie konnte sich auf ihre Anzeige hin zwischen 5 Bewerberinnen entscheiden.

 

Das ist ja auch ein Hungerlohn  (wir zahlen unserer 9 €). Du gehst doch hoffentlich nicht davon aus, dass alle aufgenommenen Ausländer sich auf Dauer mit Jobs zufrieden geben, die sonst keiner haben will?

 

oder bist du bereit, außer Steuern und Sozialversicherung weitere Abgaben hinzunehmen, um diese Wirtschaftsflüchtlinge, wenn sie denn nicht arbeiten dürfen (wegen oben), zu unterhalten, zu versorgen?

 

Ich BIN bereit, weitere Abgaben in Kauf zu nehmen. Um Kinderbetreuungssysteme zu finanzieren oder Altenheime aufzubessern oder Schulen. Oder allein Erziehende zu unterstützen. Ja, das bin ich.

 

Du weichst aus: es ging um die unbedingte Aufnahme aller Wirtschaftsflüchtlinge, zu deren Unterhalt du dich bereitfinden müsstest. Nicht um deine Bereitschaft für Kinderbetreuungssysteme.

 

Ich hab langsam den Eindruck, dass du wenig Ahnung davon hast, wie eine Wirtschaft funktioniert

 

Du vielleicht, wie sie funktionieren KÖNNTE? So mit´men bißchen mehr good will? Oder ist das zu *sozialistisch-blauäugig*?

 

Ich weiß, wie sie funktioniert, weil ich das studiert habe. So, wie du das möchtest, kann sie nicht funktionieren. Das hat nicht nur mit sozialistischer Blauäugigkeit zu tun sondern auch mit einer gewissen Unkenntnis volkswirtschaftlicher Zusammenhänge. Ich gehe gleich auf einige davon ein.

 

Und dann wundern sich viele, dass manche Westdeutschen meinen, man hätte den Osten am besten in Ruhe gelassen und abgewartet, wie weit er aus eigenen Kräften gekommen wäre.<  

 

Da wundern sich viele, zuunrecht, ja. Hätte man die vielen für die symbolische DM aufgekauften Betriebe damals tatsächlich *saniert* und nicht *geschlossen* und *vergessen, die Strafen dafür einzusammeln*, dann wäre dem Osten wesentlich mehr geholfen gewesen. Die Konsumbereitschaft war im Osten ja so hoch, daß man sich über den kostenlosen neuen Markt halb kaputt gefreut hat. Aber reinstecken... so dauerhaft... ich denk nur an meine Heimatstadt. Da gibt´s fast nix mehr an Arbeit. Über 20% Arbeitslosenquote. Fast alle Kultureinrichtungen zu. Kaum noch Kinder. Aber tolle neue Straßen.

 

Wenn man also diese unrentablen Betriebe (und das waren sie, sonst hätte kein Mensch sie geschlossen!) mit viel (West-)geld saniert hätte, dann hätten diese munter produziert und produziert und alle hätten ihre Arbeitsplätze behalten. Die nicht nachgefragten oder zu teuren Produkte hätte man ... ja was? Nein, Claudia. Eine Unternehmung ist sanierfähig (und es gab sehr viele Sanierungen!), wenn für die Zukunft zu erwarten ist, dass die Erträge die Aufwendungen zumindest decken. Wenn sichergestellt werden kann, dass das Unternehmen auch zahlungsfähig ist. Beachtet man das nicht, dann reißt man nicht nur das "sanierte" Unternehmen in den Ruin, sondern auch die Zulieferunternehmen, die dann ihr Geld nicht mehr bekommen und selbst zahlungsunfähig werden. Sanierung heißt soviel, wie gesund machen. Das kannst du aber nur, wenn das Unternehmen nicht unheilbar krank ist. Wo soll das Geld für die Mitarbeiter herkommen, wenn es nicht erwirtschaftet wird?

 

Bei uns in der Stadt macht derzeit ein Unternehmen Konkurs, das über 200 Mitarbeiter beschäftigt und eigentlich floriert. Warum? Kundenforderungen sind nicht eingegangen, Gewährleistungen für Zulieferer (die nicht mehr zur Verfügung standen) mussten übernommen werden. Folge: Zahlungsunfähigkeit ohne eigenes Verschulden. Und so würde es vielen ergehen, wenn man ohne Sinn und Verstand so gut wie alle Betriebe weiterarbeiten lässt, ohne auf Wirtschaftlichkeit zu achten.

 

Was erwartest Du von den Leuten, Ute?

 

Ich erwarte ein Minimum an Information, an Beschäftigung mit volks- und betriebswirtschaftlichen Grundlagen, bevor man Vorwürfe erhebt, die von keinerlei Sachkenntnis getrübt sind.

 

Aber viele, viele, viele... Wir selbst sind auch von denen besch... worden. Meine Eltern brauchten 8 Jahre, um ihre Schulden abzuzahlen, und das nur, weil mein Vater pendelt und so überhaupt noch Geld verdienen kann.

 

Ich kann den Fall deiner Eltern nicht beurteilen, aber wenn sie so lange für sowas brauchten, dann müssen sie sehr blauäugig gewesen sein. Und für reine Betrügereien gibt es Gerichte.

 

Mit 58 im Osten sind seine Chancen gleich null.

 

Das wären sie im Westen normalerweise auch.

 

Blöd auch, daß sie nicht in den Westen ziehen, und das alte Haus und de dazugehörigen Großvater einfach altes Haus und dazugehörigen Großvater sein lassen.  

 

Bitte keine Tränendrüsen-Argumente. Ich selbst bin vor 27 Jahren längs durch die Republik gezogen, weil ich dort, wo ich vorher wohnte, keine Stelle bekommen konnte. Da war ich 26 und nicht 58. Wer nicht mobil ist, sollte nicht jammern.

 

Erzähl mal denen, die ich als *Wendeverlierer* beschrieben habe, was von Freiheit und Selbstverantwortung. Aber Vorischt! Sie könnten rabiat werden! Und ich kann sie verstehen, ehrlich.

 

Genau darum bemühe ich mich ja gerade. Die "Verlierer", dich ich kenne, haben nach intensiven Diskussionen alle zugegeben, dass es ihnen besser geht als vorher. Nicht so gut, wie sie's gern hätten, aber besser als vorher.

 

Es wäre schön, wenn Du nicht nur auf die Äußerlichkeiten schauen würdest, Ute.

 

Ich schaue ja gerade auf die Hintergründe statt auf Vordergründiges, Claudia. Deshalb rede ich ja mit dir darüber.

 

Liebe Grüße

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Du hattest behauptet, dein russischer Briefpartner habe von dem Rubel-Erlös deiner 10,- DM "genauso gut/schlecht leben (heißt: Miete bezahlen, sich kleiden, sich verpflegen)" können "wie ein Sozialhilfeempfänger hier".

 

Da hast Du recht: das ist insofern falsch, als daß er sich dort bei weitem nicht all das kaufen kann, was ein Sozialhilfeempfänger hier kaufen kann, weil es das dort schlicht nicht zu kaufen gibt.

 

>Vielmehr bedeutet ein solches Einkommen einen täglichen Kampf ums Dasein: vom Organisieren des täglichen Brots über das Nähen von Kleidung aus ebenso organisierten Stoffresten bis zum Kampf gegen den Frost im Winter, bei kaputten Fenstern, die niemand repariert, und lebensgefährlichen Heizungsanlagen.<

 

Das scheint Dir für einen deutschen Sozialhilfeempfänger *völlig abwegig*? Wie viele Sozialhilfeempfänger kennst Du? Ich kenne mehrere, die einen ebensolchen Kampf ums Dasein führen, alleinerziehende Frauen, die mit ihren Kindern von der Stütze leben. *Kampf um´s Überleben* ist soooo fern davon wikrlich nicht... Vor allem in den *deutschen Slums*.

 

> Von den täglichen Stromabschaltungen und dem stundenweise rationierten Wasser reden wir lieber nicht.[<

 

Nö, müssen wir auch nicht.

 

>Oder werde bei solchem Einkommen mal krank. Die staatliche Absicherung gibt es nicht mehr.<

 

Das ist mir neu, aber ich lerne gern dazu. Das ist sicher etwas, was mit Deutschland nicht zu vergleichen ist. Obwohl auch hier eine gesundheitliche Abstufung herrscht, die einkommensbedingt ist. Kinder armer Leute werden signifikant häufiger krank als die reicher Leute, auch hier in dem Land, das sich eine umfassende Kindergesundheitsvorsorge durchaus leisten könnte.

 

Allerdings hat sich das ganze Thema an der Kaufkraft aufgehängt, oder?

 

Viele Grüße,

Claudia

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Zitat von Ute am 16:37 - 25.Dezember..2002

 

Da wundern sich viele, zuunrecht, ja. Hätte man die vielen für die symbolische DM aufgekauften Betriebe damals tatsächlich *saniert* und nicht *geschlossen* und *vergessen, die Strafen dafür einzusammeln*, dann wäre dem Osten wesentlich mehr geholfen gewesen. Die Konsumbereitschaft war im Osten ja so hoch, daß man sich über den kostenlosen neuen Markt halb kaputt gefreut hat. Aber reinstecken... so dauerhaft... ich denk nur an meine Heimatstadt. Da gibt´s fast nix mehr an Arbeit. Über 20% Arbeitslosenquote. Fast alle Kultureinrichtungen zu. Kaum noch Kinder. Aber tolle neue Straßen.

Wenn man also diese unrentablen Betriebe (und das waren sie, sonst hätte kein Mensch sie geschlossen!) mit viel (West-)geld saniert hätte, dann hätten diese munter produziert und produziert und alle hätten ihre Arbeitsplätze behalten. Die nicht nachgefragten oder zu teuren Produkte hätte man ... ja was? Nein, Claudia. Eine Unternehmung ist sanierfähig (und es gab sehr viele Sanierungen!), wenn für die Zukunft zu erwarten ist, dass die Erträge die Aufwendungen zumindest decken. Wenn sichergestellt werden kann, dass das Unternehmen auch zahlungsfähig ist. Beachtet man das nicht, dann reißt man nicht nur das "sanierte" Unternehmen in den Ruin, sondern auch die Zulieferunternehmen, die dann ihr Geld nicht mehr bekommen und selbst zahlungsunfähig werden. Sanierung heißt soviel, wie gesund machen. Das kannst du aber nur, wenn das Unternehmen nicht unheilbar krank ist. Wo soll das Geld für die Mitarbeiter herkommen, wenn es nicht erwirtschaftet wird?

Bei uns in der Stadt macht derzeit ein Unternehmen Konkurs, das über 200 Mitarbeiter beschäftigt und eigentlich floriert. Warum? Kundenforderungen sind nicht eingegangen, Gewährleistungen für Zulieferer (die nicht mehr zur Verfügung standen) mussten übernommen werden. Folge: Zahlungsunfähigkeit ohne eigenes Verschulden. Und so würde es vielen ergehen, wenn man ohne Sinn und Verstand so gut wie alle Betriebe weiterarbeiten lässt, ohne auf Wirtschaftlichkeit zu achten.

Ich pflichte dir in nicht wenigem bei, Ute, überzeugender schreibt jedoch Charlene, um ehrlich zu sein. Sie weiß im Gegensatz zu dir, wovon sie redet. Aus dir spricht beträchtliche Wessi-Arroganz, die die üblichen neoliberalen Floskeln wiederkäut, statt sich um Sachkenntnis zu bemühen. Und mit Sachkenntnis meine ich Kenntnis der Produktionsanlagen, nicht der Statistiken darüber aus FAZ, Financial Times oder Bremer Hansepostille.

 

Ganz klar: Claudia betet hier seitenweise das Lamento der in ihren Privilegien beschnittenen Zonen-Funktionärskaste herunter. Dem kann man aber nicht beikommen, indem man ebenso blasiert seinen eigenen Salm abläßt, wie du in obigem Zitat. Fakt ist, daß viele Zonen-Betriebe marode waren. Nicht alle, aber viele hätte man sanieren können.

 

Man hätte dazu aber nicht den Glaubenssatz vom Vorrang der Privatisierung aufstellen dürfen, sondern hätte solche Betriebe mittelfristig in Verwaltung der Treuhand belassen und mit langfristigen, zinsgünstigen und staatlich garantierten Krediten ausstatten müssen. Mit den entsprechenden Investitionen hätte man nicht nur die fraglichen Betriebe selber erhalten, sondern einen zuliefernden Mittelstand aufbauen helfen, dank niedriger Arbeitslosigkeit enorme Mittel für die Sozialversicherung gespart, damit zugleich die Lohnnebenkosten niedriger gehalten und so weitere private Investitionen gefördert, dank hoher Beschäftigung und umsatzstarker Industrie die öffentlichen Einnahmen massiv gesteigert und so Raum für weitere staatliche Investitionen erhalten.

 

In den Anfängen der Treuhand gab es zumindest interessante Ansätze in dieser Richtung. Mit Birgit Breuel war es damit vorbei, es wurde ausschließlich auf schnellstmögliche Privatisierung gesetzt. Die vorgeblichen Investoren waren allzuhäufig nichts als schlecht getarnte Spekulanten, die ausschlachteten, verscherbelten und sich davon machten. Davor soll man nicht die Augen verschließen.

 

Ein anderes Problem, das ich hier bloß am Rande noch erwähnt haben will, ist der "Umtausch" der Ostmark-Altschulden der Betriebe, die in Wahrheit völlig irreale Buchgelder aus Mittags hohlem Schädel waren. Damit hat man sogar manchen leistungsfähigen Betrieb ruiniert, dafür aber - so ein Zufall - ein paar notleidende West-Banken saniert. Na ja, saniert kaum - eher mit Nachschub an Spekulationsgeldern versorgt, die sie inzwischen wieder verzockt haben.


Zitat von Ute am 16:37 - 25.Dezember..2002

 

Bei uns in der Stadt macht derzeit ein Unternehmen Konkurs, das über 200 Mitarbeiter beschäftigt und eigentlich floriert. Warum? Kundenforderungen sind nicht eingegangen, Gewährleistungen für Zulieferer (die nicht mehr zur Verfügung standen) mussten übernommen werden. Folge: Zahlungsunfähigkeit ohne eigenes Verschulden. Und so würde es vielen ergehen, wenn man ohne Sinn und Verstand so gut wie alle Betriebe weiterarbeiten lässt, ohne auf Wirtschaftlichkeit zu achten.

Ja, solche Beispiele kenne ich auch diverse. Dein Wort von der "Wirtschaftlichkeit" ist der blanke Hohn. Nicht mangelnde Wirtschaftlichkeit ist bei solchen Konkursen das Problem (anders bei gewissen "Neu-Markt"-Firmen), sondern die Politik der Banken (wie einst bei der Treuhand): Man läßt manche Betriebe förmlich bei gefüllten Auftragsbüchern verhungern, indem man ihnen Überbrückungskredite bei vorrübergehenden Engpässen verweigert, etwa bei Projektverzögerungen, Zahlungsverzug von Gläubigern etc. Langfristig, ja mittelfristig schaden die Banken sich dabei sogar selber. Es geht aber oft bloß noch um kürzestfristige Erträge, um Bargeld in der Kasse, um die Rendite der Aktionäre im nächsten Jahr, denn der Vorstand will ja im Amt bleiben und seine Millionenbezüge weitergenießen. Tja. Wende in Sicht? Im Gegenteil. Basel II im Anzug.

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Zitat von Claudia am 17:02 - 25.Dezember..2002

... Das scheint Dir für einen deutschen Sozialhilfeempfänger völlig abwegig? Wie viele Sozialhilfeempfänger kennst Du? Ich kenne mehrere, die einen ebensolchen Kampf ums Dasein führen, alleinerziehende Frauen, die mit ihren Kindern von der Stütze leben. Kampf ums Überleben ist soooo fern davon wikrlich nicht ... Vor allem in den deutschen Slums.

... Obwohl auch hier eine gesundheitliche Abstufung herrscht, die einkommensbedingt ist. Kinder armer Leute werden signifikant häufiger krank als die reicher Leute, auch hier in dem Land, das sich eine umfassende Kindergesundheitsvorsorge durchaus leisten könnte.

Vielleicht ist dir oben mein P.S. aufgefallen: "Wenn ich mich hierzulande umschaue, fürchte ich, daß wir bereits in demselben Abwärtsstrudel sind"? Ich beschönige die Situation hierorts also keineswegs. Dennoch lebt nach wie vor der deutsche Arme weitaus besser als der russische, abgesehen davon, daß die Armutsquote in Rußland um ein Mehrfaches höher liegt.

 

Fazit: Ich habe deine unausgegorene Bemerkung über Rußland zu Recht kritisiert, du hast dich ein wenig beschwert und merkst inzwischen wohl, daß das ein Holzweg war. Also krieg dich wieder ein, und Schluß ist.

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Fazit: Ich habe deine unausgegorene Bemerkung über Rußland zu Recht kritisiert, du hast dich ein wenig beschwert und merkst inzwischen wohl, daß das ein Holzweg war. Also krieg dich wieder ein, und Schluß ist.

 

Teilweise hast Du recht, aber nicht vollständig.

 

Und ich krieg mich wieder ein, ich hoffe, Du schaffst das in dem Stammzellen-Thraed auch.

 

Grüße,

Claudia

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Zitat von Claudia am 18:37 - 25.Dezember..2002

Teilweise hast Du recht, aber nicht vollständig.

Hätte ich vollständig Recht, wäre ich der liebe Gott ... ;)

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Liebe Ute,

 

>es hat ein wenig gedauert. Erstens wollte ich es erst etwas sacken lassen, zweitens hatte ich inzwischen zu wenig "Zeit am Stück". Ich möchte mich im Wesentlichen bei dieser Antwort auf die wirtschaftlichen Aspekte beziehen, zu den polititschen hat Charlene bereits im Demokratie-Thread ausführlich Stellung genommen und da schließe ich mich bequemlichkeitshalber an.<

 

Geht mir auch so, mit der *wenig Zeit am Stück*, und damit es nicht zu lange dauert mit der Antwort, wird die halt Stückwerk. Ich hoffe, das merkt man nicht zu sehr.

 

Liebe Ute, ich glaube, wir sind hier langsam an dem Punkt, wo ich auch bei Dir gegen eine weiße Wand rede. Ich versuche, ein Lebensgefühl rüberzubringen, Du und Charlene beschränkt Euch auf für alle nachvollziehbare Fakten und Zahlen, und Charlene auf Theorien.

Das funktioniert nicht. Oder etwa so schlecht wie wenn Christen versuchen, mir ihr GlaubensGEFÜHL zu erklären.

 

Hast Du Dir mal meinen Buchtipp nahe gehen lassen?

 

>Dazu hat Charlene bereits ausführlich geschrieben. Wenn die "Erziehung zur Gemeinschaft" wirklich gefruchtet hätte, dann sollte sie auch jetzt überdauern können. Kann sie das?<

 

Sie kann es bei denen, die es bewußt schätzen und sich nicht von der Konsumflut überrollen lassen (können), ja. Natürlich nicht oder kaum bei denen, die in den Westen gegangen sind. Und auch nicht bei denen, die heute dort aufwachsen. Die kriegen nur noch die Reste mit. Aber an meiner Familie merke ich doch noch sehr deutlich, daß es ein VÖLLIG anderes Lebensgefühl mit völlig anderen Prioritäten ist.

 

Oder wie wertest Du die doch sehr deutliche OSTALGIE? Ist das ein Haufen von Millionen Spinnern oder Kranken? Warum sind nicht alle in den Westen gegangen und erfreuen sich an der Meinungsfreiheit und am Konsum?

 

WARUM, UTE? Weil nicht doch vielleicht noch was anderes da war?

 

Höhere Bildung auleistungsmäßig). Das war keine wirklich höhere Bildungsreinrichtung mehr...

 

>Meintest du "auch leistungsmäßig"? Würdest du die Bildung in DDR-Zeiten höher einschätzen? Dann aber passt der 2. Satz nicht. *rätsel*<

 

Es gibt immernoch ein Ost-West-Gefälle, was die Bildung und den Leistungsdruck angeht. Meine Mutter ( heute Grundschullehrerin) unterrichtet nach westdeutschem Standard heute in der 4. Klasse, was früher Stoff der 3. war. Mein Sohn, auch 3.Klasse, kann die Aufgaben, die meine Mutter in ihrer ostdeutschen 3. unterrichtet, teilweise überhaupt nicht lösen, weil der Stoff noch lange nicht behandelt wird. Das gibt auch seine Direktorin unumwunden zu, daß das Bildungsniveau in NRW deutlich unter dem Sachsen-Anhalts liegt.

 

>Impfpflicht finde ich dann in Ordnung, wenn man unter Angabe triftiger Gründe auch Ausnahmen zulässt.<

 

Man müßte sich einigen, was *triftige Gründe* sind. Allergierisiko, okay. *Überzeugung von Homöopathen* - nein.

 

>Stichwort Kinderbetreuung: Kindervollbetreuung halte ich tatsächlich für unbezahlbar. Damit meine ich nicht nur die finanzielle Seite. Durch Kindervollbetreuung werden bereits Kleinkinder ihrer Familie entfremdet. Eltern lernen es nicht, Eltern zu sein. Ganz hart gesprochen: Wer seine Kinder zur Vollzeitbetreuung abgeben will, sollte sich keine anschaffen.<

 

Ich gebe meine auch in Vollbetreuung, wenn sie es wollen. Ich war aber drei Jahre für jedes Kind zu Hause, was ich nur genießen konnte, weil ich weiß, daß es einmal aufhört. Ich finde es auch nicht gut (auch wenn man nicht sagen kann, daß in der DDR die Eltern keine richtigen Eltern waren, weil die Kinder fast alle in vollzeit weg waren), Kleinkinder ganztags abzugeben. Aber es ist okay, sie etwa ab zwei stundenweise bzw ab 3 halbtags unter Kinder kommen zu lassen. Mehr möchte ich auch nicht.

 

Fürs Militärbudget ist ja auch immer dicke Geld da.  

 

>Das ist falsch. Die Ausrüstung der Bundeswehr veraltet, weil nicht genügend Mittel einfließen. Du liest doch Zeitung?<

 

Schon, aber mir konnte auch keiner erklären, wieso Deutschland keine Berufsarmee ausreicht. Das würde Geld sparen.

 

>Die Diätenerhöhungen von einer Handvoll Volksvertreter, umgelegt auf einige Millionen Kinder? Und die Vermögenssteuer ist in der Erhebung wahnsinnig aufwendig und auch investitionsfeindlich.<

 

Auf Geld, was brach liegt, Steuern zu erheben, ist nicht investitionsfeindlich. zusätzliche Investitionen hat die Abschaffung der Vermögenssteuer jedenfalls nicht gebracht.

 

Die, die wegen der Wende jegliche Zukunftsperspektiven verloren haben und von einer minimalen Rente leben. So mit 45-450 Jahren aufwärts. Keinen Job, keine Aussicht drauf. Kein Geld. Nix mehr. Kinder am Ende auch noch weg. Man führt ein *sinnloses Leben* jetzt.

 

>Ohne Wende hätten sie eine Perspektive gehabt, nicht wahr? Totale Verelendung in lauter Bruch.<

 

Nein Ute, das stimmt so nicht. Jemand hatte vor der Wende einen Job als Abteilungsleiter, seine Ausbildung war anerkannt, er hatte ein ganz gutes Einkommen für damalige Verhältnisse, er war geachtet in der Gemeinschaft, aktiv in einer Kleingartensparte, sein kleines Glück hatte er in der Familie. Heute wird seine Ausbildung nicht mehr anerkannt, weil zu DDR-Zeiten absolviert, er hat keine Arbeit mehr und keine Chance drauf (altersbedingt), und die Frau ist psychisch ein Wrack, weil sie so ziemlich alles *abwickeln* mußte, was sie 30 jahre lang aufgebaut hatte.

 

>Nichts zu beißen, nichts anzuziehn. Aber Job und Geld. Mit dem man nix anfangen kann. Sehr sinnvoll. Claudia, die DDR war am ENDE! Da war nichts zu retten.<

 

AM ENDE ist Rumänien, Bulgarien, aber die DDR war es in dem Maße noch nicht. Man hätte einiges verändern können, hätte die Energie nutzen können, die zu Wendezeiten da war, mit Hilfe der vielen gelder des Westens hätte man AUFBAUEN können.

 

Ich schrieb von Wittenberg, meiner Heimatstadt. Was daraus geworden ist, ist kein Stück besser als was sonst gekommen wäre, im Gegenteil: es hätte mehr nicht verkommen können als unter der jetzigen CDU-Regierung.

 

>Einige mögen sich daneben benehmen. Längst nicht alle, noch nicht mal die meisten. Nur eigenartig aber, dass auch denen die sozialistischen Brüder den Speichel geleckt haben. Ich behaupte (aus eigener Erfahrung), dass alle Ostler wahnsinnig hinter Westgeld her waren. Trotz aller sozialistischen Erziehung.<

 

Teil der menschlichen Geldgeilheit. Ich sage nicht, daß wir dort automatisch die besseren Menschen waren. Und wenn ich mir die vielen westlichen Egoisten ansehe, ist es hier keineswegs menshclicher, im Gegenteil, jeder denkt nur noch an sich.

 

Für Dich, für sehr viele / die meisten hier ist das selbstverständlich. Für die allermeisten Menschen auf der Welt ist es das nicht. Woran aber messen die meisten Deutschen, mißt DU, Deine Wünsche? Nicht etwa am Durchschnittsleben auf dieser Erde, sondern an dem, was DU für selbstverständlich hältst, für Dich. Du orientierst Dich mit Deinen Ansprüchen nach *oben* und schaust nicht zurück. Für Dich ist es völlig okay, daß diese Gesellschaft auf Kosten anderer Länder lebt. Du kannst ja eh nix dagegen tun. Willst Du aber auch nicht, oder?

 

>Ich dachte, wir reden über die "Vorteile des DDR-Systems"? Und jetzt willst du gleich die Welt retten? DAMIT etwa?<

 

Ich wollte Dir deutlich machen, wieso ich nicht jubiliere, wenn ich an die Wende denke. Warum man von mir keine uneingeschränkte Dankbarkeit erwarten kann. Warum ich mich hier immernoch oft unwohl fühle.

 

>Erzähl mir nicht, dass in der DDR mehr soziale Wärme herrschte (denk dabei doch auch an die vielen Stasi-Spitzeleien!).<

 

DOCH, das erzähle ich Dir. Aber siehe oben: ich rede gegen eine Wand. Wer es nicht erlebt hat, kann es nicht verstehen.

 

>Die Leute waren stärker aufeinander angewiesen, wegen der von Charlene angesprochenen notwendigen Tauschwirtschaft, aber sonst?<

 

Ja, das war einer der Gründe. Ein anderer war, daß es keinen so extremen Unterschied im Grad des Wohlstandes gab. Not schweißt zusammen, Ute, wobei jeder seine eigene Definition von NOT hat. Daß ich keine exotischen Früchte essen konnte, wann ich wollte, gehört definitiv nicht dazu.

 

Hier und heute denkt fast jeder nur noch an sich. Da man eine gewisse soziale Absicherung hat, bracuht man die anderen nicht mehr zwingend. Jeder muß ja sehen, wo er bleibt. Wenn die Diskussionen über eine Reform der sozialen Sicherungssysteme losgehen, wird mir jedesmal schlecht.

 

>Wenn ich so meine Umgebung, also Freunde, Nachbarschaft, Kollegen, betrachte, dann kann ich von "zunehmender sozialer Kälte" absolut nichts spüren.<

 

Ich schon. Als *Freunde* bezeichne ich die, die angesichts eines sehr guten Einkommens über Steuererhöhungen jammern, nicht. Und derer gibt es genug, das sag ich Dir.

 

Und was sich hinter dem vielgelobten Wort *Eigenverantwortung* verbirgt, ist auch klar: jeder soll sehen, wo er bleibt. Verdienst Du gut, kannst Du Dich auch gut absichern. Erzähl mal denen, mit denen ich meine Umschulung mache, was von Zusatzrente. Oder privater Krankenzusatzversicherung. Alles, was über die Grundsicherung hinausgeht, ist eine zusätzliche finanzielle Belastung.

Als sich neulich eine allein Erziehende beim Jugendamt über die um 30% (!

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@ute: respekt für deine ausführliche, geduldige und kompetente ausführungen.

 

 


Zitat von Claudia am 19:26 - 25.Dezember..2002

 

Schon, aber mir konnte auch keiner erklären, wieso Deutschland keine Berufsarmee ausreicht. Das würde Geld sparen.

 


 

meines wissens geht es darum, nicht noch einmal einen "staat im staate" in deutschland zuzulassen. berufsarmeen führen leichter ein eigenleben, als "bürger in uniform". die philosophie der bundeswehr ist es, dass staatsbürger einen wehrdienst leisten und nicht söldner.

p.s.: ich hab den kriegstdienst verweigert.

 

schöne grüße, jes

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Also Kriegsdienst habe ich auch nicht gemacht, @jes. Denn es wäre schlimm, wenn es in unserm demokratischen Staat einen Dienst am Krieg gäbe. So lange die Aufgabe der Bundeswehr die Landesverteidigung ist, ist die allgemeine Wehrpflicht in Ordnung. Wenn jetzt aber der Zweck der Armee umdefiniert werden soll in "friedenssichernde Betätigung" ist imho die Wehrpflicht zu überdenken. Unter dieser Voraussetzung hätte ich zumindest keinen Wehrdienst geleistet.

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Zitat von Benedikt am 19:48 - 25.Dezember..2002

Also Kriegsdienst habe ich auch nicht gemacht, @jes. Denn es wäre schlimm, wenn es in unserm demokratischen Staat einen Dienst am Krieg gäbe. So lange die Aufgabe der Bundeswehr die Landesverteidigung ist, ist die allgemeine Wehrpflicht in Ordnung. Wenn jetzt aber der Zweck der Armee umdefiniert werden soll in "friedenssichernde Betätigung" ist imho die Wehrpflicht zu überdenken. Unter dieser Voraussetzung hätte ich zumindest keinen Wehrdienst geleistet.


 

ja, finde ich auch, benedikt, die bundeswehr muss überdacht werden.

ich wollte nur dokumentieren, dass ich "eigentlich" kein wehrdienstbefürworter bin.

wenn aber schon bundeswehr, dann doch nach dem beispiel der bundesrepublik deutschland. ich finde dieses system nachahmenswert. eine berufsarmee zu fordern halte ich für kurzsichtig und politisch unklug. finanzielle erwägunen dürfen nicht überall an erster stelle stehen.

 

@hasenfus: mach doch einen extra-thread zu deinem thema auf. am besten, du unterfütterst ihn mit ein paar infos, sonst wird es nur gelaber.

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Zitat von jes am 10:03 - 26.Dezember..2002

 

@hasenfus: mach doch einen extra-thread zu deinem thema auf. am besten, du unterfütterst ihn mit ein paar infos, sonst wird es nur gelaber.

Hä?

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Zitat von Hasenfus am 19:52 - 25.Dezember..2002

Die Bundeswehr hat doch schon mindestens einen echten Angriffskrieg geführt: gegen Serbien.


 

ich meinte diese deine ausführung.

 

schöne grüße, jes

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Zitat von jes am 18:14 - 26.Dezember..2002


Zitat von Hasenfus am 19:52 - 25.Dezember..2002

Die Bundeswehr hat doch schon mindestens einen echten Angriffskrieg geführt: gegen Serbien.


 

ich meinte diese deine ausführung.

 

schöne grüße, jes

Das war nur eine Seitenbemerkung zu eurer Abschweifung. Die Fakten sind ziemlich klar. Wenn du weiter drüber reden willst, dann eröffne du das neue Thema.
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