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Wäre die Kirche schon lange untergegangen


Mariamante

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Ein kleines Zwischenfazit aus der Diskussion:

 

Wenn ein Gläubiger eine Spekulation, eine Hypothese, eine Vermutung äußert, dann reicht häufig ein "Ich glaube daran" um diese Behauptung als gegeben zu akzeptieren. Wenn ein Skeptiker eine Behauptung aufstellt, wird diese mit einer Akribie zerlegt, kritisiert, bestritten, verurteilt, die, würde man sie auf die Grundlagen des Glaubens anwenden, nie dazu hätten führen können, überhaupt mit dem Glauben anzufangen. Man glaubt ja nicht aus rationalen Gründen, sondern aus emotionalen, und die Rationalität ist "rückwärts gerichtet" nur darauf ausgelegt, seine Position im Nachhinein zu rechtfertigen.

 

Denn die erstaunliche Behauptung, Jesus sei auferstanden, und darauf sei die Kirche gegründet worden, müsste, wenn sie wahr wäre, leicht zu beweisen sein. Das ist sie aber nicht - falsche Vermutungen lassen sich meist auch nur sehr schwer beweisen. Also verlegt man sich darauf, die Argumente der Kritiker abzuwehren - natürlich selten, in dem man mit Gegenbeweisen kommt, meist reduziert sich die Kritik auf ein "Das glaube ich nicht!".

 

Nun gibt es durchaus einige auch hier schon genannte Argumente, die für eine Auferstehung sprechen. Nur, reichen sie aus, die Auferstehung auch plausibel zu machen? Dazu müssten - auf einem rationalen Level - die Argumente dafür erheblich stärker sein als die Argumente dagegen. Erheblich deswegen, weil außergewöhnliche Behauptungen auch außergewöhnliche Beweise erfordern. So mag man jemanden aufgrund seines Wortes glauben, dass er eine Ziege im Garten hat, würde er aber behaupten, dass er ein Einhorn in seinem Garten hat, dann würde man nicht einmal ein Foto oder Videofilm als Beweis akzeptieren.

 

D. h., alles, was ein Skeptiker tun muss, um die Behauptung, dass Jesus auferstanden ist, zurückzuweisen, ist es, zu zeigen, dass die Auferstehung unplausibel ist und dass es andere, wahrscheinlichere, Möglichkeiten gibt. Man muss nicht einmal beweisen, dass sie wahr sind, man muss nur zeigen, dass es möglich ist. Für ein Einhorn im Garten würde ich ein Foto nicht akzeptieren, weil ich weiß, dass man solche Fotos in Photoshop leicht selbst machen kann. Ich muss nicht beweisen, dass dies tatsächlich der Fall war, mir reicht es, zu wissen, dass es möglich ist. Ich weiß auch, dass Menschen Legenden bilden, lügen, betrügen, schwindeln, übertreiben etc. Ich weiß auch, dass Menschen ihr Leben für falsche Ideen opfern (9/11).

 

Ich weiß noch etwas: Menschen sind notorisch schlecht darin, Lügen zu erkennen. Eine groß angelegte Untersuchung einer psychologischen Universität hat gezeigt, dass die durchschnittliche Fähigkeit, einen Lügner zu enttarnen, bei 53% liegt - das ist nicht viel besser, als eine Münze zu werfen. Man weiß daher auch, dass der Lügner im Vorteil ist - denn die Fähigkeit, zu erkennen, wann jemand den Verdacht hat, er würde belogen, kann mit viel größerer Sicherheit erkannt werden. Man weiß auch, dass viele Leute Legenden glauben, wenn es darum geht, Lügner zu enttarnen.

 

Wer glaubt z. B. nicht, dass einem ein Lügner nicht in die Augen sieht, wenn er lügt? Viele Menschen glauben das, und es ist völlig falsch. Es ist fast umgekehrt: Wer lügt, sieht dem anderen dabei meist in die Augen. Das ist eine empirische Tatsache! Kleine Kinder, die noch nicht gelernt haben, zu lügen, die sehen dabei weg. Ein Erwachsener weiß das naürlich, und speziell professionelle Lügner sehen bei ihren Lügen dem Opfer immer in die Augen, prinzipiell.

 

Kurz, Lügen setzen sich oft genug durch. Sie sind umso wahrscheinlicher, je geringer die Wahrscheinlichkeit ist, bei einem Schwindel erwischt zu werden. Selbst wenn man die frühestmögliche Datierung der Evangelien nimmt: Ein geschickter Schwindler wäre immer damit durchgekommen, weil alle Evidenzen vernichtet waren. Dabei nehme ich nicht an, dass die Evangelisten Schwindler waren, aber sie waren äußerst kunstvolle, begabte Geschichtenerzähler. Man kann bei Markus Konstruktionsmerkmale einer Geschichte erkennen, die heute allenfalls noch wenige Bestseller-Autoren beherrschen. Ein Beispiel dafür ist Dan Brown, der ironischerweise dieselben Methoden in Sakrileg benutzt wie die Evangelisten - eine Mischung aus historischen Tatsachen, plausiblen Erfindungen, raffinierten Konstruktionen, und der damit seine Leser völlig einlullt, weil alles durchaus glaubwürdig erscheint, auch, wenn es erfunden ist und sehr unwahrscheinlich. Man erkennt ihn trotzdem daran, weil er ein paar Fehler gemacht hat. Bei den Evangelisten bemüht man sich nun, diese Fehler wegzuleugnen, wo es nur geht. Warum bringt man Dan Brown ein größeres Misstrauen entgegen als den Evangelisten?

 

Ganz einfach: Bei den Evangelien möchte man, dass sie wahr sind. Bei Dan Brown möchte man das nicht.

 

Mein Vorgehen ist anders, ich zweifle an beiden, mit denselben Methoden, weil mich nicht interessiert, was ich gerne für wahr halten möchte: Mich interessiert nur, was wahrscheinlicher ist. Was letztlich wahr ist, weiß ich auch nicht - aber das weiß keiner von uns, keiner ist damit in einer privilegierten Position. Um herauszufinden, was wahrscheinlich wahrer ist, muss man eine gewisse emotionale Distanz haben, ein Interesse an der Wahrheit, das wichtiger ist als das Interesse daran, es möge wahr sein, was man für wahr hält. Hat man dies nicht - und das zeigen viele Untersuchungen - dann erhöht man damit die Wahrscheinlichkeit, auf einen Schwindel hereinzufallen. Genaugenommen wird man dieses Muster bei fast jedem Schwindler finden, der seine Opfer ausnimmt.

 

Wobei die Evangelien so etwas wie ein kollektiver Schwindel sind, also die Bildung einer Legende, und nicht ein einmaliger Betrug. Aber die Prinzipien sind gleich, nur sind es bei der Legende viele kleine Übetreibungen, Lügen, falsche Erinnerungen etc., die sich aufsummieren, und nicht wie beim Schwindel, der eine große Betrug.

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Wobei die Evangelien so etwas wie ein kollektiver Schwindel sind, also die Bildung einer Legende, und nicht ein einmaliger Betrug.
Ich verleihe Dir hiermit den offiziellen Tiitel "Lügenbaron von mykath.de"
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Was die Synogogen anbetrifft Volker

 

Synagoge: Bejt Knesset, Versammlungshaus; Nach der Zerstörung des Ersten Tempels entwickelten sich Versammlungshäuser, wo man zusammenkam, gemeinsam betete und Torah studierte; nach der Zerstörung des Zweiten Tempels entwickelte sich die Synagoge weiter zum allgemeinen Zentrum der Gemeinde. Sie ist nicht als Ersatz für den Tempel gedacht, denn in ihr befindet sich kein Altar sondern nur ein Lesepult auf der(Bima) und in ihr dürfen keine Opfer gebracht werden. Da in der Synagoge viel gelehrt und gelernt wird, bekam sie im aschkenasischen Judentum auch den Namen Schul. "Die räumliche Gestaltung einer Synagoge" Buchtipp: "Die Synagoge"

 

Schöne Grüße

jenny

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(...)

Denn die erstaunliche Behauptung, Jesus sei auferstanden, und darauf sei die Kirche gegründet worden, müsste, wenn sie wahr wäre, leicht zu beweisen sein. Das ist sie aber nicht - falsche Vermutungen lassen sich meist auch nur sehr schwer beweisen. Also verlegt man sich darauf, die Argumente der Kritiker abzuwehren - natürlich selten, in dem man mit Gegenbeweisen kommt, meist reduziert sich die Kritik auf ein "Das glaube ich nicht!".

Warum müßte die Echtheit der Auferstehung zwingend beweißbar sein?

Das wäre nur möglich, wenn mit der Auferstehung zwingend ein Umstand verbunden wäre, der bis heute wiederum zwingend auf die Echtheit der Auferstehung hinweißen würde?

Wie sollte dieser Umstand denn aussehen?

 

Nun gibt es durchaus einige auch hier schon genannte Argumente, die für eine Auferstehung sprechen. Nur, reichen sie aus, die Auferstehung auch plausibel zu machen? Dazu müssten - auf einem rationalen Level - die Argumente dafür erheblich stärker sein als die Argumente dagegen. Erheblich deswegen, weil außergewöhnliche Behauptungen auch außergewöhnliche Beweise erfordern.

Die Frage ist die, ob ein wirklich theoriefreier und neutraler Mensch, anhand dessen was wir wissen, zu einem objektiven Schluß gelangen könnte?

Nun gibt es keine wirkliche Theoriefreiheit und Neutralität und daher auch keine objektive Bewertung.

Außerdem geht es nicht darum, daß man den Glauben jedem als die wahrscheinlichste Interpretation vermittelt, sondern um eine Gemeinschaft von Gläubigen, die die Geschichte in einem ähnlichen Sinne interpretieren.

Mit welchem Recht will man diese nun dazu nötigen, daß sie gefälligst nur das zu glauben haben, was andere für plausibler halten?

 

So mag man jemanden aufgrund seines Wortes glauben, dass er eine Ziege im Garten hat, würde er aber behaupten, dass er ein Einhorn in seinem Garten hat, dann würde man nicht einmal ein Foto oder Videofilm als Beweis akzeptieren.

Ich denke mit entsprechend guten Filmmaterial würden bereits die ersten anfangen an die Existenz von Einhörner zu glauben.

 

D. h., alles, was ein Skeptiker tun muss, um die Behauptung, dass Jesus auferstanden ist, zurückzuweisen, ist es, zu zeigen, dass die Auferstehung unplausibel ist und dass es andere, wahrscheinlichere, Möglichkeiten gibt. Man muss nicht einmal beweisen, dass sie wahr sind, man muss nur zeigen, dass es möglich ist.

Der Skeptiker kann damit dem Skeptiker gegenüber seine Position plausibler machen.

Damit kann er vielleicht auch verhindern, daß ein Skeptiker doch anfängt an Jesus zu glauben oder ein Zweifler kann dazu gebracht werden, daß er gar nicht mehr an Jesus glaubt - mehr kann man damit nicht erreichen.

 

(...)

Kurz, Lügen setzen sich oft genug durch. Sie sind umso wahrscheinlicher, je geringer die Wahrscheinlichkeit ist, bei einem Schwindel erwischt zu werden. Selbst wenn man die frühestmögliche Datierung der Evangelien nimmt: Ein geschickter Schwindler wäre immer damit durchgekommen, weil alle Evidenzen vernichtet waren. Dabei nehme ich nicht an, dass die Evangelisten Schwindler waren, aber sie waren äußerst kunstvolle, begabte Geschichtenerzähler. Man kann bei Markus Konstruktionsmerkmale einer Geschichte erkennen, die heute allenfalls noch wenige Bestseller-Autoren beherrschen. Ein Beispiel dafür ist Dan Brown, der ironischerweise dieselben Methoden in Sakrileg benutzt wie die Evangelisten - eine Mischung aus historischen Tatsachen, plausiblen Erfindungen, raffinierten Konstruktionen, und der damit seine Leser völlig einlullt, weil alles durchaus glaubwürdig erscheint, auch, wenn es erfunden ist und sehr unwahrscheinlich. Man erkennt ihn trotzdem daran, weil er ein paar Fehler gemacht hat. Bei den Evangelisten bemüht man sich nun, diese Fehler wegzuleugnen, wo es nur geht. Warum bringt man Dan Brown ein größeres Misstrauen entgegen als den Evangelisten?

Wo liegen denn die Fehler bei den Evangelisten?

Das Problem ist doch, daß das was du als Fehler bezeichnest im allgemeinen nur Dinge sind, die du nicht für plausibel hältst.

Oder es sind Nebensächlichkeiten, die nun einmal darauß resultieren, daß man die Ereignisse zunächst mündlich weitergab und erst später niederschrieb etc..

Oder du irrst dich einfach nur, wie bezüglich Justin.

 

Ganz einfach: Bei den Evangelien möchte man, dass sie wahr sind. Bei Dan Brown möchte man das nicht.

Einige möchten auch, daß sie unwahr sind und entsprechend argumentieren sie dann eben.

 

Mein Vorgehen ist anders, ich zweifle an beiden, mit denselben Methoden, weil mich nicht interessiert, was ich gerne für wahr halten möchte: Mich interessiert nur, was wahrscheinlicher ist.

Ich halte es für hochgradig unwahrscheinlich, daß du dich nur für das interessierst, was du für wahrscheinlicher hältst - oder besser, du hältst das für wahrscheinlicher, wovon du überzeugt bist.

Und noch eine letzte Variante: Du gibst die Wahrscheinlichkeit einer Sache eben da als Argument für eine Sache an, wo du glaubst, daß die Wahrscheinlichkeit für dich spricht.

 

Was letztlich wahr ist, weiß ich auch nicht - aber das weiß keiner von uns, keiner ist damit in einer privilegierten Position. Um herauszufinden, was wahrscheinlich wahrer ist, muss man eine gewisse emotionale Distanz haben, ein Interesse an der Wahrheit, das wichtiger ist als das Interesse daran, es möge wahr sein, was man für wahr hält. Hat man dies nicht - und das zeigen viele Untersuchungen - dann erhöht man damit die Wahrscheinlichkeit, auf einen Schwindel hereinzufallen. Genaugenommen wird man dieses Muster bei fast jedem Schwindler finden, der seine Opfer ausnimmt.

Es interessiert mich nicht was Person X für wahrscheinlicher hält.

Ich habe (wie jeder andere Mensch auch) Gründe für meine Überzeugungen und ich bin mündig genug, daß ich mir keine Denkvorschriften aufzwängen lasse und ich bin niemanden Rechenschaft für meine Überzeugungen schuldig.

 

Wobei die Evangelien so etwas wie ein kollektiver Schwindel sind, also die Bildung einer Legende, und nicht ein einmaliger Betrug. Aber die Prinzipien sind gleich, nur sind es bei der Legende viele kleine Übetreibungen, Lügen, falsche Erinnerungen etc., die sich aufsummieren, und nicht wie beim Schwindel, der eine große Betrug.

Für die Kreationisten ist die Evolutionstheorie ein kollektiver Schwindel.

Für einige Atheisten sind die Evangelien ein kollektiver Schwindel.

Beide sind im Besitz der Wahrheit - so scheint es.

Zuerst einmal einräumen, daß man selbst nicht im Besitz der Wahrheit ist, dann aber möglichst sachlich darauf hinweißen, daß die Gruppe der Andersdenkenden sich kollektiv beschwindelt. <_<

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Man kann bei Markus Konstruktionsmerkmale einer Geschichte erkennen, die heute allenfalls noch wenige Bestseller-Autoren beherrschen. Ein Beispiel dafür ist Dan Brown, der ironischerweise dieselben Methoden in Sakrileg benutzt wie die Evangelisten - eine Mischung aus historischen Tatsachen, plausiblen Erfindungen, raffinierten Konstruktionen, und der damit seine Leser völlig einlullt, weil alles durchaus glaubwürdig erscheint, auch, wenn es erfunden ist und sehr unwahrscheinlich. Man erkennt ihn trotzdem daran, weil er ein paar Fehler gemacht hat. Bei den Evangelisten bemüht man sich nun, diese Fehler wegzuleugnen, wo es nur geht. Warum bringt man Dan Brown ein größeres Misstrauen entgegen als den Evangelisten?

 

Das kann doch wohl nicht wahr sein! Siehst Du nicht den Anachronismus in Deiner Argumentation? Die literarischen Techniken z.B. von Dan Brown gab es zur Zeit Jesu gar nicht, sie wären den ersten Christen völlig wesensfremd gewesen.

 

Du versetzt Motivationen und kulturelle Vorstellungen aus unserer Zeit einfach in die Zeit Jesu. Mehr als eine Art kulturhistorischer Erich von Däniken kommt dabei allerdings nicht heraus.

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Nun gibt es durchaus einige auch hier schon genannte Argumente, die für eine Auferstehung sprechen. Nur, reichen sie aus, die Auferstehung auch plausibel zu machen? Dazu müssten - auf einem rationalen Level - die Argumente dafür erheblich stärker sein als die Argumente dagegen. Erheblich deswegen, weil außergewöhnliche Behauptungen auch außergewöhnliche Beweise erfordern. So mag man jemanden aufgrund seines Wortes glauben, dass er eine Ziege im Garten hat, würde er aber behaupten, dass er ein Einhorn in seinem Garten hat, dann würde man nicht einmal ein Foto oder Videofilm als Beweis akzeptieren.

 

Die Auferstehung als solche kann natürlich nicht bewiesen werden. Dafür aber, dass die Apostel ein unerwartetes, traumatisierendes und ihr ganzes weiteres Leben prägendes Auferstehungserlebnis hatten, reicht mir als Beweis, dass sie sich dafür ohne zu zögern haben hinrichten lassen.

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Ich habe heute noch mal in meinem Buch mit den Apokryphen geblättert. Dabei gab es folgende Ergebnisse:

 

1. Die "Didache" ist eine Art Katechismus oder Kirchenordnung. Sie bezieht sich einerseits auf die Existenz von Wanderpredigern, für deren Verhalten sie detailierte Regeln angibt, kennt aber noch nicht die fest Institution von Bischöfen. Das spricht für ein frühes Verfassungsdatum. Sie enthält aber auch deutliche Bezüge zu Textstellen aus den Evangelien und den Paulusbriefen. Diese waren also zur Zeit dder Wanderprediger offensichtlich bekanntes Allgemeingut.

 

2. Der "Clemensbrief" greift in einen internen Lehrstreit der Korinther Gemeinde ein und entscheidet ihn (in Form einer brüderlichen Zurechtweisung). Der Clemensbrief stammt vom Ende des ersten Jahrhunderts, und blickt dabei auf die früheren Streitigkeiten in Korinth und den Korintherbrief des Paulus zurück. Ausdrücklich wird auf die Einsetzung der Gemeindeleiter durch die Apostel und die daraus resultierende Autorität hingewiesen. Das Amtsverständnis hat sich also seit der Zeit der Wanderprediger schon weiterentwickelt.

 

3. Der Brief des Ignatius von Antiochien an die Gemeinde in Rom kündigt seine Ankunft als Gefangener an. Ingnatius war Bischof von Antiochien wurde unter Trajan (97-117) hingerichtet. Ignatius geht von der Existenz unabhängig voneinander organisierter Kirchenbezirke aus, unter denen dem römischen Bezirk ein nichtdefinierte Art von Vorrangstellung zukommt. Er berichtet davon, dass er auf den verschiedenen Stationen seine Reise als Gefangener von ortsansässigen Christen besucht wurde, und seinen Brief den Christen aus Ephesus zur Weiterbeförderung anvertraut hat.

 

Es gab also offensichtlich um die Jahrhundertwende ein funktionierendes Netzwerk unter den Gemeinden, ein Entwickeltes Amtsverständnis und einen Kreis von Schriften, die allgemein kursierten und als Basis der Rechtgläubigkeit dienten.

 

4. Es gibt tatsächlich eine ganze Reihe von Fälschungsversuchen: Das Kinheitsevangelium des Thomas, das Petrusevangelium, der Briefwechsel zwischen Paulus und Seneca, Der Briefwechsels zwischen Abgar und Jesus, usw. Diese Fälschungen sind dermaßen durchsichtig, unstimmig und inhaltlich flach, dass überhaupt kein Vergleich zu den kanonisierten Schriften möglich ist. Die Art, Texte genau in historische und stilistische Zusammenhänge hineinzumontieren und glaubwürdige Protagonisten zu entwerfen gab es damals einfach noch nicht. Das lag natürlich auch daran, dass es einfach nicht so viele Infomationsmöglichkeiten gab. Wo sollte man detailierte und genaue Informationen über entlegene Zeiten, Kulturen und Regionen denn auch herkriegen? Aus dem Internet? Dan Brown ist eben ein Produkt des 20. Jahrhunderts.

 

 

 

Nehmen wir einmal an, Volker hätte recht, und das gesamte Neue Testament wäre erst um das Jahr 150 verfasst worden:

Dann wären von einer Reihe unabhängiger Quellen dutzende von Texten verfasst worden, die fiktive Autoren und fiktive Zielgruppen gehabt hätten, die sich detailliert und miteinander verflochten auf einen fiktiven historischen Ablauf bezogen hätten, in dem sich sehr komplexe und unterschiedliche Fragestellungen (Konflikt Judenchristen-Heidenchristen; Amtsverständnis; kirchliche Organisation; Stellungnahme zur Gnosis) unabhängig voneinander entwickeln. Diese These kann man mit großer Berechtigun als außerordentlich unwahrscheinlich zurückweisen.

 

Volker hat auch immer noch nicht beantwortet, warum denn dann um das Jahr 150, in dem die Judenchristen rein zahlenmäßig keine große Rolle mehr spielten, und nach dem Bar-Kochba Aufstand ja auch überhaupt keine geordnete jüdische Gemeinschaft mehr bestand, die bewusste Anknüpfung an jüdische Traditionen eine so dermaßen große Rolle bei der "Erfindung" der Evangelien und Teilen der Briefe gespielt haben soll.

 

Und er ignoriert, dass um diese Zeit schon die nächste Epoche der Kirchengeschichte begann, nämlich die Auseinandersetzung um Christologie und Trinität. Diese Diskussion setzt nämlich die Evangelien und ihre genaue Kenntnis und Akzeptanz voraus, da sich die christologische Diskussion über die Hohheits- und Niedrigkeitsaussagen Jesu in den Evangelien entwickelt und versucht, diese zum Ausgleich zu bringen.

 

Fazit: Volkers Bemühungen ähneln auf fatale Weise denen eines Historikers, der vor einigen Jahren mal mit der Behauptung in den Medien auftauchte, die Jahre zwischen 600 und 800 seien nicht existent. Sie seien eine Erfindung der frühmittelalterlichen Geschichtsschreiber.

bearbeitet von Franziskaner
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Noch einen kleinen Nachtrag zum leeren Grab, bzw. zum Grab überhaupt. Volker wundert sich darüber, dass das Grab als Ort der Verehrung seiner Ansicht nach in der frühen Kirche keine Rolle spielte. Er hat früher schon die Behauptung aufgestellt, dass der Ort der Grabeskirche erst im Jahre 312 von Helena, der Mutter Kaiser Konstantins festgelegt worden ist.

 

In diesem Artikel in der "Zeit" erscheint die Sache in einem etwas anderen Licht:

Auf den Spuren Jesu in Jerusalem

 

Demnach hat Kaiserin Helena den Ort der Grabeskirche nicht aufgrund einer kaiserlichen Eingebung festgelegt, sondern sie hat bei der örtlichen Gemeinde nachgefragt (ein ziemlich naheliegendes Verfahren, wie ich finde). Dort bestand eine sehr alte mündliche Tradition, nach der das Grab dort lag, wo dann auch die Grabeskirche gebaut wurde.

 

Die Jerusalemer Gemeinde hielt an diesem Ort fest obwohl er von den Römern mit einem Aphroditetempel überbaut worden war, und obwohl sich dieser Ort im Jahre 312 innerhalb der Stadtmauern befand, was im Gegensatz zum Bericht der Evangelien stand. Erst 1967 wurde festgestellt, dass die herodianische Stadtmauer weiter innen lag, so dass das Grab zur Zeit Jesu außerhalb der Stadtmauern lag.

 

In der berechtigten Hoffnung, dass das Grab in der Osternacht dann auch wirklich leer war, wünsche ich Euch frohe Ostern!

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