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Aus dem "Evangelium" nach Mel Gibson......


Touch-me-Flo

Findet ihr es gut die Erstausstrahlung an einem Karfreitag vorzunehmen?  

42 Stimmen

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Naja, ich bin kein Mediziner, aber ich hätte gerne mal den Kommentar eines solchen gehört. Meinem Eindruck nach ist die Gewalt nämlich auch unrealistisch.
Die Gewalt selber nicht, die römischen Geißelungen sollen extrem brutal gewesen sein und häufig (übrigens zugunsten der Opfer, denen dadurch die Kreuzigung erspart wurde) zum Tod geführt haben. Bei Jesus aber - sofern er wirklich lebend gekreuzigt wurde - kann die Geißelung unmöglich in dem Ausmaß stattgefunden haben, wie Gibson sie zeigt. Meines Erachtens hätte das zu einem Kreislaufzusammenbruch und vermutlich auch zum Tod führen müssen, auf gar keinen Fall aber wäre das Opfer noch in der Lage gewesen, eine längere Wanderung zu unternehmen. Nicht einmal ohne Kreuz.

Ja, genau darauf wollte ich hinaus. Da habe ich mich unklar ausgedrückt.
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Was war deiner Meinung nach unrealistisch?

Die Überlebensfähigkeit eines Menschen. Ich bin sicher dass auch jemand mit der Konstitution eines Profiboxers während der Prügelorgie an diesem Baumstumpf bereits drei Mal verstorben wäre. Darauf, dass er dann wenige Stunden später unter weiteren Prügeln dieses Riesenkreuz durch die Gegend trägt, hätte man selbst bei einer Rambo-Produktion verzichtet weil es zu abwegig ist.

 

 

Ok, aber in welchen Filmen ist es anderst?

 

Ich erinner mich da gern an Kevin allein Zuhause, da müssten die Banditen auch vorher schon nicht mehr ganz lebendig sein.

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Was war deiner Meinung nach unrealistisch?

Die Überlebensfähigkeit eines Menschen. Ich bin sicher dass auch jemand mit der Konstitution eines Profiboxers während der Prügelorgie an diesem Baumstumpf bereits drei Mal verstorben wäre. Darauf, dass er dann wenige Stunden später unter weiteren Prügeln dieses Riesenkreuz durch die Gegend trägt, hätte man selbst bei einer Rambo-Produktion verzichtet weil es zu abwegig ist.

 

 

Ok, aber in welchen Filmen ist es anderst?

 

Ich erinner mich da gern an Kevin allein Zuhause, da müssten die Banditen auch vorher schon nicht mehr ganz lebendig sein.

Bei "Kevin allein Zuhause" behauptet aber niemand, dass der Film ein authentisches Geschehen realistisch wiedergibt.

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Ok, aber in welchen Filmen ist es anderst?

Schon. Aber man will uns ja glauben machen, das sei kein Film wie jeder Andere.

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Den Vorwurf des Antisemitismus finde ich nicht ganz gerechtfertigt.

Es ist zwar richtig, dass die Hohenpriester direkt aus "Jud Süß" entsprungen sein könnten. Aber die Widerwärtigkeit scheint sich nicht auf die Rasse zu beziehen. Alle Gegner Jesu (außer Pontius Pilatus) werden ja als unglaubliche Fratzen des Menschseins dargestellt. Die beiden Folterknechte kommen nicht besser weg, als die Hohenpriester. (Judas wiederum ist dermaßen unrealistisch irre, dass von Realismus nun wirklich keine Rede mehr sein kann). Bei Pontius Pilatus habe ich den Verdacht, dass Gibson es schlicht nicht verstanden hat, die cool-überlegte Charakterlosigkeit hinreichend unsympathisch in Szene zu setzen.

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Ok, aber in welchen Filmen ist es anderst?

Schon. Aber man will uns ja glauben machen, das sei kein Film wie jeder Andere.
Schon. Aber nicht "man". "Gewisse Kreise" wäre treffender.
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Naja, ich bin kein Mediziner, aber ich hätte gerne mal den Kommentar eines solchen gehört. Meinem Eindruck nach ist die Gewalt nämlich auch unrealistisch.
Die Gewalt selber nicht, die römischen Geißelungen sollen extrem brutal gewesen sein und häufig (übrigens zugunsten der Opfer, denen dadurch die Kreuzigung erspart wurde) zum Tod geführt haben. Bei Jesus aber - sofern er wirklich lebend gekreuzigt wurde - kann die Geißelung unmöglich in dem Ausmaß stattgefunden haben, wie Gibson sie zeigt. Meines Erachtens hätte das zu einem Kreislaufzusammenbruch und vermutlich auch zum Tod führen müssen, auf gar keinen Fall aber wäre das Opfer noch in der Lage gewesen, eine längere Wanderung zu unternehmen. Nicht einmal ohne Kreuz.

Ja, genau darauf wollte ich hinaus. Da habe ich mich unklar ausgedrückt.

Gibson hat sich schlicht nicht entscheiden können, ob er eine Dokumentarverfilmung (so weit das eben geht), oder ein poetisches Werk erstellen will. Die beste Aussage hierzu ist schon gefallen: Ein verfilmter Kreuzweg. Das trifft den Film noch am Besten und Sympathischsten.

 

Die Aussage Mel Gibsons, dass der Film so eine Art Zeitreise mit Kamera wäre, dass also alles genau so geschehen wäre, wie es die Kamera zeigt, ist völliger Humbug. Schon die teuflischen Szenen in Getsemani sprechen eine andere Sprache. Der Film ist so historisch wie die Matthäuspassion von Bach. Nur dass Bach sich (via libretto) eben klar für die poetische Linie entschieden hat. Und das tut seinem Werk ausgesprochen gut.

 

Gibson muss ja unbedingt noch die Weltmeisterschaft des Leidens eröffnen. Und - ok, er hat gewonnen. Zumindest gegen jeden niveauvollen Film. Überall, wo die Brutalität hockt, zieht er die Register. Die Figur des Jesus dagegen bleibt unglaublich blass. Die Rückblenden sind meiner Meinung nach nicht das richtige Mittel, um die Persönlichkeit und das Leiden darzustellen. Hier mangelt es Gibson (oder vielleicht auch dem Drehbuchautor) an zulänglichen Mitteln.

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Naja, ich bin kein Mediziner, aber ich hätte gerne mal den Kommentar eines solchen gehört. Meinem Eindruck nach ist die Gewalt nämlich auch unrealistisch. Ich würde vermuten, in der Realität hätte es Gibsons Jesus nicht bis zur eigentlichen Kreuzigung geschafft. Deswegen überzeugt mich auch das Argument nicht, der Film zeige endlich ungeschönt, wie sehr Jesus wirklich gelitten haben mag.

 

Ansonsten finde ich den Film ziemlich übel. Dass die Passion ins Zentrum gerückt wird und dass Gewalt dabei eine Rolle spielt, finde ich als solches noch unproblematisch. Kann man machen. Aber Gibsons "ästhetische Leistung" besteht im Wesentlichen darin, christliche Bildsymbolik mit den inszenatorischen Mitteln von Splatter-Filmen aufzupeppen, z.B. bei der Kreuzabnahme und an unzähligen anderen Stellen.

 

Im Übrigen finde ich - trotz aller von Gibson und seinen Apologeten geleisteten gegenteiligen Rhetorik damals, als der Film in die Kinos kam - nach wie vor, dass der Film dazu geeignet ist, antisemitische Ressentiments zu bedienen.

Also, ich hatte eine kurze Unterredung mit meinem Videorekorder, und er meinte, ich sollte mir das nicht anschauen. Und da er aus unbegreiflichen Gründen die Fähigkeit erlangt hat, sich nicht einzuschalten, wenn er nicht will, bleibt Mel Gibson weiterhin von mir ungesehen. <_<

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Den Vorwurf des Antisemitismus finde ich nicht ganz gerechtfertigt.

Es ist zwar richtig, dass die Hohenpriester direkt aus "Jud Süß" entsprungen sein könnten. Aber die Widerwärtigkeit scheint sich nicht auf die Rasse zu beziehen. Alle Gegner Jesu (außer Pontius Pilatus) werden ja als unglaubliche Fratzen des Menschseins dargestellt. Die beiden Folterknechte kommen nicht besser weg, als die Hohenpriester. (Judas wiederum ist dermaßen unrealistisch irre, dass von Realismus nun wirklich keine Rede mehr sein kann). Bei Pontius Pilatus habe ich den Verdacht, dass Gibson es schlicht nicht verstanden hat, die cool-überlegte Charakterlosigkeit hinreichend unsympathisch in Szene zu setzen.

Lieber Mecky!

 

Ich habe in meinem obigen Beitrag mit Bedacht nicht geschrieben, der Film sie antisemitisch, sondern - lediglich -, dass er dazu geeignet sei, antisemitische Ressentiments zu bedienen. Natürlich ist er nicht in einem plakativen Sinne antisemitisch, will sagen: es wird etwa am Ende des Filmes nicht noch ein Text eingeblendet, der den Zuschauer darauf hinweist, an allem Übel seien die Juden schuld.

 

Der Film tut aber auch gar nichts, um sich gegen eine antisemitische Lesart zu immunisieren. In diese Richtung geht meine Kritik. Dass auch die Römer bei Gibson schlecht wegkommen, tut hier wenig zur Sache. Denn während der Antijudaismus/Antisemitismus nicht nur eine Jahrhunderte (eigentlich: Jahrtausende) dauernde kontinuierliche Geschichte aufweisen kann, sondern leider auch noch ein aktuelles Problem darstellt, gilt beides von einem etwaigen Hass auf Römer so nicht (Jetzt komme bitte niemand mit Aversionen gegen die römisch-katholische Kirche, oder so!). Mit anderen Worten: Der Film kann die Römer so mies aussehen lassen, wie er will, antirömische Affekte kann er dennoch nicht bedienen, einfach, weil es letztere nicht gibt. Die unsympathische Darstellung der Akteure mag mithin sehr ausbalanciert sein, mögliche Funktionsweisen oder Wirkungen dieser Darstellung können jedoch höchst unterschiedlich ausfallen. Das sind einfach zwei unterschiedliche Ebenen.

 

Man mag meinen, dass eine solche abgeschwächte Form der Kritik letztlich eine Art Generalvorwurf gegen jedes Kunstwerk, in das keine rezeptionsleitenden Mechanismen eingebaut sind, die eine antisemitische Lesart verunmöglichen, abgeben kann. Es geht hier aber nicht um irgendein Kunstwerk, sondern um eine Darstellung der Passionsgeschichte, die über die Jahrhunderte ein Angelpunkt des christlichen Antijudaismus war. Ein Kunstwerk wie der Film von Mel Gibson (ich meine den Ausdruck hier im rein deskriptiven Sinne!) steht in der Kontinuität der Rezeptions- und Kunstgeschichte des Gegenstandes, den es bearbeitet. Es kann gar nicht von den anderen, vorhergehenden Darstellungsweisen absehen, denn erst in der Konfrontation mit diesen gewinnt es seine Ausdruckskraft: in der Anlehnung ebenso wie im Abstand nehmen. (Naja, vielleicht gilt das nicht uneingeschränkt für bestimmte Formen der künstlerischen Avantgarde, aber mit Sicherheit für den Mainstream, also Produkten für den großen Markt)

Ich halte in der Tat die Rezeptionsgeschichte der Passion in einem fatalen Umfang für eine Quelle des Antijudaismus/Antisemitismus, dass ich zu dem Schluss komme: Einem Passionsfilm stünde es mehr als nur gut zu Gesicht, sich gegen eine antisemitische Lesart zu sperren.

 

Viele Grüße

Atreides

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Ich habe in meinem obigen Beitrag mit Bedacht nicht geschrieben, der Film sie antisemitisch, sondern - lediglich -, dass er dazu geeignet sei, antisemitische Ressentiments zu bedienen.
Das habe ich mir bei Dir schon so gedacht. Darum habe ich Deinen Beitrag nicht zitiert, sondern nur allgemein zum Thema The passion und Antisemitismus geschrieben.

 

Aber gut, dass Du diese Differenzierung noch mal ausdrücklich zum Thema gemacht hast. Ich bin voll und ganz Deiner Meinung.

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Der Film tut aber auch gar nichts, um sich gegen eine antisemitische Lesart zu immunisieren. In diese Richtung geht meine Kritik.

Selbst falls man diese gesellschaftliche Verantwortung des Kunstschaffenden bejaht, frage ich mich, wie man in einem Passionsfilm noch deutlicher als Gibson 'immunisieren' soll, ohne dabei die historische Wahrheit zu verfälschen. Gibson stellt die Uneinigkeit der Juden doch überdeutlich da. Nicht nur im Volk, sogar innerhalb des Synhedriums läßt er Gegenstimmen zu Wort kommen: Priester sprechen sich gegen eine Verurteilung Jesus' aus und werden von der Kaiaphas-Partei zum Schweigen gebracht.

bearbeitet von Pelikan
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Also ich habe mir die Passion bis auf die erste Viertelstunde tatsächlich angetan und bin zu dem Schluss gekommen, daß der Film noch schlechter ist, als die Kritiken.

 

Einige technische Punkte:

- die nicht durchgängig vorhandenen Untertitel. Es ist nicht sehr hilfreich, wenn im Film heiß diskutiert wird und kein UT sichtbar ist ...

- die Kostümierung insbesondere des hohen Rates erinnerten mich an die Historienschinken der 60er Jahre und an Darstellungen des 18./19. Jahrhunderts. Sie wirkte jedenfalls gnadenlos aufgesetzt.

 

Persönlich:

- Gibson's Jesus wirkt einfach nur wahnsinnig, durchgeknallt, abgehoben. Er hat so gar nichts von dem Realisten, der weiß was in den Menschen ist, der als Fresser und Säufer verschrien wurde. Jedenfalls kein Typ, dem ich großes Charisma attestieren würde.

- Judas war auch ein Fall für sich (die Szene mit dem toten Esel habe ich allerdings auch nicht verstanden).

- der hohen Rat war auf Droge. Kajaphas erinnerte mich etwas an einen senilen islamistischen Hassprediger - von seiner Sorge "es ist besser ein einzelner stirbt als ein ganzes Volk" ist bei Gibson überhaupt nichts übriggeblieben.

- bei den römischen Soldaten kann ich mir nicht wirklich vorstellen, daß Menschen in einen derartigen Blutrausch verfallen können. Die wirkten irgendwie wie besessen. Mir ist schon klar, daß das Verhältnis zur Gewalt ein anderes war - aber in dieser Form dargestellt wirkte es eher unglaubwürdig.

 

Antisemitisch würde ich den Film nicht unbedingt nennen. Eher Anti-Mensch. Der Film vermittelt ein derart negatives Bild der menschlichen Existenz, daß man sich fragen muss, wie Gibson es mit anderen Menschen (von sich selbst ganz abgesehen) überhaupt aushält.

 

Ein Erweckungserlebnis habe ich jedenfalls bei mir nicht festgestellt.

(Da war die Karfreitagsliturgie in unserer Pfarrkirche anrührender.)

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Es ist zwar richtig, dass die Hohenpriester direkt aus "Jud Süß" entsprungen sein könnten. Aber die Widerwärtigkeit scheint sich nicht auf die Rasse zu beziehen. Alle Gegner Jesu (außer Pontius Pilatus) werden ja als unglaubliche Fratzen des Menschseins dargestellt. Die beiden Folterknechte kommen nicht besser weg, als die Hohenpriester. (Judas wiederum ist dermaßen unrealistisch irre, dass von Realismus nun wirklich keine Rede mehr sein kann). Bei Pontius Pilatus habe ich den Verdacht, dass Gibson es schlicht nicht verstanden hat, die cool-überlegte Charakterlosigkeit hinreichend unsympathisch in Szene zu setzen.
Dem möchte ich mich einfach mal anschließen.

 

Ergänzen möchte ich noch, daß selbst die Freunde Jesu zu blass bleiben.

 

Und eine Frage hinterher: woher hatte Gibson die Rolle der Claudia Pilata?

 

(Und was um alles in der Welt sollte die Putzszene in der Mutter Maria und Maria Magdalena(?) den Geißelungsplatz mit den weißen Handtüchern der Pilata schrubben aussagen???)

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Der Film tut aber auch gar nichts, um sich gegen eine antisemitische Lesart zu immunisieren. In diese Richtung geht meine Kritik.

Selbst falls man diese gesellschaftliche Verantwortung des Kunstschaffenden bejaht, frage ich mich, wie man in einem Passionsfilm noch deutlicher als Gibson 'immunisieren' soll, ohne dabei die historische Wahrheit zu verfälschen. Gibson stellt die Uneinigkeit der Juden doch überdeutlich da. Nicht nur im Volk, sogar innerhalb des Synhedriums läßt er Gegenstimmen zu Wort kommen: Priester sprechen sich gegen eine Verurteilung Jesus' aus und werden von der Kaiaphas-Partei zum Schweigen gebracht.

Wenn Du es so gesehen hast, kann ich dagegen natürlich nicht viel sagen. Mein Eindruck beim Anschauen des Films war jedoch ein anderer: Die wenigen, die an und auf Jesu Seite stehen und für ihn Partei ergreifen, sehen sich einer undifferenzierten Masse hasserfüllter Fratzen gegenüber. Über mögliche Motive der Verfolger erfährt man so gut wie nichts. Sie wirken auf mich nur so: irrational, dumpf, hasserfüllt. Warum wird eigentlich darauf verzichtet, die Spannung zwischen Palmsonntag und Karfreitag dramaturgisch in den Film aufzunehmen?

Ansonsten gebe ich Deiner impliziten Annahme Recht: Eine differenzierte Darstellung "der" Juden bzw. "des" Volkes hätte dem Film gut getan. Das erreicht er aber mMn nicht, da die wenigen Verteidiger Jesu in einem Heer von blutrünstigen Monstern untergehen.

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Also ich habe mir die Passion bis auf die erste Viertelstunde tatsächlich angetan und bin zu dem Schluss gekommen, daß der Film noch schlechter ist, als die Kritiken.

 

Einige technische Punkte:

- die nicht durchgängig vorhandenen Untertitel. Es ist nicht sehr hilfreich, wenn im Film heiß diskutiert wird und kein UT sichtbar ist ...

- die Kostümierung insbesondere des hohen Rates erinnerten mich an die Historienschinken der 60er Jahre und an Darstellungen des 18./19. Jahrhunderts. Sie wirkte jedenfalls gnadenlos aufgesetzt.

 

Persönlich:

- Gibson's Jesus wirkt einfach nur wahnsinnig, durchgeknallt, abgehoben. Er hat so gar nichts von dem Realisten, der weiß was in den Menschen ist, der als Fresser und Säufer verschrien wurde. Jedenfalls kein Typ, dem ich großes Charisma attestieren würde.

- Judas war auch ein Fall für sich (die Szene mit dem toten Esel habe ich allerdings auch nicht verstanden).

- der hohen Rat war auf Droge. Kajaphas erinnerte mich etwas an einen senilen islamistischen Hassprediger - von seiner Sorge "es ist besser ein einzelner stirbt als ein ganzes Volk" ist bei Gibson überhaupt nichts übriggeblieben.

- bei den römischen Soldaten kann ich mir nicht wirklich vorstellen, daß Menschen in einen derartigen Blutrausch verfallen können. Die wirkten irgendwie wie besessen. Mir ist schon klar, daß das Verhältnis zur Gewalt ein anderes war - aber in dieser Form dargestellt wirkte es eher unglaubwürdig.

 

Antisemitisch würde ich den Film nicht unbedingt nennen. Eher Anti-Mensch. Der Film vermittelt ein derart negatives Bild der menschlichen Existenz, daß man sich fragen muss, wie Gibson es mit anderen Menschen (von sich selbst ganz abgesehen) überhaupt aushält.

 

Ein Erweckungserlebnis habe ich jedenfalls bei mir nicht festgestellt.

(Da war die Karfreitagsliturgie in unserer Pfarrkirche anrührender.)

Im Großen und Ganzen stimme ich Dir ja zu, nur das mit dem Blutrausch bei den römischen Soldaten, das halte ich für sehr realistisch. Die Römer waren das, was die Amis heute für den Irak sind: eine ungeliebte Ordnungsmacht, die an den jüdischen Hochfesten noch dazu chronisch unterrepräsentiert war. Diese jüdischen Hochfeste kannst Du Dir so vorstellen, wie die Pilgerreise nach Mekka, wo uns alljährlich die Menschenströme beeindrucken. Es ging da nicht so gesittet zu, wie beim Segen Urbi et Orbi auf dem Petersplatz.

 

Ich glaube, daß diese römischen Soldaten eine Menge Frust im Leibe hatten und daß ihnen da ein Opfer wie Jesus gerade recht kam. Übrigens sagt Flavius Josephus, daß einer der Auslöser des jüdischen Krieges war, daß ein römischer Legionär die Toga hob und in den Tempel furzte.

 

Wenn man unter diesem Gesichtspunkt mal an die Schauerlichkeiten denkt, die einigen amerikanischen Soldaten zur Last gelegt werden, ist die Geißelungsszene sehr realistisch.

 

Außerdem habe ich diese Leidensgeschichte immer für die Summe menschlicher Unzulänglichkeiten gehalten, die die Evangelisten einfach darin zusammenfassten. Wiederum denke ich, daß die Kreuzigung zwar der Realität entspricht, aber alle die "Gschichterln" drumherum durchaus nicht der dichterischen Freiheit entbehren. Man muß nur mal überlegen, wieviele Stories es über das jüdische Ghetto in Warschau heute gibt. Es war bestimmt schrecklich, aber es ist so oft filmisch und fiktional verarbeitet worden, daß in den Köpfen etwas anderes herumspukt, als die Realität.

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Und eine Frage hinterher: woher hatte Gibson die Rolle der Claudia Pilata?

 

(Und was um alles in der Welt sollte die Putzszene in der Mutter Maria und Maria Magdalena(?) den Geißelungsplatz mit den weißen Handtüchern der Pilata schrubben aussagen???)

Aus "Das bittere Leiden unsers Herrn Jesu Christ" von Anna Katharina Emmerick

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Im Großen und Ganzen stimme ich Dir ja zu, nur das mit dem Blutrausch bei den römischen Soldaten, das halte ich für sehr realistisch. Die Römer waren das, was die Amis heute für den Irak sind: eine ungeliebte Ordnungsmacht, die an den jüdischen Hochfesten noch dazu chronisch unterrepräsentiert war. Diese jüdischen Hochfeste kannst Du Dir so vorstellen, wie die Pilgerreise nach Mekka, wo uns alljährlich die Menschenströme beeindrucken. Es ging da nicht so gesittet zu, wie beim Segen Urbi et Orbi auf dem Petersplatz.

 

Ich glaube, daß diese römischen Soldaten eine Menge Frust im Leibe hatten und daß ihnen da ein Opfer wie Jesus gerade recht kam. Übrigens sagt Flavius Josephus, daß einer der Auslöser des jüdischen Krieges war, daß ein römischer Legionär die Toga hob und in den Tempel furzte.

 

Wenn man unter diesem Gesichtspunkt mal an die Schauerlichkeiten denkt, die einigen amerikanischen Soldaten zur Last gelegt werden, ist die Geißelungsszene sehr realistisch.

Ok. Eine Frustreaktion kann ich mir vorstellen. Allerdings trifft Gibson diesen Punkt mMn überhaupt nicht.

 

Entweder die Schauspieler waren einfach nur grottenschlecht oder ihre Mimik drückte bewußt was anderes aus. Da war ja nicht Frust, Hass oder Verzweiflung, die ausgedrückt wurden. Nicht einmal eine daraus motivierte Raserei.

Das war schlicht und ergreifend Wahnsinn. Wie zwei Trolle aus manchen skandinavischen Märchen. Dagegen wirkte der Chef der Aktion hinter seinem Schreibtisch geradezu glaubwürdig in seiner Verachtung (für die uns allerdings auch kein Motiv vermittelt wurde).

 

Nur am Rande: man sollte keine anglisten Latein sprechen lassen - streckenweise konnte ich nicht feststellen, ob die Darsteller gerade Latein (bzw. Italienisch), Aramäisch oder Hebräisch sprachen, weil sich alles gleich anhörte.

Ob es übrigens realistisch ist, daß Pönzelchen die hebräischen Anwürfe von Kajaphas verstanden hat wage ich auch noch zu bezweifeln. <_<

bearbeitet von Flo77
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Und eine Frage hinterher: woher hatte Gibson die Rolle der Claudia Pilata?

 

(Und was um alles in der Welt sollte die Putzszene in der Mutter Maria und Maria Magdalena(?) den Geißelungsplatz mit den weißen Handtüchern der Pilata schrubben aussagen???)

Aus "Das bittere Leiden unsers Herrn Jesu Christ" von Anna Katharina Emmerick

Grundgütiger <_<
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Nur am Rande: man sollte keine anglisten Latein sprechen lassen - streckenweise konnte ich nicht feststellen, ob die Darsteller gerade Latein (bzw. Italienisch), Aramäisch oder Hebräisch sprachen, weil sich alles gleich anhörte.

Ob es übrigens realistisch ist, daß Pönzelchen die hebräischen Anwürfe von Kajaphas verstanden hat wage ich auch noch zu bezweifeln. <_<

Wenn mein Lebensgefährte was auf Latein sagt, muß ich auch erst mal sehr überlegen, weil er das mit seinem angelsächsischen Akzent spricht. Umgekehrt ist es aber genauso. Ich denke mal, daß niemand heutzutage die "richtige" Aussprache hat.

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Manchmal wurde Mel Gibson Antisemitismus vorgeworfen.

 

Zu recht, wie wir mittlerweile sehr gut wissen.

So weit ich die Kommentare von Leuten las die den Film sahen, gibt es da durchaus kontroverse Meinungen. Hast du den Film gesehen?
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Ich habe in meinem obigen Beitrag mit Bedacht nicht geschrieben, der Film sie antisemitisch, sondern - lediglich -, dass er dazu geeignet sei, antisemitische Ressentiments zu bedienen.
Das habe ich mir bei Dir schon so gedacht. Darum habe ich Deinen Beitrag nicht zitiert, sondern nur allgemein zum Thema The passion und Antisemitismus geschrieben.

 

Aber gut, dass Du diese Differenzierung noch mal ausdrücklich zum Thema gemacht hast. Ich bin voll und ganz Deiner Meinung.

Oh, entschuldige bitte, ich war mir da unsicher, da ich erst dachte, ich habe als einziger zu dem Punkt was geschrieben. Aber gerade noch entdeckt, dass sich ja z.B. auch Mariamante schon geäußert hatte. (Und außerdem ist das ja auch ein Thema, dass in Diskussionen zu dem Film ja auch gerne aufzutauchen pflegt)
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Was war deiner Meinung nach unrealistisch?

Die Überlebensfähigkeit eines Menschen. Ich bin sicher dass auch jemand mit der Konstitution eines Profiboxers während der Prügelorgie an diesem Baumstumpf bereits drei Mal verstorben wäre. Darauf, dass er dann wenige Stunden später unter weiteren Prügeln dieses Riesenkreuz durch die Gegend trägt, hätte man selbst bei einer Rambo-Produktion verzichtet weil es zu abwegig ist.

 

Interessant finde ich, dass der Film inzwischen schon als "Argument" dafür herhalten muss, wie grausam Jesus gequält wurde. In dieser Hinsicht scheint der Film schon einige Wirkung zu haben.

 

Noch interessanter finde ich, was einigen anderen auch schon aufgefallen ist: Dass nämlich besonders diejenigen, die den Film gut fanden, ihre eigenen persönlichen Vorstellungen in den Film projizieren - so dass man meinen könnte, sie haben einen anderen Film gesehen als die Kritiker. Es zeigt natürlich, dass emotionale Wertungen vor allem durch Projektion zu Stande kommen - was jedem, der wissen möchte, was damals wirklich geschehen ist, eigentlich sehr zu denken geben müsste.

 

Ich habe den Film nun nicht gesehen, aber ich habe nicht den Eindruck, dass mir die ganzen Zeugnisse derjenigen, die ihn gesehen haben (erst vor ein paar Tagen) sehr viel nützen, um den Film beurteilen zu können. Kurz, mir ist noch einmal aufgefallen, dass wenn Gott eine Botschaft verbreiten wollte, er einen großen Fehler ganz sicher nicht machen würde: Er würde sich niemals auf menschliche Zeugnisse verlassen. Das wäre die sicherste Möglichkeit, für eine Fälschung der intendierten Botschaft zu sorgen. Insgesamt ist das eines der stärksten Argumente gegen den Wahrheitsgehalt des Christentums, das ich kenne. Und man kann es anhand dieses Films so gut demonstrieren wie bei jedem anderen.

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Manchmal wurde Mel Gibson Antisemitismus vorgeworfen.

 

Zu recht, wie wir mittlerweile sehr gut wissen.

So weit ich die Kommentare von Leuten las die den Film sahen, gibt es da durchaus kontroverse Meinungen. Hast du den Film gesehen?

 

http://en.wikipedia.org/wiki/Mel_Gibson

 

"...Jews are responsible for all the wars in the world"

 

Zurecht wird Mel Gibson Antisemitismus vorgeworfen.

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Und eine Frage hinterher: woher hatte Gibson die Rolle der Claudia Pilata?

 

(Und was um alles in der Welt sollte die Putzszene in der Mutter Maria und Maria Magdalena(?) den Geißelungsplatz mit den weißen Handtüchern der Pilata schrubben aussagen???)

Aus "Das bittere Leiden unsers Herrn Jesu Christ" von Anna Katharina Emmerick

 

Da es schon einige Zeit her ist, dass ich den Film gesehen habe erinnere ich mich nicht mehr sehr gut was über die Frau des Pilatus gesagt wurde.

 

Jedenfalls kommt schon in Texten die um 1300 (Speculum Humanae Salvationis - Heilspiegel) entstanden sind vor, dass die Frau des Pilatus ihren Mann überreden wollte Jesus freizulassen.

 

Der Verfasser, ein Mönch aus vermutlich dominikanischem Umfeld deutet dies übrigens als Werk des Teufels, der das Erlösungswerk Christi verhindern wollte.

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