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Kein Limbus (Vorhölle) mehr


Einsteinchen

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1854 hätte der Papst auch sagen können "Die unbefleckte Empfängnis war noch nie eine offizielle Glaubenswahrheit" und mit dieser lapidaren Aussage das genaue Gegenteil des Dogmas verkünden können.

Das ist der Punkt an der Geschichte, den ich am interessantesten finde.

Da aber Benedikt anders als Pius kein Dogma zum Limbus verkündet hat, kann in 100 Jahren noch der Papst Traditionalis der Erste als Dogma verkünden, dass es den Limbus gibt, und dass in ihn neben den Ungetauften auch alle Modernisten kommen, und schwups, auf einmal ist der Limbus heilige Glaubensoffenbarung.

Im Gegensatz zum Limbus, das keine biblische Begründung nachweisen kann, ist die unbefleckte Empfängnis schon immer eine Glaubenswahrheit gewesen, die 1854 feierlich zu einer verbindlichen Glaubenslehre endete. Kurz gesagt, was schon immer legitim war, wurde endgültig bestätigt. Oder würdest du behaupten, das Dogma des apostolischen Glaubensbekenntnis wäre willkürlich zusammen gekommen?

Die unbefleckte Empfängnis war eben keine Glaubenswahrheit vor 1854. Diese Lehre explizit abgelehnt haben unter anderem Bernhard von Clairvaux, Albertus Magnus, Thomas von Aquin, Bonaventura sowie die Päpste Johannes XXII. und Benedikt XII.

Auch wenn es Abweichler gegeben hatte, wurde sie schon immer vom gläubigen Volk akzeptiert. Im übrigen glauben auch die Muslims, dass die selige Jungfrau schon von Gott im Mutterleib unter besonderen Schutz stand. Koran, 3.Sure.

 

Und was die biblische Grundlage angeht, die ist beim Lumbus exakt gleicher Natur wie bei der unbefleckten Empfängnis, es handelt sich in beiden Fällen um theoretische Überlegungen, mit denen Theologen versucht haben, Unklarheiten bzw. Widersprüche in der Schrift zu erklären.

Mit dem Unterschied, dass man gute theologische Gründe nachweisen kann (Gott wurde aus einen Menschen geboren), im Gegensatz zum Limbus.

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1854 hätte der Papst auch sagen können "Die unbefleckte Empfängnis war noch nie eine offizielle Glaubenswahrheit" und mit dieser lapidaren Aussage das genaue Gegenteil des Dogmas verkünden können.

Das ist der Punkt an der Geschichte, den ich am interessantesten finde.

Da aber Benedikt anders als Pius kein Dogma zum Limbus verkündet hat, kann in 100 Jahren noch der Papst Traditionalis der Erste als Dogma verkünden, dass es den Limbus gibt, und dass in ihn neben den Ungetauften auch alle Modernisten kommen, und schwups, auf einmal ist der Limbus heilige Glaubensoffenbarung.

Im Gegensatz zum Limbus, das keine biblische Begründung nachweisen kann, ist die unbefleckte Empfängnis schon immer eine Glaubenswahrheit gewesen, die 1854 feierlich zu einer verbindlichen Glaubenslehre endete. Kurz gesagt, was schon immer legitim war, wurde endgültig bestätigt. Oder würdest du behaupten, das Dogma des apostolischen Glaubensbekenntnis wäre willkürlich zusammen gekommen?

Die unbefleckte Empfängnis war eben keine Glaubenswahrheit vor 1854. Diese Lehre explizit abgelehnt haben unter anderem Bernhard von Clairvaux, Albertus Magnus, Thomas von Aquin, Bonaventura sowie die Päpste Johannes XXII. und Benedikt XII.

Auch wenn es Abweichler gegeben hatte, wurde sie schon immer vom gläubigen Volk akzeptiert. Im übrigen glauben auch die Muslims, dass die selige Jungfrau schon von Gott im Mutterleib unter besonderen Schutz stand. Koran, 3.Sure.

 

Und was die biblische Grundlage angeht, die ist beim Lumbus exakt gleicher Natur wie bei der unbefleckten Empfängnis, es handelt sich in beiden Fällen um theoretische Überlegungen, mit denen Theologen versucht haben, Unklarheiten bzw. Widersprüche in der Schrift zu erklären.

Mit dem Unterschied, dass man gute theologische Gründe nachweisen kann (Gott wurde aus einen Menschen geboren), im Gegensatz zum Limbus.

Der Limbus wurde ja auch schon immer vom gläubigen Volk akzeptiert. Dass es da Abweichler gegeben hat wie einen Benedikt XVI zählt nicht.

Und für den Limbus gibt es sehr gute theologische Gründe: Wie sonst soll man Gottes Gerechtigkeit und das Christuswort "Keiner kommt zum Vater ausser durch mich" (sprich die heilsnotwendigkeit der Taufe) unter einen Hut bringen?

 

Sieh es ein, für den Limbus spricht nicht mehr und nicht weniger als für die Unbefleckte Empängnis, und dagegen auch nicht.

 

Werner

 

PS: Vergiss die Moslems. Dass Maria auserwählt war und unter besonderem Schutz stand, hat nichts mit einer Empfängnis ohne Erbsünde zu tun, an die die Moslems ja auch gar nicht glauben.

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Der Limbus wurde ja auch schon immer vom gläubigen Volk akzeptiert.

 

Na ja, mehr oder weniger. Im Mittelalter bildeten sich Wallfahrten heraus, bei denen man totgeborene Säuglinge und ungetauft verstorbene Kinder zu einem Heiligtum brachte, an dem sie, im Volksglauben, für gerade so lange Zeit zum Leben erweckt wurden, dass sie getauft werden konnten. Anschließend wurden sie in geweihter Erde beerdigt, es gibt solche Wallfahrtsorte, an denen man die Skelette von hunderten solcher Kinder gefunden hat. Diese Wallfahrten scheinen von Belgien über Frankreich, Süddeutschland, Österreich und die Schweiz verbreitet gewesen zu sein, in Frankreich sind inzwischen an die 200 solcher Wallfahrtsorte bekannt, einer der bekanntesten in diesem Anliegen war bis ins 18. Jahrhundert die im Vergleich zu dem 200-Seelendorf in dem sie steht, riesige Basilika Notre Dame d'Avioth aus dem 14. Jh. im nördlichen Lothringen, nahe der belgischen Grenze, ca. 20 km von Domremy (Geburtsort von Jeanne d'Arc) entfernt, mit dem Gnadenbild einer schwarzen Madonna. In Deutschland ist mir im Augenblick nur Ursberg (da das Gnadenbild einer Kreuzigungsgruppe) im Bistum Augsburg geläufig. Die Bischöfe reagierten im Laufe der Zeit verschieden: mal wetterten sie gegen diese Wallfahrten, mal wurden sie (erfolglos) verboten, mal wurden sie stillschweigend geduldet.

 

Im Französischen nannte/nennt man diese Wallfahrtsorte "sanctuaires à répit", was ziemlich schwierig ins Deutsche zu übersetzen ist, ungefähr bedeutet der Ausdruck "ein Heiligtum zum (kurzen) Atemholen" (oder so ähnlich).

 

http://www.unifr.ch/szrkg/pdf/leseprob/pahud.pdf

Oberbüren an der Aare (Schweiz)

bearbeitet von Alice
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Im Mittelalter bildeten sich Wallfahrten heraus, bei denen man totgeborene Säuglinge und ungetauft verstorbene Kinder zu einem Heiligtum brachte, an dem sie, im Volksglauben, für gerade so lange Zeit zum Leben erweckt wurden, dass sie getauft werden konnten. Anschließend wurden sie in geweihter Erde beerdigt, es gibt solche Wallfahrtsorte, an denen man die Skelette von hunderten solcher Kinder gefunden hat.

Das ist doch mal ein sympatscher Aberglaube. Da hat sich die Volksfrömmigkeit gegen eine unbarmherzige Amtskirche erfolgreich (und auf ihre Art) zur Wehr gesetzt. Hätte ich nicht gedacht, dass ich mal einen Aberglauben positiv bewerten würde.

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Das ist doch mal ein sympatscher Aberglaube. Da hat sich die Volksfrömmigkeit gegen eine unbarmherzige Amtskirche erfolgreich (und auf ihre Art) zur Wehr gesetzt. Hätte ich nicht gedacht, dass ich mal einen Aberglauben positiv bewerten würde.

 

Ja, das habe ich auch gedacht, nachdem ich über die Phase hinweg war, in der ich die frommen Kurzzeitwiederbelebungspraktiken höchst makaber fand. Ein zweiter Gedanke hat sich angeschlossen: man hört ja gelegentlich, in der Nähe mancher Klöster seien zahlreiche Säuglingsgerippe gefunden worden und schreibt sie dem unkeuschen Leben von Mönchen mit benachbarten Nonnen zu. Vielleicht, denke ich mir, sind diese Funde auch Überbleibsel eines sanctuaire à répit?

In Frankreich hat es solche Wallfahrten bis ins 18. Jh., vielleicht sogar noch im 19. Jh. gegeben (Wiki französisch gibt an, dass sie sich vereinzelt bis zu Beginn des I. Weltkrieges hingezogen hätten), in der Schweiz wurde ihnen durch die Reformation der Garaus gemacht. Ungetauft verstorbene Kinder von Protestanten kamen dort unter die Traufe: d.h. sie wurden unter der Dachtraufe der Kirche begraben, in der Hoffnung, dass das herabtraufende Regenwasser noch irgendetwas zum Heil beitragen würde. Das scheint jedoch keine protestantische "Erfindung" gewesen, sondern vor der Reformation weithin üblich gewesen zu sein (ungetaufte Kinder ausserhalb der Friedhofsmauern zu bestatten, ist katholischerseits wahrscheinlich im Zuge der Gegenreformation aufgekommen).

bearbeitet von Alice
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Google hat die Übersetzung "Unterbrechungsheiligtum" gebracht. Heiligtum der Todesunterbrechung.

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Google hat die Übersetzung "Unterbrechungsheiligtum" gebracht. Heiligtum der Todesunterbrechung.

 

Historiker/Historikerinnen in der Schweiz, die sich des Themas angenommen haben, übersetzen mit "Aufschubheiligtum". Gefällt mir auch nicht, kommt aber meinem Empfinden von der Bedeutung näher: répit bedeutet eigentlich "Atempause" (nun ja, man kann das auch als Unterbrechung sehen). Travailler sans répit heisst soviel wie "ununterbrochen arbeiten", "pausenlos arbeiten".

bearbeitet von Alice
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Franciscus non papa
Oberbüren-Chilchmatt

 

Spätestens seit 1483 sind hier zu Hunderten totgeborene Kinder unter grossen Anstrengungen aus dem ganzen Bistum (Konstanz) hergetragen worden, um hier für kurze Zeit zum Leben erweckt, getauft und kirchlich bestattet zu werden.

 

 

anrührend, wie eltern, um das ewige heil der kinder besorgt, geradezu verzweifelte anstrengungen unternommen haben. interessant, dass der damalige bischof die wallfahrten skeptisch betrachtete und darüber nach rom berichtete. und natürlich auch bezeichnend, dass "freie" städte und ratsherren letztlich nicht anders handelten als fürsten.... wenn es um geld geht, dann werden auch die abseitigsten dinge unterstützt.

 

dass die schweizer reformatoren eine gewisse unrühmliche ähnlichkeit mit den anführern der frz. revolution hatten, wird auch deutlich. natürlich hatten sie im grunde recht, die motivation war wohl auch bei vielen gut, aber die konsequenzen wurden natürlich nicht bis zum ende bedacht - wohl das schicksal aller revolutionen.

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Wen's interessiert:

 

Prosser, Michael: Erweckungstaufe. Säuglingssterblichkeit und Wallfahrt für tote Kinder in vormoderner Zeit.

In: Bayerisches Jahrbuch für Volkskunde, 2003, S.101-138.

 

Prosser erwähnt auch den Wallfahrtsort "Zen Hohen Flühen" im Kanton Wallis.

 

Am Ort, wo heute die Kapelle steht, befand sich schon früher ein kleines Heiligtum. Es war für einen weiten Umkreis einschliessend der angrenzenden Gebiete Italiens der bevorzugte Wallfahrtsort bei Totgeburt von Kindern. Diese zeigten öfters bei der Wandlung in der hl. Messe Veränderungen, die als Lebenszeichen gedeutet wurden, worauf die Kinder rasch getauft und dann im angrenzenden Friedhöfchen beigesetzt wurden.
bearbeitet von Alice
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