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Der Theaterthread


Inge

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soweit ich weiß, gibt es hier ja noch keinen Theater-Thread

 

Ich hatte ohnehin schon seit dem Berliner Theatertreffen vor, einen Theater-Thread zu eröffnen (komisch, dass Lissie das nicht schon längst gemacht hat ...) - also bitte:

 

Sehr empfehlenswert: "Der Gott des Gemetzels" von Yasmina Reza, Schauspielhaus Zürich. Köstliche Vorführung bürgerlich-angestrengten Gutmenschentums.

 

Sehr schön auch "Viel Lärm um Nichts", Burgtheater Wien, an manchen Stellen war die Verkürzung des Stückes allerdings etwas verwirrend. Aber die Umsetzung sehr schön.

 

Ziemlich misslungen hingegen der "Tartuffe", Thalia Theater Hamburg, der eigentlich schon nicht mehr Moliére, sondern Heiner Müller war (es ist ja ok, Heiner Müller zu spielen, wenn denn das Stück tatsächlich von ihm ist). Das einzig Gelungene war die Rolle der Dorine, die übrigen Schauspieler hatten eher zu posieren als zu spielen. Sogar der Schluss war "zeitgemäß" umgeschrieben - nee, also. Nee!

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Der Tartuffe wird nächstes Jahr auch am Essener Grillo gegeben.

 

Derzeit sehr zu empfehlen "La forza del destino" im Aalto und "Die Trojaner" im MiR in Gelsenkirchen.

 

Paßt Oper in einen Theater-Thread?

bearbeitet von Squire
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Solide ist die Inszenierung der Antigone des Sophokles am Berliner Ensemble, hinreißend fand ich allerdings die Antigone, in die ich mich ein bisschen verknallt habe.

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Ziemlich misslungen hingegen der "Tartuffe", Thalia Theater Hamburg, der eigentlich schon nicht mehr Moliére, sondern Heiner Müller war (es ist ja ok, Heiner Müller zu spielen, wenn denn das Stück tatsächlich von ihm ist). Das einzig Gelungene war die Rolle der Dorine, die übrigen Schauspieler hatten eher zu posieren als zu spielen. Sogar der Schluss war "zeitgemäß" umgeschrieben - nee, also. Nee!

 

 

naja, ich halte es für legitim, daß eine inszenierung, die "nach moliere", also eben nicht "von moliere", auf die bühne gebracht wird, sich nicht an den originaltext hält.

 

allerdings muß auch ich sagen, daß ich die inszenierung nicht so besonders fand. ich finde, daß durch die starke, aber gleichzeitig recht statische überzeichnung der figuren, die brüchen in denselben nicht mehr plausibel waren. das hat imho theatralisch nicht so ganz funktioniert.

 

 

sehr stark hingegen fand ich "die krankheit der jungend". der anfang des "werthers" war grandios (ging dann im letzten dritten aber ein bissal in gar viel emotionalität unter, also vor allem die sprachverständlichkeit, was imho zu längen führte), und die "orestie" hat sich mir als bild (weniger als dramatik) ins gedächtnis gebrannt. (irritierend an der "orestie" fand ich nur den süßlichen geruch des theaterbluts. da waten die durch die trojanische blutlache, da tobt der chor, da haut's einem ein ritual ins aug, und dann riechte es die ganze zeit nach himbeerkracherl ... :angry: )

 

auch der stückemarkt war recht überzeugend, find ich. das (imho zu recht ausgezeichnete) stück der finnin maria kilpi wird im dezember am gorki zu sehen sein. bis dezember ist zwar noch ein zeital, aber ich empfehle das stück schon mal im voraus, und bin schon gespannt auf die inszenierung.

http://www.berlinerfestspiele.de/de/aktuel...oerderpreis.php

 

die "drei schwestern" konnte ich leider aus zeitgründen nicht mehr sehen. hat die wer gesehen? wie fandet ihr's?

 

 

ortswechsel: wiener festwochen http://www.festwochen.at/

 

"circus istorija - zirkus der geschichte"

so hab ich shakespeare noch nie gesehen/gehört. ich fand es eine sehr gelunge auseinandersetzung mit brutalität und macht. das böse ist ein schrecklicher, aber artistischer clown.

 

"151 meter über dem meer" hat mich als performance/inszenierung weniger beeindruckt. die gleistete textarbeit fand ich aber sehr überzeugend, also der text würd mir als hörspiel gut gefallen.

 

die wiener festwochen sind ja noch im gang, mal schaun, was noch kommt. hat wer empfehlungen?

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Paßt Oper in einen Theater-Thread?

 

ich find schon! :angry:

nur immer her mit den opern-impressionen!

 

 

ich fang dann gleich einmal an. derzeit in der wiener kammeroper: "i due timidi. die beiden schüchternen" von nino rota.

http://www.wienerkammeroper.at/i-due-timidi.de.php

nino rota ist auch mit seiner filmmusik recht bekannt geworden (der pate, fellini- und visconti-filme usw.)

die inszenierung ist recht handfest, aber ein vergnüglicher abend ist es allemal, die kleinen extrafeatures des bühnenbildes haben witz, und die musikalische gestaltung der zimmermädchen ging mir zwei tage nicht mehr aus dem kopf.

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Etwas spröde inszeniert war die Aufführung von Mastikows "Filius" in der Laienspielbühne Nörten-Hardenberg, was aber durch die Spielfreude des runderneuerten Ensembles ausgeglichen wurde. Zwar vermisste man den grossartigen und im Alter von 97 Jahren viel zu früh verstorbenen Herbert Wuttich in seiner Paraderolle als Vater Übermut, aber darüber tröstete sein Nachfolger Rudi Pinkepank mit seiner beeindruckenden Stentorstimme hinweg. Auffällig war der Einsatz von martialischer Symbolik im Bühnenbild. Der im 3. Akt zu amüsanten Verwicklungen führende Kleiderschrank der Cordelia wurde so durch den eindrucksvollen Nachbau des berüchtigten B-29-Bombers Enola Gay ersetzt. Das oft parodierte Korkenknallen der 12 Champagnerflaschen in der ansonsten so rührenden Sterbeszene - ein Einfall, auf den Mastikow berechtigterweise immer sehr stolz war - verlor aber an Witz, weil Regisseur Kurt Wesslinghoff sich entschied, die Szene als amerikanische Soldatenbeerdigung mit Salutschüssen und Blaskapelle zu inszenieren. Wesslinghoff verstand das als subversiven Kommentar zur aktuellen Weltpolitik, der Rezensent fragt sich aber, ob eine Boulevardkomödie, in der es ursprünglich um einen absurden Erbschaftsstreit in einer Dynastie von sibirischen Fellmützenwebern geht, der geeigenete Ort dafür ist. Dennoch, die Kostüme waren herrlich, selten erlebt man es ja heute als Theaterbesucher, dass die Darsteller besser gekleidet sind als das Publikum - wenn sie überhaupt etwas anhaben. Fazit: Kein Abend für Mastikow-Kenner, aber die anderen fünf Besucher haben sich köstlich amüsiert. Besonders honoriert wurde die mutige Entscheidung, die geschliffenen Dialoge Mastikows mit dem polnischen Originaltext zu untertiteln. In der Übersetzung entgeht einem ja doch der eine oder andere Witz.

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Etwas spröde inszeniert war die Aufführung von Mastikows "Filius" in der Laienspielbühne Nörten-Hardenberg, was aber durch die Spielfreude des runderneuerten Ensembles ausgeglichen wurde. Zwar vermisste man den grossartigen und im Alter von 97 Jahren viel zu früh verstorbenen Herbert Wuttich in seiner Paraderolle als Vater Übermut, aber darüber tröstete sein Nachfolger Rudi Pinkepank mit seiner beeindruckenden Stentorstimme hinweg. Auffällig war der Einsatz von martialischer Symbolik im Bühnenbild. Der im 3. Akt zu amüsanten Verwicklungen führende Kleiderschrank der Cordelia wurde so durch den eindrucksvollen Nachbau des berüchtigten B-29-Bombers Enola Gay ersetzt. Das oft parodierte Korkenknallen der 12 Champagnerflaschen in der ansonsten so rührenden Sterbeszene - ein Einfall, auf den Mastikow berechtigterweise immer sehr stolz war - verlor aber an Witz, weil Regisseur Kurt Wesslinghoff sich entschied, die Szene als amerikanische Soldatenbeerdigung mit Salutschüssen und Blaskapelle zu inszenieren. Wesslinghoff verstand das als subversiven Kommentar zur aktuellen Weltpolitik, der Rezensent fragt sich aber, ob eine Boulevardkomödie, in der es ursprünglich um einen absurden Erbschaftsstreit in einer Dynastie von sibirischen Fellmützenwebern geht, der geeigenete Ort dafür ist. Dennoch, die Kostüme waren herrlich, selten erlebt man es ja heute als Theaterbesucher, dass die Darsteller besser gekleidet sind als das Publikum - wenn sie überhaupt etwas anhaben. Fazit: Kein Abend für Mastikow-Kenner, aber die anderen fünf Besucher haben sich köstlich amüsiert. Besonders honoriert wurde die mutige Entscheidung, die geschliffenen Dialoge Mastikows mit dem polnischen Originaltext zu untertiteln. In der Übersetzung entgeht einem ja doch der eine oder andere Witz.

 

 

:angry:

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nord - castorf nach celine

http://www.festwochen.at/index.php?id=even...0&detail=30

 

whow, ich habe noch eine inszenierung gesehen, bei der so viele leute den saal verlassen haben. aber, von den hinteren rängen aus, von dort, wo ich gesessen bin, waren die unmutsäußerungen der aufbrechenden zuschauer deutlich besser zu verstehen, als die sprachlichen äußerungen der schauspieler auf der bühne. vermutlich was das auch der grund, warum so viele gegangen sind: drei stunden hysterie sind eben langweilig, wenn man kaum ein wort versteht.

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Wallenstein

Um's vorweg zu sagen, die Aufführung hat mich gefesselt, man hatte nie das Gefühl, irgendetwas abzusitzen, sondern trotz der unglaublich unbequemen Stühle, war's ein Genuss (ich rate nachdrücklich dazu, ein Kissen mitzunehmen oder wenn man mit Begleitung geht, zwei Kissen mitzunehmen).

Die Aufführung ist gewissermaßen zweigeteilt: im ersten Teil, Wallensteins Lager ist auf der Bühne ein Zeltlager aufgebaut und in der Anschaulichkeit der Kulisse und der Kostüme gerät das eigentliche Stück ein wenig in der Hintergrund, man fühlt sich eher an Karl-May-Festspiele erinnert. Der erste Teil hat auch kaum einen Spannungsbogen, wer sehr wenig Zeit oder Sitzfleisch hat, kann ihn sich getrost sparen.

Der zweite Teil besteht aus den Piccolomini und Wallensteins Tod, hier hat sich das Bühnenbild radikal gewandelt, es ist eine schlichte aber raffinierte Bühnenkonstruktion, die das Ränkespiel anschaulich macht und die Handlung unterstützt. Brandauer fand ich klasse als Wallenstein, er wütet, tobt und werkelt auf der Bühne rum und es macht einfach Spaß, ihn anzusehen. Wie ich auch beim Lesen des Stückes empfand, macht sich allerdings die Liebesgeschichte zwischen Max und Thekla fast nur als retardierendes Element bemerkbar.

Es heißt gelegentlich, Brandauer und das Stück ließen gegen Ende nach; meine Erfahrung war, aber es könnte auch gut an mir gelegen haben, dass sich am Anfang von Wallensteins Tod eine gewisse Erschlaffung breitmacht, dass aber am Ende die Schraube wieder etwas fester angezogen wird.

 

Also, ich fand's klasse und kann's nur jedem Berliner oder Berlinbesucher empfehlen.

bearbeitet von Clown
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"Wie es euch gefällt" am Bochumer Schauspielhaus.

 

Gekonnte Ruhrgebietsinszenierung. Anfang und Ende sehr gut, in der Mitte einige Längen. Sehr schöne und zeitgemäße Umsetzung. An einigen Stellen hält man sich anscheinend sehr an den Wortlaut der Schlegel-Übersetzung, aber es wirkt nirgendwo un-lebendig. Mir hat die Aufführung sehr gut gefallen.

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"Wie es euch gefällt" am Bochumer Schauspielhaus.

 

Gekonnte Ruhrgebietsinszenierung. Anfang und Ende sehr gut, in der Mitte einige Längen. Sehr schöne und zeitgemäße Umsetzung. An einigen Stellen hält man sich anscheinend sehr an den Wortlaut der Schlegel-Übersetzung, aber es wirkt nirgendwo un-lebendig. Mir hat die Aufführung sehr gut gefallen.

 

Das war auch mein Eindruck.

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L’incoronazione di Poppea am Musiktheater im Revier.

 

Grandiose Aufführung, auf keinen Fall verpassen. Sehr gelungen fand ich den Versuch, die heute übliche historische Aufführungspraxis etwas aufzulockern indem neben den historischen auch moderne Instrumente verwendet wurden, u.a. Klavier und Vibraphon, man merkte stellenweise kaum, dass die Musik schon fast 400 Jahre alt ist. Auch die Kostüme waren uneinheitlich, Amor tritt im klassischen Barockopern-Kostüm auf, die Soldaten in Bomberjacken und Springerstiefeln. Auch die Sprachen wurden ständig gewechselt, deutsch, italienisch und Latein (Seneca). Die Rolle des Ottone war mit einem exzellenten Counter-Tenor besetzt, der die anderen Darsteller m.E. überragte. Die Handlung hat man etwas verändert, Fortuna und Virtus treten erst gar nicht auf, dafür wurde die Rolle des Amor stärker betont, er wuselt fast in jedem Bild herum und beherrscht das Leben der Protagonisten. Auf jeden Fall anschauen.

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Tannhäuser, gestern Abend im Aalto

 

Wenn man schon mal den Tannhäuser geboten bekommt sollte man auch hingehen. Ich war zunächst aus privaten Gründen etwas genervt, aber das war nach den ersten Takten der Ouvertüre schon wieder vergessen. Diese Musik ist wirklich überirdisch gut. Ich hatte die bisher nur auf CD, aber in einem vollbesetzten Opernhaus ist das noch mal was anderes. Während der über eine Viertelstunde gehenden Ouvertüre wurden Texte auf eine Leinwand projiziert, in denen Tannhäuser sich an das Publikum wendet, das fand ich ganz nett. Ausstattung und Bühnenbild waren zunächst recht sparsam, aber dann durchaus originell. Die Jagdgesellschaft des Landgrafen macht Jagd auf Playboy-Bunnies; der Sängerkrieg findet in Essen statt (man sieht Bergleute und den Turm der Zeche Zollverein, unter dem man allerdings noch das Schloß Neuschwanstein placiert hat). Wagner selbst und Ludwig II. haben einen Auftritt als Statisten. Es wirkt teilweise wie eine Spaßveranstaltung, aber der Hintergrund ist ernst. Die Oper behandelt den Konflikt zwischen abendländisch-christlich-vergeistigen Idealen und der (als heidnisch dargestellten) sinnlichen Liebe. Dieses schwierige Verhältnis ist ja heute noch aktuell, zumindest wenn man religiös ist. Die Oper kann einen Eindruck davon vermitteln, dass dieser Konflikt vielschichtiger und komplizierter ist als man es mit Worten darstellen könnte, jedenfalls empfinde ich es so. Trotz der Dauer von vier Stunden hat die Oper eigentlich keine Längen. Rundum gelungen.

bearbeitet von Squire
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Aus gegebenem Anlass reanimiere ich mal diesen Thread:

 

Gestern waren wir in "Ein Sommernachtstraum", aufgeführt von der Shakespeare-Company auf dem Schöneberger Südgelände (S-Bahnhof Priesterweg, Ausgang Prellerstraße) - und wenn ihr in oder in der Nähe Berlins wohnt und das irgendwie einrichten könnt: Unbedingt ansehen!!

 

Ich habe dieses Stück schon mehrfach gesehen, aber noch nie so gut. Der Text ist neu übersetzt, mit sehr gutem Gefühl für Sprache und Witz. Es ist innig, lustig, derb, fantastisch, die Inszenierung ist wundervoll im sehr präzisen Spiel mit den Ebenen, die Kostüme herrlich ... kurz: Hingehen!!!

 

Mehr dazu hier: http://www.shakespeare-company.de/de/spielplan/inszenierungen/ein-sommernachtstraum.html

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Ich gehe kaum ins Theater, weil mir diese ganze Abgefucktheit des deutschen (Regie-)Theaters ziemlich auf die Nerven geht. Meine bisherigen Theatererfahrungen enthielten unter anderem:

 

-Eine Woyzeck-Aufführung mit Rockmusik von Tom Waits

-Eine Hamlet-Aufführung mit einem schwabbeligen Hamlet, der sich ständig ausgezogen hat

-Eine Faust-Aufführung, worin die Schauspieler teilweise Strapse und Rollschuhe getragen haben :facepalm:

 

Ich verstehe einfach nicht, was das soll. Wenn ich z.B. Faust sehen will, dann will ich doch einfach nur das Stück sehen. Treu und sorgfältig auf die Bühne gebracht. Da will ich doch nicht irgendeine moderne Performance-Kunst sehen. Und auch wenn die Darsteller älterer Stücke nicht unbedingt Kostüme aus der damaligen Zeit tragen müssen, aber ein Hamlet in ausgewaschenen Jeans ist einfach lächerlich. Das ist keine Art, einen "Gegenwartsbezug" herzustellen.

 

Die einzigen guten Aufführung, an die ich mich erinnere, waren eine Inszenierung von "Der Obstgarten" und eine Bühnenversion von Effi Briest. Ansonsten lese ich die Stücke lieber.

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"Giselle" in der Inszenierung von David Dawson

 

Heute gesehen. 1. Akt perfekt und absolut mitreißend. Man glaubt nicht, wie gut man mit den Mitteln des Balletts eine Geschichte erzählen kann, wenn man es nicht selbst gesehen hat. 2. Akt eher enttäuschend, zu dunkel, zu viele Schleier.

 

Alles in allem aber jederzeit zu empfehlen.

 

http://dawsonarts.net/Video/Giselle/3126?local=1

bearbeitet von Merkur
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"Giselle" in der Inszenierung von David Dawson

 

Heute gesehen. 1. Akt perfekt und absolut mitreißend. Man glaubt nicht, wie gut man mit den Mitteln des Balletts eine Geschichte erzählen kann, wenn man es nicht selbst gesehen hat. 2. Akt eher enttäuschend, zu dunkel, zu viele Schleier.

 

Alles in allem aber jederzeit zu empfehlen.

 

http://dawsonarts.net/Video/Giselle/3126?local=1

Danke für den Link. Soooo schön!

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Ariodante in Essen.

 

Nach dieser Vorstellung frage ich mich, ob an der gerne kolportierten Behauptung, die Liebesheirat sei eine Erfindung des 19. Jh., viel dran ist. In der Oper gab es das wohl auch schon vorher.

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Così fan tutte am Musiktheater im Revier in Gelsenkirchen: Così wird in öffentlich-rechtlichen Opernhäusern gerne aufgeführt, weil man wegen der gefälligen Musik nicht viel falsch machen kann. Gestern Abend stand es in Gelsenkirchen auf dem Plan. Ich habe zunächst nicht viel erwartet, da das Stück eben bekannt ist und vermeintlich alles an Interpretationsmöglichkeiten schon da war. Das Thema ist einfach: Die Liebe hat ihre eigenen Gesetze und wer sich nicht daran hält, der leidet (Eine Weisheit, die auch die Kirche einmal zur Kenntnis nehmen könnte).

 

Im Originalplot ist es so, dass zwei junge Offiere mit ihrem älteren Freund darum wetten, dass ihnen ihre Verlobten unter allen Umständen treu bleiben werden. Sie verabschieden sich unter dem Vorwand, in den Krieg ziehen zu müssen, kehren dann verkleidet zurück und umwerben unter Mithilfe der etwas abgebrühteren Kammerzofe der Damen die Verlobte des jeweils anderen (wobei diese sie nicht erkennen. Nicht wirklich glaubwürdig, aber darauf kommt es nicht an). Am Anfang blitzen sie ab, aber nach einigen Versuchen lassen die Damen sich überzeugen. Am Ende klärt sich alles auf, die Damen sind peinlich berührt und alle meinen, dass man sich in den Wechselfällen des Lebens von der Vernunft leiten lassen sollte.

 

Die Inszenierung in Gelsenkirchen verlegt die Handlung nach Frankreich in den Zeitraum von 1913 bis 1950. Im Jahr 1913, in der Vorkriegszeit wird das Ideal der Treue beschworen und die Welt ist noch in Ordnung. 1916 - man hört im Hintergrund die Bombeneinschläge - ist der Krieg im Leben angekommen, die Kammerzofe beschwert sich über ihr anstrengendes Dasein. 1918 kehren die beiden Offiziere schwer verwundet aus dem Krieg zurück und werden von ihren Verlobten nicht etwa begeistert, sondern recht kühl und abweisend aufgenommen. Sehr gut fand ich, dass man die bekannte Felsenarie hier nicht von einem selbstbewußten Liebhaber, sondern von einem verletzten Kriegsheimkehrer hört. Die Paare entfremden sich voneinander, finden dann 1928 beim Besuch einer Tropen-Revue wieder zusammen und  lassen sich dann im Jahr 1938 nach einigem hin und her in einem erotischen Club auf einen Partnertausch ein, bei dem es dann schließlich auch bleibt nachdem auch der zweite Weltkrieg überstanden ist und die biederen fünfziger Jahre anbrechen.

 

Die Inszenierung weicht erheblich vom Original ab, deswegen passen die Texte nicht an allen Stellen zur Handlung, aber die Übertragung der Story von den Turbulenzen im Privatleben zweier Paare zu den Wechselfällen der Geschichte fand ich sehr gelungen.

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