Jump to content

Schlussendlich nicht wirklich


benedetto

Recommended Posts

Insbesondere zu EM-Zeiten, wenn der schweizer Schiedsrichter mit dem seltenen Vornamen Urs moderiert, begegnet einem das Wort "schlussendlich" alle Nase lang. Vor 10 Jahren klang das noch sonderbar in meinen westdeutschen Ohren, aber heute stelle ich fest, dass es garnicht mehr komisch tönt...

 

Genauso ging es mir, als mein Bruder, vor einigen Jahren aus anglophonen Landen zurückkommend, auf einmal auf viele Fragen mit "nicht wirklich" antwortete. (Hast Du eine Macke? - Nicht wirklich...) Damals glaubte ich noch an ein vorübergehendes Phänomen, inzwischen glaube ich, dass er dieses germanische "not really" ins Land geschleppt und Millionen infiziert hat.

 

Etymologen, Philologen, an die Front! Wie kommt es zu solchen sonderbaren Importen?

(Ich habe leider kein älteres Wörterbuch greifbar - ich bin mir aber ziemlich sicher, dass man in einer älteren Ausgabe sicherlich nicht "schlussendlich" als Synomym für letztendlich oder letzen Endes finden dürfte oder wenn doch, dann mit der geographischen Einschränkung "Schweiz".)

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Das "Variantenwörterbuch des Deutschen" (de Gruyter Vlg. 2004) gibt für "schlussendlich" A und CH an und als "Übersetzung" für D: schließlich, endlich, letztlich, letztendlich.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Ich habe zeitweise versucht, hierzulande "Velo" für Fahrrad einzuführen, und eine schweizerische Verwendung von "noch", deren Semantik mir inzwischen wieder recht ungewiss geworden ist. Hat aber nicht funktioniert.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

(Ich habe leider kein älteres Wörterbuch greifbar - ich bin mir aber ziemlich sicher, dass man in einer älteren Ausgabe sicherlich nicht "schlussendlich" als Synomym für letztendlich oder letzen Endes finden dürfte oder wenn doch, dann mit der geographischen Einschränkung "Schweiz".)

 

Stimmt. Im grossen Wahrig von 1997 steht:

 

schluß'end·lich, schluss'end·lich (Adv.; bes. schweiz.) schließlich, endlich, zum Schluß

bearbeitet von Stefan
Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Ich habe zeitweise versucht, hierzulande "Velo" für Fahrrad einzuführen, und eine schweizerische Verwendung von "noch", deren Semantik mir inzwischen wieder recht ungewiss geworden ist. Hat aber nicht funktioniert.

Ähnlich gescheitert bin ich mit Kalkülette (mit unbetontem End-e) für Taschenrechner, wobei sich zumindest in meinem unmittelbaren Kollegenkreis jetzt langsam Camembert für Tortendiagramm durchsetzt...

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Mit "makes sense" ist es ja genauso gelaufen.

 

 

 

und mit "realisieren" (das im Deutschen eigentlich nur für das ursprüngliche "verwirklichen" stand und jetzt allenthalben verwendet wird wie "to realize". B)

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Früher war das Wort "nichtsdestotrotz" eine lustige Vermischung aus "nichtsdesto weniger" und "trotzdem". Jetzt ist es ein anerkanntes Wort.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Genauso ging es mir, als mein Bruder, vor einigen Jahren aus anglophonen Landen zurückkommend, auf einmal auf viele Fragen mit "nicht wirklich" antwortete. (Hast Du eine Macke? - Nicht wirklich...) Damals glaubte ich noch an ein vorübergehendes Phänomen, inzwischen glaube ich, dass er dieses germanische "not really" ins Land geschleppt und Millionen infiziert hat.

Quatsch, "nicht wirklich" findet sich schon im Protagoras-Dialog von Platon! Auf eine weitere längere Ausführung von Sokrates, die dann mit "Ist es nicht so, o Protagoras?" endet, antwortet dieser trocken: "Ou dêta." (wörtlich "nicht wirklich")

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

und mit "realisieren" (das im Deutschen eigentlich nur für das ursprüngliche "verwirklichen" stand und jetzt allenthalben verwendet wird wie "to realize". :)

 

to realise

 

Koloniale Separatisten, amerikanische! B)

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Mit "ich erinnere" ist es auch so gelaufen. "I remember" hat das gute alte "ich erinnere mich" glattweg überrollt! Heutzutage kann man einfach "ich erinnere das nicht" sagen statt "ich erinnere mich nicht daran" B)

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Mit "makes sense" ist es ja genauso gelaufen.

 

 

 

und mit "realisieren" (das im Deutschen eigentlich nur für das ursprüngliche "verwirklichen" stand und jetzt allenthalben verwendet wird wie "to realize". :)

 

Im Deutschen? B)

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Quatsch, "nicht wirklich" findet sich schon im Protagoras-Dialog von Platon! Auf eine weitere längere Ausführung von Sokrates, die dann mit "Ist es nicht so, o Protagoras?" endet, antwortet dieser trocken: "Ou dêta." (wörtlich "nicht wirklich")

 

Bedeutet "dêta" "wirklich" B) Wenn, dann nur im Sinne eienr Bekräftigung ("ein wirklich schöner Anblick"). Laut LSJ s.v. δητα 1 Ende heißt ou deta "ganz und gar nicht".

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Was mich zur Zeit umtreibt ist, wenn jemand einem einen beruflichen Gefallen tut und man sich bedankt, kommt unweigerlich zur Antwort "Gerne".

 

Ich kann es nicht mehr hören.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Was mich zur Zeit umtreibt ist, wenn jemand einem einen beruflichen Gefallen tut und man sich bedankt, kommt unweigerlich zur Antwort "Gerne".

 

Ich kann es nicht mehr hören.

Bei mir ist es das "Hallo" (so gesprochen, als ob man in einen leeren Raum hineinruft), wenn man sein Befremden bekunden will. Vor ca. 10 bis 20 Jahren hatte die Phrase "Ich glaube, ich bin im falschen Film" diese Funktion. Absolut furchtbar.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Bei mir ist es das "Hallo" (so gesprochen, als ob man in einen leeren Raum hineinruft), wenn man sein Befremden bekunden will.
Ich habe dieses "Hallo" seitdem ich "Mulan" gesehen habe - seitdem sehe ich vor meinem inneren Auge immer diesen Zwergdrachen und sein "Haloho!" verbunden mit dem Bedürfnis dem Verursacher des Befremdens chinesische Gongs um die Ohren zu hauen.
Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Was mich zur Zeit umtreibt ist, wenn jemand einem einen beruflichen Gefallen tut und man sich bedankt, kommt unweigerlich zur Antwort "Gerne".

 

Ich kann es nicht mehr hören.

Bei mir ist es das "Hallo" (so gesprochen, als ob man in einen leeren Raum hineinruft), wenn man sein Befremden bekunden will. Vor ca. 10 bis 20 Jahren hatte die Phrase "Ich glaube, ich bin im falschen Film" diese Funktion. Absolut furchtbar.

Ich finde dieses "Hallo" als Anrede in e-mails ganz furchtbar.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Was mich zur Zeit umtreibt ist, wenn jemand einem einen beruflichen Gefallen tut und man sich bedankt, kommt unweigerlich zur Antwort "Gerne".

 

Ich kann es nicht mehr hören.

Und ich dachte, nur die Berliner hätten diese Macke - die kennen hier garnicht bitte oder keine Ursache als Antwort. (Blöd ist allerdings auch das auch schon von mir verwendete "nicht dafür"...)

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Mit "ich erinnere" ist es auch so gelaufen. "I remember" hat das gute alte "ich erinnere mich" glattweg überrollt! Heutzutage kann man einfach "ich erinnere das nicht" sagen statt "ich erinnere mich nicht daran" B)
Oh, wie ich das hasse, abgrundtief hasse. Genauso wie "kommunizieren" transitiv zu verwenden.

 

Über Jahrhunderte gewachsene Formen der Sprache werden brutal mit der Kettensäge des globalisierten Unverstandes gefällt, die Reste im tiefen Graben des unreflektieren Nachplapperns versenkt. Ein Greuel. :)

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Was mich zur Zeit umtreibt ist, wenn jemand einem einen beruflichen Gefallen tut und man sich bedankt, kommt unweigerlich zur Antwort "Gerne".

 

Ich kann es nicht mehr hören.

Da nich' für

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Mit "ich erinnere" ist es auch so gelaufen. "I remember" hat das gute alte "ich erinnere mich" glattweg überrollt! Heutzutage kann man einfach "ich erinnere das nicht" sagen statt "ich erinnere mich nicht daran" B)
Oh, wie ich das hasse, abgrundtief hasse. Genauso wie "kommunizieren" transitiv zu verwenden.

 

Über Jahrhunderte gewachsene Formen der Sprache werden brutal mit der Kettensäge des globalisierten Unverstandes gefällt, die Reste im tiefen Graben des unreflektieren Nachplapperns versenkt. Ein Greuel. :)

 

*mitgrusel*

 

Auch übel: "ich habe gelernt" anstatt "ich habe erfahren" :k035:

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Quatsch, "nicht wirklich" findet sich schon im Protagoras-Dialog von Platon! Auf eine weitere längere Ausführung von Sokrates, die dann mit "Ist es nicht so, o Protagoras?" endet, antwortet dieser trocken: "Ou dêta." (wörtlich "nicht wirklich")

 

Bedeutet "dêta" "wirklich" B) Wenn, dann nur im Sinne eienr Bekräftigung ("ein wirklich schöner Anblick"). Laut LSJ s.v. δητα 1 Ende heißt ou deta "ganz und gar nicht".

Deshalb schrieb ich ja auch "wörtlich". Natürlich bedeutet es nicht wirklich "nicht wirklich", aber ich musste trotzdem laut lachen, als ich die Stelle zum ersten Mal gelesen habe. Darum habe ich sie noch in Erinnerung.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

(Ich habe leider kein älteres Wörterbuch greifbar - ich bin mir aber ziemlich sicher, dass man in einer älteren Ausgabe sicherlich nicht "schlussendlich" als Synomym für letztendlich oder letzen Endes finden dürfte oder wenn doch, dann mit der geographischen Einschränkung "Schweiz".)

 

Stimmt. Im grossen Wahrig von 1997 steht:

 

schluß'end·lich, schluss'end·lich (Adv.; bes. schweiz.) schließlich, endlich, zum Schluß

Ja, es finden sogar dann und wann Helvetizismen Eingang in die deutsche Sprache.

Vor ungefähr 30 Jahren habe ich in der Schweiz als Mitbringsel eine Tafel echte Schweizer Schokolade am Kiosk gekauft (es war Sonntag und die Läden waren zu) und der Verkäufer hat gemeint "Diese hier ischt günschtiger, da ischt eine Aktschion!"

Ich habe erst gar nicht verstanden, was er meint, und wir haben auf der ganzen Heimfahrt darüber gelacht, wie man für ein Sonderangebot so ein merkwürdiges Wort wie "Aktion" verwenden kann....

 

Werner

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

und mit "realisieren" (das im Deutschen eigentlich nur für das ursprüngliche "verwirklichen" stand und jetzt allenthalben verwendet wird wie "to realize". :)

to realise

 

Koloniale Separatisten, amerikanische! B)

Ähm, schaue mal ins OED, Sir.

 

Oder auch hier:

 

http://c2.com/cgi/wiki?RealizeVersusRealise

 

Beide Formen sind bei den Limeys zugelassen, und es hat mit uns USianern nichts zu tun. "-ize" war schon zu Shakespeares Zeiten bekannt.

 

Cheers,

 

Walsingham

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Ähm, schaue mal ins OED, Sir.

Oder auch hier:

http://c2.com/cgi/wiki?RealizeVersusRealise

 

Beide Formen sind bei den Limeys zugelassen, und es hat mit uns USianern nichts zu tun. "-ize" war schon zu Shakespeares Zeiten bekannt.

Man lernt hier doch jeden Tag etwas neues, und da fragen viele Christen, was man hier will. In der Schule hieß es noch ,"-ise" sei englisch, "-ize" amerikanisch. Wenn ich das also richtig verstehe, ist beides sprachtechnisch im UK erlaubt, "-ise" aber in US verboten. Für eingefleischte Europäer also ein Grund, "-ise" zu benutzen. B)

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Join the conversation

You can post now and register later. If you have an account, sign in now to post with your account.

Gast
Auf dieses Thema antworten...

×   Du hast formatierten Text eingefügt.   Formatierung jetzt entfernen

  Only 75 emoji are allowed.

×   Dein Link wurde automatisch eingebettet.   Einbetten rückgängig machen und als Link darstellen

×   Dein vorheriger Inhalt wurde wiederhergestellt.   Clear editor

×   You cannot paste images directly. Upload or insert images from URL.

×
×
  • Neu erstellen...