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Galilei dixit


AndreasB

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Die Philosophie ist geschrieben in jenem großen Buche, das immer vor unseren Augen liegt; aber wir können es nicht verstehen, wenn wir nicht zuerst die Sprache und die Zeichen lernen, in denen es geschrieben ist. Diese Sprache ist Mathematik, und die Zeichen sind Dreiecke, Kreise und andere geometrische Figuren, ohne die es dem Menschen unmöglich ist, ein einziges Wort davon zu verstehen; ohne diese irrt man in einem dunklen Labyrinth herum.

(Galileo Galilei, "Saggiatore", 1623)

 

In der Tat lassen sich ja außerordentlich viele Naturerscheinungen mathematisch erfassen und es besteht immer noch Grund zur Hoffnung, dass sich alle Naturerscheinungen so erfassen lassen - auch wenn wir die dahinterstehende Mathematik möglicherweise nicht kapieren.

 

Nun meine Frage: warum ist das so, warum 'ist' das Universum mathematisch? Ist diese Frage überhaupt eine sinnvolle Frage?

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Franciscus non papa

ich kann das nicht wirklich beantworten.

 

als musiker bleibt nur festzuhalten, dass die kunst sehr viel mit mathematik zu tun hat und viele guten musiker sind auch mathematiker (gewesen).

 

im übrigen ist mathematik wohl die reine philosophie, vielleicht sind die zahlen ja nur fiktion. aber das faszinierende ist - diese reine gedankenwissenschaft ermöglicht auf faszinierende weise die realität zu beschreiben, ja sogar dinge für erforderlich anzusehen, die man zunächst gar nicht sehen kann, dann aber doch findet...

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Nun meine Frage: warum ist das so, warum 'ist' das Universum mathematisch? Ist diese Frage überhaupt eine sinnvolle Frage?

 

Antwort auf die letzte Frage: Nein. Eine Frage nach dem "Warum" impliziert, damit sie sinnvoll sein kann, immer auch, dass es einen kausalen Grund gibt. Man könnte die Frage auch so übersetzen:

 

Was ist die Ursache dafür, dass das Universum mathematisch ist? Diese Frage nach der Ursache setzt aber wiederum Mathematik, also Logik (Logik = Mathematik), voraus. Man kann auf die die Frage nach der Ursache für das Universum aber nicht die Logik voraussetzen, um zu erklären, warum das Universum mathematisch (= logisch) ist. Dann würde man die Logik mit sich selbst erklären, oder: Das Universum ist mathematisch, weil es mathematisch ist.

 

Eine andere Frage ist, warum wir mit der Hilfe der Mathematik das Universum verstehen können. Aber das ist nicht dieselbe Frage wie Deine erste Frage, und ich schätze mal, mit einer Antwort wäre Dir nicht geholfen.

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Nun meine Frage: warum ist das so, warum 'ist' das Universum mathematisch? Ist diese Frage überhaupt eine sinnvolle Frage?

Nein.

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Aber selbstverständlich ist das eine vernünftige Frage.

 

Und meine (momentane) Antwort ist eine Kantsche: Die Mathematik schreiben wir dem Universum vor. Mathematik ist eine Eigenschaft - oder besser: Eein Prdukt - des (menschlichen) Geistes, und mit Hilfe dieser Eigenschaft schreiben wir der Welt ihre Gesetze vor, bzw. erfinden sie.

bearbeitet von Sokrates
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Ist die von Galilei benutzte Analogie zwischen Mathematik mit ihren Zeichen und der Sprache nur ein Mittel, um seinen Gedanken zu verdeutlichen, oder kann man tatsächlich Mathematik als Sprache mit eigenständiger Syntax und Grammatik verstehen?

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Ist die von Galilei benutzte Analogie zwischen Mathematik mit ihren Zeichen und der Sprache nur ein Mittel, um seinen Gedanken zu verdeutlichen, oder kann man tatsächlich Mathematik als Sprache mit eigenständiger Syntax und Grammatik verstehen?

Ich würde die Sprache der Mathematik nicht nur auf Syntax und Grammatik beschränken wollen. Viel wichtiger ist die Semantik. Sprich: Die objektiven Sachverhalte, die dabei entdeckt werden.

 

Beispiel: Die Natürlichen Zahlen sind in gewisser Weise eine Abstraktion von zählbaren (also unterscheidbaren) Dingen. Die Zahl "5" ist das, was 5 Äpfel, 5 Frauen, 5 Autos und 5 Steinbrocken gemeinsam haben. Und diese Erfindung hat nun plötzlich objektive Eigenschaften, die man entdecken kann. (Zum Beispiel, dass der Vorgang des Zählens kein Ende nimmt, dass es "Primzahlen" darunter gibt, dass es unendlich viele von diesen Primzahlen gibt, usw. Statt zu sagen "Mathematik ist eine Sprache" würde ich eher sagen "Mathematik ist eine sprachlich formulierte Zusammenstellung von objektiven Sachverhalten über Objekte unseres Denkens".

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Nun meine Frage: warum ist das so, warum 'ist' das Universum mathematisch? Ist diese Frage überhaupt eine sinnvolle Frage?

 

Antwort auf die letzte Frage: Nein. Eine Frage nach dem "Warum" impliziert, damit sie sinnvoll sein kann, immer auch, dass es einen kausalen Grund gibt. Man könnte die Frage auch so übersetzen:

 

Was ist die Ursache dafür, dass das Universum mathematisch ist? Diese Frage nach der Ursache setzt aber wiederum Mathematik, also Logik (Logik = Mathematik), voraus. Man kann auf die die Frage nach der Ursache für das Universum aber nicht die Logik voraussetzen, um zu erklären, warum das Universum mathematisch (= logisch) ist. Dann würde man die Logik mit sich selbst erklären, oder: Das Universum ist mathematisch, weil es mathematisch ist.

Es ging mir nicht um so eine simple Ursache für Mathematik, dergleichen wurde ja in diesem Forum bis zum Erbarmen durchgebetet, durchgeknetet in all den Gott=letzte Ursache-Threads, die zu suchen ich mir schenkte. Mir ging es tatsächlich eher um

Eine andere Frage ist, warum wir mit der Hilfe der Mathematik das Universum verstehen können. Aber das ist nicht dieselbe Frage wie Deine erste Frage, und ich schätze mal, mit einer Antwort wäre Dir nicht geholfen.

eine eher persönliche Sicht, wie die Forumsteilnehmer die Tatsache einschätzen, dass sich nützliche Voraussagen machen lassen, in dem man bestimmte Werte eigentlich recht simplen 'wertimmanenten' und regelgerechten Verknüpfungen und Manipulationen unterwirft.

Ich geb ja zu, dass es sich dabei eher um Physik als um Mathematik handelt, aber gerade auf diesen Übergang vom Gedachten zum Gemachten, also von der eingesetzten Hebelstange zu Kraft mal Weg und vice versa kam es mir an. Was geht da vor?

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Aber selbstverständlich ist das eine vernünftige Frage.

 

Und meine (momentane) Antwort ist eine Kantsche: Die Mathematik schreiben wir dem Universum vor. Mathematik ist eine Eigenschaft - oder besser: Eein Prdukt - des (menschlichen) Geistes, und mit Hilfe dieser Eigenschaft schreiben wir der Welt ihre Gesetze vor, bzw. erfinden sie.

Danke für den Kant.

Nur, ganz und gar erfunden kann die Mathematik aber nicht sein, denn mit ihrer Hilfe können wir zutreffende (jedenfalls meistens) Aussagen über zukünftig eintretende Ereignisse in der Wirklichkeit treffen. Auch hier gibt es ein Bindeglied zwischen Gedachtem und Gemachtem.

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Ich würde meinen: Das Universum ist nicht mathematisch. Es gibt keine mathematische Tiefenstruktur des Universums und auch keine mysteriöse Übereinstimmung zwischen Mathematik und Welt. Die Mathematik ist nur ein Zug unserer Sprache, keine Eigenschaft der Welt.

 

Es ist klar, dass sich auch jede noch so andersartige Welt mathematisch beschreiben ließe - auch wenn die Mathematik zur Beschreibung einer hochgradig chaotischen Welt vielleicht sehr unpraktisch wäre, gilt dennoch, dass die Mathematik auf jede mögliche Welt passt. Und das zeigt bereits, dass Mathematik nicht so etwas ähnliches wie ein Super-Naturgesetz ist. Nichts was zu den Eigenschaften unseres Universums gehört (und es von anderen möglichen Welten unterscheidet).

 

Man kann sich nur darüber wundern, dass es in der Welt Regelmäßigkeiten gibt, die die Anwendung einer mathematischen Weltbeschreibung wirklich praktisch machen. Das ist vielleicht das echte Rätsel: Warum gibt es so viele Gleichmäßigkeiten in der Welt? Warum ist die Welt in gewisser Hinsicht einfach?

 

...aber das ist wie gesagt etwas anderes als die Frage, warum das Universum "mathematisch" ist. Denn das ist es eben nicht. Genauso wie es nicht "logisch" (oder unlogisch) ist. Logik und Mathematik kommen erst durch die menschliche Sprache zustande. Es sind Methoden der tautologischen Umformung von Aussagen.

bearbeitet von David
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Ich würde meinen: Das Universum ist nicht mathematisch. Es gibt keine mathematische Tiefenstruktur des Universums und auch keine mysteriöse Übereinstimmung zwischen Mathematik und Welt. Die Mathematik ist nur ein Zug unserer Sprache, keine Eigenschaft der Welt.

 

Ist unsere Sprache nicht auch eine Eigenschaft der Welt? Ich würde nicht sagen, dass unser Universum mathematisch ist, aber es ist eine Eigenschaft unseres Universums, dass sich einige Eigenschaften dieses Universums in der Sprache "Mathematik" besser beschreiben lassen, als in der natürlichen Sprache der Spezies "Mensch". Rein natursprachlich lässt sich das Universum nicht vollständig beschreiben, wir brauchen künstliche Sprachen, Metasprachen, um das Universum zu verstehen. Aber auch die sind letzendlich Eigenschaften dieses Universums, weil wir Eigenschaften dieses Universums sind.

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Ich würde meinen: Das Universum ist nicht mathematisch. Es gibt keine mathematische Tiefenstruktur des Universums und auch keine mysteriöse Übereinstimmung zwischen Mathematik und Welt. Die Mathematik ist nur ein Zug unserer Sprache, keine Eigenschaft der Welt.

Allerdings eine sehr spezielle Sprache, denn im Gegensatz zu natürlichen Sprachen sind die Elemente der Mathematik genau definiert, während die Worte, die wir täglich wechseln mehr oder weniger schwammig sind.

Es ist klar, dass sich auch jede noch so andersartige Welt mathematisch beschreiben ließe - auch wenn die Mathematik zur Beschreibung einer hochgradig chaotischen Welt vielleicht sehr unpraktisch wäre, gilt dennoch, dass die Mathematik auf jede mögliche Welt passt. Und das zeigt bereits, dass Mathematik nicht so etwas ähnliches wie ein Super-Naturgesetz ist. Nichts was zu den Eigenschaften unseres Universums gehört (und es von anderen möglichen Welten unterscheidet).

Mir ist es nicht klar, dass sich jede beliebige Welt mathematisch beschreiben ließe (egal, wie komplex die Beschreibung ist), ich lass es mir aber gern erklären. Zumindest die Aussage "eine amathematische Welt ist möglich" kann ich ja schon mal treffen. B)

Man kann sich nur darüber wundern, dass es in der Welt Regelmäßigkeiten gibt, die die Anwendung einer mathematischen Weltbeschreibung wirklich praktisch machen. Das ist vielleicht das echte Rätsel: Warum gibt es so viele Gleichmäßigkeiten in der Welt? Warum ist die Welt in gewisser Hinsicht einfach?

Also gut, auf diese 'Einfachheit' zielte ich eigentlich ab. Eine meiner Beobachtungen ist, dass sich Regelmäßigkeiten gelegentlich aus dem Zusammenfassen 'gemeinsamer' Merkmale ergeben, d.h. die 'Regelmäßigkeit' entsteht erst aus dem Überstülpen von Gemeinsamkeiten bei Merkmalen. Das wäre dann die (nicht ganz) tautologische Begründung, die Welt ist einfach, weil wir sie uns einfach machen. Dies allerdings erfolgreich - so einigermaßen wenigstens.

...aber das ist wie gesagt etwas anderes als die Frage, warum das Universum "mathematisch" ist. Denn das ist es eben nicht. Genauso wie es nicht "logisch" (oder unlogisch) ist. Logik und Mathematik kommen erst durch die menschliche Sprache zustande. Es sind Methoden der tautologischen Umformung von Aussagen.

Nun ja, wenn man die Mathematik (die eigentlich (was heißt eigentlich eigentlich?) als Beispiel dient) als das "Manipulieren von Symbolen" betrachtet, bleibt tatsächlich kaum mehr als die "tautologische Umformung von Aussagen". Nur leider trägt dies nichts dazu bei, wieso diese tautologische Umformung von Aussagen ganz untautologische Folgen hat, wie zum Beispiel das erfolgreiche Auf-den-Mond-schießen von Menschen oder das Erhalten von Zinseinnahmen.

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Aber selbstverständlich ist das eine vernünftige Frage.

 

Und meine (momentane) Antwort ist eine Kantsche: Die Mathematik schreiben wir dem Universum vor. Mathematik ist eine Eigenschaft - oder besser: Eein Prdukt - des (menschlichen) Geistes, und mit Hilfe dieser Eigenschaft schreiben wir der Welt ihre Gesetze vor, bzw. erfinden sie.

Und warum tut sie so gnädig das, was wir ihr vorschreiben?

 

Aber so meintest du das nicht, oder? Sie tut das, was sie auch ohne uns tun würde - nur finden wir die mathematischen Beschreibungen so toll das wir immer sagen, dass sie nach den von uns erfundenen Gesetzen funktioniert - oder wie jetzt?

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Mir ist es nicht klar, dass sich jede beliebige Welt mathematisch beschreiben ließe (egal, wie komplex die Beschreibung ist), ich lass es mir aber gern erklären. Zumindest die Aussage "eine amathematische Welt ist möglich" kann ich ja schon mal treffen. B)

 

Na dann erzähl doch mal ein bisschen von dieser Welt - wie sieht sie denn aus? Wenn man diese Welt ein wenig konkretisiert, dann wird - denke ich - sehr schnell deutlich, dass man sie ohne weiteres mathematisch beschreiben könnte.

 

Mathematik hat in meinen Augen denselben Status wie Logik. Eine der Mathematik widersprechende Welt kann es ebenso wenig geben wie eine der Logik widersprechende Welt.

 

Dass es keine Welt geben kann, in der "A oder B" wahr ist und "Nicht-B" wahr ist und "A" falsch ist - woran liegt das? Daran, dass das Universum logischen Gesetzen gehorcht? Pustekuchen. Der Grund ist allein, dass wir sprachliche Verwendungsregeln für die Zeichen "oder" und "nicht" festgelegt haben, aus denen sich ergibt, dass "A oder B" und "Nicht-B" gemeinsam "A" implizieren. Genauso verhält es sich meiner Meinung nach mit Zahlen.

 

Also gut, auf diese 'Einfachheit' zielte ich eigentlich ab.

Ok - wie gesagt glaube ich, dass das Vorhandensein dieser Einfachheit eine ganz andere Tatsache ist als die "Tatsache", dass Mathematik Gültigkeit besitzt. Auch eine hochgradig chaotische und also sehr komplexe Welt könnte mathematisch beschrieben werden. Genauso wie man zu jeder Kurve eine Formel finden kann, kann man jede Welt mathematisch erfassen.

 

Eine meiner Beobachtungen ist, dass sich Regelmäßigkeiten gelegentlich aus dem Zusammenfassen 'gemeinsamer' Merkmale ergeben, d.h. die 'Regelmäßigkeit' entsteht erst aus dem Überstülpen von Gemeinsamkeiten bei Merkmalen. Das wäre dann die (nicht ganz) tautologische Begründung, die Welt ist einfach, weil wir sie uns einfach machen. Dies allerdings erfolgreich - so einigermaßen wenigstens.

 

Ich denke, mit dieser Erklärung machst du es dir zu "einfach" :) Man kann m.E. nicht leugnen, dass Naturgesetze, und damit auch diese spezielle Einfachheit, die in den Naturgesetzen liegt, ein objektiver Zug der Welt ist. Und über dieses Merkmal der Welt kann man zurecht staunen, auch wenn es keinen Sinn hat zu fragen, warum die Welt so und nicht anders ist.

 

Nun ja, wenn man die Mathematik (die eigentlich (was heißt eigentlich eigentlich?) als Beispiel dient) als das "Manipulieren von Symbolen" betrachtet, bleibt tatsächlich kaum mehr als die "tautologische Umformung von Aussagen". Nur leider trägt dies nichts dazu bei, wieso diese tautologische Umformung von Aussagen ganz untautologische Folgen hat, wie zum Beispiel das erfolgreiche Auf-den-Mond-schießen von Menschen oder das Erhalten von Zinseinnahmen.

 

Wieso? Was ist denn erstaunlich daran, dass tautologisches Umformen von Symbolen große Wirkungen haben kann?

 

Stell dir vor, Frieda erzählt mir, dass sie unverheiratet ist und nie verheiratet war. Bei anderer Gelegenheit erfahre ich aus sicherer Quelle, dass sie einen Schwager hat. Und wieder bei anderer Gelegenheit erfahre ich aus ebenso sicherer Quelle, dass sie Einzelkind ist. Dann kann ich nur durch tautologisches Umformen von Symbolen zu der Erkenntnis gelangen, dass Frieda mich belogen hat, was sehr wichtige Konsequenzen haben könnte :)

 

Was passiert denn hier? Gelange ich durch das Symbolumformen zu einer neuen Erkenntnis? Eigentlich nicht. Durch die Aussagen "Frieda hat einen Schwager" und "Frieda ist Einzelkind" war nämlich bereits mitausgesprochen, dass Frieda verheiratet ist oder war. Das tautologische Umformen hat es mir nur zu Bewusstsein gebracht.

 

Und genauso funktioniert mathematische Erkenntnis. Zum Beispiel die Entdeckung des Neptun. Auf Neptun ist man bekanntlich durch eine mathematische Berechnung gestoßen, was den Eindruck erwecken könnte, die Mathematik wäre eine echte Erkenntnisquelle und das Universum würde auf unverständliche Weise unserer Mathematik gehorchen. Nichts da! Die Sache ist vielmehr so abgelaufen: Durch das Aussprechen der newtonschen Mechanik und der Beschreibung des Sonnensystems hatte man bereits mitausgesprochen, dass es an einer bestimmten Position eine weitere Masseansammlung geben muss. Die tautologische Umformung hat keine neue Erkenntnis produziert, sondern bewusst werden lassen, was wir eigentlich schon längst behauptet hatten.

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Man könnte es auch anders ausdrücken: Mit der Mathematik kann man jede nur mögliche Welt beschreiben - in einigen Welten wäre das vielleicht sehr einfach, in anderen fast unendlich kompliziert, und alles dazwischen. Es ist also kein Wunder, dass sich unsere Welt auch in der Sprache der Mathematik beschreiben lässt.

 

Oder: Man kann für jede mögliche Beobachtung daher auch eine Mathematik entwickeln, die auf diese Beobachtung passt.

 

Beispiel: Als man die euklidische Geometrie entdeckte, war man sehr verwundert darüber, dass sich praktisch alles in der Welt irgendwie mit dieser Geometrie beschreiben lässt. Man konnte damit Häuser, Brücken und Kathedralen bauen. Die euklidische Geometrie war simpel und effektiv. Aber sie hatte einen Haken: Das fünfte Axiom war nicht simpel und nicht einleuchtend, im Gegensatz zu den ersten vier. Aber weder konnte man auf das fünfte Axiom verzichten, noch konnte man es aus den anderen ableiten.

 

Schließlich entdeckte Gauss, dass es zwei alternative Formulierungen des fünften Axioms gab, und damit zwei zusätzliche nicht-euklidische Geometrien (und er traute sich zunächst nicht, diese erschütternde Erkenntnis zu veröffentlichen). Es war also keineswegs so, dass die Geometrie der Welt "vorschreibt", wie sie auszusehen hat, und genau das hatte man fast drei Jahrtausende lang geglaubt.

 

Es war dann Einstein, der entdeckte, dass die Geometrie der Welt nicht-euklidisch ist. Den Unterschied bemerkt man aber erst, wenn man sich mit sehr, sehr großen Strecken beschäftigt - in kleinem Maße kann man auf dieser Welt immer noch alles mit euklidischer Geometrie berechnen, einen Unterschied wird man nicht bemerken, weil man normalerweise so genau überhaupt nicht messen kann (und es auch nicht braucht).

 

Es war also nicht die euklidische Geometrie, die der Welt "vorschreibt", wie sie auszusehen hat, sondern man hatte sich aus den möglichen Geometrien die ausgesucht, die auf diese Welt passte. Zuerst die, die auf kleine Maßstäbe wie hier auf der Erde passte, dann schließlich eine, die auch auf größere Strecken passt.

 

Man kann also Mathematik nehmen und damit alternative logisch mögliche Welten beschreiben - und worauf keine Mathematik passt, kann auch keine Welt sein. Welche der Alternativen man dann wählt ist eine empirische Frage.

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Sie tut das, was sie auch ohne uns tun würde - nur finden wir die mathematischen Beschreibungen so toll das wir immer sagen, dass sie nach den von uns erfundenen Gesetzen funktioniert - oder wie jetzt?

Das ist richtig. Ich wollte keine "idealistische" Theorie vorschlagen, dass die Welt nur da ist, weil wir sie beobachten. Die Welt ist objektiv vorhanden. Allerdings ist Erkenntnis über die Welt nur dadurch möglich, dass wir ihr Gesetze und Hypothesen vorgeben. Ohne Gesetze keine Erkenntnis. Allerdings sind die Gesetze (nach Kant in der Interpretation Poppers, dem ich hier folge) Eigenschaften des Geistes, nicht Produkte der Welt. Sie sind "a priori", also vor jeder Erkenntnis vorhanden.

 

Für Kant war die Tatsache, dass diese a priori Gesetze und die Welt aufeinander passen, ein unerklärliches Wunder (Er hielt die Newtonsche Theorie und die Mathematik für a priori wahr). Für uns heute ist diese Tatsache das Ergebnis der evolutionären Entstehung des menschlichen Bewusstseins. (Der erste, die diese Idee veröffentlicht hat, war Konrad Lorenz in ""Kants Lehre vom Apriorischen im Lichte gegenwärtiger Biologie" aus dem Jahre 1941).

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Mir ist es nicht klar, dass sich jede beliebige Welt mathematisch beschreiben ließe (egal, wie komplex die Beschreibung ist), ich lass es mir aber gern erklären. Zumindest die Aussage "eine amathematische Welt ist möglich" kann ich ja schon mal treffen. B)

Ich weiß nicht genau, was das sein sollte: Eine Welt, die mathematisch nicht beschreibbar ist. Man müsste den Begriff der mathematischen Beschreibbarkeit erst konkretisieren. Wenn man das gemacht hat, sagt mir meine Intuition, müsste man beweisen können, dass es nicht-beschreibbare Welten gibt. Der Beweisgang müsste wie beim Gödelsatz oder dem Turingschen Halteproblem gehen. (Es gibt ja auch zum Beispiel nicht-berechenbare Zahlen - man tut sich bloß schwer sie hinzuschreiben, falls jetzt einer einBeispiel will :)).

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Genauso wie man zu jeder Kurve eine Formel finden kann, kann man jede Welt mathematisch erfassen.

Selbstverständlich kann man nicht zu jeder Kurve eine Formel finden. Und nicht jede Differentialgleichung ist in einer Formel lösbar. Das fängt schon bei ganz einfachen Problem an: zum Beispiel wenn man die Bewegung von drei Planeten nach den Newtonschen Gesetzem beschreiben will.

 

Überhaupt betreibst du eine positivistische Verkürzung der Mathematik zu einem leeren formalistischen System. Seit Tarski weiß man, dass man ohne Semantik nicht auskommt (Der Wahrheitsbegriff in den formalisierten Sprachen. In: Studia Philosophica 1 (1936), S. 261-404. )

bearbeitet von Sokrates
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Die Welt ist objektiv vorhanden.

 

Woher weißt Du, dass die Welt - unabhängig von unserem Bewußtsein - "objektiv" vorhanden ist?

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Statt zu sagen "Mathematik ist eine Sprache" würde ich eher sagen "Mathematik ist eine sprachlich formulierte Zusammenstellung von objektiven Sachverhalten über Objekte unseres Denkens".

Ich habe neulich einen Bericht im Fernsehen über ein Genie gesehen, der einen intuitiven Zugang zu Zahlen (und zu Sprachen) hatte und umfassend darauf getestet wurde. Seine emotionale Reaktion auf kleine, zu Testzwecken eingebaute Fehler in der endlosen Zahlenkette von Pi zeigte m.E., dass diese Zahlenkette eine objektive Eigenschaft von Pi ist, nichts von uns nur ausgedachtes.

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Die Welt ist objektiv vorhanden.

 

Woher weißt Du, dass die Welt - unabhängig von unserem Bewußtsein - "objektiv" vorhanden ist?

Es ist "nur" eine plausible metaphysische Hypothese. Mehr ist prinzipiell nicht drin. Man könnte auch sagen: "Ich glaube daran". Es gibt aber ein paar gute Gründe, warum der Idealismus oder der "last-Fridayismus" Unsinn sind, warum mein Glaube aber sinnvoll ist.

bearbeitet von Sokrates
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Genauso wie man zu jeder Kurve eine Formel finden kann, kann man jede Welt mathematisch erfassen.

Selbstverständlich kann man nicht zu jeder Kurve eine Formel finden.

 

 

Aber man kann zu jeder Kurve eine Formel finden, die die Kurve mit beliebiger Genauigkeit beschreibt. Und wo man's nicht kann, handelt es sich nur um eine praktische Schwierigkeit.

 

Überhaupt betreibst du eine positivistische Verkürzung der Mathematik zu einem leeren formalistischen System. Seit Tarski weiß man, dass man ohne Semantik nicht auskommt (Der Wahrheitsbegriff in den formalisierten Sprachen. In: Studia Philosophica 1 (1936), S. 261-404. )

 

Was ich hier wiedergebe, ist eher die Grundintuition von Frege, Russell und Wittgenstein: Dass Mathematik letztlich nichts weiter ist als eine logische Methode. Dass mathematische Ergebnisse nichts über die Welt sagen und auch nicht aufgrund irgendwelcher Tatsachen wahr sind.

 

Und diese Intuition ist innerhalb der Philosophie der Mathematik selbstverständlich immer noch lebendig. Siehe Neo-Fregeaner wie Crispin Wright.

 

Aussagen der Mathematik haben m.E. im Wesentlichen denselben Status wie Tautologien. Das ist die einzige nicht-obskure Erklärung für die Apriorität und Notwendigkeit der Mathematik.

 

Allerdings sind die Gesetze (nach Kant in der Interpretation Poppers, dem ich hier folge) Eigenschaften des Geistes, nicht Produkte der Welt. Sie sind "a priori", also vor jeder Erkenntnis vorhanden.

 

Das scheint mir eine unhaltbare Position zu sein.

 

Beziehungsweise: Was meint man denn hier mit "Gesetzen"? Formeln und Aussagen? Ja, die sind natürlich menschengemacht und kommen nicht "in der Welt" vor (was sollte das auch heißen?). Aber die Regularitäten, die durch diese Formeln ausgedrückt werden, sind ein objektiver Bestandteil der Welt und nichts, was der Welt durch den Geist vorgeschrieben wird. Wie sollte der Geist das denn auch anstellen?

 

Und natürlich ist kein Naturgesetz a priori. A priori kann man nur sagen, dass es keine Wissenschaft gäbe, wenn die Welt nicht bis zu einem gewissen Grad geordnet und einfach wäre. Aber das ist eine hypothetische Voraussetzung, die falsch sein könnte. Vielleicht zerfällt die Welt morgen in Chaos. Es gibt nichts, was uns a priori garantieren könnte, dass das nicht der Fall ist.

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Statt zu sagen "Mathematik ist eine Sprache" würde ich eher sagen "Mathematik ist eine sprachlich formulierte Zusammenstellung von objektiven Sachverhalten über Objekte unseres Denkens".

Ich habe neulich einen Bericht im Fernsehen über ein Genie gesehen, der einen intuitiven Zugang zu Zahlen (und zu Sprachen) hatte und umfassend darauf getestet wurde. Seine emotionale Reaktion auf kleine, zu Testzwecken eingebaute Fehler in der endlosen Zahlenkette von Pi zeigte m.E., dass diese Zahlenkette eine objektive Eigenschaft von Pi ist, nichts von uns nur ausgedachtes.

 

Genauso wie es eine objektive Eigenschaft des Schachspiels ist, dass der Läufer, wenn es keine Hindernisse gibt, jedes Feld seiner Farbe in zwei Zügen erreichen kann.

 

Und genauso wie es eine objektive Eigenschaft der Verneinung ist, dass ~~~~~p dieselbe Bedeutung hat wie ~p.

 

Sobald man einmal Regeln für ein System festgelegt hat, ergibt sich unendliches weiteres mit objektiver Notwendigkeit daraus. Aber das liegt eben nicht daran, dass es einen platonischen Himmel der Mathematik oder der Logik gibt, sondern die Festlegung von Regeln reicht aus, um diese Objektivität zu gewährleisten.

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Man könnte es auch anders ausdrücken: Mit der Mathematik kann man jede nur mögliche Welt beschreiben - in einigen Welten wäre das vielleicht sehr einfach, in anderen fast unendlich kompliziert, und alles dazwischen. Es ist also kein Wunder, dass sich unsere Welt auch in der Sprache der Mathematik beschreiben lässt.

Diese Begründung "Mit der Mathematik kann man jede nur mögliche Welt beschreiben ..." -> "Es ist also kein Wunder, dass sich unsere Welt auch in der Sprache der Mathematik beschreiben lässt." lässt mich unbefriedigt. Genaugenommen erscheint sie mir als Zirkelschluss.

Oder: Man kann für jede mögliche Beobachtung daher auch eine Mathematik entwickeln, die auf diese Beobachtung passt.

 

Beispiel: [Parallelenaxiom]

 

...

 

Es war also nicht die euklidische Geometrie, die der Welt "vorschreibt", wie sie auszusehen hat, sondern man hatte sich aus den möglichen Geometrien die ausgesucht, die auf diese Welt passte. Zuerst die, die auf kleine Maßstäbe wie hier auf der Erde passte, dann schließlich eine, die auch auf größere Strecken passt.

Wobei natürlich von Anfang an extrem abstrahiert wurde, denn keines der euklidschen und nichteuklidschen Objekte existiert 'wirklich', sondern sie 'entstanden' vor allem durch ein Absehen von als nebensächlich betrachteten Eigenschaften. Ein schönes Beispiel dafür ist 'Dimensionswandlung' von Farbe, die vom Maler als Rauminhalt gekauft, beim Kunden aber als Fläche abgerechnet wird (natürlich ist die Farbe dreidimensional und nicht zweidimensional an der Wand), abgesehen wird hierbei von der Schichtdicke. Andererseits ist derlei Abstraktionsvorgänge notwendig, um überhaupt in der Welt zurechtzukommen; wenn ich jeden Grashalm anfange als das einzigartige Individuum zu bewerten, der er ja auch tatsächlich ist, sehe ich die Wiese vor lauter Halmen nicht mehr.

 

Keinesfalls bin ich der Ansicht, dass Mathematik irgendetwas "vorschreibt".

Man kann also Mathematik nehmen und damit alternative logisch mögliche Welten beschreiben - und worauf keine Mathematik passt, kann auch keine Welt sein. Welche der Alternativen man dann wählt ist eine empirische Frage.

Jo! Von solch alternativen Mathematiken wird ja u.a. mithilfe abelscher Gruppen in der EDV reichlich Gebrauch gemacht.

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Man könnte es auch anders ausdrücken: Mit der Mathematik kann man jede nur mögliche Welt beschreiben - in einigen Welten wäre das vielleicht sehr einfach, in anderen fast unendlich kompliziert, und alles dazwischen. Es ist also kein Wunder, dass sich unsere Welt auch in der Sprache der Mathematik beschreiben lässt.

Diese Begründung "Mit der Mathematik kann man jede nur mögliche Welt beschreiben ..." -> "Es ist also kein Wunder, dass sich unsere Welt auch in der Sprache der Mathematik beschreiben lässt." lässt mich unbefriedigt. Genaugenommen erscheint sie mir als Zirkelschluss.

 

Hm, ich sehe den Zirkel nicht. Unsere Welt existiert und gehört damit definitiv zur Klasse der "möglichen Welten". Wir beobachten, dass wir diese Welt mit der Mathematik beschreiben können. Aber wir beobachten auch, dass wir auch andere Welten mit der Mathematik beschreiben können, die nicht unsere Welt ist. Das Beispiel dafür ist die euklidische Geometrie: Sie ist möglich und in kleinem Maßstab sogar näherungsweise anwendbar, aber sie beschreibt nicht unsere Welt. Welche der Geometrien für unsere Welt gilt, müssen wir durch Beobachtung herausfinden.

 

Aber es gibt nichts, was dagegen spricht, dass auch eine Welt existiert, deren Geometrie sich mit der euklidischen Geometrie exakt beschreiben lässt. So eine Welt ist möglich, aber es ist nicht unsere Welt.

 

Mögliche Welten müssen ja nicht existieren, sie müssen nur möglich sein.

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