boandlkramer Geschrieben 30. November 2012 Melden Share Geschrieben 30. November 2012 (bearbeitet) ... Jemand hat gefragt, wie "Ehe" durch die Aufnahme gleichgeschlechtlicher Beziehung "zerstört" werden könnte - meiner Meinung nach, in dem man die völlig berechtigte ELP (hier liegt ein genuines staatsbürgerliches Interesse vor) in ein ideologisches Vehikel verwandelt, dass Rollenidentitäten aufbrechen soll. Daher habe ich mich natürlich sehr über Wiebkes Beitrag gefreut, der mir zumindest bestätigt, dass ich nicht allein mit dieser Ansicht bin - auch wenn sie wohl diese Identitätsauflösung befürwortet, während ich sie infrage stelle. Ich versteh wirklich nicht, was das mit der Ehe zu tun haben soll, warum sollen sich da irgendwelche Identitäten auflösen, wenn einfach zwei Menschen, die eben eine Ehe eingehen möchten, dies auch tun können? Was passiert denn da mit heterosexuellen Paaren, wenn das schwule Pärchen nebenan auch eine Ehe eingegangen ist und keine ELP? Um es kurz zu machen: ich als sozial Konservativer glaube nicht so ohne weiteres daran, dass diese über Jahrtausende etablierten Identitäten nutzlos und rein repressiv sind, ich glaube, dass sie die Stabilität der Gesellschaft sichern. Ich kann mir nicht vorstellen, was menschliche Bindung garantieren soll, wenn der soziale Überbau der "Pflicht" vollkommen zugunsten der "Neigung" aufgelöst wird. Wiebke sieht das vermutlich völlig anders. Wenn jemand keine rechtlichen Verpflichtungen in einer Beziehung eingehen will, dann wird er weder heiraten noch sich eingetragen verpartnern, bzw. sollte dies nicht tun. Wer letztlich recht behalten wird, kann man meiner Meinung noch nicht mal in Ansätzen sagen, ich bin halt misstrauisch gegenüber dieser Art von Utopia. (Allein wenn wir da noch den ganzen kommenden reproduktionsmedizinischen Fortschritt untersuchen würden, den jemand wie Butler glühend bejaht, weil es ebenfalls traditionelle Bindungen und Identitäten infrage stellt.) Ich bin, wie gesagt, skeptisch - das völlig subjektive "Ich" mit seinen frei gewählten Identifikationen ist meiner Meinung nach nicht zukunftsfähig, es schafft keine ausreichende gesellschaftliche Reproduktion und verbraucht dazu meist auch noch irrsinnige Ressourcen. Und Gemeinschaften kommen ohne ein gewisses Maß an Verbindlichkeiten und Pflichten nicht aus. Also wenn es dabei vornehmlich um die Angst geht, dass massenweise Menschen anfangen ständig wild ihre Geschlechteridentität zu wechseln, nur weil es gesellschaftlich aktzeptiert ist, dann kann ich dich beruhigen, das wäre viel zu anstrengend. Und überhaupt, wo bleibt dabei die Biologie, ich dachte das Geschlecht ist vornehmlich biologisch determiniert? Im Endeffekt plädierst du also für repressivere soziale Rollenbilder, denn schon die heutigen gewährleisten ja keine ausreichende Reproduktionsrate. Am Ende muss ich mich eigentlich bei denen entschuldigen, die "nur" privates Glück mit "Ehe" oder "ELP" verbinden. Wenn aber eben ein zerstörerisches ideologisches Projekt in diesem Streit um Worte versteckt sein sollte, dann stehe ich automatisch auf der Seite des Wohls der Vielen gegenüber der Bedrohung durch die Interessen der Wenigen. (Mir ist der äusserst spekulative Charakter dieser Überlegungen bewusst, deswegen sollte man es wirklich auch "cum grano salis" lesen.) Ich sehe nichts zerstörerisches daran, selbst wenn irgendwie eine Ideologie dahinter steht ... das Streben nach persönlichem Glück und die Freiheit auch möglichst selbst bestimmen zu dürfen, wie dieses Glück ausschaut. Woher kommt denn diese Angst neue Wege zu gehen? Was kann denn eigentlich schlimmes passieren, außer dass Entwicklungen wieder in eine andere Richtung gehen, wenn der Weg zu steinig wird? Und wenn ich mir die Länder ansehe, in denen ein besonders traditionelles Geschlechterrollenverständnis vorherrscht, dann kommen mir so meine Zweifel, ob das ein Garant für gesellschaftliche Stabilität ist. bearbeitet 30. November 2012 von boandlkramer 1 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Long John Silver Geschrieben 30. November 2012 Melden Share Geschrieben 30. November 2012 Also, dann gib doch einfach mal ein Beispiel einer Rechtsvorschrift, wo deiner Meinung nach "differenziert" werden sollte. Sorry, Wiebke, aber ich sprach nicht von Rechtsvorschriften, Aber ich. Tut mir leid, aber ich bin nun mal Juristin. Und mich interessiert die Frage, wie das Gesetz etwas nennen soll. Ich sagte das bereits - civil unions fuer die gleichgeschlechtlichen Partnerschaften, Ehe fuer die heterosexuelle. Das ändert nichts an dem, was ich sofort danach schrieb und du nicht mitzitiert hast: Um darüber vernünftig diskussieren zu können, ist es aber höchst relevant zu wissen, was das Gesetz inhaltlich bestimmen soll (vorliegend: ob das Gesetz inhaltlich differenzieren soll). Wenn ich schon nicht weiß, was jemand darüber denkt, kann ich schwerlich mit ihm über Terminologie reden. Wie ich bereits sagte, wuerde ein Volksentscheid nicht darueber gehen, welche Rechte im einzelnen zur Debatte stuenden, sondern entweder ob es ueberhaupt eine civil union geben soll, die mit denselben Rechten und Pflichten verbunden ist wie die uebliche Ehe oder, andere Moeglichkeit der Frage: ob der Begriff Ehe ausgeweitet werden soll auf diese Verbindungen. Weiteres stuende fuer die Waehler nicht zu Debatte und fuer mich auch nicht. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
rince Geschrieben 30. November 2012 Melden Share Geschrieben 30. November 2012 (bearbeitet) Das Innenministerium in Sachsen-Anhalt will Risikogruppen wie Homosexuelle, Obdachlose und Ausländer zukünftig Aids-Zwangtests unterziehen. Am besten sperrt man die gleich alle wieder in Lager, um die arische Volksgesundheit zu schützen... Fallen Zigeuner eigentlich unter "Ausländer", oder warum werden die aussen vor gelassen? bearbeitet 30. November 2012 von rince Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
kam Geschrieben 30. November 2012 Melden Share Geschrieben 30. November 2012 Das Innenministerium in Sachsen-Anhalt will Risikogruppen wie Homosexuelle, Obdachlose und Ausländer zukünftig Aids-Zwangtests unterziehen. Am besten sperrt man die gleich alle wieder in Lager, um die arische Volksgesundheit zu schützen... Fallen Zigeuner eigentlich unter "Ausländer", oder warum werden die aussen vor gelassen? Nur ein künstlicher Aufreger. Die Mitteldeutsche Zeitung schreibt auch: "Das Innenministerium hält hingegen am Entwurf fest und verweist auf andere Bundesländer, die einen ähnlichen Passus in ihrem Polizeigesetz hätten." Es geht also nicht um eine flächendeckende Zwangsuntersuchung, sondern um eine polizeirechtliche Befugnis im konkreten Einzelfall, um Gefährdungen für Polizei und Strafvollzugsbeamte auszuschließen. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Aristippos Geschrieben 30. November 2012 Melden Share Geschrieben 30. November 2012 (bearbeitet) Um es kurz zu machen: ich als sozial Konservativer glaube nicht so ohne weiteres daran, dass diese über Jahrtausende etablierten Identitäten nutzlos und rein repressiv sind, ich glaube, dass sie die Stabilität der Gesellschaft sichern. Ich kann mir nicht vorstellen, was menschliche Bindung garantieren soll, wenn der soziale Überbau der "Pflicht" vollkommen zugunsten der "Neigung" aufgelöst wird. Damit widersprichst du aber deiner vorherigen Behauptung, dass diese Identitäten starke anthropologische Konstanten seien. Wenn die Neigung ohnehin den etablierten Identitäten entspricht, löst sich auch nichts auf. Dann entspricht die Neigung der Pflicht und die etablierten Identitäten bleiben auch nach Wegfall der Pflicht bestehen, aus Neigung eben. Das ist aber immer das Problem, wenn man eine gesetzlich normierte Beschränkung auf ein Naturrecht gründen will: "Das muss man so beschränken, denn so ist es natürlich." "Wenn es natürlich ist, passiert es doch eh. Wozu es also erzwingen wollen?" "Ähhmmm, wenn man es nicht erzwingt, geht alles den Bach runter / die Gesellschaft löst sich auf / der Schlund der Hölle tut sich auf [je nach Laune]..." "Wenn etwas nur auf Grund von Zwang geschieht, ist es dann wirklich natürlich?" "Aber klar, das macht doch jeder so..." Usw. usf. bearbeitet 30. November 2012 von Aristippos Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Shubashi Geschrieben 30. November 2012 Melden Share Geschrieben 30. November 2012 (bearbeitet) [...] Ich sehe nichts zerstörerisches daran, selbst wenn irgendwie eine Ideologie dahinter steht ... das Streben nach persönlichem Glück und die Freiheit auch möglichst selbst bestimmen zu dürfen, wie dieses Glück ausschaut. Woher kommt denn diese Angst neue Wege zu gehen? Was kann denn eigentlich schlimmes passieren, außer dass Entwicklungen wieder in eine andere Richtung gehen, wenn der Weg zu steinig wird? Und wenn ich mir die Länder ansehe, in denen ein besonders traditionelles Geschlechterrollenverständnis vorherrscht, dann kommen mir so meine Zweifel, ob das ein Garant für gesellschaftliche Stabilität ist. Okay, "spinnen" wir mal ein bisschen weiter, ich habe ja gesagt, das Thema ist, auf der ideologischen Ebene betrachtet, sehr spekulativ. Ausgangspunkt ist also die Idee, dass "Ehe" umgedeutet wird, indem ihre ursprünglich reproduktive Funktion in eine rein rechtliche Verbindung zweier Erwachsener wechselt. D.h. diese Umdeutung muss eine enorme ideologische Bedeutung haben, denn hier wird der umgekehrte Weg beschritten, der ansonsten im emanzipatorischen Geschlechterdiskurs angesagt ist: ansonsten wird nämlich immer darauf geachtet, alle Identitäten sichtbar zu machen, wie in der "geschlechtergerechten Sprache" die weibliche Form. Plötzlich wird darauf bestanden, das Gerechtigkeit nur besteht, wenn die geringe Zahl der ELPs plötzlich in der großen Masse stinknormaler Ehen verschwindet? Ich denke, es wird dann eher so laufen wird, dass die Betonung eines biologischen Unterschieds wieder als diskrimnierend betrachtet wird. Da diese "biologischen Fakten" aber blöderweise fortexistieren, müssen wir weiter an ihrer Relativierung arbeiten, Wiebke hat da schon den Weg aufgezeichnet: Kinder werden mittels anderer Methoden gezeugt, also per künstlicher Befruchtung oder Leihmütterschaft. Das ist aber immer noch "diskriminierend", weil die an sich gleichberechtigten Gleichgeschlechtlichen immer noch auf biologisches Material außerhalb der Zweierbeziehung zurückgreifen müssen. Wirkliche Geschlechtergerechtigkeit schafft da erst die biologische Verschmelzung des genetischen Materials beider Partner - eine Möglichkeit, die uns die Stammzellenforschung realistischerweise eröffnen könnte. http://www.explorestemcells.co.uk/stem-cells-same-sex-reproduction.html Ist das Verfahren erst praktikabel, dürfte es eine Menge "guter" Gründe geben, es zum Standardverfahren der Fortpflanzung zu erheben - Schwangerschaften sind schließlich unberechenbar und unbequem, und ideologisch betrachtet, eine ständige Quelle "rückständiger" Rollenidentitäten, weil sie biologische Unterschiede betonen, die dank moderner Technik überwunden werden könnten. Die Aufhebung der Schwangerschaft als Grundlage von Ungleichheit ist eine Forderung im feministischen Diskurs seit den frühen 80ern, jetzt rückt dieses Ziel in greifbare Nähe. Man muss nur noch die ideologischen Widerstände der "Rückständigen" beseitigen. bearbeitet 30. November 2012 von Shubashi 1 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Wiebke Geschrieben 30. November 2012 Melden Share Geschrieben 30. November 2012 (bearbeitet) Okay, "spinnen" wir mal ein bisschen weiter, ich habe ja gesagt, das Thema ist, auf der ideologischen Ebene betrachtet, sehr spekulativ.Ausgangspunkt ist also die Idee, dass "Ehe" umgedeutet wird, indem ihre ursprünglich reproduktive Funktion in eine rein rechtliche Verbindung zweier Erwachsener wechselt. D.h. diese Umdeutung muss eine enorme ideologische Bedeutung haben, denn hier wird der umgekehrte Weg beschritten, der ansonsten im emanzipatorischen Geschlechterdiskurs angesagt ist: ansonsten wird nämlich immer darauf geachtet, alle Identitäten sichtbar zu machen, wie in der "geschlechtergerechten Sprache" die weibliche Form. Da überbewertest du was. Das hat mit sprachlichen Gegebenheiten zu tun. Im Deutschen hast du das Problem, dass die generische Form gleichzeitig die männliche ist (außer bei ein paar Haustieren, da ist es die weibliche). Wenn du das als Problem siehst und nicht akzeptieren willst, bleibt kaum etwas anderes übrig als beide Formen zu verwenden (eine "Lösung", die ich persönlich für eine Verschlimmerung des Problems halte, aber um mich geht's ja nicht). Daher die dauernden Doppelnennungen. In einer Sprache wie Englisch, wo es leichter ist, geht die Tendenz eher dahin, spezifisch weibliche Formen abzulehnen*. Selbst bei Personalpronomen wird gerne "singular they" statt "he/she" oder "(s)he" oder dergleichen verwendet. Hinter einer solchen Wahl einen wahnsinnigen ideologischen Hintergrund zu sehen, geht also fehl. *EDIT: Wo es geht selbst im Deutschen, wie mir gerade auffällt, nämlich Partizipien im Plural, wie die "Studierenden" statt "Studenten". Plötzlich wird darauf bestanden, das Gerechtigkeit nur besteht, wenn die geringe Zahl der ELPs plötzlich in der großen Masse stinknormaler Ehen verschwindet? Wie gesagt, du überbewertest die "Sichtbarmachung", dementsprechend auch die "Unsichtbarmachung". Ich denke, es wird dann eher so laufen wird, dass die Betonung eines biologischen Unterschieds wieder als diskrimnierend betrachtet wird. Da diese "biologischen Fakten" aber blöderweise fortexistieren, müssen wir weiter an ihrer Relativierung arbeiten, Wiebke hat da schon den Weg aufgezeichnet: Kinder werden mittels anderer Methoden gezeugt, also per künstlicher Befruchtung oder Leihmütterschaft.Das ist aber immer noch "diskriminierend", weil die an sich gleichberechtigten Gleichgeschlechtlichen immer noch auf biologisches Material außerhalb der Zweierbeziehung zurückgreifen müssen. Wirkliche Geschlechtergerechtigkeit schafft da erst die biologische Verschmelzung des genetischen Materials beider Partner - eine Möglichkeit, die uns die Stammzellenforschung realistischerweise eröffnen könnte. http://www.explorestemcells.co.uk/stem-cells-same-sex-reproduction.html Ist das Verfahren erst praktikabel, dürfte es eine Menge "guter" Gründe geben, es zum Standardverfahren der Fortpflanzung zu erheben - Schwangerschaften sind schließlich unberechenbar und unbequem, und ideologisch betrachtet, eine ständige Quelle "rückständiger" Rollenidentitäten, weil sie biologische Unterschiede betonen, die dank moderner Technik überwunden werden könnten. Die Aufhebung der Schwangerschaft als Grundlage von Ungleichheit ist eine Forderung im feministischen Diskurs seit den frühen 80ern, jetzt rückt dieses Ziel in greifbare Nähe. Man muss nur noch die ideologischen Widerstände der "Rückständigen" beseitigen. Und da kommt mir schon wieder der Verdacht der Projektion. Du willst mit "Gewalt" gewisse Normen aufrechterhalten. Verdächtigst du deswegen vielleicht die Gegenseite, auch die Leute gängeln zu wollen? bearbeitet 30. November 2012 von Wiebke Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Shubashi Geschrieben 30. November 2012 Melden Share Geschrieben 30. November 2012 (bearbeitet) [...] Und da kommt mir schon wieder der Verdacht der Projektion. Du willst mit "Gewalt" gewisse Normen aufrechterhalten. Verdächtigst du deswegen vielleicht die Gegenseite, auch die Leute gängeln zu wollen? Das mit dem "Gängeln" ist eben die Frage: ich frage nach, warum unterschiedliche Dinge partout gleich benannt werden sollen, wo sonst so sehr auf der Sichtbarkeit alternativer Rollenmodelle bestanden wird. (Die sprachliche Argumentation trifft zwar überwiegend für den deutschen Diskurs zu, das Bestehen auf Sichtbarmachung alternativer Rollenmodelle ist aber sonst völlig üblich in eigentlich allen Emanzipationsdiskursen.) Mir fehlt bisher (bis auf den Beitrag von Epicureus, in dem er doch eine versteckte Diskriminierung annimmt) eigentlich das Argument, warum trotz offensichtlicher Differenz absolut die Gleichheit statt der Gleichberechtigung betont werden soll. Ein Beispiel, wie so etwas dann als argumentativer Hebel in der Stammzellforschung verwendet wird, habe ich bereits verlinkt; einen Aufruf, endlich die "Menschenwürde" aus der Verfassung zu streichen, weil sie die Embryonal- und Zellforschung behindert, durfte ich letztes Jahr schon im "Spektrum der Wissenschaft" lesen. Daher bin ich einfach misstrauisch, ob die "Schöne, neue Welt" dann auch wirklich so schön ist, wie Du vermutest. Und dass ich "Normen" mit "Gewalt" aufrechterhalten will, denke ich nicht, ich bin eher für penetrantes Nachfragen und Anpieksen blauer utopischer Luftballons. Ob die völlige Auflösung von Geschlechteridentitäten funktioniert oder aber per Übertreibung ein Backlash ausgelöst wird (die großen Demos in Frankreich kamen in jedem Fall ziemlich überraschend), wird sich erst in etlichen Jahren zeigen. Bisher leben mal gerade gut 10% der Kinder in "Stieffamilien", wie groß der Anteil und relevant irgendwelcher utopischer/dystopischer Familienmodelle sein wird, wissen wir bisher noch lange nicht. bearbeitet 30. November 2012 von Shubashi Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Aristippos Geschrieben 30. November 2012 Melden Share Geschrieben 30. November 2012 Mir fehlt bisher (bis auf den Beitrag von Epicureus, in dem er doch eine versteckte Diskriminierung annimmt) eigentlich das Argument, warum trotz offensichtlicher Differenz absolut die Gleichheit statt der Gleichberechtigung betont werden soll. Das Argument lautet: Wenn zwei Dinge vor dem Gesetz gleich sind, ist es unpraktisch, sie in Gesetzestexten unterschiedlich zu benennen. Beispiel: Es ist unbestritten, dass es einen sehr großen Unterschied zwischen einem Telefon, einem PkW, einem Brötchen und einer Bratpfanne gibt. Skandalöserweise wird dieser Unterschied jedoch vom Gesetzgeber völlig unter den Teppich gekehrt, denn beispielsweise lautet §929 BGB folgendermaßen: Zur Übertragung des Eigentums an einer beweglichen Sache ist erforderlich, dass der Eigentümer die Sache dem Erwerber übergibt und beide darüber einig sind, dass das Eigentum übergehen soll. Ist der Erwerber im Besitz der Sache, so genügt die Einigung über den Übergang des Eigentums. Da steht frecherweise einfach nur "bewegliche Sache". Müsste es nicht korrekterweise heißen "Zur Übertragung des Eigentums an einem Telefon, einem PkW, einem Brötchen, einer Bratpfanne, ..."? Warum wird hier denn trotz offensichtlicher Differenz absolut die Gleichheit betont? Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Long John Silver Geschrieben 30. November 2012 Melden Share Geschrieben 30. November 2012 (bearbeitet) Und dass ich "Normen" mit "Gewalt" aufrechterhalten will, denke ich nicht, ich bin eher für penetrantes Nachfragen und Anpieksen blauer utopischer Luftballons. Ob die völlige Auflösung von Geschlechteridentitäten funktioniert oder aber per Übertreibung ein Backlash ausgelöst wird (die großen Demos in Frankreich kamen in jedem Fall ziemlich überraschend), wird sich erst in etlichen Jahren zeigen. Bisher leben mal gerade gut 10% der Kinder in "Stieffamilien", wie groß der Anteil und relevant irgendwelcher utopischer/dystopischer Familienmodelle sein wird, wissen wir bisher noch lange nicht. Natuerlich funktioniert diese Aufloesung nicht, dazu ist die Polaritaet viel zu grundsaetzlich begruendet. Ich bin auch ueberzeugt davon, dass wenn der Begriff Ehe per Gesetz entleert wird, sich sprachlich auf Dauer eine andere Differenzierung ausserhalb von Gesetzestexten durchsetzen wird, weil auf Dauer nichts gleich benannt werden kann was dasselbe ist. Dass die Leute sich dagegen wehren, wenn ihnen bestimmte Dinge unnoetig per Gesetz uebergestuelpt werden sollen, kann man gut verstehen. Und eine homosexuelle Verbindung wird keine heterosexuelle, egal wie sehr man nach einen offiziell gleichen Etikett schielen mag und/oder sich in einem sprachlichen Einheitsbrei sonnen. Den Begriff Ehe kann man dann auf den Muell kippen, er wird substanzlos, weil beliebig. bearbeitet 30. November 2012 von Long John Silver Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Shubashi Geschrieben 30. November 2012 Melden Share Geschrieben 30. November 2012 (bearbeitet) [...] Das Argument lautet: Wenn zwei Dinge vor dem Gesetz gleich sind, ist es unpraktisch, sie in Gesetzestexten unterschiedlich zu benennen. [...] Da steht frecherweise einfach nur "bewegliche Sache". Müsste es nicht korrekterweise heißen "Zur Übertragung des Eigentums an einem Telefon, einem PkW, einem Brötchen, einer Bratpfanne, ..."? Warum wird hier denn trotz offensichtlicher Differenz absolut die Gleichheit betont? Das ist mir zu wenig, Gesetzestexte sind oftmals äusserst unpraktisch formuliert, das hat den Gesetzgeber noch nie gestört. Ich verspreche mir von der Differenzierung -eine Vermeidung/Verringerung von Konflikten mit diversen Kritikern (gesellschaftlicher Ausgleich ist für mich ein wichtiger Wert; der Staat muss Diskriminierungen abwehren, ohne dabei zu best. Überzeugungen zu erziehen), -den gleichgeschlechtlichen Paaren entsteht aller Voraussicht nach keine Benachteiligung und -evtl. reproduktionsmedizinischen Utopisten wird keine Bresche in die Verfassung gesprengt. Ich finde, dass wiegt schwerer als ein blosses "ist aber praktischer so." Sollte es sich später heraustellen, dass die Differenzierung tatsächlich überflüssig ist, kann man sie immer noch streichen; der umgekehrte Weg wäre aber gleichgeschlechtlichen Paaren kaum zuzumuten (siehe kalifornischisches Beispiel: erst Zulassung, dann Rücknahme durch Volksentscheid). PS-Edit: Um nicht nur den emanzipationsideologischen Spielverderber zu spielen, zum Schluss noch eine gute Nachricht: http://www.zeit.de/politik/ausland/2012-11/Islam-Moschee-fuer-Homosexuelle bearbeitet 30. November 2012 von Shubashi Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
boandlkramer Geschrieben 30. November 2012 Melden Share Geschrieben 30. November 2012 Okay, "spinnen" wir mal ein bisschen weiter, ich habe ja gesagt, das Thema ist, auf der ideologischen Ebene betrachtet, sehr spekulativ. Ausgangspunkt ist also die Idee, dass "Ehe" umgedeutet wird, indem ihre ursprünglich reproduktive Funktion in eine rein rechtliche Verbindung zweier Erwachsener wechselt. D.h. diese Umdeutung muss eine enorme ideologische Bedeutung haben, denn hier wird der umgekehrte Weg beschritten, der ansonsten im emanzipatorischen Geschlechterdiskurs angesagt ist: ansonsten wird nämlich immer darauf geachtet, alle Identitäten sichtbar zu machen, wie in der "geschlechtergerechten Sprache" die weibliche Form. Plötzlich wird darauf bestanden, das Gerechtigkeit nur besteht, wenn die geringe Zahl der ELPs plötzlich in der großen Masse stinknormaler Ehen verschwindet? Ich denke, es wird dann eher so laufen wird, dass die Betonung eines biologischen Unterschieds wieder als diskrimnierend betrachtet wird. Das liegt daran, dass man erstmal "Rabatz" machen muss, um wahrgenommen zu werden und einen Diskurs zu provozieren. Das bedeutet nicht, dass man eine gesellschaftliche Sonderstellung haben möchte, sondern meist will man damit einfach nur Bedingungen schaffen, die ein stinknormales Leben ermöglichen, um eben als ganz normales Mitglied der Gesellschaft behandelt und gesehen zu werden und eben gerade nicht mehr aufzufallen. Dazu muss man "Normalität" schaffen. Als 1990 in der Lindenstrasse der erste "richtige" schwule Kuss im deutschen Vorabendprogramm ausgestrahlt wurde, gab es einen riesen Sturm der Entrüstung. Wie kann man sowas ekliges und perverses denn zu einer Zeit senden, wo Familien mit ihren Kinder fernsehen!? Das war natürlich damals auch als Provokation gedacht. Die eine Rolle eines der Protagonisten gibt es heute noch in der Sendung und wenn dieser heute laut Drehbuch seinen Partner küsst, dann ist das 1. kein Skandal mehr und 2. auch nicht als Provokation gedacht, weil es eben mittlerweile "Normalitätscharakter" hat. Da diese "biologischen Fakten" aber blöderweise fortexistieren, müssen wir weiter an ihrer Relativierung arbeiten, Wiebke hat da schon den Weg aufgezeichnet: Kinder werden mittels anderer Methoden gezeugt, also per künstlicher Befruchtung oder Leihmütterschaft. Das ist aber immer noch "diskriminierend", weil die an sich gleichberechtigten Gleichgeschlechtlichen immer noch auf biologisches Material außerhalb der Zweierbeziehung zurückgreifen müssen. Wirkliche Geschlechtergerechtigkeit schafft da erst die biologische Verschmelzung des genetischen Materials beider Partner - eine Möglichkeit, die uns die Stammzellenforschung realistischerweise eröffnen könnte. http://www.explorestemcells.co.uk/stem-cells-same-sex-reproduction.html Ist das Verfahren erst praktikabel, dürfte es eine Menge "guter" Gründe geben, es zum Standardverfahren der Fortpflanzung zu erheben - Schwangerschaften sind schließlich unberechenbar und unbequem, und ideologisch betrachtet, eine ständige Quelle "rückständiger" Rollenidentitäten, weil sie biologische Unterschiede betonen, die dank moderner Technik überwunden werden könnten. Die Aufhebung der Schwangerschaft als Grundlage von Ungleichheit ist eine Forderung im feministischen Diskurs seit den frühen 80ern, jetzt rückt dieses Ziel in greifbare Nähe. Man muss nur noch die ideologischen Widerstände der "Rückständigen" beseitigen. Ich muss jetzt gerade ein wenig schmunzeln, denn gestern kam dazu genau zu diesem Thema eine Doku auf 3sat " Baby-Boomindustrie US-Samenbanken machen ein gutes Geschäft". Und in Californien ist es schon möglich, dass Frauen (auch alleinstehend oder lesbische Paare) sich aus Samenbanken "bedienen" incl. Leihmutterschaft auch für schwule Paare. Aber wo genau ist jetzt das Problem? Das Fortpflanzung immer mehr geplant werden kann und wird, bis hin zum "Designerbaby" und dass die technischen Möglichkeiten nicht nur von heterosexuellen Paaren genutzt wird? Das nun auch Paare die Möglichkeit haben Kinder zu bekommen, die ohne diese Möglichkeit evtl. ihren Kinderwunsch zurück gestellt hätten? Das ist keine Weltverschwörung von irgendwelchen Butleristen, sondern es ist doch logisch, dass eine Methode, die vorhanden ist, auch jene nutzen möchten, die ursprünglich nicht die originäre Zielgruppe war. Bei der größten Samenbank der Welt, mit Sitz im Californien, gehen mitterweile die Hälfte der Samenspenden an Single-Frauen und lesbische Paare. Was auch logisch ist, denn die meisten heterosexuellen Paare sind ja nicht darauf angewiesen. Das heißt diese Samenspenden würden dann eben ungenutzt im Trockeneis vor sich hin frieren. Wenn nun auch heterosexuelle Paare zukünftig zunehmend auf auf künstliche Befruchtung zurück greifen, weil sie da z.B. das Geschlecht selektiren können oder bestimmte Gendefekte, dann kannst du das doch wohl schlecht jenen anlasten, die einfach eine Methode nutzen, deren ursprünglicher Zweck es war verheirateten Paaren, die auf normalem Weg keine Kinder bekommen konnten, bei ihrem Kinderwunsch zu helfen. Im übrigen erscheint mir die Triebfeder der wissenschafltichen Forschung in Bezug auf künstliche Befruchtung, Präimplantationsdiagnostik, Gentechnik usw., inkl. der technischen Möglichkeiten die sich daraus ergeben, nicht durch eine schwul-/lesbisch-transgender-Emanzipationslobby initiert oder gesteuert. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Melancholy Geschrieben 30. November 2012 Melden Share Geschrieben 30. November 2012 (bearbeitet) ...Gesetzestexte sind oftmals äusserst unpraktisch formuliert, das hat den Gesetzgeber noch nie gestört... Gesetzestexte sind halt meist Ergebnisse von Kompromissen zwischen politischen Vorgaben, Ressortauffassungen, europäischen Richtlinien und bestehender Rechtsprechung, insbesondere des BVerfG. Die (nicht nur) diesehalb und desterwegen "unpraktische Formulierung" wird wohl weder dem Gesetzgeber noch dem Anwender wirklich gefallen, aber was ist eine praktikable Alternative? Würde man sie noch detaillierter formulieren, bräuchten wir Tausende Gesetze mehr. Aristippos hat ein gutes Beispiel gebracht. Wie würdest Du z.B. § 26 EStG (um den es den verpartnerten Schwulen/Lesben derzeit hauptsächlich geht) umformulieren, damit auch verpartnerte Schwule/Lesben den Splitting-Vorteil beanspruchen können? Und anschließend den § 26b EStG ...und dann...und dann.. Voransetzen: "Ehegatten i.S. dieses Gesetzes sind auch...."? Oder was schlägst Du vor? (das sind nur zwei winzige Paragräphlein im Einkommensteuerrecht, alle anderen §§ in allen anderen Rechtsgebieten mal außen vorgelassen). Nachtrag: ich glaub, ich hab's: mittels suchen und ersetzen in allen Gesetzen "Ehegatten" ersetzen durch "Gatten", dann ist der umstrittene Begriff "Ehe" weg bearbeitet 30. November 2012 von Melancholy Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Wiebke Geschrieben 30. November 2012 Melden Share Geschrieben 30. November 2012 (bearbeitet) trotz offensichtlicher Differenz Damit kommst du nicht durch. Es ist ja gerade deine Prämisse, die bestritten wird. Obwohl, natürlich gibt es eine Differenz zwischen Heterosexuellen und Homosexuellen. Die Frage ist, ob die Differenz relevant ist. Es gibt auch eine Differenz zwischen Weißen und Schwarzen. Aber weiß, schwarze, schwarz-weiße und weiß-schwarze Ehen werden auch nicht unterschiedlich benannt, eben weil der Unterschied nicht relevant ist. Ob die völlige Auflösung von Geschlechteridentitäten funktioniert oder aber per Übertreibung ein Backlash ausgelöst wird (die großen Demos in Frankreich kamen in jedem Fall ziemlich überraschend), "Überraschend"? Okay, ich will dir zugute halten, dass du von Frankreich keine Ahnung hast. Die Demos waren ziemlich genau so groß wie die gegen den Pacs vor gut einem Jahrzehnt. Und es war wieder dieselbe Klientel. Der Pacs ist inzwischen so eingebürgert, dass selbst die Demonstranten sagen, ja sie haben doch ihren Pacs, ist doch gut, aber mehr muss nicht sein (na ja, außer den Piusbrüder-Freunden von der Sonntagsdemo, aber von denen wollen sich ja sogar die anderen Demonstranten abgrenzen). Also, nichts "überraschend", und wie das in zehn Jahren dann aussieht, kann man sich an den Fingern abzählen. Ich bin auch ueberzeugt davon, dass wenn der Begriff Ehe per Gesetz entleert wird, sich sprachlich auf Dauer eine andere Differenzierung ausserhalb von Gesetzestexten durchsetzen wird, Darauf würde ich es liebend gerne ankommen lassen. Wenn es das Bedürfnis, das du behauptest, tatsächlich gibt, dann werden spezifische neue Begriff in der Tat entstehen. Das wär dann ja auch okay. Bloß kann man wie bereits wiederholt gesagt in Deutschland genau das Gegenteil beobachten: Im Gesetz zwei verschiedene Ausdrücke, aber im Volksmund heißt es bei Homos wie bei Heteros einfach "Ehe", "heiraten", "verheiratet", "Hochzeit" usw. Von daher spricht alles dagegen, dein behauptetes Bedürfnis zur Grundlage einer gesetzlichen Regelung zu machen. bearbeitet 30. November 2012 von Wiebke Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Flo77 Geschrieben 30. November 2012 Melden Share Geschrieben 30. November 2012 (bearbeitet) Nachtrag: ich glaub, ich hab's: mittels suchen und ersetzen in allen Gesetzen "Ehegatten" ersetzen durch "Gatten", dann ist der umstrittene Begriff "Ehe" weg Was spricht dagegen, die "Ehe" ganz abzuschaffen und durch die Lebenspartnerschaft. Die klassischen Konnotationen zur Ehe haben doch eh nichts mehr mit der Beziehungsrealität zu tun? Und in sämtlichen Gesetzen wäre es ausreichend die "Gatten" durch "Partner" oder "Lebenspartner" zu ersetzen. Für Art. 6 GG lass ich mir noch was einfallen... bearbeitet 30. November 2012 von Flo77 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Melancholy Geschrieben 30. November 2012 Melden Share Geschrieben 30. November 2012 (bearbeitet) Nachtrag: ich glaub, ich hab's: mittels suchen und ersetzen in allen Gesetzen "Ehegatten" ersetzen durch "Gatten", dann ist der umstrittene Begriff "Ehe" weg Was spricht dagegen, die "Ehe" ganz abzuschaffen und durch die Lebenspartnerschaft. Die klassischen Konnotationen zur Ehe haben doch eh nichts mehr mit der Beziehungsrealität zu tun? Und in sämtlichen Gesetzen wäre es ausreichend die "Gatten" durch "Partner" oder "Lebenspartner" zu ersetzen. Für Art. 6 GG lass ich mir noch was einfallen... Ja, "Gatten" isses wohl auch nicht, denn wenn in Josefsehen die Gatten sich nicht (mehr) begatten, gibbet da wohl auch Leute, die eine entsprechende Differenzierung verlangen...duckundwech* Nachtrag: "sich nicht (mehr) begattende Gatten"? bearbeitet 30. November 2012 von Melancholy Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Herr K. Geschrieben 30. November 2012 Melden Share Geschrieben 30. November 2012 Was spricht dagegen, die "Ehe" ganz abzuschaffen und durch die Lebenspartnerschaft. Die klassischen Konnotationen zur Ehe haben doch eh nichts mehr mit der Beziehungsrealität zu tun? Und in sämtlichen Gesetzen wäre es ausreichend die "Gatten" durch "Partner" oder "Lebenspartner" zu ersetzen. Für Art. 6 GG lass ich mir noch was einfallen... Auch mal was dazu sag': die "klassischen Konnotationen zur Ehe" fehlen bei mir, kann mir nichts darunter vorstellen. "Ehe" ist für mich ein staatliche Registrierung einer Beziehung zwischen zwei Erwachsenen, die damit bestimmte Rechte erhalten und bestimmte Pflichten eingehen. Nicht mehr und nicht weniger. "Partner" und auch "Lebenspartner" passen dafür nach meinem Sprachverständnis nicht; "Partner" ist zu unspezifisch, (es gibt auch Geschäfts- und andere Partner), "Lebenspartner" zu eingrenzend - eine Ehe kann aufgelöst werden. Und "Gatte" ist mir zu antiquiert. Nun hat aber "Ehe" für mich auch nichts mit Kindern zu tun; wenn Kinder vorhanden sind, dann würde ich das "Familie" nennen. Es mag zwar nun sein, dass mein Verständnis von "Ehe" genau dem entspricht, was andere "eingetragene Lebenspartnerschaft" nennen, aber dieser Ausdruck ist mir zu sperrig. Und "ELP" finde ich albern, das kann man kaum in der Alltagssprache nutzen. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Wiebke Geschrieben 30. November 2012 Melden Share Geschrieben 30. November 2012 Für Art. 6 GG lass ich mir noch was einfallen... Schreibst du ins BGB: "Der Gattenbund ist das in Art. 6 Abs. 1 GG neben der Familie genannte Rechtsverhältnis." Schließlich heißen "uneheliche" Kinder (ebenfalls in Art. 6 GG) auch längst nicht mehr so, warum soll man da die Ehe nicht umbenennen können? Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Shubashi Geschrieben 30. November 2012 Melden Share Geschrieben 30. November 2012 Was spricht dagegen, die "Ehe" ganz abzuschaffen und durch die Lebenspartnerschaft. Die klassischen Konnotationen zur Ehe haben doch eh nichts mehr mit der Beziehungsrealität zu tun? Und in sämtlichen Gesetzen wäre es ausreichend die "Gatten" durch "Partner" oder "Lebenspartner" zu ersetzen. Für Art. 6 GG lass ich mir noch was einfallen... Auch mal was dazu sag': die "klassischen Konnotationen zur Ehe" fehlen bei mir, kann mir nichts darunter vorstellen. "Ehe" ist für mich ein staatliche Registrierung einer Beziehung zwischen zwei Erwachsenen, die damit bestimmte Rechte erhalten und bestimmte Pflichten eingehen. Nicht mehr und nicht weniger. "Partner" und auch "Lebenspartner" passen dafür nach meinem Sprachverständnis nicht; "Partner" ist zu unspezifisch, (es gibt auch Geschäfts- und andere Partner), "Lebenspartner" zu eingrenzend - eine Ehe kann aufgelöst werden. Und "Gatte" ist mir zu antiquiert. Nun hat aber "Ehe" für mich auch nichts mit Kindern zu tun; wenn Kinder vorhanden sind, dann würde ich das "Familie" nennen. Es mag zwar nun sein, dass mein Verständnis von "Ehe" genau dem entspricht, was andere "eingetragene Lebenspartnerschaft" nennen, aber dieser Ausdruck ist mir zu sperrig. Und "ELP" finde ich albern, das kann man kaum in der Alltagssprache nutzen. Das ist ein interessanter Test; und ich muss zugeben, dass ich schon aus reiner Höflichkeit auch der Sprachregelung meines Gesprächspartners folgen würde; also natürlich nicht auf meiner eigenen Wortwahl bestehen würde, wenn jemand von seiner "Ehe" oder "Mann"/"Frau" sprechen würde. Obwohl ich hinter der Sache immer noch ideologischen Eifer vermute und die komplette rechtliche Gleichstellung als die logischere Vorgehensweise ansehe, ist es natürlich nicht sehr überzeugend, sich auf eine sprachliche Regelung zu versteifen, die man selbst gar nicht befolgen würde... (Andererseits, warum sollte man sich durch gute Umgangsformen von einer gepflegten ideologischen Debatte abhalten lassen?) Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Wiebke Geschrieben 30. November 2012 Melden Share Geschrieben 30. November 2012 ich muss zugeben, dass ich schon aus reiner Höflichkeit auch der Sprachregelung meines Gesprächspartners folgen würde; also natürlich nicht auf meiner eigenen Wortwahl bestehen würde, wenn jemand von seiner "Ehe" oder "Mann"/"Frau" sprechen würde. Shubashi, du bist zu ehrlich, so macht das keinen Spaß... Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
kam Geschrieben 30. November 2012 Melden Share Geschrieben 30. November 2012 ich muss zugeben, dass ich schon aus reiner Höflichkeit auch der Sprachregelung meines Gesprächspartners folgen würde; also natürlich nicht auf meiner eigenen Wortwahl bestehen würde, wenn jemand von seiner "Ehe" oder "Mann"/"Frau" sprechen würde. Shubashi, du bist zu ehrlich, so macht das keinen Spaß... So machen wir das doch auch mit den Evangelischen und ihrer "Kirche". Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Herr K. Geschrieben 1. Dezember 2012 Melden Share Geschrieben 1. Dezember 2012 (bearbeitet) Das ist ein interessanter Test; und ich muss zugeben, dass ich schon aus reiner Höflichkeit auch der Sprachregelung meines Gesprächspartners folgen würde; also natürlich nicht auf meiner eigenen Wortwahl bestehen würde, wenn jemand von seiner "Ehe" oder "Mann"/"Frau" sprechen würde. Nehmen wir mal an, eine Frau sagte: "das ist meine Frau" oder ein Mann sagte: "das ist mein Mann". Welche Wortwahl erschiene Dir statt dessen angemessener, um auszudrücken, dass dieses Verhältnis ein ernsthafteres als lediglich ein temporäres sei? Mal rein pragmatisch gesehen? Meiner Ansicht nach bedeutet das jeweils: "wir haben uns staatlich registrieren lassen, sind einen verbrieften und somit öffentlichen, nachvollziehbaren, einklagbaren Vertrag eingegangen". Nun wäre es - zumindest nach meinem Sprachverständnis - ziemlich (und zwar viel zu) umständlich, wenn man jeweils sagen müsste: "das ist die Frau, mit der ich eine eingetragene Lebenspartnerschaft eingegangen bin" bzw. "das ist der Mann, mit dem ich eine eingetragene Lebenspartnerschaft eigegangen bin". Ich finde, es ist überhaupt kein Problem, in diesen Fällen zu sagen: "das ist meine Frau" bzw. "das ist mein Mann". So funktioniert Sprache, vieles ist einfach aus dem Kontext verständlich, ohne dass man alles bis ins Kleinste so ausdrücken müsste, dass es auch ohne Kontext gültig wäre. Bzw.: müsste man das tun, dann funktionierte Sprache mE nicht, denn Sprache funktioniert schlicht nicht ohne Kontext. Ich sehe nun das Problem dabei nicht, das Du zu sehen scheinst. Was aber vielleicht daran liegt, dass wir ein unterschiedliches Sprachverständnis haben, dass also für Dich bei dem Begriff "Ehe" Kinder mitschwingen, bei mir aber nicht, dass ich den Begriff "Ehe" also völlig unabhängig davon sehe, (d.h. nach meinem Begriff von "Ehe" können eine solche auch problemlos zwei 80-jährige [gleich- oder verschiedengeschlechtliche - und auch egal, ob die schon Kinder haben oder nicht, das machte mE überhaupt keinen Unterschied] eingehen). Falls Kinder vorhanden sind, würde ich dafür den Begriff "Familie" verwende, der nach meinem Sprachgefühl dafür viel besser geeignet ist als "Ehe". Ich will ja nun nicht behaupten, dass mein Sprachgefühl das non-plus-ultra sei, aber es ist so, wie oben beschrieben. Oder um es mal anders zu sagen: nach meinem Sprachgefühl und -gebrauch ist es nun so, dass Du mir was aufdrücken willst, was aber nicht dem entspricht, was ich meine. Ich müsste mich verbiegen, wenn ich diese Begriffe so verwenden müsste, wie Du sie verwenden willst. Aber das werde ich nicht, ich werde die so verwenden, wie ich es für richtig halte. bearbeitet 1. Dezember 2012 von Herr K. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Long John Silver Geschrieben 1. Dezember 2012 Melden Share Geschrieben 1. Dezember 2012 ich muss zugeben, dass ich schon aus reiner Höflichkeit auch der Sprachregelung meines Gesprächspartners folgen würde; also natürlich nicht auf meiner eigenen Wortwahl bestehen würde, wenn jemand von seiner "Ehe" oder "Mann"/"Frau" sprechen würde. Sicher, ich wuerde das auch hoeflich das umgehen. Ich wuerde es nicht uebernehmen, aber auch nicht widersprechen. Man kann sich sein Teil denken, ohne es zu sagen. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Aristippos Geschrieben 1. Dezember 2012 Melden Share Geschrieben 1. Dezember 2012 Ich bin auch ueberzeugt davon, dass wenn der Begriff Ehe per Gesetz entleert wird, sich sprachlich auf Dauer eine andere Differenzierung ausserhalb von Gesetzestexten durchsetzen wird, weil auf Dauer nichts gleich benannt werden kann was dasselbe ist. Warum kann nicht gleich benannt werden, was dasselbe ist? Außerdem glaube ich nicht, dass sich diese "Differenzierung" ausbilden wird. Man beobachtet nämlich gerade das Gegenteil. Obwohl in D momentan noch tatsächliche Unterschiede zwischen ELP und Ehe bestehen, sagt man, dass Max und Peter "geheiratet" haben. Der Unterschied wird jetzt schon nicht mehr gemacht. In Amerika sagt man doch auch "to marry", wenn Schwule heiraten, oder etwa nicht? Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Merkur Geschrieben 1. Dezember 2012 Melden Share Geschrieben 1. Dezember 2012 (bearbeitet) Was spricht dagegen, die "Ehe" ganz abzuschaffen und durch die Lebenspartnerschaft. Die klassischen Konnotationen zur Ehe haben doch eh nichts mehr mit der Beziehungsrealität zu tun? Da werden aber die Vertreter der klassischen Konnotationen etwas dagegen haben, nicht mehr heiraten zu können. bearbeitet 1. Dezember 2012 von Merkur Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
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