Jump to content

Knien auf dem Steinfußboden


Georg20

Recommended Posts

Bei Deutschen und anderen Mitteleuropäern sieht man es praktisch nicht - das Knien in einer Kirche nicht auf der Kniebank, sondern auf dem Steinfußboden daneben.

 

In südlichen Ländern kann man dies oft beobachten, ebenso in Polen: Menschen, die während der Messe oder auch, wenn sie allein in der Kirche sind, auf dem Steinfußboden knien und sich sogar auf Knien fortbewegen, z.B. zum Kerzenstand. In Deutschland sieht man es manchmal bei Ausländern: Einmal sah ich in Liebfrauen in Frankfurt eine Philippinin sogar auf dem Gitterrost der Belüftungsanlage knien und den Rosenkranz beten! Heute, in der Dominikanerkirche in Berlin, knieten Frauen auf dem Steinfußboden vor der Krippe, aber mindestens 20 Minuten lang!

 

Kann mir jemand sagen, welches Denken dahinter steckt? Warum tun diese Menschen das?

 

Betrachten Katholiken dies als eine Art Bußübung für ihre Sünden? Wollen sie damit Gott zeigen, dass sie es mit ihrer Buße ernst meinen?

 

Wenn man sagt, dass der katholische Glaube alle Sinne des Menschen ansprechen will, dann wäre es ja durchaus nachvollziehbar, wenn Menschen durch schmerzende Knie ihren Glauben noch intensiver erleben.

 

Könnt ihr solche Gedanken nachvollziehen?

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Bei Deutschen und anderen Mitteleuropäern sieht man es praktisch nicht - das Knien in einer Kirche nicht auf der Kniebank, sondern auf dem Steinfußboden daneben.

 

In südlichen Ländern kann man dies oft beobachten, ebenso in Polen: Menschen, die während der Messe oder auch, wenn sie allein in der Kirche sind, auf dem Steinfußboden knien und sich sogar auf Knien fortbewegen, z.B. zum Kerzenstand. In Deutschland sieht man es manchmal bei Ausländern: Einmal sah ich in Liebfrauen in Frankfurt eine Philippinin sogar auf dem Gitterrost der Belüftungsanlage knien und den Rosenkranz beten! Heute, in der Dominikanerkirche in Berlin, knieten Frauen auf dem Steinfußboden vor der Krippe, aber mindestens 20 Minuten lang!

 

Kann mir jemand sagen, welches Denken dahinter steckt? Warum tun diese Menschen das?

 

Betrachten Katholiken dies als eine Art Bußübung für ihre Sünden? Wollen sie damit Gott zeigen, dass sie es mit ihrer Buße ernst meinen?

 

Wenn man sagt, dass der katholische Glaube alle Sinne des Menschen ansprechen will, dann wäre es ja durchaus nachvollziehbar, wenn Menschen durch schmerzende Knie ihren Glauben noch intensiver erleben.

 

Könnt ihr solche Gedanken nachvollziehen?

 

Der Herr ist unser Gott. Vor ihm zu knien ist Recht. Wir machen uns klein vor Gott und knien vor ihm. Ich finde das wunderbar. Ich finde wenn man z.B. in den Bänken keinen Platz mehr bekommt, dann sollte man zur Eucharistiefeier trozdem Knien. Denn es ist nicht irgendwas, sondern der Herr.

Das knien ist auch Zeichen der Ehrfurcht und man sagt durch das knien quasi auch: "DU bist mein Gott. Ich vertraue Dir alles an. Ich glaube an Dich und gebe mich Dir völlig hin."

Es ist auf eine Weiße auch eine Zustimmung Gottes.

Soweit meine persönlichen Gedanken

bearbeitet von sascha2801
Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Das Knien ist eine sehr ambivalente Angelegenheit. Es kann wahre Demut vor dem Mysterium bedeuten, wenn man während er Wandlung kniet.

 

Und es kann sinnentleerte Bußpraktiken manifestieren.........

Und Riten mittelalterlichen Aberglaubens.........man bekommt noch immer einen Ablass wenn mman in Rom auf Knien die Scala Santa hinaufrutscht

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Mich würde interessieren, was Psychologen dazu sagen.

 

In meiner Jugend kannte ich eine ältere Frau, die einmal im Jahr an einer Wallfahrt teilnahm. Dabei legte sie immer eine Erbse in den Schuh, damit das Laufen schmerzhafter wurde.

 

Nach der Wallfahrt hatte sie zwar wunde und schmerzende Beine, aber sie hatte auch das gute Gefühl, etwas ganz Konkretes GETAN zu haben, etwa nach dem Motto: "Lieber Gott, sieh doch, was ich alles für dich tue!"

 

Theologisch betrachtet, reine Werkerei. Aber ihr ging es nach der Wallfahrt einfach besser!

 

Vielleicht stellt sich ein solches Gefühl auch ein, wenn eine Frau den Rosenkranz kniend auf einem Gitterrost betet, wie ich es in Liebfrauen in Frankfurt beobachtet habe?

 

Kann es sein, dass solche kleinen Einwirkungen auf den Körper spirituell mehr bewirken als große theologische Gedanken?

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Das Knien ist eine sehr ambivalente Angelegenheit. Es kann wahre Demut vor dem Mysterium bedeuten, wenn man während er Wandlung kniet.

 

Und es kann sinnentleerte Bußpraktiken manifestieren.........

Und Riten mittelalterlichen Aberglaubens.........man bekommt noch immer einen Ablass wenn mman in Rom auf Knien die Scala Santa hinaufrutscht

 

Abgesehen davon, dass ich mit Arthrose in beiden Kniegelenken weder auf einer Kniebank, noch auf dem Steinfußboden knien werde, halte ich diese Praktik für eine "sinnentleerte Bußpraktik". Gleiches gilt für die Bußpraktiken der Angehörigen einer gewissen Personalprälatur. Das alles hat eher etwas mit Masochismus denn mit Demut zu tun.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Mich würde interessieren, was Psychologen dazu sagen.

 

In meiner Jugend kannte ich eine ältere Frau, die einmal im Jahr an einer Wallfahrt teilnahm. Dabei legte sie immer eine Erbse in den Schuh, damit das Laufen schmerzhafter wurde.

 

Nach der Wallfahrt hatte sie zwar wunde und schmerzende Beine, aber sie hatte auch das gute Gefühl, etwas ganz Konkretes GETAN zu haben, etwa nach dem Motto: "Lieber Gott, sieh doch, was ich alles für dich tue!"

 

Theologisch betrachtet, reine Werkerei. Aber ihr ging es nach der Wallfahrt einfach besser!

 

Vielleicht stellt sich ein solches Gefühl auch ein, wenn eine Frau den Rosenkranz kniend auf einem Gitterrost betet, wie ich es in Liebfrauen in Frankfurt beobachtet habe?

 

Kann es sein, dass solche kleinen Einwirkungen auf den Körper spirituell mehr bewirken als große theologische Gedanken?

 

Na klar, auch Borderliner fühlen sich wohler wenn sie an sich selbst herumgeschnitzt haben. Selbstverstümmelung fürs Seelenheil!? Oder ist es die archaische Gewissheit, dass die Gottheit Opfer von uns verlangt, oder zumindest gerne sieht. Ich dachte all dieser Götzendienst hätte mit dem Tod unseres Herrn Jesus am Kreuze keinen Bestand mehr.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Vielleicht stellt sich ein solches Gefühl auch ein, wenn eine Frau den Rosenkranz kniend auf einem Gitterrost betet, wie ich es in Liebfrauen in Frankfurt beobachtet habe?

Vielleicht war ihr der Fußboden zu kalt, und sie hat sich deshalb auf die Heizung gekniet?

 

So viel zum "Ort".

 

Wenn man sagt, dass der katholische Glaube alle Sinne des Menschen ansprechen will...

Ja, manchmal tut er es...

Zur "Haltung": Stehen, sitzen knien, liegen... manches so, wie es gerade "passt", manches ist aber auch in der Liturgie so "gewachsen"... und manchmal braucht man schon mal ein paar Erklärungen, um zu verstehen, was wie gewachsen ist, um es heute nachvollziehen zu können...

 

Und wenn es Erklärungen braucht, dann spricht es die Sinne des Menschen eben nicht mehr direkt an...

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

"im gemeindlichen Gottesdienst haben sie, außer in der Karfreitagsliturgie, sowie in Buß- oder in Weihegottesdiensten, keinen Platz."

 

 

 

Das ist die ALT-katholische Sicht!

 

(nur nebenbei: In alt-katholischen Gemeinden in Polen wird sehr wohl gekniet, und zwar AUCH auf dem Steinfußboden - ganz besonders bei den alt-katholischen Mariawiten von Plock)

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

darüber hinaus ging meine Frage auch in die Richtung, warum Katholiken auf einem harten Untergrund wie auf einem Steinfußboden oder sogar auf einem Gitterrost knien, sich also ganz bewusst Schmerzen zufügen.

 

Meine Frage ging nicht in Richtung Liturgie.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

...warum Katholiken auf einem harten Untergrund wie auf einem Steinfußboden oder sogar auf einem Gitterrost knien, sich also ganz bewusst Schmerzen zufügen.
[Hervorhebung von mir]

Meinst Du, dieser Schluß aus Deiner Beobachtung sei gerechtfertigt? Wenn ja, mit welcher Begründung?

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Hymnosakathistos

Hallo,

 

ich knie sehr gerne da ich es als tiefen Ausdruck der Achtung vor dem Herrn ansehe. Leider macht es mir mit fortschreitender Arthrose immer mehr Probleme.

Es macht mich traurig immer weniger knien zu dürfen/können.

 

Als ich in Großbritannien gelebt habe, bin ich oft zum Gottesdienst der Anglikanischen Kirche gegangen. Bei meinem ersten Besuch sah ich leider nicht, dass es dort gar keine Fuß-/Kniebänkchen gab und ich landete auch auf dem durchgängigen Heizgitter. Das tat richtig weh! ;-)

 

Übrigens: Ist Euch schonmal aufgefallen, dass diese Kirchen ihre Bänke meist durch Türchen an den Seiten schliessen. Das ist echt praktisch, damit es nicht so zieht. :angry2: Ich merke, ich werde alt!!! :angry2:

 

In der Ordensgemeinschaft, in der ich zuletzt Gast war, gab es Besuch einer Schwester aus Nigeria (den Namen des Ordens habe ich leider vergessen). Diese Schwester praktizierte jeden Abend bevor sie sich in ihre Zelle verabschiedete ein demütiges Ritual bestehnd aus zunächst knien und dann mit dem gesamten Oberkörper auf den Steinboden fallend. Sie dankte Gott damit für den Tag!

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

"Wir danken dir, daß du uns berufen hast,

vor dir zu stehen und dir zu dienen."

 

Quelle:

 

http://www.kath.de/lexikon/liturgie/hochgebet.php

 

Ich könnte es jetzt natürlich bei folgendem belassen:

damit alle im Himmel, auf der Erde und unter der Erde ihre Knie beugen vor dem Namen Jesu und jeder Mund bekennt: »Jesus Christus ist der Herr« – zur Ehre Gottes, des Vaters.

Quelle: Brief an die Philipper, 2,10+11

 

Ich gebe aber noch ein wenig historischen Hintergrund dazu. Das obere Zitat aus dem 2. Hochgebet geht so zurück auf den sog. Canon des Hippolytus und gibt den Brauch von Alexandrien und Rom im 2. Jahrhundert wieder - die Römer standen vor ihren Göttern. Die Orientalen knieten oder warfen sich körperlang nieder (proskynesis) - in vielen Kirchen des Ostens ist das heute noch gebräuchlich.

 

Das gemeinschaftliche Knien war die übliche Form der Ehrenbezeigung vor Hochstehenden bei den germanischen Völkern. Es wurde über die gallikanischen Liturgien während des frühen Mittelalters auch in die römische Liturgie übernommen und dort dann ebenfalls allgemein üblich. Es stellt insofern das Ergebnis einer gelungenen "Inkulturation" insbesondere für Europa nördlich der Alpen dar.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Long John Silver

Wie waere es wenn man die Leute, solange sie einem ihre eigene Ausuebung nicht als Allgemeingueltig aufzwingen wollen, einfach das alles so machen laesst, wie sie es spirituell fuer sich gut und notwendig und gottesfuerchtig sehen?

 

Es muss doch einen Weg geben, nicht immer alles danach zu beurteilen, was man selbst gern tut oder laesst.

bearbeitet von Long John Silver
Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

darüber hinaus ging meine Frage auch in die Richtung, warum Katholiken auf einem harten Untergrund wie auf einem Steinfußboden oder sogar auf einem Gitterrost knien, sich also ganz bewusst Schmerzen zufügen.

In der Regel dürfte es nicht um das bewußte und gewollte Zufügen von Schmerzen gehen. Man kniet an der Stelle nieder, an der man gerade ist oder die unmittelbar vor dem Gegenstand der Ehrerbietung liegt - und wenn dort keine gepolsterte Kniebank ist, kniet man eben auf den Steinen, notfalls auch auf dem Heizungsrost.

 

In einigen religiösen Gemeinschaften waren und sind auch verschiedene Formen des "Bußkniens" üblich - da geht es dann schon eher darum, die Unbequemlichkeit und die Schmerzen bewußt auszuhalten. Von daher sind solche Praktiken auch in die Volksfrömmigkeit eingedrungen - warum nicht, wenn kein Zwang dabei ist. Asketische Übungen solcher Art werden in allen Religionen praktiziert: Als Opfer, zur Abtötung, als Kompensation. Nach katholischer Lehre sind sie nicht vorgeschrieben, werden aber auch nicht grundsätzlich abgelehnt, soweit sie nicht in Richtung Selbstzerstörung tendieren.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Wie schon gesagt wurde: Das ist eine altkatholische Sicht, die freilich auch in anderen Kreisen geteilt wird.

 

Die römisch-katholische Sicht kann man bei Josef Ratzinger kennenlernen, der in seinem Buch "Der Geist der Liturgie" dem Thema "Knien, Stehen und Sitzen" ein ganzes Kapitel gewidmet hat. Das Kapitel beginnt auf S. 159 mit der Feststellung "Es gibt Kreise mit nicht geringem Einfluss, die uns das Knien auszureden versuchen: Es passe nicht zu unserer Kultur, sagt man, es schicke sich nicht für den mündigen Menschen".

 

Ratzinger schaut dann ins Neue Testament, wo das Wort proskynein (sich niederwerfen) allein 59 mal vorkommt, aber auch im Alten Testament werfen sich Propheten regelmäßig vor der Majestät Gottes zu Boden. Auch vom Knien ist immer wieder die Rede. Auf S. 166/7 kommt er dann zum Schluss:

Es mag wohl sein, daß moderner Kultur das Knien fremd ist - insofern sie nämlich eine Kultur ist, die sich vom Glauben entfernt hat und den nicht mehr kennt, vor dem zu knien die rechte, ja von innen her nötige Gebärde ist. Wer glauben lernt, lernt auch knien, und ein Glaube oder eine Liturgie, die das Knien nicht mehr kennte, wäre an zentraler Stelle krank. Wo es verlorengegangen ist, müssen wir das Knien wieder erlernen, damit wir betend in der Gemeinschaft der Apostel und Martyrer, in der Gemeinschaft des ganzen Kosmos, in der Einheit mit Jesus Christus selbst verbleiben.

Zuvor hat Ratinger ab er noch eine Anekdote aus den Sentenzen der Wüstenväter erzählt: Gott der Herr habe den Teufel gezwungen, sich sich einem gewissen Abt Apollon in körperlicher Gestalt zu zeigen: Schwarz, häßlich anzusehen mit erschreckend mageren Gliedern - und er hatte keine Knie. Kommentar Ratzinger: "Die Unfähigkeit zu knien erscheint dort geradezu als das Wesen des Diabolischen." Non Serviam.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Auf S. 166/7 kommt er dann zum Schluss:
... eine Liturgie, die das Knien nicht mehr kennte, wäre an zentraler Stelle krank.
Ich kann mir nur schwer vorstellen, daß diese Stelle wörtlich gemeint ist, denn dann wären nahezu alle Liturgien des byzantinischen Ritus und der anderen orientalischen Riten "an zentraler Stelle krank".

Ich halte es für sinnvoll, die verschiedenen Formen der Ehrfurchtsbezeugung (im byzantinischen Ritus ist es die große und kleine Metanie) nicht gegeneinander auszuspielen.

bearbeitet von gouvernante
Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Auf S. 166/7 kommt er dann zum Schluss:
... eine Liturgie, die das Knien nicht mehr kennte, wäre an zentraler Stelle krank.
Ich kann mir nur schwer vorstellen, daß diese Stelle wörtlich gemeint ist, denn dann wären nahezu alle Liturgien des byzantinischen Ritus und der anderen orientalischen Riten "an zentraler Stelle krank".

Ich halte es für sinnvoll, die verschiedenen Formen der Ehrfurchtsbezeugung (im byzantinischen Ritus ist es die große und kleine Metanie) nicht gegeneinander auszuspielen.

Das Zitat ist aus dem letzten Absatz des Kapitels. Ich habe es immer so verstanden als ob es sich nur auf den lateinischen Ritus bezieht - der von mir ebenfalls zitierte erste Satz scheint mir diesen Bezirk abzustecken "Es gibt Kreise mit nicht geringem Einfluss, die uns das Knien auszureden versuchen: Es passe nicht zu unserer Kultur, sagt man, es schicke sich nicht für den mündigen Menschen." Die Bezüge auf die anderen Riten im ganzen Kapitel sind rein informativ - "eingreifend" diskutiert der damalige Kardinal dort nur gegenüber den Entwicklungen im eigenen Ritus. Nichts deutet in meinen Augen darauf hin, daß er das Knien gegen die Metanie stellen wollte.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Auf S. 166/7 kommt er dann zum Schluss:
... eine Liturgie, die das Knien nicht mehr kennte, wäre an zentraler Stelle krank.
Ich kann mir nur schwer vorstellen, daß diese Stelle wörtlich gemeint ist, denn dann wären nahezu alle Liturgien des byzantinischen Ritus und der anderen orientalischen Riten "an zentraler Stelle krank".

Ich halte es für sinnvoll, die verschiedenen Formen der Ehrfurchtsbezeugung (im byzantinischen Ritus ist es die große und kleine Metanie) nicht gegeneinander auszuspielen.

Ich habe beim "Der Geist der Liturgie" immer wieder das Gefühl, dass sich Josef Ratzinger nur schwer von seiner mitteleuropäischen Prägung des mittleren 20sten Jahrhunderts trennen kann. Er verallgemeinert hier sehr stark und läuft Gefahr, andere Kulturen und Riten als die westlich/römischen aus dem Blick zu verlieren. Außerdem vergleicht er meiner Meinung nach die heutige - nachösterliche - Liturgie zu stark mit der des alten Testaments. Heraus kommt dann eine Argumentation für alles, was er in seiner Jugend liturgisch erlebt hat. Mit einer Abhandlung über den Geist der Liturgie hat das aber wenig zu tun. Würde das jeder so machen, würde uns ein afrikanischer Bischof mit der Feststellung beglücken, dass der Tanz vor Gott zentral zur weltweiten katholischen Liturgie gehöre, weil ja schon David vor der Bundeslade getanzt habe und seit jeher der Tanz in Afrika ein Zeichen der Ehrerbietung vor Gott ist.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Das Zitat ist aus dem letzten Absatz des Kapitels. Ich habe es immer so verstanden als ob es sich nur auf den lateinischen Ritus bezieht - der von mir ebenfalls zitierte erste Satz scheint mir diesen Bezirk abzustecken "Es gibt Kreise mit nicht geringem Einfluss, die uns das Knien auszureden versuchen: Es passe nicht zu unserer Kultur, sagt man, es schicke sich nicht für den mündigen Menschen." Die Bezüge auf die anderen Riten im ganzen Kapitel sind rein informativ - "eingreifend" diskutiert der damalige Kardinal dort nur gegenüber den Entwicklungen im eigenen Ritus. Nichts deutet in meinen Augen darauf hin, daß er das Knien gegen die Metanie stellen wollte.

Ich hatte aber durchaus den Eindruck (siehe auch mein vorgehender Beitrag), dass Kardinal Ratzinger sein Buch überkulturell auf den römischen Ritus bezieht. Ich kann ihm ja folgen, was seine Verbreitung im europäischen Kulturkreis betrifft. Allerdings bekomme ich starke Bauchschmerzen, wenn man seine Thesen auch 1:1 auf die Verwendung des römischen Ritus in Asien, Afrika und Lateinamerika übernehmen möchte. Der damalige Kardinal schreibt ja (soweit ich mich erinnern kann) auch sehr negativ über liturgischen Tanz. Das kann ich für Europa noch bedingt teilen aber in Afrika würde mit einem Verbot des Tanzes wirklich ein für die dortigen Katholiken sehr wichtiger Bestandteil der Verehrung entfallen.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Ich habe beim "Der Geist der Liturgie" immer wieder das Gefühl, dass sich Josef Ratzinger nur schwer von seiner mitteleuropäischen Prägung des mittleren 20sten Jahrhunderts trennen kann. Er verallgemeinert hier sehr stark und läuft Gefahr, andere Kulturen und Riten als die westlich/römischen aus dem Blick zu verlieren. Außerdem vergleicht er meiner Meinung nach die heutige - nachösterliche - Liturgie zu stark mit der des alten Testaments. Heraus kommt dann eine Argumentation für alles, was er in seiner Jugend liturgisch erlebt hat. Mit einer Abhandlung über den Geist der Liturgie hat das aber wenig zu tun. Würde das jeder so machen, würde uns ein afrikanischer Bischof mit der Feststellung beglücken, dass der Tanz vor Gott zentral zur weltweiten katholischen Liturgie gehöre, weil ja schon David vor der Bundeslade getanzt habe und seit jeher der Tanz in Afrika ein Zeichen der Ehrerbietung vor Gott ist.

Sie haben sicher insoweit recht, daß der Kardinal kein Buch über alle möglichen Liturgien aller Zeiten und aller Orten geschrieben hat oder auch nur schreiben wollte - er hat schon uns gemeint. Aber er zielt schon auch aufs allgemeine - die Sache mit der Inkulturation hat viele Tücken. Übrigens sind es meistens Europäer, die gegenüber Afrikanern den Tanz betonen und sie unbedingt in dieser Weise (am besten noch im Baströckchen) im Gottesdienst auftreten lassen wollen. Die Kirchenzeitung des Bistums Hildesheim hat dazu im Rahmen einer Leserdebatte aus der Zeit kurz nach dem Motu-Proprio eine interessante Aussage abgedruckt: "Ähnliches berichtet auch Jaqueline Njuki (33). Die Kenianerin, Angestellte einer Luftverkehrsgesellschaft, pendelt zwischen Hannover und Berlin hin und her. Sie hat die tridentinische Messe durch Bekannte kennengelernt und sagt: "Es ist ein Vorurteil, dass wir Afrikaner unsere Spiritualität nur beim Trommeln und Tanzen erfahren. Wann immer ich die Gelegenheit habe, besuche ich in Berlin täglich die tridentinische Messe im Institut St. Philipp Neri." (Im Zusammenhang hier)

 

Die Erfahrungen mit dem übrigens ganz wesentlich von europäischen Ethnologen gebauten Usus von Zaire (Hier der Ordo) waren nicht ermutigend - den Nationalisten war er immer noch zu wenig afrikanisch, als er inhaltlich schon die Grenzen des christlich Möglichen erreicht hatte. Ähnliche Erscheinungen beobachtet man in Indien, wo die "Lokalisierer" einem üblen Synkretismus die Wege gebahnt haben. Inzwischen sind dort Jesus und Maria an manchen Orten einfach in den hinduistischen Panthenon integriert worden, die christliche Substanz ist verdampft.

 

Tatsächlich wollen Afrikaner, die Christen werden, sich zwar in der Regel nicht ganz von ihren (von den Massenmedien bereits schwer beschädigten) kulturellen Wurzeln abschneiden - aber einen deutlichen Unterschied setzen und sehen wollen sie schon. Die "afrikanische Messe" ist zu einem guten Teil eine romantische Sehnsucht von Europäern und Nordamerikanern. Wenn man sich einmal die Aufführungen von "Missa Luba" "Missa Kenya" usw. auf Youtube anschaut, findet man fast nur weiße Chöre - oft genug von höheren Bildungsanstalten.

 

Aber eigentlich sprachen wir ja vom Knien in unseren Kirchen

bearbeitet von Bernado
Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Das Knien ist eine sehr ambivalente Angelegenheit. Es kann wahre Demut vor dem Mysterium bedeuten, wenn man während er Wandlung kniet.

 

Und es kann sinnentleerte Bußpraktiken manifestieren.........

Und Riten mittelalterlichen Aberglaubens.........man bekommt noch immer einen Ablass wenn mman in Rom auf Knien die Scala Santa hinaufrutscht

 

Abgesehen davon, dass ich mit Arthrose in beiden Kniegelenken weder auf einer Kniebank, noch auf dem Steinfußboden knien werde, halte ich diese Praktik für eine "sinnentleerte Bußpraktik". Gleiches gilt für die Bußpraktiken der Angehörigen einer gewissen Personalprälatur. Das alles hat eher etwas mit Masochismus denn mit Demut zu tun.

Ich hab mal in Jerusalem in der Grabeskirche am Karfreitag eine Gruppe von Frauen auf den Knien liegen und den Stein salben gesehen, auf dem überlieferungsgemäß der Leichnam Christi nach der Kreuzabnahme abgelegt wurde.

Und ein andermal am selben Ort beim Haupteingang: Dort gibt's eine Säule oder vielmehr einen Pfeiler mit einem Riss der Länge nach im Gestein. Der soll nach einer frommen Legende entstanden sein, als Christus nach seinem Tod zur Hölle fuhr und die Seelen der Patriarchen und Urväter und -mütter befreite.

Da stand eine Frau, die diesen Spalt völlig versunken mit einem Wattebausch und einem Fläschchen Öl salbte.

Ich würde selber sowas nie tun, aber ich stand eine gute halbe Stunde dort und geriet selbst in Versenkung.

 

Man muss nicht allem was einem begegnet, ein Moralurteil umhängen. Dabei entgeht einem meist was.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

×
×
  • Neu erstellen...