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Welcher Christ glaubt wirklich noch im engeren Wortsinne?


Sokrates

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Für mich lösen sich diese Widersprüche im freiwilligen Kreuzestod Jesu, der deshalb auch zu Recht als "Opfer" bezeichnet werden kann. Gott schuf die Welt, mitsamt ihren Brüchen und unausweichlichen Katastrophen, aber er er stellt sich auch ganz in sie hinein, bis zum tiefsten Abgrund. Das ermutigt mich zu dem Glauben, dass das Leben letzten Endes (und das ist für einen Christen ja die Auferstehung) für jeden Menschen guten Willens gut ausgeht.

Mir ist und war schon immer schleierhaft, wie man darin eine innere Logik feststellen kann. :angry2:

 

Meiner Ansicht nach ist das die einzige haltbare Alternative zu der Haltung: "wem es schlecht geht, der ist selber schuld/hat halt Pech gehabt/ist von Gott zu Hölle vorherbestimmt".

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Long John Silver
... und die Darstellung von Pontius Pilatus als Weichei in den Evangelien entspricht so gar nicht dem historischen Pilatus.

 

Auf keinen Fall. Soweit ich weiss, war Pilatus bekannt dafuer, dass er ausserordentlich gern kreuzigen liess, es war sogar so, dass sein blutruenstiges Vorgehen seinen Vorgesetzen zu viel wurde. Er war ein Schlaechter. Kaiaphas war sein Guenstling, der dank Pilatus eine viel laengere Amtsperiode als Hoher Priester innehatte hatte als ueblich, und das Verfahren gegen Jesus von Nazareth spielte sich als Interessengemeinschaft zwischen diesen beiden Polen ab. Pilatus durfte ohne triftigen Grund keinen Juden kreuzigen lassen, er musste vor allem vorsichtig sein wegen seiner Karriere, weil er bereits in Ungnade war bei seinen Vorgesetzten, der einzige Grund waere Verrat gegen den Kaiser gewesen. Kaiphas wollte Jesus aus anderen Gruenden loswerden.

 

Jesus war mit Sicherheit bekannt wie ein bunter Hund, und jeder wusste, dass er sich in Jerusalem aufhielt. Es ist absurd anzunehmen, dass die Roemer aufgrund juedischer innerer Religionskonflikte anrueckten, um einen Wanderprediger festzunehmen, der seine Mitbuerger religioes aufmischte. Es ist absurd anzunehmen, dass die Roemer ueberhaupt einen Finger geruehrt haetten, wenn nicht die Vorstellung im Raum gestanden haette (ob jetzt berechtigt oder nicht, ist ein weiteres Diskussionsfeld), dass Jesus den Kaiser beleidigt haette (eine Aussage, die m.E. von Kaiaphas lebhaft geschuert wurde Pilatus gegenueber, damit dieser auf jeden Fall einem Verfahren zustimmen wuerde). Dass Barrabas ein Rebell war, steht eigentlich ausser Frage, weil die Roemer Kriminalitaet unter Juden nicht selbst rechtlich sanktierten. Dass er ueberhaupt im Gefaengnis war, zeigt seinen Status als Aufruehrer gegen das roemische Reich an.

 

Man kann jetzt natuerlich darueber streiten, inwieweit Jesus selbst und/oder seine Juenger einer aufruehrerischen Verbindung angehoerten, von der Hand zu weisen ist das aufgrund der Evangelienaussage nicht, dafuer koennte man genuegend Beweise finden.

 

Jedenfalls - ich schrieb es hier im Forum bereits - das Wort fuer die Festnahme von Jesus ist laut Lapide im Hebraeischen ein spezielles Wort aus der Gerichtssprache der Roemer fuer Verbrechen gegen den Kaiser, fuer Hochverrat, fuer Rebellen.

 

Bei der ganzen Sache muss man beruecksichtigen, dass die fruehen Christen ab einem gewissen Zeitpunkt ein grosses Interesse daran haetten, die Roemer von der Schuld an dem Tod von Jesus freizusprechen und alles den Juden in die Schuhe zu schieben, ein Bild zu zeichnen, dass die Roemer lediglich als Handlanger juedischer Interessen darstellte. Sicher scheint mir aber auch zu sein, dass Kaiphas ebenfalls ein korrupter Mensch war, fuer den vor allem im Vordergrund stand, seine eigene Macht und Karriere unter der Fremdherrschaft weiter zu sichern, und dem vor allem daran lag, mit den Roemern gut dazustehen und Pilatus zu hofieren.

bearbeitet von Long John Silver
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Na, die Theorie, dass der eine Judas Mitglied dieser Untergrundorganisation gewesen sei und Simon, der Zelot auch nicht gerade der allerfriedlichsten Gruppe im historischen Palästina war, ist so neu ja nun auch wieder nicht.

 

Aber es gibt die Bibelstellen, die nicht kuschelig oder friedlich sind. Sie gehören dazu, wie zu meinem Leben die brüche, die Momente, in denen ich nicht friedlich bin- oder die Welt im Allgemeinen. Das ist eigentlich das besondere an Gott: Gott will die Welt so, wie sie ist. So sehr, dass er/sie selbst als Mensch dort lebt.

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GermanHeretic
Für mich lösen sich diese Widersprüche im freiwilligen Kreuzestod Jesu, der deshalb auch zu Recht als "Opfer" bezeichnet werden kann. Gott schuf die Welt, mitsamt ihren Brüchen und unausweichlichen Katastrophen, aber er er stellt sich auch ganz in sie hinein, bis zum tiefsten Abgrund. Das ermutigt mich zu dem Glauben, dass das Leben letzten Endes (und das ist für einen Christen ja die Auferstehung) für jeden Menschen guten Willens gut ausgeht.

Mir ist und war schon immer schleierhaft, wie man darin eine innere Logik feststellen kann. :angry2:

Meiner Ansicht nach ist das die einzige haltbare Alternative zu der Haltung: "wem es schlecht geht, der ist selber schuld/hat halt Pech gehabt/ist von Gott zu Hölle vorherbestimmt".

Erstens ist das nicht eine Haltung sondern drei verschiedene. Zweitens ist die Alternative der christlichen Hoffnung längst nicht die einzige, da fallen mir durchaus noch noch andere ein. Und drittens macht diese, zugegeben verlockende Alternative, die ganze Geschichte um Folter, Kreuzigung und Auferstehung, sofern sie nicht als reines Symbol für eben jene Hoffnung steht, keinen Deut logischer.

Das gibt einen schönen Dreh zum Thematitel, als Symbol ist sie tauglich, aber wer glaubt denn im Ernst, daß diese Geschichte tatsächlich, also im Wortsinne so stattgefunden hätte?

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Hoffen kann man viel, man darf aber nicht übersehen, dass der Islam ein ganz anderes Grundverständnis von Politik hat als das Christentum, da der Islam von Anfang an Politik als TEil der Religion ansah, während entsprechende Gedanken im Christentum erst später und im Widerspruch zum Evangelium auftauchten.

Das bezweifele ich sehr stark. Das Christentum war zu Anfang eine Religion der unteren Schichten und auch der jüdische Messiasglaube, der einer der Quellen des Christentums ist, ist alles andere als unpolitisch.

Das ist ja gerade der Knackpunkt, dass Jesus deswegen nicht als Messias erkannt oder gar anerkannt wurde, weil der den politischen Erwartungen der damaligen Messias-Hoffnung nicht entsprach. In Joh 6 wird beispielsweise geschildert, dass er sich den Juden entzog, als sie ihn zum König machen wollten.

 

Ausserdem gibt es im NT etliche Textstellen, wonach Jesus seine Anhänger aufrief, das Schwert in die Hand zu nehmen.
Nonsens! Es gibt eine Stelle, wo er Petrus im Gegenteil auffordert: "Steck das Schwert in die Scheide!"(Mt 26,52; Joh 18,11) Und die Aussage "Ich bin nicht gekommen, den Frieden zu bringen, sondern das Schwert!" (Mt 10,34), ist aus dem Kontext heraus eindeutig keine Aufforderung zum Schwertgreifen, sondern die Prophetie der Spaltung um seiner Person willen.

 

Ich nehme nicht an, daß Jesus ein unpolitischer Rabbi war und halte die Evangelien für ziemlich weichgespült, ähnlich wie die Anhänger von Wunderheiligen ihre Idole mit Geschichtchen überfrachten.
Welchen Grund sollten die Evangelien haben, Jesus "weich zu spülen", wo es doch darum ging, Jesus als Messias zu deklarieren. Ein politischer Messias wäre da angesichts der an einen Messias gerichteten Erwartungen wesentlich glaubwürdiger gewesen.

 

Der Kreuzestod war ein hochpolitisches Ereignis. Die Römer hatten einfach einen Wanderprediger weniger, den sie für gefährlich hielten. Und dazu hatten sie allen Grund, soweit ich meinen Josephus kenne.
Sie hielten ihn dafür, weil es ihnen der Hohe Rat so einredete. Der allerdings hatte andere Motivationen.
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Ich nehme nicht an, daß Jesus ein unpolitischer Rabbi war und halte die Evangelien für ziemlich weichgespült, ähnlich wie die Anhänger von Wunderheiligen ihre Idole mit Geschichtchen überfrachten.
Welchen Grund sollten die Evangelien haben, Jesus "weich zu spülen", wo es doch darum ging, Jesus als Messias zu deklarieren. Ein politischer Messias wäre da angesichts der an einen Messias gerichteten Erwartungen wesentlich glaubwürdiger gewesen.

 

Für die Juden und nach jüdischem Glauben war ein Messias allerdings nichts anderes als ein Kriegsherr, der sie von der Fremdherrschaft (in diesem Fall die der Römer) befreite. Bar-Kochba galt deswegen auf jeden Fall als Messias - bis er scheiterte (scheitern schließt nach jüdischem Glauben einen Messias aus).

 

Man kann die Stellen mit dem Schwert deswegen auch als ein Motiv deuten, Jesus zu einem (jüdischen) Messias zu machen. Oder andersherum: Jesus war eine Art Messias, ist mit seinem Aufstand allerdings gescheitert ist (wonach er nach jüdischem Glauben eben kein Messias sein konnte). Jesus war ja bei weitem nicht der einzige gescheiterte Möchtegern-Messias, davon gabe es zur Zeit von Jesus Dutzende an jeder größeren Straßenecke, die meisten davon starben entweder bei Schlachten oder an römischen Kreuzen, oder es wurde irgendwann still um sie. Deswegen warten die orthodoxen Juden auch heute noch auf den Messias. Deswegen redete man auch von einem "zweiten Kommen" von Jesus, dann sollte er endgültig die Kriterien eines Messias erfüllen, wenn er es schon beim ersten Mal nicht geschafft hat.

 

So oder so muss man anerkennen, dass die Evangelien nichts zu der Frage beitragen, ob Jesus ein Messias war der nicht - was dadurch verdeckt wurde, dass man im Christentum die jüdische Vorstellung eines Messias umdeutete und sie mehr oder weniger den Evangelien anpasste. Jesus wurde zum "christlichen Messias", in dem man Begriff "Messias" umdefinierte und auf Jesus anwandte - Jesus wurde so zum neuen, christlichen Messias, weil er in den Evangelien so auftrat, wie er in den Evangelien geschildert wurde. Aha! Man kann jeden Menschen zum Messias machen, wenn man den Messias-Begriff so umdefiniert, dass er auf sein Verhalten passt - das ist aber nichts weiter als Willkür, bei Jesus so eine Art "Ämterhäufung": Er musste königlichen Geblüts sein (wenn das auch zu seiner Herkunft überhaupt nicht passen kann), er musste "der Weg, die Wahrheit und das Leben" sein, der Gesalbte (gesalbt wurden im engeren Sinne früher nur Könige, und "Christus" heißt nichts anderes als "Gesalbter"), das "Licht des Leben", das "lamm Gottes", der "wahre Weinstock" usw. usf. Also "musste" er auch noch Messias sein, was mit einem bisschen Begriffsverdrehung leicht zu bewerkstelligen ist.

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Hoffen kann man viel, man darf aber nicht übersehen, dass der Islam ein ganz anderes Grundverständnis von Politik hat als das Christentum, da der Islam von Anfang an Politik als TEil der Religion ansah, während entsprechende Gedanken im Christentum erst später und im Widerspruch zum Evangelium auftauchten.

Das bezweifele ich sehr stark. Das Christentum war zu Anfang eine Religion der unteren Schichten und auch der jüdische Messiasglaube, der einer der Quellen des Christentums ist, ist alles andere als unpolitisch.

Das ist ja gerade der Knackpunkt, dass Jesus deswegen nicht als Messias erkannt oder gar anerkannt wurde, weil der den politischen Erwartungen der damaligen Messias-Hoffnung nicht entsprach. In Joh 6 wird beispielsweise geschildert, dass er sich den Juden entzog, als sie ihn zum König machen wollten.

Gerade diese Stelle ist ein gutes Beispiel für die Schönrederei in den Evangelien. Sie suggeriert, daß damals in Palästina viele Menschen den Frieden wollten. Denn woher sollen die Tausende gekommen sein, die Jesus bei der Bergpredigt zuhörten? Demnach muß die Friedenssehnsucht ein Massenphänomen gewesen sein. War sie aber nicht, wenn man Josephus Glauben schenken kann, und das kann man wohl eher als den Evangelisten, dann hat ein Furz eines römischen Soldaten in den Tempel genügt, um im Jahr 66 einen Aufstand zu entfesseln, der durch mehrere Legionen und drei spätere Kaiser niedergeschlagen wurde.
Ausserdem gibt es im NT etliche Textstellen, wonach Jesus seine Anhänger aufrief, das Schwert in die Hand zu nehmen.
Nonsens! Es gibt eine Stelle, wo er Petrus im Gegenteil auffordert: "Steck das Schwert in die Scheide!"(Mt 26,52; Joh 18,11) Und die Aussage "Ich bin nicht gekommen, den Frieden zu bringen, sondern das Schwert!" (Mt 10,34), ist aus dem Kontext heraus eindeutig keine Aufforderung zum Schwertgreifen, sondern die Prophetie der Spaltung um seiner Person willen.

Wieder ein Beweis für die Mythenbildung innerhalb der Evangelien.

 

Ich nehme nicht an, daß Jesus ein unpolitischer Rabbi war und halte die Evangelien für ziemlich weichgespült, ähnlich wie die Anhänger von Wunderheiligen ihre Idole mit Geschichtchen überfrachten.
Welchen Grund sollten die Evangelien haben, Jesus "weich zu spülen", wo es doch darum ging, Jesus als Messias zu deklarieren. Ein politischer Messias wäre da angesichts der an einen Messias gerichteten Erwartungen wesentlich glaubwürdiger gewesen.

Ich glaube nicht, daß die Evangelien zu dem Zweck geschrieben wurden, einen Messias zu installieren, sondern Menschen, die von seiner Lehre begeistert waren wollten berichten, was sie innerlich erfüllte. Eine Deklaration als Messias wäre mit Sicherheit eine politische Installation.

Der Kreuzestod war ein hochpolitisches Ereignis. Die Römer hatten einfach einen Wanderprediger weniger, den sie für gefährlich hielten. Und dazu hatten sie allen Grund, soweit ich meinen Josephus kenne.
Sie hielten ihn dafür, weil es ihnen der Hohe Rat so einredete. Der allerdings hatte andere Motivationen.

Pilatus machte so wenig Federlesens mit seinen Untertanen, daß er bestimmt nicht den Hohen Rat fragen mußte, wenn ihm ein Wüstenprediger lästig wurde. Josephus berichtet, daß Pilatus ein Standbild des Kaisers aufstellen wollte und deswegen Proteste erntete. Er lud die Protestler in die örtliche Arena ein, angeblich um dies mit ihnen zu besprechen. Stattdessen ließ er eine Kohorte Soldaten aufmarschieren und diese die gespannten Bogen auf die Leute richten. Danach forderte er sie auf, ihren Protest zu wiederholen, was natürlich keiner wagte.

 

Daran sieht man, daß Pilatus keinesfalls zimperlich war und er in der Lage war, römische Interessen wenn nötig mit Gewalt zurchzusetzen. Er war in Rom nicht in Ungnade gefallen, das ist ein christliches Wunschmärchen.

bearbeitet von Platona
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Du meinst, unsere A&A sind liebesunfähig?

 

Nein- das meine ich nicht. Sie vergraben Talente (aber das machen auch Gläubige) bzw. jene wurden bei ihnen (auch bei uns) verschüttet.

 

Um jemanden lieben zu können, muss derjenige zunächst einmal existieren - von Schwärmereien wie für "Harry Potter" jetzt einmal abgesehen, was aber auch zeigt, dass Menschen jemanden "lieben" können, der nicht existiert (dazu braucht man kein besonderes Talent). Ich würde "Liebe" für eine nicht existierende Person aber entweder in Anführungszeichen schreiben oder eben besser als Schwärmerei betrachten, mit richtiger Liebe hat das wenig zu tun.

 

Die Existenz Gottes ist aber nicht offensichtlich, sie ist nur für den offensichtlich, der daran glaubt. Um Gott wirklich lieben zu können, muss man also zunächst einmal glauben, dass er existiert. Dass man ihn liebt, daraus folgt so wenig, dass er existiert, wie bei Harry Potter, auch wenn man da glaubt, ihn zu lieben.

 

Aus meiner Existenz, der des Universums, der Natur etc. folgt nicht die Existenz Gottes - das wurde in den Gottesbeweisen (besser: den Argumenten für Gott) schon versucht, zu zeigen. Geklappt hat es nicht, und zwar nicht wegen den Voraussetzungen, sondern weil diese Argumente in sich logisch fehlerhaft sind (oder dazu führen, dass man auch an die Existenz der "schönstmöglichen Insel" oder "der größtmöglichen Pizza" glauben müsste). Vollends problematisch wird es, wenn man anhand einer Natur, die eben nicht nur gut und schön ist, auf einen rein liebenden Gott zu schließen versucht: Das geht nur, wenn man alles Unschöne und Negative ausblendet. Was damit das größte ungelöste Rätsel des Christentums, die Bedeutung von Jesus Tod am Kreuz zu tun haben kann, erschließt sich mir nicht - das würde nicht einmal funktionieren, wenn man das Rätsel gelöst hätte (bzw. wenn man eine der gängigen Lösung vorbehaltlos akzeptieren würde).

 

Wunder sind kein Argument für Gott: Zunächst deswegen, weil Wunder meist Ereignisse mit positivem Ausgang sind, die man sich nicht erklären kann, oder für die es keine Erklärung gibt, oder die statistisch gesehen extrem unwahrscheinlich sind. Wobei letzteres meist darauf zurückzuführen ist, dass man nicht mit Statistik umgehen kann. An jemanden zu denken, der dann anruft, ist so hoch wahrscheinlich, dass es vermutlich schon jeder einmal erlebt hat.

 

Wenn man das Wort "Katastrophe" temporär als Gegenstück eines Wunders definiert, also als ein unerklärliches oder unwahrscheinliches Ereignis mit negativem Ausgang, dann muss man wiederum, damit man ein Argument für Gott hätte, alle Katastrophen unberücksichtigt lassen. Keineswegs reicht es dazu aus, zu sagen, dass die Anzahl der Wunder die der Katastrophen übersteigt.

 

Definiert man Wunder als einen Eingriff Gottes, der die Naturgesetze "übersteuert", dann hat man sogar ein Argument gegen Gott. Selbst das einmal beiseite: Man kann schlecht damit argumentieren, dass man Gott als den Schöpfer aller Ordnung und Regularien betrachtet, um dann Wunder durch die Hintertür als Ausnahmen dazu wieder einzuschmuggeln (und dann daraus wiederum ein Argument für Gott zu machen).

 

Wie dem auch sei, die "Liebesunfähigkeit" ist eher eine "Glaubensunfähigkeit". Dass man etwas nicht glaubt, dafür wiederum gibt es noch viel mehr (und ganz andere) Ursachen als dass man nicht lieben (oder für etwas schwärmen) kann. Es gibt daher auch viele Ursachen dafür, warum jemand aufhört, zu glauben.

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Hallo LJS, muss es denn wirklich unbedingt ein Kotau vor den Ansprüchen anderer sein?

Für mich ist es das nicht, ich habe das auch in mir, ziemlich genau so, wie du es im letzten Absatz schreibst: als Frage, die aus mir selber kommt, als Anspruch an mich selber.

Ich w i l l verstehen, auch rational - und ich weiß das inzwischen auch, dass es Wege zu denken gibt, wo auch dieses Verstehen wachsen kann ohne dass man deswegen etwas aufgeben muss, was man nicht aufgeben darf.

 

Die Welt, die Wirklichkeit ist e i n e. Und solange da überall Spalten und Klüfte sind zwischen Denken und Fühlen und Intuition und Sinneswahrnehmungen, ist unser Erkennen noch nicht fertig. Und müssen alle Fragen gestellt werden dürfen und müssen ernst genommen werden. Das bin ich mir sicher.

 

Vielleicht sollte ich zuerst naeher erlaeutern, was fuer mich rationale Vorgehensweise mit religioesen Themen sind. Z.B.das Erforschen von Zusammenhaengen in Religionen, Exegese etc., Wissen ueber die Urspruenge von Texten, ihre historische und kulturelle Entstehung etc., Erkennen von religoesen Strukturen etc. Ich selbst mache das niemals mit der Intention, (meine) Glaubensinhalte zu untermauern oder zu beweisen oder rational zu begruenden. Ich interessiere mich nicht fuer Exegese, weil ich nach Argumenten fuer Glaubensinhalte suche. Das ist mir fremd. Es handelt sich hier um ein Wissensgebiet, auf das ich neugierig bin, weil ich mich fuer Religionen und ihre Strukturen interessiere.

 

Ich schrieb weiter vorn, dass ich es absolut wichtig finde, die eigenen Glaubensinhalte zu reflektieren. Schon deshalb, wenn man sie weitergeben will. Das hilft natuerlich Wissen und seine Erarbeitung, wie ich sie eben geschildert habe, denn ich halte es fuer sehr wichtig, die Zusammenhaenge der Symbole zu kennen, auf denen meine eigene Religion ruht, und meine Religion in der Gesamtheit aller Religionen richtig einordnen zu koennen. Und ich persoenlich kann mir keine Begrenzung vorstellen, was Fragen betrifft, die ergeben sich sich eben aus der Beschaeftigung mit diesen Dingen, und das macht diese Beschaeftigung damit so spannend, dass sie eine Entwicklung beinhaltet.

 

Ich meinte aber eine andere Ebene als diese beiden:

Es ist kein Problem rational begruenden, warum man religioes ist. Problematisch wird es, wenn es um die konkreten Inhalte geht, ob man die rational begruenden kann. Da scheint mir eindeutig: fuer eine Begruendung dieser Inhalte ist die Rationalitaet, wie ich sie sonst anwende, nicht das geeignete Werkzeug. Ich werde auf diese Art scheitern. Eine Vergoetzung der Rationalitaet sehe ich dort, wo ich nicht erkenne, dass nicht die ungeeignete Verwendung dieses Werkzeugs der Grund fuer das Scheitern ist, sondern wo ich behaupte, die Inhalte seien schuld, weil sie falsch seien und deshalb nicht begruendbar und vermittelbar. Da muss ich mich nicht wundern, wenn meine religioese Einstellung ins Bedeutungslose versinkt, verdunstet, wenn ich dieses Scheitern bewusst zulasse. Denn wie bereits gesagt - diese versuchte Quadratur des Kreises klappt nicht.

 

Also, Anspruch habe ich auch, in der Richtung, mich zu bilden und immer mehr Wissen zu bekommen, ueber das, was ich fuer wichtig halte, und mich selbst dabei absolut ernst zu nehmen und an erste Stelle zu setzen.

Danke, ja das habe ich jetzt besser verstanden.
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Stefans Frage fällt mir in diesem Zusammenhang ein: "Warum versteckt der sich so, der Gott?"

 

Versteckt er sich wirklich?

Mein Zugang ist derjenige der Befreiungstheologie. Die postuliert, dass wir Gott im hilfsbedürftigen Nächsten begegnen.........

Was ihr dem geringsten meiner Brüder getan habt, das habt ihr mir getan..........die Umkehrung ....was ihr diesem geringsten Bruder nicht getan habt, habt ihr auch mir nicht getan, wird gerne verdrängt unter einem Wust oft recht seltsamer Vorschriften, die zu erfinden die Kirche nicht müde wird.

 

Im Sinne Stefans versteckt Gott sich wirklich. Gott erfüllt Stefans Offenbarungsvorstellungen und -anforderungen nicht. All das, wodurch Stefan erkennen würde, dass hier Gott am Werke ist, glänzt durch Abwesenheit bzw. durch eine nur behauptete Existenz.

 

Der Weg, den Du beschreitest, steht Stefan nicht offen. Und ich halte das für kein Wunder. Jahrhundertelang hat die Kirche Offenbarungswege verkündet (wenn auch nicht in jedem Falle gelehrt), die Stefans Vorstellungen sehr ähnlich sind.

Zum Beispiel: Gott offenbart sich und seine Macht durch Wunder. Gott offenbart seinen Willen und seine Weisheit durch die Weissagungen der Bibel.

Wunder sind Stefan noch keine unterlaufen. Die Bibel ist ein Menschenprodukt. Also hat sich, wenn man die Sache so sieht, Gott nirgends wirklich gezeigt. Und da legt sich die Frage wirklich nahe: Warum versteckt der sich so?

 

Und jeder, der Stefan in dieser Sichtweise ähnlich ist - ich tippe mal auf fast alle A&A inklusive Sokrates - wird zum gleichen Ergebnis kommen.

Dieses "Gott offenbart sich in mir" und "Gott offenbart sich im geringsten meiner Brüder" ist für sie nicht gangbar. Aus ihrer Sichtweise offenbart sich da überhaupt nichts, sondern es ist einfach so.

 

Da machst Du es Dir, glaube ich, zu einfach.

 

Die Frage, die jemand stellt, der nicht an einen Gott glaubt lautet: "Warum soll sich in mir oder auch im geringsten meiner Brüder eigentlich ein Gott offenbaren? Warum reicht es nicht aus, dass sich da ein Mensch offenbart." Oder schlichter: "Warum versteckt Ihr den Menschen hinter Eurem Gott?"

 

Zwei anekdotische Erfahrungen, die für meinen Prozess der Entmythologisierung des christlichen Glaubens symptomatisch sind:

 

Irgendwann vor längerer Zeit gab es hier im Forum mal die Frage, ob wir die gekreuzigte Person Jesus heute noch kennen oder beachten würden, wenn sie nicht durch den christlichen Glauben "mythologisiert" worden wäre. Darauf gab es sinngemäß die Bemerkung: "Natürlich nicht. Nur wegen der Rolle, die diese gekreuzigte Person im christlichen Glauben einnimmt, erinnern wir uns an den Vorgang dieser Kreuzigung". Ich fand das zutiefst ungerecht. Denn es schien mir das Leid, das die vielen anderen Gekreuzigten genauso getragen haben, schlicht zu missachten. Es kam mir genau als das Gegenteil der Worte von den "geringsten Brüdern" vor. Nämlich: "Nur was ihr mir (d.h. dem Sohn Gottes) angetan habt, dass macht das ganze Elend der Menschheit aus; was ihr aber irgendeinem anderen meiner geringeren Brüder antut, das zählt nicht. Es fällt der Vergessenheit anheim; der Name irgend eines anderen Gekreuzigten zur Zeit von Jesus Christus ist längst ausgelöscht."

 

Zweiter Fall: Das Kruzifix von Donatello in San Lorenzo in Florenz. Das stieß ursprünglich auf Kritik, weil man sagte: "Das ist doch nicht Jesus, der da abgebildet wird, das ist doch nur ein Bauer aus der Toskana." Als ich das Kruzifix gesehen habe, habe ich gewusst: Ja, das ist ein Bauer aus der Toskana (oder irgendwoher sonst), der da abgebildet wird. Die Abbildung nutzt den christlichen Mythos, um sich verständlich zu machen, aber sie sagt ganz deutlich: Das ist ein Mensch- und eben kein Gott. Ecce homo. Exakt dieselbe Aussage im Bildnis von George Grosz "Christus mit der Gasmaske."

 

Ich verstehe nicht, warum man den Umweg braucht, in diesem oder jenem oder auch in jedem Menschen oder der ganzen Natur offenbare sich Gott. Mir reicht, wenn ich merke, dass sich in dem, was ich sehe, ein Mensch oder die Natur offenbart. Der offenbarte Mensch braucht sich nicht hinter einem Gott zu verstecken, und erst recht nicht die Natur (Die Schlussfolgerungen, die ich aus dieser Offenbarung ziehe, können übrigens ganz ähnlich sein, wie bei einigen Christen.)

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Long John Silver
Ich verstehe nicht, warum man den Umweg braucht, in diesem oder jenem oder auch in jedem Menschen oder der ganzen Natur offenbare sich Gott. Mir reicht, wenn ich merke, dass sich in dem, was ich sehe, ein Mensch oder die Natur offenbart. Der offenbarte Mensch braucht sich nicht hinter einem Gott zu verstecken, und erst recht nicht die Natur (Die Schlussfolgerungen, die ich aus dieser Offenbarung ziehe, können übrigens ganz ähnlich sein, wie bei einigen Christen.)

 

Da sehe ich persoenlich jetzt keinen Umweg, sondern den einzigen direkten Draht von mir zu meinem Schoepfer. Mit verstecken hat das nichts zu tun, sondern damit, woraus ich meine eigene Existenz begruende.

 

Vielleicht ist das Wort Offenbarung zu gewaltig theologisch befrachtet und ruft falsche Vorstellungen hervor. Ich wuerde lieber einfacher sagen - ohne Gott gaebe es diesen anderen Menschen nicht und das alles, was ich sehe, und es gaebe auch mich nicht.

 

Es ist einfach die Tatsache, wie man seinen eigenen Ursprung begruendet.

bearbeitet von Long John Silver
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Ich verstehe nicht, warum man den Umweg braucht, in diesem oder jenem oder auch in jedem Menschen oder der ganzen Natur offenbare sich Gott. Mir reicht, wenn ich merke, dass sich in dem, was ich sehe, ein Mensch oder die Natur offenbart. Der offenbarte Mensch braucht sich nicht hinter einem Gott zu verstecken, und erst recht nicht die Natur (Die Schlussfolgerungen, die ich aus dieser Offenbarung ziehe, können übrigens ganz ähnlich sein, wie bei einigen Christen.)

 

Da sehe ich persoenlich jetzt keinen Umweg, sondern den einzigen direkten Draht von mir zu meinem Schoepfer. Mit verstecken hat das nichts zu tun, sondern damit, woraus ich meine eigene Existenz begruende.

 

Vielleicht ist das Wort Offenbarung zu gewaltig theologisch befrachtet und ruft falsche Vorstellungen hervor. Ich wuerde lieber einfacher sagen - ohne Gott gaebe es diesen anderen Menschen nicht und das alles, was ich sehe, und es gaebe auch mich nicht.

 

Es ist einfach die Tatsache, wie man seinen eigenen Ursprung begruendet.

 

Klingt allerdings für mich so, als reichten Dir der andere Mensch und auch Du Dir selbst nicht, und Du würdest ihn wie Dich nur als Wegweiser zu Gott sehen.

bearbeitet von UliWerner
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Long John Silver
Ich verstehe nicht, warum man den Umweg braucht, in diesem oder jenem oder auch in jedem Menschen oder der ganzen Natur offenbare sich Gott. Mir reicht, wenn ich merke, dass sich in dem, was ich sehe, ein Mensch oder die Natur offenbart. Der offenbarte Mensch braucht sich nicht hinter einem Gott zu verstecken, und erst recht nicht die Natur (Die Schlussfolgerungen, die ich aus dieser Offenbarung ziehe, können übrigens ganz ähnlich sein, wie bei einigen Christen.)

 

Da sehe ich persoenlich jetzt keinen Umweg, sondern den einzigen direkten Draht von mir zu meinem Schoepfer. Mit verstecken hat das nichts zu tun, sondern damit, woraus ich meine eigene Existenz begruende.

 

Vielleicht ist das Wort Offenbarung zu gewaltig theologisch befrachtet und ruft falsche Vorstellungen hervor. Ich wuerde lieber einfacher sagen - ohne Gott gaebe es diesen anderen Menschen nicht und das alles, was ich sehe, und es gaebe auch mich nicht.

 

Es ist einfach die Tatsache, wie man seinen eigenen Ursprung begruendet.

 

Klingt allerdings für mich so, als reichten Dir der andere Mensch und auch Du Dir selbst nicht, und Du würdest ihn wie Dich nur als Wegweiser zu Gott sehen.

 

Nein, es reicht mir nicht, weil es nicht stimmt. Es reicht mir nicht, weil es nicht mich definieren wuerde, sondern nur einen Teil von mir. Es reicht mir nicht, weil es nicht die Wirklichkeit ueber mich aussagen wuerde. Es reicht mir nicht, weil ich dann meine Wurzeln verleugnen wuerde.

 

Und diese Wurzel ist der Ruf Gottes: Ich will, dass du lebst.

bearbeitet von Long John Silver
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"Es gibt keine andere Offenbarung als die Gedanken der Weisen." - Arthur Schopenhauer, Parerga und Paralipomena

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Inspiriert durch den Thread über "Glaubensschwund und Kirchenverdunstung" möchte ich eine Frage aufs Tapet bringen, die in einer GG-Diskussion sicher zu weit führen würde, die sich aber für mich nach Lesen jenes Threads (und meinen eigenen Erfahrungen in letzter Zeit) geradezu aufdrängt: Wer glaubt wirklich noch die Kernsätze des katholischen Glaubens, als da wären: Auferstehung von Jesus Christus von den Toten, dadurch vollzogene "Erlösung" des Menschen und die tatsächliche Existenz von Jesus Christus in der gewandelten Hostie.

 

Wer es wirklich und uneingeschränkt noch tut - und dieses Argument bekam ich selber von denen oft genug zu hören - sind diejenigen, die auch glauben, ein Reserl von Konnerreuth könne jahrelang ohne Nahrung leben, ein Pater Pio könne an zwei Orten gleichzeitig sein, oder in Medjugorje würde jede Woche Maria höchstpersönlich Anleitungen für ein besseres Leben verkünden.

[...]

Nun, zum Besipiel, ich glaube an die Auferstehung, Erlösung und Realpräsenz und ich halte es nicht für unmöglich, dass - mit Gottes Hilfe - es diesem Reserl möglich sein könnte. Bilokation tritt mW selten auf, aber warum nicht? Und ich bin wirklich nicht ewiggestrig ...

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....... Der offenbarte Mensch braucht sich nicht hinter einem Gott zu verstecken, und erst recht nicht die Natur (Die Schlussfolgerungen, die ich aus dieser Offenbarung ziehe, können übrigens ganz ähnlich sein, wie bei einigen Christen.)

nein, nicht der mensch versteckt sich. hinter dem menschen sehe ich gott, in dem menschen sehe ich gott. in dem zerrissenen, in dem leidenden, in dem unvollkommenden menschen. damit ist dieser mensch auf geheimnisvolle weise immer mehr als ich an ihm erkennen kann.

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Wenn etwas mehr ist, als man erkennen kann, wie kann man dann erkennen, dass es mehr ist ...? Dazu müsste man erkennen können, was man nicht erkennen kann. Das ist Menschen aber unmöglich.

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Wie kann man etwas erkennen, das man nicht erkennen kann??!!

Und da wundern sich Gläubige und sind womöglich sauer auf einen, wenn man sie etwas merkwürdig anschaut.

 

Faszinosum cocolorum....stimmt, das ist kein latein :angry2: .......ebendies.......tribald

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....... Der offenbarte Mensch braucht sich nicht hinter einem Gott zu verstecken, und erst recht nicht die Natur (Die Schlussfolgerungen, die ich aus dieser Offenbarung ziehe, können übrigens ganz ähnlich sein, wie bei einigen Christen.)

nein, nicht der mensch versteckt sich. hinter dem menschen sehe ich gott, in dem menschen sehe ich gott. in dem zerrissenen, in dem leidenden, in dem unvollkommenden menschen. damit ist dieser mensch auf geheimnisvolle weise immer mehr als ich an ihm erkennen kann.

 

Ich sage ja gar nicht, dass der Mensch sich versteckt, aber ich befürchte, dass er in der Vorstellung, in ihm offenbare sich Gott, versteckt wird. Man sieht in ihm etwas anderes. Wenn meine Erkentnisfähigkeit nicht ausreicht, den Menschen zu erkennen, dann nützt es mir nichts, "hinter ihm" einen Gott zu sehen, denn dann sehe ich an ihm vorbei oder über ihn hinweg.

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Sam_Naseweiss
Du meinst, unsere A&A sind liebesunfähig?

 

Nein- das meine ich nicht. Sie vergraben Talente (aber das machen auch Gläubige) bzw. jene wurden bei ihnen (auch bei uns) verschüttet.

 

Um jemanden lieben zu können, muss derjenige zunächst einmal existieren - von Schwärmereien wie für "Harry Potter" jetzt einmal abgesehen, was aber auch zeigt, dass Menschen jemanden "lieben" können, der nicht existiert (dazu braucht man kein besonderes Talent). Ich würde "Liebe" für eine nicht existierende Person aber entweder in Anführungszeichen schreiben oder eben besser als Schwärmerei betrachten, mit richtiger Liebe hat das wenig zu tun.

 

Die Existenz Gottes ist aber nicht offensichtlich, sie ist nur für den offensichtlich, der daran glaubt. Um Gott wirklich lieben zu können, muss man also zunächst einmal glauben, dass er existiert. Dass man ihn liebt, daraus folgt so wenig, dass er existiert, wie bei Harry Potter, auch wenn man da glaubt, ihn zu lieben.(...)

Man kann die Liebe, die Wahrheit, die Freiheit, die Schönheit lieben.

Ich bin der Meinung, daß man dann in einem gewissen Sinne auch schon Gott liebt.

Aber man kann das auch etwas anders sehen: "Man fühlt sich geliebt"

Man hat daher das intuitive "Wissen", man macht die Erfahrung geliebt zu sein und kann diese Liebe dann erwidern.

Das Empfinden einer solchen Liebe kann daher der Grund dafür sein, daß jemand überhaupt erst glaubt.

Es muss also nicht so sein, daß man erst glaubt und dann liebt.

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....... Der offenbarte Mensch braucht sich nicht hinter einem Gott zu verstecken, und erst recht nicht die Natur (Die Schlussfolgerungen, die ich aus dieser Offenbarung ziehe, können übrigens ganz ähnlich sein, wie bei einigen Christen.)

nein, nicht der mensch versteckt sich. hinter dem menschen sehe ich gott, in dem menschen sehe ich gott. in dem zerrissenen, in dem leidenden, in dem unvollkommenden menschen. damit ist dieser mensch auf geheimnisvolle weise immer mehr als ich an ihm erkennen kann.

 

Ich sage ja gar nicht, dass der Mensch sich versteckt, aber ich befürchte, dass er in der Vorstellung, in ihm offenbare sich Gott, versteckt wird.

Nein im Gegenteil

Man sieht in ihm etwas anderes. Wenn meine Erkentnisfähigkeit nicht ausreicht, den Menschen zu erkennen, dann nützt es mir nichts, "hinter ihm" einen Gott zu sehen, denn dann sehe ich an ihm vorbei oder über ihn hinweg.

Es ist das Verdienst des Hl. Franziskus von Assisi uns wieder mit Nachdruck erinnert zu haben, dass man auch im Menschen, der am untersten Punkt seiner Existenz angekommen scheint noch Gottes Ebenbild sieht. Mit solcher Erkenntnis sehe ich nicht am Menschen vorbei oder über ihn hinweg sondern erst so sehe ich ihn in der ganzen Fülle seines Menschseins.

 

Ich weiß dass es heute absolut Out ist aus dem Kleinen Prinzen zu zitieren. Ich tue es trotzdem: "Man sieht nur mit dem Herzen gut".

bearbeitet von wolfgang E.
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Long John Silver
....... Der offenbarte Mensch braucht sich nicht hinter einem Gott zu verstecken, und erst recht nicht die Natur (Die Schlussfolgerungen, die ich aus dieser Offenbarung ziehe, können übrigens ganz ähnlich sein, wie bei einigen Christen.)

nein, nicht der mensch versteckt sich. hinter dem menschen sehe ich gott, in dem menschen sehe ich gott. in dem zerrissenen, in dem leidenden, in dem unvollkommenden menschen. damit ist dieser mensch auf geheimnisvolle weise immer mehr als ich an ihm erkennen kann.

 

Ich sage ja gar nicht, dass der Mensch sich versteckt, aber ich befürchte, dass er in der Vorstellung, in ihm offenbare sich Gott, versteckt wird. Man sieht in ihm etwas anderes. Wenn meine Erkentnisfähigkeit nicht ausreicht, den Menschen zu erkennen, dann nützt es mir nichts, "hinter ihm" einen Gott zu sehen, denn dann sehe ich an ihm vorbei oder über ihn hinweg.

 

Irgendwie empfinde ich deine Sichtweise als eine Entfremdung des Menschen aus seinen Urspruengen.

 

Es geht hier im Thread um Glaubensartikel. Deshalb sollte man einen Punkt nennen, m.E. viel wichtiger als der Glaube an die Realpraesenz (die fuer Christen, die nicht katholisch sind, irrelevant ist wie auch die anderen katholischen Dogmen und im Titel des Threads geht es um alle Christen), naemlich die unsterbliche Seele.

 

Ich bin mir gewiss, dass ich eine unsterbliche Seele besitze und alle anderen Menschen auch (und auch die Tiere). Darum greift eine Vorstellung wie „hinter einem anderen Menschen Gott sehen“ nicht. Diese Seele und dadurch das, was Gott ist halte ich fuer untrennbar mit dem verbunden, was ueberhaupt Mensch ist, was ICH bin. Mir scheint deine Auffassung wie eine schreckliche Entfremdung von dem eigenen Wesen, dem Selbst, der Existenz.

 

Wenn jemand diese unsterbliche Seele bei sich nicht voraussetzt, ihre Existenz nicht annimmt, dann wird er das alles nicht nachvollziehen koennen, das ist mir klar.

 

Zum Begriff Seele, Religion und Gotteserfahrung:

 

Jung z.B.definiert die Seele als ein autonomen Faktor und "religioese Aussagen sind seelische Bekenntnisse, die in letzter Linie auf unbewussten, also transzendentalen Vorgaengen fussen“ (Jung, GW XI §25). Und religioese Aussagen belegen "„die Selbstaendigkeit des Geistes gegenueber der physischen Wahrnehmung und eine gewisse Unabhaengigkeit der seelischen Erfahrung von den physischen Gegebenheiten." (ebenda) Und Jung sagte auch sehr richtig: "Seele ist Wirklichkeit und Wirklichkeit ist, was wirkt."

bearbeitet von Long John Silver
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Um jemanden lieben zu können, muss derjenige zunächst einmal existieren
das ist das erste- und das zweite ist, dass ich eine Beziehung zu ihm aufbauen muss. Andernfalls ergeht es uns wie mit Milliarden Menschen: Weil wir keine Beziehung zu ihnen haben, sie nicht kennen sind sie für uns wie nicht existent.

 

Die Existenz Gottes ist aber nicht offensichtlich, sie ist nur für den offensichtlich, der daran glaubt.
Du solltest ehrlicherweise schrieben: für DICH ist sie nicht offensichtlich. Für Menschen, die Gottes Existenz mehr oder weniger erschütternd erfahren haben, ist sie offensichtlich. Und da sind auch ehemalige Atheisten dabei (du kennst vielleicht Andre Frossard´s Bekehrungsbericht), die Gottes Existenz auch nach einem langen Leben des Unglaubens erlebten.

 

Um Gott wirklich lieben zu können, muss man also zunächst einmal glauben, dass er existiert. Dass man ihn liebt, daraus folgt so wenig, dass er existiert, wie bei Harry Potter, auch wenn man da glaubt, ihn zu lieben.
Den ersten Schritt tut Gott. Ob wir den zweiten Schritt wagen - nämlich Gott näher kennen zu lernen- liegt in unserer Entscheidung.

 

Aus meiner Existenz, der des Universums, der Natur etc. folgt nicht die Existenz Gottes - das wurde in den Gottesbeweisen (besser: den Argumenten für Gott) schon versucht, zu zeigen. Geklappt hat es nicht, und zwar nicht wegen den Voraussetzungen, sondern weil diese Argumente in sich logisch fehlerhaft sind (oder dazu führen, dass man auch an die Existenz der "schönstmöglichen Insel" oder "der größtmöglichen Pizza" glauben müsste).

"Wer Gott nicht finden kann in allen seinen Lebenskreisen, dem könnt ihr ihn auch mit Beweisen nicht beweisen" lautet ein bekannter Spruch (ich meine von Matthias Claudius). Die "Gottesbeweise" ebenso wie die "Liebesbeweise" sind daher keine des Verstandes (obgleich die Worte der Schrift nach wie vor gültig haben, dass Gott aus seiner Schöpfung erkannt werden kann) sondern existentielle Beweise- eine Erfahrung der Liebe.

 

Vollends problematisch wird es, wenn man anhand einer Natur, die eben nicht nur gut und schön ist, auf einen rein liebenden Gott zu schließen versucht: Das geht nur, wenn man alles Unschöne und Negative ausblendet. Was damit das größte ungelöste Rätsel des Christentums, die Bedeutung von Jesus Tod am Kreuz zu tun haben kann, erschließt sich mir nicht - das würde nicht einmal funktionieren, wenn man das Rätsel gelöst hätte (bzw. wenn man eine der gängigen Lösung vorbehaltlos akzeptieren würde).

Problematisch sind vielleicht unsere Zuordnungen von Schönheit, Liebe - oder der Versuch, über Gottes Werke zu richten. Ohne die Hilfe des Heiligen Geistes ist das unmöglich. Wenn wir uns hier nur auf unseren Verstand verlassen, Gottes Erleuchtung nicht zulassen, weil wir Angst haben, dabei "unlogisch" zu werden oder "Phantasien" zu erliegen- dann wird uns alles was den Glauben betrifft (Offenbarung, Propheten, Bibel, Christentum, Jesu Tod am Kreuz, Auferstehung, Sakramente usw.) wie ein Buch mit sieben Siegeln sein.

 

Wunder sind kein Argument für Gott: Zunächst deswegen, weil Wunder meist Ereignisse mit positivem Ausgang sind, die man sich nicht erklären kann, oder für die es keine Erklärung gibt, oder die statistisch gesehen extrem unwahrscheinlich sind. Wobei letzteres meist darauf zurückzuführen ist, dass man nicht mit Statistik umgehen kann. An jemanden zu denken, der dann anruft, ist so hoch wahrscheinlich, dass es vermutlich schon jeder einmal erlebt hat.

Für den, der den wunderbaren Gott nicht als existenz ansehen will, sind Wunder gewiß kein "Argument" für Gott. Für den, der die Wunder Gottes in seinem Leben erfährt, sind die Wunder Zeichen der Nähe und Liebe Gottes- der andere sieht (ob es nun um Heilungen geht, Gebetserhörungen oder anderes) nur "Zufälle".

 

 

Wenn man das Wort "Katastrophe" temporär als Gegenstück eines Wunders definiert, also als ein unerklärliches oder unwahrscheinliches Ereignis mit negativem Ausgang, dann muss man wiederum, damit man ein Argument für Gott hätte, alle Katastrophen unberücksichtigt lassen. Keineswegs reicht es dazu aus, zu sagen, dass die Anzahl der Wunder die der Katastrophen übersteigt.

 

Ohne Berücksichtigung der Ewigkeit bleiben Katastrophen Katastrophen- im Kontext mit dem ewigen Leben sieht es da allerdings anders aus.

 

Definiert man Wunder als einen Eingriff Gottes, der die Naturgesetze "übersteuert", dann hat man sogar ein Argument gegen Gott. Selbst das einmal beiseite: Man kann schlecht damit argumentieren, dass man Gott als den Schöpfer aller Ordnung und Regularien betrachtet, um dann Wunder durch die Hintertür als Ausnahmen dazu wieder einzuschmuggeln (und dann daraus wiederum ein Argument für Gott zu machen).

 

Argumente gegen Gott mag es viele geben wenn man meint, über Gott urteilen zu können und Gott vorschreiben zu dürfen wie er zu sein hat, damit man ihn als "Gott" überhaupt akzeptiert. Aber ich glaube Gott hat diese Freiheit, auch Wunder und Zeichen wirken zu können, zu dürfen ohne sich von uns die Erlaubnis zu erbitten - auch wenn es in unsere menschliche Logik, Moral oder was immer nicht hinein passt. An einen Gott, der nicht so souverän wäre würde es sich wohl nicht auszahlen zu glauben - das wäre dann wirklich ein menschliches Konstrukt. Wenn Gott sich nämlich in allem und immer so verhalten würde, wie wir es wollen oder uns vorstellen, dann müsste man von einem menschgemachten Gott sprechen und Nietzsche recht geben.

 

Wie dem auch sei, die "Liebesunfähigkeit" ist eher eine "Glaubensunfähigkeit". Dass man etwas nicht glaubt, dafür wiederum gibt es noch viel mehr (und ganz andere) Ursachen als dass man nicht lieben (oder für etwas schwärmen) kann. Es gibt daher auch viele Ursachen dafür, warum jemand aufhört, zu glauben.

Ist auch im zwischenmenschlichen Bereich so: Wenn an das Gute im anderen nicht mehr "glauben" kann, wenn ich kein Vertrauen zum anderen habe, gibt´s keine Liebe, keine Beziehung. Die Gründe für den Unglauben mögen verschieden sein: Beziehungen unter Menschen können z.B. auch dadurch zerstört werden, dass jemand mit klugen Mitteln den anderen madig macht, so lange negativ über den anderen spricht, bis die Beziehung zerbricht, das Vertrauen zerstört wird. Das kann es auch in Bezug auf den Glauben an Gott geben - wenn Gott madig gemacht wird.

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Ich verstehe nicht, warum man den Umweg braucht, in diesem oder jenem oder auch in jedem Menschen oder der ganzen Natur offenbare sich Gott. Mir reicht, wenn ich merke, dass sich in dem, was ich sehe, ein Mensch oder die Natur offenbart. Der offenbarte Mensch braucht sich nicht hinter einem Gott zu verstecken, und erst recht nicht die Natur (Die Schlussfolgerungen, die ich aus dieser Offenbarung ziehe, können übrigens ganz ähnlich sein, wie bei einigen Christen.)

 

Stefans Sicht war eher die umgekehrte Sichtweise: Gott versteckt sich in den Phänomenen und wird deshalb nicht wirklich offenbar. Alles, was man wirklich erkennen kann, ist Phänomen. Wozu dann noch zusätzlich zu den Phänomenen einen Gott postulieren? Es zeigt sich doch nichts, als das Phänomen!

 

Auch wenn das die umgekehrte Sichtweise ist, scheinen mir beide Sichtweisen - Deine und Stefans - nicht widersprechend.

 

Meine Antwort lautet in beiden Fällen: Weil die Phänomene über sich hinausweisen.

Oder anders gesagt: Feuerbach liefert mir eine recht brauchbare Grundlegung der Offenbarungsvorstellung. (Der Ärmste, wenn der das wüsste ... :angry2:)

Die Projektion "unseres Besten an den Himmel" ist automatisch eine Überhöhung des projizierten Bildes. Da bilden sich Idealvorstellungen, die über die Realerfahrung hinausgehen.

 

Die Möglichkeiten, dies zu deuten sind:

1. Aufklärung der Projektion als eine evolutiv erworbene und evolutiv sinnvolle Eigenschaft des Menschen, die aber inhaltlich keine Bedeutung hat. Das Projektionsbild kommt zwar automatisch zustande, es kommt ihm aber keine Realität zu, außer der Phantasie.

2. Realitätsbehauptung der Projektion. Man nimmt das projizierte Bild mehr oder minder unreflektiert als Wahrheit an. Dies ist der Weg von sehr schlichten Religionen, oftmals auch von Privatreligionen.

3. Hinweis. Das Projizieren ergibt sich aus der Natur des Menschen (und damit via Evolution aus den Prinzipien der Welt). Die Projektionen unterschiedlicher Menschen sind aber unterschiedlich (allerdings nicht vollkommen unterschiedlich). Gott hat den Menschen so geschaffen, dass er projektionsfähig ist. Die Projektion ist als Hilfsmittel geschaffen, damit wir eine Ahnung und eine Richtung haben, an das Unvorstellbare heranzukommen.

 

Stefan hält Religion für Version zwei. Diese lehnt er ab und positioniert sich bei Version EINS.

Ich lehne Version zwei ebenfalls ab. Aber ich positioniere mich bei Version drei.

bearbeitet von Mecky
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Stefan hält Religion für Version zwei. Diese lehnt er ab und positioniert sich bei Version drei.

Ich lehne Version zwei ebenfalls ab. Aber ich positioniere mich bei Version drei.

Stefan ist wohl eher 1, oder?
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