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Die katholische Kirche und der Missbrauch


Björn

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vor 32 Minuten schrieb Studiosus:

Also verstehe ich das richtig: Der Staat entledigt sich seines genuinen Auftrags, Straftaten bei Verdacht auszuermitteln, indem er aus den Ordinariaten die (sofern vorhanden) ganzen, fein säuberlichen Akten der Diözese an sich nimmt. ...

Das verstehst du nicht richtig.

 

Der Staatsanwalt braucht einen konkreten Anfangsverdacht, also z.B. die Anzeige eines Geschädigten, die Aussage eines Zeugen, dem an einem Opfer Verdächtiges aufgefallen ist, die Kenntnis von umlaufenden Gerüchten etc. Um beim Ermittlungsrichter einen Durchsuchungsbeschluss zu beantragen reicht die Behauptung, man wisse doch, dass die einen alle Dreck am Stecken haben und die anderen auf Teufel komm raus vertuschen, nicht aus. Da muss schon ein bisschen Fleisch an die Knochen.

 

Haben sie dann Akten gefunden (wo ist der Giftschrank?) geht die Arbeit erst an. Ergeben sich aus den Akten Anhaltspunkte für erforderliche weitere Ermittlungen? kritische Bewertung des Akteninhalts, Prüfung der Verjährung (was eine Wissenschaft für sich sein kann) und dann, wenn der oder die Beschuldigten und ihre Anwälte rechtliches Gehör hatten unter Berücksichtigung ihrer Einlassungen aus vielen Kilo Akten eine Anklageschrift zu fertigen, die den gesetzlichen Anforderungen entspricht. Wer hat wann, wo, was getan und warum ist das strafbar. Im wesentlichen Ergebnis der Ermittlungen muss das dann weiter ausgeführt werden. Da reicht es nur selten aus, zu schreiben: Der Angeklagte bestreitet die Tat, aber er wird durch die angegebenen Beweismittel überführt werden.

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@Wunibald

 

Vielen Dank, Wunibald, für diese eingängige Schilderung. Das war meinerseits natürlich etwas überspitzt ausgedrückt. 

 

Was mir quer hängt, aber das ist vielleicht eher ein Verständnisproblem meinerseits, warum der Staat (Staatsanwaltschaften, Ermittlungsbehörden) scheinbar ein "Recht" auf kirchliche Akten hat bzw. diese sich beschaffen dürfte, auch gegen den Willen der Kirche (heute ist man um eine gute Kooperation auch kirchlicherseits bemüht, da ist das eher nachrangig). Daher mein Verweis auf eine "Razzia" in München und Freising. 

 

Ich war, womöglich in Unkenntnis der staatlichen Befugnisse, bisher eigentlich der Auffassung, die (relative) Autonomie der Kirche, gerade was Personalakten und vertrauliche Informationen angeht, würde sich auch auf die Entscheidung erstrecken, Akten weiterzugeben oder eben dies auch nicht zu tun. Dass der Staat sich dieses Beweismaterial bei hinreichendem Verdacht auch einfach holen kann, war mir neu. 

 

Ich bitte mich nicht falsch zu verstehen: Dass die staatlichen Behörden bisweilen tätig werden müssen, steht für mich außer Frage. Nur dachte ich, sie müssten das auf Grundlage eigener Beweiserhebung tun und nicht auf Grundlage kirchlicher Unterlagen. Dass die Kirche hier parieren muss, war mir in diesem Umfang nicht klar. 

bearbeitet von Studiosus
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vor 13 Minuten schrieb Moriz:

Wobei diese Legionäre nun wirklich keine andere Chance haben, wenn überhaupt. Schließlich war ihr Gründer einer der übelsten Missbraucher.

Meiner Beobachtung nach gehen allerdings weder die Legionäre noch Regnum Christi an die missbrauchsfördernden Strukturen heran, vor allem da nicht, wo physischem Missbrauch geistliche Gewalt voranging/vorangeht. Da bleibt noch viel zu tun und ich bin diesen sehr ostentativ vorgetragenen Berichten gegenüber mehr als skeptisch. Ich denke auch nicht, dass diese beiden Entitäten dies ohne klare Hilfe und Blick von Außen schaffen können.

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vor 1 Stunde schrieb Spadafora:

Hier ist man offenbar wirklich um Aufklärung bemüht und trickst nicht wie Woelki Müller Zolitsch und Marx
https://www.kathpress.at/goto/meldung/2257502/legionaere-christi-veroeffentlichen-weiteren-bericht-zu-missbrauch

Daraus:

Zitat

2022 seien vier Verfahren gegen Geistliche abgeschlossen worden[...]. Der vierte gehört dem Orden nicht mehr an.

Aus den Augen, aus dem Sinn...

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"Schweigen und Vertuschen. Todsünden der kath. Kirche."  

 

Dieser Bericht auf arte bringt die Geschichte ziemlich deutlich auf den Punkt. Bei der Hälfte der Sendung übrigens ein interessanter Schlenker in die deutsche Vergangenheit, der vielleicht erklärt, warum die deutsche Justiz bis heute so nachsichtig gegenüber der kath. Kirche ist. 

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Missbrauchsfälle: Kultiviertes Desinteresse

 

Ich denke, dass auch das zu den Ursachen gehört. Es geht nicht allein um die Machtstrukturen in der rk Kirche. Es geht auch um falsch verstandene Loyalität rk Laien gegenüber ihrer Kirche, die zu Desinteresse an schwachen, gedemütigten und armen Menschen innerhalb der eigenen Kirche führt.

Dies zu sehen, und das ist nicht nur in der rk Kirche beobachtbar, sondern in allen Institutionen zu sehen , die sich auf die Fahnen schreiben, einer 'höheren Sache' zu dienen, führt bei mir innerlich mehr und mehr zu einer veränderten Haltung gegenüber institutionalisierten Formen von Weltanschauung/Religion. Sehr (zu?) groß erscheint mir mittlerweile die Gefahr der Ideologisierung. 

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Eine andere juristische Frage:

Meines Wissens ist aktive Vertuschung (z.B. Vernichten von Beweismaterial) verboten, passive (Nichtanzeige einer bereits begangenen Straftat, von der man im Nachhinein erfährt) dagegen erlaubt.

Beginnt die aktive Vertuschung erst, wenn die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen beginnen oder bereits nach der Tat (Jemand reinigt einen Tatort oder vernichtet eine Tatwaffe, bevor die Polizei einen konkreten Verdacht hat)?
Zumindest im letzteren Fall hätten Saier und Zollitsch sich strafbar gemacht. Das wird allerdings im konkreten Fall nichts bringen, da Saier tot und für Zollitsch die Tat verjährt ist.

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vor einer Stunde schrieb MartinO:

Meines Wissens ist aktive Vertuschung (z.B. Vernichten von Beweismaterial) verboten

Wobei die Grenzen wohl fließend sind.

Selbstverständlich darf ich Akten nach Ablauf der Aufbewahrungspflicht vernichten - teilweise muß ich das sogar.

Ich weiß auch nicht, in wie weit das Verbot - abseits von Strafvereitelung im Amt - tatsächlich umsetzbar ist.

 

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Es gibt auch solche Bischöfe. 

 

The Rt Rev Christopher Budd obituary - Catholic bishop who lived simply, took in the homeless and refused to sweep allegations of child abuse by clergy under the carpet

 

https://www.thetimes.co.uk/article/the-rt-rev-christopher-budd-obituary-thf73j9h5

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vor 51 Minuten schrieb Wunibald:

Es gibt auch solche Bischöfe. 

 

The Rt Rev Christopher Budd obituary - Catholic bishop who lived simply, took in the homeless and refused to sweep allegations of child abuse by clergy under the carpet

 

https://www.thetimes.co.uk/article/the-rt-rev-christopher-budd-obituary-thf73j9h5

 

 

Interessanter Hinweis. Ich kann nur den ersten Teil lesen, wenn ich Deinem Link folge, aber hier findet man den ganzen Artikel. Bemerkenswert! Wenn das typisch und nicht atypisch wäre, wäre die Kirche sicherlich in einer deutlich besseren Verfassung, jedenfalls was ihre Glaubwürdigkeit und den Schaden durch den Missbrauchsskandal angeht.

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Das Bistum Köln wurde jetzt in einem Missbrauchsverfahren zu einer Schmerzensgeldzahlung von 300.000 EUR verurteilt.

Was ich sehr vernünftig finde: es hat zugelassen, dass ein Priester jahrelang einen Messdiener  missbrauchte, obwohl dieser wohl hätte erwarten können, sich in der Kirche in einem sicheren Umfeld zu befinden.

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vor 8 Stunden schrieb Studiosus:

Es passt eigentlich besser in den anderen Thread, aber da es hier um Missbrauch geht:

 

https://katholisch.de/artikel/45850-missbrauch-schuetzte-erzbischof-fernandez-taeter-und-ignorierte-opfer

 

So viel zu: "Der richtige Mann am richtigen Ort". 

Wie so viele richtige Männer an richtigen Orten...

Ich frage mich inzwischen, ob es überhaupt noch Bischöfe gibt, die im Umgang mit Missbrauch keine Fehler gemacht haben. 

 

Interessant ist nur folgendes: Diejenigen Stimmen, die Woelki gegen die Vorwürfe der Vertuschung gerne verteidigen und auf die souveräne Entscheidung von Papst Franziskus verweisen, ihn im Amt zu lassen, führen bei dem ihnen theologisch suspekten Erzbischof Fernandez genau das gleiche Argument an. 

bearbeitet von laura
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vor 8 Stunden schrieb Studiosus:

Es passt eigentlich besser in den anderen Thread, aber da es hier um Missbrauch geht:

 

https://katholisch.de/artikel/45850-missbrauch-schuetzte-erzbischof-fernandez-taeter-und-ignorierte-opfer

 

So viel zu: "Der richtige Mann am richtigen Ort". 

Man soll sich mit der Frage befassen wenn die Organisation das beim hl. Vater angezeigt hat

bearbeitet von Spadafora
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vor einer Stunde schrieb laura:

Ich frage mich inzwischen, ob es überhaupt noch Bischöfe gibt, die im Umgang mit Missbrauch keine Fehler gemacht haben

Wie sollten sie?

 

Darauf wurde niemand vorbereitet und wenn wir mal ganz ehrlich sind: Zu jener Zeit hat keine Institution sich wirklich "richtig" verhalten. Weder Sportvereine noch Bezirksregierungen. Es wäre schön gewesen, wenn die Kirche eine Ausnahme gewesen wäre.

 

Man sollte nicht vergessen, daß schon Christiane F. vom "Babystrich" in Berlin schrieb wo 13jährige mit Wissen der Polizei anschaffen gingen. Die Wegschau- und Ignoranzhaltung war damals schlicht weitverbreitet um nicht zu sagen Standard.

Das galt für Kinder die zu Hause körperlich gezüchtigt wurden ja ebenso. Da hat man bis weit in die 80er ja auch die Augen vor verschlossen.

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vor 12 Minuten schrieb Flo77:

Man sollte nicht vergessen, daß schon Christiane F. vom "Babystrich" in Berlin schrieb wo 13jährige mit Wissen der Polizei anschaffen gingen. Die Wegschau- und Ignoranzhaltung war damals schlicht weitverbreitet um nicht zu sagen Standard.

Das galt für Kinder die zu Hause körperlich gezüchtigt wurden ja ebenso. Da hat man bis weit in die 80er ja auch die Augen vor verschlossen.

Volle Zustimmung.

Die 70-80er waren so von dem Bedürfnis der Generation der Kriegskinder (die inzwischen Eltern geworden waren) nach "heilen Familienwelt" geprägt, dass die Augen fest verschlossen blieben, wenn bei Nachbarn, Verwandten, in der Kirchengemeinde oder wo auch immer etwas Seltsames passierte. 

Man konnte und wollte nichts wahrnehmen. 

bearbeitet von laura
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vor 12 Minuten schrieb Flo77:

Wie sollten sie?

 

Darauf wurde niemand vorbereitet und wenn wir mal ganz ehrlich sind: Zu jener Zeit hat keine Institution sich wirklich "richtig" verhalten. Weder Sportvereine noch Bezirksregierungen. Es wäre schön gewesen, wenn die Kirche eine Ausnahme gewesen wäre.

 

Man sollte nicht vergessen, daß schon Christiane F. vom "Babystrich" in Berlin schrieb wo 13jährige mit Wissen der Polizei anschaffen gingen. Die Wegschau- und Ignoranzhaltung war damals schlicht weitverbreitet um nicht zu sagen Standard.

Das galt für Kinder die zu Hause körperlich gezüchtigt wurden ja ebenso. Da hat man bis weit in die 80er ja auch die Augen vor verschlossen.

ja die muffige Adenauer Moral hat das bis zur Perfektion entwickelt

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vor 4 Minuten schrieb Spadafora:

ja die muffige Adenauer Moral hat das bis zur Perfektion entwickelt

Wobei das ja kein rein-deutsches Phänomen war.

 

Die Berichte weltweit ähneln sich da ja extrem.

 

(Und die 70er und 80er hatten mit der Adenauer-Ära nicht so wahnsinnig viel am Hut.)

bearbeitet von Flo77
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