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Die katholische Kirche und der Missbrauch


Björn

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Bedrückend. Ich habe gegoogelt und ein Interview aus der Blick gefunden (ja, ich kenne diese Zeitung, das Interview scheint mir jedoch authentisch zu sein), wo der Priester unter anderem "Der Priesterberuf war teilweise eine Flucht" sagt.

 

Das letztlich meine hier schon öfters vorgebrachte These, dass der Priesterberuf "schwierige Leute" anziehen könnte, stützt.

 

Mich würde interessieren, ob es eine Möglichkeit gibt, bei der Personalauswahl hierauf Rücksicht zu nehmen. Das wird ja wohl öfters verlangt, ich stelle mir es aber ziemlich schwierig vor...

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Irgendwie könnte jeder Beruf schwierige Leute anziehen, oder? Denn wer kann bei sich selbst schon von rein altruistischer Motivation sprechen?

 

Außerdem: schwierig sind immer nur die anderen!

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Das letztlich meine hier schon öfters vorgebrachte These, dass der Priesterberuf "schwierige Leute" anziehen könnte, stützt.

 

Mit dieser These bist du nicht alleine - alle Leiter von Priesterseminaren, die ich kenne, vertreten das auch.

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Irgendwie könnte jeder Beruf schwierige Leute anziehen, oder? Denn wer kann bei sich selbst schon von rein altruistischer Motivation sprechen?

 

Außerdem: schwierig sind immer nur die anderen!

Altruisten gibt es nicht.

Und natürlich sind nur die anderen schwierig - zumindest aus der Sicht der Personalabteilung. Denn die hat die Schlüsselaufgabe, aus den "Anderen" die "Eigenen" zu machen und hier eine vernünftige Auswahl zu treffen (wie auch immer).

 

Das erwarte ich übrigens von allen Berufen, bei denen sich "Schwierige" (im hier diskutierten Sinne) ansammeln: Sporttrainer, Heimerzieher, es gibt sicherlich mehr. Überall sollten eigentlich diejenigen, die mit der Akquisition von neuem Personal - ob haupt- oder ehrenamtlich - zu tun haben, zumindest die bekannten Stereotypen, die sich mit der "falschen" (oftmals nicht mal bewussten) Motivation bewerben, versuchen, eben diese Punkte zu erkennen. Wobei ich eben nicht weiß, wie das funktionieren soll.

 

Aber nochmals zurück zu dem Priester aus der Romandie: Was ich viel entsetzlicher empfinde, ist die freimütige Aussage des Priesters gegenüber Blick, dass bei einer Entdeckung des "Fehlverhaltens" einfach nur versetzt wurde, ohne dabei sicher den weiteren Umgang mit Jugendlichen auszuschließen. Ja war denn die Kirche wirklich "von allen Guten Geistern verlassen?" Das scheint ja früher nun schon häufiger vorgekommen zu sein. Warum hat man so gehandelt?

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Aber nochmals zurück zu dem Priester aus der Romandie: Was ich viel entsetzlicher empfinde, ist die freimütige Aussage des Priesters gegenüber Blick, dass bei einer Entdeckung des "Fehlverhaltens" einfach nur versetzt wurde, ohne dabei sicher den weiteren Umgang mit Jugendlichen auszuschließen. Ja war denn die Kirche wirklich "von allen Guten Geistern verlassen?" Das scheint ja früher nun schon häufiger vorgekommen zu sein. Warum hat man so gehandelt?

Weil die Kirche - häufig nicht mal zu Unrecht - von einem einmaligen Fehlverhalten ausging.

 

Ich weiß nicht, ob den damaligen Personalverantwortlichen die Abgründe echter Pädophilie damals schon bewusst waren; und ob sie diese damals schon so hätten kennen können/müssen wie heute.

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Hat Pell oder hat er nicht?

Im Vatikan und vor der Presse sagt er, er hätte nicht.

 

Vor der australischen Missbrauchskommission gab er wohl selber zu, dass er hatte.

 

Es werden noch viele solche Fälle auftauchen. "Die damalige Zeit" war nicht sonderlich aufmerksam in diesem Bereich - offensichtlich weltweit.

 

Ich würde gerne - weit über den konkreten Fall hinaus - verstehen, was in früheren Zeiten, in denen ja sowohl gesellschaftlich als auch kirchlich jegliche sexuell konnotierten Annäherungen zwischen Erwachsenen und Kindern genauso tabu waren wie heute, dazu führte, dass man so etwas einfach so hingenommen und teilweise sogar gedeckt hat (ich denke an umfangreiche Vorkommnisse im Nordelsass in den 1960ern oder auch an einen mir persönlich bekannten eher aktuelleren Fall, wo man die Familie eines Opfers letztlich aus dem Dorf mobbte, um den Täter zu decken).

 

Das zu erkennen und zu wissen ist die beste Voraussetzung dafür, möglichst ohne zu viel Kollateralschaden Maßnahmen dagegen zu ergreifen.

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Ich würde gerne - weit über den konkreten Fall hinaus - verstehen, was in früheren Zeiten, in denen ja sowohl gesellschaftlich als auch kirchlich jegliche sexuell konnotierten Annäherungen zwischen Erwachsenen und Kindern genauso tabu waren wie heute, dazu führte, dass man so etwas einfach so hingenommen und teilweise sogar gedeckt hat (ich denke an umfangreiche Vorkommnisse im Nordelsass in den 1960ern oder auch an einen mir persönlich bekannten eher aktuelleren Fall, wo man die Familie eines Opfers letztlich aus dem Dorf mobbte, um den Täter zu decken).

 

These: Die Kirche ist heilig und makellos. Daher muss auch ihr Ansehen in der Öffentlichkeit (und das ihrer Amtsträger) makellos sein. Eine öffentlich gewordene schwere Sünde (speziell im sexuellen Bereich) beschmutzt die Kirche und muss deshalb vermieden werden.

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Ob das "in früheren Zeiten" genauso Tabu war wie heute, da habe ich meine Zweifel. Wenigstens die Art des Tabus hat sich erheblich verändert. Das Opfer früherer Zeiten stand fast immer im Verdacht, in irgend einer Weise mitgemacht zu haben. Das heute fast sakrosankte Vergewaltigungsopfer war vor nicht all zu langer Zeit schlicht ein Flittchen, das den Mann mit zu kurzen Röcken provoziert habe (dass etwas passierte, beweist, dass der Rock zu kurz war).

 

Viele Dinge, die wir heute klar als sexuelle Übergriffe verstehen, hat man "damals" kaum so gesehen (an den Hintern fassen, zotige Sprüche etc.), was eine vollkommen andere Kultur bedingte.

 

OAOS These stimme ich zu - wobei ich behaupte, dass sich an der Grundhaltung nichts verändert hat. Nur vernichtet man heute den Verdächtigen, nicht das mutmaßliche Opfer.

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OAOS These stimme ich zu - wobei ich behaupte, dass sich an der Grundhaltung nichts verändert hat. Nur vernichtet man heute den Verdächtigen, nicht das mutmaßliche Opfer.

Ja. Ein (!) Grund dafür dürfte sein, dass sich die Kirche weniger mit ihren Klerikern identifiziert und über sie definiert.

 

P.S. In dem verlinkten Artikel gab es offenbar ein Update: Pell will sein Amt vorübergehend niederlegen. Die Frage ist, welches Amt. Ich vermute das des Erzbischofs von Sydney.

bearbeitet von OneAndOnlySon
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Danke für die Erläuterungen. Das kann einiges erklären.

 

 

Das heute fast sakrosankte Vergewaltigungsopfer...

Dies empfinde ich als missverständlich bzw. klarstellungsbedürftig. Denn: Wenn klar ist, dass es ein Vergewaltigungsopfer ist, dann ist hier alle erdenkliche Hilfe zu leisten und Kritik - vor allem im Hinblick einer möglichen Mitschuld (so etwas gibt es in deutschen Gerichten immer noch vereinzelt) ist unangebracht.

 

Der Kachelmann-Prozess zeigt allerdings etwas anderes: Es muss besser (also besser als in den Fällen, wo Versagen auftrat) geklärt werden, ob die Tat wirklich stattfand. So sehr ich die deutsche Vorgehensweise verstehe, die Belastung durch Befragungen zur Beweisaufnahme für das mutmaßliche Opfer möglichst gering zu halten (und dazu auch noch den mutmaßlichen Täter dafür zu sanktionieren, dass er die Tat leugnet und damit das unveräußerliche Recht, sich selber als unschuldig darzustellen, einschränkt), so sehr birgt diese Vorgehensweise die Gefahr von Falschvorwürfen, die nicht aufgedeckt werden. Das behindert eine vernünftige Wahrheitsfindung ebenfalls.

 

Nur vernichtet man heute den Verdächtigen, nicht das mutmaßliche Opfer.

Wenn es wirklich so ist, dass die Kirche ihre eigenen Geistlichen in solchen Situationen einfach ins Nichts fallen lässt, dann ist das auch ein Skandal. Das Problem dabei ist allerdings, dass es wiederum genügend Leute geben wird, die dann sagen "warum? Der hat es doch nicht anders verdient...".

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Dies empfinde ich als missverständlich bzw. klarstellungsbedürftig. Denn: Wenn klar ist, dass es ein Vergewaltigungsopfer ist, dann ist hier alle erdenkliche Hilfe zu leisten und Kritik - vor allem im Hinblick einer möglichen Mitschuld (so etwas gibt es in deutschen Gerichten immer noch vereinzelt) ist unangebracht.

 

Der Kachelmann-Prozess zeigt allerdings etwas anderes: Es muss besser (also besser als in den Fällen, wo Versagen auftrat) geklärt werden, ob die Tat wirklich stattfand. So sehr ich die deutsche Vorgehensweise verstehe, die Belastung durch Befragungen zur Beweisaufnahme für das mutmaßliche Opfer möglichst gering zu halten (und dazu auch noch den mutmaßlichen Täter dafür zu sanktionieren, dass er die Tat leugnet und damit das unveräußerliche Recht, sich selber als unschuldig darzustellen, einschränkt), so sehr birgt diese Vorgehensweise die Gefahr von Falschvorwürfen, die nicht aufgedeckt werden. Das behindert eine vernünftige Wahrheitsfindung ebenfalls.

 

So war es gemeint.

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OAOS These stimme ich zu - wobei ich behaupte, dass sich an der Grundhaltung nichts verändert hat. Nur vernichtet man heute den Verdächtigen, nicht das mutmaßliche Opfer.

Ja. Ein (!) Grund dafür dürfte sein, dass sich die Kirche weniger mit ihren Klerikern identifiziert und über sie definiert.

 

P.S. In dem verlinkten Artikel gab es offenbar ein Update: Pell will sein Amt vorübergehend niederlegen. Die Frage ist, welches Amt. Ich vermute das des Erzbischofs von Sydney.

 

 

Sorry, da war ich nicht ganz auf dem Laufenden. Pell ist seit 2014 nicht mehr Erzbischof von Sydney, sondern Präfekt des vatikanischen Wirtschaftssekretariats.

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Ich würde gerne - weit über den konkreten Fall hinaus - verstehen, was in früheren Zeiten, in denen ja sowohl gesellschaftlich als auch kirchlich jegliche sexuell konnotierten Annäherungen zwischen Erwachsenen und Kindern genauso tabu waren wie heute, dazu führte, dass man so etwas einfach so hingenommen und teilweise sogar gedeckt hat (ich denke an umfangreiche Vorkommnisse im Nordelsass in den 1960ern oder auch an einen mir persönlich bekannten eher aktuelleren Fall, wo man die Familie eines Opfers letztlich aus dem Dorf mobbte, um den Täter zu decken).

 

These: Die Kirche ist heilig und makellos. Daher muss auch ihr Ansehen in der Öffentlichkeit (und das ihrer Amtsträger) makellos sein. Eine öffentlich gewordene schwere Sünde (speziell im sexuellen Bereich) beschmutzt die Kirche und muss deshalb vermieden werden.

 

Ganz ehrlich: Wenn es so wäre, dann wäre das ein großer Fortschritt! Dann gäbe es ein solches Verhalten nämlich nicht in solch unheiligen Gruppierungen wie Sport- und Schützenvereinen, Dorfgemeinschaften, Familien...

Die Realität sieht leider anders aus. Allen ist ihr Ansehen in der Öffentlichkeit heilig, deshalb wird überall vertuscht und unter den Teppich gekehrt.

 

Edit: Die Verteufelung des Kindesmissbrauchs trägt ihren Teil dazu bei. Während z.B. 'Alkohol am Steuer' in vielen Kreisen gesellschaftsfähig ist und manche sogar damit angeben, betrunken gefahren zu sein, so ist Kindesmissbrauch derartig verpönt, daß keiner was damit zu Tun haben will. DAS fördert die Vertuschung.

bearbeitet von Moriz
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Nur damit sich hier eine gewisse Klientel nicht schon die Hände reibt:

 

Soweit bekannt, und die Aussagen Pells vor dem Untersuchungsausschuss im letzten Jahr legen dies nahe, wird Pell kein persönlicher Kindesmissbrauch vorgeworfen, sondern - wie anderen Würdenträgern zuvor - Vertuschung bzw. mangelnde Aufarbeitung von Missbrauchsfällen während seiner Amtszeit als Diözesanbischof.

 

Saluti cordiali,

Studiosus.

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Vertuschung bzw. mangelnde Aufarbeitung von Missbrauchsfällen während seiner Amtszeit als Diözesanbischof.

 

Saluti cordiali,

Studiosus.

 

hallo Saluti cordiali,

 

das, was Du endlich herausgefunden hast, hat der doch schon zugegeben. oder?

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Das letztlich meine hier schon öfters vorgebrachte These, dass der Priesterberuf "schwierige Leute" anziehen könnte, stützt.

Das halte ich für die gleiche Simplififzierung und Schwachsinn wie die These, dass nur jene Psychologen, Psychiater und Neurologen werden, die selbst psychisch schwer gestört sind. So stellt sich der kleine Maxi das vor.

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@Werner001,

 

 


von "nur" war doch gar nicht die Rede...
nur: Auch Berufe wie Sozialarbeiter, Polizist, Bundesheer, Sonderschullehrer, Anwälte, Pädagogen usw. usf. ziehen sehr schwierige Charaktere an. Dass eine solche Sichtweise ein engstirniges Vorurteil ist- sollte vernünftig denkenden Menschen klar sein.
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