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Die katholische Kirche und der Missbrauch


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Geschrieben

Im Übrigen war die Renaissance besser als ihr heutiger Ruf. Trotz aller Sinnlichkeit der Kunst und der Lebensart der Menschen ging die Kirche mit dem, was man heute "Sexualstraftäter" o.ä. nennt, konsequenter um als heute. Was beim Rumgeeiere im Fall McCarrick anfängt und sich zieht bis in die Fälle der einzelnen Diözesen. Irgendwo müsste im Forum noch meine Übersetzung von Horrendum illud scelus zu lesen sein. Erschienen 1568. 

 

 

Saluti cordiali, 

Studiosus. 

Geschrieben
3 hours ago, Chrysologus said:

Der Anwalt erklärt seien Wortwahl ausdrücklich mit dem Versuch, das Strafmaß zu mildern, indem man die Tat verharmlost. Nicht stattgefundene Übergriffe verneint man jedoch seltenst mit dem Verweis, sie seien ja nur Blümchensex gewesen, hätten nur wenige Minuten gedauert und der Täter habe nicht ejakuliert. 

Wenn du aber schon schuldig gesprochen bist und es nur noch um das Strafmaß geht, machst du es vielleicht doch

 

Werner

Geschrieben

Wie klingt denn das hier (reine Spekulation):

Anwalt: „die Taten, deren mein Mandant schuldig gesprochen wurde, und die begangen zu haben er weiterhin bestreitet, waren nur Blümchensex“

Presse: „Pells Anwalt sagt, Pells Taten seien nur Blümchensex gewesen“

 

Alles andere scheint mir bezogen auf den Anwalt recht sinnlos.

 

Werner

Geschrieben (bearbeitet)
vor 2 Stunden schrieb Shubashi:

 

Dort die Auffassung der früheren Missbrauchsbeauftragten, Frau Bergmann, zitiert, die von 2/3 der (gemeldeten?) Vorfälle in der katholischen, 1/3 in den evangelischen Kirchen sprach.

 

 

Böse Frage: Missbrauch überhaupt oder Missbrauch an Kindern anderer Leute?

 

 

edit: Um Missverständnissen vorzubeugen: Ich kann mir vorstellen, daß sich da die Dunkelziffern unterscheiden.

bearbeitet von Moriz
Geschrieben (bearbeitet)

Nun, die korrigierte Meldung liest sich schon nicht unwesentlich anders. Ich kann mir, die aufgeheizte Stimmung bei diesem Thema generell, schon vorstellen wie sie zustande kam. Aber gut, das gehört nicht hier her. 

 

Jedenfalls fällt es offensichtlich schwer, diesen Fall unaufgeregt einzuordnen. Ich nehme das Verdikt der Jury hin. Dass ich überzeugt bin kann ich allerdings nicht behaupten. Nach allem, was durchgedrungen ist, bleiben für mich zu viele Fragen offen und nahezu alles spricht - für mich - für Pell: die minimale Tatzeit (man liest in englischen Medien von ca. 6 Minuten), der Zeremoniar, der bei keiner öffentlichen Messe des Bischofs von dessen Seite wich (nach der Messe hilft dieser in der Sakristei beim Ablegen der Paramente, verstaut Pastoralstab, Mitra, Gefäße etc.), der Umstand, dass es höchst unwahrscheinlich ist, dass sich Pell alleine in der Sakristei aufhielt (der erwähnte Zeremoniar, etwaige Domküster, konzelebriende Priester und assistierende Diakone, andere Messdiener, Gläubige, die den Bischof regelmäßig nach der Messe aufsuchten) usw. 

 

Ich für meinen Teil werde auch den Eindruck nicht los, dass hier weniger der Gerechtigkeit Genüge getan werden sollte als einem unliebsamen Hierarchen - und mit ihm der Kirche - endlich eins auswischen zu können (es sind ja nicht die ersten Anschuldigungen in diese Richtung, die sich bisher alle als unzutreffend herausstellten). Ich habe mir die australische Berichterstattung angesehen, auf die letzten Momente Pells in Freiheit umringt von einem wütenden Mob. We got you, Pell! und Rot in hell you damn pig! lassen weniger Sorge um die Opfer als Häme und persönliche Genugtuung über den "Fall" Pells vermuten. Man fühlt sich beunruhigend stark an die Sittenprozesse der Nazis gegen katholische Geistliche erinnert.

 

Dies gibt nur meinen persönlichen Eindruck wieder, vorbehaltlich weiterer Ermittlungen und der Berufung. Ich besitze nicht die Gabe der Seelenschau und kann mich selbstverständlich irren.

 

 

Saluti cordiali, 

Studiosus. 

bearbeitet von Studiosus
Geschrieben
vor 1 Stunde schrieb Werner001:

Wenn du aber schon schuldig gesprochen bist und es nur noch um das Strafmaß geht, machst du es vielleicht doch

 

Werner

In der Tat - und in diesem Fall hat der Anwalt das auch korrekt (wenngleich in der Formulierung unglücklich) getan, und dabei leider einen Eindruck erweckt, dem ich auch aufgesessen bin (auch wenn ich sicherheitshalber den Artikel im Guardian gelesen habe). Es bleibt spannend, was rauskommen wird.

Geschrieben

Ich weiß nicht, ob Pell schuldig oder unschuldig ist. Wenn er aber unschuldig ist ... da fällt mir die Arie des Don Basilio aus dem Barbier von Sevilla ein. Hört mal rein.

 

Und der Arme muss verzagen,

Den Verleumdung hat geschlagen.

Schuldlos geht er dann, verachtet, Als ein Ehrenmann zugrund.

Geschrieben
vor 8 Stunden schrieb kam:

Hummersex hieß das mal.

Ihr hattet einen eigenen Begriff für Vergewaltigungen durch Kardinäle? Also mich wundert bald nichts mehr. Die Eskimos haben ja auch verschiedene Worte für Schnee. Könnte sich bei der Kirche also vielleicht auch lohnen, den Missbrauch nach Weihestufen oder Soutanenfarben zu benennen. 

Geschrieben
vor 44 Minuten schrieb OneAndOnlySon:

Ihr hattet einen eigenen Begriff für Vergewaltigungen durch Kardinäle? Also mich wundert bald nichts mehr. Die Eskimos haben ja auch verschiedene Worte für Schnee. Könnte sich bei der Kirche also vielleicht auch lohnen, den Missbrauch nach Weihestufen oder Soutanenfarben zu benennen. 

Oje, du verstehst mal wieder gar nichts. 

Long John Silver
Geschrieben
vor 20 Stunden schrieb Chrysologus:

 

 

Mittlerweile glaube ich, dass es noch schlimmer ist. Unabdingbare Voraussetzung des Missbrauchs sind Autorität des Täters und Vertrauen des Opfers (wir haben soweit erkennbar praktisch keine klassischen Vergewaltigungen durch körperlich weit überlegene Täter). 

 

 

Das ist kein Alleinstellungsmerkmal von Missbrauch vo Kindern durch Kleriker.  Es trifft genauso auf den groessten Teil des Missbrauchs in Familie, Sportverbaenden oder Bekanntenkreis zu, dass er von Personen vorgenommen wird, die naturgemaess oder durch ihren Beruf oder durch bestimmte geschickte Manipulationen das Vertrauen der Kinder haben. 

 

Ich denke eher, dass sich auch da die Mechanismen des Missbrauchs nicht wesentlich unterscheiden von dem ausserhalb der Kirche. Das macht ihn nicht bessser, aber, man entschuldige den flapsigen Begriff, schrecklich "allltaeglich". 

 

Und das ist vielleicht der springende Punkt,  der fuer die Kirche schmerzhafter zu begreifen ist als alles andere - das, was bei ihnen passierte,  war "normal", es war nicht einmal aussergewoehnlich, es war wie ueberall auf der Welt. (Ich denke im uebrigen, etwas anderes hat auch kaum jemand angenommen, ausser vielleicht die Kirche selbst). 

 

 

 

 

 

 

Geschrieben
6 hours ago, OneAndOnlySon said:

Ihr hattet einen eigenen Begriff für Vergewaltigungen durch Kardinäle? Also mich wundert bald nichts mehr. Die Eskimos haben ja auch verschiedene Worte für Schnee. Könnte sich bei der Kirche also vielleicht auch lohnen, den Missbrauch nach Weihestufen oder Soutanenfarben zu benennen. 

Bedenke: Diew Hummer werden erst rot, wenn sie gekoccht sind...

 

Werner

Geschrieben

Das mit "plain vanilla sex" versteht man erst, wenn man in den USA mal ein Eis gegessen hat.

Es ist dort nicht üblich, wie hierzulande, drei oder vier verschiedene Kugeln zu essen. Man bekommt eine große, eine sehr große oder ein hypergroße Portion einer Sorte seiner Wahl. Die bekommt man mit einer Spachtel auf die Waffel oder in den Becher gestrichen. Allenfalls kann man die Portion aus zwei oder drei Sorten zusammenstellen lassen

Und die Auswahl ist meist recht groß. Das einfachst, simpelste, was man haben kann ist dann eine Portion "plain vanilla".

 

"Blümchensex" ist keine sonderlich gute Umschreibung dafür.

 

Werner

Geschrieben
vor einer Stunde schrieb Long John Silver:

Das ist kein Alleinstellungsmerkmal von Missbrauch vo Kindern durch Kleriker.  Es trifft genauso auf den groessten Teil des Missbrauchs in Familie, Sportverbaenden oder Bekanntenkreis zu, dass er von Personen vorgenommen wird, die naturgemaess oder durch ihren Beruf oder durch bestimmte geschickte Manipulationen das Vertrauen der Kinder haben. 

Das ist schon richtig - aber wie auch in Familien und Bekanntenkreisen ist die Abwägung zwischen dem nötigen Vertrauen und dem sinnvollen Misstrauen eine Gratwanderung. Das macht es hier wie da so schwierig.

Geschrieben
vor 2 Minuten schrieb Chrysologus:

Das ist schon richtig - aber wie auch in Familien und Bekanntenkreisen ist die Abwägung zwischen dem nötigen Vertrauen und dem sinnvollen Misstrauen eine Gratwanderung. Das macht es hier wie da so schwierig.

 

Vor allem gibt es auch einen schwerwiegenden Unterschied: Kirche ist in der modernen Welt maximal noch ein "nice to have" - von Familien, Schulen oder dem Staat denkt kaum jemand so.

Während die kirchliche Binnensicht zumindest offiziell sich noch als "unerläßliche Heilsinstitution" beschreibt. Wenn allerdings 99,9% der Menschen diese Sicht nicht mehr teilen, ist diese Haltung schlicht der obskure Größenwahn von ein paar alten unverheirateten Männern, die eh bald aussterben werden, aber bitte keinerlei Forderung an die Gesellschaft stellen sollten. Die können dann froh sein, dass man ihnen den Laden nicht einfach dicht macht, weil sie nachweislich unbelehrbar sind und offensichtlich eine Gefahr für die Sicherheit von Kindern darstellen.

Long John Silver
Geschrieben (bearbeitet)
vor 39 Minuten schrieb Shubashi:

 

Vor allem gibt es auch einen schwerwiegenden Unterschied: Kirche ist in der modernen Welt maximal noch ein "nice to have" - von Familien, Schulen oder dem Staat denkt kaum jemand so.

Während die kirchliche Binnensicht zumindest offiziell sich noch als "unerläßliche Heilsinstitution" beschreibt. Wenn allerdings 99,9% der Menschen diese Sicht nicht mehr teilen, ist diese Haltung schlicht der obskure Größenwahn von ein paar alten unverheirateten Männern, die eh bald aussterben werden, aber bitte keinerlei Forderung an die Gesellschaft stellen sollten. Die können dann froh sein, dass man ihnen den Laden nicht einfach dicht macht, weil sie nachweislich unbelehrbar sind und offensichtlich eine Gefahr für die Sicherheit von Kindern darstellen.

 

Nun ja. Ich weiss nicht, wer wirklich angenommen hat, in der katholischen oder welcher Kirche auch immer so etwas nicht vorkommt. Ich jedenfalls nicht und die allermeisten Leute, die ich kenne auch nicht. Genauso wenig wie jemand annahm, in Kinderheimen wuerde nicht gepruegelt und alles Nonnen seien von Natur aus weder gewalttaetig noch sadistisch. Oder bestimmte evangelische Pastoren haetten nichts mit ihrer Haushaelterin. Das alles hat doch kaum jemand angenommen oder geglaubt, ausser vielleicht die Kirche selbst oder eine gewisse Anzahl ihrer Glaeubigen, die nach dem Affen-Prinzip einfach die Realitaet der Welt nicht wahrhaben wollten. Dass diese jetzt aus  allen Wolken fallen kann ich mir vorstellen. Der Normalbuerger schuettelt vor allem den Kopf ueber das Ausmass an Vertuschung und die teilweise kriminelle Energie dabei. 

 

Natuerlich muss sich bei der Binnnensicht etwas aendern, aber es halt schwer einzusehen, dass Weihe allein keine besserer und froemmeren Menschen macht und dass eine gewisse Anzahl von A....schloechern in der Nachfolge von Petrus existierte und existiert. Fuer mich ist interessant, wie die katholische Kirche mit eben diesem Versagen umgeht, ganz unabhaengig von den juristischen Geschehnissen um das Thema Missbrauch. Das ist eine Sache. Die andere ist tatsaechlich das eklantante Versagen in den eigenen Reihen gegenueber der Realitaet, von dem man gewusst hat. Ich weiss, einige halten es fuer unangebracht, statt von den Opfern den Blick auf die Taeter zu lenken, aber ich halte das fuer genauso wichtig. Denn jeder Taeter hat eine Gotteslaesterung begangen und sein Amt mit  Fuessen getreten. Er hat seine unersterbliche Seele beschmutzt und das ewige Heil aufs Spiel gesetzt. Da frage ich mich als Aussenstehender - wo war denn die Verantwortung von Vorgesetzten fuer diesen Menschen, wenn man wusste, er macht einfach weiter, an einem anderen Ort? Schliesslich gibt es eine spirituelle Verantwortung, eine Verpflichtung unter Christen, auch das Heil des anderen nicht aus dem Auge zu verlieren. Diese Verpflichtung wurde ersetzt durch eine Politik des ""Will ich nicht wissen, weg mit ihm, was ich nicht mitkriege, dafuer habe ich keine Verantwortung" oder noch schlimmer ein Verhalten dem Suender gegenueber, das man wohlwollend als Betuetteln und mangelnde Fuersorgepflicht beschreiben koennte.  Da wurden nicht nur Kinder und Jugendliche allein gelassen in ihrer Not, da wurden auch Taeter" gemacht, in dem man sie allein liess und ihr Verhalten durch Stillschweigen guthiess oder sie mit bekommen, wie wenig ihnen passiert, wenn sie auf diese Art suendigen. Diese Menschen haben soziale Defizite, sie sind krank, sie sind labil und gestoert. Es geht also nicht einzig um die Aufarbeitung der Taten in Hinsicht auf die Opfer, sondern auch um den Blick darauf, welche Verantwortung Vorgesetzten fuer ihre Mitarbeiter haben und ob sie diese adaequt ihrer Verpflichtung wahrgenommen haben bzw. wahrnehmen. Da hat man von seiten der Obrigen Leute  ins persoenliche Verderben rennen lassen. Aus welcher Unfaehigkeit oder welchem Realtitaetsverlust das resultiert - wahrscheinlich haengt es auch damit zusammen, die Institution schuetzen zu wollen und dafuer auch das Heil von Menschen opfern. 

 

Ich denke, da sollte  die Kirche auch ueber Taeter sprechen, ihre kranken und gestoerten Reaktionen und den eigenen Umgang mit diesen Taetern und ihrem spirituellen Versagen ihnen gegenueber. Dann wuerde das ganze eine wirklich runde Sache geben. 

bearbeitet von Long John Silver
Geschrieben
vor 32 Minuten schrieb Shubashi:

 

Vor allem gibt es auch einen schwerwiegenden Unterschied: Kirche ist in der modernen Welt maximal noch ein "nice to have" - von Familien, Schulen oder dem Staat denkt kaum jemand so.

Während die kirchliche Binnensicht zumindest offiziell sich noch als "unerläßliche Heilsinstitution" beschreibt. Wenn allerdings 99,9% der Menschen diese Sicht nicht mehr teilen, ist diese Haltung schlicht der obskure Größenwahn von ein paar alten unverheirateten Männern, die eh bald aussterben werden, aber bitte keinerlei Forderung an die Gesellschaft stellen sollten. Die können dann froh sein, dass man ihnen den Laden nicht einfach dicht macht, weil sie nachweislich unbelehrbar sind und offensichtlich eine Gefahr für die Sicherheit von Kindern darstellen.

Weder die gesellschaftliche Relevanz der Kirche noch ihre Größe spielen hier eine Rolle, sondern das Faktum, dass sich in der Kirche Menschen befinden, die geschädigt werden können. Das wird nicht dadurch undramatisch, dass es nicht so viele sind.

Geschrieben
vor 53 Minuten schrieb Shubashi:

 

Vor allem gibt es auch einen schwerwiegenden Unterschied: Kirche ist in der modernen Welt maximal noch ein "nice to have" - von Familien, Schulen oder dem Staat denkt kaum jemand so.

Während die kirchliche Binnensicht zumindest offiziell sich noch als "unerläßliche Heilsinstitution" beschreibt. Wenn allerdings 99,9% der Menschen diese Sicht nicht mehr teilen, ist diese Haltung schlicht der obskure Größenwahn von ein paar alten unverheirateten Männern, die eh bald aussterben werden, aber bitte keinerlei Forderung an die Gesellschaft stellen sollten. Die können dann froh sein, dass man ihnen den Laden nicht einfach dicht macht, weil sie nachweislich unbelehrbar sind und offensichtlich eine Gefahr für die Sicherheit von Kindern darstellen.

 

vor 17 Minuten schrieb Chrysologus:

Weder die gesellschaftliche Relevanz der Kirche noch ihre Größe spielen hier eine Rolle, sondern das Faktum, dass sich in der Kirche Menschen befinden, die geschädigt werden können. Das wird nicht dadurch undramatisch, dass es nicht so viele sind.

 

So hatte ich Shubashi nicht verstanden. Ich habe es so gelesen, dass er auf die Diskrepanz von Innensicht der Kirche ("unersetzbare Heilsanstalt") und gesellschaftlicher Wahrnehmung ("nice to have") hinweisen wollte. Das jede*r Betroffene ein*r zu viel ist, setze ich dabei voraus, egal um welche Institution es sich handelt.

Geschrieben
vor 1 Stunde schrieb Chrysologus:

Weder die gesellschaftliche Relevanz der Kirche noch ihre Größe spielen hier eine Rolle, sondern das Faktum, dass sich in der Kirche Menschen befinden, die geschädigt werden können. Das wird nicht dadurch undramatisch, dass es nicht so viele sind.

 

Tut mir leid, wenn ich mich missverständlich ausgedrückt habe. Für die Menschen in der Kirche macht es den Umgang mit dem Missbrauch schwierig, wenn ihnen die Kirche noch etwas bedeutet. Ein Großteil der Gesellschaft ist mit der Kirche aber irgendwann schlicht durch, die erwarten gar nichts mehr, außer dass sie vielleicht aufhört zu exstieren oder sie vor allem in Ruhe läßt. Was es ihr letztlich auch unmöglich macht, in die Gesellschaft hinein zu wirken.

 

vor 1 Stunde schrieb Long John Silver:

 

Nun ja. Ich weiss nicht, wer wirklich angenommen hat, in der katholischen oder welcher Kirche auch immer so etwas nicht vorkommt. Ich jedenfalls nicht und die allermeisten Leute, die ich kenne auch nicht. Genauso wenig wie jemand annahm, in Kinderheimen wuerde nicht gepruegelt und alles Nonnen seien von Natur aus weder gewalttaetig noch sadistisch. Oder bestimmte evangelische Pastoren haetten nichts mit ihrer Haushaelterin. Das alles hat doch kaum jemand angenommen oder geglaubt, ausser vielleicht die Kirche selbst oder eine gewisse Anzahl ihrer Glaeubigen, die nach dem Affen-Prinzip einfach die Realitaet der Welt nicht wahrhaben wollten. Dass diese jetzt aus  allen Wolken fallen kann ich mir vorstellen. Der Normalbuerger schuettelt vor allem den Kopf ueber das Ausmass an Vertuschung und die teilweise kriminelle Energie dabei. 

 

Natuerlich muss sich bei der Binnnensicht etwas aendern, aber es halt schwer einzusehen, dass Weihe allein keine besserer und froemmeren Menschen macht und dass eine gewisse Anzahl von A....schloechern in der Nachfolge von Petrus existierte und existiert. Fuer mich ist interessant, wie die katholische Kirche mit eben diesem Versagen umgeht, ganz unabhaengig von den juristischen Geschehnissen um das Thema Missbrauch. Das ist eine Sache. Die andere ist tatsaechlich das eklantante Versagen in den eigenen Reihen gegenueber der Realitaet, von dem man gewusst hat. Ich weiss, einige halten es fuer unangebracht, statt von den Opfern den Blick auf die Taeter zu lenken, aber ich halte das fuer genauso wichtig. Denn jeder Taeter hat eine Gotteslaesterung begangen und sein Amt mit  Fuessen getreten. Er hat seine unersterbliche Seele beschmutzt und das ewige Heil aufs Spiel gesetzt. Da frage ich mich als Aussenstehender - wo war denn die Verantwortung von Vorgesetzten fuer diesen Menschen, wenn man wusste, er macht einfach weiter, an einem anderen Ort? Schliesslich gibt es eine spirituelle Verantwortung, eine Verpflichtung unter Christen, auch das Heil des anderen nicht aus dem Auge zu verlieren. Diese Verpflichtung wurde ersetzt durch eine Politik des ""Will ich nicht wissen, weg mit ihm, was ich nicht mitkriege, dafuer habe ich keine Verantwortung" oder noch schlimmer ein Verhalten dem Suender gegenueber, das man wohlwollend als Betuetteln und mangelnde Fuersorgepflicht beschreiben koennte.  Da wurden nicht nur Kinder und Jugendliche allein gelassen in ihrer Not, da wurden auch Taeter" gemacht, in dem man sie allein liess und ihr Verhalten durch Stillschweigen guthiess oder sie mit bekommen, wie wenig ihnen passiert, wenn sie auf diese Art suendigen. Diese Menschen haben soziale Defizite, sie sind krank, sie sind labil und gestoert. Es geht also nicht einzig um die Aufarbeitung der Taten in Hinsicht auf die Opfer, sondern auch um den Blick darauf, welche Verantwortung Vorgesetzten fuer ihre Mitarbeiter haben und ob sie diese adaequt ihrer Verpflichtung wahrgenommen haben bzw. wahrnehmen. Da hat man von seiten der Obrigen Leute  ins persoenliche Verderben rennen lassen. Aus welcher Unfaehigkeit oder welchem Realtitaetsverlust das resultiert - wahrscheinlich haengt es auch damit zusammen, die Institution schuetzen zu wollen und dafuer auch das Heil von Menschen opfern. 

 

Ich denke, da sollte  die Kirche auch ueber Taeter sprechen, ihre kranken und gestoerten Reaktionen und den eigenen Umgang mit diesen Taetern und ihrem spirituellen Versagen ihnen gegenueber. Dann wuerde das ganze eine wirklich runde Sache geben. 

 

Der Blick auf die Täter ist sicherlich auch wichtig - nur fand in der Außenwahrnehmung diese Beschäftigung mit den Tätern ja statt: sie standen immer im Mittelpunkt des kirchlichen Bemühens, sie wurden versetzt oder auch (oft anscheinend erfoldglos) therapiert. Wirklich zur Verantwortung gezogen wurden sie jedoch nicht, und die Frage ist auch, ob ihnen das guttat. Liest man nämlich den MHG-Bericht zu den Taten in Deutschland, ist bald die Hälfte Täter ziemlich uneinsichtig über die eigenen Taten, explizit "Reue", die ja für einen spirituell sinnvollen Umgang mit solchen Taten eine wichtige Voraussetzung im christlichen Kontext wäre, zeigen wohl keine 10% der Täter.

D.h. die Einsicht, den Tätern helfen zu sollen, muss eben unbedingt auch mit einer institutionellen Verantwortung für die Opfer bzw. glaubwürdiger Prävention einhergehen, sonst entsteht eben der fatale Eindruck der schwarzen Krähen, die v.a. an ihresgleichen denken und entsprechend vorsorgen.

Geschrieben
vor 3 Stunden schrieb Shubashi:

 

Vor allem gibt es auch einen schwerwiegenden Unterschied: Kirche ist in der modernen Welt maximal noch ein "nice to have" - von Familien, Schulen oder dem Staat denkt kaum jemand so.

Während die kirchliche Binnensicht zumindest offiziell sich noch als "unerläßliche Heilsinstitution" beschreibt. Wenn allerdings 99,9% der Menschen diese Sicht nicht mehr teilen, ist diese Haltung schlicht der obskure Größenwahn von ein paar alten unverheirateten Männern, die eh bald aussterben werden, aber bitte keinerlei Forderung an die Gesellschaft stellen sollten. Die können dann froh sein, dass man ihnen den Laden nicht einfach dicht macht, weil sie nachweislich unbelehrbar sind und offensichtlich eine Gefahr für die Sicherheit von Kindern darstellen.

richtig die Kirche wird wahrgenommen als Brauchtumsartike
l und jene für die sie noch mehr ist sind jetzt extrem verunsichert  und für sehr viele ist das jetzt der passende Anlaß  sie dieser Altlast zu entledigen 

Geschrieben
9 minutes ago, Shubashi said:

Liest man nämlich den MHG-Bericht zu den Taten in Deutschland, ist bald die Hälfte Täter ziemlich uneinsichtig über die eigenen Taten, explizit "Reue", die ja für einen spirituell sinnvollen Umgang mit solchen Taten eine wichtige Voraussetzung im christlichen Kontext wäre, zeigen wohl keine 10% der Täter.

Ich gehe mal davon aus, dass ein katholischer Priester in Deutschland innerlich hinter dem steht, was Christentum und Kirche bedeuten. Das bedeutet aber, wenn er (und ja in der Regel nicht als einmaliger "Ausrutscher") Missbrauch begeht, hat er sich eine ganz spezielle Weltsicht zurechtgezimmert, in der er diese beiden Dinge (Christentum und Missbrauch) miteinander zusammenbringt. Wäre das nicht der Fall, könnte er entweder keinen Missbrauch begehn oder er würde daran selber zerbrechen. Wenn er aber in einer solchen Weltsicht lebt, kann man keine Reue erwarten.

Ich weiß, das ist Küchenpsychologie, aber anders kann ich mir diese ganze Scheyze nicht erklären. Vielleicht gibt es ja sogar einen Fachbegriff dafür.

 

Werner

Geschrieben
vor 19 Minuten schrieb Werner001:

Ich gehe mal davon aus, dass ein katholischer Priester in Deutschland innerlich hinter dem steht, was Christentum und Kirche bedeuten. Das bedeutet aber, wenn er (und ja in der Regel nicht als einmaliger "Ausrutscher") Missbrauch begeht, hat er sich eine ganz spezielle Weltsicht zurechtgezimmert, in der er diese beiden Dinge (Christentum und Missbrauch) miteinander zusammenbringt. Wäre das nicht der Fall, könnte er entweder keinen Missbrauch begehn oder er würde daran selber zerbrechen. Wenn er aber in einer solchen Weltsicht lebt, kann man keine Reue erwarten.

Ich weiß, das ist Küchenpsychologie, aber anders kann ich mir diese ganze Scheyze nicht erklären. Vielleicht gibt es ja sogar einen Fachbegriff dafür.

 

Werner

 

Ich bin auch keine Psychologe, Chryso scheint wohl einige Täter als Mandanten gehabt zu haben und hatte ein paar Bemerkungen dazu gemacht.

 

Ich denke , dass die Täter dort oft nicht anders sind als anderswo: man macht sich etwas vor und entschuldigt so die eigenen Untaten. Gewalt ist wohl eher selten im Spiel und Jugendliche wie Kinder sind durch erwachsene Autoritätspersonen viel leichter manipulierbar.

Dazu kommt dann eben die jeweilige sexuelle Unreife und die "Isolierung" (dass z.B. der bewusste Weg aus dem Zölibat zum Ende der geordneten Lebensperspektive sein könnte), die aus einem von außen her eigentlich undenkbaren Verbrechen den aus der Binnensicht entschuldbaren bagatellisierbaren "Missgriff" macht.

 

Ich denke und hoffe sehr, dass die offene, umfassende und kritische Diskussion der letzten Jahre zumindest diese Art von Tätern inzwischen wirksamer verhindert als die verlogene Tabuisierung davor.

Geschrieben
vor 53 Minuten schrieb Werner001:

Ich gehe mal davon aus, dass ein katholischer Priester in Deutschland innerlich hinter dem steht, was Christentum und Kirche bedeuten. Das bedeutet aber, wenn er (und ja in der Regel nicht als einmaliger "Ausrutscher") Missbrauch begeht, hat er sich eine ganz spezielle Weltsicht zurechtgezimmert, in der er diese beiden Dinge (Christentum und Missbrauch) miteinander zusammenbringt. Wäre das nicht der Fall, könnte er entweder keinen Missbrauch begehn oder er würde daran selber zerbrechen. Wenn er aber in einer solchen Weltsicht lebt, kann man keine Reue erwarten.

Ich weiß, das ist Küchenpsychologie, aber anders kann ich mir diese ganze Scheyze nicht erklären. Vielleicht gibt es ja sogar einen Fachbegriff dafür.

 

Werner

 

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