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Heiraten in der katholischen Kirche


Biene

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Was hältst Du eigentlich von Zweitehen Verwitweter? Das nicht rücknehmbare existenzielle lebensgeschichtliche Ereignis verschwindet ja nicht einfach, nur weil der Partner stirbt, oder? Interpretieren Verwitwete nicht auch alle zukünftigen Partnerschaften immer auf diese Ersterfahrung hin? Und sollte man daher nicht auch keine Zweitehen von Verwitweten zulassen?

Oder bewirkt der Tod des Ehepartners sozusagen eine lebensgeschichtliche Katharsis, die die Ersterfahrung auslöscht und frei für eine neue macht? Wenn ja, warum kann eine Scheidung ggf. nicht ebenfalls diese Wirkung haben?

Immerhin hat sogar der Tod eines geschiedenen Ehepartners, selbst wenn man diesen seit Jahren nicht mehr gesehen hat, offenbar diese Wirkung - zumindest aus der Sicht des katholischen Eherechts.

Da paßt für mich einiges nicht so recht zusammen.

Allerdings passt da so einiges nicht zusammen.

 

Zunächst natürlich die Wiederverheiratung Verwitweter, wie du - entsprechend der orthodoxen Theologie - richtig anmerkst. Und das umfasst ja gerade auch den Fall des Versterbens des Ex-Partners, nachdem die Ehe in die Brüche gegangen war und die Ehegatten sich getrennt hatten. Da ist dann kein psychologischer Unterschied.

 

Dann der Umstand, dass der Papst höchstselbst Ehen von Ungetauften scheidet, echte Ehen, die gerade nicht annulliert werden konnten. Wenn die "anthropologische" Erklärung richtig wäre, könnte man eine solche Ausnahme von der Unscheidbarkeit ja nicht zulassen.

 

Und schließlich werden Ehen in der RKK auch wegen allen möglichen Formalkrams annulliert: unzureichende Trauvollmacht des assistierenden Geistlichen, vergessene Dispens wegen Konfessionsverschiedenheit,... Nichts, was "anthropologisch" für das Paar einen Unterschied machen würde.

 

Erst letztlich in Ehren erstellt worden ist da ja die Annullierung wegen Missachtung der kanonischen Eheschließungsform bei Ausgetretenen. Man muss sich eine der offiziellen Begründungen für Omnium in mentem einfach auf der Zunge zergehen lassen: "difficilis praeterea fiebat reditus horum baptizatorum qui novum contrahere exoptarent matrimonium canonicum, post prioris ruinam" ("außerdem erschwerte das neue Gesetz die Rückkehr jener Getauften, die nach dem Scheitern der Vorehe eine neue kanonische Ehe zu schließen wünschten"). Man macht also absichtlich Ehen formungültig, die "anthropologisch" nicht von anderen Ehe zu unterscheiden sind, gerade um eine Zweitehe zu ermöglichen. "Novum matrimonium post prioris ruinam", eine neue Ehe nach dem Scheitern der vorhergehenden: Sie können es selbst nicht leugnen, dass die Vorehe tatsächlich eine Ehe war, und daher nun eine "neue" Ehe geschlossen wird, allen juristischen Spitzfindigkeiten zum Trotz.

bearbeitet von Wiebke
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Das 'Fehlen eines wirklichen, vorbehaltlosen Eheschließungswillen' zu unterstellen halte ich mindestens für gewagt, wenn nicht für dreist. Man weiß es einfach nicht, da kein nicht-katholisches Paar die Chance hat, zu erklären, ob für sie die Ehe jetzt unauflöslich ist oder nicht.

Ich meinte einen Eheschließungswillen nach katholischer Auffassung. Dieser kann nicht gegeben sein, wenn man eine standesamtliche oder protestantische Ehe schließt; dort sieht der Ehevertrag nämlich einen Notausgang vor. Selbstverständlich ist die Benutzung eines Notausgangs nicht für den Normalfall eingeplant, aber die Möglichkeit wird in Betracht gezogen.

 

Da aus katholischer Sicht eine Ehe nur dann existiert, wenn sie unauflöslich ist, gibt es bei der Bewertung nicht-katholischer Ehen nur zwei Möglichkeiten:

 

Entweder, man unterstellt, daß eine spätere Scheidung einkalkuliert wird. Dann wäre es aber keine Ehe, und dann müsste man alle nicht-katholischen 'Ehen' nicht als Ehen, sondern als 'wilde Konkubinate' ansehen.

Genau, wobei vielleicht die Bezeichnung 'wilde Konkubinate' überspitzt ist.

 

Oder, man unterstellt zunächst einmal, daß die Ehepartner ihre Verbindung als unauflöslich ansehen.

Du meinst also, wenn sich zwei mündige Erwachsene für eine Birne statt für einen Apfel entscheiden, man zunächst einmal unterstellen müsse, dass diese Leute ihr Stück Obst trotzdem als einen Apfel ansehen?

bearbeitet von Guido
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Was hältst Du eigentlich von Zweitehen Verwitweter? Das nicht rücknehmbare existenzielle lebensgeschichtliche Ereignis verschwindet ja nicht einfach, nur weil der Partner stirbt, oder? Interpretieren Verwitwete nicht auch alle zukünftigen Partnerschaften immer auf diese Ersterfahrung hin? Und sollte man daher nicht auch keine Zweitehen von Verwitweten zulassen?

Wenn ich das durch aufmerksames Lesen von mykath richtig verstanden habe, denkt die Orthodoxe Kirche genau so und lässt nur eine sakramentale Ehe pro Menschenleben zu. Witwer können zwar gültig erneut heiraten, aber nicht mehr sakramental, ähnlich wie nach orthodoxem Kirchenrecht geschiedene. Hindus gingen sogar so weit, Witwen gleich mit dem verstorbenen Ehemann zu verbrennen.

 

Oder bewirkt der Tod des Ehepartners sozusagen eine lebensgeschichtliche Katharsis, die die Ersterfahrung auslöscht und frei für eine neue macht? Wenn ja, warum kann eine Scheidung ggf. nicht ebenfalls diese Wirkung haben?

Immerhin hat sogar der Tod eines geschiedenen Ehepartners, selbst wenn man diesen seit Jahren nicht mehr gesehen hat, offenbar diese Wirkung - zumindest aus der Sicht des katholischen Eherechts.

Da paßt für mich einiges nicht so recht zusammen.

Ich sehe das so wie Tammy.

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Das 'Fehlen eines wirklichen, vorbehaltlosen Eheschließungswillen' zu unterstellen halte ich mindestens für gewagt, wenn nicht für dreist. Man weiß es einfach nicht, da kein nicht-katholisches Paar die Chance hat, zu erklären, ob für sie die Ehe jetzt unauflöslich ist oder nicht.

Ich meinte einen Eheschließungswillen nach katholischer Auffassung. Dieser kann nicht gegeben sein, wenn man eine standesamtliche oder protestantische Ehe schließt; dort sieht der Ehevertrag nämlich einen Notausgang vor. Selbstverständlich ist die Benutzung eines Notausgangs nicht für den Normalfall eingeplant, aber die Möglichkeit wird in Betracht gezogen.

 

Genau das unterstellt man den betreffenden nicht - auch sie müssten die Möglichkeit einer Scheidung sich gezielt vornehmen oder aber die Unauflöslichkeit willentlich ausschließen - was die wenigsten tun. Die reine Möglichkeit einer Scheidung langt so wenig wie das Vorhandensein eines Ehevertrages für den Scheidungsfall zwischen zwei Katholiken - die sehen das Risiko, bilden aber keinen entsprechenden Willen und heiraten so trotz Vertrag sakramental.

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Hindus gingen sogar so weit, Witwen gleich mit dem verstorbenen Ehemann zu verbrennen.

 

Das ist eine unerträgliche Verkürzung. Nicht "die Hindus" verbrennen die Witwen, sondern in einigen indischen Bundesstaaten folgten Witwen, zumeist aus königlichem Haus, ihren Ehemännern in den Tod. Es brannten auf jeden Fall nicht ständig die Scheiterhaufen, worauf schreiende und sich wehrende Frauen gezwungen wurden. Die englische Kolonialregierung hat errechnet, daß auch unter Berücksichtigung einer hohen Dunkelziffer das Verhältnis von Verbrennung zu Weiterleben 1:430 betrug. Das heißt, daß es in einem die Witwenverbrennung praktizierenden Bundesstaat alle 20 Jahre eine Sati gab.

 

Allerdings war die Sati auch bei den Hindus immer umstritten. Das Weiterleben in Keuschheit stand in ebenso hohem Ansehen und die königlichen Frauen, die sich gegen eine Verbrennung entschieden, soweit das möglich war, behielten weitgehend ihre Privilegien.

 

Die Sati hat auch nicht unbedingt einen religiösen, sondern einen eher sozialen Hintergrund. Wahrscheinlich wollte man zu Anfang nicht, daß von Feinden im Krieg erbeutete Frauen in die Hände der Sieger fielen.

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Genau das unterstellt man den betreffenden nicht - auch sie müssten die Möglichkeit einer Scheidung sich gezielt vornehmen oder aber die Unauflöslichkeit willentlich ausschließen - was die wenigsten tun. Die reine Möglichkeit einer Scheidung langt so wenig wie das Vorhandensein eines Ehevertrages für den Scheidungsfall zwischen zwei Katholiken - die sehen das Risiko, bilden aber keinen entsprechenden Willen und heiraten so trotz Vertrag sakramental.

Das verstehe ich einfach nicht. Wenn ein Paar (nur) standesamtlich heiratet schließt es doch automatisch die Unauflöslichkeit aus, da sie eben einen auflösbaren Ehevertrag eingehen - wenn auch nicht mit dem Ziel, ihn auf jeden Fall nach soundsoviel Zeit tatsächlich aufzulösen, sondern mit der ehrenvollen Absicht, zunächst einmal das Beste zu tun, um die Ehe bis zum Lebensende fortzuführen. Wieso ist ein willentlicher Ausschluss der Unauflöslichkeit erforderlich, wenn die Auflöslichkeit bei der gewählten Vertragsform ohnehin gegeben ist? :unsure:

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Wieso ist ein willentlicher Ausschluss der Unauflöslichkeit erforderlich, wenn die Auflöslichkeit bei der gewählten Vertragsform ohnehin gegeben ist?

 

Weil aus der standesamtlichen Eheschließung eben nicht "automatisch" geschlossen werden kann, dass das Paar die Unauflöslichkeit der Ehe "willentlich" ausgeschlossen hat. Es gibt ja noch und zahlreiche andere und vor allem gewichtigere Gründe, standesamtlich zu heiraten, bis vor kurzem und in der Praxis auch noch jetzt ist eine kirchliche Heirat ohne vorherige Eheschließung auf dem Standesamt gar nicht möglich. Den Automatismus (standesamliche Heirat -> Ehe wird nicht als unauflöslich betrachtet), den Du unterstellst, gibt es einfach nicht. Du konstruierst ihn Dir aus der Tatsache zurecht, dass nach staatlichem Recht eine Ehescheidung möglich ist.

bearbeitet von Julius
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Hindus gingen sogar so weit, Witwen gleich mit dem verstorbenen Ehemann zu verbrennen.

Das ist eine unerträgliche Verkürzung. Nicht "die Hindus" verbrennen die Witwen, sondern in einigen indischen Bundesstaaten folgten Witwen, zumeist aus königlichem Haus, ihren Ehemännern in den Tod. Es brannten auf jeden Fall nicht ständig die Scheiterhaufen, worauf schreiende und sich wehrende Frauen gezwungen wurden. Die englische Kolonialregierung hat errechnet, daß auch unter Berücksichtigung einer hohen Dunkelziffer das Verhältnis von Verbrennung zu Weiterleben 1:430 betrug. Das heißt, daß es in einem die Witwenverbrennung praktizierenden Bundesstaat alle 20 Jahre eine Sati gab.

 

Allerdings war die Sati auch bei den Hindus immer umstritten. Das Weiterleben in Keuschheit stand in ebenso hohem Ansehen und die königlichen Frauen, die sich gegen eine Verbrennung entschieden, soweit das möglich war, behielten weitgehend ihre Privilegien.

 

Die Sati hat auch nicht unbedingt einen religiösen, sondern einen eher sozialen Hintergrund. Wahrscheinlich wollte man zu Anfang nicht, daß von Feinden im Krieg erbeutete Frauen in die Hände der Sieger fielen.

Klar, nur manche Hindus gingen manchmal soweit... Entschuldige, dass ich mich ungenau ausgedrückt habe, und danke für die interessanten und beruhigenden historischen Ausführungen. Ich weiss von dieser Praxis ziemlich wenig; als Kind habe ich eine Verfilmung von "Die Reise um die Welt in 80 Tagen" gesehen, wo Phileas Fogg so eine Witwe vom Scheiterhaufen rettet (wurden die wirklich lebendig und bei Bewusstsein verbrannt?). Dass der Hintergrund eher sozial ist, denke ich auch, obwohl mir das mit den von Feinden im Krieg erbeuteten Frauen nicht einleuchtet: Wenn sie einmal erbeutet sind, sind sie doch weg, dann kann man sie nicht mehr verbrennen. Die (übrigens auch im Abendland manchmal praktizierte) Alternative des Weiterlebens in Keuschheit zeigt den eigentlichen Grundgedanken, der dahintersteckt, und der die Ansicht von Franziskaner vom "nicht rücknehmbaren existenziellen lebensgeschichtlichen Ereignis" konsequent ins Extrem weiterführt. Der Pastor einer Gemeinde, wo ich als Kind gelebt habe, hatte eine über 80jährige ehemalige Haushälterin, die ihrem im 1. Weltkrieg (!) gefallenen Verlobten treu geblieben war und nie geheiratet hat, was irgendwie rührend ist (wenn auch etwas blöd), da es wohl aus eigenen Stücken passiert ist und nicht aus einem gesellschaftlichem Zwang heraus.

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Genau das unterstellt man den betreffenden nicht - auch sie müssten die Möglichkeit einer Scheidung sich gezielt vornehmen oder aber die Unauflöslichkeit willentlich ausschließen - was die wenigsten tun. Die reine Möglichkeit einer Scheidung langt so wenig wie das Vorhandensein eines Ehevertrages für den Scheidungsfall zwischen zwei Katholiken - die sehen das Risiko, bilden aber keinen entsprechenden Willen und heiraten so trotz Vertrag sakramental.

Das verstehe ich einfach nicht. Wenn ein Paar (nur) standesamtlich heiratet schließt es doch automatisch die Unauflöslichkeit aus, da sie eben einen auflösbaren Ehevertrag eingehen - wenn auch nicht mit dem Ziel, ihn auf jeden Fall nach soundsoviel Zeit tatsächlich aufzulösen, sondern mit der ehrenvollen Absicht, zunächst einmal das Beste zu tun, um die Ehe bis zum Lebensende fortzuführen. Wieso ist ein willentlicher Ausschluss der Unauflöslichkeit erforderlich, wenn die Auflöslichkeit bei der gewählten Vertragsform ohnehin gegeben ist? :unsure:

 

Die Ehe wird nach katholischem Verständnis ausschließlich durch den vorbehaltlosen und erklärten Willen der dazu freien Partner geschlossen, einander heiraten zu wollen. Dieser Konsens kann durch keine Macht der Welt ersetzt werden - also nicht einmal der Papst kann aus zweien, die nicht wollen, ein Ehepaar machen. Katholiken unterliegen einem Ehehindernis, der Formpflicht. Diese rangiert also irgendwo zwischen Mindeswissen und Verwandtschaft. Paare, die nicht katholisch sind, unterliegen dieser Pflicht nicht, wo sie also ihren Konsens bekunden - solange es beweisbar ist - ist egal.

 

Für einen rechtserheblichen Willen kommt es nur darauf an, einander heiraten zu wollen - mehr wird nicht verlangte. Das Paar muß nicht ausdrücklich auch eine dauerhafte Ehe wollen, es muss nicht ausdrücklich andere Beziehungen ausschließen, es muss nicht ausdrücklich Kinder wollen. Es muss nur einander heiraten wollen und - das ist in den Verfahren dann die Krux - es darf keine wesentliche Eigenschaft der Ehe ausschließen.

 

Nach aller Erfahrung wolle wie Paare auf dem Standesamt eine dauerhafte Ehe - dass man nicht bereit ist, diese bis zur Selbstaufgabe zu führen, das ist eine andere Sache und dürfte auf die allermeisten Katholiken auch zutreffen. Man sieht den mögliche Ausweg, aber man hofft, ihn nie gehen zu müssen. Und man bildet keinen Willen, ihn gegebenenfalls zu gehen.

 

Man kann das manchmal einfacher an der Einheit der Ehe erklären: Wenn ich mir außereheliche sexuelle Aktivitäten ausdrücklich vorbehalte, wenn sich denn GElegenheit ergibt, dann ist die Ehe nichtig. Wenn ich um meine Fehlbarkeit weiß, wenn ich klar erkenne, dass ich ewige Treue nicht in dem Sinne versprechen kann, dass ich gegebenfalls und mit SIcherheit mit Impotenz geschlagen wäre, wenn ich aber dennoch das nicht will - dann heirate ich absolut gültig. Ob es dann später zu entsrechenden Taten kommt, das ist unerheblich: Ich kann mir ein wildes Sexleben vornehmen, da aber nie eine fremde Frau an meiner Tür klingelt und nach Sex fragt, kommt es nie dazu (ich werde also nicht aktiv), dann ist die Ehe nichtig. Wenn ich hingegen treu sein will keiner vor mir, aber schon auf der Hochzeitsfeier sturzbetrunken mit meiner neu erworbenen Schwägerin das Bett teile, dann ist die Ehe dennoch gültig.

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Weil aus der standesamtlichen Eheschließung eben nicht "automatisch" geschlossen werden kann, dass das Paar die Unauflöslichkeit der Ehe "willentlich" ausgeschlossen hat. Es gibt ja noch und zahlreiche andere und vor allem gewichtigere Gründe, standesamtlich zu heiraten, bis vor kurzem und in der Praxis auch noch jetzt ist eine kirchliche Heirat ohne vorherige Eheschließung auf dem Standesamt gar nicht möglich. Den Automatismus (standesamliche Heirat -> Ehe wird nicht als unauflöslich betrachtet), den Du unterstellst, gibt es einfach nicht. Du konstruierst ihn Dir aus der Tatsache zurecht, dass nach staatlichem Recht eine Ehescheidung möglich ist.

Wenn ein Paar nur standesamtlich heiratet und keine Extravereinbarungen trifft, wie eine katholische Ehe oder ein geheimes Zusatzprotokoll :) ist prima facie davon auszugehen, dass es die Auflöslichkeit ihrer Ehe als Möglichkeit in Betracht zieht. Diese Vermutung wird dadurch erhärtet, dass sich das Paar hinterher tatsächlich scheiden lässt - hier geht es nur um diesen ex post Fall, dem die Katholische Kirche trotz aller Evidenz eine ursprüngliche Absicht der Unauflöslichkeit hineininterpetiert und so eine Wiederheirat mit einem ledigen Katholiken unmöglich macht.

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Wenn ein Paar nur standesamtlich heiratet und keine Extravereinbarungen trifft, wie eine katholische Ehe oder ein geheimes Zusatzprotokoll :) ist prima facie davon auszugehen, dass es die Auflöslichkeit ihrer Ehe als Möglichkeit in Betracht zieht.

Nein

 

Diese Vermutung wird dadurch erhärtet, dass sich das Paar hinterher tatsächlich scheiden lässt - hier geht es nur um diesen ex post Fall, dem die Katholische Kirche trotz aller Evidenz eine ursprüngliche Absicht der Unauflöslichkeit hineininterpetiert und so eine Wiederheirat mit einem ledigen Katholiken unmöglich macht

 

Sie interpretiert sie nicht hinein, sondern geht erst mal davon aus. Das Gegenteil hat zu beweisen, wer einen Antrag auf Eheanullierung darauf stützt, dass die Ehe von Anbeginn an nicht auf Unauflöslichkeit ausgelegt war. Wer hier irgendetwas großzügig in eine standesamtliche Eheschließung hineininterpretiert (nämlich die Nicht-Anerkennung der Unauflöslichkeit) bist Du.

bearbeitet von Julius
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Weil aus der standesamtlichen Eheschließung eben nicht "automatisch" geschlossen werden kann, dass das Paar die Unauflöslichkeit der Ehe "willentlich" ausgeschlossen hat. Es gibt ja noch und zahlreiche andere und vor allem gewichtigere Gründe, standesamtlich zu heiraten, bis vor kurzem und in der Praxis auch noch jetzt ist eine kirchliche Heirat ohne vorherige Eheschließung auf dem Standesamt gar nicht möglich. Den Automatismus (standesamliche Heirat -> Ehe wird nicht als unauflöslich betrachtet), den Du unterstellst, gibt es einfach nicht. Du konstruierst ihn Dir aus der Tatsache zurecht, dass nach staatlichem Recht eine Ehescheidung möglich ist.

Wenn ein Paar nur standesamtlich heiratet und keine Extravereinbarungen trifft, wie eine katholische Ehe oder ein geheimes Zusatzprotokoll :) ist prima facie davon auszugehen, dass es die Auflöslichkeit ihrer Ehe als Möglichkeit in Betracht zieht. Diese Vermutung wird dadurch erhärtet, dass sich das Paar hinterher tatsächlich scheiden lässt - hier geht es nur um diesen ex post Fall, dem die Katholische Kirche trotz aller Evidenz eine ursprüngliche Absicht der Unauflöslichkeit hineininterpetiert und so eine Wiederheirat mit einem ledigen Katholiken unmöglich macht.

 

Warum?

 

Weder in der kirchlichen noch in der staatlichen Rechtsordnung sind außereheliche sexuelle Bezihungen verboten - muss ich daraus schließen, dass das jeder anstrebt, der eine solche Ehe schließt?

 

Eine Möglichketi wahrzunehmen ist etwas anderes als sie anzustreben, sie später zu nutzen ist etwas anders als sie von vorneherein zu wollen - ansonsten müßte ich aus der Nichtigkeitsklage auf die Nichtigkeit schließen.

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Für einen rechtserheblichen Willen kommt es nur darauf an, einander heiraten zu wollen - mehr wird nicht verlangte. Das Paar muß nicht ausdrücklich auch eine dauerhafte Ehe wollen, es muss nicht ausdrücklich andere Beziehungen ausschließen, es muss nicht ausdrücklich Kinder wollen. Es muss nur einander heiraten wollen und - das ist in den Verfahren dann die Krux - es darf keine wesentliche Eigenschaft der Ehe ausschließen.

Welche wesentlichen Eigenschaften muss denn eine Ehe aus katholischer Sicht haben? Ich dachte, die lebenslange Dauer und Treue sowie der Kinderwunsch gehören dazu.

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Weder in der kirchlichen noch in der staatlichen Rechtsordnung sind außereheliche sexuelle Bezihungen verboten - muss ich daraus schließen, dass das jeder anstrebt, der eine solche Ehe schließt?

Die Kirche verbietet außereheliche sexuelle Beziehungen durch das 6. Gebot. Der Staat ahndet in der Tat Ehebruch nicht strafrechtlich, nichtsdestotrotz verspricht man auch in einer standesamtlichen Ehe seinem Partner treu zu sein, solange die Ehe hält.

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Für einen rechtserheblichen Willen kommt es nur darauf an, einander heiraten zu wollen - mehr wird nicht verlangte. Das Paar muß nicht ausdrücklich auch eine dauerhafte Ehe wollen, es muss nicht ausdrücklich andere Beziehungen ausschließen, es muss nicht ausdrücklich Kinder wollen. Es muss nur einander heiraten wollen und - das ist in den Verfahren dann die Krux - es darf keine wesentliche Eigenschaft der Ehe ausschließen.

Welche wesentlichen Eigenschaften muss denn eine Ehe aus katholischer Sicht haben? Ich dachte, die lebenslange Dauer und Treue sowie der Kinderwunsch gehören dazu.

 

Die Wesenseigenschaften der Ehe - eine sehr lange und nicht immer glückliche Geschichte ind wenigen Akten nacherzählt:

 

Erster Akt: Paulus

 

Paulus interessiert die Ehe nicht, er nimmt sie hin, wenn denn die Menschen nicht in der Lage sein sollten, zölibatät zu leben. Aber Paulus erwartet die Wiederkunft in nächster Zukunft und kann deshalb in Ehe und Familie keinen Sinn erkennen.

 

Zweiter Akt: Aurelius Augustinus

 

Augustiunus rechnet nicht mehr gar so bald mit der Wiederkunft, aber er plagt sich mit der Ehe als Sexualgemeinschaft - kann das gut sein? Und er kommt zu dem Schluss, die Ehe sei gut, weil daraus Kinder hervorgehen, weil die Gatten einander treu sind und weil sie einander auf Lebenszeit verbunden sind und so die Treue Gottes zu seiner Kirche abbilden.

 

Dritter Akt: Ehe wird Vertrag

 

Im Laufe der Kirchengeschichte griff man Augustinus begeistert auf und modifizierte ihn "leicht": Aus weil wurde wenn, aus positiven Eigenschaften der Ehe wurden Bedingungen für die Ehe - und je mehr die Ehe als Vertragsgeschäft zur Übereignung der Leiber zum Zwecke der Vornahme von zur Zeugung geeigneten Akten verstanden wurde, um so skurriler wurden Eherecht und Ehelehre - bis hin zu solch absurden Ideen wie die der schwebend gültigen Ehe mit Zukunftsbedingung.

 

Vierter Akt: Das Zweite Vatikanische Konzil

 

Das Konzil bricht mit dieser Ehelehre und denkt die Ehe nunmehr als Bund zwischen zwei Menschen, in dem diese sich gegenseitig schenkend und annehmend eine sakramentale Wirklichkeit bilden. In einer Fußnote allerdings zitiert man Augustinus......

 

Fünfter Akt: Nach dem Konzil

 

In der Codexreform entdeckten die Pragmatiker (und womöglich auch die Nostalgiker) den Verweis auf Augustinus und erklärten damit die Ehezwecklehre zum Rechtsbestand. So findet sie sich in Ansätzen wieder, und meist wird sie eher pragmatisch begründet: Das mit dem Bund sei ja schön, und dass man gemeinsam auch keine Kinder wollen könne und trotzdem Ehe sein könne (so die These von Klaus Lüdicke), das sei ja auch nicht falsch, aber die alten Gründe seine ja so praktisch in den Nichtigkeitsverfahren......

 

Kurz: Wir schleppen die Ehezwecklehre mit uns herum, auch wenn sie dogmatisch kaum noch begründbar ist.

 

Theologisch steht und fällt die Ehe mit dem bedingungslosen Eheversprechen: Ich schenke mich dir ganz und gar, und ich nehme dich so, wie du bist. Ohne Ausnahme. Ein solches Versprechen ist inkompatibel mit dem Vorbehalt, es bei Bedarf zurückzunehmen oder auch dritte mit einzubeziehen, aber es setzt keinen Kinderwunsch voraus. Was aber praktisch möglich bleiben muss: Der Ehewille darf nicht zu kompliziert werden, einander heiraten zu wollen ist nun einfacher als alle möglichen Aspekte mitzuwollen - damit würden wir de facto die sogenannten bildungsfernen Schichte von der Ehe ausschließen. Das eine JA muss reichen, wollte man nicht das Heiraten zu kompliziert machen.

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Was hältst Du eigentlich von Zweitehen Verwitweter? Das nicht rücknehmbare existenzielle lebensgeschichtliche Ereignis verschwindet ja nicht einfach, nur weil der Partner stirbt, oder? Interpretieren Verwitwete nicht auch alle zukünftigen Partnerschaften immer auf diese Ersterfahrung hin? Und sollte man daher nicht auch keine Zweitehen von Verwitweten zulassen?

Oder bewirkt der Tod des Ehepartners sozusagen eine lebensgeschichtliche Katharsis, die die Ersterfahrung auslöscht und frei für eine neue macht? Wenn ja, warum kann eine Scheidung ggf. nicht ebenfalls diese Wirkung haben?

Immerhin hat sogar der Tod eines geschiedenen Ehepartners, selbst wenn man diesen seit Jahren nicht mehr gesehen hat, offenbar diese Wirkung - zumindest aus der Sicht des katholischen Eherechts.

Da paßt für mich einiges nicht so recht zusammen.

 

In der orthodoxen Kirche ist es ja tasächlich so, dass man auch nach dem Tod des Ehepartners nicht wieder sakramental heiraten kann. Diese zweite Ehe ist erlaubt und wird gesegnet, ist aber kein Sakrament.

 

Ich bin nicht verwitwet und kenne aus meinem Bekanntenkreis auch niemanden, der nach dem Tod des Ehepartners wieder geheiratet hat. Ich halte es aber schon für einen Unterschied, ob man ein Versprechen gehalten und das Versprochene eingelöst hat ("in guten wie in schlechten Tage bis das der Tod euch scheidet"), oder ob man dieses Versprechen permanent bricht (so nachvollziehbar die Gründe dafür auch sein mögen) und diese Last in die neue Beziehung mit hineinbringt.

 

Bei einer Wiederverheiratung nach Scheidung bleibt eine unaufgelöste Zwiespältigkeit, die bei einer Verwitwung so nicht existiert. Aber ich halte es auch durchaus für möglich, dass die orthodoxen Kirchen recht haben, und auch im Fall einer Verwitwung eine zweite Ehe nicht denselben Rang hat wie die erste. Ich muss es ja zum Glück nicht entscheiden.

 

Und über den Tod eines getrennt lebenden Ehepartners kann ich eine Geschichte "aus alten Zeiten" erzählen: einer meiner mein Urgroßväter hat seine Familie wegen einer anderen Frau verlassen (das alles war vor dem ersten Weltkrieg). Als er einige Jahre später starb, stellte seine Frau (meine Urgroßmutter) sein Bild wieder hin und sagte: jetzt gehört Papa wieder zu uns.

 

Mag sein, dass das ein merkwürdiges und übertriebenes Verhalten ist; auf jeden Fall gibt es aber die emotionale Situation dieser Frau in Bezug auf Scheidung und Verwitwung klar und deutlich wieder.

bearbeitet von Franziskaner
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Und schließlich werden Ehen in der RKK auch wegen allen möglichen Formalkrams annulliert: unzureichende Trauvollmacht des assistierenden Geistlichen, vergessene Dispens wegen Konfessionsverschiedenheit,... Nichts, was "anthropologisch" für das Paar einen Unterschied machen würde.

 

 

 

Gerade diese Praxis finde ich auch völlig daneben.

 

Die richtige Lösung wäre, das Ehesakrament in seiner vollständigen Bedeutung zu erhalten, gleichzeitig aber zu berücksichtigen, dass Menschen auch dann an einer Aufgabe scheitern können, wenn sie sich ehrlich bemüht haben. Der Ausschluss vom Kommunionempfang für wiederverheiratete Geschiedene ist meiner Ansicht nach eine völlig unangemessen harte Sanktion für eine Situation, deren genaue ethische Bewertung man ja von außen gar nicht vornehmen kann.

 

 

Ich glaube zwar nicht, dass der populäre Satz "bei einer Trennung sind immer beide schuld" richtig ist. Aber über die Schuldfrage kann letztlich wirklich nur Gott entscheiden.

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Bei einer Wiederverheiratung nach Scheidung bleibt eine unaufgelöste Zwiespältigkeit, die bei einer Verwitwung so nicht existiert. Aber ich halte es auch durchaus für möglich, dass die orthodoxen Kirchen recht haben, und auch im Fall einer Verwitwung eine zweite Ehe nicht denselben Rang hat wie die erste. Ich muss es ja zum Glück nicht entscheiden.

 

Ja, das ist kompliziert. Man könnte sich gar fragen, mit welcher Frau ein mehrfach verwitweter und wiederverheirater Mann im Himmelreich dann wirklich verheiratet ist. Immer mit der ersten? Warum nicht mit der letzten? Mit allen zusammen? Swedenborg ging davon aus, dass eine einzige Ehe wahr und ewig gewesen wäre, nur welche?

 

Zum Glück hat Jesus das Problem ganz einfach gelöst. Mit keiner. Schießlich sind die "Menschen" im Himmel wie Engel, geschlechtslos, bindungslos, außer an Gott. Warum also so ein Trara um das eitle, zeitliche Ding? Ich weiß es nicht. Ich vermute aber, es liegt an der schönen Möglichkeit, etwas abzuwerten oder zu verbieten.

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Bei einer Wiederverheiratung nach Scheidung bleibt eine unaufgelöste Zwiespältigkeit, die bei einer Verwitwung so nicht existiert. Aber ich halte es auch durchaus für möglich, dass die orthodoxen Kirchen recht haben, und auch im Fall einer Verwitwung eine zweite Ehe nicht denselben Rang hat wie die erste. Ich muss es ja zum Glück nicht entscheiden.

 

Ja, das ist kompliziert. Man könnte sich gar fragen, mit welcher Frau ein mehrfach verwitweter und wiederverheirater Mann im Himmelreich dann wirklich verheiratet ist. Immer mit der ersten? Warum nicht mit der letzten? Mit allen zusammen? Swedenborg ging davon aus, dass eine einzige Ehe wahr und ewig gewesen wäre, nur welche?

 

Zum Glück hat Jesus das Problem ganz einfach gelöst. Mit keiner. Schießlich sind die "Menschen" im Himmel wie Engel, geschlechtslos, bindungslos, außer an Gott. Warum also so ein Trara um das eitle, zeitliche Ding? Ich weiß es nicht. Ich vermute aber, es liegt an der schönen Möglichkeit, etwas abzuwerten oder zu verbieten.

 

 

So einfach kannst Du es Dir nicht machen. Das Scheidungsverbot geht auf ein klares Jesuswort zurück (über das die Jünger so entsetzt waren, dass sie sagten "wenn das die Stellung des Mannes in der Ehe ist, dann ist es besser, nicht zu heiraten")

 

Jesus hat die Ehebeziehung als Beziehung des Herzens gesehen und die Bedeutung von "Ehebruch" dermaßen ausgeweitet, dass er sagte: "wer einer anderen nur lüstern nachschaut, hat in seinem Herzen schon die Ehe gebrochen".

 

Klar, dass das niemand einhalten kann, genauso wenig wie die absolute Besitz- und Gewaltlosigkeit. Jesus hat die Ehebrecherin ja auch vor formalistischen Verurteilungen in Schutz genommen. Er hat ihr aber auch gesagt: "Geh hin und sündige von nun an nicht mehr."

 

Man muss die Ehelehre des Evangeliums nicht teilen. Aber eine klare, in sich stimmige und die ganze Persönlichkeit herausfordernde Aussage kann man ihr nicht absprechen.

bearbeitet von Franziskaner
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Das Scheidungsverbot geht auf ein klares Jesuswort zurück (über das die Jünger so entsetzt waren, dass sie sagten "wenn das die Stellung des Mannes in der Ehe ist, dann ist es besser, nicht zu heiraten").

 

Welches klare Jesuswort denn? "Persönlichkeit herausfordernd" ist übrigens nett gesagt. Ich würde sagen: die katholische Ehelehre geht am Leben völlig vorbei, wenn man nicht gerade Kleriker im Greisenalter ist.

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Sie interpretiert sie nicht hinein, sondern geht erst mal davon aus. Das Gegenteil hat zu beweisen, wer einen Antrag auf Eheanullierung darauf stützt, dass die Ehe von Anbeginn an nicht auf Unauflöslichkeit ausgelegt war.

Rechtstechnisch kann ich das an dieser Stelle sogar noch nachvollziehen. Aber wenn man das auf der Ebene der Beweislast so stur sieht, dann muss man vielleicht auch mal eine Stufe vorher schauen, ob man da nicht über einige Unterschiede etwas zu salopp hinweggegangen ist.

 

Wenn es zu den absolut zentralen Wesenseigenschaften der Ehe im Sinne der kanonischen Rechtsordnung gehört, unauflöslich zu sein (außer durch den Tod), dann muss man sich fragen, ob die Begründung eines staatlichen Rechtsverhältnisses außerhalb des kirchlichen Rahmens nur wegen der Verwendung des Etiketts "Ehe" auch dann eine Ehe in diesem Sinne ist, wenn zu den Wesenseigenschaften dieses Rechtsverhältnisses gehört, dass es zwar grundsätzlich auch auf Lebenszeit geschlossen wird, aber dennoch kündbar ist.

 

Das ist das, was im Internationalen Privatrecht (mein Steckenpferd...) "Qualifikation" heißt. Nur weil eine ausländische Rechtsordnung etwas mit einem bestimmten Etikett versieht, muss dieses Etwas nicht das sein, was die heimische Rechtsordnung mit demselben Etikett bezeichnet.

 

Bei der Ehe ist dies durch die gleichgeschlechtlichen Partnerschaften gerade wieder sehr aktuell. Wenn z.B. ein gleichgeschlechtliches Paar in Kanada eine Ehe eingeht (naja "marriage"/"mariage", aber jedenfalls dasselbe Etikett wie bei Heteros), dann ist es in Deutschland ohne Weiteres verpartnert (aber nicht verheiratet). Andersherum ist, wer in Deutschland eine Lebenspartnerschaft begründet, in Belgien ohne Weiteres verheiratet. Schlicht, weil nach dem Inhalt und nicht nach dem Etikett zu urteilen und dann das entspechende Etikett der heimischen Rechtsordnung draufzukleben ist.

 

Da es nicht darum gehen kann, dass die eine Rechtsordnung weniger Recht als die andere auf die Verwendung der angestammten Vokabel "Ehe" hat, nennen wir die staatliche Ehe jetzt mal "connubium" und die Ehe im kanonischen Sinne "matrimonium" (egal ob sakramental oder "Naturehe").

 

Somit würde die staatliche Eheurkunde zunächst mal den Anscheinsbeweis eines gültigen "connubium" erbringen. Man mag das im kirchlichen Rahmen aus praktischen Gründen solange wie ein "matrimonium" behandeln, wie kein Anlass für eingehendere Prüfung besteht, aber wenn es zum Rechtsstreit kommt, muss logischerweise derjenige, der die Existenz eines "matrimonium" behauptet, den "matrimonium"-Konsens beweisen. Die staatliche Eheurkunde reicht dafür nicht, weil die ja etwas anderes beweist, das "connubium".

 

Jetzt finde ich es nicht dramatisch, wenn man diesen Unterschied übergeht, keine zwei Rechtsordnungen sind je wirklich 100% kompatibel, da muss man auch mal fünf gerade sein lassen, damit es praktikabel bleibt.

 

Dramatisch finde ich hingegen, wenn man über einen doch ziemlich wichtigen Punkt wie diesen bei der Qualifikation zunächst hinweggeht und dann auf der Ebene der Nichtigkeit daran sehr eingreifende Folgen knüpft, ohne auch nur bereit zu seinen, dies zumindest auf der Ebene der Beweislast aufzufangen.

 

Oder andersrum: Wenn man auf der Ebene der Nichtigkeit und der Beweislast im Nichtigkeitsverfahren so pingelig ist, dann finde ich es schockierend, wenn das gerade deswegen zu dramatischen Folgen führt, weil man zuvor auf der Ebene der Qualifikation alles andere als pingelig war.

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(Ich weiß, jetzt geht das Geschimpfe wieder los, darüber, dass ich mir anmaße, anderer Leuts Leben zu kommentieren. Es entspricht aber schlicht und einfach meiner Lebenserfahrung. Ich kenne kein in zweiter Ehe verheiratetes Paar, dass eine so enge und vorbehaltlose Beziehung hat wie eine glückliche erste Ehe)

 

Und das auch völlig zu Recht. Das ist das Kreuz mit der Empiriefeindlichkeit der katholischen Ehelehre, immer müssen sie alles besser wissen, weil es ja alles in der Natur angelegt sei.

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Der Staat ahndet in der Tat Ehebruch nicht strafrechtlich, nichtsdestotrotz verspricht man auch in einer standesamtlichen Ehe seinem Partner treu zu sein, solange die Ehe hält.

 

Nö, sowas hab ich bei der standesamtlichen Trauung nicht versprochen. :unsure:

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Der Staat ahndet in der Tat Ehebruch nicht strafrechtlich, nichtsdestotrotz verspricht man auch in einer standesamtlichen Ehe seinem Partner treu zu sein, solange die Ehe hält.

 

Nö, sowas hab ich bei der standesamtlichen Trauung nicht versprochen. :unsure:

Allerdings ist Ehebruch grundsätzlich ein Scheidungsgrund, oder?

(Nach österreichischem Recht sogar ein "absoluter" - also kein Nachweis nötig, dass er für die vermutlich vorliegende unheilbare Zerrüttung der Ehe - sonst würde ja keine Scheidungsklage erhoben werden - in irgendeiner Formn kausal war.)

 

Also irgendwie scheint der Gesetzgeber davon auszugehen, dass die Eheschließung ein Treueversprechen einschließt, wenn die Ehepartner nichts anderes vereinbaren. (Und da ist immer noch strittig, ob diese Vereinbarung nicht wegen Sittenwidrigkeit nichtig ist, womit man sich nicht auf eine entsprechende "Freizügigkeitsvereinbarung" berufen könne)

 

Was haben wir also rechtstechnisch? Ein konkludentes Treue-Versprechen, das durch den bloßen Abschluss der Ehe abgegeben wird.

 

(Muss nach deutschem Recht nicht stimmen, udn lässt sich auch nach österreichischem wegargumentieren, wenn man will). ;)

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Ich kenne kein in zweiter Ehe verheiratetes Paar, dass eine so enge und vorbehaltlose Beziehung hat wie eine glückliche erste Ehe)

 

Ich halte es für eine abgeschmackte Anmaßung zu behaupten man könne in einer fremden Ehe beurteilen wie eng und vorbehaltslos diese Beziehung ist.

bearbeitet von wolfgang E.
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