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Dominique Strauss-Kahn


matzdan

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... Fuer den Angeklagten ist das ein guter Handel: Seine Anwaltskosten fallen weg, und statt einer 50%-igen Chance auf lebenslaenglich bekommt er nur ein Jahr. ...

Na ja, als Angeklagter wäre für mich eher maßgeblich, ob ich das mir vorgeworfene Verbrechen begangen hätte oder nicht. Wenn nicht, wäre es eher ein schlechter Handel.

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*nein, Wolfgang, ich habe nicht 12 Semester amerikanische Rechtsgeschichte an der Universität von Wisconsin studiert und komme trotzdem zu dieser Aussage. :)

 

Warum solltest Du just in diesem Thread Dein Faible aufgeben am liebsten und eindringlichsten von Angelegenheiten zu reden von denen Du keine Ahnung hast.

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Geschworenengerichte sind definitiv nicht mehr zeitgemäß.

Zumal ja offenbar hauptsächlich Leute zu Geschworenen werden, die nicht die Intelligenz resp. die Möglichkeiten besitzen, sich vor der Berufung zum Geschworenen zu drücken*.

Dale

 

*nein, Wolfgang, ich habe nicht 12 Semester amerikanische Rechtsgeschichte an der Universität von Wisconsin studiert und komme trotzdem zu dieser Aussage. :)

du wirst 3 sätze gelesen haben.

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...

 

Und was OJ Simpson und den Mord an seiner Ehefrau angeht: Er ist freigesprochen worden. Das Strafmass musste nicht diskutiert werden, da ja rechtswirksam gemacht wurde, dass er seine Ehefrau nicht ermordet hat. Das ist der Unterschied zwischen Justiz und Mathematik: Wenn ein Gericht (in diesem Fall die Geschworenen) entscheidet, dass 2x2 = 7 ist, dann ist das auch so, und wir haben daran nichts zu deuten.

 

War das ganze ein furchtbares Fehlurteil? Mit Sicherheit. Weil die Polizei und die Staatsanwaltschaft total inkompetent waren, und von eine Riege von Star-Anwalten an die Wand gespielt wurden. Mir macht aber ein Fehlurteil in diese Richtung nicht viel Kummer; das Problem ist auf der anderen Seite der Bilanz (wo viel zu viele Unschuldige verurteilt werden).

Er wurde im Strafprozess frei gesprochen und im Zivilprozss zu mehreren Millionen $ Schadensersatz verurteilt. Im Zivilprozess hat ihm wohl das Genick gebrochen, dass er da kein Aussageverweigerungsrecht hatte und bei einem Strafprozess "begründete Zweifel" zu einen Freispruch führen, während im Zivilprozess die Geschworenen "nur" darüber zu entscheiden haben, ob die Beweise für eine Verurteilung ausreichen.

 

Aussageverweigerung ist eine wichtige Sache, weil in dem Augenblick, wo man was sagen muss, man immer einen Angriffspunkt liefert. Deswegen macht auch Kachelmann nicht sein Maul auf und Strauss-Kahn wird es auch nicht. Sie überlassn einfach das filetieren der Zeugenaussagen den Anwälten, die verstricken sich immer irgendwo in Widerspüche. Kachlmann würde das auch, wenn er aussagen würde und Strauss-Kahn auch, mann muss nur die "richtigen" Fragen stellen und am richtige Punkt reinsticheln.

Deswegen auch die Strategieänderung von "ich hab doch gar nichts gemacht" auf "es war doch alles im Einvernehmen". Jetzt steht nämlich das Zimmermädchen im Fokus, deren Lebenswandel wird man jetzt sezieren und bei einer alleinerziehenden Mutter aus der Bronx, die sich mehr schlecht als recht durchs Leben schlägt, wird sich doch wohl was finden lassen. Und den Fragen eines gewieften Anwalts ist sie schon gar nicht gewachsen, der wird sie zerlegen, nach allen Regeln der Anwaltskunst.

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Da sind wir durchaus einer Meinung. Und genau das ist das Problem am Rechtssystem der USA: Auf der einen Seite die inkompetenten unterbezahlten Pfeifen, die allerdings alle an Profilierungssucht leiden (müssen, sie werden sonst nicht wieder gewählt), auf der anderen Seite entweder ein mittelloses Würstchen mit lustlosem Pflichtverteidiger, der ruckzuck zum Tode verurteilt wird, oder eben ein reicher Mörder, der es sich leisten kann, die Pfeifen auf der anderen Seite auszutricksen. Die Pfeifen rächen sich am nächsten Prominenten, indem sie ihn an den Pranger stellen, solange sie es noch können, bis er rausgepaukt wird. Ich weiß nicht, wie man das strukturell ändern könnte. Geschworenengerichte sind definitiv nicht mehr zeitgemäß. Ob deren Abschaffung schon reichen würde, kann ich nicht beurteilen. Frei nach Perikles: Nicht jeder kann ein Rechtssystem entwerfen, aber jeder kann beurteilen, wenn es fehlerhaft ist.

Gebe ich Dir vollstaendig Recht. Nur: Wie kommt man vom jetzigen System (das wirklich nicht gut ist) zu einem besseren, ohne auf dem Weg durch eine blutige Revolution zu gehen? Keine Ahnung.

 

Zumal ja offenbar hauptsächlich Leute zu Geschworenen werden, die nicht die Intelligenz resp. die Möglichkeiten besitzen, sich vor der Berufung zum Geschworenen zu drücken*.

Obwohl da tendenziell was dran ist, gilt das nicht als Grundsatz. Meine Frau (die eine Doktorin der Physik ist, und in der Strahlenmedizin arbeitet) war Geschworene in einem Zivilprozess, der interessanterweise ueber Krebsbehandlung war, also ihr Fachgebiet. (Sie hat den Prozess nicht bis zum Ende mitgemacht; ich war auf Dienstreise, und unser Sohn bekam eine richtig haessliche Grippe, mit Fieber und Kotzen, und sie musste zu Hause bleiben). Die Anwaelte koennen Geschworene aussortieren, die befangen sein koennten. Ultra-Reiche und Ultra-Beschaeftigte (CEO's und so) kommen aus dem Geschworenen-Dienst raus, weil sie Termine haben, die nur unter unzumutbaren Kosten umgelegt werden koennen. Die Anwaelte koennen ein paar intelligente Geschworene ohne Angabe von Gruenden rauswerfen. Und danach ist die Zusammensetzung der 15-18 Geschworenen (12 plus Reserve) reine Glueckssache. In einer High-Tech Gegend wie hier finden sich durchaus Wissenschaftler, Professoren, Anwaelte, und Star-Ingenieure auf der Geschworenenbank. Und direkt daneben die Oma mit High-School Abschluss, die Zeit ihres Lebens Hausfrau war.

 

Er wurde im Strafprozess frei gesprochen und im Zivilprozss zu mehreren Millionen $ Schadensersatz verurteilt. Im Zivilprozess hat ihm wohl das Genick gebrochen, dass er da kein Aussageverweigerungsrecht hatte und bei einem Strafprozess "begründete Zweifel" zu einen Freispruch führen, während im Zivilprozess die Geschworenen "nur" darüber zu entscheiden haben, ob die Beweise für eine Verurteilung ausreichen.

Stimmt genau. Fuer den Strafprozess reichten die Beweise nicht (vor allem, weil Polizei und Staatsanwaltschaft zusammen einen IQ von Raumtemperatur hatten, in Celsius, die die Zeugenaussagen und das Beweismaterial gruendlich vergeigt hatten). Fuer den Schadensersatzprozess standen seinen Star-Anwaelte die Star-Anwaelte der Gegenseite gegenueber, und dabei ist ein faires Resultat rausgekommen.

 

Interessanterweise sitzt er jetzt im Gefaengnis - wegen einer anderen schweren Straftat vor ein paar Jahren in Las Vegas (er hat wohl eine Schlaegertruppe angeheuert, und einen seiner Erzfeinde ganz schwer zusammengeschlagen, mit Mordabsicht). Finde ich gut.

 

Jetzt steht nämlich das Zimmermädchen im Fokus, deren Lebenswandel wird man jetzt sezieren und bei einer alleinerziehenden Mutter aus der Bronx, die sich mehr schlecht als recht durchs Leben schlägt, wird sich doch wohl was finden lassen. Und den Fragen eines gewieften Anwalts ist sie schon gar nicht gewachsen, der wird sie zerlegen, nach allen Regeln der Anwaltskunst.

Moralisch gesehen ist das, was jetzt mit dem Zimmermaedchen gemacht wird, eine Katastrophe. Die arme Frau wird jetzt oeffentlich zerlegt, und dabei werden sicher einige Dinge zu Tage kommen, die haesslich sind. Legal ist das genau das richtige: Sie ist Zeugin in einem Strafprozess, dort gilt "Im Zweifel fuer den Angeklagten", daher ist es vollstaendig gerechtfertigt, die Glaubwuerdigkeit der Zeugen bis aufs kleinste Detail zu zerlegen. Und das Recht des Angeklagten auf einen fairen Prozess ist leider wichtiger als das Recht der Zeugin auf Privatsphaere.

 

Das Leben ist hart, und wir versuchen, die Ungerechtigkeit zu verringern. Das dabei manch anderes auf der Strecke bleibt liegt in der Natur der Sache.

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Jetzt steht nämlich das Zimmermädchen im Fokus, deren Lebenswandel wird man jetzt sezieren und bei einer alleinerziehenden Mutter aus der Bronx, die sich mehr schlecht als recht durchs Leben schlägt, wird sich doch wohl was finden lassen. Und den Fragen eines gewieften Anwalts ist sie schon gar nicht gewachsen, der wird sie zerlegen, nach allen Regeln der Anwaltskunst.

Moralisch gesehen ist das, was jetzt mit dem Zimmermaedchen gemacht wird, eine Katastrophe. Die arme Frau wird jetzt oeffentlich zerlegt, und dabei werden sicher einige Dinge zu Tage kommen, die haesslich sind. Legal ist das genau das richtige: Sie ist Zeugin in einem Strafprozess, dort gilt "Im Zweifel fuer den Angeklagten", daher ist es vollstaendig gerechtfertigt, die Glaubwuerdigkeit der Zeugen bis aufs kleinste Detail zu zerlegen. Und das Recht des Angeklagten auf einen fairen Prozess ist leider wichtiger als das Recht der Zeugin auf Privatsphaere.

 

Das Leben ist hart, und wir versuchen, die Ungerechtigkeit zu verringern. Das dabei manch anderes auf der Strecke bleibt liegt in der Natur der Sache.

Ich habe das nicht moralisch bewertet, nur geschildert welche Strategie anscheinend gefahren werden soll. Selbst wenn Strauss-Kahn nichts gemacht hat, also sie nicht mal lüstern angeschaut, dann würde er, wenn er dabei bleibt ein hohes Risiko eingehen, weil der Staatsanwalt ihn seinen Lebenswandel um die Ohren hauen würde. Jetzt läuft es anscheinend darauf hinaus: "ja ich bin der lüsterne alte Sack, für den ihr mich alle haltet, aber ich habe es gar nicht nötig gewalttätig zu werden, aber das Zimmermädchen, die ..." ..... es reicht ja irgendwie "begründete Zweifel" zu streuen und zwar eben über das Zimmermädchen und nicht wie im "ich-hab-nichts-gemacht-Fall" an Strauss-Kahn.

bearbeitet von boandlkramer
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Moralisch gesehen ist das, was jetzt mit dem Zimmermaedchen gemacht wird, eine Katastrophe. Die arme Frau wird jetzt oeffentlich zerlegt, und dabei werden sicher einige Dinge zu Tage kommen, die haesslich sind. Legal ist das genau das richtige: Sie ist Zeugin in einem Strafprozess, dort gilt "Im Zweifel fuer den Angeklagten", daher ist es vollstaendig gerechtfertigt, die Glaubwuerdigkeit der Zeugen bis aufs kleinste Detail zu zerlegen. Und das Recht des Angeklagten auf einen fairen Prozess ist leider wichtiger als das Recht der Zeugin auf Privatsphaere.

 

Das Leben ist hart, und wir versuchen, die Ungerechtigkeit zu verringern. Das dabei manch anderes auf der Strecke bleibt liegt in der Natur der Sache.

du hast mit ausreichend empathie einen schlimmen, aber letzten endes schicksalhaften vorgang beschrieben. wäre es anders, wären dir konsequenzen für einen potentiellen angeklagten weitaus schlimmer.

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Breaking News der NYTimes:

"A Manhattan judge granted Dominique Strauss-Kahn bail on Thursday, allowing the former head of the International Monetary Fund to stay with his wife in a Manhattan apartment while his sexual assault case is pending."

 

 

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Dale Earnhardt

Zumal ja offenbar hauptsächlich Leute zu Geschworenen werden, die nicht die Intelligenz resp. die Möglichkeiten besitzen, sich vor der Berufung zum Geschworenen zu drücken*.

Obwohl da tendenziell was dran ist, gilt das nicht als Grundsatz. Meine Frau (die eine Doktorin der Physik ist, und in der Strahlenmedizin arbeitet) war Geschworene in einem Zivilprozess, der interessanterweise ueber Krebsbehandlung war, also ihr Fachgebiet. (Sie hat den Prozess nicht bis zum Ende mitgemacht; ich war auf Dienstreise, und unser Sohn bekam eine richtig haessliche Grippe, mit Fieber und Kotzen, und sie musste zu Hause bleiben). Die Anwaelte koennen Geschworene aussortieren, die befangen sein koennten. Ultra-Reiche und Ultra-Beschaeftigte (CEO's und so) kommen aus dem Geschworenen-Dienst raus, weil sie Termine haben, die nur unter unzumutbaren Kosten umgelegt werden koennen. Die Anwaelte koennen ein paar intelligente Geschworene ohne Angabe von Gruenden rauswerfen. Und danach ist die Zusammensetzung der 15-18 Geschworenen (12 plus Reserve) reine Glueckssache. In einer High-Tech Gegend wie hier finden sich durchaus Wissenschaftler, Professoren, Anwaelte, und Star-Ingenieure auf der Geschworenenbank. Und direkt daneben die Oma mit High-School Abschluss, die Zeit ihres Lebens Hausfrau war.

 

Danke für die interessante und instruktive Auslassung. Ich hab' das von "meinen" Amerikaners anders gehört, aber vielleicht haben die auch nur ein nettes Vorurteil transportiert.

Dale

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Interessanter Artikel in der Süddeutschen über die unterschiedliche Auslegung der Unschuldsvermutung in Europa und Amerika.

In der Tat. Es fasst das, was ich am amerikanischen Rechtssystem für grob minderwertig halte, gut zusammen. Wichtig auch die Mahnung, dass dieser minderwertige Teil des Rechtssystems bereits dabei ist, zu uns rüberzuschwappen.

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Spezifisch die USA habe ich für die extremen Strafmaße kritisiert. In New York ist die Höchststrafe für sexuelle Belästigung (nicht Vergewaltigung) 25 Jahre. Mit so viel muss in Europa nicht mal ein Mörder rechnen. Und New York ist ein liberaler Bundesstaat.

 

 

Die Höchststrafe für sexuelle Nötigung bei uns sind 15 Jahre. Ich kann da keinen kategorialen Unterschied erkennen. Im Übrigen ist das, was du sexuelle Belästigung nennst, nach NY-State-Law "sexual misconduct", nämlich die Vornahme einer sexuellen Handlung gegen den Willen der betroffenen Person. Fortschrittliche Rechtsordnungen wie die des Vereinigten Königreiches nennen das Vergewaltigung.

 

 

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Interessanter Artikel in der Süddeutschen über die unterschiedliche Auslegung der Unschuldsvermutung in Europa und Amerika.

In der Tat. Es fasst das, was ich am amerikanischen Rechtssystem für grob minderwertig halte, gut zusammen. Wichtig auch die Mahnung, dass dieser minderwertige Teil des Rechtssystems bereits dabei ist, zu uns rüberzuschwappen.

 

Stimmt. Der Amerikanische Strafprozess ist "adversial": Es ist eine Schlacht zwischen Anklaeger und Verteidiger. Keine der beiden Seiten ist dazu verpflichtet, der Wahrheit nahezukommen. Es ist Pflicht des Anklaegers, den Angeklagten moeglichst lange einzusperren, oder an den Galgen zu haengen, selbst wenn er vollkommen unschuldig ist. Es ist die Pflicht des Verteidigers, seinen Mandanten freizukriegen, selbst wenn er so schuldig ist wie Hitler, Stalin, und OJ Simpson zusammen (der Nazi-Vergleich ist hier nur als Witz gemeint).

 

Die Anklage (sowohl die ermittelnde Polizei, als auch der anklagende Staatsanwalt) hat nicht die Verpflichtung, entlastende Indizien zu finden, oder sie im Detail zu erforschen. Im Interesse der Chancengleichheit muss aber jede Seite die Indizien, die sie hat, and die andere Seite weitergeben. Wenn es also entlastende Indizien gibt welche die Anklage (geflissentlich) ignoriert hat, dann ist es die Pflicht des Verteidigers, diese zu finden, sie im Detail zu praeparieren, und sie bei der Verhandlung vorzustellen.

 

Unparteiisch, und an Gerechtigkeit und Wahrheit interessiert, ist das Gericht: Der Richter, oder die Geschworenen unter Leitung des Richters. Sie bekommen von den beiden Parteien eine einseitige und parteiische Version der Fakten vorgelegt, und koennen dann daraus eine Entscheidung treffen. Sie duerfen nur verurteilen, wenn die Fakten ganz klar zeigen, dass der Angeklagte schuldig ist, sonst haben sie freizusprechen. Aber das Gericht hat keinen Einfluss darauf, welche Indizien ueberhaupt vor Gericht vorgelegt werden (ausser dass der Richter unzulaessige Dinge entfernen kann), und welche juristische Strategie die Anwaelte verwenden.

 

Was dabei leider geflissentlich uebersehen wird, ist das in den meisten Faellen (OJ Simpson ond Strauss-Kahn sind da die Ausnahme) die Mittel von Anklage und Verteidigung unterschiedlich sind. Der Anklage steht die Polizei als Indizien-Sammel-Apparate zur Verfuegung, und die Anklage kann (wenn sie will) beinahe unbeschraenkte Mittel in Sammeln und Praesentation von Indizien und juristischer Ausarbeitung der Anklage investieren. Die Verteidigung hat zwar im Prinzip die gleichen juristischen Zwangsmassnahmen fuer das Finden von Indizien (subpoena, contempt of court zum Erzwingen von Zeugenaussagen), aber ihr fehlt es meistens an Geld und Zeit. Das wichtigste was ihre aber fehlt ist ein kluger Kopf. Die Anklage ist ein Team von Anwaelten, das von einem guten und erfahrenen Anwalt geleitet wird (naemlich in interessanten Faellen von einem Chefanklaeger, naemlich ein Deputy District Attorney). Die Verteidigung wird vom Angeklagten geleitet, der seinen Anwaelten gegenueber weisungsbefugt ist. Und die meisten Angeklagten in Strafprozessen sind nicht besonder schlau, haben meist keine juristische Ausbildung, und haben keine Ahnung von guten Strategien im Gerichtssaal. Und meistens wollen sie selber aussagen (in der schwachsinnigen Ansicht, sie koennten sich durch Heulen oder Trotzen auf dem Zeugenstand einen Freispruch ergattern), und schaden sich damit selber. Selbst die besten Anwaelte koennen nicht viel erwirken, wenn ihr Chef (der Angeklagte) sie in die falsche Richtung zwingt.

 

Ein Freund von uns (Vater eines Schulkollegen unseres Sohnes) ist Strafverteidiger in der Abteilung der oeffentlich besoldeten Pflichtverteidiger (d.h. public defender). Als Pflichtverteidiger sind die meisten seiner Mandanten mittellos, geistig unbedarft, und ganz klar schuldig (er sagt dass ihm seine Mandanten oft noch andere Vergehen gestehen, fuer die sie gar nicht angeklagt sind). Er sagt immer wieder folgendes: Am liebsten wuerde er die Angeklagten fuer die Dauer des Prozessen irgendwo verstecken, sich mit den Anklaegern zusammensetzen und die Akten durchsehen und der Wahrheit auf den Grund gehen, und dann versuchen, vor Gericht das minimale Strafmass zu erstreiten. Leider geben ihm seine Mandanten die Marschordnung: die I****** wollen immer einen Freispruch, und verbauen sich damit die Chance auf ein mildes Strafmass. Er darf nicht mit dem Staatsanwalt zusammenarbeiten, verzettelt sich daher darin die Glaubwuerdigkeit der Indizien anzugreifen, statt Entlastungstatbestaende zu finden und vorzustellen. Und wenn sein Mandant dann vor der Jury steht (oft von oben bis unten taetowiert, mit fehlenden Zaehnen, Grammatik und Wortschatz ganz schlimm, ohne Respekt fuer das Gericht und ohne Disziplin bei der Aussage), dann ist der Karren in den Dreck gefahren. Das wichtigste, was ein Mandant tun kann, ist seinem Anwalt Freiraum zu lassen.

 

Hart ist das Leben, und ungerecht. Ein alter Witz sagt: Besser reich und gesund als arm und krank. Das gilt sicher fuer Strafprozesse in den USA: Lieber reich und unschuldig als arm und schuldig. Aber im Zweifelsfall ist reich, intelligent und schuldig viel besser als arm, dumm und unschuldig.

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Spezifisch die USA habe ich für die extremen Strafmaße kritisiert.

Von denen man sich aber freikaufen kann.

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Hi,

 

was ich in D-Land dafür gerne hätte wäre das Beweisverwertungsverbot nach amerikanischem Vorbild. Da ist jedoch keine Annäherung zu spüren. Eher das Gegenteil.

 

Gruss, Martin

bearbeitet von Soulman
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Spezifisch die USA habe ich für die extremen Strafmaße kritisiert.

Von denen man sich aber freikaufen kann.

Bloedsinn. Schlimmer noch: Ueble Nachrede. Die Fakten sind, wie ueblich, weniger wichtig als Deine politische Einstellung.

 

Mal ein ganz simples Beispiel: OJ Simpson, der ja oben angesprochen wurde, angeblich als Paradebeispiel fuer die Promi-Justiz in den USA. Der hat sich ja nach der Ermordung seiner Ehefrau freigestritten (indem er die Anklage einfach an die Wand gespielt hat, weil sie total inkompetent war, und er sich kompetente Verteidiger leisten konnte).

 

Der sitzt jetzt wegen Freiheitsberaubung etc. (in einem anderen Fall) hinter Gittern, fuer 33 Jahre (von denen er mindestens die ersten 9 absitzen muss, den Rest kann er im Freigang absolvieren). Soviel zur Promi-Justiz.

 

Wo ist der Prinz von Hannover? Hinter Schwedischen Gardinen? Nein, auf seinem Landsitz, ein paar hunderttausend Euro aermer (was ihm sicher wenig ausmacht). Wenn ich ein paar Stunden mit Wikipedia verbringe, kann ich sicher noch mehr Faelle finden, in denen Prominente einen Freifahrschein bekommen haben. Soviel zur Gerechtigkeit der Deutschen Justiz.

 

Wer im Glashaus sitzt, sollte das Maul nicht weit aufmachen, sonst fallen noch Steine rein.

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Die Anklage (sowohl die ermittelnde Polizei, als auch der anklagende Staatsanwalt) hat nicht die Verpflichtung, entlastende Indizien zu finden, oder sie im Detail zu erforschen. ...

Da stellt sich für mich die Frage: Was soll das? Wem ist damit gedient wenn entlastende Indizien nicht von Amts wegen erforscht werden?

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Bloedsinn. Schlimmer noch: Ueble Nachrede. Die Fakten sind, wie ueblich, weniger wichtig als Deine politische Einstellung.

Wieviel von den zahllosen kindermißbrauchenden Priestern sind doch gleich im Vollzug gelandet, nachdem Entschädigungszahlungen in zehnstelliger Höhe ausgehandelt wurden, für die zum Teil sogar Versicherungen einstehen mußten?

Wieviel waren das?

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Bloedsinn. Schlimmer noch: Ueble Nachrede. Die Fakten sind, wie ueblich, weniger wichtig als Deine politische Einstellung.

Wieviel von den zahllosen kindermißbrauchenden Priestern sind doch gleich im Vollzug gelandet, nachdem Entschädigungszahlungen in zehnstelliger Höhe ausgehandelt wurden, für die zum Teil sogar Versicherungen einstehen mußten?

Wieviel waren das?

Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun. Das ist genau wie in Deutschland: Die Strafjustiz und die Ziviljustiz existieren beide, und haben miteinander nichts zu tun.

 

Linke Seite, die Strafjustiz: Die Priester wurden entweder bei der Polizei oder der Staatsanwalt bekannt, oder sie wurden es nicht (ein Anzeige wie in Deutschland gibt es formell nicht, aber jeder kann bei der Polizei Information ueber ein Delikt angeben). Die Sache war entweder verjaehrt oder nicht (viele waren es). Die Polizei und die Staatsanwaltschaft hat entweder den Fall recherchiert oder nicht. Der Staatsanwalt hat sich entweder entschlossen, Anklage zu stellen, oder nicht. Und das Gericht hat den Fall dann entweder bis zum Prozess kommen lassen, oder nicht.

 

Rechte Seite, die Ziviljustiz: Die Opfer koennen auf Schadenersatz klagen. Das Bistum oder der Priester koennen sich wehren, oder einfach einen Vergleich eingehen. Wenn sie sich wehren, kommt es zum Prozess - den entweder die eine oder die andere Seite gewinnt, und das Gericht kann dabei sogar nocht die Hoehe des Schadenersatzes feststellen. Wenn Bistum/Priester/Bischof eine Haftpflichtversicherung haben, dann muss die oft geradestehen, aber nicht immer (die meisten Versicherungen haben Ausnahme-Klauseln fuer Straftaten, da zahlt die Versicherung dann zwar, holt sich das Geld aber vom Versicherten wieder). Und weil die Versicherung oft sowieso zahlen muss, werden die Prozesse oft von der Versicherung gefuehrt. Und die ueberlegen sich natuerlich, dass es oft billiger ist, ein paar Millionen in einem Vergleich zu zahlen, als einen jahrelangen Prozess zu fuehren. Bei Anwaltskosten von $300-$500 pro Stunde kostet ein Prozess dieser Art meist Millionen. Bedenke folgendes: Wenn 50 Opfer gleichzeitig klagen, mit Sachverstaendigen und Zeugen, dann dauert die Hauptverhandlung alleine sicher 4-6 Wochen. Fuer die Versicherung bedeutet das: 3-4 Star-Anwalte, jeweils 60-70 Stunden pro Woche (30-40 Stunden im Gerichtssaal, der Rest abends zur Vorbereitung), jeweils $500/Stunde, das sind gleich eine halbe Million, und das ist nur die Hauptverhandlung. Da wird es verstaendlich, dass die Versicherung viel lieber den Opfern ein paar Millionen in die Hand drueckt. Und ein paar Millionen hier, ein paar Millionen da, das laeppert sich. Zehnstellige Betraege sind es glaube ich nicht, sondern nur neunstellige, wenn man alle Bistuemer addiert.

 

Aber das Ergebnis einer zivilen Schadenersatzklage hat mit dem Strafprozess nichts zu tun. Deswegen ist ja eine Schadenersatzklage oft viel wirkungsvoller als ein Strafprozess. Paradebeispiel: OJ Simpson, aber es gibt viele kleinere Beispiele. Vor ein paar Jahren waren meine Frau und ich mal im Gericht (eine Immobilien-Sache), und der erste Fall war eine Schadenersatzklage des E-Werks gegen jemanden, der gerade wegen einer Marijuana-Farm in der Garage zu einem Jahr im Gefaengniss verknackt worden war. Das E-Werk hat sich mehrere hunderttausend $ Schadenersatz erstritten: Der Mann hatte die Stromleitung vor dem Zaehler angezapft (fuer die vielen Lampen, die notwendig sind um Pflanzen in der Garage wachsen zu lassen), und das E-Werk hatte die Reperaturkosten und den gestohlenen Strom geschaetzt. Der Mann sitzt also jetzt ein Jahr lang hinter schwedischen Gardinen, und wenn er rauskommt wird er sein Leben lang den Schadenersatz abzahlen (als Vorbestrafter wird es nicht leicht sein, gut angestellt zu sein).

 

Warum sind von den Priestern nur so wenige strafrechtlich verknackt worden? Gute Frage. Da kommen viele Dinge zusammen. In vielen Faellen waren die Taten verjaehrt (fuer viele Dinge ist die Verjaehrungsfrist in Kalifornien nur 3 Jahre bis zum Beginn eines Verfahrens). In vielen Faellen gibt es keine unabhaengigen Beweise, ausser den Aussagen der Opfer; damit ist es extrem schwer, einen Strafprozess zu gewinnen (die Anklage muss ja dem Richter oder den Geschworenen beweisen, dass es keine vernuenftigen Zweifel (beyond reasonable doubt) an der Schuldigkeit des Angeklagten gibt. Und in vielen Faellen hat sich die Anklage sicher ueberlegt, dass ein Priester einfach zu viel Respekt-Bonus hat, und die Geschworenen daher nicht ganz uneingenommen sind. Und in dem meisten Bundesstaaten braucht man ein einstimmiges "schuldig" Urteil aller zwoelf Geschworenen; eine einzige "unschuldig" Stimme, und der Angeklagte wird nicht verurteilt. Und man kann die zwoelf Geschworenen ja nicht aufgrund ihrer Religionszugehoerigkeit diskriminieren, und vor dem Prozess alle Katholiken (oder alle Christen) aus der Jury werfen. Da ueberlegt sich ein Staatsanwalt sicher, dass er in einen so wackligen Fall lieber nicht viel Zeit (d.h. Geld) investiert, sondern lieber ein paar Moerder, Steuerhinterzieher und Falschparker erledigt. Das gilt vor allem, wenn das Bistum oder der Priester bereits durch eine (himmelhohe) Schadenersatz-Zahlung ausreichend bestraft sind - das koennte die Geschworenen noch mehr dazu bringen, den Strafprozess fallen zu lassen. Das Urteil eines zivilen Schadenersatzprozesses kann zwar legal nicht im Strafprozess als Argument vorgebracht werden, aber die Geschworenen sind ja nicht dumm, und lesen ja die Tageszeitung.

bearbeitet von Baumfaeller
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Die Anklage (sowohl die ermittelnde Polizei, als auch der anklagende Staatsanwalt) hat nicht die Verpflichtung, entlastende Indizien zu finden, oder sie im Detail zu erforschen. ...

Da stellt sich für mich die Frage: Was soll das? Wem ist damit gedient wenn entlastende Indizien nicht von Amts wegen erforscht werden?

Wenn du genau liest, dann hat Baumfäller das mit keinem Wort verteidigt. Nein falsch: Das fällt sogar bei oberflächlichem Lesen auf.

bearbeitet von Sokrates
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Warum sind von den Priestern nur so wenige strafrechtlich verknackt worden? Gute Frage. Da kommen viele Dinge zusammen. In vielen Faellen waren die Taten verjaehrt (fuer viele Dinge ist die Verjaehrungsfrist in Kalifornien nur 3 Jahre bis zum Beginn eines Verfahrens). In vielen Faellen gibt es keine unabhaengigen Beweise, ausser den Aussagen der Opfer; damit ist es extrem schwer, einen Strafprozess zu gewinnen (die Anklage muss ja dem Richter oder den Geschworenen beweisen, dass es keine vernuenftigen Zweifel (beyond reasonable doubt) an der Schuldigkeit des Angeklagten gibt. Und in vielen Faellen hat sich die Anklage sicher ueberlegt, dass ein Priester einfach zu viel Respekt-Bonus hat, und die Geschworenen daher nicht ganz uneingenommen sind. Und in dem meisten Bundesstaaten braucht man ein einstimmiges "schuldig" Urteil aller zwoelf Geschworenen; eine einzige "unschuldig" Stimme, und der Angeklagte wird nicht verurteilt. Und man kann die zwoelf Geschworenen ja nicht aufgrund ihrer Religionszugehoerigkeit diskriminieren, und vor dem Prozess alle Katholiken (oder alle Christen) aus der Jury werfen. Da ueberlegt sich ein Staatsanwalt sicher, dass er in einen so wackligen Fall lieber nicht viel Zeit (d.h. Geld) investiert, sondern lieber ein paar Moerder, Steuerhinterzieher und Falschparker erledigt. Das gilt vor allem, wenn das Bistum oder der Priester bereits durch eine (himmelhohe) Schadenersatz-Zahlung ausreichend bestraft sind - das koennte die Geschworenen noch mehr dazu bringen, den Strafprozess fallen zu lassen. Das Urteil eines zivilen Schadenersatzprozesses kann zwar legal nicht im Strafprozess als Argument vorgebracht werden, aber die Geschworenen sind ja nicht dumm, und lesen ja die Tageszeitung.

Ich finde immer nur Meldungen über Entschädigsungszahlungen, ganz selten über Strafurteile. Nicht einmal 2% der Beschuldigten sollen zu Haftstrafen verurteilt worden sein.

Und die Milliarde ist lange voll. Allein die Diözesen LA, San Diego und die Jesuiten kommen schon auf über eine Milliarde. http://www.spiegel.de/panorama/0,1518,753274,00.html

 

O.K., Du hast etliche Begleitumstände aufgezählt, die diese niedrige Quote an Haftstrafen erklärbarer macht. Aber angesichts dessen, dass wir in diesem Thread über "extrem hohe Gefängnisstrafen" in den USA diskutieren, fällt mir schon auf, dass bei der Verurteilung von nur jedem Fünfzigsten offenbar etwas schiefläuft. Verjährungsfristen kann man ändern, die Sinnhaftigkeit von Geschworenenurteilen kann man überdenken, aber vor allem eine so erhebliche Macht des Geldes und der gesellschaftlichen Stellung eines Beklagten innerhalb einer Rechtsordnung lädt doch zum "Freikaufen" schon ein bißchen ein.

 

Ich glaube übrigens nicht, dass DSK eine Haftstrafe bekommt.

bearbeitet von Thofrock
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Franciscus non papa

Hier ein interessanter Zeitungsartikel zum Thema DSK.

 

 

wenn das so ist, wie im artikel dargestellt, dann hat man nun die chance, es in zukunft besser zu machen.

 

ich wage allerdings nicht zu hoffen, daß das dann wirklich geschieht.

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Eine junge Französin .....hatte in einer TV-Talkshow schon 2007 ausführlich geschildert, wie ....sie zu vergewaltigen versucht hatte. ..... Die Mutter der Opfers informierte Parteifreunde... Warum konnte ein Spitzenpolitiker in Paris jahrelang wüten, ohne dass seine Partei, ohne dass eine Zeitung reagierte?

Einfache Antwort: weil man die Staatsanwaltschaft informiert, nicht Parteifreunde?

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