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Ehrenwerte Gesellschaften


Platona

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Gestern Abend gab es im WDR eine sehr interessante Dokumentation über die Entstehung und Macht der süditalienischen ehrenwerten Gesellschaften.

 

Es war bedrückend zu sehen, daß die Agitationen von Camorra, Ndrangheta und Cosa Nostra nicht einfach ein Polizeiproblem sind, wie sie gerne außerhalb von Italien heruntergespielt werden, sondern wie tief das Land und vor allem die Kirche in die kriminellen Machenschaften verstrickt sind. Es sind nur ganz wenige Staatsanwälte und Historiker, die den Mut haben, sich vor der Kamera zu äußern. Viele Juristen, die sich mit der Mafia beschäftigen, stehen schon seit Jahrzehnten unter Polizeischutz. Den Mut von Falcone, Borsellino und anderen Mafiajägern kann ich erst jetzt richtig einschätzen.

 

Katholizismus und ehrenwerte Gesellschaft bilden in Süditalien eine unheilige Allianz. Die Mafia kontrolliert die kirchlichen Feste und Großereignisse und die spielten bei dem Aufstieg der kriminellen Vereinigung eine sehr wichtige Rolle. Als im 19. Jahrhundert die Mafia in Süditalien mächtig wurde und die Bemühungen der italienischen Freiheitskämpfer zunichte machen wollte, regierte in Rom noch der Papst und Pius IX war nicht interessiert an einem demokratischen und geeinten Italien. Lieber ging er im Stillen eine unheilige Allianz mit den Mafiabossen ein, um Macht und Einfluß im Süden zu behalten. Im 20. Jahrhundert war der Staat nicht gefestigt genug, um den weiteren Aufstig der Mafia zu verhindern. Der zigmalige italienische Präsident Andreotti war und ist ein Gezücht des Vatikans und die Christdemokraten von der Mafia durchsetzt. Auch der Ursprung von Berlusconis Vermögen liegt im Dunkeln.

 

Es ist also in Italien nicht Don Camillo, der für Recht und Gesetzt kämpft, sondern Peppone in Gestalt mutiger Staatsanwälte.

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Ist das eine pure Plakataktion oder verfügt Kardinal Sepe über das Mitgliederverzeichnis der Mafia? Sepe ist bisher mehr durch Medienwirksamkeit aufgefallen als durch anderes. Naja, durch dubiose Finanzgeschäfte ist er auch schon aufgefallen, aber das gehört hier nicht her :lol:

bearbeitet von Stepp
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Wie funktioniert das? So ähnlich wie bei der Einreise in die USA, wo man auch schriftlich bestätigen muss, dass man kein Verbrecher ist?

Das ist so eine Art "Rufwäsche". Denn es folgt ja jetzt im Umkehrschluss: Wer Taufpate ist oder kirchlich beerdigt wurde, kann eo ipso kein Mafiosi (gewesen) sein.

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Wie funktioniert das? So ähnlich wie bei der Einreise in die USA, wo man auch schriftlich bestätigen muss, dass man kein Verbrecher ist?

 

Werner

Soweit ich weiß, gibt es sehr wohl einige führende Mafiosi, deren Identität (zumindest inoffiziell) bekannt ist und die an engem Kontakt zur katholischen Kirche interessiert waren.

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Und es gibt heutzutage natürlich auch mutige Kleriker, die sich gegen die Machenschaften der Mafia stellen. Giuseppe Puglisi

 

Aber von der offiziellen Kirche kommt da noch viel zu wenig.

bearbeitet von Platona
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Und es gibt heutzutage natürlich auch mutige Kleriker, die sich gegen die Machenschaften der Mafia stellen. Giuseppe Puglisi

Der Film Alla luce del sole über sein Leben ist übrigens ein ganz tolles Werk. Kann ich nur empfehlen. Ich weiß nur leider nicht, ob es ihn auch auf Deutsch gibt.

bearbeitet von Stepp
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Aber von der offiziellen Kirche kommt da noch viel zu wenig.

Der inzwischen verstorbene palermitanische Kardinal Salvatore Pappalardo war in den 70ern einer der ersten überhaupt, die das Problem der Mafia offen angesprochen haben. Ich glaube, dass Bischöfe das ruhig Mut haben könnten, weil es für die Mafia viel schwieriger ist, einen mutigen Bischof zu ermorden als einen Staatsanwalt und einen Journalisten. Mehr Mut von Seiten der Bischöfe könnte vielen Menschen Wege bahnen, die immer noch ihr Leben in Gefahr bringen, weil sie die Kriminalität offen ansprechen.

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