Jump to content

Liturgische Texte und Macht


Mecky

Recommended Posts

Dieser Thread wurde nicht von Mecky eröffnet, sondern aus dem "Motu Proprio" abgespalten.

chrk

 

Papst Benedikt ist nicht unglaubwürdig oder unredlich in sich selbst, sondern er setzt einen unglaubwürdigen Kurs mit fragwürdigen Mitteln durch. Persönlich unglaubwürdig wäre er, wenn er mal so und mal so agieren würde. Das tut er nicht. Allerdings sind die von Dir sehr drastisch (oder sogar drastifiziert) dargestellten Folgen für den größten Teil der Menschen untragbar. Und so sehr Du da drastifiziert hast: Ich glaube auch dass es darauf hinausläuft. Ich nehme an, dass Du die Beispiele so gewählt hast, dass sie alle ein Gemeinsames haben: Sie drehen sich um ein Machtgehabe von oben herab.

Die Herrschaft des Mannes über die Frau. Die Herrschaft des Klerikers über das Fußvolk. Man könnte noch ergänzen: Die Macht der Kirche über den Staat und andere Religionen / Konfessionen. Und die Macht zur Verdammung und Ausgrenzung alles "Falschen". Das fasst seine Linie ziemlich gut zusammen.

 

Ich finde den Blick auf unseren Papst in gewisser Weise erschütternd. Da kommt eine gewisse Angst auf, ich könnte selbst einmal von solcher Machtgier ergriffen werden. Und das Gemeine daran ist: In ganz vielen Punkten stehe ich Papst Benedikt meinungsmäßig sehr, sehr nahe. Aber glücklicherweise komme ich trotz Übereinstimmung in manchen Analysen und auch Übereinstimmung der Themenwahl immer zu einer völlig anderen Nuance.

 

Ich teile z.B. mit dem Papst die Kritik an der vatikanischen Messe (also dem Elaborat Pauls VI). Da wurde binnen fünf Jahren unter großer Kommunion-Theologie-Begeisterung ein neuer Ritus geschaffen. Als Sofortmaßnahme nicht schlecht. Aber die Fehler des neuen Ritus sind meiner Meinung nach schon lange Jahrzehnte über sichtbar. Richtig begeistern kann er mich nicht. Und ich bin ebenso, wie Benedikt gegen das Kommuniogelaber allergisch. Ich bin ebenso allergisch gegenüber dem Hinterherrennen von Trends. Ich bin ebenso sensibel wie Benedikt für das Schwinden der Gottesbegegnung zugunsten eines oft sehr flachen Wir-Gefühls. Ich vermisse z.B. heftig einen Eingangsteil, der in die Gottesbegegnung hineinführt.

 

Benedikt zieht die Konsequenz der Rück-Reform. Es soll alles wieder so werden, wie es einmal war. Und hier ist der Punkt, an dem ich ihm dann nicht mehr folgen kann. Bei ihm wird aus der Ablehnung der Moden um der Mode Willen eine Absage wider den ach-so-bösen Zeitgeist. Eine Blindheit für den inneren Sinn der Moden, den es freizulegen gilt, anstatt alle Trends erst mal in Bausch und Bogen abzulehnen. Eine Uneinsichtigkeit, dass sich das Ewige immer im Zeitgebundenen manifestiert und für uns niemals zeitlos erkennbar ist. Er ist zwar nicht blind, aber er hat riesige blinde Flecken. Bei aller berechtigten Kritik an der neuen Form der Messe darf man doch nicht übersehen, dass die alte Form nicht fehlerlos war. Sie wurde extra vom Konzil zur Reform in Auftrag gegeben, weil man diese Fehler sah. Und das will er nicht. Das Alte soll für ihn der Maßstab des Neuen sein. Und mit dem "Alten" ist das Tridentinische gemeint, nicht das Jesuanische.

 

Papst Benedikt hat die Suche aufgegeben. Er weiß, was er will. Und das will er durchsetzen. Er ist, wie ein Gewehrschütze, der das eine Auge zukneift, um vermeintlich besser zielen zu können. Und dabei entstehen die weit ausgedehnten blinden Flecken. Und dann setzt er seine Röhrenwahrnehmung durch: Dies begegnet uns dann als Machtbesessenheit.

 

Er nimmt nicht wahr, dass hinter dem Kommuniogelaber sehr tiefe Einsichten stecken, die lediglich durch das Gelaber und Getue überdeckt werden. Er nimmt auch nicht wahr, dass die früheren Umgangsweisen mit Frauen, anderen Konfessionen und Religionen (und anderen Meinungen überhaupt) katastrophal schlecht waren. Er setzt ohne die Anerkennung der blinden Flecke das durch, was er eben sieht. Wahrscheinlich verlässt er sich auf sein intellektuelles Vermögen. Aber das beste Auge hilft nicht, wenn man es zukneift.

 

Ich finde das irgendwie tragisch. Es berührt mich, weil ich den Blick seines offenen Auges ähnlich einschätze, wie er. Und weil ich immer wieder sehe, was drin wäre, würde er nur das andere Auge auch noch öffnen.

Was wäre z.B., wenn er die Anliegen der Wiederverheirateten oder der Protestanten in gleicher Schärfe sehen würde, wie die geistliche Not der Rechtskatholiken? Da könnte die Kirche einen gewaltigen Schub bekommen. Aber ich befürchte: Er wird sein anderes Auge nicht öffnen. Und deshalb wird er Kirche und Liturgie gewaltig an die Wand fahren. Sofern er das nicht schon längst getan hat.

bearbeitet von chrk
Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Ich teile z.B. mit dem Papst die Kritik an der vatikanischen Messe (also dem Elaborat Pauls VI). Da wurde binnen fünf Jahren unter großer Kommunion-Theologie-Begeisterung ein neuer Ritus geschaffen. Als Sofortmaßnahme nicht schlecht. Aber die Fehler des neuen Ritus sind meiner Meinung nach schon lange Jahrzehnte über sichtbar. Richtig begeistern kann er mich nicht. Und ich bin ebenso, wie Benedikt gegen das Kommuniogelaber allergisch. Ich bin ebenso allergisch gegenüber dem Hinterherrennen von Trends. Ich bin ebenso sensibel wie Benedikt für das Schwinden der Gottesbegegnung zugunsten eines oft sehr flachen Wir-Gefühls. Ich vermisse z.B. heftig einen Eingangsteil, der in die Gottesbegegnung hineinführt.

 

Ich teile diese Kritik überhaupt nicht. Das Missale Pauls VI. ist kein Kunstprodukt, sondern das Ergebnis eines langen Arbeits-, Forschungs- und Erbropungsprozesses, der den lateinischen Ritus entschlackte und auf das wesentliche zurückführte. Das fiel ja nicht vom Himmel, und es gibt hier Menschen im Forum, die von den Rothenfelser Ereignissen zu berichten wissen.

 

Richtig ist, dass ein Communiogelabere gibt, genau so wie es ein Hierarchiegefasel und ein Papstgeplappere gibt - was nicht unwesentlich daran liegt, dass eine ganze Generation von Theologen etwas zuviel Pastoral und etwas zuwenig Systematik gemacht hat. Communio ist kein billiges Gemeinschaftsgefühl, das man mal eben herstellen kann, indem man sich an die Hände nimmt.

 

Wenn Du aber einen Eingansgteil vermißt, der zur Gottesbegegnung hinführt - den gibt es. Die Riten und Symbole sind alle da, was aber fehlt, das ist eine hinreichende Katechese der Gläubigen, was das denn bedeutet. Ich habe bei den Vorbereitungsgottesdiensten zu Ednas Erstkommunion knappe Einleitungen vor der Messe gehalten, in den ich auf kleine Punkte hinwies ("Der Herr sei mit euch" - "Lasset uns beten" und das "Amen" am Ende des Hochgebetes). In den Gesprächen danach erst wurde mir klar, dass viele keine Ahnunf haben, warum man das sagt und was das bedeutet. Und auch in der Erstkommunionvorbereitung kam das nicht vor - aber gerade diese Worte deuten sich nicht selbst, und sie bleiben leere Symbole, wenn man sie nicht auslegt und bewußt feiert.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Ich kann Meckys Kritik auch nicht ganz teilen. Meiner Ansicht nach liegen die gegenwärtigen Schwierigkeiten nicht im Ritus an sich, sondern in der Art, wie er mitunter gefeiert wird. Wenn der Neue Ritus so gefeiert wird, wie er im Messbuch steht, dass öffnet er in seiner der lateinischen Liturgie eigenen Nüchternheit und Klarheit einen weiten Raum zur Gottesbegegnung, in der Mensch und die feiernde Gemeinde wachsen. Schwierig wird es da, wo einzelne Zelebranten den eigentlichen Ritus mit allerlei Subjektivitäten überlassen und dadurch versuchen, den Unterhaltswert zu steigern. Aber im Alten Ritus gab es häufigst den umgekehrten Missbrauch, dass die Messe einfach nur hingeschludert wurde.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

dass eine ganze Generation von Theologen etwas zuviel Pastoral und etwas zuwenig Systematik gemacht hat. Communio ist kein billiges Gemeinschaftsgefühl, das man mal eben herstellen kann, indem man sich an die Hände nimmt.

Was durchaus Produkt des Zeitgeistes war. Die 70er/80er waren über weite Strecken "Heitschibumbeitschi"-geprägt. Das schlug bei allen Geisteswissenschaften durch (bei Jura gebremst, aber sogar dort).

 

Die Riten und Symbole sind alle da, was aber fehlt, das ist eine hinreichende Katechese der Gläubigen, was das denn bedeutet.
Das musst Du nicht auf den Eingangsteil beschränken. Wären die tradierten Symbole in ihrem ganzen Reichtum verständlich, müssten wir uns nicht mit dem ausufernden Gestaltungswahn herumschlagen.
  • Like 1
Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Das musst Du nicht auf den Eingangsteil beschränken. Wären die tradierten Symbole in ihrem ganzen Reichtum verständlich, müssten wir uns nicht mit dem ausufernden Gestaltungswahn herumschlagen.
Irgendwie fühle ich mich gerade auf den Arm genommen.

 

Was predige ich denn hier schon seit Anno Tuktuk?

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Das musst Du nicht auf den Eingangsteil beschränken. Wären die tradierten Symbole in ihrem ganzen Reichtum verständlich, müssten wir uns nicht mit dem ausufernden Gestaltungswahn herumschlagen.
Irgendwie fühle ich mich gerade auf den Arm genommen.

 

Was predige ich denn hier schon seit Anno Tuktuk?

Ich verleihe Dir hiermit den großen, goldenen "Rufer in der Wüste" am Band.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Ich habe wenige Probleme mit dem ordentlichen Ritus.

 

Die Predigt nervt mich, weil ich sie, gerade nach den Texten, die ihr vorangehen, als peinigend flach und sprachlich minderwertig empfinde.

 

Der Wortgottesdienst passt mir in der Länge, nicht aber im Verhältnis zur Eucharistiefeier. Und das hieße bei mir, dass der Gottesdienst insgesamt länger wird (es sei denn, man spart die predigt ein :evil:). Insbesondere Danksagung und Schluss gehen zu schnell. Den naheliegenden Vergleich spare ich mir mit Rücksicht auf die GG.

 

In die Gottesbegegnung führt im übrigen am besten ein Eingangsteil, der schlicht darin besteht, dass man einige Zeit vor Beginn des Gottesdienstes da ist (vorausgesetzt, man hat das Glück in einer Kirche zu sein, in der nicht das "soziale Erlebnis" mit Gequatsche bevor die Glocke läutet und das Publikum schweigt, weil das Stück beginnt, zu sein.) Dagegen könnte aber der Organist helfen.

 

Hilfreich wäre auch, wenn die Herren Zelebranten darauf verzichten könnten, alles mit einer Einführung niederzuquatschen.

 

Insgesamt - und da wäre der Papst auf meiner Seite - würde ich den geweihten und ungeweihten Selbstdarstellern jeden Raum nehmen.

Die für das Ausdenken "origineller" Einschübe eingesparte Zeit wäre darauf zu verwenden, den Damen und Herren Lektoren das Lesen beizubringen. Das würde nämlich voraussetzen, dass sie die Texte verstehen, nicht nur in "gefühltem" Hochdeutsch unfallfrei herunterbuchstabieren können.

 

Das "Wir-Gefühl" interessiert mich nicht im geringsten - ich nehme an, das weißt Du.

 

Völlig pro Benedikt bin ich, soweit es seinen Wunsch nach Momenten der Stille betrifft, und in mein Herz würde er sich singen, wenn er die weitere Anpassung der liturgischen Texte an eine "zeitgemäße" Sprache verhindert, deren Wesen darin besteht, die weiten Bilder auf ausgewählte Konfetti zu verengen.

 

Dazu habe ich in diesem Forum Formen des liturgischen Grauens kennen gelernt, die ich zu meinem Glück niemals erleben musste: Themengottesdienste, infantile Spielchen, Credo-Lieder...

 

Mein perfekter Horror wäre eine von "Sonne" gestaltete Familienmesse mit einem Mecky-Confiteor ("ich nehme es auf meine Kappe"), Liedtexten von Udal und einer Predigt von TMF.

(Der Idealfall ist vermutlich eine Liturgie von Franciscus und Gouvi; aber das nur nebenbei.)

 

P.S:

Ich weiß zwar nicht, was Du mit "Anliegen von Protestanten" meinst, aber mein Anliegen in diesem Zusammenhang ist nur eins: absolutes "Nein" zu ökumenischen Messen.

Die Zulassung zur Kommunion läuft bereits nach sehr gute Kriterien (jedenfalls in der ED Wien).

Mir ist klar, dass das in Deutschland alles ein anderes Gewicht hat, aber für mich gehören protestantische Anliegen in die protestantischen Kirchen.

Sehr genialer Beitrag, besser kann man es nicht auf den Punkt bringen. :wub:

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Ich verleihe Dir hiermit den großen, goldenen "Rufer in der Wüste" am Band.
Na dann rufe ich mal weiter.
  • Like 1
Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Ich kann Meckys Kritik auch nicht ganz teilen. Meiner Ansicht nach liegen die gegenwärtigen Schwierigkeiten nicht im Ritus an sich, sondern in der Art, wie er mitunter gefeiert wird. Wenn der Neue Ritus so gefeiert wird, wie er im Messbuch steht, dass öffnet er in seiner der lateinischen Liturgie eigenen Nüchternheit und Klarheit einen weiten Raum zur Gottesbegegnung, in der Mensch und die feiernde Gemeinde wachsen. Schwierig wird es da, wo einzelne Zelebranten den eigentlichen Ritus mit allerlei Subjektivitäten überlassen und dadurch versuchen, den Unterhaltswert zu steigern. Aber im Alten Ritus gab es häufigst den umgekehrten Missbrauch, dass die Messe einfach nur hingeschludert wurde.

 

Ich finde, man muss deutlich unterscheiden zwischen einer angemessenen und unangemessenen Gesatltung. Ein Familiengottesdienst kann nicht in Nüchternheit und Klarheit wortwörtlich nach dem Messbuch gefeiert werden, sondern sollte durch einzelne (einzelne, nicht ausschließliche) Elemente der Gestaltung bereichert werden. In einer Werktagsmesse oder einer Sonntag(vor)abend-Messe sieht das Pubklikum schon anders aus, eher Edith-lastig. Da kann man dann die nüchternheit und Klarheit ausspielen.

das halte ich für eine Stärke des Ritus: das er anpassbar ist an die Situation, und somit nicht alles über einen, seinen, Kamm scheren muss.

Dass es natürlich liturgisches wie pastorales Augenmaß bei der Gestaltung bedarf, will ich als allerletzter bestreiten.

  • Like 3
Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Ich finde, man muss deutlich unterscheiden zwischen einer angemessenen und unangemessenen Gesatltung. Ein Familiengottesdienst kann nicht in Nüchternheit und Klarheit wortwörtlich nach dem Messbuch gefeiert werden, sondern sollte durch einzelne (einzelne, nicht ausschließliche) Elemente der Gestaltung bereichert werden. In einer Werktagsmesse oder einer Sonntag(vor)abend-Messe sieht das Pubklikum schon anders aus, eher Edith-lastig. Da kann man dann die nüchternheit und Klarheit ausspielen.

das halte ich für eine Stärke des Ritus: das er anpassbar ist an die Situation, und somit nicht alles über einen, seinen, Kamm scheren muss.

Dass es natürlich liturgisches wie pastorales Augenmaß bei der Gestaltung bedarf, will ich als allerletzter bestreiten.

Es gibt im Messbuch auch Hilfen für Kindergottesdienste und noch dazu tausend Arbeitshilfen und was weiß ich nicht. Auch eine Familienmesse ist keine Entertainmentshow und der römische Ritus sollte trotzdem noch erkennbar sein. Priester haben es den Leuten zu ersparen, sie mit ihrer theologischen Halbbildung zu belästigen.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

OneAndOnlySon
Ich finde, man muss deutlich unterscheiden zwischen einer angemessenen und unangemessenen Gesatltung. Ein Familiengottesdienst kann nicht in Nüchternheit und Klarheit wortwörtlich nach dem Messbuch gefeiert werden, sondern sollte durch einzelne (einzelne, nicht ausschließliche) Elemente der Gestaltung bereichert werden. In einer Werktagsmesse oder einer Sonntag(vor)abend-Messe sieht das Pubklikum schon anders aus, eher Edith-lastig. Da kann man dann die nüchternheit und Klarheit ausspielen.

Problematisch wird es immer dann, wenn jemand meint, eine für alle Katholiken in allen Situationen optimale Form des Gottesdienstes gefunden zu haben und diese absolut setzt. Diesen Eindruck erwecken bei mir auch viele Freunde des alten Messbuchs. Ihnen ist die Freiheit des neuen Ritus - die Menge an Wahlmöglichkeiten - ein Dorn im Auge und noch schlimmer finden sie, dass durch die Reform der Liturgie viele Theologen zu eigenen liturgischen Texten und Riten inspiriert wurden. Sie beanspruchen, dass alle Katholiken nach einer einzigen liturgischen Façon selig werden müssen - und zwar der, die sie für richtig halten. Das gleiche Phänomen habe ich auch schon bei der Gegenfraktion erlebt: Leute die sich nach jedem Gottesdienst beschweren, in dem keine modernen Lieder und keine Abweichungen vom Messbuch vorgekommen sind. Und wenn mal ein lateinischer Gesang gesungen wird, klappen sie aus Protest das Gotteslob zu.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Mein perfekter Horror wäre eine von "Sonne" gestaltete Familienmesse mit einem Mecky-Confiteor ("ich nehme es auf meine Kappe"), Liedtexten von Udal und einer Predigt von TMF.

Du meinst, glaube ich dieses Teil: http://www.mykath.de/topic/20731-confiteor-deo-omnipotenti/page__view__findpost__p__1140269

 

Das war auch wirklich nicht zum liturgischen Einsatz gedacht, sondern als "bessere Übersetzung" des problematischen "mea culpa, mea culpa, mea maxima culpa."

Für den liturgischen Gebrauch bevorzuge ich - womöglich ähnlich wie Du - eine andere Sprachform.

Aber die Sprachform spielt (darum ging es mir damals, und darum geht es mir auch heute) nur die zweite Geige. Primär geht es mir um den Inhalt, nicht um dessen Gewand. Ein "mea maxima culpa" lädt eben scheunentorweit zur Selbstzerfleischung ein. Und das ist absolut nicht der Sinn des Bußteils und schon gar nicht des Kyrie.

 

Und da sage ich: Lieber eine ungehobelte Sprache (ja: Das "meine Kappe ..." ist wirklich nicht schön. Finde ich auch gar nicht. Wollte ich auch gar nicht.), als zur sinnwidrigen Selbstzerfleischung anregende Formulierungen.

 

Die liturgische Realität gerade des Anfangsteils hat aber noch weit mehr Schwächen, als diese eine Selbstzerfleischungsanregung.

Insbesondere die Leere ganz zu Beginn, nämlich dort, wo früher das Stufengebet stattfand.

 

Ich glaube nicht, dass die Ministranten allzuviel anfangen können mit "Unsere Hilfe ist im Namen des Herrn, der Himmel und Erde erschaffen hat."

Dann Kniebeuge. So weit so gut. Altarkuss.

 

Kein "Introibo ad altare dei"? Kein "ad deum, qui laetificat iuventutem meam"?

So bedauerlich das unverständliche Latein ist, so sinnvoll waren diese Sätze zu Beginn der heiligen Messe. Man könnte ja auch in deutsch etwas Entsprechendes formulieren. Hier, ganz zu Beginn der Messe, wird klargestellt, worum es jetzt im Folgenden geht.

 

"Der Herr sei mit Euch!"

"Und mit Deinem Geiste!"

Beim Letzterem geht es dann schon los. "Der Herr sei mit Euch" führt in die richtige Richtung. "Und mit Deinem Geiste" sagt nur wenig. Und auch dies in den Ohren der Leute, so sie überhaupt mehr sagen, als eine sinnfrei dahergesagte Begrüßungsformel, womöglich noch falsch.

"Ah, mit deinem Geiste. Nicht mit deinem Körper. Mit dem soll der Herr wohl nicht sein."

 

Dann eine dem Priester überlassene Einführung. Finde ich gar nicht schlecht. Aber grundsätzlich ist hier eine erste Laberhürde.

 

Schuldbekenntnis, Kyrie und Vergebungsbitte sollen eigentlich eine Ausformung des Exultet-Satzes sein: "O glückliche Schuld, welch großen Erlöser hast Du gefunden." Der Satz ist doch ziemlich gut. Aber er kommt nicht vor. Stattdessen kommt eben was, woraus kaum ein Mensch erkennt, was das ganze soll. Und weil man es nicht erkennt, füllt man diese Lücke mit dem spontanen Eindruck. Und der ist eben selbstzerfleischend. Und vor allem öde.

Während einige wenige Spezialisten sich dann ins Kyrie hineingeben, hört die Menge der Leute seltsame Sachen. Zum einen durch unsachgemäße Kyrieformulierungen (oftmals weitere Selbstanklagen), weil auch der Priester sich nicht dem spontanen Eindruck des Selbstanklagens erwehren konnte. Oder weil er zwar weiß, dass es sich hier um Christusrufe an den Heiland geht, aber aus Erfahrung schon weiß, dass eine Gemeinde das nicht mitvollzieht.

Viele Zelebranten lassen das Schuldbekenntnis dann weg. Ist auch besser so. Ist alles besser, als die Atmosphäre morbider Selbstzerfleischung. Und "ersetzt" es durch ein unsachgemäßes und auch selbstanklagendes Kyrie.

 

Nach über 40 Jahren Erfahrung mit dem neuen Ritus muss man einfach feststellen: Das hat sich nicht durchgesetzt. Das wird großflächig nicht verstanden. Da wird nicht wirklich in den Gottesdienst hineinbegleitet. Da wird ein ganzer Teil der Messe zur Mischung von Ablehnung, Unverständnis und Öde. Hoffentlich geht's besser weiter, als es angefangen hat.

  • Like 1
Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Hilfreich wäre auch, wenn die Herren Zelebranten darauf verzichten könnten, alles mit einer Einführung niederzuquatschen.

Das habe ich eine Zeit lang als Kaplan auch gemacht. Bezeichnend ist der Grund, warum ich es eingestellt habe:

Ein liturgischer Text ist entweder passend und eingängig, oder er ist es eben nicht.

Ist er es nicht, dann kann man durch eine Einführung ebenso viel erreichen, wie wenn man bei einem Witz im Vorhinein die Pointe erklärt.

Zum Schluss ist es eine Ausrede, den erklärten Teil so unverständlich / unpassend / irreführend zu belassen. "Man hat ihn ja erklärt." Pustekuchen!

 

Zudem muss man jedes Mal von vorn anfangen, denn die Erklärungen (so gut sie auch sein mögen) kommen nicht rüber. Eine Erklärung des Wortes "Halleluja" oder "Kyrie eleison" ist doch schon vergessen, bevor man das "Hal" oder das "Kyr" gesprochen hat.

 

Fazit: Bietet bitte Qualität bei den Teilen der Messe selbst, nicht vorweggenommene Ausreden.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Mecky, der Mensch ist ein sündhaftes Wesen. Gott liebt unser Verhalten nicht, so es sündhaft ist. Ein Ins-Bewusstsein-Rufen zur konstanten Verbesserung des eigenen Verhaltens ist sehr wichtig, um besser zu werden. Eine Selbstanklage jetzt, die zur Besserung führt, ist besser als eine Anklage durch den Iudex Ultionis. Und ich kann freiformulierte Gebete nicht mehr ab, dazu habe ich schon zuviele erlebt. Ich bin mir sehr partizipativen Messen aufgewachsen, und das ist auch nicht das Wahre.

Wieso kann man eigentlich nicht als Einführung die deutsche Übersetzung des Psalms Introibo beten? Dann erspart man sich schon mal eine Ansprache.

Die Anzahl der Meaculpen, die ich gebetet habe in Messen, ist auch sehr begrenzt. Aber die Male, wo ich es gebetet habe, hat es mir auch keinen Schaden zugefügt.

Was ist denn gegen eine realistische Einstellung zu sich selbst einzuwenden? Wenn die Menschen etwas nicht verstehen, und das stimmt, vieles verstehen Texte nicht, ich ja lange auch nicht, dann klagt nicht darüber: Predigt darüber. Dann wissen es schon mal ein paar Menschen mehr.

Und das "et cum spirito tuo": Es ist besser als das noch im Englischsprachigen gesagte: "And also with you." "Et cum spirito tuo" wird nur bei einem Ordinierten verwandt, es geht weniger um den Priester als Menschen, sondern um den Priester als Priester, siehe auch hier.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Hilfreich wäre auch, wenn die Herren Zelebranten darauf verzichten könnten, alles mit einer Einführung niederzuquatschen.

Das habe ich eine Zeit lang als Kaplan auch gemacht. Bezeichnend ist der Grund, warum ich es eingestellt habe:

Ein liturgischer Text ist entweder passend und eingängig, oder er ist es eben nicht.

Ist er es nicht, dann kann man durch eine Einführung ebenso viel erreichen, wie wenn man bei einem Witz im Vorhinein die Pointe erklärt.

Zum Schluss ist es eine Ausrede, den erklärten Teil so unverständlich / unpassend / irreführend zu belassen. "Man hat ihn ja erklärt." Pustekuchen!

 

Zudem muss man jedes Mal von vorn anfangen, denn die Erklärungen (so gut sie auch sein mögen) kommen nicht rüber. Eine Erklärung des Wortes "Halleluja" oder "Kyrie eleison" ist doch schon vergessen, bevor man das "Hal" oder das "Kyr" gesprochen hat.

 

Fazit: Bietet bitte Qualität bei den Teilen der Messe selbst, nicht vorweggenommene Ausreden.

Ist es denn nicht viel schöner, die Menschen erst über die allgemein benötigten Hintergrundinformationen zu informieren, und sie dann die Pointe selbst entdecken lassen.

Die Menschen sind nicht alle immer so doof, wie man meinen könnte.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Wenn Du aber einen Eingansgteil vermißt, der zur Gottesbegegnung hinführt - den gibt es. Die Riten und Symbole sind alle da, was aber fehlt, das ist eine hinreichende Katechese der Gläubigen, was das denn bedeutet.

 

Die fehlt natürlich, diese Katechese. Sie fehlt wirklich, und zwar zunehmend. Und das, obwohl es an Bemühungen wirklich nicht mangelt.

Zum einen erreichen wir die meisten Menschen katechetisch gar nicht. Zum anderen ist es eine Illusion zu glauben, dass sich entleerte Symbole oder Sätze katechetisch so einfach füllen lassen.

"Mama, wasis kyriläson?"

"Das heißt: Herr, erbarme dich!"

"Mama, wasis Herbaamedich?"

 

"Dieses Bild soll eine schöne Frau zeigen."

"Und warum tut das Bild nicht, was es soll?"

 

In den meisten Fällen ist Katechese noch weitaus schwieriger, als liturgische Gestaltung.

Man bekommt eher Leute dazu, von ihrer Schuld, ihrer Schuld und ihrer großen Schuld zu brabbeln, als ihnen die lebensverändernde Kraft der Vergebung durch Gott einsichtig zu machen.

 

Erklärungsbedürftige Riten sind so gut, wie erklärungsbedürftige Witze. Und dann üben wir noch mal ein. "Alle machen ha, ha und ho! Denn der Witz ist im Letzten doch wirklich witzig. Das schreibt sogar der heilige Lachmilaus."

 

Jaja, das war jetzt zu krass.

Man kann schon mal erklären, was "Amen" bedeutet.

Aber dummerweise ist es immer so, dass man dann sagt "das SOLL es bedeuten!" Denn unaufgefordert sagen die Buchstaben A M E und N höchstens, dass das Gebet jetzt fertig ist. Und versucht man das Gleiche bei Leuten in meinem Alter mit "Hosianna", muss man erst mal gegen den Münchner im Himmel kämpfen. Und da verliert man meistens.

 

Ich halte diese Verschiebung auf die Katechese für eine Ausrede. Symbole und Riten erklären ist nichts.

Woody Allen spielt einmal (ich glaube im "Stadtneurotiker"), wie er eine Frau vernascht, während er nebenbei ein erklärendes Buch liest. "Jetzt am Rücken streicheln." Wie erotisch! Aber für Normalsterbliche ergeben sich die Riten der Erotik von selbst. Handbuch ist vielleicht manchmal zur Vertiefung sinnvoll, aber gewiss nicht als Voraussetzung, damit man die Riten versteht.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Bei aller Liebe, aber der zu erahnende Meckyanische Ritus wird wohl kaum Dein Kommunikationsproblem lösen.

 

 

Flo für den Herr erbarme dich, preiset Gott, so sei es und Herr hilf doch ins Herz geschriebene Vokabeln sind...

bearbeitet von Flo77
Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Die Menschen sind nicht alle immer so doof, wie man meinen könnte.

Genau. Und deswegen kann man einen Großteil der Erklärungen und Katechesen auch weglassen. Die merken von selbst, ob das was taugt, ob es sie anspricht und ob es in ihnen was bewirkt.

Tut es das nicht, bleibt man weg. Mit oder ohne Erklärung. Über 80% der Katholiken entscheiden sich sonntäglich für diese Lösung. Und ziemlich oft zugunsten von Aktionen, deren Sinn sie auch ohne große Erklärung verstehen. Wie z.B. ausschlafen, Familienfrühstück, Fußballplatz oder Frühschoppen.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Bei aller Liebe, aber der zu erahnende Meckyanische Ritus wird wohl kaum Dein Kommunikationsproblem lösen.

Flo für den Herr erbarme dich, preiset Gott, so sei es und Herr hilf doch ins Herz geschriebene Vokabeln sind...

Schön, wenn Du schon einen meckyanischen Ritus erahnen kannst. Ich persönlich bin noch lange nicht so weit.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Die Wiedereinführung der Christenlehre ist ja eher nicht zu erwarten, und im Reliunterricht kennen manche offensichtlich nach 12 Jahren immer noch nicht die 10 Gebote.

Dennoch kann eine gute Predigt Abhilfe teilweise schon abhilfe schaffen, oder man animiert die Leute den Schott zu kaufen ...

Ich muss aber sagen, es gibt Predigten, an die erinnere ich mich seit Jahren, andere habe ich am Sonntag mittags wieder vergessen.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Die Menschen sind nicht alle immer so doof, wie man meinen könnte.
Genau. Und deswegen kann man einen Großteil der Erklärungen und Katechesen auch weglassen. Die merken von selbst, ob das was taugt, ob es sie anspricht und ob es in ihnen was bewirkt.

Tut es das nicht, bleibt man weg. Mit oder ohne Erklärung. Über 80% der Katholiken entscheiden sich sonntäglich für diese Lösung. Und ziemlich oft zugunsten von Aktionen, deren Sinn sie auch ohne große Erklärung verstehen. Wie z.B. ausschlafen, Familienfrühstück, Fußballplatz oder Frühschoppen.

Und du meinst mit

 

P: Guten Morgen

G: Guten Morgen

P: Ich begrüße euch und freue mich, daß wir heute wieder in so intimer Runde zusammen sind. Ich hoffe keiner von uns hat jemand anderen erschlagen, sonst wäre ich jetzt echt traurig und Gott auch...

 

würdest Du von diesen 80% auch nur 1% wieder in die Kirche holen???

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Die Menschen sind nicht alle immer so doof, wie man meinen könnte.

Genau. Und deswegen kann man einen Großteil der Erklärungen und Katechesen auch weglassen. Die merken von selbst, ob das was taugt, ob es sie anspricht und ob es in ihnen was bewirkt.

Tut es das nicht, bleibt man weg. Mit oder ohne Erklärung. Über 80% der Katholiken entscheiden sich sonntäglich für diese Lösung. Und ziemlich oft zugunsten von Aktionen, deren Sinn sie auch ohne große Erklärung verstehen. Wie z.B. ausschlafen, Familienfrühstück, Fußballplatz oder Frühschoppen.

Und die, die kommen, sollte man daher dumm lassen? Ernsthaft, wenn jemand nicht kommt, kommt er nicht deswegen nicht, weil er sich da seiner Sündhaftigkeit bewusst werden müsste. Die letzten Jahrzehnte haben wir zur Genüge ausprobiert, was ist, wenn man Freestyle-Liturgien macht. Hat es da was gebracht? Ich bezweifle es.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Bei aller Liebe, aber der zu erahnende Meckyanische Ritus wird wohl kaum Dein Kommunikationsproblem lösen.

Flo für den Herr erbarme dich, preiset Gott, so sei es und Herr hilf doch ins Herz geschriebene Vokabeln sind...

Schön, wenn Du schon einen meckyanischen Ritus erahnen kannst. Ich persönlich bin noch lange nicht so weit.
Ich habe in den vergangenen 20 Jahren genügend Priester erlebt, die genauso drauf waren wie Du und die das auch in ihren Liturgien ausgedrückt haben.

 

Bloß nicht anecken.

 

Nur nichts fordern.

 

Möglichst nichts voraussetzen.

 

So kann man Kindermessen machen, aber so schafft man keine Bindungen.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Wenn ein Gottesdienst zum Beispiel damit beginnen würde, "Heute umarmen wir uns alle mal", dann würde ich, wenn ich nicht schreiend aus der Kirche rennen würde (ich finde den Friedensgruß schon immer störender), das nächste Mal sicher nicht kommen. Ich gehe nicht in die Kirche, weil ich meinen Banknachbar so lieb habe, oder ich mich besonders einbezogen fühlen will. Ich fand es als Kind schön, beim Vaterunser nach vorne zu kommen, aber wenn ich meinem Banknachbar mittlerweile während des Vaterunsers die Hände geben müsste, fühlte ich mich deutlich unwohler, als ich es sonst täte. Eine nett gemeinte Begrüßungsansprache (abgesehen von der normalen, kurzen, die aber oft gerne kürzer sein könnte), bringt mir überhaupt nichts. Und es gibt auch Menschen wie mich.

Den Menschen, die sich für die Kirche nicht mehr interessieren, entgeht wahnsinnig viel, das sollte aber nicht der Grund sein, unterscheidende Merkmale zwischen Messe und Fernsehgarten zu verwischen.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

×
×
  • Neu erstellen...