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vor 9 Minuten schrieb Aleachim:

Inwiefern Gott Mitverantwortung trägt für unsere Entscheidungen...? Ich weiß nicht...

Wenn wir von einem allmächtigen und persönlichen Gott ausgehen, der unser Vater im Himmel ist, dann muss dieser Gott auch (mit-)verantwortlich sein. Der christliche Gott ist keine Statue, wie das goldene Kalb, die selbst rein passiv ist und deren Rolle in der Gott-Mensch-Beziehung allein durch das Verhalten der Menschen definiert wird. Wenn Gott aber ein aktiver Gott ist, der in der Geschichte handelt, dann trägt er im Bild des Vaters ebenso viel zur Beziehung zu seinen Söhnen bei (oder unterlässt es) wie diese selbst. 

 

Seit ich selbst Vater bin, stören mich zunehmend religiöse Vaterbilder - sei es für Gott oder den Papst mit dem Titel heiliger Vater. Diese Bilder haben mit echten Vätern leider meist nicht mehr gemein als ein Hackbraten mit einem echten Hasen. Sie picken gerne die Aspekte der Stärke und Macht heraus, unterschlagen aber Verantwortung, Kooperation, Schuld und die Tatsache, dass es am Ende die Kinder sind, die über die Qualität ihrer Eltern zu urteilen haben. 

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vor 49 Minuten schrieb Aleachim:

Ich bin auch Erstgeborene, habe eine jüngere Schwester. Kann das schon ein bisschen nachvollziehen, was du schreibst. (Wobei die Sache vielleicht bei Schwestern anders ist als bei Brüdern...)

Meine Ex ist auch die Älteste und hat die gleichen Erfahrungen wie ich gemacht.

 

vor 49 Minuten schrieb Aleachim:

Das klingt, als würdest du inzwischen anders darüber denken?

Jein. Mein Bruder hatte es bei weitem nicht so einfach, wie ich immer geglaubt habe. Aber wir reden im Prinzip erst seit einigen Jahren darüber. Wenn auch nur selten und nur nebenbei.

 

vor 49 Minuten schrieb Aleachim:

Was genau meinst du mit "Existenzberechtigung"? Ich hab das oben schon nicht richtig verstanden... Magst du das genauer erklären?

Ich habe immer geglaubt, ich sei nur an diesem Platz willkommen, wenn ich diese Rolle erfülle und das mein Versagen quasi meine Daseinsberechtigung auslöschen würde. Das war mit ein Grund, warum ich das Scheitern meiner Ehe und mein Outing solche Ewigkeiten vor mir hergeschoben habe. Mein Leben wäre von einem Tag auf den anderen sinnlos gewesen.

 

Diese Wunde ist bei weitem auch noch nicht geheilt, aber ich bin von meiner "Vorbildfunktion" weg. Zumindest größtenteils.

 

vor 49 Minuten schrieb Aleachim:

Ja, da stimme ich dir absolut und mit Nachdruck zu, wenn man auf dieser menschlichen Ebene bleibt.

 

Inwiefern Gott Mitverantwortung trägt für unsere Entscheidungen...? Ich weiß nicht...

Wie @OneAndOnlySon schon schrieb: als Vater bist Du Punchingball, Leitplanke, Wand und alles was Du tust hat letztlich Einfluss auf die Beziehung zu deinen Kindern und darauf welche Entscheidungen sie treffen.

 

Eine Beziehung hat für mich immer etwas mit Gegenseitigkeit zu tun.

Ich kann Gott als Schöpfer annehmen (nicht vermuten sondern adoptieren) und verehren, aber mir fällt es zunehmend schwerer ihn als sowohl innerweltlich wirkende Kraft als auch als außerweltliche Person zu verstehen.

bearbeitet von Flo77
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Am 9.3.2023 um 18:01 schrieb OneAndOnlySon:

Wenn Gott aber ein aktiver Gott ist, der in der Geschichte handelt,

Ja, wenn... Ich tu mich schwer mit Gottes "Handeln". Das stellt aber sein "Sein" für mich nicht in Frage. "Ich bin der ich bin!" Irgendwie reicht mir das!

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Am 9.3.2023 um 18:17 schrieb Flo77:
Am 9.3.2023 um 17:29 schrieb Aleachim:

Das klingt, als würdest du inzwischen anders darüber denken?

Jein. Mein Bruder hatte es bei weitem nicht so einfach, wie ich immer geglaubt habe. Aber wir reden im Prinzip erst seit einigen Jahren darüber. Wenn auch nur selten und nur nebenbei.

Selbst wenn er es tatsächlich so einfach gehabt hätte, wie du dachtest... Kann man ihm das vorwerfen? Er kann ja vermutlich auch nicht so recht was dafür, dass es ihm leichter fällt, sich von Rollen, Pflichten und Erwartungen frei zu machen, oder?

 

Am 9.3.2023 um 18:17 schrieb Flo77:

Ich habe immer geglaubt, ich sei nur an diesem Platz willkommen, wenn ich diese Rolle erfülle und das mein Versagen quasi meine Daseinsberechtigung auslöschen würde. Das war mit ein Grund, warum ich das Scheitern meiner Ehe und mein Outing solche Ewigkeiten vor mir hergeschoben habe. Mein Leben wäre von einem Tag auf den anderen sinnlos gewesen.

 

Diese Wunde ist bei weitem auch noch nicht geheilt, aber ich bin von meiner "Vorbildfunktion" weg. Zumindest größtenteils.

Ich kann mich noch nicht so richtig reindenken, weil ich diese Rolle, die du erfüllen wolltest/willst nicht richtig verstehe. Aber eines kann ich plötzlich gut verstehen. Eine faktisch gescheiterte Beziehung nicht aufgeben zu können, weil einem damit das Leben sinnlos zu werden scheint. Das kenne ich gut. Zum Glück war ich damals noch nicht verheiratet!

 

Am 9.3.2023 um 18:17 schrieb Flo77:

aber mir fällt es zunehmend schwerer ihn als sowohl innerweltlich wirkende Kraft als auch als außerweltliche Person zu verstehen.

Das geht mir sehr ähnlich, allerdings klingt es bei dir irgendwie wehmütig... (Oder täusche ich mich?) Ich empfinde das Gottesbild, das ich habe, eher als Bereicherung, nicht als Verlust.

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vor 24 Minuten schrieb Aleachim:

Selbst wenn er es tatsächlich so einfach gehabt hätte, wie du dachtest... Kann man ihm das vorwerfen? Er kann ja vermutlich auch nicht so recht was dafür, dass es ihm leichter fällt, sich von Rollen, Pflichten und Erwartungen frei zu machen, oder?

Er hatte das Glück, daß er eine Rolle gefunden hat, die ihm entspricht. Das mache ich ihm gar nicht zum Vorwurf. Im Gegenteil.

 

Wenn ich jemandem die "Schuld" geben müsste,dann höchstens meinen Eltern. Aber auch das ist für mich erledigt.

 

vor 24 Minuten schrieb Aleachim:

Ich kann mich noch nicht so richtig reindenken, weil ich diese Rolle, die du erfüllen wolltest/willst nicht richtig verstehe. Aber eines kann ich plötzlich gut verstehen. Eine faktisch gescheiterte Beziehung nicht aufgeben zu können, weil einem damit das Leben sinnlos zu werden scheint. Das kenne ich gut. Zum Glück war ich damals noch nicht verheiratet!

Die Beziehung war nur ein Teilaspekt meines gesamten Lebensbildes als "repektables Mitglied der Gesellschaft mit vorbildhaften Lebenswandel, Stütze der Tradition, Ruhepol der kosmischen Ordnung" (ich hätte mir einen Briefkopf zulegen sollen 🤣 ). Und dieser Anzug passte mir im Grunde nicht.

 

vor 24 Minuten schrieb Aleachim:

Das geht mir sehr ähnlich, allerdings klingt es bei dir irgendwie wehmütig... (Oder täusche ich mich?) Ich empfinde das Gottesbild, das ich habe, eher als Bereicherung, nicht als Verlust.

Ich habe das Gefühl, mich vom Glauben der Kirche zu entfernen. Zu den Anfängen von Religion zurückzukehren bzw. in mein Gottesverständnis mittlerweile auch unzählige "heidnische" Aspekte einfließen zu lassen.

 

Mir geht es sehr gut damit - aber ich steh halt im Moment auch auf keiner Kanzel.

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vor 1 Minute schrieb Flo77:

Und dieser Anzug passte mir im Grunde nicht.

Gut, dass Du das jetzt weißt. Vermutlich ist nun Kleider probieren dran, bis Du etwas findest, was Dir im Moment besser passt.

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vor 2 Minuten schrieb gouvernante:

Gut, dass Du das jetzt weißt. Vermutlich ist nun Kleider probieren dran, bis Du etwas findest, was Dir im Moment besser passt.

Büßerkutte oder Lederharness. Ich bin noch unschlüssig.

 

Vielleicht muss ich auch nur das Sakko und die Krawatte quitt werden.

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Weil ich Dein Gott bin...

 

 

Im Neuheidentum gibt es den Satz: Es ist nicht wichtig was Du glaubst, sondern was Du verehrst.

 

Bei Luther gibt es die Formulierung "ein Gott heißt das, dazu man sich versehen soll alles Guten und Zuflucht haben in allen Nöten; also dass einen Gott haben nichts anders ist, denn ihm von Herzen trauen und glauben".

 

Und schließlich heißt es in der Schrift: Ich bin der Herr, dein Gott, der dich aus Ägypten geführt hat.

 

Glauben ist eine Entscheidung. Eine Entscheidung für das Gute. Ein Ja zur Liebe zu den Menschen. Selig der Mensch, dessen oberste Maxime seines Tuns die Liebe ist.

Weil du liebst, ist neben der Liebe kein Platz für etwas anderes, an das Du dein Herz in gleicher Konsequenz zu hängen vermagst.

Weil du ernsthaft liebst, missbrauchst du ihre Sprache nicht für böse Zwecke.

Weil du liebst, erweist du der Liebe die Ehre.

Weil du liebst, mordest du nicht.

Weil du liebst, hältst du jene in Ehren, die vor die waren und nach dir kommen.

Weil du liebst, betrügst du nicht den, der dir anvertraut ist und drängst dich nicht zwischen jene, die sich einander anvertraut haben.

Weil du liebst, raubst du nicht.

Weil du liebst, ruinierst du nicht den Ruf eines anderen.

Weil du liebst, lässt du deine Wünsche nicht in Neid und Habgier wachsen, denn du liebst dich selbst so wie den nächsten.

 

Weil du dich dafür entschieden hast in der Liebe zu wachsen, meidest du was dich von ihr trennt.

 

Doch nichts auf Erden - außer dem Tod - trennt dich von dir selbst. Du bist eins mit deinem Körper. Dein Verlangen, deine Wünsche, dein Begehr, das alles ist Teil von dir. Und das ist gut. Gott hat dich so erschaffen. Du bist geboren, weil er, der das Leben ist, dich wollte. Sein Atem ist in dir. Der Atem des Lebens. Der Wunsch zu lieben und geliebt zu werden in jedem Atemzug. Der Geist Gottes, der dich durchdringt.

 

An Gott zu glauben heißt: die Liebe verehren.

 

 

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vor 7 Stunden schrieb Flo77:

Büßerkutte oder Lederharness.

Würdest du dich in einem davon wohlfühlen?

 

(Ich sehe dich eher in Jeans und T-Shirt.)

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vor 13 Minuten schrieb Aleachim:

Würdest du dich in einem davon wohlfühlen?

 

(Ich sehe dich eher in Jeans und T-Shirt.)

Nicht wirklich.

 

Jeans und T-Shirt ist mein Standard-Outfit.

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Ein Gebet?

 

Keine Ahnung.

 

Vor vielen hundert Jahren lebte ein Prinz in einem wunderbaren Schloss. Er feierte rauschende Feste, umgab sich mit den schönsten der Schönen, liebte die Extravaganz und prahlte mit seinem Adel und seinem Reichtum.

Doch in einer tiefen Winternacht, der Sturm heulte und trieb den Schnee um das Schloss begehrte ein altes Mütterchen an seiner Türe Asyl für die Nacht. Doch der Prinz lachte sie nur aus und machte Witze über ihre unansehnliche Gestalt und ihre ärmliche Kleidung. Da bot ihm das Mütterchen eine einzelne blühende Rose an, auf daß er sie für die eine Nacht aufnehmen würde. Und abermals lachte der Prinz und beschimpfte die Alte.

Da fing es um das Mütterchen an zu glänzen und zu vibrieren, sie wuchs und richtete sich auf und alle Hässlichkeit fiel von ihr ab. So stand vor dem Prinzen mit einem Mal eine wunderschöne Zauberin. Der Prinz erschrak und bat um Vergebung, aber es war zu spät. Die Zauberin hatte gesehen, daß in seinem Herzen keine Liebe war.

So verfluchte sie den Prinzen und sein Schloss und verwandelte den jungen Mann in ein fürchterliches Biest mit scharfen Hörnern, furchterregenden Zähnen und Klauen und Fell bedeckte seinen ganzen Leib. Dann überreichte sie ihm die Rose und sagte, wenn er jemals jemanden finden würde, den er liebte und diese Person ihn wieder lieben würde, würde der Fluch gebrochen sein - doch würde ihm das nicht gelingen, bis das letzte Blütenblatt gefallen wäre, müsse er für immer eine Bestie bleiben...

 

Nun, die Geschichte von der Schönen und dem Biest ist bekannt und ja schon ein paar hundert Jahre alt. Das Biest, das nicht lieben kann, die Rose, deren Blätter fallen...

 

C'est moi?

 

Werde ich zu einem Kind der Hölle, der Lieblosigkeit? Es ist nicht so, daß ich nicht gerne lieben würde und erst recht gerne geliebt werden würde, aber ich habe das Gefühl meine Rose verwelkt wie mein Glaube zerrinnt. In mir wuchs ein Rosenstock. Ein nicht sonderlich riesiges, aber zumindest recht robustes Gewächs, das zumindest kleine schwach-duftende Blüten trug. Einer der Rosenstöcke im Dornwald. Seit Jahren treibt er nicht mehr aus. Dürres Holz, zu brüchig für Möbel, gut genug für das Feuer am Ende des Jahres.

Ich habe kein Wasser des Lebens ihn zu gießen, weil in mir alle Quellen verdorren. Ich habe nichts ihn zu düngen, denn ich bin selbst fast verhungert.

 

Gott ist mir fremd geworden. Wie ein Freund mit dem man über Jahrzehnte zusammengelebt hat und eines Tages feststellt, daß man sich nichts mehr zu sagen hat. Daß alles gesagt und getan ist und sich die Erkenntnis breit macht, daß man sich auseinandergelebt hat.

 

Du sollst Dir kein Bild machen. Ich kann es nicht. Ich kann nicht auf ihn zugehen ohne ihn zu sehen. Ich kann ihn nicht verstehen, ohne ihn in Worte zu fassen. Wenn er "der ganz andere" sein soll, dann bitte. Dann passen wir nicht zusammen. Und doch sagt man von ihm, er hätte uns alle geschaffen.

 

Ich würde gerne wieder glauben, so unschuldig, ja so selbstverständlich vertrauen wie damals als Kind. Als ich die Welt nicht kannte und meine Welt in der Genesis geborgen war. Über lange Jahre habe ich es immer wieder geschafft alles, was ich erlebte mit meinem Glauben zu vereinbaren. Ich hatte meine Lösung für die Theozidee, ich hatte meine Lösung für die Christologie. Selbst jetzt hätte ich Lösungen um Gott mit meiner Welt zu verbinden. Es will mir nicht gelingen. Päpste, Heilige, Kirchenväter, Theologen - sie sind unerbittlich. Es ist kein Raum mehr zwischen Zeilen in dem ich Glauben könnte. Es ist kein Platz mehr für mich unter den "Gerechten".

Seit Kindertagen ringe ich um meinen Platz in der Welt und der einzige Ort an dem ich immer sicher war, war mein Platz in der Bank. Er ist zum Schleudersitz geworden. Mein Platz ist am Rand, auf den Plätzen, die man normaler nur nutzt, wenn die Kirche sonst brechend voll ist.

 

Glaube ich überhaupt noch am etwas?

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Man sucht ja immer wieder nach Stohhalmen und dann stolpert man über https://www.youtube.com/watch?v=myhGqhEovak

 

Nun ja - was mich an diesem Versuch etwas irritiert ist die Frage: an wen richtet sich das? An Nochnichtchristen?

 

Ich kenne kein Leben ohne Gott bzw. ohne Jesus. Wie ich wäre, was ich wäre, wer ich ohne ihn geworden wäre, weiß ich schlicht nicht. Ich kann es noch nicht einmal erahnen. An welchem Punkt bin ich also? Transformation gescheitert trotz 45 Jahren Zusammenseins? Bin ich bereits der, als den Gott mich wollte? Oder ist das alles nur Illusion?

 

Ich konnte kein anderer sein, als ich bin. Weiß Gott ich hab's versucht. Krachend bin ich gescheitert.

 

Jesus hat mich nicht gelehrt auf mich aufzupassen. Viele seiner Worte sind für mich so selbstverständlich, daß ich überhaupt nicht auf die Idee gekommen wäre, sie zu hinterfragen. Anderes ist mir fremd geblieben, meiner Welt entrückt, Dinge, mit denen sich Leute beschäftigen können, die Zeit dafür haben, für die in meinem vollgepackten Alltag kein Platz war und ist.

 

Ich hab's versucht. Aber wie Maria hinter sieben Schleiern verborgen ist, so bleibt mir der Christus verborgen. Selig, wer glaubt obwohl er nicht sieht... keine Ahnung, ob ich an Thomas' Stelle geglaubt hätte. Keine Ahnung ob ich ihm über's Wasser hätte folgen können. Vor einem halben Leben vielleicht. Alles, was in meinem Leben geschah, passierte völlig zweifellos unter der Hand Gottes. Heute wage ich mal mehr die Hände zum Gebet zu erheben. Eine gescheiterte Beziehung quasi.

 

Eine einseitige Beziehung in der ich genauso der Buhmann bin, wie meinen übrigen Beziehungen.

 

Und "Freiheit" ist ein sehr - nun ja - großes Wort. Ich war nicht frei, als Gott mein Herz trug. Ich war nicht frei, als ich glaubte das zu tun, was Gott von mir erwartet. Ich bin nicht frei, wenn ich der Kirche glauben soll.

bearbeitet von Flo77
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Ein paar Thesen, die ich so aus den letzten Threads für mich gezogen habe:

 

 

Gott will, daß wir heilig werden.

 

 

Heilige haben keinen Sex.

 

 

Sexuelle Lust entsteht indem man den Partner/sich selbst zum animalischen Vergnügen benutzt.

 

 

Die eigenen Bedürfnisse spielen keine Rolle.

 

 

Die eigenen Bedürfnisse haben immer hinter der reinen Lehre der Kirche zurückzustehen.

 

 

Gott wird durch Sex, der nur der Lust und nicht der Zeugung von Kindern dient beleidigt.

 

 

Sex ist rein sinnenhaftes – animalisches – Geschehen, dem sich der Mensch als edelstes Geschöpf Gottes nicht hingeben darf.

 

 

Der sinnenhafte Genuss behindert die Heiligung des Menschen.

 

 

Der einzelne Mensch ist wertlos.

 

 

Der einzelne Mensch ist von Gott gewollt, aber nur ein Sandkorn im Getriebe ohne Bedeutung für die Schöpfung.

 

 

Der Mensch braucht nur zwei Entscheidungen zu treffen: zu glauben und sich den Anordnungen der Kirche zu unterwerfen.

 

 

Die Weihe verleiht dem Klerus tiefere Erkenntnis über den Willen Gottes, den Inhalt der Schrift und in die menschliche Natur als sie ein Laie je erreichen könnte.

 

 

Nachfolge Christi ist nur auf drei Arten möglich: als Kind, als Zölibatär oder als Ehegatten.

 

 

Nur in diesen drei Lebensformen ist Heiligkeit erreichbar.

 

 

Der Mensch an sich ist von grundauf defekt. Auch die Taufe und der Glaube heilen diesen Defekt nicht. Darum steht der Mensch immer mit einem Fuß in der Hölle.

 

 

Gottes Gnade besteht darin einen defekten Menschen geschaffen zu haben und ihm diesen Makel und seine Folgen nicht übel zu nehmen, wenn sich der Mensch in Reue ergeht.

 

 

Die Reue aus Furcht ist weniger wert als die Reue aus Liebe, aber besser schlecht gereut als gar nicht.

 

 

Heiligkeit ist Perfektion. Perfektion erreicht der Mensch, wenn er exakt den Lehren der Kirche folgt. Es gibt keinen anderen Weg und kein anderes Ziel.

 

 

Kein Mensch kann perfekt werden. Probier’s trotzdem. Auch wenn es dich frustriert. Es gibt keine Alternative.

 

 

Ich parke das mal, vielleicht denke ich gelegentlich nochmal drüber nach.

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Am 26.2.2023 um 13:05 schrieb Flo77:

Ich habe auf meinem Nachttisch Johannes' vom Kreuz "Die dunkle Nacht" liegen.

 

Nun ja - es lässt sich gut an, wirft aber schon die ersten Fragen auf. Zum einen finde ich seine Grundidee, Gott zu werden, recht - nun ja - gewagt. Ja, er meint damit, daß der einzelne das Wesen Gottes annimmt. Im Moment finde ich diesen Gedanken etwas sehr merkwürdig,...

Lieber Flo,

 

ich bin heute wieder mal (in einem anderen Thread) darüber gestolpert, dass du dich schwer damit tust, wenn jemand davon ausgeht, dass wir Menschen "vollkommen" werden könnten. Was für ein unglaublicher, völlig überzogener Anspruch...!? Werden, wie Gott?

 

Ich finde grade nicht mehr, wo du das aktuell wieder erwähnt hast und hatte in Erinnerung, dass das hier auch schonmal stand. Deshalb antworte ich hier.

 

Ich kann glaub ich deine ablehnende Haltung schon irgendwie nachempfinden. Trotzdem geht es mir (inzwischen) meistens anders, wenn ich sowas lese. Für mich ist das kein Anspruch (mehr), den irgendjemand (auch nicht Gott) an mich stellt. Es ist eher wie eine Zusage, wie eine Verheißung, die mir zwar auch manchmal unglaublich scheint, wo es aber dennoch so eine Ahnung in mir gibt, dass diese Zusage wahr ist und gut ist. Es vertieft für mich einfach die Aussage, dass wir "Kinder Gottes" sind. Das wird in der Kirche sehr oft relativiert. So als sei eben ausschließlich Jesus wirklich "Sohn Gottes". Wenn wir wirklich Kinder Gottes sind, dann sind wir das - so glaube ich - auf gleiche Art wie Jesus. Natürlich ist es auch Berufung und damit Herausforderung, diese Gotteskindschaft zu auch zu leben. Da liegt wohl bei den allermeisten von uns der Unterschied zu Jesus. Daher kommt dann wohl auch oft das Gefühl, dass da unerfüllbare Ansprüche sind. Aber ich denke, Gott liebt uns, ohne dass wir irgendwelche Ansprüche erfüllen müssen. Eben weil wir seine Kinder sind. Und je mehr wir das spüren, glauben, erleben, desto mehr wachsen wir hinein in dieses göttliche Sein. Du betonst häufig, dass es bei den Zehn Geboten ursprünglich nicht heißt: "Du sollst..." sondern "Du wirst..." Nicht "Du sollst immer mehr vollkommen sein wie Gott." Sondern "Du wirst immer mehr sein wie Gott."

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vor 10 Minuten schrieb Aleachim:

Ich kann glaub ich deine ablehnende Haltung schon irgendwie nachempfinden.

Bei mir löst die Idee eine Abwehrhaltung aus. Das mag unter anderem tief darin verankert sein, daß Identität für mich ohnehin ein sehr schwieriges Thema ist, und ich im Moment ohnehin mit einem Berg an Ent-Täuschungen rangieren muss. Die Idee jetzt wieder jemand anders werden zu sollen ist für mich ein völliger Affront. Ich habe rd. Jahre meines Lebems in dem Gefühl verbracht nicht gut genug zu sein. Nicht als Sohn, nicht als Ehemann, nicht als Vater, nicht als Freund, die Liste ist beliebig verlängerbar. Ich habe zusammengerechnet Stunden auf Knien zugebracht und den Ewigen angefleht mir zu helfen.

 

Jetzt bin ich aus dem einen Käfig raus und jetzt stehe ich wieder vor einem neuen "du musst anders werden", "du sollst dich verändern" und das auch noch unter der Prämisse "weil Gott dich liebt".

 

Nein, sorry. Er hat mich als das Tier geschaffen, daß ich bin. Ich will endlich einmal ICH sein, so wie ich bin, so wie ich geboren wurde. Wenn Gott mich so nicht liebt - sorry, dann hätte er mich anders werden lassen. Ich habe für Psychospielchen keine Kraft mehr - und ehrlich gesagt auch keinen Bock mehr.

 

Wenn es ihm nicht passt soll er mich mit einem Blitz erschlagen oder mir sonst was auf den Hals hetzen.

 

Ich war in der Hölle. Das schreckt mich nicht mehr.

 

Für mich ist der Gedanke "wie Gott zu werden" völlig absurd. Ich bin viel zu körperlich, sinnlich, hungrig, als das Askese für mich einen Sinn ergäbe. "Mäßigung" ist ein anderes Thema, wobei ich keine Hemmungen habe mit dem, wovon ich viel habe auch verschwenderisch umzugehen. Da bin ich völlig Mensch und ganz im hier.

 

Das mag völlig unchristlich sein, je tiefer ich einsteige, umso sauertöpfischer - nein das trifft es nicht - ätherischer kommt mir der Geist vor. Abgehoben, entrückt - und in seiner Milde und seinem Mitleid fast humorlos.

 

Darum beneide ich ja die Kirchen in Afrika, das Judentum, den Hinduismus: es gibt dort Elemente unfassbarer Lebensfreude. Das fehlt mir extrem. Oder ich bin einfach wieder zu doof/blockiert/blind/verklemmt das zu fühlen oder zu erkennen. Im Christentum ist man ja immer selbst schuld.

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Am 17.4.2023 um 17:42 schrieb Aleachim:

ich bin heute wieder mal (in einem anderen Thread) darüber gestolpert, dass du dich schwer damit tust, wenn jemand davon ausgeht, dass wir Menschen "vollkommen" werden könnten. Was für ein unglaublicher, völlig überzogener Anspruch...!? Werden, wie Gott?

Ich habe noch einen Ansatz dazu, der sich auf eine Erklärung der Makarismen bezieht, die ich mal gehört habe:

 

Demnach wären die Seligpreisungen keine "Ziele" im eigentlichen Sinn, sondern Zustandsbeschreibungen.

 

Wenn Du traurig bist und getröstet wird, erlebst du in diesem Moment Seligkeit.

Wenn Du einen Streit schlichtest/beendest, erlebst Du in diesem Moment Seligkeit.

 

Die Seligkeit ist ein situatives Geschenk, aber nichts, was man erzwingen kann.

 

So ähnlich verstehe ich auch die Aussage "wenn Du vollkommen sein willst". Es ist etwas, was passiert aber nicht etwas, was man sich erarbeiten kann (oder gar muss) und vorallem: es ist kein Dauerzustand. Zumindest nicht, solange wir als Menschen auf Erden leben.

 

Wenn selbst der Gerechte 7 x 70 mal am Tag sündigt, ist eine dauerhafte Vollkommenheit im Grunde unmöglich zu erreichen. Bzw. es können nur Momentaufnahmen sein, denn auch der Vollkommene wacht am nächsten Morgen wieder als Sünder auf. Und da beide Aussagen vom gleichen Sprecher stammen, ist anzunehmen, daß er sich dieses Widerspruchs auch bewusst war.

 

 

 

 

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Danke Flo, dass du das Thema nochmal hervorholst. Deine Erklärung zu den Seligpreisungen finde ich gut. Ich denke auch, dass das gut zusammenpasst mit dem, was ich über die Vollkommenheit sagen wollte.

 

Aber nochmal kurz zum vorherigen Post.

 

Am 17.4.2023 um 18:14 schrieb Flo77:

Jetzt bin ich aus dem einen Käfig raus und jetzt stehe ich wieder vor einem neuen "du musst anders werden", "du sollst dich verändern" und das auch noch unter der Prämisse "weil Gott dich liebt".

Ich denke, du hast da völlig recht! Lass dich auf keinen Fall wieder in einen Käfig zwängen.

 

Am 17.4.2023 um 18:14 schrieb Flo77:

Ich will endlich einmal ICH sein, so wie ich bin, so wie ich geboren wurde. Wenn Gott mich so nicht liebt - sorry, dann hätte er mich anders werden lassen.

Eben!

 

Am 17.4.2023 um 18:14 schrieb Flo77:

Für mich ist der Gedanke "wie Gott zu werden" völlig absurd. Ich bin viel zu körperlich, sinnlich, hungrig, als das [...]

Vielleicht muss das keine Widerspruch sein. Gott ist schließlich Mensch geworden, körperlich, sinnlich, hungrig...

 

Am 17.4.2023 um 18:14 schrieb Flo77:

Das mag völlig unchristlich sein, je tiefer ich einsteige, umso sauertöpfischer - nein das trifft es nicht - ätherischer kommt mir der Geist vor. Abgehoben, entrückt - und in seiner Milde und seinem Mitleid fast humorlos.

Ich weiß nicht genau was du meinst... Was mag völlig unchristlich sein? Ich hab nur so eine leise Ahnung, was du meinen könntest mit ätherisch, abgehoben, entrückt, humorlos. Vielleicht magst du das näher erklären.

 

Ist das alles eigentlich noch stimmig, nach dem, was du im zweiten Posting über die Seligpreisungen geschrieben hast? Wenn wir uns da nichts erarbeiten können, oder müssen, sondern situativ geschenkt bekommen, ist es doch ganz anders, oder?

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vor einer Stunde schrieb Aleachim:

Vielleicht muss das keine Widerspruch sein. Gott ist schließlich Mensch geworden, körperlich, sinnlich, hungrig...

Wenn man von einer realen Menschwerdung ausgeht ja. Der ominöse "verkündigte Christus" wirkt auf mich blutleer und leblos wie ein geschächtetes Lamm.

Ein Wesen menschlich nur "der philosophischen Natur des Menschen" nach, aber nicht der Physis.

 

vor einer Stunde schrieb Aleachim:

Ich weiß nicht genau was du meinst... Was mag völlig unchristlich sein? Ich hab nur so eine leise Ahnung, was du meinen könntest mit ätherisch, abgehoben, entrückt, humorlos. Vielleicht magst du das näher erklären.

Wenn man nach christlichen Idealen fragt landet man sehr schnell bei Armut, Keuschheit und Gehorsam, Abtötung, Leidenschaftslosigkeit, Demut, Selbstverleugnung. Es ist alles auf die Vorwegnahme des nächsten Lebens hin orientiert, wo wir sein sollen, "wie die Engel".

 

Das Leben in vollen Zügen (und halbleeren Kutschen) zu genießen, überhaupt der Genuss oder die Lebensfreude aus reiner Lust am Leben hat keinen Platz. Freude z.B. und Lachen sind nur im Hinblick auf die Erlösung wirklich statthaft.

Es soll immer und überall alles von der Transzendenz her gedacht werden, vom "höheren" Sinn her.

 

vor einer Stunde schrieb Aleachim:

Ist das alles eigentlich noch stimmig, nach dem, was du im zweiten Posting über die Seligpreisungen geschrieben hast? Wenn wir uns da nichts erarbeiten können, oder müssen, sondern situativ geschenkt bekommen, ist es doch ganz anders, oder?

Welches Posting meinst Du???

bearbeitet von Flo77
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vor 10 Stunden schrieb Flo77:

Wenn man von einer realen Menschwerdung ausgeht ja. Der ominöse "verkündigte Christus" wirkt auf mich blutleer und leblos wie ein geschächtetes Lamm.

Ein Wesen menschlich nur "der philosophischen Natur des Menschen" nach, aber nicht der Physis.

Das ist für mich irgendwie zweierlei. Der "verkündigte Christus" hat natürlich keinen menschlichen Leib (mehr). Außer vielleicht unseren... Aber der Jesus, der vor über 2000 Jahren in Bethlehem geboren wurde, hatte einen. Ich geb dir aber recht, wenn du sagen willst, dass diesem Menschen oft die Menschlichkeit genommen wird, so wie über ihn gesprochen und gedacht wird. Aber das macht für mich keinen Sinn.

 

vor 10 Stunden schrieb Flo77:

Wenn man nach christlichen Idealen fragt landet man sehr schnell bei Armut, Keuschheit und Gehorsam, Abtötung, Leidenschaftslosigkeit, Demut, Selbstverleugnung. Es ist alles auf die Vorwegnahme des nächsten Lebens hin orientiert, wo wir sein sollen, "wie die Engel".

Ich muss hier irgenwie grinsen... Ja, klar. Das gibt es alles. Ich hab das nie so ernst genommen. 🙃 In meinem Erleben und meiner Wahrnehmung ist Christentum noch so viel mehr.

 

vor 10 Stunden schrieb Flo77:
vor 11 Stunden schrieb Aleachim:

Ist das alles eigentlich noch stimmig, nach dem, was du im zweiten Posting über die Seligpreisungen geschrieben hast? Wenn wir uns da nichts erarbeiten können, oder müssen, sondern situativ geschenkt bekommen, ist es doch ganz anders, oder?

Welches Posting meinst Du???

 

Ich meinte deine zwei vorherigen, aufeinanderfolgenden Postings. Also das vom 17. April und das vom Dienstag, also vorgestern. Im ersten schreibst du, dass du so gar nichts anfangen kannst mit dem Anspruch vollkommen zu sein, im zweiten scheint mir, du siehst es eher aus derselben Perspektive wie ich, dass es kein Anspruch ist, sondern eine Zusage, ein Versprechen, eine Verheißung. Kein "du sollst", sondern, sondern ein "du wirst". (Und ich meine das durchaus auch aufs Diesseits bezogen.) Deshalb stellt sich mir die Frage, ob diese ablehnende Haltung, die du im Posting vom 17. April beschreibst, noch gleich ist, nachdem, was du über die Seligpreisungen geschrieben hast.

Am 9.5.2023 um 19:28 schrieb Flo77:

Es ist etwas, was passiert aber nicht etwas, was man sich erarbeiten kann (oder gar muss)

 

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vor 2 Minuten schrieb Aleachim:

Deshalb stellt sich mir die Frage, ob diese ablehnende Haltung, die du im Posting vom 17. April beschreibst, noch gleich ist, nachdem, was du über die Seligpreisungen geschrieben hast.

Meine Ablehnung ggü. der "Vollkommenheit" bezieht sich darauf, daß sie im Allgemeinen als Ziel dargestellt wird auf das man aktiv hinarbeiten müsse. Dieses Ziel ist aber nie erreichbar, was für mich eine Quelle permanenter Frustration bedeutet. Bei Vertretern dieses Strebens nach Vollkommenheit und ihrer "Gelassenheit" im Umgang mit dem Scheitern kommt es mir manchmal so vor, als wäre diese Erfahrung des permanenten Scheiterns eine wohlige Bestätigung der Richtigkeit der eigenen negativen Sicht auf den Menschen.

 

Ich formuliere bewusst überspitzt.

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vor einer Stunde schrieb Guppy:

 

Es ist jedenfalls meiner Meinung nach ein Unterschied, ob jemandem etwas heilig ist, was der Kirche seit Jahrhunderten heilig ist, oder ob jemand absurde Irrlehren erfindet und ständig fordert, diese mögen jetzt bitte sofort neue Lehre der Kirche werden.

Ich beantworte das mal hier, weil die "Alte Messe" nur ein Teilaspekt ist.

 

"Ja, du bist heilig großer Gott, du bist der Quell aller Heiligkeit" ist Teil einer der Präfationen der Messliturgie. Darin enthalten ist mein erster Punkt: niemand ist heilig außer Gott. Nur er ist der Heilende, der Rettende, der Erlösende. "Heiligend" bzw. "heilig machend" im Sinne von heilen, retten, erlösen und was noch alles in diesem Wortfeld enthalten ist, können daher nur Werkzeuge sein, die die Heilsverheißung Gottes erfahrbar machen.

 

Bedauerlicherweise ist der Begriff in der Sprache ebenso abgenutzt wie die "Sünde", nachdem er fast inflationär auf alles mögliche angewendet wurde: heilige Messe, heilige Beichte, heilige Eucharistie, heilige Firmung, heilige Weihe (interessanterweise habe ich noch nie bzw. allenfalls sehr selten den Terminus "heilige Ehe" oder gar das "heilige Gebet" gehört), heilige Bücher, der heilige Rosenkranz, etc., etc.

Es ist unbestritten, daß alle diese Riten die Heilserfahrung vermitteln sollen (wohlwissen, daß "vermitteln" unterschiedlich verstanden werden kann), aber es wurden auch Orte und Geräte als heilig bezeichnet, was eher merkwürdig klingt, wenn es doch eigentlich der Ritus ist, der das Heil sichtbar macht. Jeder Becher kann zum Kelch des Heiles werden.

 

"Sanctus" kommt ursprünglich von "sanctio" was eher meint "von Gott beschützt" bzw. "überbewacht", was eine etwas andere Konnotation mit sich bringt. Vom Wortfeld her bewegt man sich da glaube ich eher in Richtung des "sacer", dem an Gott übergebenen/geweihten.

 

Für mich hatte dieser Unterschied massive praktische Folgen: in meiner Erstkommunionskirche z.B. durfte keine Frau - nicht einmal die Putzkraft - die Altarstufen ganz hinaufsteigen. Der Altarraum war nur durch die Stufen vom Schiff getrennt (60er Jahre halt) aber das Tabu war einfach wirkmächtig. In meiner heutigen Gemeinde (der Bau ist aus den 1880/90ern) versammelt sich die Gottesdienstgemeinde bewusst im Altarraum, um Messen im kleineren Kreis zu feiern (dann steht der Priester auch mit dem Rücken zum Schiff...). Nach meiner Berufung zum Lektor hat es mich anfangs wirklich Überwindung gekostet, die Stufen bis zum Ambo zu gehen und erst recht über den Altarraum in die Sakristei zu gehen (wenn ich eine Kirche oder Kapelle bauen würde, läge die Sakristei neben dem Haupteingang und nicht neben dem Altarraum...). Heute räume ich dort selbstverständlich mit auf.

 

Je vertrauter man mit dem Bau und dem Inventar ist, umso mehr verliert es seinen Nimbus der Unantastbarkeit. Es ist Stein, es ist Holz (schon mal eine Kirchenbank zusammengeschraubt?), es ist "nur" Material. Erst die Zweckbestimmung gebietet einen bestimmten Respekt wie man bestimmte Sachen anfasst (z.B. Kelch oder Missale), aber erst in der Verwendung selbst entfaltet die Materie (zu der ich übrigens auch das gedruckte Wort zählen würde) seine heilsbringende Wirkung.

Dieses Erleben steht der Idee eines "heiligen" Dings oder Ort diametral gegenüber.

 

Ich bestreite nicht, daß Orte eine heilende Wirkung haben können, weil sie von ihrer Anlage her geeignet sind dem Menschen Raum für eine göttliche - heiligende - Erfahrung zu geben. Gerade die Gegenwart des Heilands in der Eucharistie im Tabernakel ist da prädestiniert.

Erst recht bin ich der letzte, der in Frage stellen würde, daß man in einer Kirche anständig gekleidet zu erscheinen hat (wobei ich tiefgläubige Menschen kenne, die da völlig andere Maßstäbe haben, was "anständig" heißt). Doch bin ich mir nicht einig, ob das mit der ursprünglichen Idee des Tabus eines heiligen Ortes zu tun hat.

 

Zumal der Bau von Gotteshäusern in der Kirche nicht originär war. Die Jerusalemer Urgemeinde saß mehr oder weniger im Tempel, die erste nachösterliche Eucharistie fand in einem Herbergszimmer statt für die ersten 200 Jahre sind Zusammenkünfte wohl eher in Privatwohnungen und zufälligen Treffpunkten anzunehmen. Und selbst als die lateinische Kirche begann Kirchengebäude zu bauen nahm sie sich mit der römischen Basilika einen Bautyp zum Vorbild, der als Versammlungsraum, Gerichts- und Markthalle verwendet wurde, aber nicht ursprünglich als Gotteshaus. Die Tabuisierung von Orten und Räumen ist etwas, was wohl eher mit dem Übergang von der Eucharistie zum Messopfer zu tun hat, aber das würde hier zu weit führen.

 

Um aber den Bogen zur ursprünglichen Frage zu schlagen, ob die Fans der alten Messe (was begrifflich auch nicht ganz stimmt, aber "tridentische Messordnung" ist auch sehr sperrig) einen besonderen "Schutzstatus" genießen sollten, weil sie etwas verteidigen, was die Kirche lange Zeit bewahrt hat, möchte ich noch einen kleinen Exkurs ins Credo machen und zwar zu dem Punk "und die eine, heilige, katholische und apostolische Kirche". Nicht, weil hier die heilsbringende Wirkung thematisiert wird sondern wegen der Erklärung im KKK zu der Frage ob wir an die Kirche glauben.

 

Es ist einschlägig (oder sollte es sein), daß wir das NICHT tun. Weder verehren wir die Kirche noch beten wir die Kirche an. Sollten wir zumindest nicht.

Weil nämlich Urheber und Werk nicht miteinander verwechselt werden sollen. Die Kirche - und alles, was ihr anvertraut ist - ist von Gott behütet ("sanctus"), aber sie ist nicht die Quelle, sie stellt zur Verfügung, aber sie leitet nur Empfangenes weiter.

 

Ebenso ist es mit dem tridentinischen Messformular. Es ist eines von vielen Werkzeugen, die die Kirche angewendet hat um den Gläubigen Heilserfahrungen zu ermöglichen (soweit die Theorie, ob das immer und überall auch so ankam, lasse ich mal dahingestellt), aber aus sich selbst heraus vermittelt es gar nichts (außer einem erhabenen, kulturellen Event). Dazu kommt, daß die Kirche - mittlerweile - viele Formulare kennt um das gleiche Geheimnis immer wieder neu zu erzählen. Auch das ist nichts Neues, ist nur mit Trient etwas in Vergessenheit geraten.

 

Für unsere Vorfahren und die Kirche zwischen dem 14. und dem 19. Jahrhundert war das tridentinische Formular, quasi der "Königsweg" der Gnadenerfahrung - schlicht auch, weil es für die meisten Menschen keinen anderen Zugang zur Eucharistie gab.

Heute "spricht" diese Form der Liturgie mit den meisten Menschen nicht mehr und kann ihre Botschaft nicht oder nur missverständlich vermitteln, was gerne auf fehlendes Interesse und mangelnde Beschäftigung geschoben wird, womit man aber ignoriert, daß dieses Formular (und ich erinnere gerne nochmal daran, daß diese Privatmesse (man denke sich hier einen kurzen Abriss zur früh- und hochmittelalterlichen Messindustrie) des römischen Klerus nur deshalb zum allgemeinen Formular wurde, weil die Prostestanten und -onkel bereits für sich den Predigtgottesdienst okkupiert hat und man unbedingt "Kante" zeigen wollte...) seine Mängel hat. Formal, strukturell und inhaltlich.

 

Daß an sich wäre kein Problem - der römische Ritus hat ja auch das Vagaggini-Opus (ja ich meine hier den Studiosus-Tonfall) aufgenommen, daß ich für ein liturgisches Bußwerk halte - aber die Anhänger des tridentinischen Formulars scheinen in den Augen des Papstes dazu zu neigen, die Form wichtiger zu nehmen als die Gemeinde und die Form inhaltlich mit eine "katholischen heilen Welt" zu verknüpfen. Ob dem so ist, kann ich nicht sagen - ich pers. hätte kein Problem damit, wenn man dieses Messformular auf breiter Front benutzen könnte. Wenn man die Handkommunion genehmigen würde, die Lesungen und das Proprium in Landessprache machen könnte, die Predigt zum Teil der Messe erklärt und die Messgewänder soweit kürzt, daß Hochwürden die Stufen hochsteigen kann ohne über seine Säume zu fallen... Und spätestens da, sind die "Traditionalisten" auf 180.

 

Nun, ich hoffe es kommt heraus, daß ich nicht die Form als das Problem sehe, sondern den Kontext.

 

Und was das angeht sind sich die Fans der Tridentina mit den Fans des Frauenpriestertums einig: Inhaltlich geht es ihnen beiden vordergründig darum mit der Kirche und durch die Kirche Gnadenerfahrungen zu ermöglichen. Die Motivation dahinter - der eigene Spleen - unterscheidet sich allerdings auch nicht wirklich.

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Mit dem Himmelreich ist es wie mit einem gütigen Großvater, der von seinem Balkon aus, auf seinen Garten herunterschaute und die Spatzen beobachtete.

Als der Winter kam und Schnee und Eis die Welt bedeckte, drängten sich die Spatzen am Fenster des Alten und sehnten sich nach der Wärme in der Stube.

Viele Male öffnete der Alte das Fenster um die Spatzen hereinzulassen, doch sie verstanden seinen guten Willen nicht und flogen jedesmal davon.

 

Doch im Frühjahr hatte der Alte ein Spatzenküken gefunden uns zu sich genommen. Er hatte es aufgezogen und sie hatten eine gemeinsame Sprache gefunden. Sie waren so aneinander gewöhnt, daß jeder immer wusste, was der andere dachte, trotzdem sie so verschieden waren.

Und eines Tages, als es wieder einmal sehr kalt wurde und der Alte das Fenster öffnete, flog sein Spatz hinaus in den Garten und zwitscherte den anderen Spatzen zu: habt keine Angst, geht durch die offene Türe, dort ist es sicher und warm.

Und einige Spatzen glaubten ihm und brachten sich in der warmen Stube in Sicherheit, andere flogen davon und erfroren.

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Die Kerzen brennen, der Weihrauch duftet, die Bilderrahmen leuchten, Ruhe liegt im Raum.

 

Hoch oben thront Christus am Kreuze. Durch das offene Fenster zieht die Kerzenwärme hinaus und langsam schon nähert such draußen die Dämmerung.

 

Die Familie ist auf der Ofrenda versammelt - weiß der Himmel nicht alle, dafür reicht mir der Platz nicht und da gibt es auch noch eigene Nachkommen, die sich erinnern sollten.

 

Erinnerungen durchziehen den Raum, mein fester Vorsatz: keine Vorwürfe.

 

Trauer begleitet mich durch diesen Tag. Trauer um die Toten und die unerfüllten Wünsche. Die ungelebten Leben, das Scheitern.

 

An jedem Bild hängt ein Leben. Der Teenager, der im Krieg umgekommen ist. Die Mutter, die im Kindbett starb. Das Kind, das nur ein paar Stunden lebte. Die Erwachsenen, die ihre Partner und/oder Kinder verloren. Der Mann, der als Kind misshandelt wurde und sein cholerischer Vater mit etwas Abstand. Die Verwaisten und die von Sucht und Gewalt gequälten. Ihre Tränen sind versiegt. Ihre Schmerzen vergangen.

 

Mein Schmerz ist noch da. Meine Tränen laufen noch. In Gedanken drehe ich meinen Ehering hin und her, zögere auch ihn auf die Ofrenda zu legen. Als einen weiteren Verlust.

 

Ich weine um jene, die ich vielleicht gebraucht hätte und die nur durch andere für mich da waren. Ich weine darum, was hätte sein können. Ich weine darum was sie in den Tod mitgenommen haben.

 

Gott wird sie richten am jüngsten Tag, wenn er das Fleisch geläutert auferstehen lässt. Wie er auch die Lebenden richten wird.

Nie perfekt genug. Nie demütig genug. Nie unterwürfig genug. Nie gläubg genug. Nie hörig genug.

 

Schwierig.

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Das Lob der tüchtigen Hausfrau.


 

Was ein chauvinistischer Schlag ins Gesicht. Aber in wessen eigentlich?

Es ist auffällig, daß das gesamte Buch der Sprichwörter bis auf diese wenigen Zeilen anscheinend nur an Männer gerichtet ist.

Brauchen Frauen weniger moralische Ermahnung? Sind Frauen in ihrer praktischen Arbeit bereits "gerechtfertigt"?


 

Mir stellen sich beim Lesen dieser Beschreibung der "perfekten Frau" im Grunde zwei Fragen.

Die erste ist eine ganz banale: Wofür braucht eine solche Frau überhaupt einen Mann? Sie hat Ihr auskommen, sie hat ihre Würde, sie hat ihre Reputation - ein Mann ist da doch eigentlich nur im Weg. Und anscheinend nicht nur im Weg.

"Gebt ihr vom Ertrag ihrer Hände, denn im Stadttor rühmen sie ihre Werke."

Pardon? Also gehört alles, was sie erwirtschaftet hat ihrem Gatten und sie bekommt ihren AnTEIL nur, weil es für den Gemahl sonst vor seinen Genossen peinlich wäre?

 

Weshalb braucht sie noch einen Mann?

 

Was zur zweiten Frage führt: Was tut der eigentlich den ganzen Tag? Am Stadttor sitzen und Lobhudeleien verfassen?

 

Im Text zu „Tradition“ aus Anatevka wird die Frauenarbeit sehr simpel begründet: Who must raise a family and run a (kosher) home, so Papa’s free to read the holy book“. Als ob Frauen nicht zur Gerechtigkeit gerufen wären.

 

Ich glaube bei Paul Spiegel habe ich für dieses Missverhältnis zwischen dem Mann als Gelehrtem und der Frau als Arbeiterin die Erklärung gefunden, daß der Frau die rituellen Pflichten nicht auch noch auferlegt werden könnten, da sie sich ja um die Kinder kümmern muss.

 

Äh? Ja.

 

Was macht nun Jesus daraus? Nun, die Schrift berichtet nichts davon, daß sich der Mann mehr um seine Familie kümmern soll, für seine Kinder da sein, seine Frau unterstützen (so wie sie ihn unterstützt). Im Gegenteil wird die Sorge um den Alltag immer wieder als nachrangig hinter der Sorgung um das Reich Gottes beschrieben. Nachdem die Apostel alle Männer waren und auch die Jünger überwiegend als Männer verstanden werden, scheint die alte Arbeitsteilung auch hier ein Echo zu hinterlassen.

 

Aber so einfach ist es dann doch nicht. In Lukas 10, 38-40 wird von Jesus’ Besuch bei Maria und Martha erzählt. Die Episode ist kaum länger als das Lob der Hausfrau, aber der Fokus verschiebt sich deutlich. Die doch eigentlich zum Dienen bestimmte Maria nimmt die Rolle des Zuhörers ein. Sie lauscht dem Wort Gottes, nimmt es in sich auf, bewegt es in ihrem Herzen. Martha wird – wenn auch milde – getadelt, weil sie sich nur auf ihrer Hände Arbeit konzentriert und die Nahrung für ihre Seele nicht sucht.

 

Der „Gottesdienst der Hände“, wie er in den Sprichwörtern beschrieben ist, die Sorge um das tägliche Leben, um das Notwendige, um die Armen und Kranken, er hat seinen Wert vor Gott. Er schafft eine reale Gerechtigkeit weit jenseits aller Theorie. Ohne diesen Dienst im Tun, würde unser Leben nicht funktionieren. Ein Dienst der Frauen, von dem sich ihre Männer eine dicke Scheibe abschneiden können.

 

Maria hat das bessere gewählt: auf Gott zu hören, sich ihm anzuvertrauen. Dazu bedarf es Raum und Zeit. Beides ist mühsam freizuhalten, gerade wenn man in einen arbeitsreichen Alltag eingebunden ist. Ein Privileg, das Jesus nicht nur für seine männlichen Nachfolger fordert, sondern für jeden Menschen. Jeder von uns ist gefordert das möglich zu machen, seinen Teil dazu beizutragen, der Hände Werk zu tun, damit wir die Muße finden, uns in Wort und Gebet Gott zuzuwenden und an der Quelle des Lebens Kraft tanken können.

 

Amen.

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