gouvernante Geschrieben 25. Oktober 2017 Melden Share Geschrieben 25. Oktober 2017 vor 59 Minuten schrieb Flo77: Ist Gott dann auch nur ein Konzept? Jedes Gottesbild ist ein Konzept. Und wenn Du Glück hast, dann geht Dir im Leben immer mal wieder ein Gottesbild gründlich kaputt und erinnert so Dich daran, dass Er immer der ganz Andere ist. Welche Adjektive oder Substantive Du dann auf Dein aktuelles Gottesbild draufpappst, ist vermutlich austauschbar. (Aber ok, ich mag ja die paradoxe Rede von Gott und hab' ein Faible für das, was unter "negativer Theologie" firmiert. Ist aber auch nicht der Weisheit letzter Schluss, nur der, der bislang am besten zu meinen Erfahrungen passt.) Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Dies ist ein beliebter Beitrag. Alfons Geschrieben 25. Oktober 2017 Dies ist ein beliebter Beitrag. Melden Share Geschrieben 25. Oktober 2017 (bearbeitet) Am 24.10.2017 um 21:52 schrieb Flo77: Gott ist die Liebe. Soweit die Schrift und die Päpste. Gegenfrage am Rande: Ist Glauben an Gott möglich, wenn man nicht an die Liebe glaubt? Wenn man nicht an die Liebe glaubt? Oder wenn man nicht an die Liebe Gottes glaubt? Nicht an die Liebe zu glauben - das kommt mir widersinnig vor. So, als ob jemand sagt: Ich glaube nicht an die Luft. Er atmet sie dann aber doch. So auch scheint es mir mit der Liebe: "Love is all around" (Quelle: Beatles). Das ist so, auch wenn ich weiß, dass Hass, Neid, Verachtung ebenfalls all around sind. Was aber eigentlich Liebe sei, über das Ausschütten von Dopamin und ein Abregeln des präfrontalen Cortex hinaus, da gibt es – Gouvernante hat völlig Recht – so viele Definitionen wie Menschen. Und vielleicht auch mehrere Definitionen in einem Menschen. Denn wenn ich von der Liebe zwischen zwei Menschen rede, die ineinander verliebt miteinander ins Bett steigen, erzähle ich etwas anderes, als wenn ich von der Liebe als einem die Menschheit einenden Prinzip rede. Es sind dann zwar zwei Aspekte der einen, großen, alles umfassenden Liebe – aber eben doch zwei sehr unterschiedliche Aspekte. Insofern gehe ich hier von meinem Verständnis aus und versuche, mich von dieser Basis aus deiner Frage, tastend und ins Unreine formulierend, zu nähern. Dass die Liebe mit Gott identisch sei, steht im 1. Johannesbrief (4,16): "Gott ist die Liebe; und wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott und Gott in ihm." Das ist eine der Stellen, an denen die Bibel der Ahnung von dem All-Einen sehr nahe ist, ein Ahnen und Hoffen und Glauben, das die Juden täglich mit den "Sch'ma Jisrael" bekennen, Deuteronomium 6, Vers 4: "Höre, Israel, der Ewige ist unser Gott, der Ewige ist all-einig". Das Sch'ma Jisrael geht dann aber weiter. Vers 5: „Darum sollst du den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit ganzer Kraft.“ Laut Jesus (Markus 12, 29 f) sind diese beiden Verse das höchste aller Gebote. Doch ich habe Mühe, den zweiten Teil dieses höchsten Gebotes zu verstehen. Denn lässt sich Liebe vorschreiben? Befehlen? Ist eine geforderte, eine verlangte Liebe noch Liebe? Hilfreich fand ich den Hinweis (ich weiß jedoch nicht mehr, wo ich ihn fand), dass im Hebräischen das „du sollst“ eher als „du wirst“ zu verstehen sei. Du wirst Gott lieben – es ist das, was eintritt, wenn du den Ewigen erkennst, den All-Einen (für Nicht-Monotheisten: das Ewige, das All-Eine). Wenn Du erkennst, dass du als Vergänglicher, als Ungeeinter aufgehoben bist in dem, was alles umfasst, dann bist du in der Liebe; ganz so, wie es im 1. Johannesbrief steht. Meister Eckhard hat das erkannt; er schließt seine Predigt „Convescens praecepit eis“ (zu Apostelgeschichte 1, 4 f) mit dem Satz „Dass wir so eins seien in der Einheit, die Gott selbst ist, dazu verhelfe uns Gott. Amen.“ „Das andere ist dies“, fährt Jesus laut Markus-Evangelium fort und zitiert Levitikus 19,18: „Du sollst deinen Nächsten lieben wie Dich selbst.“ Das ist, wieder mit dieser Du-sollst-Formulierung, eine doppelte Aufforderung: Den Nächsten zu lieben und sich selber zu lieben, sich selber anzunehmen. Selbstliebe, Selbstannahme – das war im Christentum lange verpönt. Da wurde als Ideal hoch gehalten, sich selbst zu verleugnen. Den Nächsten zu lieben war natürlich super, aber sich selber zu lieben galt als Egoismus. Lieber geißelte man sich mit Selbstvorwürfen („Ich bin ein arme Mad' und Wurm“ singt der evangelische Kirchenlied-Dichter Paul Gerhardt) oder gleich mit echten Geißeln, wie die Flagellanten im Mittelalter. Aber wie soll jemand Liebe verströmen, der sich selbst nicht schätzt? „Sich selber annehmen heißt, Ja zu sich zu sagen, obwohl man so ist, wie man ist und wie man selbst gar nicht sein möchte“, schreibt Pinchas Lapide in seiner jüdischen Auslegung der Evangelien „Er predigte in ihren Synagogen“. Sich selber zu lieben bedeutet zunächst einmal, sich selber anzunehmen – mit seinem Körper, so wie er ist, mit seinen ererbten Anlagen, mit seiner vielleicht auch fehlenden Begabung. Das heißt auch, nichts Unmögliches von sich selber zu verlangen, Abschied zu nehmen von seinen Schuldgefühlen und seinem Selbstmitleid. Wer sich selber annimmt, hat es leichter, andere Menschen anzunehmen. Selbstliebe und Nächstenliebe gehören zusammen. So, wie jeder Hass, wenn man genau hinschaut, Selbsthass ist, so ist jeder Liebeserweis zugleich ein Löffel Honig für das eigene Ich. Um noch einmal Lapide zu zitieren: „Altruismus ist daher nichts anderes als erleuchteter Egoismus, der das Gefängnis der eigenen Haut zu sprengen vermag.“ Ja, wie kann man seinen Nächsten lieben, wenn man sich selber nicht liebt? Von Martin Buber, dem Bibel-Übersetzer und Philosophen, wird (ebenfalls bei Lapide) eine Anekdote erzählt, dass nach einem Vortrag über die Nächstenliebe eine Frau ihn angesprochen habe: "Ich liebe mich selber überhaupt nicht, Herr Buber, wie kann ich dann den Nächsten lieben?“ Gemeinsam mit Franz Rosenzweig habe Buber daraufhin den genauen Inhalt der Worte im hebräischen Text der Thora angeschaut und sei auf die Übersetzung gekommen: „Liebe deinen Nächsten, er ist wie du.“ Das finde ich eine wunderbare Übersetzung. Denn sie sagt mir, dass ich keine Angst haben muss vor meinem Nächsten. Er ist ebenso schwach, so verzweifelt, so gefangen in seinem Menschsein wie ich. Und wenn ich keine Angst haben muss, dann brauche ich auch nicht zu hassen. Natürlich habe ich nachgeschaut, was Buber und Rosenzweig tatsächlich in ihrer Thora-Übersetzung geschrieben haben. Da steht: „Halte lieb deinen Genossen, dir gleich.“ Diese Formulierung lässt beide Deutungen zu: „Halte ihn so lieb wie dich“ und „Halte ihn lieb, er gleicht dir“. Wenn ich die zitierten Bibelworte richtig verstehe, bilden diese drei – die Liebe Gottes, das Wertschätzen des eigenen Ichs und die Nächstenliebe – eine Art Dreieinigkeit. Sie sind drei Aspekte des Prinzips Liebe in eines gedacht. Nächstenliebe zeigt sich in der Zuwendung zum Nächsten, und der Nächste kann auch der Fremde sein. Nahe ist der, dessen Bedürftigkeit – bedürftig nach Liebe, nach Brot, nach Hilfe, nach Zuwendung – mir vor Augen steht. Dem Gleichnis vom barmherzigen Samariter ist nichts hinzuzufügen. (Außer vielleicht, dass Menschen, die Barmherzigkeit üben, damit rechnen müssen, beschimpft zu werden). Der Weg zu Gott führt über den Nächsten – im Alten wie im Neuen Testament. Allerdings wird im Markus-Evangelium der Spruch aus dem dritten Buch Mose „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst“ unvollständig zitiert. Denn komplett steht dort, und nicht ohne Grund: „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst; ich bin der Herr.“ Ich bin der Herr: Nächstenliebe ist, nach dem Verständnis der Bibel, nichts, was nur eine waagerechte Ebene hat, zwischen Mensch und Mensch, sei sie auch selbstlos und barmherzig. (Wobei Selbstlosigkeit und Barmherzigkeit oft zu dicke Worte sind, weil schon ein Lächeln Nächstenliebe sein kann, eine höflich aufgehaltene Tür, ein „Danke“). Sondern sie hat auch eine vertikale, eine aufwärts führende Richtung, indem sie mit der Liebe Gottes verbindet und die Erkenntnis Gottes oder des Göttlichen, was immer es sein mag, für einen Moment oder, wenn ich glücklichen Menschen glauben darf, für immer möglich macht. So gedacht kann sich in die Hilfe für den Nächsten nichts hineinmischen, was sie trübt oder falsch macht. Auf der horizontalen Ebene nicht das Erwarten einer Gegenleistung als einer Berechnung des weitsichtigen Egoisten; auf der senkrechten Ebene nicht das Hoffen auf himmlischen Lohn. Liebe ist einfach da; Nächstenliebe ist eine nach meinem Empfinden fast zwangsläufige Folge. Der Islam kommt übrigens zu dem gleichen Ergebnis. So wie die Nächstenliebe der Kernbegriff des Christentums ist, so ist die Barmherzigkeit der Kernbegriff das Islam. Und so, wie die Nächstenliebe mit der Liebe Gottes in eins geht, so ist auch der Muslim, der Barmherzigkeit übt, aufgehoben in der Barmherzigkeit Gottes, und die Erkenntnis der Barmherzigkeit Gottes macht ihn zugleich barmherzig gegenüber seinem Nächsten. Lieben ist nach meinem Verständnis eher eine Haltung als etwas, das dem Willen unterliegt. Natürlich kann man sich, mit Robert Sternbergs Dreieckstheorie der Liebe im Hinterkopf, fest vornehmen, jemanden zu lieben – seinen Partner, seinen Nächsten, seinen Gott. Meine Erfahrung hat mich gelehrt, dass der festeste Wille nicht reicht, Liebe herzustellen. Man kann sich Mühe geben, sie lebendig zu halten, ja, und das sollte man auch. Aber sie in sich selbst erzwingen? Zur Erfahrung gehört, dass man Liebe erhält, wenn man Liebe gibt. Liebe, und du wirst geliebt – oft jedenfalls. Zur Erfahrung gehört aber auch, dass die Liebe stirbt, wenn man beginnt, zu berechnen, wie viel man gegeben und wie viel man bekommen hat. Das gilt für die menschliche und auch die göttliche Liebe. Und wenn sie weg ist, kann man sie nicht zurück zaubern. Liebe ist ein Geschenk. Lieben dürfen auch. Alfons bearbeitet 25. Oktober 2017 von Alfons Aussage präzisiert 5 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Flo77 Geschrieben 26. Oktober 2017 Melden Share Geschrieben 26. Oktober 2017 Die These, die Einhaltung der Etikette bzw. des Anstands (und seiner Regeln) sei der praktische Ausdruck der Nächstenliebe ist mir aus dem "Anstandsbüchlein für das Volk" (Franz Vogt, Donauwörth, 1894) geläufig. Bei Vogt findet sich übrigens auch der Hinweis, daß Anstand und Höflichkeit nicht nur gegenüber dem Nächsten einzuhalten sind, sondern auch immer gegen sich selbst angewendet werden sollen. So soll man sich z.B. auch dann ordentlich kleiden, wenn man keinen Besuch hat, am Tisch so sitzen als wäre man in großer Gesellschaft, das Haus immer so in Ordnung halten, als hätte man Gäste, etc. Soweit das eine äußerliche Form der eigenen Wertschätzung ist, kann ich das nachvollziehen. Für jemanden wie mich, der am liebsten nackt oder nur in Boxern und T-Shirt rumläuft ist allerdings z. B. die Forderung nach der ordentlichen Kleidung eher Qual denn ein Streicheln der eigenen Seele. Und damit wird diese äußere Form - so wichtig sie als Schmiermittel für den sozialen Umgang ist - für mich zur leeren Hülle. Die Notwendigkeit der Einhaltung des Anstands (im gesellschaftlichen Verkehr) steht für mich außer Frage. Allerdings ist das für mich - nun bin ich dabei von den meisten Menschen in meiner Umgebung schlicht genervt oder frustriert - mitunter reines Theater. Eine emotionale Verbindung stelle ich da kaum her. Nun ist es alte Regel, daß das Tun wichtiger ist als die Intention - ob die Einhaltung der Regeln allein aber für die Gottesbegegnung reicht, erscheint mir wenigstens zweifelhaft. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Chrysologus Geschrieben 26. Oktober 2017 Melden Share Geschrieben 26. Oktober 2017 vor einer Stunde schrieb Flo77: Für jemanden wie mich, der am liebsten nackt oder nur in Boxern und T-Shirt rumläuft ist allerdings z. B. die Forderung nach der ordentlichen Kleidung eher Qual denn ein Streicheln der eigenen Seele. Und damit wird diese äußere Form - so wichtig sie als Schmiermittel für den sozialen Umgang ist - für mich zur leeren Die Frage ist für mich eher die, warum man das macht. Mein Arbeitszimmer ist neben meiner Küche gelegen, und meine Kontakte mit Mandanten, Klienten und anderen laufen zu über 90% über Telefon, eMail und und Post. Es ist also vollkommen egal, ob ich mich nun im gedeckten Anzug oder im Schlafdress an Schreibtisch oder Stehpult begebe und dort das tue, was zu tun ist. Und dennoch macht es einen Unterschied für mich, ob ich eine gewisse äußere Form wahre oder ob ich das bleiben lasse. Diese Form aber - und das ist das schöne dieser Arbeitsform - kann ich frei bestimmen. Ich entscheide, ob ich im Dreiteiler oder in Hose und T-Shirt oder in etwas anderem arbeite - aber es macht einen Unterschied, ob ich mir das bewusst mache und also selbst entscheide (und damit für wichtig halte), oder ob ich mich da einfach treiben lasse, weil mir mein äußeres egal ist, was zur Frage führt, ob ich mir egal bin. Ich muss mit meinem Aussehen zufrieden sein, mit dem Zustand meiner Wohnung, mit der Ordnung meines Arbeitsplatzes, ich, und nicht meine Mutter, mein Chef oder der Autor meines Lebensratgebers. 3 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Alfons Geschrieben 26. Oktober 2017 Melden Share Geschrieben 26. Oktober 2017 vor 1 Stunde schrieb Flo77: Die These, die Einhaltung der Etikette bzw. des Anstands (und seiner Regeln) sei der praktische Ausdruck der Nächstenliebe ist mir aus dem "Anstandsbüchlein für das Volk" (Franz Vogt, Donauwörth, 1894) geläufig. Bei Vogt findet sich übrigens auch der Hinweis, daß Anstand und Höflichkeit nicht nur gegenüber dem Nächsten einzuhalten sind, sondern auch immer gegen sich selbst angewendet werden sollen. So soll man sich z.B. auch dann ordentlich kleiden, wenn man keinen Besuch hat, am Tisch so sitzen als wäre man in großer Gesellschaft, das Haus immer so in Ordnung halten, als hätte man Gäste, etc. Soweit das eine äußerliche Form der eigenen Wertschätzung ist, kann ich das nachvollziehen. Für jemanden wie mich, der am liebsten nackt oder nur in Boxern und T-Shirt rumläuft ist allerdings z. B. die Forderung nach der ordentlichen Kleidung eher Qual denn ein Streicheln der eigenen Seele. Und damit wird diese äußere Form - so wichtig sie als Schmiermittel für den sozialen Umgang ist - für mich zur leeren Hülle. Die Notwendigkeit der Einhaltung des Anstands (im gesellschaftlichen Verkehr) steht für mich außer Frage. Allerdings ist das für mich - nun bin ich dabei von den meisten Menschen in meiner Umgebung schlicht genervt oder frustriert - mitunter reines Theater. Eine emotionale Verbindung stelle ich da kaum her. Nun ist es alte Regel, daß das Tun wichtiger ist als die Intention - ob die Einhaltung der Regeln allein aber für die Gottesbegegnung reicht, erscheint mir wenigstens zweifelhaft. Ich musste gerade nachdenken, auf welchen Teil meines Postings du da reagiert hast. Es war die in Klammern gesetzte Randbemerkung, dass "schon ein Lächeln Nächstenliebe sein kann, eine höflich aufgehaltene Tür, ein Danke". Ich schrieb: Kann. Weil Lächeln, sich bedanken oder eine höfliche Geste Zuwendung sein können. Sie können ebenso Berechnung, Weltgewandtheit, Ausdruck der Erziehung oder was weiß ich sonst noch sein, das hat dann mit Zuwendung und Nächstenliebe wenig zu tun. Für die kleine Münze der Nächstenliebe hätte ich auch ein anderes Beispiel wählen können. Etwa eine lecker gekochte Ratatouille. Der Spruch "Mit Liebe gekocht" kommt nicht von ungefähr. Und in einem gelungenen Hefezopf steckt auch, so hoffe ich doch, Selbstbestätigung und Selbstliebe, die mit der Nächstenliebe Hand in Hand geht. Alfons Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Ennasus Geschrieben 26. Oktober 2017 Melden Share Geschrieben 26. Oktober 2017 Am 24.10.2017 um 21:52 schrieb Flo77: Gott ist die Liebe. Soweit die Schrift und die Päpste. Gegenfrage am Rande: Ist Glauben an Gott möglich, wenn man nicht an die Liebe glaubt? Ich verstehe dein Anligegen nicht sicher. Was meinst du damit, dass jemand nicht an die Liebe glaubt? Bzw. anders: Was ist der Hintergrund deiner Frage? Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Flo77 Geschrieben 26. Oktober 2017 Melden Share Geschrieben 26. Oktober 2017 vor 14 Minuten schrieb Ennasus: Ich verstehe dein Anligegen nicht sicher. Was meinst du damit, dass jemand nicht an die Liebe glaubt? Bzw. anders: Was ist der Hintergrund deiner Frage? Liebe bzw. verliebt-sein ist klassischerweise ein romantisch verklärter Hormonzustand. Nun sind Hormone ohnehin eine ziemlich - como si dice? - wankelmütige Sache. Echten ADHS kann man letztlich auch auf eine hormonelle Fehlfunktion zurückführen. Daher These 1: Nicht jeder Mensch erlebt die "Liebe". Entweder weil der Hormonhaushalt das nicht hergibt oder aber weil der Hormonzustand nicht als "Liebe" oder ähnliches interpretiert wird. These 2: Liebe muss erlernt werden. Um "Liebe" als solche zu erkennen, bedarf es entsprechender Vorbilder und Hilfen von außen. Bleibt These 3. Die ist allerdings nicht von mir sondern von Einsteinchen: Ein Lügner ist, wer sagt von Gott geliebt zu sein, aber es nicht fühlt. Die Liebe zu Gott ist keine Hormon-Sache. Zumindest würde es mich überraschen - und vor Neid erblassen lassen - wenn bei Messbesuchern ein erhöhter Kuschelhormonspiegel feststellbar wäre. Wie der Akt des Glauben-wollens, dürfte auch der des Gott-lieben-wollens vor allem eine Frage der bewussten Entscheidung zur Anerkennung einer Realität sein. Die emotionale Liebe unter Menschen erscheint mir allerdings immer mehr wie eine kollektive Illusion. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Flo77 Geschrieben 26. Oktober 2017 Melden Share Geschrieben 26. Oktober 2017 vor 10 Stunden schrieb Alfons: Und in einem gelungenen Hefezopf steckt auch, so hoffe ich doch, Selbstbestätigung und Selbstliebe, die mit der Nächstenliebe Hand in Hand geht. Ich backe fast jeden Sonntag einen solchen Zopf für das "Manna-Essen" am Sonntag Abend. Es ist für mich ein Akt tiefer Befriedigung und in gewisser Weise eines der wenigen Dinge in meinem Leben, bei denen ich mir die Illusion aufrecht erhalten kann, die Situation unter Kontrolle zu haben (Hefeteig kann ich...). Der Laib wird - wie jedes selbstgebackene Brot - mit einem Kreuz versehen und über den Tag gegessen. Fünf Scheiben müssen aber für Abends übrig bleiben. Diese werden dann mit Butter und Honig bestrichen und von einem der Kinder mit dem Wunsch für eine gute Woche an die anderen verteilt. Diese Laibe (geflochten aus einem einzigen Strang und mit sieben Windungen) gehören bei uns auch zum Kaffeetrinken an Feiertagen und wenn Besuch kommt (wobei ich nicht dogmatisch dabei bin ob nun der Teig mit Eiern und Wasser, mit Milch und Butter oder mit Milch, Butter und Eiern zubereitet wird). Dieses "Manna-Essen" (wenn Du meine Kinder fragen würdest, wüssten sie mit dem Begriff nichts anzufangen), gehört zu den wenigen Ritualen, die ich so konsequent umsetzen konnte, daß meine Kinder später meinen Enkeln erzählen könnten "Als wir Kinder waren, hat der Opa immer..." (diese Erzählsituationen sind ein Gedankenspiel, das ich oft und gerne spiele). Wenn Du so willst ist das Backen des Barches eigentlich ein zutiefst egoistischer Akt an meiner Unsterblichkeit zu feilen. Ob das aber ein Akt der Selbst"liebe" ist oder eher Ausdruck eines übersteigerten oder fehlgeleiteten Selbstbildes? Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Alfons Geschrieben 26. Oktober 2017 Melden Share Geschrieben 26. Oktober 2017 vor 6 Minuten schrieb Flo77: Ob das aber ein Akt der Selbst"liebe" ist oder eher Ausdruck eines übersteigerten oder fehlgeleiteten Selbstbildes? Für mich klingt das wie eine wunderschöne Beschreibung von Liebe. Von einem der kleinen glitzernden Steine in einem großen, für keinen Menschen ganz sichtbaren Mosaik-Bild der alles umfassenden Liebe. 2 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Ennasus Geschrieben 26. Oktober 2017 Melden Share Geschrieben 26. Oktober 2017 (bearbeitet) vor einer Stunde schrieb Flo77: Liebe bzw. verliebt-sein ist klassischerweise ein romantisch verklärter Hormonzustand. Nun sind Hormone ohnehin eine ziemlich - como si dice? - wankelmütige Sache. Echten ADHS kann man letztlich auch auf eine hormonelle Fehlfunktion zurückführen. Daher These 1: Nicht jeder Mensch erlebt die "Liebe". Entweder weil der Hormonhaushalt das nicht hergibt oder aber weil der Hormonzustand nicht als "Liebe" oder ähnliches interpretiert wird. These 2: Liebe muss erlernt werden. Um "Liebe" als solche zu erkennen, bedarf es entsprechender Vorbilder und Hilfen von außen. Bleibt These 3. Die ist allerdings nicht von mir sondern von Einsteinchen: Ein Lügner ist, wer sagt von Gott geliebt zu sein, aber es nicht fühlt. Die Liebe zu Gott ist keine Hormon-Sache. Zumindest würde es mich überraschen - und vor Neid erblassen lassen - wenn bei Messbesuchern ein erhöhter Kuschelhormonspiegel feststellbar wäre. Wie der Akt des Glauben-wollens, dürfte auch der des Gott-lieben-wollens vor allem eine Frage der bewussten Entscheidung zur Anerkennung einer Realität sein. Die emotionale Liebe unter Menschen erscheint mir allerdings immer mehr wie eine kollektive Illusion. Hm. Es hängt ja wirklich alles daran, was man unter Liebe versteht. Wenn man davon ausgeht, dass Liebe auf jeden Fall eine Beziehungsform ist, dann müsste man fragen: durch welche Gemeinsamkeiten zeichnen sich die verschiedenen Beziehungen, für die das Wort Liebe verwendet wird, aus? Nach meinem Verständnis ist eine Liebesbeziehung immer eine, in der die Liebenden so aufeinander einwirken (und es zulassen, dass der andere an ihnen wirksam wird), dass beide/alle zunehmen an Leben - "Wechselwirkung zum Leben". Es ist - wenn es "fertige" Liebe ist - eine bewusste Beziehung, in der "Erkennen" geschieht, in der einer den andern als einzigartig und kostbar wahrnimmt und wert schätzt. Wenn man Liebe so versteht, kann man wohl wirklich nicht an den jüdisch-christlichen Gott glauben und gleichzeitig "nicht an die Liebe glauben". (Dass dabei auf menschlicher Ebene im Falle einer Verliebtheit Hormone im Spiel sind, ist genauso selbstverständlich wie dass es eine aktive, bewusste Entscheidung "Gott lieben zu wollen" ohne die Ausschüttung bestimmer Neurotransmitter nicht geht.) bearbeitet 26. Oktober 2017 von Ennasus 1 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Ennasus Geschrieben 26. Oktober 2017 Melden Share Geschrieben 26. Oktober 2017 vor 16 Minuten schrieb Flo77: Dieses "Manna-Essen" (wenn Du meine Kinder fragen würdest, wüssten sie mit dem Begriff nichts anzufangen), gehört zu den wenigen Ritualen, die ich so konsequent umsetzen konnte, daß meine Kinder später meinen Enkeln erzählen könnten "Als wir Kinder waren, hat der Opa immer..." (diese Erzählsituationen sind ein Gedankenspiel, das ich oft und gerne spiele). Wenn Du so willst ist das Backen des Barches eigentlich ein zutiefst egoistischer Akt an meiner Unsterblichkeit zu feilen. Ob das aber ein Akt der Selbst"liebe" ist oder eher Ausdruck eines übersteigerten oder fehlgeleiteten Selbstbildes? Ich meine schon, dass dein Motiv, dein ganz tief innenliegender Grund für dein Backen und dein "Manna-Essen" darüber entscheidet, ob es Ausdruck von Liebe ist oder Ausdruck von Egoismus. Und dieses Motiv, das kannst nur du wissen. Für mich klingt es aber schon so, als ob deine Sehnsucht dahin ginge, dass du deinen Kindern etwas mitgeben willst, das dir selbst enorm kostbar ist. Dass sich damit auch die Hoffnung verbindet, dass damit nicht nur etwas von dem bleibt, was du als wichtig und wertvoll gelernt hast, sondern dass das auch an dich erinnert, kommt bei mir nicht als Egoismus an. (Kennst du die Entwicklungsphasen nach Erikson? Erikson sieht die Weitergabe von etwas, das bleibt und künftigen Generationen nützt und hilft, als eine wichtige Entwicklungsaufgabe im mittleren Erwachsenenalter: " "Ich bin, was ich bereit bin zu geben": Generativität bedeutet die Liebe in die Zukunft zu tragen, sich um zukünftige Generationen zu kümmern, eigene Kinder großzuziehen. Erikson zählt dazu nicht nur eigene Kinder zu zeugen und für sie zu sorgen, er zählt dazu auch das Unterrichten, die Künste und Wissenschaften und soziales Engagement. Also alles, was für zukünftige Generationen "brauchbar" sein könnte." Quelle 2 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Dies ist ein beliebter Beitrag. Chrysologus Geschrieben 27. Oktober 2017 Dies ist ein beliebter Beitrag. Melden Share Geschrieben 27. Oktober 2017 vor 11 Stunden schrieb Flo77: Liebe bzw. verliebt-sein ist klassischerweise ein romantisch verklärter Hormonzustand. Ich hege den nicht unbegründeten Verdacht, dass Liebe einerseits und Verliebt-Sein andererseits zwei vollkommen andere Dinge sind, deren Beziehung zueinander in der Möglichkeit liegt, dass aus dem anderen das eine werden kann. Verliebt zu sein ist fraglos ein Ausnahmezustand, es ist etwas rauschhaftes, wie alle Räusche etwas zugleich schönes und beängstigendes, riskantes und herausforderndes. Ich wünsche jedem, dass er das immer und immer wieder erleben möge - in wen oder was ich mich auch immer verlieben mag, es sind Momente, in denen ich mein eigens Leben spüre, mit mir eins und zufrieden bin und weiß, dass es meiner Seele gut geht. Zu lieben ist etwas auf ganz andere Art und Weise tiefer gehendes, ruhiger, gelassener. Wenn verliebt-sein die Stromschnellen im Fluss des Lebens sind (und Stromschnellen zu befahren ist toll), dann ist Liebe das Wasser, das auch dann da und unersetzbar ist, wenn der Fluss still dahin fließt. Es ist selbstverständlich da, es bringt mich weiter, wenn ich durstig bin, dann trinke ich und dann beachte ich es auch. Meist trägt es mich jedoch nur, und ich bewundere die Ufer, die Landschaft und den Himmel. So sehr der Fluss mein Bezugspunkt sein mag, so leicht ist es, das Wasser nicht wahr zu nehmen. Wo ich aber nicht geliebt werde - weder von anderen noch von mir - da sitze ich auf dem Trockenen und es ist aus mit dem Dahin-gleiten. Wenn ich in den Stromschnellen bin, dann bin ich ganz bei mir und beim Wasser, alles andere ist in dem Augenblick egal. Ich nehme weder die Landschaft wahr noch denke ich die Steuererklärung, ich oder wir, das Boot, das Wasser, die Strömung und die Steine, meine Welt ist extrem klein, und gerade das macht sie so großartig. Wenn ich auf dem ruhigen Fluss bin, dann kann ich von mir absehen, vom Fluss, vom Boot und von den Steinen. Ich kann die Landschaft genießen, den Gedanken an die Steuererklärung aber nicht so leicht ablegen. Wo ich liebe, da kann ich über das, was ich liebe, hinaus schauen. Es gibt mir einen mir gewissen Ort, von dem aus ich mich der Welt zuwenden kann, ohne mich von der Geliebten abzuwenden. Beides - verliebt und lieben - ist Emotion, und beides löscht die Ratio nicht aus. Auch wenn ich verliebt bin, kann und sollte ich noch denken. Es gilt, durch die Stromschnellen hindurch zu kommen, nicht auf den nächsten Felsen aufzulaufen. Wenn ich einen Wunsch für heute frei habe, so wünschte ich jedem, sich heute zu verlieben und dabei den Verstand nicht zu verlieren. 9 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Flo77 Geschrieben 27. Oktober 2017 Melden Share Geschrieben 27. Oktober 2017 (bearbeitet) Ich bin sehr froh über diese Beiträge, möchte aber noch eine kleine Fußangel auslegen: Liebe erfordert Vertrauen (etwas, das man in der Verliebtheit aufgrund des Rauschs nicht braucht). Vertrauen wiederum beruht auf Erfahrung und Bindung. Wenn jemand nicht vertrauen kann, kann er dann lieben? Oder bleibt diese Liebe letztlich eine scheinbare, da sie unter einem permanenten Vorbehalt steht? Wer aber den Menschen nicht vertraut - kann derjenige Gott vertrauen? bearbeitet 27. Oktober 2017 von Flo77 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Dies ist ein beliebter Beitrag. Alfons Geschrieben 27. Oktober 2017 Dies ist ein beliebter Beitrag. Melden Share Geschrieben 27. Oktober 2017 vor 8 Stunden schrieb Flo77: Ich bin sehr froh über diese Beiträge, möchte aber noch eine kleine Fußangel auslegen: Liebe erfordert Vertrauen (etwas, das man in der Verliebtheit aufgrund des Rauschs nicht braucht). Vertrauen wiederum beruht auf Erfahrung und Bindung. Wenn jemand nicht vertrauen kann, kann er dann lieben? Oder bleibt diese Liebe letztlich eine scheinbare, da sie unter einem permanenten Vorbehalt steht? Wer aber den Menschen nicht vertraut - kann derjenige Gott vertrauen? Schwere Frage. Ich glaube nicht, dass Vertrauen auf Erfahrung und Bindung beruht. Erfahrung und Bindung kommen erst nach dem Vertrauen. Sie können es stärken. Sie sind Medizin, die Angst zu dämpfen. Angst davor, dass Vertrauen enttäuscht wird. Weil sonst die Welt untergeht – jedenfalls für einen Menschen, der als Kind kein Urvertrauen aufbauen konnte oder dem es durch traumatisierende Erlebnisse abhanden gekommen ist. Dieser Mensch wird mehr Mühe haben, sich vertrauensvoll auf die Liebe einzulassen. Aber ohne wird es nicht gehen. Es gibt keine Sicherheit. Wenn Du gehst, kannst du fallen. Wenn du nicht gehst, versinkst du. Also wirst du gehen, der Liebe entgegen. Du wirst einen Schritt ins Ungewisse tun. Jedes Vertrauen ist ein Schritt ins Ungewisse. Auch in das eigene Ungewisse. Denn Liebe stellt bloß, sie macht dich verletzbar, sogar dir selbst gegenüber. Und sie ist verletzlich – ich fürchte, sie ist gerade dann verletzlich, wenn man versucht, sich ihrer sicher zu sein; ob man das nun mit Eifersucht versucht oder mit Gleichgültigkeit, mit beherrschendem Auftreten oder Unterwürfigkeit. Du kannst nicht etwas einsperren, das seine Heimat in der Ewigkeit hat. Ohne Vertrauen zu leben – das jedenfalls meine ich, gelernt zu haben – schneidet den Menschen von der Liebe ab. Es ist, als wolle man ohne Schmerz leben. Deine Frage, ob man Gott vertrauen könne, wenn man den Menschen nicht vertraut, kann ich hier nicht beantworten, das wäre zu persönlich. Alfons 4 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Flo77 Geschrieben 27. Oktober 2017 Melden Share Geschrieben 27. Oktober 2017 (bearbeitet) vor 2 Minuten schrieb Alfons: [...] Ohne Vertrauen zu leben – das jedenfalls meine ich, gelernt zu haben – schneidet den Menschen von der Liebe ab. Es ist, als wolle man ohne Schmerz leben. Das Christentum kennt für diesen Zustand ein schönes Wort: Hölle. Es ist allerdings nicht der Zustand der Schmerzfreiheit, sondern ein Sein in dem Schmerz so ziemlich die dominanteste Emotion ist. Die Liebe als positives Gegengewicht fehlt logischerweise. Zitat Deine Frage, ob man Gott vertrauen könne, wenn man den Menschen nicht vertraut, kann ich hier nicht beantworten, das wäre zu persönlich. Du hast den Kern meiner Fragestellung jedenfalls konzentriert erfasst. bearbeitet 27. Oktober 2017 von Flo77 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Ennasus Geschrieben 27. Oktober 2017 Melden Share Geschrieben 27. Oktober 2017 (bearbeitet) vor 9 Stunden schrieb Flo77: Ich bin sehr froh über diese Beiträge, möchte aber noch eine kleine Fußangel auslegen: Liebe erfordert Vertrauen (etwas, das man in der Verliebtheit aufgrund des Rauschs nicht braucht). Vertrauen wiederum beruht auf Erfahrung und Bindung. Wenn jemand nicht vertrauen kann, kann er dann lieben? Oder bleibt diese Liebe letztlich eine scheinbare, da sie unter einem permanenten Vorbehalt steht? Wer aber den Menschen nicht vertraut - kann derjenige Gott vertrauen? Was mir in diesem Zusammenhang wichtig geworden ist: Zu vertrauen, das ist ebenfalls etwas Aktives, eine Ich-Aktivität. Vertrauen wird gefasst, geschenkt,... Und Vertrauen schenken kostet umso mehr Kraft zur Überwindung von Angst, je weniger man die Erfahrung machen durfte, dass geschenktes Vertrauen gerechtfertigt ist. Trotzdem - das sehe ich wie Alfons - es führt kein Weg daran vorbei, wenn man lieben lernen will. bearbeitet 27. Oktober 2017 von Ennasus 1 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Dies ist ein beliebter Beitrag. Chrysologus Geschrieben 27. Oktober 2017 Dies ist ein beliebter Beitrag. Melden Share Geschrieben 27. Oktober 2017 Sollten Selbstvertrauen und (wenn man es so nennen will) Fremdvertrauen nicht existentiell zusammen gehören? Wenn ich mir nicht vertraue, wenn ich nicht zu einem Teil zumindest in mir ruhen, mein Tun auf mich selbst gründen kann - überfordere ich den anderen dann nicht strukturell, indem ich ihm aufbürde, das (also mich) zu tragen und zu halten, was ich selbst nicht tragen und halten kann? Und doch braucht es die Überzeugung, wenigstens die Hoffnung, dass der andere mich doch hält, wenn es drauf ankommt. Oder meint Vertrauen einfach nur die Erwartung, dass der andere, wenn es ernst wird, sich schon so verhalten wird, wie ich das erwarte. Das sagt oder nicht sagt, was er nach meiner Ansicht sagen oder nicht sagen soll. Dass er mir wenn schon nicht den Rücken frei hält, zumindest nicht in denselben fällt. Aber lässt ein solcher Vertrauensbegriff noch Raum für Spontaneität, für unerwartetes? Gut, mag man sagen, er, der andere, kann sich schon anders verhalten, als ich es erwarte, aber das hat Grenzen, er darf zumindest nicht da tun, von dem ich erwarte, dass er es nicht tut. Oder ist Vertrauen nicht viel mehr die Hoffnung, dass der andere auf meine Liebe mit Liebe reagiert. Dass er auf mein "Du sollst sein", "Du sollst lebendig sein" hin mir sagt (und das auch meint und hofft), ich solle auch sein, ich solle auch lebendig sein. Dass er mich deshalb stützen und halten wird, weil er mich lebendig und nicht fallend sehen will. Es setzt den Glauben an den anderen, an das Gute im anderen voraus, in dieser Weise zu vertrauen. Und manchmal muss ich das Gute im anderen quasi herbei glauben, darauf bauen, dass mein Vertrauen ihn erst befähigt, mein Vertrauen zu rechtfertigen, indem er mich trägt. Selbst das Gute in Gott muss ich erst glauben, um mich auf ihn einlassen zu können. Auch wenn mir nichts anderes übrig bleibt, will ich nicht in mir selbst scheitern. 6 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Alfons Geschrieben 28. Oktober 2017 Melden Share Geschrieben 28. Oktober 2017 vor 13 Stunden schrieb Alfons: Ich glaube nicht, dass Vertrauen auf Erfahrung und Bindung beruht. Erfahrung und Bindung kommen erst nach dem Vertrauen. Sie können es stärken. An dieser Stelle muss ich mir selber – nun ja, nicht widersprechen, aber ich muss doch etwas ergänzen. Ich hatte beim Schreiben des Satzes das Bild zweier erwachsener Menschen im Kopf, die sich gerade kennen und lieben lernen. Und da ist es nach meiner Auffassung so, dass zuerst der Sprung ins Vertrauen kommen muss, bevor dieses Paar eine Bindung aufbaut und ihr gegenseitiges Vertrauen durch die gewonnene Erfahrung stützt. Entwicklungspsychologisch gesehen hat Flo Recht. Ein Baby lernt Urvertrauen, wenn es in einer sicheren Bindung ist und wenn es die Erfahrung macht, dass es bekommt, was es braucht und dass jemand da ist, wenn es in Not ist. Das (Ur)Vertrauen beruht also auf der früh gelernten Erfahrung und Bindung. Alfons Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Flo77 Geschrieben 28. Oktober 2017 Melden Share Geschrieben 28. Oktober 2017 vor 12 Stunden schrieb Chrysologus: Es setzt den Glauben an den anderen, an das Gute im anderen voraus, in dieser Weise zu vertrauen. Und manchmal muss ich das Gute im anderen quasi herbei glauben, darauf bauen, dass mein Vertrauen ihn erst befähigt, mein Vertrauen zu rechtfertigen, indem er mich trägt. Selbst das Gute in Gott muss ich erst glauben, um mich auf ihn einlassen zu können. Auch wenn mir nichts anderes übrig bleibt, will ich nicht in mir selbst scheitern. Auf Gott zu vertrauen ist die einzige Lösung um nicht an der Welt zu verzweifeln. Nur im Glauben, daß Gott die Widersprüche und Katastrophen unseres Lebens irgendwie auffangen und korrigieren kann, liegt überhaupt so etwas wie Hoffnung. Menschen vertraue ich jedenfalls nicht von 12 bis Mittag. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Dies ist ein beliebter Beitrag. Alfons Geschrieben 28. Oktober 2017 Dies ist ein beliebter Beitrag. Melden Share Geschrieben 28. Oktober 2017 vor einer Stunde schrieb Flo77: Menschen vertraue ich jedenfalls nicht von 12 bis Mittag. Das ist schade. Dir entgeht etwas. 4 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Franciscus non papa Geschrieben 28. Oktober 2017 Melden Share Geschrieben 28. Oktober 2017 Da kann ich Alfons nur recht geben. Mir sagte mal ein Freund, ich sei blöde, ich würde mich ausnutzen lassen. In der Summe bin ich zwar manchmal von Menschen enttäuscht worden, aber ich habe umgekehrt auch viel zurückbekommen, gerade wenn ich es nicht erwartet hätte. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Elima Geschrieben 28. Oktober 2017 Melden Share Geschrieben 28. Oktober 2017 Meine Erfahrung ist, dass man im Guten wie im Bösen selten das bekommt, was man "verdient". (Aber im ungünstigsten Fall endet das Ganze mit einer "schwarzen Null"). Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Flo77 Geschrieben 28. Oktober 2017 Melden Share Geschrieben 28. Oktober 2017 vor 9 Stunden schrieb Alfons: Das ist schade. Dir entgeht etwas. Daß das nicht sonderlich sozial-kompatibel ist, ist mir durchaus bewusst. Wenn man allerdings so wie ich sein Herz im Grunde auf der Zunge trägt, tut man gut daran, davon auszugehen, daß einem potenziell jeder in den Rücken fällt. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Alfons Geschrieben 28. Oktober 2017 Melden Share Geschrieben 28. Oktober 2017 vor 23 Minuten schrieb Flo77: Daß das nicht sonderlich sozial-kompatibel ist, ist mir durchaus bewusst. Wenn man allerdings so wie ich sein Herz im Grunde auf der Zunge trägt, tut man gut daran, davon auszugehen, daß einem potenziell jeder in den Rücken fällt. Ach, da würde ich mir an deiner Stelle keine Sorgen machen. Das Herz auf der Zunge zu tragen ist, finde ich, ein sympathischer Zug. Und zu wissen, dass es intrigante Menschen gibt, gehört zur Lebensweisheit. Dass man trotzdem auf diese Leute reinfällt, auch. Mir sind da beruflich so einige begegnet, die von vorne schön tun und einen hinten herum schlecht machen. Aber davon muss man sich ja nicht sein Selbstbild deformieren oder seine Einstellung zum Leben bestimmen lassen. Wenn ich mir davon mein Vertrauen kaputt machen lassen würde, hätten diese Typen ja gewonnen! Da ist es mir lieber, ich falle ab und zu auf die Schnauze. Was dann ja auch zuverlässig passiert ist. Ja und? Sch... drauf! Alfons 2 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Frank Geschrieben 29. Oktober 2017 Melden Share Geschrieben 29. Oktober 2017 (bearbeitet) vor 2 Stunden schrieb Alfons: vor 3 Stunden schrieb Flo77: Daß das nicht sonderlich sozial-kompatibel ist, ist mir durchaus bewusst. Wenn man allerdings so wie ich sein Herz im Grunde auf der Zunge trägt, tut man gut daran, davon auszugehen, daß einem potenziell jeder in den Rücken fällt. Ach, da würde ich mir an deiner Stelle keine Sorgen machen. Das Herz auf der Zunge zu tragen ist, finde ich, ein sympathischer Zug. Und zu wissen, dass es intrigante Menschen gibt, gehört zur Lebensweisheit. Dass man trotzdem auf diese Leute reinfällt, auch. Mir sind da beruflich so einige begegnet, die von vorne schön tun und einen hinten herum schlecht machen. Aber davon muss man sich ja nicht sein Selbstbild deformieren oder seine Einstellung zum Leben bestimmen lassen. Wenn ich mir davon mein Vertrauen kaputt machen lassen würde, hätten diese Typen ja gewonnen! Da ist es mir lieber, ich falle ab und zu auf die Schnauze. Was dann ja auch zuverlässig passiert ist. Ja und? Sch... drauf! Alfons Allerdings muss man sich für dieses "Sch.. drauf!" - was auch meine Grundhaltung ist, dein Text könnte in der Aussage auch von mir stammen - bewusst entscheiden. Denn natürlich gehört zur ganzen Wahrheit das jedes auf die Schnauze fallen erst einmal weh tut und das man bei jedem auf die Schnauze fallen sich gehörig die Knie aufschrammt. Aber was ist die Alternative? Die Sicherheit nicht auf die Schnauze zu fallen ist nur um den Preis des Verzichts auf die bereichernden Begegnungen, die Begegnungen für die es das Risiko wert ist zu bekommen. Ich behaupte: Zahlt man diesen Preis, verzichtet man auf diese Begegnungen, zahlt man am Ende drauf. Selbst wenn das Verhältnis 2:1 ist - Lieber zwei mal auf die Schnauze fallen als auf die wichtige dritte Begegnung verzichten bearbeitet 29. Oktober 2017 von Frank 1 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
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