Jump to content

Das Zeugnis der Frauen - ein Auferstehungsbeweis?


Sacerdos Magnus

Recommended Posts

...

 

Man kann das leicht sehen: Glaubst Du etwa, dass die Geschichte eines Wanderpredigers, der das nahe Reich Gottes predigt, dann aber hingerichtet wird und stirbt, auch nur halb so interessant ist wie dieselbe Geschichte, bei der der Protagonist dann schließlich von den Toten aufersteht? Welche der beiden Geschichten wird mit größerer Wahrscheinlichkeit weitererzählt? Und welches der beiden Vorbilder stimuliert mehr unseren Egoismus, ewig leben zu wollen?

Obzwar es einige interessante Punkte in deine Ausfuehrungen gibt, die zu beleuchten lohnend waere, bin ich einfach zu muede, um darauf substanziell einzugehen. Deswegen fokusiere ich mich nur auf Deinen lezten Absatz, um auch wieder zum eigentlichen Diskusionsthema zu kommen.

 

Das ewige individuelle Leben ist scheinbar ein relativ neuer Wunsch der Menschheit. Erst mit dem philosophischen Konzept einer Todesfurcht, mit der Ueberzeugung, dass mit dem Tod alles aus sein koennte, entstand dieser Wunsch nach ewigen Leben. In der europaeischen Antike ist dieser Gedanke nicht vor Epikur nachgewiesen, im fast 4000 Jahre alten Hinduismus gibt es Rekarnationsvorstellungen seit ca. 2700 Jahren. Der Wunsch nach ewig Leben, existiert wahrscheinlich gerade mal 3000 Jahre.

 

Es gibt vor Jesus entstandene juedische Taufsekten aus denen sich dann die Elkesaiten entwickelten. Eine davon sind wahrscheinlich die heutigen Mandaeer, fuer die ist Jesus ein falsche Prophet ist - identisch mit der Schlange, die Eva den Apfel gab. Diese Religion geht vermutlich auf Johannes den Taeufer zurueck also eventuell gelichzeitig mit dem Christentum entstanden. Es ist fuer mich nicht nachvollziehbar, dass dieser gnosische-juedische Glaube nur deswegen Jesus zum Negativ-Propheten gemachte haben soll, weil eine Auferstehungsgeschichte von ihm erzaehlt wurde. Die Mandaeer erzaehlen sicherlich nicht deswegen seit 2000 Jahren etwas von Jesus.

 

Desweiteren war es damals eine Zeit, in der viele Leute von der Ideenlehre von Platon beinflusst waren, alle Materie wurde als unrein angesehen. Leute, die dann einen Doketismus hervorgebracht haben beeindruckt man sicherlich nicht besonders mit einer Auferstehungsgeschicht. Wahrscheinlich koennte man in der gesamten Gnosis, ein damals durchaus weitverbreiteter Glaubensrichtung, einige Argumente gegen Dein These finden.

 

A mi modo de ver

DonGato.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

...

 

Man kann das leicht sehen: Glaubst Du etwa, dass die Geschichte eines Wanderpredigers, der das nahe Reich Gottes predigt, dann aber hingerichtet wird und stirbt, auch nur halb so interessant ist wie dieselbe Geschichte, bei der der Protagonist dann schließlich von den Toten aufersteht? Welche der beiden Geschichten wird mit größerer Wahrscheinlichkeit weitererzählt? Und welches der beiden Vorbilder stimuliert mehr unseren Egoismus, ewig leben zu wollen?

Obzwar es einige interessante Punkte in deine Ausfuehrungen gibt, die zu beleuchten lohnend waere, bin ich einfach zu muede, um darauf substanziell einzugehen. Deswegen fokusiere ich mich nur auf Deinen lezten Absatz, um auch wieder zum eigentlichen Diskusionsthema zu kommen.

 

Das ewige individuelle Leben ist scheinbar ein relativ neuer Wunsch der Menschheit. Erst mit dem philosophischen Konzept einer Todesfurcht, mit der Ueberzeugung, dass mit dem Tod alles aus sein koennte, entstand dieser Wunsch nach ewigen Leben. In der europaeischen Antike ist dieser Gedanke nicht vor Epikur nachgewiesen, im fast 4000 Jahre alten Hinduismus gibt es Rekarnationsvorstellungen seit ca. 2700 Jahren. Der Wunsch nach ewig Leben, existiert wahrscheinlich gerade mal 3000 Jahre.

 

Es gibt vor Jesus entstandene juedische Taufsekten aus denen sich dann die Elkesaiten entwickelten. Eine davon sind wahrscheinlich die heutigen Mandaeer, fuer die ist Jesus ein falsche Prophet ist - identisch mit der Schlange, die Eva den Apfel gab. Diese Religion geht vermutlich auf Johannes den Taeufer zurueck also eventuell gelichzeitig mit dem Christentum entstanden. Es ist fuer mich nicht nachvollziehbar, dass dieser gnosische-juedische Glaube nur deswegen Jesus zum Negativ-Propheten gemachte haben soll, weil eine Auferstehungsgeschichte von ihm erzaehlt wurde. Die Mandaeer erzaehlen sicherlich nicht deswegen seit 2000 Jahren etwas von Jesus.

 

Desweiteren war es damals eine Zeit, in der viele Leute von der Ideenlehre von Platon beinflusst waren, alle Materie wurde als unrein angesehen. Leute, die dann einen Doketismus hervorgebracht haben beeindruckt man sicherlich nicht besonders mit einer Auferstehungsgeschicht. Wahrscheinlich koennte man in der gesamten Gnosis, ein damals durchaus weitverbreiteter Glaubensrichtung, einige Argumente gegen Dein These finden.

 

A mi modo de ver

DonGato.

 

Man soll den Einfluss des Griechentums nicht überschätzen. Jesus richtete seine Predigt zunächst an das Volk, aus dem er selbst entstammte. Aber du hast schon Recht, dann konnte man es wenig mit Vorstellungen, die aus einem anderen Kulturkreis stammten, beeindrucken. Es gibt noch etliche andere Einwände, so dieser, dass diese Geschichte ja gar nicht vom Wunsch nach ewigem Leben motiviert ist, sondern Glaube entsteht, weil die Geschichte nicht als Mythos (als welcher übrigens?), sondern als Grundlage des Glaubens. so haben es die Jünger und die unmittelbar nachfolgenden Christen zumindest gesehen.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

@ Don Gato

 

Der vorletzte Satz war im ersten Posting leider verstümmelt.

 

Man soll den Einfluss des Griechentums nicht überschätzen. Jesus richtete seine Predigt zunächst an das Volk, aus dem er selbst entstammte. Aber du hast schon Recht, dann konnte man es wenig mit Vorstellungen, die aus einem anderen Kulturkreis stammten, beeindrucken. Es gibt noch etliche andere Einwände, so dieser, dass diese Geschichte ja gar nicht vom Wunsch nach ewigem Leben motiviert ist, sondern Glaube entsteht, weil die Geschichte nicht als Mythos (als welcher übrigens?), sondern als Grundlage des Glaubens dient, so wie sie die Jünger und die unmittelbar nachfolgenden Christen aufgefasst haben, und zwar nicht, indem sie fremdes mythologische Gut rezipiert haben, sondern so, wie sie es erlebt hatten.

bearbeitet von pathfinder
Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Ok, nutzen wir die Gelegenheit und kommen damit - nach der langen Abschweifung über Fragen der Definition der Religion[1] - wieder zu einem Kernpunkt des Threads zurück. Damit meine ich nicht das Zeugnis der Frauen, sondern die Frage, ob Jesus ein Mythos oder eine historische Persönlichkeit war[2].

 

Wir können in den GG verfolgen, dass viele der Katholiken Jesus eben nicht für einen Mythos halten, sondern für eine Person, die so gelebt hat wie wir, die essen und trinken musste, schlafen musste, sogar auf die Toilette gehen musste, die aber Jünger um sich versammelt hat, gekreuzigt wurde, deswegen gestorben ist und von den Toten auferstand. Was bedeutet: Nach der Auferstehung war das Grab leer. Das wird von vielen als eine "Demarkationslinie" verstanden - wer nicht glaubt, das Jesus real auferstanden ist, gehört demnach nicht zu den Christen. Darüber geht der Streit, weil einige - die Jesus-Mystiker, etwa - das bestreiten. Ob die Jesus-Mystiker wirklich Christen sind oder nicht ist aber nicht die Frage, die mich interessiert, die wird in den GG diskutiert.

 

Mich interessiert folgende Frage: Woher kommt die Identifikation von Jesus und Christus? Als Jesus bezeichne ich dabei die historische Person, als Christus den Gott, der vor der Welt existierte und diese geschaffen hat, wie am Anfang des Johannesevangeliums ausgeführt wird. Nach katholischer Lehre sind Jesus und Christus eins: Ganzer Mensch und ganzer Gott, also sind beide identisch. Wer hat dies zuerst behauptet?

 

Diese Frage kann man ziemlich eindeutig beantworten, wenn wir alle frühchristlichen Schriften bis zur Mitte des ersten Jahrhunderts betrachten - also das gesamte NT, alle Apokryphen, und alle Schriften der Kirchenväter und der anderen christlichen Apologeten. Es gibt genau vier Autoren, die Jesus und Christus miteinander identifizieren, nicht mehr, abgesehen von drei Ausnahmen, auf die ich noch zu sprechen komme. Diese vier Autoren sind die des Markusevangeliums, Lukasevangeliums, der Apostelgeschichte, des Matthäusevangeliums und des Johannesevangeliums. Wir bezeichnen der Tradition gemäß die vier Autoren dieser fünf Geschichten als Markus, Lukas (der auch die Apostelgeschichte geschrieben hat), Matthäus und Johannes, wenn wir ihre wahren Namen auch nicht kennen. Erst ab etwa 150 nach Beginn der Zeitrechnung finden wir weitere Autoren, die Jesus und Christus identifizieren, etwa Justin den Märtyrer oder Markion.

 

Und davor? Fehlanzeige. Paulus berichtet, wenn wir ihn traditionell datieren und seine Existenz nicht anzweifeln, in erster Linie von Christus, dem Sohn Gottes, aber es gibt nur drei Stellen, an denen man so etwas wie eine Identifikation von diesem Christus mit einer historischen Person namens Jesus herauslesen können. Ansonsten berichtet Paulus nichts über eine historische Person namens Jesus. Liest man Paulus, ohne ihn durch die Brille der später verfassten Evangelien zu betrachten, so erfährt man von ihm nicht, dass sein göttlicher Christus auf Erden gewandelt ist, der zu einer bestimmten Zeit gelebt in Galiläa gelebt hat, von Pontius Pilatus in Jerusalem zum Tode verurteilt wurde, und nahe Jerusalem hingerichtet wurde, und zwar auf Veranlassung des jüdischen Rates. Wollte man eine Biographie des historischen Jesus schreiben, so wäre Paulus ziemlich unergiebig, wie alle anderen Schriften außer den Evangelisten (und der Apostelgeschichte) ebenso nichts dazu beitragen würden. Außer den erwähnten drei Ausnahmen finden wir bei ihm keine Stelle, aus der man herauslesen kann, was der historische Jesus von Nazareth getan hat, und ob er überhaupt existierte. Man erfährt nicht, wer die Eltern von Jesus waren, wo er geboren wurde, bis wann er gelebt hat, dass er mit seinen Jüngern zusammen gepredigt hat etc. pp.

 

Kommen wir zu den drei Ausnahmen (alles aus der Elberfelder Bibel zitiert):

 

Paulus, 1 Thessalonicher 2:14-16: ]14 Denn ihr seid Nachfolger geworden, liebe Brüder, der Gemeinden Gottes in Judäa in Christo Jesu, weil ihr ebendasselbe erlitten habt von euren Blutsfreunden, was jene von den Juden, 15 welche auch den HERRN Jesus getötet haben und ihre eigenen Propheten und haben uns verfolgt und gefallen Gott nicht und sind allen Menschen zuwider,16 wehren uns, zu predigen den Heiden, damit sie selig würden, auf daß sie ihre Sünden erfüllen allewege; denn der Zorn ist schon über sie gekommen zum Ende hin.

Hier ist die einzige Stelle bei Paulus, aus der wir erfahren, dass es die Juden waren, die Jesus getötet haben. An anderen Stellen ist nur vage von "Autoritäten" die Rede, wenn man die Evangelien liest, liest man daraus natürlich "Römer", aber Paulus sagt das nicht. Es gibt aber ein Problem mit dieser Stelle: Dort steht auch, dass "der Zorn ist schon über sie gekommen zum Ende hin". Das ist eine Anspielung auf die Zerstörung des jerusalemer Tempels, oder die Zerstreuung der Juden im 2. Jahrhundert. Beide Ereignisse allerdings fanden erst lange nach dem Tode von Paulus statt. Wenn jemand vor der Zerstörung des Tempels gelesen hätte, müsste der sich nicht fragen: "Von was für einem Zorn, der über die Juden gekommen sein soll, redet Paulus da? Ich kann da nichts finden!".

 

Deswegen gilt bei vielen Neutestamentlern diese Stelle auch als ein späterer Einschub, der nicht von Paulus stammt. Siehe auch Douglas Hare in The Theme of Jewish Persecution of Christians in the Gospel According to St. Matthew, Seite 30f., sowie Eddy und Boyd in The Jesus Legend, Seite 211, Birger A. Pearson in Harvard Theological Review 64 (1971), S. 79-94, Burton Mack in Who wrote the New Testament?, S. 113, Wayne Meeks The First Urban Christians, S. 9 und 117, Helmut Koester in Introduction to the New Testament, Band II, S. 113, Pheme Perkins in Harper's Bible Commentary, S. 1230-1232, S. G. F. Brandon The Fall of Jerusalem and the Christian Church, S. 92-93, Paula Fredricksen From Jesus to Christ, S. 122, um eine kleine Auswahl zu nennen und um dem Argument vorzubeugen, dass es ja nur wenige und unbedeutende Theologen sind, die das für einen Einschub halten. Übrigens passt auch der Stil der Passage nicht zu den übrigen Schreiben von Paulus. Wir können diese Ausnahme also abhaken.

 

Zweite Ausnahme:

Paulus (?), 1 Timotheus 6:13: 13 Ich gebiete dir vor Gott, der alles am Leben erhält, und Christo Jesu, der vor Pontius Pilatus das gute Bekenntnis bezeugt hat,

 

Hier wird Pontius Pilatus erwähnt, nicht als jemand, der Jesus kreuzigen ließ, sondern vor dem Jesus ein Bekenntnis abgelegt hat (wenn man die Evangelien liest, was hat Jesus dort eigentlich bekannt?). Allerdings finden wir kaum noch Theologen, die 1 Timotheus für eine echte Schrift von Paulus halten, sondern für eine deuteropaulinische Schrift (eine vornehme Umschreibung für "Fälschung"). Sie wird allgemein auf den Anfang des 1. Jahrhunderts datiert und könnte bereits auf der Tradition beruhen, die entstand, als man Jesus und Christus zu identifizieren begann. Also in jedem Fall kein Beweis dafür, dass Paulus seinen göttlichen Christus mit einem Jesus identifizierte, der von Pontius Pilatus zum Tode verurteilt wurde. Wir können also auch diese Ausnahme abhaken, abgesehen davon, dass man dies als ein Indiz werten könnte, dass es nicht Markus war, der Jesus und Christus als erster miteinander identifiziert hat - dazu müsste man aber Markus auf das 2. Jahrhundert datieren... und da wird mir wohl kaum einer folgen. Wenn ich also behaupte, dass Markus der erste war, der Jesus und Christus zusammen brachte, dann muss ich das eventuell so einschränken, dass vielleicht auch Markus sich schon auf eine Tradition beruft, die im 1. Jahrhundert im Entstehen war - aber nur dann, wenn man Markus auf später als 1 Timotheus datiert, also auf das 2. Jahrhundert. Ich bezweifle, dass die meisten Christen diese Kröte schlucken wollen, auch wenn sie meine Behauptung unterminiert.

 

Nun die dritte Ausnahme:

 

Paulus, 1 Korinther: 23 Denn ich habe von dem Herrn empfangen, was ich auch euch überliefert habe, daß der Herr Jesus in der Nacht, in welcher er überliefert wurde, Brot nahm,24 und als er gedankt hatte, es brach und sprach: Dies ist mein Leib, der für euch ist; dies tut zu meinem Gedächtnis. 25 Desgleichen auch den Kelch nach dem Mahle und sprach: Dieser Kelch ist der neue Bund in meinem Blute; dies tut, so oft ihr trinket, zu meinem Gedächtnis. 26 Denn so oft ihr dieses Brot esset und den Kelch trinket, verkündiget ihr den Tod des Herrn, bis er kommt. 27 Wer also irgend das Brot ißt oder den Kelch des Herrn trinkt unwürdiglich, wird des Leibes und Blutes des Herrn schuldig sein.

 

Hier erwähnt Paulus das Abendmahl. Aber bezieht er das auf einen konkreten Ort zu einer konkreten Zeit? Es gibt mehrere Argumente, das zu bestreiten. Es handelt sich nämlich um eine Anspielung auf die Mysterienkulte (etwa den Mithras-Kult), in denen diese Praxis üblich war, und die ihre Geschehnisse ebenfalls nie auf einen konkreten Ort auf der Erde bezogen. Außerdem, im Kontext gelesen, behauptet Paulus, dies durch eine Privatoffenbarung als Information bekommen zu haben: Er hat dies also nicht von einem Menschen erfahren. Was seltsam anmutet, wenn man der Behauptung Glauben schenkt, dass er sich mit den anderen Aposteln wie Petrus darüber ausgetauscht hat. Warum beruft er sich nicht auf deren Zeugnis, sondern bemüht eine private Offenbarung? Ich kann dazu noch mehr Argumente nennen, später, wenn ich etwas mehr Zeit habe, aber so kann man auch diese Stelle abhaken.

 

Was bleibt ist: Der erste, der explizit behauptet, dass der historische Jesus identisch ist mit dem göttlichen Christus, über den Paulus ausführlich berichtet, war der Autor des Markusevangeliums. Es sei denn, man datiert Markus auf das 2. Jahrhundert, dann muss man dem Verfasser von 1 Timotheus dieses Primat zugestehen. Und die anderen Autoren Lukas, Matthäus und Johannes haben diese Behauptung übernommen, sie hängen ganz klar von Markus ab.

 

Wenn man also Jesus mit Christus identifiziert, und nicht von einem mythischen Christus ausgeht, dann hat man dafür nur einen einzigen Autor, der das behauptet, nur eine Quelle. Bei allen anderen, die nicht von Markus abhängen, finden wir nichts, was den mythischen Christus mit einer historischen Person namens Jesus verbindet. Paulus war ursprünglich Jude. Nun lehnen die Juden die Vergöttlichung einer Person vehement ab, sie protestierten sogar gegen die römischen Insignien, unter Einsatz ihres Lebens. Der stärkste Bruch im Christentum mit dem Judentum finden wir darin, eine historische, lebende Person mit Gott selbst zu identifizieren. Paulus rechtfertigt ausführlich aber nur einen anderen Bruch mit der jüdischen Tradition, nämlich der, auch Heiden zu bekehren und bestimmte jüdische Gesetze (etwa Beschneidung) nicht zu befolgen - Peanuts im Vergleich zu dem Bruch, eine lebende Person mit Gott zu identifizieren. Dennoch hält Paulus es nicht für nötig, diesen extremen Bruch zu kommentieren oder zu verteidigen, und zwar genau aus dem Grund, weil er Gott an keiner Stelle mit einer historischen Person identifiziert.

 

Dass alleine ist ein sehr starkes Argument für die Jesus-Mystiker. Es war ein Grieche, ein Nichtjude, der als erster auf die Idee verfiel, Gott mit einer historischen Person zu verbinden. Für einen Griechen ist das nicht die gewaltige Blasphemie, die es für Juden damals wie heute war, ein drastischer Verstoß gegen das Gebot, sich kein Bild von Gott zu machen. Im Christentum wird diese Idee erst ab der zweiten Hälfte des zweiten Jahrhunderts salonfähig, davor finden wir - mit Ausnahme der Evangelisten - niemanden, der diese Idee vertritt. Diese Idee ist völlig neu, und keiner der frühen Christen vertritt sie, und Juden schon überhaupt nicht. Die Idee, dass eine historische Person Gott war, hängt also an einem seidenen Faden, an der Behauptung eines Mannes. Und zwar genau des Mannes, dem ich bescheinigt habe, recht großzügig mit der Wahrheit umgegangen zu sein. Deswegen habe ich Markus zur zentralen Figur meiner Ausführungen vorher gemacht - von ihm hängt quasi alles ab. Jedes noch so kleine Argument, seine Glaubwürdigkeit zu bezweifeln, ist ein Argument für die Jesus-Mystiker und eines gegen die Orthodoxie. Man muss Markus blind vertrauen, wenn man behaupten will, dass Jesus und Christus ein und dieselbe Person sind. Aber alle, die behaupten, dass es ein Zeugnis der Frauen gab über die Auferstehung bestreiten die Glaubwürdigkeit von Markus und unterminieren damit gleichzeitig die Orthodoxie - ob sie es nun wahrhaben wollen oder nicht.

 

Wer also meint, dass Paulus seinen mythischen Christus mit Jesus identifiziert, der sollte dafür besser Belege bei Paulus suchen. Es gibt noch ein paar, die man dafür anführen könnte, und ich bin bereit, bei jeder dieser Stellen zu argumentieren, warum das irrtümlich geschieht. Im frühen Christentum des ersten Jahrhunderts bis Mitte des zweiten Jahrhunderts finden wir keinen, nicht einen, der das behauptet, abgesehen vom Autor des Timotheus-Briefes und den Evangelisten. Diese Idee hat sich erst ab Mitte des zweiten Jahrhunderts durchgesetzt, damit wurde ein Bruch des Christentums mit dem Judentum vollzogen - und zwar ausschließlich von der Seite der Heidenchristen, für die diese Idee nicht so abwegig war.

 

 

---------------------------------------------------------

[1] Eigentlich sollte man diesen Teil sogar absplitten, m. A. n.

 

[2] Wobei auch mythische Persönlichkeiten einen historischen Kern haben können, beispielsweise, wenn man Siegfried mit Arminius gleichsetzt. Aber in diesem Fall geht es nicht unbedingt darum, ob ein Wanderprediger namens Jesus gelebt hat, sondern ob dieser von den Toten auferstanden ist. Wenn man Siegfried mit Arminius gleichsetzt, heißt das ja auch, das Siegfried keinen feuerspuckenden Drachen getötet hat, sondern ein römisches Heer, und das Siegfried nicht unverwundbar war, weil er im Blut des Drachens gebadet hat. Eine historische Person namens Jesus, wenn sie existiert hat, muss ja nicht zwangsläufig auch auferstanden sein.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Es wird in diesem Thread immmfort die These vertreten, die Idee vom ewigen Leben entspringe dem Egoismus der Gläubigen. Wer solches behauptet übersieht und übergeht zur Gänze das Risiko dass das "ewige Leben" auch in einer "ewigen Strafe" bestehen kann. Diese Idee taucht übrigens schon bei Plato auf und ist im Christentum besonders ausgeprägt.

Wenn man sich dazu noch vor Augen hält wie intensiv bis weit ins 20 Jahrhundert hinein von der Amtskirche die Strafen der Hölle und des Fegefeuers als "Erziehungsmittel" eingesetzt wurden, kann über die Egoismusthese nur den Kopf schütteln.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Desweiteren war es damals eine Zeit, in der viele Leute von der Ideenlehre von Platon beinflusst waren, alle Materie wurde als unrein angesehen. Leute, die dann einen Doketismus hervorgebracht haben beeindruckt man sicherlich nicht besonders mit einer Auferstehungsgeschicht. Wahrscheinlich koennte man in der gesamten Gnosis, ein damals durchaus weitverbreiteter Glaubensrichtung, einige Argumente gegen Dein These finden.

 

Vor allem ist die ganze Gnosis - die absolute Mehrheit der Apokryphen war gnostischen Ursprungs - ein Argument gegen einen historischen Jesus. Kein Gnostiker kam auf die Idee, den mythischen Mittler zwischen dem guten Gott und der Welt, also Christus, mit einer historischen Person zu identifizieren. Im Gegenteil, Christus war Teil der "platonischen Sphäre", der Welt der Ideen, keine materielle Persönlichkeit, den die Materie, aus der Jesus bestanden haben soll, war schon per se befleckt und unrein. Im Doketismus wird ja gerade bestritten, dass Jesus eine materielle Person war, also aus Materie bestand, wie die Verfechter eines historischen Jesus behaupten.

 

Ob das auch ein Argument gegen die Definition der Religion von Kilian ist, halte ich für fragwürdig, man sollte das aber wohl an anderer Stelle diskutieren.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Ok, nutzen wir die Gelegenheit und kommen damit - nach der langen Abschweifung über Fragen der Definition der Religion[1] - wieder zu einem Kernpunkt des Threads zurück. Damit meine ich nicht das Zeugnis der Frauen, sondern die Frage, ob Jesus ein Mythos oder eine historische Persönlichkeit war[2].

 

Wir können in den GG verfolgen, dass viele der Katholiken Jesus eben nicht für einen Mythos halten, sondern für eine Person, die so gelebt hat wie wir, die essen und trinken musste, schlafen musste, sogar auf die Toilette gehen musste, die aber Jünger um sich versammelt hat, gekreuzigt wurde, deswegen gestorben ist und von den Toten auferstand. Was bedeutet: Nach der Auferstehung war das Grab leer.

Das bedeutet es mit nichten. Ich selbst und viele Mitchristen glauben so wie Volker es geschildert hat - und das ist auch Glauben der Kirche er war Mensch. Ob das Grab leer war spielt für meinen Glauben und den Glauben vieler anderer Menschen keine Rolle, weil der tote Körper und der Leib mit dem er sich den Jüngern gezeigt hat nicht dasselbe sind. Die Unterscheidung Leiblichkeit und Körperlichkeit zieht sich durch die gesamte Philosophie, insbesondere die philosophische Anthropologie. Sei hier aufzufächern würde zu weit führen.

 

Das wird von vielen als eine "Demarkationslinie" verstanden - wer nicht glaubt, das Jesus real auferstanden ist, gehört demnach nicht zu den Christen.

Das ist wie ich gerade geschilder habe unrichtig....auch wenn man seinen Körper fände, wäre Jesus auferstanden...der Terminus real entbehrt in diesem Kontext eines jeden Sinnes, weil die Realität der Auferstehung ebennicht am leeren Grab hängt.

 

Als Jesus bezeichne ich dabei die historische Person, als Christus den Gott, der vor der Welt existierte und diese geschaffen hat, wie am Anfang des Johannesevangeliums ausgeführt wird.

 

Auch das ist m.E. theologisch falsch. Zwar ist der Logos selbstverständlich genau wie der "Vater" präexistent zum Christus wird er aber erst durch den Tod und die Auferstehung.

Ich zitiere wie schon in den GG den sog. Philipperhymnus (Phil 2, 5-11)

 

Seid so unter euch gesinnt, wie es auch der Gemeinschaft in Christus Jesus entspricht:1

Er, der in göttlicher Gestalt war, hielt es nicht für einen Raub, Gott gleich zu sein,

sondern entäußerte sich selbst und nahm Knechtsgestalt an, ward den Menschen gleich und der Erscheinung nach als Mensch erkannt.

Er erniedrigte sich selbst und ward gehorsam bis zum Tode, ja zum Tode am Kreuz.

Darum hat ihn auch Gott erhöht und hat ihm den Namen gegeben, der über alle Namen ist,

dass in dem Namen Jesu sich beugen sollen aller derer Knie, die im Himmel und auf Erden und unter der Erde sind,

und alle Zungen bekennen sollen, dass Jesus Christus der Herr ist, zur Ehre Gottes, des Vaters.

 

Das worauf es mir ankommt habe ich hervorgehoben.

 

Hier wird deutlich zum Ausdruck gebracht, dass Inkarnation und Tod und der Christustitel einander bedingen.

 

Das einmal fürs erste. In folgenden stellt Volker so viele zusätzliche Behauptungen auf, die vorsichtig gesagt zweifelhaft sind, dass es unbedingt notwenig ist ihre Widerlegung sehr sorgfältig in Angriff zu nehmen. Dazu brauche ich Zeit, die ich frühestens am Abend haben werde.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

@ Volker

 

Im Gegenteil, Christus war Teil der "platonischen Sphäre", der Welt der Ideen, keine materielle Persönlichkeit, den die Materie, aus der Jesus bestanden haben soll, war schon per se befleckt und unrein. Im Doketismus wird ja gerade bestritten, dass Jesus eine materielle Person war, also aus Materie bestand, wie die Verfechter eines historischen Jesus behaupten.

 

Deswegen sind diese Apokryphen auch nicht in den Kanon aufgenommen worden. Die Kirche lehnte damals die Gnosis prinzipiell ab, nicht aus Opportunismus, sondern weil sie deren Lehre (dass die Materie prinzipiell schlecht sei)und vor allem wegen der "doppelten" Gottheit (Gott-Demiurg). Auch Paulus war kein Gnostiker (wie man hier schon mehrmals lesen konnte).

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Es wird in diesem Thread immmfort die These vertreten, die Idee vom ewigen Leben entspringe dem Egoismus der Gläubigen. Wer solches behauptet übersieht und übergeht zur Gänze das Risiko dass das "ewige Leben" auch in einer "ewigen Strafe" bestehen kann. Diese Idee taucht übrigens schon bei Plato auf und ist im Christentum besonders ausgeprägt.

Wenn man sich dazu noch vor Augen hält wie intensiv bis weit ins 20 Jahrhundert hinein von der Amtskirche die Strafen der Hölle und des Fegefeuers als "Erziehungsmittel" eingesetzt wurden, kann über die Egoismusthese nur den Kopf schütteln.

 

Das ist ein gutes Argument. In der Tat, im frühen Christentum war die Idee von "Himmel und Hölle" sehr stark ausgeprägt, und das bis hin zu neueren Zeiten, im Fundamentalismus evangelischer Prägung (und bei einigen Katholiken am rechten Rand) bis heute. Und wir finden diese Idee ja auch in den Evangelien, wo Jesus diesbezüglich einige Male zitiert wird.

 

Aber: Das ist ein starkes Argument für meine Position. Wenn wir beispielsweise die Morallehre von Jesus betrachten, dann gibt Jesus exakt zwei Gründe an, warum man sich gemäß seiner Moral verhalten sollte. Der erste Grund ist Mitleid. Man könnte auch sagen: Es ist Deine Verantwortung, ob Du mit einem anderen mit leidest oder nicht. Wenn Du also verhindern willst, mit anderen zu leiden, dann solltest Du ihnen Gutes tun. Das ist durchaus ein Appell an den Egoismus - vermeide es, zu leiden, wenn auch (zugegeben) ein recht schwacher. Der zweite Grund ist: Gehorche Gott, sonst kommst Du in die Hölle (negativ formuliert), oder (positiv formuliert) Du kommst, wenn Du die Gebote Gottes befolgst, in den Himmel, also das Paradies.

 

Man lässt dem Gläubigen die Wahl zwischen zwei Extremen, ohne dass man Bezug auf weitere Alternativen nimmt: Paradies und ewige Glückseligkeit, oder Hölle und ewiges Leiden (ob es wirklich ewig dauert im Sinne von "unendlich lange", darüber kann man streiten). Alle anderen Alternativen werden radikal entfernt, später kommt noch eine dritte Alternative auf, Fegefeuer, also zeitlich begrenztes Leid, dann schließlich noch der Limbus für ungetaufte Kinder, der aber neuerdings vom Papst eliminiert worden ist. Weitere Alternativen wie "der Tod ist (etwa für Atheisten) endgültig" kommen noch sehr viel später auf, implizieren also eine nicht ganz so drastische Alternative zur Hölle - unangenehm wäre der Verlust des ewigen Lebens aber schon, wie ich zugeben muss, wenn es denn so etwas gibt.

 

Also ursprünglich hatte man die Wahl zwischen extremer Belohnung und extremer Strafe, später gab es ein paar Zwischenstufen. Nun nehmen wir mal als Beispiel einen Menschen, der absolut keine Moral hat und keine anerkennt. Womit kann man verhindern, dass sich dieser Mensch wie ein Soziopath verhält, also beispielsweise auf die Horror-Idee kommt, kleine Kinder zu seinem eigenen Vergnügen zu foltern und zu töten? Doch nur dadurch, dass man positives Verhalten belohnt und/oder negatives (= gesellschaftlich unerwünschtes) Verhalten bestraft. Warum funktioniert das? Weil ein Soziopath auch ein extremer Egoist ist, der die Belohnung sucht und die Strafe meiden will (was jeweils als Belohnung und als Strafe angesehen wird, kann aber individuell variieren). Man kann also Verhalten auch bei Menschen ohne Moral und ohne Einsichtsfähigkeit durch Belohnung und Strafe steuern, und alle anderen Mittel (außer vielleicht Täuschung) werden versagen. Es reicht dazu aus, wenn man Belohnung und Strafe glaubwürdig in Aussicht stellt (eine Drohung wirkt nur, wenn sie glaubwürdig ist). Was natürlich bedeutet, dass ein Verhalten, bei dem jemand nicht erwischt werden kann und der über kein Gewissen verfügt, weder durch Belohnung noch durch Strafe verhindert werden kann, wenn er sein Verhalten als Belohnung ansieht.

 

Es gibt also keinen wirksameren Appell, sich moralisch zu verhalten als den, an den Egoismus der Handelnden zu appellieren, in dem man belohnt und bestraft. Ein rein irdischer Appell ist nicht so wirksam, weil ja immer noch die Möglichkeit besteht, nicht erwischt zu werden (es reicht, wenn derjenige glaubt, nicht erwischt zu werden). Gott aber - das ist die christliche Botschaft - erwischt jeden, immer und überall. Und gerade ein Egoist, den man dies glauben macht, wird sich dann hüten, etwas Böses zu tun - mag sein, dass er auf der Erde nicht erwischt wird, aber das spielt ja keine Rolle.

 

Die ganze christliche Moral besteht im Kern also aus einem Appell an Egoisten, der umso stärker wirkt, je stärker die Leute daran auch glauben. Das muss nicht auf Tatsachen beruhen, es genügt der Glauben daran. Tatsächlich gibt es keine logischen Argumente dafür, anzunehmen, dass alle bösen Taten eines Tages bestraft und alle guten Taten eines Tages belohnt werden: Auf der Erde ist das ganz sicher nicht der Fall. Um Bertrand Russel zu zitieren: Manchmal geht es den Bösen gut und den Guten schlecht, und man weiß nicht, was ärgerlicher ist. Ich glaube, kein Christ wird bestreiten, dass auf Erden nicht immer alles Böse bestraft und nicht immer alles Gute belohnt wird. Wenn dies der Fall wäre, wenn also ein Böser immer erwischt wird (und das auch glaubt), und immer bestraft wird, dann gäbe es weniger Böses unter den Menschen (abhängig von der Strafe, wenn die Strafe den Vorteil aus der bösen Tat nicht kompensiert, hätte das kaum eine Wirkung[1]). Wir sehen also die christliche Botschaft: Verhalte Dich moralisch, sonst droht Dir Strafe - eindeutiger kann man nicht an Egoismus appellieren. Das geht so weit, dass man sich als Atheist von Christen vorhalten lassen muss, dass man unmoralisch handelt, bloß weil man nicht an eine Hölle oder an ewiges Leben glaubt.

 

Nun ist die Definition von Kilian hier ja noch nicht zu Ende: Die Religion dient u. a. auch dem Zweck, den Propagandisten der Religion Vorteile zu erschleichen, in dem auf nicht logische Weise argumentiert wird. Diese Vorteile werden von den Alpha-Männchen, den Machthabern, gewährt. Dazu muss man nur glaubhaft machen, dass u. a. mit der Höllendrohung zur besseren Moral beigetragen wird. Ob es auch funktioniert ist unerheblich[2] - es muss nur glaubhaft sein.

 

Wir haben also drei Vorteile, die aus der religiösen (nicht-logischen) "Argumentation" folgen: Die Machthaber haben den Vorteil, dass "ihre" Gesellschaft den allgemeinen moralischen Grundsätzen folgt, was bedeutet, dass damit ihrem Egoismus gedient ist. Die Priester und andere Religionsführer haben den Vorteil, wenn sie dies den Mächtigen glaubhaft machen können, dass sie für diesen Dienst eine rein irdische Belohnung erhalten, was ihren Egoismus befriedigt. Und der Rest, wenn er das glaubt, kann damit zufrieden sein, dass er in einer Gesellschaft lebt, in der das Böse minimiert und das Gute maximiert wird, was zu seinem Vorteil ist. Und was nicht irdischer Gerechtigkeit anheim fällt, wird später durch überirdische Gerechtigkeit ausgeglichen. Sich selbst moralisch zu verhalten ist der Preis, den man dafür zahlt, dass sich auch alle anderen so weit wie möglich sich moralisch verhalten, was verstärkt wird (glaubt man), wenn an eine überirdische Belohnung/Bestrafung appelliert wird.

 

Natürlich hat der Glauben an einen überirdischen Ausgleich eine gewisse Beschränkung: Würde man absolut daran glauben, dann wäre jede irdische Form von Belohnung und Strafe ja absolut überflüssig. Es reicht aber wiederum, zu glauben, dass der Appell an den Egoismus durch überirdische Belohnung/Bestrafung die statistische Wahrscheinlichkeit erhöht, dass weniger Böses und mehr Gutes geschieht. Und genau so argumentieren Christen ja auch im Allgemeinen. Sie glauben nicht, dass dies absolut wirkt, denn sonst gäbe es keine gläubigen Christen, die Böses tun, und geschichtlich gesehen kann man sich schnell vom Gegenteil überzeugen, was aber oft durch das (fehlerhafte) "Argument des wahren Schotten" wegdiskutiert wird - ein Beispiel für die Wirksamkeit unlogischer, also religiöser Argumente. Was wiederum die Behauptung von Kilian stützt, und weswegen auch der Titel "Die Logik der Nicht-Logik" gewählt wurde. Die logische Folge, dass jemand den nicht logischen Argumenten der (christlichen) Religion folgt, besteht darin, dass durch den Appell an den Egoismus (Belohnung erwirken, Bestrafung verhindern) der Individuen sich die allgemeine Moral bessert. Dass das Christentum auch die irdische Moral fördert gehört zum christlichen Glauben dazu, wenn es auch immer wieder Christen gibt (aber erst seit neuerer Zeit), die das bestreiten.

 

Ich sehe darin ein Argument für Kilian, und nicht gegen ihn.

 

 

-------------------------------------------------------

[1] Ich hatte dazu mal ein Beispiel genannt: Wenn ein zum Tode verurteilter Drogendealer in den USA in der Todeszelle sitzt und auf seine Hinrichtung wartet, dann ist die Wahrscheinlichkeit, dass er eines natürlichen Todes stirbt, statistisch gesehen viermal so groß wie bei einem Drogendealer auf der Straße - was bedeutet, die abschreckende Wirkung der Todesstrafe hält sich arg in Grenzen.

 

[2] Tatsächlich gibt es keinen empirischen Grund, zu glauben, dass das auch funktioniert. Das kann man aber nur beurteilen, wenn man sich auf rein logische und empirische, also rationale Gründe, einlässt. Aber Religion wird sehr selten über solche Argumente begründet.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

@ Volker

 

Es gibt also keinen wirksameren Appell, sich moralisch zu verhalten als den, an den Egoismus der Handelnden zu appellieren, in dem man belohnt und bestraft. Ein rein irdischer Appell ist nicht so wirksam, weil ja immer noch die Möglichkeit besteht, nicht erwischt zu werden (es reicht, wenn derjenige glaubt, nicht erwischt zu werden). Gott aber - das ist die christliche Botschaft - erwischt jeden, immer und überall. Und gerade ein Egoist, den man dies glauben macht, wird sich dann hüten, etwas Böses zu tun - mag sein, dass er auf der Erde nicht erwischt wird, aber das spielt ja keine Rolle.

 

Belohnen und bestrafen ist ja nichts spezifisch christliches, das ist wahrscheinlich so alt wie die Menschheit selber. Und die Beispiele Jesu gehen ja weit darüber hinaus (z.B. der barmherzige Samariter), er appelliert auch einfach so, an die Freiwilligkeit.

 

Die ganze christliche Moral besteht im Kern also aus einem Appell an Egoisten, der umso stärker wirkt, je stärker die Leute daran auch glauben. Das muss nicht auf Tatsachen beruhen, es genügt der Glauben daran. Tatsächlich gibt es keine logischen Argumente dafür, anzunehmen, dass alle bösen Taten eines Tages bestraft und alle guten Taten eines Tages belohnt werden: Auf der Erde ist das ganz sicher nicht der Fall.

 

Das kann ich überhaupt nicht nachvollziehen. Es gab immer schon Menschen, die mehr an sich als an alle andere gedacht haben, und andere, die ihr Lebensziel anders ausgerichtet haben, Gläubige und Ungläubige. Und das Beispiel, das du gebracht hast, arbeitet ja schon mit einer vorgefertigten Definition (die minimal gewählt wurde, worauf auch Marcellinus angesprochen hat), und dann wundert das Ergebnis natürlich nicht.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

 

Aber: Das ist ein starkes Argument für meine Position. Wenn wir beispielsweise die Morallehre von Jesus betrachten, dann gibt Jesus exakt zwei Gründe an, warum man sich gemäß seiner Moral verhalten sollte. Der erste Grund ist Mitleid.

Hier isz bereits die erste falsche Prämisse. Das wichtigste und eigentlich einzig gültige Grund sich an Jesu Worte zu halten ist Liebe[/size. Du sollst den Herrn Deinen Gott lieben .....und Deinen Nächsten wie Dich selbst.

Wer dies missversteht kann überhaupt keine richtige Aussage mehr über das Christenttum machen, sondern er degradiert es wie soeben geschehen zu einer Morallehre, die des von Jesus her nicht ist.

 

Auf den Rest gehe ich erst morgen abend ein, weil ich morgen eine Prüfung habe...aber diese erste Richtigstellung ist einfach wichtig.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

@ Volker

 

Die Religion dient u. a. auch dem Zweck, den Propagandisten der Religion Vorteile zu erschleichen, in dem auf nicht logische Weise argumentiert wird. Diese Vorteile werden von den Alpha-Männchen, den Machthabern, gewährt. Dazu muss man nur glaubhaft machen, dass u. a. mit der Höllendrohung zur besseren Moral beigetragen wird. Ob es auch funktioniert ist unerheblich[2] - es muss nur glaubhaft sein.

 

Mit der Höllendrohung lockst du ja heute gar keinen Hund mehr hinter dem Ofen hervor. Die ganze Betrachtungsweise ist dem Menschen nicht angemessen, da sie ja ursprünglich aus dem Tierreich (alpha-männchen usw.) stammt und überhaupt keine psychologische "Feinheiten" enthält. Die menschlichen Verhaltensweisen sind ja in Wirklichkeit viel komplexer. Und wenn du die Rangordnung auf Menschen und Religionen übertragen willst, dann stimmt sie meistens kaum in dieser generalisierten Form.

 

Wir haben also drei Vorteile, die aus der religiösen (nicht-logischen) "Argumentation" folgen: Die Machthaber haben den Vorteil, dass "ihre" Gesellschaft den allgemeinen moralischen Grundsätzen folgt, was bedeutet, dass damit ihrem Egoismus gedient ist. Die Priester und andere Religionsführer haben den Vorteil, wenn sie dies den Mächtigen glaubhaft machen können, dass sie für diesen Dienst eine rein irdische Belohnung erhalten, was ihren Egoismus befriedigt.

 

Das tut die Gesellschaft ja heute sowieso nicht, den Vorschriften der Machthaber folgen, die sich u.U. auch gar nicht mit den religiösen decken,

fällt also weg, und die Geistlichen werden nicht "belohnt", sondern wie jeder andere erhalten sie ein Gehalt.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Ok, nutzen wir die Gelegenheit und kommen damit - nach der langen Abschweifung über Fragen der Definition der Religion[1] - wieder zu einem Kernpunkt des Threads zurück. Damit meine ich nicht das Zeugnis der Frauen, sondern die Frage, ob Jesus ein Mythos oder eine historische Persönlichkeit war[2].

 

Wir können in den GG verfolgen, dass viele der Katholiken Jesus eben nicht für einen Mythos halten, sondern für eine Person, die so gelebt hat wie wir, die essen und trinken musste, schlafen musste, sogar auf die Toilette gehen musste, die aber Jünger um sich versammelt hat, gekreuzigt wurde, deswegen gestorben ist und von den Toten auferstand. Was bedeutet: Nach der Auferstehung war das Grab leer.

Das bedeutet es mit nichten. Ich selbst und viele Mitchristen glauben so wie Volker es geschildert hat - und das ist auch Glauben der Kirche er war Mensch. Ob das Grab leer war spielt für meinen Glauben und den Glauben vieler anderer Menschen keine Rolle, weil der tote Körper und der Leib mit dem er sich den Jüngern gezeigt hat nicht dasselbe sind. Die Unterscheidung Leiblichkeit und Körperlichkeit zieht sich durch die gesamte Philosophie, insbesondere die philosophische Anthropologie. Sei hier aufzufächern würde zu weit führen.

 

Das wird von vielen als eine "Demarkationslinie" verstanden - wer nicht glaubt, das Jesus real auferstanden ist, gehört demnach nicht zu den Christen.

Das ist wie ich gerade geschilder habe unrichtig....auch wenn man seinen Körper fände, wäre Jesus auferstanden...der Terminus real entbehrt in diesem Kontext eines jeden Sinnes, weil die Realität der Auferstehung ebennicht am leeren Grab hängt.

 

Ok, ich korrigiere dies: Auch heute gilt das nicht für alle Christen. Das würde eine Verteidigung "das Grab war leer" allerdings überflüssig machen. Für meine Darstellung ist das aber unerheblich.

 

Als Jesus bezeichne ich dabei die historische Person, als Christus den Gott, der vor der Welt existierte und diese geschaffen hat, wie am Anfang des Johannesevangeliums ausgeführt wird.

 

Auch das ist m.E. theologisch falsch. Zwar ist der Logos selbstverständlich genau wie der "Vater" präexistent zum Christus wird er aber erst durch den Tod und die Auferstehung.

 

Deswegen - vor allem, um umständliche Formulierungen zu vermeiden - habe ich das auch als meine Definition bezeichnet. Dass orthodoxe Theologen (anders als die Jesus-Mystiker) diese Unterscheidung so nicht treffen, sollte selbstverständlich sein, weil sie von der Identität eines historischen Jesus mit dem göttlichen Christus ausgehen, da gibt es keinerlei Notwendigkeit, das wieder auseinander zu dividieren. Ich mache das aber nur um der Klarheit willen und schlage für, dass man diese (meine) nicht-orthodoxe Definition im Hinterkopf behält, wenn man meine Texte liest. Denn es ist ja gerade die Streitfrage, ob der historische Jesus von Anfang an derselbe Christus war. In dem man die Identität voraussetzt klärt man diese Frage nicht, weil es ja darum geht, zu klären, ob das berechtigt ist oder nicht. Ansonsten geht es ziemlich durcheinander.

 

Ich zitiere wie schon in den GG den sog. Philipperhymnus (Phil 2, 5-11)

 

Seid so unter euch gesinnt, wie es auch der Gemeinschaft in Christus Jesus entspricht:1

Er, der in göttlicher Gestalt war, hielt es nicht für einen Raub, Gott gleich zu sein,

sondern entäußerte sich selbst und nahm Knechtsgestalt an, ward den Menschen gleich und der Erscheinung nach als Mensch erkannt.

Er erniedrigte sich selbst und ward gehorsam bis zum Tode, ja zum Tode am Kreuz.

Darum hat ihn auch Gott erhöht und hat ihm den Namen gegeben, der über alle Namen ist,

dass in dem Namen Jesu sich beugen sollen aller derer Knie, die im Himmel und auf Erden und unter der Erde sind,

und alle Zungen bekennen sollen, dass Jesus Christus der Herr ist, zur Ehre Gottes, des Vaters.

 

Das worauf es mir ankommt habe ich hervorgehoben.

 

Hier wird deutlich zum Ausdruck gebracht, dass Inkarnation und Tod und der Christustitel einander bedingen.

 

Ja, ich dachte mir schon, dass dies zitiert werden würde. Zum einen sieht man an dieser Stelle den Doketismus durchscheinen: "...ward den Menschen gleich und der Erscheinung nach als Mensch erkannt". Er war den Menschen gleich, aber nur der Erscheinung nach. Das ist nichts anderes als wenn man sagt, dass Zeus zwar wie ein Mensch aussieht (er erscheint anderen Menschen, wenn er ihnen begegnet, als ein Mensch - manchmal auch in anderen Gestalten, manchmal sogar als Tier), aber natürlich ist Zeus kein Mensch. Paulus legt überall großen Wert auf Erscheinungen. Jesus erscheint als Mensch, nicht anders als Zeus. Wir finden dies übrigens auch als einen Widerspruch in der Geschichte aus den Evangelien, wo Jesus zwar durch geschlossen Wände marschieren kann, aber dann Fisch isst, um seine reine Leiblichkeit zu demonstrieren. Auch hier erscheint Jesus als ein Mensch, d. h., er ist nur scheinbar ein Mensch mit einem Körper. Übrigens wird das auch hier wieder nicht auf einen Ort oder eine Zeit bezogen (abgesehen von: irgendwann in der Vergangenheit, an keinem bestimmten irdischen Ort).

 

Paulus unterscheidet ja nicht, wie ich es getan habe, zwischen einer historischen, körperlichen Person namens Jesus aus Nazareth und Christus. Da er Jesus nicht auf eine historische Person bezieht wäre das auch überflüssig. Paulus redet von einer Erscheinung. Jesus scheint ein Mensch zu sein. Das würde man wohl kaum sagen, wenn man behaupten will, dass er auch ein Mensch war.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Aber: Das ist ein starkes Argument für meine Position. Wenn wir beispielsweise die Morallehre von Jesus betrachten, dann gibt Jesus exakt zwei Gründe an, warum man sich gemäß seiner Moral verhalten sollte. Der erste Grund ist Mitleid.

Hier isz bereits die erste falsche Prämisse. Das wichtigste und eigentlich einzig gültige Grund sich an Jesu Worte zu halten ist Liebe[/size. Du sollst den Herrn Deinen Gott lieben .....und Deinen Nächsten wie Dich selbst.

Wer dies missversteht kann überhaupt keine richtige Aussage mehr über das Christenttum machen, sondern er degradiert es wie soeben geschehen zu einer Morallehre, die des von Jesus her nicht ist.

 

Die Frage ist aber, warum sollte man Gott überhaupt lieben? Ganz einfach: Damit man im Jenseits belohnt wird, tut man es nicht, wird man dafür bestraft. Das ist kein neuer Grund, der über die zwei von mir erwähnten hinausgeht. Es gibt für das Gebot keinerlei andere Begründung, explizit an dieser Stelle sogar überhaupt keine Begründung. Man sollte es tun, weil Gott es so will. Das ist aber kein Grund, wenn nicht im Hintergrund Belohnung und Strafe winkt.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

@ Volker

 

Paulus unterscheidet ja nicht, wie ich es getan habe, zwischen einer historischen, körperlichen Person namens Jesus aus Nazareth und Christus. Da er Jesus nicht auf eine historische Person bezieht wäre das auch überflüssig. Paulus redet von einer Erscheinung. Jesus scheint ein Mensch zu sein. Das würde man wohl kaum sagen, wenn man behaupten will, dass er auch ein Mensch war.

 

Das stimmt nicht. Natürlich meint Paulus den historischen Christus, da gibt es auch genug Zitate in seinen Briefen, und er kannte auch andere Aussprüche vom historischen Jesus. Von Erscheinung redet er nur, und zwar ausschließlich, in Zusammenhang mit seiner Bekehrung. Alles andere ist Spekulation.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

 

Die Frage ist aber, warum sollte man Gott überhaupt lieben? Ganz einfach: Damit man im Jenseits belohnt wird, tut man es nicht, wird man dafür bestraft. Das ist kein neuer Grund, der über die zwei von mir erwähnten hinausgeht. Es gibt für das Gebot keinerlei andere Begründung, explizit an dieser Stelle sogar überhaupt keine Begründung. Man sollte es tun, weil Gott es so will. Das ist aber kein Grund, wenn nicht im Hintergrund Belohnung und Strafe winkt.

Du solltest Dich einmal mit der Kant'schen Unterscheidung von pflichtgemäßem Handeln und Handeln aus Pflicht auseinanderstzen, dann könntest Du auch das Christentum besser verstehen und würdest bei ausreichender Lernfähigkeit weniger Fehler machen.

 

Gott soll man lieben, weil er Gott ist und aus sonst keinem anderen Grund nicht aus Dankbarkeit und schon gar nicht aus Höllenangst.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

 

Die Frage ist aber, warum sollte man Gott überhaupt lieben? Ganz einfach: Damit man im Jenseits belohnt wird, tut man es nicht, wird man dafür bestraft. Das ist kein neuer Grund, der über die zwei von mir erwähnten hinausgeht. Es gibt für das Gebot keinerlei andere Begründung, explizit an dieser Stelle sogar überhaupt keine Begründung. Man sollte es tun, weil Gott es so will. Das ist aber kein Grund, wenn nicht im Hintergrund Belohnung und Strafe winkt.

Du solltest Dich einmal mit der Kant'schen Unterscheidung von pflichtgemäßem Handeln und Handeln aus Pflicht auseinanderstzen, dann könntest Du auch das Christentum besser verstehen und würdest bei ausreichender Lernfähigkeit weniger Fehler machen.

 

Gott soll man lieben, weil er Gott ist und aus sonst keinem anderen Grund nicht aus Dankbarkeit und schon gar nicht aus Höllenangst.

 

Wozu kommt, dass der Mensch sich von dem Lohn-Bestrafen-Denken emanzipieren kann. Da gibt es auch Beispiele genug.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

 

Vor allem ist die ganze Gnosis - die absolute Mehrheit der Apokryphen war gnostischen Ursprungs - ein Argument gegen einen historischen Jesus. Kein Gnostiker kam auf die Idee, den mythischen Mittler zwischen dem guten Gott und der Welt, also Christus, mit einer historischen Person zu identifizieren. Im Gegenteil, Christus war Teil der "platonischen Sphäre", der Welt der Ideen, keine materielle Persönlichkeit, den die Materie, aus der Jesus bestanden haben soll, war schon per se befleckt und unrein. Im Doketismus wird ja gerade bestritten, dass Jesus eine materielle Person war, also aus Materie bestand, wie die Verfechter eines historischen Jesus behaupten.

 

Ob das auch ein Argument gegen die Definition der Religion von Kilian ist, halte ich für fragwürdig, man sollte das aber wohl an anderer Stelle diskutieren.

Da reden wir ziemlich gezielt aneinander vorbei. Wenn ich Dich richtig verstanden habe, ist Deinen These, die Motivation, warum man von einer Auferstehung geschrieben hat, waere der vorsaetzliche Gedanke, unter Ausnutzung des menschlichen Egoismus ueber Jesus etwas zu erzaehlen, damit die Jesus-Geschichte mit groesserer Wahrscheinlichkeit weitererzahlt wird. Gegen dieses und nur gegen dieses Argument wende ich mich mit meinem Verweis auf die Gnosis. Deine gesamten Ausfuehrungen koennten eventuell richtig sein, wenn es nur die vier kanonischen Evangelien gaebe. Jedoch zum Besipiel das Thomas-Evangelium - dessen genaue Datierung bis heute umstritten, nur im Gegensatz zur sagenumwobenen Logienquelle Q ueberliefert ist - unterstuezt Deine These nicht, denn Dir zufolge muesste alle Evangelien eine Auferstehungsgeschichte enthalte.

 

Es sei auch betont, dass ich die Frage der Historizitaet von Jesus ich in keinster Weise beruehre.

 

A mi modo de ver

DonGato.

bearbeitet von DonGato
Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Habe heute nur ganz wenig Zeit, aber sehe ich das richtig: Volker und Wolfgang argumentieren zu einem Thema???!! Ich hab's nur überflogen, hatte aber den Eindruck, dass es sehr sachlich zugeht. Wahnsinn. Ich freue mich schon auf die Lektüre heute Abend!!!

:daumenhoch:

Dale

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Habe heute nur ganz wenig Zeit, aber sehe ich das richtig: Volker und Wolfgang argumentieren zu einem Thema???!! Ich hab's nur überflogen, hatte aber den Eindruck, dass es sehr sachlich zugeht. Wahnsinn. Ich freue mich schon auf die Lektüre heute Abend!!!

:daumenhoch:

Dale

Da sagen doch hier alle, Vernunftsapplle zur Einstellung von persoenlichen Hickhack wuerden nie etwas bringen ...

 

DonGato.

bearbeitet von DonGato
Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

 

 

Paulus berichtet, wenn wir ihn traditionell datieren und seine Existenz nicht anzweifeln, in erster Linie von Christus, dem Sohn Gottes, aber es gibt nur drei Stellen, an denen man so etwas wie eine Identifikation von diesem Christus mit einer historischen Person namens Jesus herauslesen können.

 

Interessante These. Allein in den ersten Absätzen des Römerbriefes ist schon 4x der Name Jesus Christus genannt...wenn der Jesus der hier genannt ist nicht der historische Jesus gewesen sein soll, wer war es dann? War für Paulus Jesus der Vorname von Christus?

Dass wir just dem hl. Paulus die älteste Schilderung des Abendmahles verdanken sollte man auch nicht übersehen:

In 1.Kor 11,23ff heißt es:

Denn ich habe von dem Herrn empfangen, was ich euch weitergegeben habe: Der Herr Jesus, in der Nacht, da er verraten ward, nahm er das Brot, dankte und brach's und sprach: Das ist mein Leib, der für euch gegeben wird; das tut zu meinem Gedächtnis. Desgleichen nahm er auch den Kelch nach dem Mahl und sprach: Dieser Kelch ist der neue Bund3 in meinem Blut; das tut, sooft ihr daraus trinkt, zu meinem Gedächtnis. Denn sooft ihr von diesem Brot esst und aus dem Kelch trinkt, verkündigt ihr den Tod des Herrn, bis er kommt.

Auch im griechischen Orginal ist ausdrücklich vom Kyrios Iesous die Rede. Gerade aus dieser Abendmahlserzählung geht deutlich hervor dass für Paulus die Identität von Jesus und Christus völlig klar ist

Zudem: Bekanntlich war der Fisch schon in frühester Zeit Symbol für das Christussymbol schlechthin. Ableiten tut sich dies bekanntlich aus dem Anfanbgsbuchstaben des griechischen Wortes für Fisch ἰχθύς = ichthýs. Ιησούς Χριστός Θεού Υιός Σωτήρ[ας = Iesous Christós Theoú Hyiós Sōtér = Jesus Christus Gottes Sohn Erlöser, wodurch bereits ein kurzes Glaubensbekenntnis formuliert ist.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

...

Zudem: Bekanntlich war der Fisch schon in frühester Zeit Symbol für das Christussymbol schlechthin. Ableiten tut sich dies bekanntlich aus dem Anfanbgsbuchstaben des griechischen Wortes für Fisch ἰχθύς = ichthýs. Ιησούς Χριστός Θεού Υιός Σωτήρ[ας = Iesous Christós Theoú Hyiós Sōtér = Jesus Christus Gottes Sohn Erlöser, wodurch bereits ein kurzes Glaubensbekenntnis formuliert ist.

Das Argument halt ich nicht fuer ueberzeugend, da der eucharistischen Fisch erst seit dem 2. Jhr. als christliche Symbolik bekannt ist - so weit ich informiert bin.

 

A mi modo de ver

DonGato.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

...

Zudem: Bekanntlich war der Fisch schon in frühester Zeit Symbol für das Christussymbol schlechthin. Ableiten tut sich dies bekanntlich aus dem Anfanbgsbuchstaben des griechischen Wortes für Fisch ἰχθύς = ichthýs. Ιησούς Χριστός Θεού Υιός Σωτήρ[ας = Iesous Christós Theoú Hyiós Sōtér = Jesus Christus Gottes Sohn Erlöser, wodurch bereits ein kurzes Glaubensbekenntnis formuliert ist.

Das Argument halt ich nicht fuer ueberzeugend, da der eucharistischen Fisch erst seit dem 2. Jhr. als christliche Symbolik bekannt ist - so weit ich informiert bin.

 

A mi modo de ver

DonGato.

Nun im 2. Jh gibt es bereits Zeugnisse in Inschriften, man wird da schon von einer gewissen Vorlaufzeit ausgehen dürfen, Zudem gibt es durchaus ernstzunehmende Annahmen, der Fisch habe schon sehr früh etwa zur Zeit der neronischen Verfolgung als Erknnungszeichen gedient eine malte ein Kreissegment in den Sand und ein zweiter ergänzte es.

 

Es ist aber auch egal, denn die Gleichsetzung bei Paulus liegt völlig klar auf der Hand.

bearbeitet von Der Geist
Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Vor allem ist die ganze Gnosis - die absolute Mehrheit der Apokryphen war gnostischen Ursprungs - ein Argument gegen einen historischen Jesus. Kein Gnostiker kam auf die Idee, den mythischen Mittler zwischen dem guten Gott und der Welt, also Christus, mit einer historischen Person zu identifizieren. Im Gegenteil, Christus war Teil der "platonischen Sphäre", der Welt der Ideen, keine materielle Persönlichkeit, den die Materie, aus der Jesus bestanden haben soll, war schon per se befleckt und unrein. Im Doketismus wird ja gerade bestritten, dass Jesus eine materielle Person war, also aus Materie bestand, wie die Verfechter eines historischen Jesus behaupten.

 

Ob das auch ein Argument gegen die Definition der Religion von Kilian ist, halte ich für fragwürdig, man sollte das aber wohl an anderer Stelle diskutieren.

Da reden wir ziemlich gezielt aneinander vorbei. Wenn ich Dich richtig verstanden habe, ist Deinen These, die Motivation, warum man von einer Auferstehung geschrieben hat, waere der vorsaetzliche Gedanke, unter Ausnutzung des menschlichen Egoismus ueber Jesus etwas zu erzaehlen, damit die Jesus-Geschichte mit groesserer Wahrscheinlichkeit weitererzahlt wird.

 

Ja, das ist ein Missverständnis. Zum einen, niemand hat vorsätzlich die Idee mit der Auferstehung erfunden, um damit den menschlichen Egoismus auszunutzen - zumindest ist das sehr, sehr unwahrscheinlich.Im Judentum, beispielsweise, gab es ursprünglich keinen Glauben an eine Auferstehung:

 

Prediger 3: 19 Denn was das Geschick der Menschenkinder und das Geschick der Tiere betrifft, so haben sie einerlei Geschick: wie diese sterben, so sterben jene, und einen Odem haben sie alle; und da ist kein Vorzug des Menschen vor dem Tiere, denn alles ist Eitelkeit.20 Alles geht an einen Ort; alles ist aus dem Staube geworden, und alles kehrt zum Staube zurück.21 Wer weiß von dem Odem der Menschenkinder, ob er aufwärts fährt, und von dem Odem der Tiere, ob er niederwärts zur Erde hinabfährt? 22 Und so habe ich gesehen, daß nichts besser ist, als daß der Mensch sich freue an seinen Werken; denn das ist sein Teil. Denn wer wird ihn dahin bringen, daß er Einsicht gewinne in das, was nach ihm werden wird?

 

Prediger 9: <a name="5">5 Denn die Lebenden wissen, daß sie sterben werden; die Toten aber wissen gar nichts, und sie haben keinen Lohn mehr, denn ihr Gedächtnis ist vergessen. 6 Sowohl ihre Liebe als auch ihr Haß und ihr Eifern sind längst verschwunden; und sie haben ewiglich kein Teil mehr an allem, was unter der Sonne geschieht.

 

Das ist wohl ziemlich eindeutig. Erst kurz vor Beginn der Zeitrechnung setzte sich allmählich die Ansicht durch, dass es ein ewiges Leben gibt. Zur der Zeit, zu der Jesus gelebt haben soll, vertreten die Samariter noch die alte Sichtweise, gelten aber schon als religiöse Außenseiter im Judentum.

 

Der Grund für die Änderung dieser Sichtweise ist ein politischer: Die Juden haben immer die Gerechtigkeit Gottes gepriesen. Dann aber wurden sie ziemlich gebeutelt - wieder einmal besetzten Fremde (schon wieder Heiden zudem!) ihr Land, die Römer. Konnte Gott gerecht sein, wenn man diese unbefriedigenden und ungerechten irdischen Umstände bedenkt? Warum sollte man einen ungerechten Gott verehren? Um aufrecht zu erhalten, dass Gott gerecht ist, musste man also eine Zusatzannahme machen - nämlich, dass es einen Ausgleich im Jenseits gab. Das ist "die Logik der Nicht-Logik". Um den Glauben an einen gerechten Gott retten zu können, musste man auf einen jenseitigen Ausgleich setzen, alles andere würde auf Dauer dazu führen, die Gerechtigkeit Gottes zu bestreiten (außerdem lässt er sein auserwähltes Volk im Stich!). Also führt man - ohne jeden weiteren Grund - die Annahme an ein ewiges Leben (allmählich!) ein. Im Monotheismus braucht man keinen Grund, eine neue Annahme einzuführen als den, dass sich alte Voraussetzungen sonst nicht halten lassen. Das ist einerseits eine logische Folge der Annahme "Gott muss gerecht sein, sonst hätten wir keinen Grund ihm und seiner Moral zu folgen", andererseits aber gebietet eine konsequente Logik, dass man angesichts der Ungerechtigkeit der Welt diese Annahme verwirft. Es gibt ja auch Juden, die beispielsweise angesichts des Holocausts diesen Schlussstrich gezogen haben, aber das war nicht die Mehrheit. Die Mehrheit hat die Idee, dass der Gerechtigkeit im Jenseits genüge getan wird, akzeptiert. Es gibt keinen logischen Grund, das zu tun. Das ist die Nicht-Logik in der Logik.

 

In diesem Thread kann man diese Vorgehensweise gut verfolgen: Nachdem ich behauptet hatte, dass aus dem Markusevangelium nicht folgt, dass die Frauen die Auferstehung bezeugt hatten, kam Ih17 auf die Idee, dass sie das eben nonverbal doch bezeugt hatten, samt der eigentlich absurden Folgerung, dass sie nonverbal den weggewälzten Stein, den weiß gekleideten Jüngling mitsamt seinen Worten etc. doch irgendwie kund getan haben. Der einzige Grund dafür ist nicht logischer Art, nämlich, um die ursprüngliche Annahme irgendwie zu retten. Da beißt man mit Logik auf Granit, wenn man konsequent ist.

 

Man kann diese Flut an ad-hoc-Annahmen gut beobachten, wenn man mit Christen das Theodizeeproblem diskutiert: Es wird jede Art der Nicht-Logik bemüht, gleich wie sehr an den Haaren herbeigezogen, um die ursprüngliche Annahme eines gütigen und allmächtigen Gottes aufrecht erhalten zu können, gerade auch wenn dies, logisch gesehen, nicht funktionieren kann. Man will unter keinen Umständen von seinen Grundlagen weg, zur Not scheißt man auf jede Logik. Man argumentiert logisch, wenn man seine Voraussetzungen damit erhalten kann, man schwenkt aber radikal um, sobald das nicht mehr geht. Dabei wäre es für einen Logiker eher einsichtig, dass für Gott die Logik nicht gilt, aber die Konsequenzen wären absolut verheerend: Dann müsste man auch einwenden, dass aus dem Befolgen der göttlichen Gebote logisch nicht folgt, dass man etwa auferstehen wird, weil man sich an die Gebote hält - das genaue Gegenteil wäre ebenso plausibel (aus nicht-logischem folgt Beliebiges, eine Ansicht, die kein Gläubiger, wenn es um seinen Glauben geht, folgen kann).

 

Wie auch immer, wenn man die Gerechtigkeit Gottes als Annahme aufrecht erhalten kann (woraus folgt, dass man diesen Gott verehren muss um so seine egoistischen Ziele verwirklichen zu können), in dem man die Auferstehung hinzufügt, dann macht man das. Das setzt keine bewusste Planung voraus, das machen Gläubige quasi automatisch, ohne darüber nachzudenken. Und es gibt einen weiteren Grund, diese Annahme zu machen: Damit lässt sich plötzlich Gott gegen den Einwand, dass die Welt ungerecht ist, verteidigen. Man ignoriert einfach die Empirie, die besagt, dass die Welt ungerecht ist und keinen logischen Schluss auf einen gerechten Gott zulässt. Man hat sich und seinen Glauben gegen empirisch-logische Widerlegung immunisiert. Jede Immunisierung dient dem Zweck, sich gegen Widerlegung zu wappnen, sei diese nun empirisch, logisch, oder beides. Und siehe da, das hat den Effekt, dass sich nun der Glauben an Gott viel besser verkaufen lässt - noch besser als vorher. Und es befriedigt den Egoismus, wenn man auf einen gerechten Ausgleich hoffen kann - deswegen haben die Priester diese Idee auch nach anfänglichem Widerstand (und obwohl aus der Bibel das Gegenteil hervorgeht) akzeptiert, weil dies ja ihren Status eher noch bestärkt. Und dieser Status wird aus durchaus eigennützigen Motiven heraus aufrecht erhalten. Aber bewusst geplant hat das keiner, vielleicht mit der seltenen Ausnahme von ein paar Zynikern.

 

Religion ist kein Priestertrug. Ron L. Hubbard ist vielleicht eine Ausnahme, er hat eine Religion komplett konstruiert, um sein Streben nach Macht und Geld zu befriedigen. Weitere Beispiele sind mir nicht bekannt - und von Scientologen wird dies sicher heftig bestritten, und ich denke, die meisten von ihnen glauben selbst, dass dem nicht so war. Ihr Egoismus - die Vorteile, die sie durch diese Religion haben - hat sich hinter ihrem eigenen Rücken durchgesetzt, sonst wären sie nämlich nicht glaubwürdig. Täuschung in der Religion setzt fast immer erst einmal Selbsttäuschung voraus. Ist diese einmal etabliert, dann perpetuiert sie sich selbst, weil es äußerst schmerzhaft ist, sich einzugestehen, dass man einer Täuschung erlegen ist. Meidung von Schmerz ist die erste egoistische Devise, ob man auch andere damit täuscht, ist moralisch ohne jeden Belang, man muss ja nur selbst genug davon überzeugt sein, um das vermeiden zu können. Wer sieht sich selbst schon gerne als einen Betrüger an?

 

Deswegen ist auch die Überzeugung ein schlimmerer Feind der Wahrheit als die Lüge: Lügen kann man durchschauen, jemand der ehrlich selbst von etwas überzeugt ist, lügt aber nicht (lügen heißt, etwas anderes zu sagen als das, von dem man selbst überzeugt ist). Eine Lüge kann man zwar auch gegen Kritik immunisieren, aber wenn man selbst davon überzeugt ist, ist man da viel erfindungsreicher und kreativer - und glaubwürdiger. Falsche Überzeugungen sind also schwerer zu durchschauen als eine Lüge, und daher viel hartnäckiger.

 

Und nun zur Auferstehung: Ich habe gesagt, dass eine Heldensage mit einer Auferstehung sich besser merken lässt als eine, bei der der Held am Ende ganz normal stirbt. Das liegt an der Funktionsweise unseres Gedächtnisse, und wer weiß schon bewusst, wie sein Gedächtnis funktioniert? Außer einem kognitiven Psychologen mit Kenntnis der Mnemotechnik kaum jemand. Boyer ist nicht rein zufällig kognitiver Psychologe und Experte für das menschliche Gedächtnis. Und beides müsste man sein, wenn man bewusst eine Geschichte konstruieren will, die sich besser verbreitet. Es ist eben nur so, dass sich eine Geschichte, bei der es um die Auferstehung geht, sich besser verbreitet, ohne dass die Menschen wissen, wieso. Und - wie es der "Zufall" so will - genau die Evangelien, die das betonen, haben es in das NT geschafft, die anderen nicht. Das ist aber alles andere als Zufall, das geschieht ebenfalls ohne jede bewusste Planung - es geschieht ganz einfach, weil unser Gedächtnis so funktioniert. Man kann sich für das Markusevangelium schlicht leichter begeistern als für das Thomasevangelium, und jetzt dürfte auch klar sein, warum.

 

Gegen dieses und nur gegen dieses Argument wende ich mich mit meinem Verweis auf die Gnosis. Deine gesamten Ausfuehrungen koennten eventuell richtig sein, wenn es nur die vier kanonischen Evangelien gaebe. Jedoch zum Besipiel das Thomas-Evangelium - dessen genaue Datierung bis heute umstritten, nur im Gegensatz zur sagenumwobenen Logienquelle Q ueberliefert ist - unterstuezt Deine These nicht, denn Dir zufolge muesste alle Evangelien eine Auferstehungsgeschichte enthalte.

 

Nein - nur die erfolgreichen Evangelien enthalten diese Geschichte. Q wurde nicht überliefert, weil keiner die Notwendigkeit sah, eine Sammlung von Sprüchen aufzubewahren. Das Thomasevangelium hat fast das gleiche Schicksal erlitten - hier ist es in der Tat ein schier unwahrscheinlicher Zufall, dass man es doch kennt, nachdem es so lange verschollen war. Man muss sich das in Analogie zur Evolution vorstellen: Geschichten werden erzählt, und da kaum jemand von uns über ein fotografisches Gedächtnis verfügt, auch variiert (zufällige Mutation des Inhalts). Selektiert und somit weitergegeben werden dann die Geschichten mit einer größeren Wahrscheinlichkeit, dass die wichtigen Details im Gedächtnis behalten werden. Jede Geschichte, die erzählt wird, hat eine eigene Evolutionsgeschichte, vor allem, wenn Geschichten vorwiegend mündlich weiter gegeben werden. Das ist heute anders, weil wir unsere Geschichten zu einem großen Teil schriftlich weitergebe, abgesehen von Gerüchten und urbanen Legenden, dafür gilt das weiterhin. Vor 2.000 Jahren aber konnten vielleicht um 10% der Menschen lesen und schreiben (lesen konnten etwas mehr, schreiben etwas weniger). Aber auch einmal aufgeschrieben - welche Geschichten werden mühsam kopiert (sehr aufwändig - jedes Exemplar musste mit der Hand geschrieben werden!), und welche nicht? Heute ist das anders, völlig anders - fast alle können lesen und schreiben, und Bücher können leicht in Auflagen von Tausenden oder gar Hunderttausenden hergestellt werden, und man kann sie weltweit vertreiben. In den Herstellungsprozess (dem Druck) eines Buches fließt heute weniger Handarbeit und Zeit als in das Anfertigen einer einzigen Kopie eines Evangeliums damals.

 

Wie in der Evolution geht es auch hier um die statistische Wahrscheinlichkeit einer Verbreitung.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Zur Debatte um das Fischsymbol habe ich hier etwas geschrieben: Fisch oder Kreuz - letzter Beitrag auf der Seite.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

×
×
  • Neu erstellen...