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Bach - in saecula saeculorum


Cadfael

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Guten Abend zusammen!

Ich möchte jetzt doch mal an alle MusikerInnen und Musikliebende eine Frage stellen, die mich schon sehr lange beschäftigt. Ich selbst - trotzdem ich kein großer Tastenritter wie Franciscus oder Epicureus bin - spiele in unserer Gemeinde auch Orgel in den Gottesdiensten.

Und natürlich ist ein ganz großes Vorbild Johann Sebastian Bach.

Also: Seit langem frage ich mich, wieso gerade Bachs Musik so "zeitlos" sein konnte - so - ich wage mal zu übertreiben - unzerstörbar, so ewig? Rockgruppen interpretieren ihn, Jazzer, Blaskapellen, und es ist immer wieder auch in diesen Interpretationen ein Genuß (zumindest für mich), Ihn zu hören.

Was macht Bachs Musik so besonders?

Meine Fragen bitte ich nicht als Kritiker zu sehen, sondern als Wissen-Wollender, Erkenntnis-Suchender.

 

Mit herzlichem Gruß

Euer Cadfael-Johannes

 

 

PS: Mir ist gerade eingefallen, daß gerade Bach auch in dem einen oder anderen SF-Roman erwähnt wird:

In einem StarTrek-Roman ist eine Vulkanierin von allen irdischen Komponisten vor allem von Bach begeistert "Die Augen des Betrachters", und im Dune-Zyklus von Frank Herbert spielt ein Protagonist in früheren Erinnerungen ausschließlich Bach-Orgel-Musik...

bearbeitet von Cadfael
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Franciscus non papa

vielleicht liegt es daran, daß bach so vieles interessante macht - sowohl harmonisch als kontrapunktisch, wobei er ja zu seiner zeit eher wegen seiner kühnen harmonik gerühmt und gescholten wurde. man kann diese musik einfach hören und schön finden - einfach aus dem gefühl heraus, man kann sich aber auch intelektuell daran ergötzen. die musik ist so stark, daß sie sogar manch barocken text, der heute als schwulst und unverständlich anmutet, noch transportieren kann.

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Mir geht es mit Bachscher Musik, insbesondere Bachscher Orgelmusik, immer so:

 

Die Musik ist einfach so stark, dass sie mich zwar nicht wieder zur Religion bekehren kann - aber sie gibt mir so etwas wie eine Ahnung von Transzendenz (an die ich eigentlich gar nicht glaube). Beim Hören Bachscher Musik werden nicht nur kleine Fenster aufgestoßen, sondern es eröffnen sich weite Horizonte, in denen man sich verlieren kann. Es ist aber ein behütetes sich Verlieren, denn die Töne sind trotz aller Wucht und Dramatik wohlgeordnet und geleiten einen immer sicher nach Hause zurück.

 

Wenn ich Bach höre, kann ich ankommen. Immer wieder aufs Neue.

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Wenn ich Bach höre, habe ich immer das Gefühl, das jede Note genau da, wo sie steht und wie sie steht, richtig ist. Keinen Halbton tiefer und keine Sechzehntel länger. Ich kann es nicht musikwissenschaftlich beschrieben, aber es hört sich einfach im eigentlichen Wortsinne perfekt an.

 

Das bringt mich übrigens auf eine Idee... *zumcd-regallauf*

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Die Gewagtheit in der Harmonik, von der Franciscus gesprochen hat, bleibt dennoch immer irgendwie elementar. Gleiches gilt auch für die Rhythmik. Der Tonumfang der Klavierstücke ist enger begrenzt, als bei späteren Komponisten.

 

Ich glaube, dass Bach einen sehr fruchtbaren Punkt in der Geschichte der Musikgeschichte erwischt hat. Auf der einen Seite hat er schon eine Komplexität und viele Möglichkeiten der Gestaltung. Aber irgendwie bleit das Ganze dennoch immer sehr elementar. Ganz frech verkürzt: Vor Bach hatte man zu wenig Möglichkeiten. Nach Bach wird die Musik so komplex, dass sie nicht mehr elementar ist.

 

Bei meinem Schachprogramm kann man sich das Denken mit MIDI-Musik versüßen lassen. MIDIS von Wagneropern? Das würde sich vielleicht anhören! Das kann man glatt vergessen. Sämtliche MIDIS spielen Bach. Elementares Verfahren für elementare Musik.

 

Ich habe ein Clavinova, da kann ich Bach auf allen Instrumenten spielen. Es gibt eine Fülle von Instrumenten, bei denen das wirklich gut klingt. Demletzt habe ich mal den Anfang von Bachs Toccata und Fuge in d moll (DAS Standardstück) auf verzerrter E-Gitarre gespielt. Klingt super. Würde ich etwas ähnliches mit einer Beethovensonate oder einem Brahms oder Tschaikowsky probieren: Ein jämmerlicher Katzengesang käme aus dem Clavinova.

 

Die Melodie von "Alle meine Entchen" dagegen lässt sich auf noch mehr Instrumenten nachspielen, mehr oder weniger ohne Reibungsverlust. Aber das wird schnell langweilig, weil die Entchen nicht ganz das Niveau (und als Melodiestimme natürlich auch nichts von der atemberaubenden Harmonik) Bachs haben.

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Franciscus non papa

nimm es mir nicht übel, mecky, aber du hast keine ahnung.

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Ganz gewiss habe ich weniger Ahnung von Bach, als Du. Dies festzustellen ist aber eher auf dem AllemeineEntchen-Niveau. Und ich hoffe doch, dass Du mehr drauf hast.

 

du meinst Mecky, dass Bach in der Regel harmonisch klingt und sich gut spielen kann. Das stimmt in der Regel. aber Bach ist mehr als ein einfaches harmonisches Stück.

Gute nacht!

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Franciscus non papa

hm, das lässt sich bestimmt irgendwo im netz finden.

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Ganz gewiss habe ich weniger Ahnung von Bach, als Du. Dies festzustellen ist aber eher auf dem AllemeineEntchen-Niveau. Und ich hoffe doch, dass Du mehr drauf hast.

 

du meinst Mecky, dass Bach in der Regel harmonisch klingt und sich gut spielen kann. Das stimmt in der Regel. aber Bach ist mehr als ein einfaches harmonisches Stück.

Gute nacht!

Nein, Bach klingt in der Regel eben nicht in reinen Dreiklängen und oftmals nicht "harmonisch". Aber er hat viel weniger Stilmittel, als z.B. ein später Romantiker.

Alles, was Bach an Stilmittel zur Verfügung hatte, hatten spätere Musiker auch. Es ist aber noch einiges dazu gekommen. Noch deutlicher wird es, wenn man auf die Dynamik von laut/leise oder gar crescendo/decrescendo schaut. Aber auch in der Rhythmik. Oder schlicht den Tonumfang. Oder die ganzen Genres. Bach hat sich keine Gedanken über Nocturnes oder Oper gemacht. Das konnte er gar nicht, weil es all diese große Vielfalt noch gar nicht gab.

 

Musikstudenten der heutigen Zeit können prima Stücke schreiben, die zumindest ein nicht ganz so Eingeweihter als "typisch Bach" identifizieren würde. Wahrscheinlich könnte das sogar ein Computer übernehmen, wenn man ihn nur entsprechend programmiert.

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Franciscus non papa

Ganz gewiss habe ich weniger Ahnung von Bach, als Du. Dies festzustellen ist aber eher auf dem AllemeineEntchen-Niveau. Und ich hoffe doch, dass Du mehr drauf hast.

 

du meinst Mecky, dass Bach in der Regel harmonisch klingt und sich gut spielen kann. Das stimmt in der Regel. aber Bach ist mehr als ein einfaches harmonisches Stück.

Gute nacht!

Nein, Bach klingt in der Regel eben nicht in reinen Dreiklängen und oftmals nicht "harmonisch". Aber er hat viel weniger Stilmittel, als z.B. ein später Romantiker.

Alles, was Bach an Stilmittel zur Verfügung hatte, hatten spätere Musiker auch. Es ist aber noch einiges dazu gekommen. Noch deutlicher wird es, wenn man auf die Dynamik von laut/leise oder gar crescendo/decrescendo schaut. Aber auch in der Rhythmik. Oder schlicht den Tonumfang. Oder die ganzen Genres. Bach hat sich keine Gedanken über Nocturnes oder Oper gemacht. Das konnte er gar nicht, weil es all diese große Vielfalt noch gar nicht gab.

 

Musikstudenten der heutigen Zeit können prima Stücke schreiben, die zumindest ein nicht ganz so Eingeweihter als "typisch Bach" identifizieren würde. Wahrscheinlich könnte das sogar ein Computer übernehmen, wenn man ihn nur entsprechend programmiert.

 

 

auch zu bachs zeit gab es schon opern - händel hat etliche geschrieben, bach kam einfach nicht in die situation.

 

im übrigen kannte er die stilmittel der oper durchaus, nicht umsonst wurde die matthäuspassion teilweise als zu "opernhaft" abgelehnt.

 

im übrigen muss man keine nocturnes schreiben, um romantische elemente zu verwenden, die gibts nämlich auch bei bach durchaus.

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Franciscus non papa

Also: Bach kannte die Stilelemente künftiger Zeiten. Erstaunlich. Aber wenn Du das sagst ...

Findest Du nicht, dass es eine Weiterentwicklung und einen Zuwachs an Stilelementen gab?

hallo!!!! es gab zu bachs zeiten schon die oper, nix mit zukünftig!

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Also lassen wir die Oper als Beispiel weg. Es waren ja sowieso genug Beispiele. Ich könnte noch ziemlich viele hinzufügen. Grundprinzip all dieser Beispiele ist die These, dass eine Weiterentwicklung und Anreicherung stattgefunden hat, dass also Vieles hinzugekommen ist.

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Franciscus non papa

Also lassen wir die Oper als Beispiel weg. Es waren ja sowieso genug Beispiele. Ich könnte noch ziemlich viele hinzufügen. Grundprinzip all dieser Beispiele ist die These, dass eine Weiterentwicklung und Anreicherung stattgefunden hat, dass also Vieles hinzugekommen ist.

 

 

dafür ist anderes weggefallen - in der musikwissenschaft ist man schon seit langem davon abgekommen, aufeinanderfolgende epochen als fortschritt zu bezeichnen.

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Ich sehe die Sache so, dass die europäische Musikgeschichte eine Traditionsgeschichte mit vielfältigen Entwicklungen, Neuerungen etc. gewesen ist. Die Anzahl der Stilelemente hat sich beständig vergrößert. Die Möglichkeiten wurden größer - und damit ergaben sich auch neue Probleme. Man kann nicht beliebig viel dazunehmen. Man hat nach immer neuen Möglichkeiten gesucht, hat "aus der neuen Welt" Impulse gesucht. Und dann kam man an eine Grenze. Irgendwann kam dieser Traditionsprozess an diese Grenze und schließlich kamen nichtlineare Neuansätze hinzu. Damit meine ich z.B. das, was meine Eltern "Negermusik" nannten - und deren ganzen Folgetraditionen.

 

Die alte, europäische Musikgeschichte kannte natürlich auf ihrem Weg Höhepunkte, die man oft auch mit dem Begriff "Klassik" bezeichnet. Der Begriff Klassik wird zwar meistens auf die Wiener Klassik bezogen, aber auch auf andere Höhepunkte (also sehr fruchtbare Momente) angewandt.

 

Bach markiert einen dieser Höhepunkte. Bach ist elementar - auf ihm bauen ziemlich viele spätere Gedanken und Prinzipien auf. Er bildet durch seine Genialität auf der elementaren Ebene sozusagen ein archetypisches Grundschema, das in späteren Zeiten zwar durchgeführt und ausgebaut und angereichert und immer mehr verändert wurde und von anderen Elementen überlagert wurde. Selbst in Stücke von Rachmaninov findet man noch Spuren Bachs. Trotz größerer Anreicherung mit verschiedensten Elementen hat aber eine Grunderkenntnis in Reinform seinen bleibenden Wert. Deswegen bleibt Bach für jeden, der Musik aus dieser Traditionsgeschichte liebt, von größerer oder kleinerer Bedeutung. Wäre Brahms unmusikalisch gewesen, wären die Folgen geringer, als wenn es niemals Bach gegeben hätte. Viele Musiker waren sich dessen bewusst. Die meisten großen Musiker hielten auf Bach große Stücke, denn sie waren sich bewusst, dass ihre Leistungen ohne die von Bach gar nicht möglich waren.

 

Bach ist für die europäische Musikgeschichte elementarer, als Wagner, Liszt oder Scriabin. Und das hört man, manche fühlen das auch. Ich finde, dass das gar keine so schlechte Antwort auf die Eingangsfrage ist. Dass es natürlich auch noch andere, ebenso gute Antworten, gibt, würde ich nie bestreiten.

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Franciscus non papa

in der regel hat die verlagerung auf "neue" stilelemente, wie du das nennst, eben auch eine aufgabe anderer elemente zur folge. am deutlichsten kann man das wohl an der gregorianik erkennen, die durch das aufkommen der mehrstimmigkeit, der dazu nötigen metrik immer mehr ihren sprachrhythmus verlor, die tondauern wurden vereinheitlicht, die minimalen nuancen aufgegeben, die neumen wurden irgendwann gar nicht mehr verstanden. in gewisser weise kann man da auch von verarmung sprechen. man "verstand" den aufgegebenen reichtum irgendwann nicht mehr und vermisste ihn deswegen auch nicht. und immer wieder begegnete man diesen "veralteten" stileigenarten dann mit überheblicher verachtung. (sowas kann man auch im vorwort der petersausgabe der orgelwerke bachs finden, hier wird dann palestrina nicht mehr verstanden.) schon die söhne bachs verstanden die musik ihres vaters nicht mehr so ganz, bei allem respekt ihm gegenüber versuchten sie sich dann doch in der neueren stilistik.

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Franciscus, was hältst du eigentlich von Poppers Ansatz zu den sogenannten "Fortschritten in der Musik"?

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Franciscus non papa

der begriff fortschritt hat in der musik nur in einem zusammenhang wirkliche bedeutung - wenn die harmonie von der dominante auf die tonika fortschreitet.

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der begriff fortschritt hat in der musik nur in einem zusammenhang wirkliche bedeutung - wenn die harmonie von der dominante auf die tonika fortschreitet.

 

:lol:

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