Jump to content

[UMT] Vaticanum II


Der Geist

Recommended Posts

Der letzte Text auf den ich unter dem Titel "Beleg für den Paradigmenwechsel durch das Vaticanum II" hinsweisen möchte ist die pastorale Konstitution über die Kirche in der Welt von heute "Gaudium et spes". Für mich ist diese Pastoralkonstitution vielleicht das Herzstück schlechthin, ein solches Dokument dieser Art und Gattung gab es bisher im Bereich der Kirche nicht. Dies ist auch der Grund, warum ich nach einigen noch vorbereitenden Texten gerade dieses Dokument, als erstem zuwenden möchte.

 

Allein der Einleitungstext zeigt m.E. dass hier ein völlig anderer Zugang zu den Problemen von Kirche und Welt gefunden wurde als es bisher üblich war:

 

Die engste Verbundenheit der Kirche mit der ganzen Menschheitsfamilie

 

1. Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Menschen von heute, besonders der Armen und Bedrängten aller Art, sind auch Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Jünger Christi. Und es gibt nichts wahrhaft Menschliches, das nicht in ihren Herzen seinen Widerhall fände. Ist doch ihre eigene Gemeinschaft aus Menschen gebildet, die, in Christus geeint, vom Heiligen Geist auf ihrer Pilgerschaft zum Reich des Vaters geleitet werden und eine Heilsbotschaft empfangen haben, die allen auszurichten ist. Darum erfährt diese Gemeinschaft sich mit der Menschheit und ihrer Geschichte wirklich engstens verbunden.

Da bleibt vom der jahrhundertelang gepflegten Dualismus, derer, die draußen sind, gegen über jenen die drinnen sind nichts über-. Wie stark die Identifikation ist belegfen die folgenmden Sätze:

2. Daher wendet sich das Zweite Vatikanische Konzil nach einer tieferen Klärung des Geheimnisses der Kirche ohne Zaudern nicht mehr bloß an die Kinder der Kirche und an alle, die Christi Namen anrufen, sondern an alle Menschen schlechthin in der Absicht, allen darzulegen, wie es Gegenwart und Wirken der Kirche in der Welt von heute versteht. Vor seinen Augen steht also die Welt der Menschen, das heißt die ganze Menschheitsfamilie mit der Gesamtheit der Wirklichkeiten, in denen sie lebt;
Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Ich kann mir nicht vorstellen, dass ich ohne das 2. Vatikanum heute katholisch wäre.

 

Zur Zeit des 2.VK war ich zwölf, ohne die Veränderungen des 2.VK wäre ich früher oder später an der RKK verzweifelt. Es gab damals soviel Hoffnung auf Erneuerung, welche im Laufe der letzten Jahre durch die Nachfolger von Johannes XXIII., Piussen, Opus Dei, und anderen reaktionären Kräften mehr und mehr zunichte gemacht wurden, so dass ich heute wieder am Anfang der Verzweiflung stehe.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Ich bin nicht aufgrund irgendeines Konzils katholisch, sondern weil ich überzeugt bin, daß eine Kirche in Einheit mit dem Bischof von Rom die Kirche Jesu Christi ist.

 

Aber wahrscheinlich bin ich zu jung für Konzilsnostalgie. Ein Konzil ist eine Versammlung der Hirten, um der Kirche sozusagen eine "Lehrstunde" zu erteilen (allerdings hier positiv gemeint).

 

Wenn ich ans Konzil denke, denke ich immer an die Konzilstexte, also an das, was das Konzil faktisch hervorgebracht hat. Nicht an das, was im Namen des Konzils geschah (im Namen von was-auch-immer ist schon viel Unfug und auch Böses getan worden, womit was-auch-immer leider zu oft diskreditiert wurde und wird), nicht an Kommentare der Konzilstexte, nicht an Mißdeutungen durch Konzilsgegner.

 

Es hat das höchste Lehramt der Kirche im Konzil gesprochen, fertig.

 

Vorher hat ein Papst mit seiner Vollmacht dieses Konzil einberufen und es wurde durch eines Papstes Placet gültige Lehre, jetzt hat ebenso ein Papst mit dergleichen Vollmacht das Recht, es normativ zu interpretieren.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Vorher hat ein Papst mit seiner Vollmacht dieses Konzil einberufen und es wurde durch eines Papstes Placet gültige Lehre, jetzt hat ebenso ein Papst mit dergleichen Vollmacht das Recht, es normativ zu interpretieren.

 

"Normativ interpretieren". :rolleyes: Hört sich natürlich besser an als "übder den Haufen werfen"!

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Die Frage ist, ob ein Papst über einem Konzil steht. Und wenn er es tut, wozu er es überhaupt braucht. Und dann, was mit dem prophetischen Geist ist, denn der hat ja auch eine gute Tradition.

 

Als wenn die Kirchengeschichte lehren würde, kluge und rettende Ideen kämen grundsätzlich nur vom Lehramt. Man sehe sich nur Franz von Assisi an, nur dass Innozenz III. und seine Nachfolger, was Umbrüche und Neuerungen betrifft, keine solche Weicheier waren wie die derzeitigen Herren in Rom.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

http://www-theol.uni-graz.at/cms/dokumente/10012661/60bc9348/Konzilsank%FCndigung+von+Papst+Johannes+XXIII.pdf

 

Unter diesem link findet man die Ansprache von Papst Johannes XXIII zur Ankündigung einer Diözesansynode für Rom und des ökumenischen Konzils am 25.1.1959.

 

Dazu einige Anmerkungen:*) Als der erst wenige Monate vorher (28. Oktober 1958) gewählte Angelo Roncalli jetzt Papst Johannes XXIII am 25. Jänner 1959 die Abhaltung eines ökumenischen Konzils ankündigte war die Überraschung allgemein groß. Zwar hat es bereits unter Pius XII immer wieder Gedankengänge und sogar Vorarbeiten für ein Konzil gegeben, die aber immer wieder aufgegeben wurden. Man mag durchaus der Meinung sein, dass dies der Tatsache zuzuschreiben ist, dass Pius XII in einem Höhepunkt des papalistischen Triumphalismus wohl vermeinte kein Konzil zu brauchen.

Bei Johannes XXIII ist zu beachten, dass sein Lebenslauf auf der "Weltstrasse von Orient zu Okzident"**)für ihn prägend wurde. Dabei ist gerade seine Zeit als päpstlicher Diplomat in Griechenland Bulgarien und in der Türkei für ihn wichtig.

Beeinflussend war sicher auch die Erfahrung, die er während seiner Zeit als Nuntius in Frankreich, dessen Kardinäle und Bischöfe damals in Bezug auf Zusammenarbeit den anderen Kirchen weit voraus waren. Dazu kam noch die Anschauung der synodalen Verfasstheit der orthodoxen Kirchen mit denen Roncalli als päpstlicher Diplomat in Berührung gekommen war.

Vor allem aber war es ein zunehmendes Bewusstsein von den grundlegenden Mutationen der Gesellschaft, wobei der Entkolonialisierungsprozess von dem auch die Kirchenorganisation stark betroffen war***) nicht gering zu schätzen ist.

All diese Aspekte sind wohl dafür verantwortlich dass Roncalli, als Patriarch von Venedig, bei der Einberufung der dortigen Diözesansynode erstmals das Wort "aggiornamento" gebrauchte. Das Wort leitet sich aus dem italienischen aggiornare ab, was soviel heißt wie auf den Tag hin also zeitgemäß gestalten , modernisieren. Roncalli schrieb: „Hört ihr oft das Wort 'aggiornamento'? Seht da unsere heilige Kirche, immer jugendlich und bereit, dem verschiedenen Verlauf der Lebensumstände zu folgen mit dem Zweck, anzupassen, zu korrigieren, zu verbessern, anzuspornen.“

Letztlich scheint für die gesamte Gestaltung des Konzils entscheidend dass Johannes XXIII auch als Papst seine Orientierung am Bild des Guten Hirten nach Kap. 10 des Johannesevangeliums aufrecht erhalten hat. "Pastor zu sein, mache den Kern (die Substanz) des Papstamtes aus, alles andere seien nur Accessoires."

Die Ankündigung war besonders in zwei Faktoren besonders:

1. Es fehlte jede Andeutung eines zu verkündenden Dogmas, obwohl doch die gängige Vorstellung eines Konzils mit der Fällung dogmatischer Entscheidungen eng verbunden, wenn nicht ident war.

2. Es fehlte jeder Hinweis auf das 1. Vatikanische Konzil das unvollendet geblieben war. Darin lag ein Hinweis, dass es nicht die Absicht des Papstes war, das was damals an Entwürfen liegengeblieben aufzuarbeiten und 90 Jahre später das abgebrochene Konzil zu beenden.

Das Konzil solle vielmehr auf der Ebene der Doktrin eine erneuerte Bejahung (affirmazione) bewirken und auf der Ebene der Disziplin weise Anordnungen. Damit sollten wie schon früher zu Zeiten der Erneuerung (in epoca die rinnovamento)"Klarheit im Denken" und eine größere "Dichte" in der reigiösen Einheit zu Stande kommen.

Der Papst erwartet sich "Freude" beim gesamten kirchlichen Volk. Er spricht auch eine erneute Einladung an die Gläubigen der getrennten Kirchen****) aus, "an der Suche nach Einheit und Gnade teilzunehmen".

---------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------

*)Ich stütze mich bei diesen Anmerkungen auf: Ludwig Kaufmann/Nikolaus Klein, Johannes XXIII Prophetie und Vermächtnis, Freiburg/Breisgau 1990.

**) Dies ist eine von Johannes XXIII selbst geprägte Formulierung

***) Es ist heir ebsonders die Frage der Abanbelung der algerischen Kirche von der französischen und der zairischen von der belgischen kirche zu nennen, aber auch die Frage der Überführung der alten "Missionssprengel" in selbständige Ortskirchen.

****) s. dazu Boris Ulianich, Un papa, un itínerario, in Bozze 2 (1979)S 31-76.

bearbeitet von Der Geist
Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Bei Betrachtung des folgenden Ablaufs*) wird man feststellen, dass die gesamten Vorbereitungsarbeiten für das II Vaticanum länger dauerten als das Konzil selbst.**)

Die Vor - Vorbereitungszeit des Konzils ist eine Geschichte die zeigt wie gering die Neigung der Kurialen war die Idee Johannes XIII aufzugreifen, der sich nicht weniger als ein neues Pfingsten erwartete. Wir stoßen auf Blockaden und sogar auf Versuche die Konzilsankündigung totzuschweigen.***)

Zwar formulierte der Papst seinen Erwartungen sehr deutlich, als er am 14. November 1960 die Miglieder der nunmehr eingesetzten 10 Vorbereitungskommissionen in Audienz empfing. "Er erinnert an die alten Konzilien und kommt dann auf die epoca moderna zu sprechen. Jetzt gehe es nicht mehr 'um diesen oder jenen Punkt der Doktrin oder der Disziplin', auf den hin man die Quellen (Offenbarung, Tradition) befrage, vielmehr gelte es die 'Substanz (den Kern) des menschlichen und chrsitlichen Lebens zur Geltung zu bringen, wie sei der Kirche durch Jahrhunderte hindurch anvertraut sei'.****)

Schon die Tardini Kommission (der die Vor Vorbereitunsgarbeiten anvertraut waren) presste eine reiche Materialsammlung der aus aller Welt eigehenden bischöflichen Voten in den einzigen konzeptuellen Rahmen, der ihr vertraut war, nämlich nach den Abschnitten theologischer Lehrbücher und dem Kodex des kanonischen Rechts. Sie musste sich deshalb den Vorwurf der bewussten Kanalisation gefallen lassen.

Die folgende Arbeit in vielen der Vorbereitungskommissionen lief vielfach auf defensive Festschreibung der herrschenden Ansichten hinaus Der Interessenhorizont blieb sehr eng, beschränkte sich auf den Vorschlag von verfahrenstechnischen und kirchenrechtlichen Reformen, während die herrschenden theologischen Ansichten ohne offensichtliches Hinterfragen vorausgesetzt wurden. Es entstand „eine Überfülle von Texten, fast alle mittelmässig, defensiv in der Einstellung und darauf bedacht, den Zustand des römischen Katholizismus der fünfziger Jahre zu verfestigen".*****)

Alberigo resümiert die Einsichten im ersten Band seiner Konzilsgeschichte so: „Mehr als irgendein anderes Zeugnis sind die Jahre der Vorbereitung selbst die klarste Dokumentation nicht nur für das fehlende Bereitsein der Kirche zur Übernahme der Aufgabe der Teilnahme und der Mitverantwortung, welche die Feier eines Konzils erforderte, sondern auch für den statischen und passiven Zustand des Katholizismus“ Und doch waren die Vorbereitungsjahre nicht vergeblich: sie ermöglichten eine „informelle, wenig geordnete und spontane Vorbereitung, welche die Bedingungen dafür schuf, dass das Konzil zu einem wirksamen innovativen Ereignis wurde“.

Die Einschätzung Alberigos dürfte zutreffen, dass die Unzufriedenheit mit den Vorbereitungstexten gleich zu Beginn des Konzils auch Kräfte freigesetzt hat. „Auf der einen Seite sollten die damals formulierten Schemata tatsächlich die Konzilsentscheidungen in unerwarteter Weise beeinflussen, trotz ihrer Ablehnung durch die Versammlung. Viele der Vorbereitungspositionen, so schmählich verlassen, sollten heimlich ihren Weg zurückfinden in die verschiedenen Konstitutionen und Dekrete. Auf der anderen Seite scheint es jedoch, dass es vielleicht ohne den Druck, den das Fehlen der Harmonie zwischen den Schemata und der Konzilsversammlung auslöste, schwierig für das Konzil gewesen wäre, ein eigenes Bewusstsein und selbständige Kreativität zu entfalten“.*****)

 

 

*) Dieser Abschnitt stützt sich sehr wesentlich auf: Giuseppe Alberigo (Hrsg.); Klaus Wittstadt (Hrsg. der dt. Ausgabe): Geschichte des Zweiten Vatikanischen Konzils (1959-1965). Bd. 1: Die katholische Kirche auf dem Weg in ein neues Zeitalter. Die Ankündigung und Vorbereitung des Zweiten Vatikanischen Konzils (Januar 1959 bis Oktober 1962). Mainz: Grünewald; Leuven, 1997.

**) Dass sei zudem mäßig erfolgreich waren bzw den Intentionen des Konzils von vornherein nicht entsprochen haben, zeigt sich an der Tatsache, dass der weitaus überwiegende Teil der Papiere von den Konzilsvätern außer Achtgelassen buw verworfen wurden.

***)Die prominente Zeitschrift La Civiltà Cattolica ignorierte in den Heften des ersten Trimesters 1959 bis auf die Wiedergabe des mageren Communiqués in der ‚Chronik’ die Konzilsankündigung völlig.

****) Ludwig Kaufmann/Nikolaus Klein, Johannes XXIII, Prophetie im Vermächtnis, Freiburg/Breisgau 2. Aufl. 1990, 65.

*****) Alberigo aao. 562.

******)Alberigo aao. 564, 565, 569.

bearbeitet von Der Geist
Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Vorerst eine Anmerkung:

 

Gestern hat sich der Geburtstag Papst Johannes XXIII zum 130. mal gejährt. Die Italiener gaben dem Papst schon bald den Beinamen Il papa buono" der "gute" oder der "gütige" Papst. "Mehr als in Biographien und in historischen Rückblicken kommt in diesem Beinamen zum Ausdruck, dass Johannes XXIII das Bild des Papsttums in der öffentlichkeit revolutionär verändert hat."*)

*) St. Pöltner Kirchenzeitung, Nr. 47 vom 20. November 2011.

Doch jetzt zum Thema:

Die Konzilseröffnungsrede Papst Johannes XXIII

Unter diesem Linkfindet man den Text der Eröffnungsansprache, die Johannes XXIII am 11. Oktober 1962 gehalten hat.

Es handelt sich dabei um die Übersetzung der lateinischen Rede des Papstes, die in der Konzilsaula gehalten wurde. Dass der den Journalisten Text in italienischer Sprache ebenso wie der im Osservatore Romano mit der Kennzeichnung in una nostra traduzzioneveröffentlichte Text eine Eigenständigkeit beanspruchen kann, steht heute praktisch außer Zweifel. Johannes XIII hat in seiner Weihnachtsansprache an das Kardinalskollegium und die Prälaten der römischen vom 23. Dezember 1962 selbst die Rede im italienischen Text zitiert.

 

Ich möchte einige Textpassagen herausgreifen deren Aussagen für die Erwartung die seitens des Papstes von besonderer Bedeutung erscheinen:

 

Auf Seite 2 letzter Absatz heißt es im Herder Text:

In der täglichen Ausübung Unseres apostolischen Hirtenamtes geschieht es oft, dass bisweilen

Stimmen solcher Personen unser Ohr betrüben, die zwar von religiösem Eifer brennen, aber

nicht genügend Sinn für die rechte Beurteilung der Dinge noch ein kluges Urteil walten lassen.

Sie meinen nämlich, in den heutigen Verhältnissen der menschlichen Gesellschaft nur

Untergang und Unheil zu erkennen. [...]

Wir aber sind völlig anderer Meinung als diese Unglückspropheten, die immer das Unheil

voraussagen, als ob die Welt vor dem Untergange stünde......

Seite 4 Mitte

Doch es ist nicht unsere Aufgabe, diesen kostbaren Schatz nur zu bewahren, als ob wir uns

einzig und allein für das interessieren, was alt ist, sondern wir wollen jetzt freudig und

furchtlos an das Werk gehen, das unsere Zeit erfordert, und den Weg fortsetzen, den die

Kirche seit zwanzig Jahrhunderten zurückgelegt hat.

 

Seite 4 Ende

Denn etwas anderes ist das Depositum Fidei oder die Wahrheiten, die in der zu verehrenden

Lehre enthalten sind, und etwas anderes ist die Art und Weise, wie sie verkündet werden,

freilich im gleichen Sinn und derselben Bedeutung. Hierauf ist viel Aufmerksamkeit zu

verwenden; und, wenn es not tut, muss geduldig daran gearbeitet werden, das heißt, alle

Gründe müssen erwogen werden, um die Fragen zu klären, wie es einem Lehramt entspricht,

dessen Wesen vorwiegend pastoral ist.

In den nächsten Tagen werde ich versuchen, den hier zitierten Textpassagen die Übersetzungen der entsprechenden Passagen aus dem italienischen Text gegenüberzustellen.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Ich liefere heute wie versprochen eine gegenüberstellende Übersetzung der Eröffnungsrede von Papst Johannes XXIII in der lateinischen Fassung (Quelle: http://www.ub.uni-freiburg.de/fileadmin/ub/referate/04/semapp/konzil.htm) und der italienischen Fassung (Quelle: Ludwig Kaufmann/Nikolaus Klein, Johannes XXIII, Prophetie und Vermächtnis. Man finder in diesem Buch auf den Seiten 116 - 150 eine Gegenüberstellung des Textes in lateinischer und italienischer Sprache und die deutsche Übersetzung aus dem italienischen.

 

Im Folgenden steht innerhalb eines Zitats zuerst die Übersetzung aus dem Lateinischen und dann blau gedruckt die Übersetzung aus dem Italienischen

 

In der täglichen Ausübung Unseres apostolischen Hirtenamtes geschieht es oft, dass bisweilen

Stimmen solcher Personen unser Ohr betrüben, die zwar von religiösem Eifer brennen, aber

nicht genügend Sinn für die rechte Beurteilung der Dinge noch ein kluges Urteil walten lassen.

Sie meinen nämlich, in den heutigen Verhältnissen der menschlichen Gesellschaft nur

Untergang und Unheil zu erkennen. [...]

Wir aber sind völlig anderer Meinung als diese Unglückspropheten, die immer das Unheil

voraussagen, als ob die Welt vor dem Untergange stünde......

 

In der täglichen Ausübung unseres Hirtenamtes verletzt es uns, wenn wir manchmal Vorhaltungen von Leuten anhören müssen, die zwar voll Eifer, ab nicht gerade mit einen sehr großen Sinn für Differenzierung und Takt begabt sind. In der jüngsten Vergangenheit nehmen sie nur Missstände und Fehlentwicklungen zur Kenntnis. […] Wir müssen diesen Unglückspropheten widersprechen, die immer nur Unheil voraussagen als ob der Untergang der Welt unmittelbar bevorstünde.

 

Doch es ist nicht unsere Aufgabe, diesen kostbaren Schatz nur zu bewahren, als ob wir uns einzig und allein für das interessieren, was alt ist, sondern wir wollen jetzt freudig und furchtlos an das Werk gehen, das unsere Zeit erfordert, und den Weg fortsetzen, den die Kirche seit zwanzig Jahrhunderten zurückgelegt hat.

Es ist auch nicht unsere Sache, gleichsam in erster Linie einige Hauptpunkte der kirchlichen Lehre zu behandeln[…] Heute ist es wahrhaftig nötig, daß die gesamte christliche Lehre ohne Abstrich in der heutigen Zeit von allen durch ein neues Bemühen angenommen werde. Heiter und ruhigen Gewissens müssen die überlieferten Aussagen, die aus den Akten des Tridentinums und des I. Vatikanums hervorgehen, daraufhin genau geprüft und interpretiert werden. Es muß, was alle ernsthaften Bekenner des christlichen, katholischen und apostolischen Glaubens leidenschaftliche erwarten, diese Lehre in ihrer ganzen Fülle und Tiefe erkannt werden, um die Herzen vollkommener zu entflammen und zu durchdringen. ……

 

Unsere Aufgabe ist es nicht nur diesen kostbaren Schatz zu bewahren, als ob wir uns nur um Altertümer kümmern würden. Sondern wir wollen uns mir Eifer und ohne Furcht der Aufgabe widmen, die unsere Zeit fordert. So setzen wir den Weg fort, den die Kirche in 20 Jahrhunderten gegangen ist.

Der springende Punkt für dieses Konzil ist es also nicht den einen oder den anderen der grundlegenden Glaubensartikel zu diskutieren […] Aber von einer wiedergewonnenen, nüchternen und gelassenen Zustimmung zur umfassenden Lehrtradition der Kirche, wie sei in der Gesamttendenz und in ihren Akzentuierungen den Akten des Tridentiner Konzilsund auch des ersten vatikanischen Konzils erkennbar sind, erwarten jenen die sich auf der ganzen Welt zum christlichen und apostolischen Glauben bekennen einen Sprung nach vorwärts,

 

Denn etwas anderes ist das Depositum Fidei oder die Wahrheiten, die in der zu verehrenden Lehre enthalten sind, und etwas anderes ist die Art und Weise, wie sie verkündet werden, freilich im gleichen Sinn und derselben Bedeutung. Hierauf ist viel Aufmerksamkeit zu verwenden; und, wenn es not tut, muß geduldig daran gearbeitet werden, das heißt, alle Gründe müssen erwogen werden, um die Fragen zu klären, wie es einem Lehramt entspricht, dessen Wesen vorwiegend pastoral ist.

 

Denn eines ist es die Substanz der tradierten Lehre, d.h. des depositum fidei ; etwas anderes ist die Formulierung in der sei dargelegt wird. Darauf ist – allenfalls braucht es Geduld – grosses Gewicht zu legen indem alles mit den Mitteln eines Lehramtes von vorrangig pastoralem Charakter geprüft wird.

 

Ich glaube, dass hier die unterschiedlichen Akzentuierungen doch sehr deutlich werden.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Ich möchte mich spätestens zum Wochenende mit der DOGMATISCHE KONSTITUTION DEI VERBUM, ÜBER DIE GÖTTLICHE OFFENBARUNG beschäftigen.

Hier ein Wort zur Einstimmung

 

"Mit der Bibel

ist es wie mit dem Brot.

Über das Brot

kann man diskutieren,

man kann es analysieren

und in seine Bestandteile auflösen,

doch nur dem,

der das Brot isst,

gibt und stärkt esdas Leben.“

 

Erich Zenger

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Bevor ich meinen Ankündigung mich dem Konzilsdokument Dei Verbum zuzuwenden wahr mache, muss ich noch den Beginn des Konzils nachtragen, der durchaus spannend verlaufen ist.

Die vorgegebene Regie der Kurie hat vorgesehen, dass in einer möglichsten kurzen Konzilsdauer die vorbereiteten Dokumente möglichst ohne Diskussion "durchgewunken2 werden sollten. Diese Dokumente atmeten samt und sonder den Geist des neuscholastischen Dogmatismus der pianischen Ära. Nicht umsonst hatte Kardinal Ottaviani der damalige erzkonservative Vorsitzende des hl. Officium (heute Glaubenskongregation) noch im Konklave dem neugewählten Papst die dringende Einberufung eines Konzils zur Verurteilung der aktuellen Irrtümer empfohlen.

Das Motto der kurie gibt am trefflichsten der Ausspruch wieder, der dem spanischen Kurienkardinal Arcadio María Larraona Saralegui CMF zugeschrieben wird: Mit dem Konzil müsse man es halten wie mit dem Regen. Den Schirm aufspannen und warten bis es vorübergeht.

Doch es kam anders. Schon die ersten Sitzungen wurde klar, dass es zu einer Auseinandersetzung zwischen den Konservativen und den Erneuerern kommen würde. Die erste Probe aufs Exempel brachte dabei die Besetzung der zehn Konzilskommissionen am 13. Oktober 1962.

 

Diese Konzilskommissionen entsprachen in Zahl und Aufgabenbereich den zehn Vorbereitungskommissionen. Sie hatten die Aufgabe, die Ergebnisse der Beratungen über die Schemata in der Generalversammlung einzuarbeiten und das überarbeitete Schema dann erneut der Generalversammlung vorzulegen. Die Kommissionen sollten aus je 24 Mitgliedern bestehen, wobei 16 von den Konzilsvätern gewählt, die übrigen acht durch den Papst ernannt werden sollten. Das Generalsekretariat des Konzils ließ zu den Wahlzetteln Listen austeilen, auf denen 16 Namen von Konzilsvätern verzeichnet waren, die schon den entsprechenden Vorbereitungskommissionenn angehört hatten und daher Kandidaten der Kurie waren. Die anwesenden Bischöfe verlangten daraufhin, die Mitglieder der Kommissionen selbst bestimmen zu können und beantragten eine Vertagung, um sich genauer mit den Kandidaten auf der Liste befassen zu können. Als versucht wurde, dies zu ignorieren, ergriffen die Kardinäle Achille Liénart und Josef Frings das Wort und setzten im Namen der Konzilsväter deren Vorstellungen durch. Die Wahl wurde vertagt. Diese Sitzung wurde später als der eigentliche Aufbruch des Konzils bezeichnet, da deutlich wurde, dass sich die anwesenden Bischöfe als „das Konzil“ verstanden und sich nicht den Vorschlägen der Kurie fügen wollten.

 

Nach der Vertagung erhielt das Konzil die Eigendynamik, die Papst Johannes XXIII., bereits schwer krank, billigte. Die entstandene Dynamik war jedoch zunächst noch nicht auf ein klares Ziel ausgerichtet. Auch diese Zielbestimmung hatte der Papst dem Konzil überlassen, das hiermit jedoch zunächst überfordert war. Die erste Schwierigkeit, die von ihm zu beheben war, ·bestand in der Sichtung des Materials der vorbereitenden Gremien (siebzig unzusammenhängende,

in ihrem Gewicht sehr unterschiedliche Schemata) und in einer Konzentration auf wenige, aber entscheidende Eckdaten. Diese Aufgabe wurde von Kardinal Suenens gelöst. Er hat im Dezember 1962 einen Plan vorgelegt, der zwei Themen nennt, die

Struktur und Aufbau des Konzils bestimmen sollen. Nach diesem Plan soll die Kirche das zcntrale Thema sein, aber sich mit zwei entscheidenden Fragen beschäftigen: Wer ist sie selber?, und: Wer sind die Menschen, an die

sie sich wendet und zu denen sie gchört? Das Konzil hat im Sinne des Plans von Kardinal Suenens zwei Pole. Es verfährt dogmatisch und pastoral. Es will dogmatische Fragen pastoral und pastorale Fragen dogmatisch verstehen. Es gibt Antwort auf die Frage nach der Kirche: Wer ist sie? Wer sind ihre Mitglieder? Wo kommt sie her und wo geht sie hin? Was ist ihre Ordnung? Welchen Rang bekleiden ihre Mitglieder? Wie ist die Beziehung von Primat und Episkopat, von Presbyterat

und Laikat?*)

Der andere Schwerpunkt des Konzils liegt nach diesem Plan in der Antwort, die die Kirche auf die Frage nach den Menschen gibt, an die sie sich wendet, deren Nöte und Hoffnungen sie bewegen und um deretwillen sie da ist: Wo kommt der Mensch her? Wo geht er hin? Was ist seine Bestimmung? Gibt es für ihn Rettung in der Welt? Was muß die Kirche tun, damit

sie der Sehnsucht genügt, von der er lebt? Welche Lösungen hat sie für Probleme zu bieten, vor denen er steht, für das Problem des Zusammenlebens von Mann und Frau in Ehe und Familie, für das Problem der Unterentwicklung und des wirtschaftlichen Fortschritts, das Problem der Religionsfreiheit im Verhältnis von Kirche und Staat, für das Problem des Friedens im Zeitalter der atomaren Vernichtung?**)

 

*)Die Antwort des Konzils auf diese Fragen ist dogmatischer Natur. Es gibt sie in der dogmatischen Konstitution über die Kirche "Lumen gentium"

**) Die Antwort der Kirche auf diese Fragen ist pastoraler Natur. Sie wird vom Konzil in seiner Pastoralkonstitution Gaudium et Spes ausgeformt

 

Quelle für diese Ausführungen ist:

Giuseppe Alberigo (Hrsg.); Klaus Wittstadt (Hrsg. der dt. Ausgabe): Geschichte des Zweiten Vatikanischen Konzils (1959-1965). Bd. 2: Das Konzil auf dem Weg zu sich selbst. Erste Sitzungsperiode und Intersessio (Oktober 1962 – September 1963). Mainz: Grünewald; Leuven: Peeters, 2000.

Elmar Klinger: Das Aggiornamento der Pastoralkonstitution, in: F.-X. Kaufmann/A. Zingerle (Hrsg.), Vatikanum II und Modernisierung, Paderborn 1996, 171-184.

bearbeitet von Der Geist
Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

ich bin eine klassische nach- vatikanerin. ich kenne es ja nicht anders. Ichhabe zB nie den alten Ritus erlebt.

Auch vieles andere ist für mich einfach selbstverständlich.

Allerdings habe ich Eltern, beide katholische Theologen, die den Geist von vat.II eingeatmet haben. Beide haben in Würzburg zur zeit der synode studiert. sie sagen beide, dass damals wirklich ein frischer wind wehte.

 

Mein Vater meint oft, dass Vieles, was damals anklang, leider nicht verwirklicht wurde. Zumindest nicht alles so kam, wie sie es sich damals erhofft haben.

 

Vielleicht wird mit dem Jubiläum ja noch mal offen gelegt, um was es damals alles ging und vielleicht gibt es ja auch Chancen darauf, das ein oder andere noch mal /wieder anzugehen.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Lieber Geist, du textest hier sehr viel rein, ich grübele aber noch über die Religionsfreiheit. Geht das irgendwie langsamer mit der Tagesordnung? Gestern kam von Missio mal wieder eine Zeitschrift, die haben mich im Verteiler, ausgerechnet zum Thema Religionsfreiheit. Da wurden schon mal die theologischen Begründungen gegenüber gestellt: Hier der Wahrheitsanspruch, der absolut ist, da die dem Menschen und seiner Würde zukommende Gewissensfreiheit, die Zwang verbietet und den Staat zur Neutralität verpflichtet. Schwergewicht der Vorkonziliaren auf Ersteres, der konziliaren auf Letzteres.

 

Was ist eigentlich mit der guten alten Bundestheologie? Wenn man die Texte zum alten Bund in Exodus liest, dann geht dem Bundesschluss eines voraus: Die Freiwilligkeit der Annahme des Bundes durch das Volk Israel. Es wird gefragt und es hat die Möglichkeit, ja oder nein zu sagen.

 

Der neue Bund müsste analogerweise auf der gleichen Freiheit fußen. Damit ist die Gewissensfreiheit theologisch älter als die Notwendigkeit, dass Menschen glaubensmäßig nicht irren dürften.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Lieber Geist, du textest hier sehr viel rein, ich grübele aber noch über die Religionsfreiheit. Geht das irgendwie langsamer mit der Tagesordnung? Gestern kam von Missio mal wieder eine Zeitschrift, die haben mich im Verteiler, ausgerechnet zum Thema Religionsfreiheit. Da wurden schon mal die theologischen Begründungen gegenüber gestellt: Hier der Wahrheitsanspruch, der absolut ist, da die dem Menschen und seiner Würde zukommende Gewissensfreiheit, die Zwang verbietet und den Staat zur Neutralität verpflichtet. Schwergewicht der Vorkonziliaren auf Ersteres, der konziliaren auf Letzteres.

 

Was ist eigentlich mit der guten alten Bundestheologie? Wenn man die Texte zum alten Bund in Exodus liest, dann geht dem Bundesschluss eines voraus: Die Freiwilligkeit der Annahme des Bundes durch das Volk Israel. Es wird gefragt und es hat die Möglichkeit, ja oder nein zu sagen.

 

Der neue Bund müsste analogerweise auf der gleichen Freiheit fußen. Damit ist die Gewissensfreiheit theologisch älter als die Notwendigkeit, dass Menschen glaubensmäßig nicht irren dürften.

Liebe Nanny,

 

ich bin eigentlich noch gar nicht so weit mich mit einzelnen Aussagen des Konzils zu beschäftigen. Wir können aber parallel zu meinem Ablauf die Religionsfreiheit herausgreifen. Ich muss jetzt zu einer Verabredung, ich melde mich am Nachmittag.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Lieber Geist, du textest hier sehr viel rein, ich grübele aber noch über die Religionsfreiheit. Geht das irgendwie langsamer mit der Tagesordnung? Gestern kam von Missio mal wieder eine Zeitschrift, die haben mich im Verteiler, ausgerechnet zum Thema Religionsfreiheit. Da wurden schon mal die theologischen Begründungen gegenüber gestellt: Hier der Wahrheitsanspruch, der absolut ist, da die dem Menschen und seiner Würde zukommende Gewissensfreiheit, die Zwang verbietet und den Staat zur Neutralität verpflichtet. Schwergewicht der Vorkonziliaren auf Ersteres, der konziliaren auf Letzteres.

 

Was ist eigentlich mit der guten alten Bundestheologie? Wenn man die Texte zum alten Bund in Exodus liest, dann geht dem Bundesschluss eines voraus: Die Freiwilligkeit der Annahme des Bundes durch das Volk Israel. Es wird gefragt und es hat die Möglichkeit, ja oder nein zu sagen.

 

Der neue Bund müsste analogerweise auf der gleichen Freiheit fußen. Damit ist die Gewissensfreiheit theologisch älter als die Notwendigkeit, dass Menschen glaubensmäßig nicht irren dürften.

Liebe Nanny,

 

ich bin eigentlich noch gar nicht so weit mich mit einzelnen Aussagen des Konzils zu beschäftigen. Wir können aber parallel zu meinem Ablauf die Religionsfreiheit herausgreifen. Ich muss jetzt zu einer Verabredung, ich melde mich am Nachmittag.

 

ich werde mich mit Dignitatis humanae nach Dei Verbum auseinandersetzen. Vorläufig hier ein Link, in dem m.E. einiges Interessantes und Erhellendes zu finden ist.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Das 1. Dokument des Konzils, dem ich mich zuwenden möchte, ist die Dogmatische Konstitution "Dei Verbum" über die göttliche Offenbarung. Dieses Hauptdokument ist am 18. November 1965 beschlossen worden. Vorausgegangen waren die Konstitution über die Liturgie vom 4. Dezember 1963 Sacrosanctum Concilium und die Dogmatische Konstitution über die Kirche Lumen Gentium vom 21. November 1964.

Ich halte dieses Dokument deshalb für so bedeutend, weil erst durch die dort geäußerten Gedanken, die Befassung mit der Hl. Schrift in der KK den notwendigen Stellenwert bekommen hat. Die heute prakltisch in jeder Pfarre bestehenden und zumeist sehr aktiven Bibelkreise verdanken sich Dei Verbum.

Den Text des Dokuments findet man hier.

"Dei Verbum" ist einer der Texte an dem sich die Geister schieden, und an dem das Konzil zu seinem Selbstbewußtsein fand.Von der theologischen Vorbereitunskommission war ein Schema "Über die Quellen der Offenbarung". Dieses Schema war geprägt von einer Ablehnung der neueren Forschung und vom Traditionalismus. Es hielt am Grundsatz der Verbalinspration - die Bibel ist quasi diktiertes Gotteswort - und daraus folgend an einer äußersten Form der Irrtumslosigkeit fest.*) Der damalige Leiter des päpstlichen Bibelinstitus der Jesuit Kardinal Bea urteilte über das Schema: Es fehle ihm der pastorale Charakter. Es sei auch mit dem Ziel des Konzils nicht konform. Das Schema berücksichtige die ökumenische Problematik nicht und sei geprägt von der Furcht vor Irrtümern. Es gehe auf die heutigen Probleme nicht ein.

Demzufolge regte sich unter den Konzilsvätern heftiger Widerstand. Einen Abstimmung ergab eine starke aber nicht ausreichende Mehrheit gegen die Fortsetzung der Debatte auf der Grundlage des vorbereiteten Schemas. Papst Johannes XXIII selbst verfügte den Abbruch der Diskussion, setzte eine neue Kommission ein deren gelicberechtigte Präsidenten Kardinal Ottaviani und Kardinal Bea waren und wünschte die Erstellung eines Schemas über die göttliche Offenbarung.

Über diesen neuen Textentwurf wurde dann im November 1965 abgestimmt. Fast alle Konzilsväter bejahten den Text. Der Text ist von seiner Entstehungsgeschichte geprägtund ist eine Verbindung zwischen der Treue zur kirchlichen Überlieferung und Anerkennung neuerer Bibelwissenschaft.**)

 

 

*)Sehr informativ zum vorkonziliaren Bibelverständnis Walter Kirchschläger, Bibelverständnis im Umbruch

**) vgl. Kremer, Jabob: Umkämpftes „Ja“ zur Bibelwissenschaft, in: Kremer, Jacob (Hrsg.): Aufbruch des Zweiten

Vatikanischen Konzils heute. Innsbruck-Wien 1993. hier S. 12-18.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Lieber Geist, du textest hier sehr viel rein, ich grübele aber noch über die Religionsfreiheit. Geht das irgendwie langsamer mit der Tagesordnung? Gestern kam von Missio mal wieder eine Zeitschrift, die haben mich im Verteiler, ausgerechnet zum Thema Religionsfreiheit. Da wurden schon mal die theologischen Begründungen gegenüber gestellt: Hier der Wahrheitsanspruch, der absolut ist, da die dem Menschen und seiner Würde zukommende Gewissensfreiheit, die Zwang verbietet und den Staat zur Neutralität verpflichtet. Schwergewicht der Vorkonziliaren auf Ersteres, der konziliaren auf Letzteres.

 

Was ist eigentlich mit der guten alten Bundestheologie? Wenn man die Texte zum alten Bund in Exodus liest, dann geht dem Bundesschluss eines voraus: Die Freiwilligkeit der Annahme des Bundes durch das Volk Israel. Es wird gefragt und es hat die Möglichkeit, ja oder nein zu sagen.

 

Der neue Bund müsste analogerweise auf der gleichen Freiheit fußen. Damit ist die Gewissensfreiheit theologisch älter als die Notwendigkeit, dass Menschen glaubensmäßig nicht irren dürften.

Liebe Nanny,

 

ich bin eigentlich noch gar nicht so weit mich mit einzelnen Aussagen des Konzils zu beschäftigen. Wir können aber parallel zu meinem Ablauf die Religionsfreiheit herausgreifen. Ich muss jetzt zu einer Verabredung, ich melde mich am Nachmittag.

 

ich werde mich mit Dignitatis humanae nach Dei Verbum auseinandersetzen. Vorläufig hier ein Link, in dem m.E. einiges Interessantes und Erhellendes zu finden ist.

 

Da brauch ich Zeit zum Lesen, danke für den link.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Das 1. Dokument des Konzils, dem ich mich zuwenden möchte, ist die Dogmatische Konstitution "Dei Verbum" über die göttliche Offenbarung. Dieses Hauptdokument ist am 18. November 1965 beschlossen worden. Vorausgegangen waren die Konstitution über die Liturgie vom 4. Dezember 1963 Sacrosanctum Concilium und die Dogmatische Konstitution über die Kirche Lumen Gentium vom 21. November 1964.

Ich halte dieses Dokument deshalb für so bedeutend, weil erst durch die dort geäußerten Gedanken, die Befassung mit der Hl. Schrift in der KK den notwendigen Stellenwert bekommen hat. Die heute prakltisch in jeder Pfarre bestehenden und zumeist sehr aktiven Bibelkreise verdanken sich Dei Verbum.

Den Text des Dokuments findet man hier.

"Dei Verbum" ist einer der Texte an dem sich die Geister schieden, und an dem das Konzil zu seinem Selbstbewußtsein fand.Von der theologischen Vorbereitunskommission war ein Schema "Über die Quellen der Offenbarung". Dieses Schema war geprägt von einer Ablehnung der neueren Forschung und vom Traditionalismus. Es hielt am Grundsatz der Verbalinspration - die Bibel ist quasi diktiertes Gotteswort - und daraus folgend an einer äußersten Form der Irrtumslosigkeit fest.*) Der damalige Leiter des päpstlichen Bibelinstitus der Jesuit Kardinal Bea urteilte über das Schema: Es fehle ihm der pastorale Charakter. Es sei auch mit dem Ziel des Konzils nicht konform. Das Schema berücksichtige die ökumenische Problematik nicht und sei geprägt von der Furcht vor Irrtümern. Es gehe auf die heutigen Probleme nicht ein.

Demzufolge regte sich unter den Konzilsvätern heftiger Widerstand. Einen Abstimmung ergab eine starke aber nicht ausreichende Mehrheit gegen die Fortsetzung der Debatte auf der Grundlage des vorbereiteten Schemas. Papst Johannes XXIII selbst verfügte den Abbruch der Diskussion, setzte eine neue Kommission ein deren gelicberechtigte Präsidenten Kardinal Ottaviani und Kardinal Bea waren und wünschte die Erstellung eines Schemas über die göttliche Offenbarung.

Über diesen neuen Textentwurf wurde dann im November 1965 abgestimmt. Fast alle Konzilsväter bejahten den Text. Der Text ist von seiner Entstehungsgeschichte geprägtund ist eine Verbindung zwischen der Treue zur kirchlichen Überlieferung und Anerkennung neuerer Bibelwissenschaft.**)

 

 

*)Sehr informativ zum vorkonziliaren Bibelverständnis Walter Kirchschläger, Bibelverständnis im Umbruch

**) vgl. Kremer, Jabob: Umkämpftes „Ja“ zur Bibelwissenschaft, in: Kremer, Jacob (Hrsg.): Aufbruch des Zweiten

Vatikanischen Konzils heute. Innsbruck-Wien 1993. hier S. 12-18.

 

"sine glossa" - das Evangelium ohne Interpretation, dh wortwörtlich umzusetzen war das Anliegen Franz´ v. Assisi. Weiß jemand, wie die Bibel vor der franziskanischen Bewegung von der Kirche verstanden wurde? Irgendwo habe ich so etwas im Hinterkopf, dass die Kirchenväter keine rein historisches Verständnis hatten. Das Bibelverständnis eines Peter Waldes, eines Luther oder Calvin dagegen dürfte nur indirekt in der RKK zu finden sein. Deswegen tippe ich auf die Franziskaner als Motor eines wortwörtlichen Verständnisses.

 

Dei verbum ist insofern bemerkenswert, da hier Irrtümer in der Schrift, speziell dem AT, eingeräumt werden, etwas, was ein Evangelischer so nie formulieren würde. Dei verbum zementiert auch die Hierarchie innerhalb der Schrift: Zuerst die Evangelien, dann das NT, dann das AT. Das ist katholische Tradition, ich finde sie nicht schlecht, denn gerade das AT ist sicher lesenswert - Gott sei Dank lesen wir es wieder! - aber an manchen Stellen extrem zeitbedingt.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Weiß jemand, wie die Bibel vor der franziskanischen Bewegung von der Kirche verstanden wurde?

Vierfacher Schriftsinn.

 

Ja, aber die haben schon mal den wörtlichen Sinn hinterfragt, ich weiß nur nicht, wie ernst das war (die=Kirchenväter).

 

Und gab es eine Engführung durch die franziskanische Bewegung?

 

Ich vermute da mal einen Pradigmenwechsel, weg vom vierfachen Schriftsinn, aber beweisen kann ich nichts.

bearbeitet von nannyogg57
Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Ich glaube man sollte nicht übersehen, dass bis zur Erfindung des Buchdrucks die Frage der Bibelauslegung eine Angelegenheit quantitativ verschwindender Gelehrtenzirkel war. Denn wer besaß den schon Bücher...Klöster und einige wenige Betuchte.*)

Die Bibel tauchte, wenn überhaupt in Schriften wie der sog, Armenbibel (Biblia pauperum) auf wo es eine enge Symbiose von Textteilen und Bildern gab.

Und die Bildteile dieser Armenbibeln fanden sich wieder in den Kirchen...so war z.B. in den alten Chorfenstern von St. Stephan die zu einem großen Teil im II Weltkrieg zerstört wurden ein kompletter Bildzyklus der Wiener Armenbibel widergegeben. Der Prediger konnte also während der Predigt auf die Bilder verweisen.

Was den hl. Franziskus anlangt und die Deutung seines Anspruches der Bibel gemäß "sine glossa" zu leben muss man glaube ich im Auge behalten, dass sein religiöses Aha Erlebnis aus Mt 10, 7-15 rührte.

Geht aber und predigt und sprecht: Das Himmelreich ist nahe herbeigekommen. Macht Kranke gesund, weckt Tote auf, macht Aussätzige rein, treibt böse Geister aus. Umsonst habt ihr's empfangen, umsonst gebt es auch. Ihr sollt weder Gold noch Silber noch Kupfer in euren Gürteln haben, auch keine Reisetasche, auch nicht zwei Hemden, keine Schuhe, auch keinen Stecken.

Und seine Anspruch ohne Abstriche so zu handeln bezieht sich sicher zu einem guten Teil auf die von mir hervogehobenen Worte.

 

 

*)Um den Wert einzuschätzen den Bücher im Mittelalter besaßen.......1277 wurden in Tournai 11 Bücher mit dem Gegenwert zweier Häuser bezahlt. 1485 überstieg der Preis für 2 Gesangsbücher das Jahresgehalt eiene Professors. (FLASCH Kurt Das phiklosophische Denken im Mittelalter. Von Augustin bis Macciavelli, 2. rev. und erw. Auflage Stuttgart 2000, 159.

bearbeitet von Der Geist
Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Ich glaube man sollte nicht übersehen, dass bis zur Erfindung des Buchdrucks die Frage der Bibelauslegung eine Angelegenheit quantitativ verschwindender Gelehrtenzirkel war. Denn wer besaß den schon Bücher...Klöster und einige wenige Betuchte.*)

Die Bibel tauchte, wenn überhaupt in Schriften wie der sog, Armenbibel (Biblia pauperum) auf wo es eine enge Symbiose von Textteilen und Bildern gab.

Und die Bildteile dieser Armenbibeln fanden sich wieder in den Kirchen...so war z.B. in den alten Chorfenstern von St. Stephan die zu einem großen Teil im II Weltkrieg zerstört wurden ein kompletter Bildzyklus der Wiener Armenbibel widergegeben. Der Prediger konnte also während der Predigt auf die Bilder verweisen.

Was den hl. Franziskus anlangt und die Deutung seines Anspruches der Bibel gemäß "sine glossa" zu leben muss man glaube ich im Auge behalten, dass sein religiöses Aha Erlebnis aus Mt 10, 7-15 rührte.

Geht aber und predigt und sprecht: Das Himmelreich ist nahe herbeigekommen. Macht Kranke gesund, weckt Tote auf, macht Aussätzige rein, treibt böse Geister aus. Umsonst habt ihr's empfangen, umsonst gebt es auch. Ihr sollt weder Gold noch Silber noch Kupfer in euren Gürteln haben, auch keine Reisetasche, auch nicht zwei Hemden, keine Schuhe, auch keinen Stecken.

Und seine Anspruch ohne Abstriche so zu handeln bezieht sich sicher zu einem guten Teil auf die von mir hervogehobenen Worte.

 

 

*)Um den Wert einzuschätzen den Bücher im Mittelalter besaßen.......1277 wurden in Tournai 11 Bücher mit dem Gegenwert zweier Häuser bezahlt. 1485 überstieg der Preis für 2 Gesangsbücher das Jahresgehalt eiene Professors. (FLASCH Kurt Das phiklosophische Denken im Mittelalter. Von Augustin bis Macciavelli, 2. rev. und erw. Auflage Stuttgart 2000, 159.

 

Das ist ein eigenes Thema, der unterschiedliche Zugang zur Bibel im Laufe der Jahrhunderte. Auch die Gewichtung der biblischen Bücher. Heute kann man per Suchfunktion im Internet die Bibel durchstöbern, vor 1000 Jahren dagegen war die Bibel noch etwas, dem man nur in der Kirche begegnen konnte und da wurde eben gewichtet. Franz hatte übrigens Zugang zur Bibel, vermutlich aber in Form von liturgischen Büchern, dh in einer Vorauswahl. Waldes dagegen war bemüht, die ganze Bibel zu übersetzen und unters Volk zu bringen. Ich denke, es gab damals kein allgemeines dogmatisches Verständnis darüber, wie man die Bibel verstehen solle. Erst Luther brachte das fundamentalistische Verständnis auf die Tagesordnung. Welche dogmatischen Schriften gab es zur Bibel eigentlich vor Vat II.?

In meiner Gemeinde, die Evangelischen mitgerechnet, gibt es nicht sehr viele, die die Bibel komplett durchgelesen haben. Ist auch kein "Must" für Religionslehrer, Pfarrer oder sonstige Seelsorger. Was verrät uns das über den Stellenwert der Bibel?

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

In meiner Gemeinde, die Evangelischen mitgerechnet, gibt es nicht sehr viele, die die Bibel komplett durchgelesen haben. Ist auch kein "Must" für Religionslehrer, Pfarrer oder sonstige Seelsorger. Was verrät uns das über den Stellenwert der Bibel?

Nichts.

Nicht jedes Kapitel der Bibel ist gleich wichtig.

Die Evangelien sind am wichtigsten - und die werden im Studium sehr ausführlich behandelt (hoffe ich zumindest!). Wobei es möglicherweise auch reicht, eine Perikope in einem Evangelium ausführlich zu behandeln, die Parallelstellen sollten sich dann mit den entsprechenden Grundkenntnissen zum jeweiligen Evangelium leicht vergleichen lassen.

Die Aufzählungen in Numeri sind vermutlich nur als solche interessant, ihre Details eher weniger (wenn man sich nicht gerade mit sehr speziellen Fragen beschäftigt). Wenn man die nicht Wort für Wort gelesen hat (sondern nur mal was über ihre Grundbedeutung gehört hat) dürfte das kein echter Verlust sein.

 

Ich denke, es ist für einen Theologen wichtiger, mit der Bibel umgehen zu können, als alles schon mal selbst gelesen zu haben. Bei Bedarf kann dann einfach mit Verstand nachgelesen werden. Wobei man den Umgang mit der Bibel natürlich mit der Bibel lernt, so daß schon einiges dazu gelesen (und verstanden!) werden wird. Das bringt mehr, als alles gelesen zu haben.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

In meiner Gemeinde, die Evangelischen mitgerechnet, gibt es nicht sehr viele, die die Bibel komplett durchgelesen haben. Ist auch kein "Must" für Religionslehrer, Pfarrer oder sonstige Seelsorger. Was verrät uns das über den Stellenwert der Bibel?

Nichts.

Nicht jedes Kapitel der Bibel ist gleich wichtig.

Die Evangelien sind am wichtigsten - und die werden im Studium sehr ausführlich behandelt (hoffe ich zumindest!). Wobei es möglicherweise auch reicht, eine Perikope in einem Evangelium ausführlich zu behandeln, die Parallelstellen sollten sich dann mit den entsprechenden Grundkenntnissen zum jeweiligen Evangelium leicht vergleichen lassen.

Die Aufzählungen in Numeri sind vermutlich nur als solche interessant, ihre Details eher weniger (wenn man sich nicht gerade mit sehr speziellen Fragen beschäftigt). Wenn man die nicht Wort für Wort gelesen hat (sondern nur mal was über ihre Grundbedeutung gehört hat) dürfte das kein echter Verlust sein.

 

Ich denke, es ist für einen Theologen wichtiger, mit der Bibel umgehen zu können, als alles schon mal selbst gelesen zu haben. Bei Bedarf kann dann einfach mit Verstand nachgelesen werden. Wobei man den Umgang mit der Bibel natürlich mit der Bibel lernt, so daß schon einiges dazu gelesen (und verstanden!) werden wird. Das bringt mehr, als alles gelesen zu haben.

 

Ich muss ehrlich sagen, dass ich mich sicherer fühle, seitdem ich sie komplett durchgelesen habe. Dass nicht alles prickelnd ist und ich sowieso schon die besten Stellen kannte, war mir schon klar. Aber ehrlich gesagt: Im Buch Richter gibt es ein paar recht seltsame Geschiohten und da meine ich jetzt nicht die Sache mit der einen Tochter, die vermutlich auf seltsamen Wegen in den Kanon kamen und offensichtlich von Leuten abgesegnet wurden, die das Buch vorher nicht komplett durchgelesen haben. Meine private Meinung. Dei verbum scheint von Leuten verfasst worden zu sein, die die ganze Bibel gelesen haben. Die Relativierung des AT an manchen Stellen ist einfach der Einsicht geschuldet, dass das AT ein bemerkenswertes Zeugnis des Glaubens ist, aber eben auch ein Zeugnis der Zeit, in der es geschrieben und adaptiert wurde.

 

Selbst orthodoxe Juden setzen das Deuteronomium schon seit Jahrhunderten nicht mehr 1:1 um und steinigen nicht ihre Nachbarn, welche am Sabbat arbeiten.

 

Es ist Hirnriss, sich zum Sklaven eines Textes zu machen, selbst wenn es ein heiliger Text ist. Das fundamentalistische und wortwörtliche Verständnis ist erst seit wenigen Jahrzehnten en vogue und da spreche ich von allen Schriftfundis aller Religionen.

 

Das ist eine Kombination aus online-Zugang mit google-Suche und Fundamentalismus, so was hat es noch nie gegeben.

 

Früher hat man halt singuläre Bibelzitate aus dem Zusammenhang gerissen und zum Zündeln benützt - "Die Hexen sollst du nicht am Leben lassen" -, falsch übersetzt und zum Leitmotiv erhoben - der vernünftige Umgang mit heiligen Texten ist nicht so einfach und Dei verbum ist da eine echt schlaue Handreichung.

 

PS: Die Piusler sollen bezüglich Bibel die Klappe halten und erst mal den Volltext durchpflügen.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Will man in einen prägnanten Schlagwort zusammenfassen, was die Grundaussage des Konzilsdokuments "Dei verbum" ausmacht, so kann man das Dictum "Gotteswort im Menschenwort" verwenden.

 

Dazu muss gesagt werden, dass noch bis weit ins 20. Jh das Lehramt davon ausgegangen ist, dass die Bibel quasi ein Produkt eines Diktates des Hl. Geistes sei, was natürlich ihre völlige Irrtumslosigkeit implizierte. Als Beispiel für die entsprechende Argumentation kann die Begründung von Papst Leo XIII. in seiner Enzyklika Providentissimus Deus (1893) gelten:

 

Denn uneingeschränkt alle Bücher, die die Kirche als heilig und kanonisch anerkennt, wurden in all ihren Teilen auf Diktat des Heiligen Geistes verfaßt; weit gefehlt, daß der göttlichen Inspiration irgendein Irrtum unterlaufen könnte, schließt sie durch sich selbst nicht nur jeden Irrtum aus, sondern schließt (ihn) aus und verwirft (ihn) so notwendig,

wie es notwendig ist, daß Gott, die höchste Wahrheit, Urheber überhaupt keines Irrtums ist.

 

Diese Gedankengänge blieben noch weit bis ins 20. Jh für das katholischen Bibelverständnis prägend. Erst die Enzyklika Pius XII "Divinu afflante Spiritu" aus 1943 ließ erste vorsichtige Annäherungen an die besonders im protestantischen Bereich hervorgebrachten aber eben auch von katholischen Exegeten mit großem Interesse verfolgter Erkenntnisse einer neuen Bibelwissenschaften erahnen.

Aber auch nach dieser Annäherung blieb der Gedanke leitend, dass eine unmittelbare Befassung der Gläubigen mit der Bibel nicht wünschenswert sei, sondern dass der Zugang ein indirekter, durch einen Seelsorger, was damals gleichbedeutend mit Priester war im Wege der Katechese bzw der Predigt zu gewährender sei.

Der sachkompetente Seelsorger sollte überdies in dieser seiner Vermittlungsfunktion als eine Art „hermeneutische Kontrollinstanz fungieren, die in der ursprünglich beabsichtigten Funktion über sein Aufgabe als ausgebildeter Fachmann hinausging.

Vor diesem Hintergrund ist zu sehen, wie sensationell die Aussage in Dei Verbum VI, 22 gewesen ist:

Der Zugang zur Heiligen Schrift, muss den Gläubigen weit offen stehen

Dass solche Offenheit von den bibelliturgischen Bewegungen im deutschsprachigen Raum vorbereitet und somit maßgeblich gestützt wurde, ist ausdrücklich festzuhalten. Es sind dabei Namen wie Pius Parsch, Otto Karrer, Josef Andreas Jungmann und Romano Guardini zu nennen.

bearbeitet von Der Geist
Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

×
×
  • Neu erstellen...