Julius Geschrieben 2. März 2018 Autor Melden Share Geschrieben 2. März 2018 (bearbeitet) Am 1.3.2018 um 17:45 schrieb Alfons: Man hat sie dort absichtlich verhungern lassen. Ja, "E-Kost" (steht für Entzugs-Kost) war eine "Erfindung" von Valentin Faltlhauser, seit 1929 Direktor der Heil- und Pflegeanstalt Kaufbeuren. Mit dem „Hungerkosterlaß“ vom 30.11.1942 an die Leiter der bayerischen Heil- und Pflegeanstalten tat sich das bayerische Innenministerium mit einem "Sonderweg" in der (mehr oder weniger verdeckten) Fortsetzung der "Aktion T4" hervor, die nach den Protesten des Münsteraner Bischofs von Galen offiiziell eingestellt worden war. Im Unterschied zur "Aktion T4" wurden nun die Patiententötungen in bayerischer Selbstverantwortung fortgesetzt, die Selektion der zu tötenden Patienten lag jetzt in den Händen der Anstaltsdirektoren. Insbesondere betroffen waren davon ca. 3000 Patienten (ich finde die Quelle für diese Zahl jetzt gerade nicht mehr wieder), die im Rahmen der sog. "Aktion Brandt" aus nördlicheren Bundesländern nach Bayern verlegt worden waren. "Die Sterblichkeitsrate stieg" nach Einführen der Hungerkost "in Kaufbeuren um 300%, in Irsee um 43 %. Die vergleichsweise niedrigere Rate in Irsee ist auf das Engagement von Schwestern und Pflegern zurückzuführen, die aus ethischen Gründen die Anweisungen nicht umsetzten." (Quelle: Historie des Bezirkskrankenhauses Kaufbeuren). Den Morden in Kaufbeuren-Irsee wurde durch das Kriegsende noch kein Ende gesetzt: "Ende April besetzten amerikanische Truppen Kaufbeuren, griffen aber noch nicht in die Vorgänge der Anstalt ein. Erst am 1. Juli 1945 gelangten die Gerüchte über die Kindestötungen bis zur militärischen Dienststelle durch, woraufhin drei Soldaten und ein Fotograf in die Anstalt eindrangen und das Töten beendeten." bearbeitet 2. März 2018 von Julius Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Julius Geschrieben 23. September 2018 Autor Melden Share Geschrieben 23. September 2018 Gewitter - Sturm - und jetzt heftiger Regen: Heute abend hat Sukkot, das Laubhüttenfest, begonnen. In der jungen jüdischen Gemeinde in Rottweil wurde schon vor Tagen eifrig und unter der Anleitung des aus Heidelberg angereisten Interim-Rabbiners an der Succah gebaut. Rechtzeitig ist sie fertig geworden, hoffentlich hält sie dem gerade losgebrochenen Unwetter stand. Gelegenheit, um an die Succah aus Baisingen zu erinnern (vermutlich gehörte sie der Familie des jüdischen Metzgers von Baisingen). Nach Jahrzehnten, in denen sie einem Imker als Unterstand für seine Bienenvölker und dann als Hühner- und Entenstall gedient hatte (und deswegen erhalten geblieben ist), wurde sie sorgsam von einer Spezialfirma für die Sanierung von altem Holz restauriert und wird nun alljährlich zu Sukkot in der Synagoge zu Baisingen (heute ein Ortsteil von Rottenburg) ausgestellt. 1 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Julius Geschrieben 24. September 2018 Autor Melden Share Geschrieben 24. September 2018 (bearbeitet) Die Baisinger Sukkah steht zur Zeit als Leihgabe und denkmalgeschütztes, bewegliches Kulturerbe in der Sonderausstellung "Jüdisches Leben im ländlichen Baden-Württemberg" (sie dauert noch bis zum 4. November) des Freilichtmuseums Beuren (in der Nähe von Nürtingen gelegen). (Die Ausstellung ist Teil eines Gemeinschaftsprojekts der sieben baden-württembergischen Freilichtmuseen „Anders.Anders?- Ausgrenzung und Integration auf dem Land“) bearbeitet 24. September 2018 von Julius Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Julius Geschrieben 24. September 2018 Autor Melden Share Geschrieben 24. September 2018 Bissingen an der Teck ist eine Gemeinde mit (heute) knapp dreieinhalbtausend Einwohnern im Landkreis Esslingen. Alt-württembergisch, daher seit der Reformation rein protestantisch, haben sich in Bissingen auch nach 1803 nie jüdische Familien niedergelassen - Wilhelm Weißburger kam als Knecht nach Bissingen. Über das Schicksal von Wilhelm Weißburger, der als getaufter und konfirmierter evangelischer Christ in Bissingen lebte, wird jedoch in Kürze im Rahmen der Veranstaltungen zur Sonderausstellung im Freilichtmuseum Beuren berichtet. Er war als junger Mann aus Kochendorf, heute ein Ortsteil von Bad Friedrichshall im Landkreis Heilbronn, nach Bissingen zugezogen, einem nicht-württembergischen Flecken, dessen Herrschaften des öfteren wechselten, und in dem seit dem 16.Jahrhundert nachweislich Juden lebten. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Dies ist ein beliebter Beitrag. elad Geschrieben 24. September 2018 Dies ist ein beliebter Beitrag. Melden Share Geschrieben 24. September 2018 Am 23.9.2018 um 21:29 schrieb Julius: Gewitter - Sturm - und jetzt heftiger Regen: Heute abend hat Sukkot, das Laubhüttenfest, begonnen. In der jungen jüdischen Gemeinde in Rottweil wurde schon vor Tagen eifrig und unter der Anleitung des aus Heidelberg angereisten Interim-Rabbiners an der Succah gebaut. Rechtzeitig ist sie fertig geworden, hoffentlich hält sie dem gerade losgebrochenen Unwetter stand. Gelegenheit, um an die Succah aus Baisingen zu erinnern (vermutlich gehörte sie der Familie des jüdischen Metzgers von Baisingen). Nach Jahrzehnten, in denen sie einem Imker als Unterstand für seine Bienenvölker und dann als Hühner- und Entenstall gedient hatte (und deswegen erhalten geblieben ist), wurde sie sorgsam von einer Spezialfirma für die Sanierung von altem Holz restauriert und wird nun alljährlich zu Sukkot in der Synagoge zu Baisingen (heute ein Ortsteil von Rottenburg) ausgestellt. an userer sukka hat wie immer der kleine unserer christlichen nachbarn tuechtig mitgebaut. seine schwester hat mit unseren enkeln die sukka mit selbstgemalten bildern verschoenert. alle bauhelfer und kuenstler haben sich nach dem feierlichen festessen in unserer sukka durch die sukkot im viertel "gefuttert", incl. der hund unserer moslemischen nachbarn. danach haben sich alle bauhelfer und kuenstler incl. moslemischem hund, juedischem hund und christlicher katze in der sukka zum schlafen einquartiert. ich bin noch zu unseren moslemischen nachbarn gegangen um ihnen mitzuteilen, dass ihr hund in der sukka schlaeft. die nachbarn sassen gerade mit den christlichen nachbarn bei arabischen kaffee im garten. als ich ihnen mitteilte, dass der hund bei uns sei meinte unsere christliche nachbarin: da hat jemand seine moslemische hunde-erziehungspflicht nicht erfuellt. allgemeines gelaechter. wie immer mussten wir armen maenner uns um abwasch und aufraeumen kuemmern. unsere besseren haelften waren fuer kochen und backen zustaendig. 4 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Der Neugierige Geschrieben 24. September 2018 Melden Share Geschrieben 24. September 2018 Das vermittelt einen fast schon paradiesischen Eindruck. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
gouvernante Geschrieben 24. September 2018 Melden Share Geschrieben 24. September 2018 vor 12 Minuten schrieb Der Neugierige: Das vermittelt einen fast schon paradiesischen Eindruck. Ich halte das in kleinen Nachbarschaften, wo sich Menschen kennen und schätzen, für nicht unmöglich. Skalierbar ist es vermutlich nicht. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
elad Geschrieben 25. September 2018 Melden Share Geschrieben 25. September 2018 vor 10 Stunden schrieb gouvernante: Ich halte das in kleinen Nachbarschaften, wo sich Menschen kennen und schätzen, für nicht unmöglich. Skalierbar ist es vermutlich nicht. vor ca. 2 wochen habe ich ein langes radiointerview mit arabischen israelis gehoert, die ihre situation kommentiert haben. unter dem strich: die arabische gesellschaft macht eine beschleunigte "israelisation" durch, die jungen sind nicht mehr bereit sich der gesellschaftlichen konrolle der grossfamilien zu unterwerfen. in tel aviv und umgebung leben angeblich bereits ueber 160000 arabische jugendliche mit uni-abschluss, die in israelischen firmen arbeiten. jeder 3 einwohner von nazrareth-elit (neben nazareth) ist heute araber, der nazareth verlassen hat. je gemischter desto besser. dann merkt jede seite, dass die andere seite ganz aehnliche probleme hat 1 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
elad Geschrieben 25. September 2018 Melden Share Geschrieben 25. September 2018 vor 10 Stunden schrieb Der Neugierige: Das vermittelt einen fast schon paradiesischen Eindruck. wir leben wirklich in einem kleinen paradies. unser nachbardoerfchen, mit dem wir demnachst 50 jahre gemeinsame verwaltung feiern, macht's seit jahrhunderten vor: christen aller richtungen, moslems, drusen, tscherkessen, 2 bahaji-familien, alle leben seit jahrhunderten in frieden miteinander. bis die ersten wohnungen in unserem staedtchen gebaut wurden, leben wir neueinwanderer ca. 3 jahre in zelten. ich kann mich nicht an ein einziges schlechtes wort, an streit mit unseren nachbarn erinnern. im gegenteil. im winter 1950-1951, als unsere zelte unter wasser stenden, haben viele familien, egal welchen glaubens, einwanderer zeitweise bei sich aufgenommen. wir kinder wurden im keller des leinen kloesterchens einquartiert. ich kann mich bis heute an die "shabatt-Schokoladen-kekse" der nonnen erinnern. als bei uns die ersten viertel geplant wurden, wurde das nachbardoerfchen in die planung einbezogen. die dortigen haeuser standen monatelang auf pfaehlen, waehrend die wasser- und stromleitungen verlegt wurden. 1 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Alfons Geschrieben 8. Oktober 2018 Melden Share Geschrieben 8. Oktober 2018 Heute Mittag habe ich - sozusagen als Ersatz-Demnig - einen Stolperstein verlegt, der an einen von den Nazis im KZ-Lager Sandbostel ermordeten Gewerkschafter erinnert. Den ursprünglich verlegten Gedenkstein hatten Bauarbeiter bei der Erneuerung des Bürgersteigs weggeworfen. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Alfons Geschrieben 6. Dezember 2018 Melden Share Geschrieben 6. Dezember 2018 Happy Chanukah! Freunde aus Israel haben mir heute diesen Film geschickt, ich habe ihn dann auch im Internet gefunden. Ich möchte das mit euch teilen. 1 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Julius Geschrieben 6. Dezember 2018 Autor Melden Share Geschrieben 6. Dezember 2018 (bearbeitet) vor einer Stunde schrieb Alfons: Happy Chanukah! Freunde aus Israel haben mir heute diesen Film geschickt, ich habe ihn dann auch im Internet gefunden. Ich möchte das mit euch teilen. Danke. Den Film kannte ich noch nicht. Und für alle jene, die sich schwer tun, die Geschichte in Englisch zu verstehen, noch eine kurze deutsche Zusammenfassung. bearbeitet 6. Dezember 2018 von Julius Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Alfons Geschrieben 7. September 2019 Melden Share Geschrieben 7. September 2019 Am Tag des offenen Denkmals - das ist morgen, 8. September - führen um 11 Uhr Archäologen über eine ungewöhnliche Ausgrabungsstätte. Sie haben Reste des KZ Bisingen freigelegt. Also falls noch jemand, der in der Nähe wohnt, sich das anschauen möchte. Bisingen liegt quasi zu Füßen der Burg Hohenzollern in Baden-Württemberg. Dort existierte am nördlichen Ortsrand ab August 1944 ein Außenlager des KZ Natzweiler. Die Häftlinge in Bisingen mussten Ölschiefer für die Treibstoff-Produktion gewinnen. 1 1 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Julius Geschrieben 11. September 2019 Autor Melden Share Geschrieben 11. September 2019 Das Museum zum KZ wurde im Juni diesen Jahres neu eröffnet. "Unternehmen Wüste" Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Dies ist ein beliebter Beitrag. Alfons Geschrieben 27. Oktober 2021 Dies ist ein beliebter Beitrag. Melden Share Geschrieben 27. Oktober 2021 (bearbeitet) Aus aktuellem Anlass hole ich mal diesen schon etwas betagten Thread hoch. In der nächsten Woche verlege ich noch einmal ein paar Stolpersteine - also eigentlich nicht ich, sondern die Mannen vom Bauhof, ich stehe nur daneben und halte die passenden Ansprachen. Der Termin wurde coronabedingt mehrmals verschoben, jetzt kriegen wir das zu meiner Freude endlich hin. Bei der Gelegenheit möchte ich einmal pauschal alle Stadt- und Gemeindeverwaltungen loben, die mit dem Thema Stolpersteine befasst sind. Das ist erstens viel Arbeit, die zweitens mit dem geringstmöglichen bürokratischen Aufwand und drittens auf eigene Kosten gemacht wird. In meinem aktuellen Fall hatte ich selber verschludert, mich rechtzeitig um die Hilfe des Bauhofs zu bemühen. Die Einladungen sind seit drei Wochen raus, aber der Bauhof wusste noch von nichts. Es hat vorhin keine halbe Stunde gedauert, um drei zum Teil zeitaufwändige Termine in den Dienstplan zu quetschen. Und das, obwohl am Montag ein Feiertag ist und die Jungs mit den Folgen der Flutkatastrophe noch reichlich zu tun haben. In diesem Forum wird ja gerne über Verwaltungen und Bürokratien geklagt, die dort arbeitenden Männer und Frauen als faul oder unfähig bezeichnet. Meine Erfahrungen sind anders. Nicht nur, aber ganz besonders, wenn es um das Verlegen von Stolpersteinen geht. bearbeitet 27. Oktober 2021 von Alfons 7 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Shubashi Geschrieben 27. Oktober 2021 Melden Share Geschrieben 27. Oktober 2021 Wir hatten ja früher einen Thread „Antisemitismus heute“, ich hatte mal versucht darin etwas zu posten, es geht aber nicht mehr. Würde dieser Thread jetzt als möglicher Ersatz dazu diesen? Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
gouvernante Geschrieben 27. Oktober 2021 Melden Share Geschrieben 27. Oktober 2021 Mach dafür doch bitte einen neuen Faden auf. 1 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Alfons Geschrieben 4. November 2021 Melden Share Geschrieben 4. November 2021 Gestern haben wir Stolpersteine verlegt, ich habe die Gedenkansprachen gehalten. Gerade bekam ich einen Anruf der Stadtverwaltung: Einer der Steine wurde ausgegraben und gestohlen. Grrrrrr. 3 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Marcellinus Geschrieben 4. November 2021 Melden Share Geschrieben 4. November 2021 Das ist nicht gut! Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
UHU Geschrieben 4. November 2021 Melden Share Geschrieben 4. November 2021 vor 5 Stunden schrieb Alfons: Gestern haben wir Stolpersteine verlegt, ich habe die Gedenkansprachen gehalten. Gerade bekam ich einen Anruf der Stadtverwaltung: Einer der Steine wurde ausgegraben und gestohlen. Grrrrrr. Übel! (der zweite Teil!) Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
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