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Was hat Speiseeis mit den sieben Todsünden zu tun?


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Geschrieben

Sieben neue Eissorten, benannt nach den sieben Todsünden: Für alle gefräßigen, begierigen, faulen, eitlen, neidischen, hab- und rachsüchtigen Magnum-Esser hat die australische Dependance der Agentur Universal McCann die beste Media gemixt - im Auftrag von Unilever. Geschaltet wurde aber immer nur dann, wenn das Umfeld auch thematisch passte: Die Spots zum Magnum-Newcomer "Guttony" (Völlerei) beispielsweise liefen vor, während und nach Kochsendungen; die Zeitungsanzeigen dazu waren nur in speziellen Rubriken über Kochen und Genießen zu finden. Hingegen tauchte Werbung für Magnum "Sloth" (Faulheit) im Umfeld der TV-Serie "Simpson's" auf und stand in Print-Titeln direkt neben dem aktuellen TV-Programm. Doch damit nicht genug: An den Spiegeln in Umkleidekabinen und Fitnessstudios prangten Stickers für Magnum "Vanity" (Eitelkeit) und in Dessous-Läden klebten Bildmotive für "Lust" (Begierde). Die Kampagne für die sieben neuen Magnums (und die sieben Todsünde) zog sich konsequent durch drei Medien: TV, Print und Ambient. Dafür gewannen die Australier den Grand Prix, Cannes begehrteste Media-Trophäe.

Geschrieben

Werbung ist praktizierter Konstruktivismus: es gibt keine Zusammenhänge außer denen, die wir selbst herstellen.

Geschrieben


Zitat von sstemmildt am 12:51 - 1.März.2003

Werbung ist praktizierter Konstruktivismus: es gibt keine Zusammenhänge außer denen, die wir selbst herstellen.


 

Naschen zählt eben zu den Sünden, die sich auch Christen manchmal gönnen. Das Wort "Sünde" ist doch im Alltag dem Christentum völlig entglitten und gehört längst für viele in den Bereich der Ernährung - oder wohin auch immer. Wenn man bei Google den Begriff "zehn/10 Todsünden" eingibt, dann erhält man Ratschläge, wie man unangenehme Besucher wieder los wird, oder Hinweise auf die zehn schlimmsten Verfehlungen in Sachen Webdesign. Selbst mit den "sieben Todsünden" landet man nicht an erster Stelle auf einer christlichen Seite. Was sagt uns das?

 

Selbst die Sünde braucht das Christentum nicht mehr.

Geschrieben

Ich finde es irgendwie irre, Eissorten mit den Todsünden zu benennen! Ein Eis mit den Namen: Hochmut, Zorn, Neid, Geiz, Völlerei, Wollust und Trägheit.

 

Seht ihr das gelassen?

Geschrieben

Stimmt Lucia, ich hätte das anders anpacken müssen, wenn ich das in F&A hätte besprechen wollen.

Gast Ketelhohn
Geschrieben

Diese Firma hat bei uns ohnehin Hausverbot. Ich gebe bei dieser Gelegenheit ein Schreiben wieder, daß ich vor einiger Zeit von der Iglo-PR-Abteilung erhalten habe:

 

Sehr geehrter Herr Ketelhohn,

 

mit Bedauern haben wir Ihre E-Mail vom 7.3.2001 gelesen. Meinungsäußerungen unserer Verbraucher nehmen wir sehr ernst, insbesondere dann, wenn diese unsere Werbung kritisch reflektieren.

 

Gern möchten wir Ihnen das Konzept, das hinter dem Werbeauftritt für Iglo Vier Sterne steht, genauer erläutern.

 

Unsere Protagonisten Holger und Max stehen für die Werte unserer neuen Marke Iglo Vier Sterne. Wir sind der Meinung, dass männliche Paare in unserer Gesellschaft nicht nur akzeptiert, sondern längst zu Stellvertretern des modernen und guten Geschmacks geworden sind - und das nicht nur in den Bereichen Mode und Kunst. Sie stehen auch dafür, ein erlesenes Gespür für gutes Essen zu haben. Von Wolfgang Joop bis Alfred Biolek stellen sie mittlerweile sogar für die konservative Hausfrau eine Instanz dar. Sie sind gebildet und humorvoll und können auch über sich selbst lachen.

 

Aus diesem Grund haben wir uns entschieden, ein männliches Paar für die neue Iglo Vier Sterne Werbung zu nutzen.

 

Holger und Max repräsentieren ein männliches Paar, das die TV-Zuschauer mit netten und charmanten Geschichten aus ihrem Leben unterhält. Dass dabei die Tisch- und Esskultur im Vordergrund steht, ist - bei einer Werbung für Iglo Vier Sterne - klar.

 

Wir halten die Darstellung eines männlichen Paares nicht für jugendgefährdend.Zum einen sind in unseren Spots keine sexuellen Komponenten enthalten. Zum anderen erfahren Kinder heute sehr früh, dass es vielfältige Formen des menschlichen  Zusammenlebens gibt. Wir empfinden es nicht als anstößig, dass zwei Männer sich gegenseitig bekochen und es sich zusammen schön machen.

 

Wir hoffen, wir konnten Ihnen unsere Hintergründe für das neue Werbekonzept näher bringen und würden uns sehr freuen, wenn Sie sich mit Holger und Max noch einmal auseinandersetzten und hoffentlich - auch nach dem Probieren eines leckeren Iglo Vier Sterne Gerichtes - zu einer positiveren Einschätzung kämen.

 

Mit freundlichen Grüßen

Langnese-Iglo GmbH

ConsumerPR

 

Lucia Frenking

Geschrieben

Ich glaube nicht, daß ich von der Kirche so ein nettes Schreiben erhielte, wenn ich mich denen - zu Recht - über jugendgefährdende Hetze beschweren würde.

Geschrieben

Die Todsünden sind doch aber etwas anderes als die hier genannten "Wurzelsünden" - oder?

 

Müßten die Todsünden-Eissorten nicht "Ehebruch", "Mord", "Unzucht" etc. heißen?

 

 

Fänd ich auch witzig. "Herr Ober, eine Portion Ehebruch bitte. Mit Vanillesauce." ;)

Geschrieben

Also Martin und Robert,

 

die Kirche arbeitet doch mit noch ganz anderen Marketingtricks. Natürlich tut sie dabei unschuldiger, aber daß da knallharte Strategien dahinterstehen die sich auf wissenschaftliche Erkenntnisse stützen werdet ihr doch nicht leugnen.

 

Gerade Du, Robert, bist doch einer der schärfsten Kritiker in Sachen Moraltheologie. Und Dir ist doch selbstverständlich klar daß dieser Umschwung vorzugsweise mit Öffentlichkeitsarbeit zu tun hat.

 

Gruß Frank

Gast Ketelhohn
Geschrieben

»Fänd ich auch witzig. "Herr Ober, eine Portion Ehebruch bitte. Mit Vanillesauce."«

 

Gibt’s das nicht schon? – »Frollein, eine Portion Ehebruch bitte.« – »Komm mit ins Hinterzimmer, Süßer.«

 

Übrigens ist der Begriff Todsünde hier tatsächlich irreführend. (Ich habe mir bisher nur auf die Lippen gebissen, weil ich Lucia schon diverse Male mit dieser Korrektur genervt habe.) Gemeint sind hier die sogenannten sieben Hauptsünden. Damit sind zunächst keine konkreten Einzelsünden gemeint, sondern – analog zu den Kardinaltugenden – die Hauptgattungen oder -kategorien von Sünden.

 

Eine Todsünde ist was anderes: nämlich eine konkrete, schwere Sünde, die den Sünder definitiv von Gott trennt.

 

Das obige Schreiben von Iglo finde ich übrigens nicht „nett“, Lissie. Es ist vielmehr Zeugnis eines völlig pervertierten Denkens und einer kaputten Gesellschaft, die schon mit drei Füßen im Abgrund hängt.

Geschrieben

> Es ist vielmehr Zeugnis eines völlig pervertierten Denkens und einer kaputten Gesellschaft, die schon mit drei Füßen im Abgrund hängt.<

 

Das haben die Konservativen sicher auch gesagt, als die ersten Schwarzen Zugang zu Universitäten hatten. Und damit "Zeugnis eben eines völlig pervertierten Denkens", das mit drei Füßen (erfreulicherweise) schon im Grab steht. :)  

Geschrieben


Zitat von Ketelhohn am 10:56 - 1.März.2003

 

Das obige Schreiben von Iglo finde ich übrigens nicht „nett“, Lissie. Es ist vielmehr Zeugnis eines völlig pervertierten Denkens und einer kaputten Gesellschaft, die schon mit drei Füßen im Abgrund hängt.

 

Oberaffentittengeil. Robert der Spiessbürger, der sich über Schwule in Werbespots beschwert. Denen bei Iglo hast Du bestimmt einen schönen Tag beschert, Ketelhohn. Die haben sich über Deinen (bestimmt drolligen) Beschwerdebrief garantiert köstlich amüsiert. Du bist echt noch durchgeknallter, als ich bisher gedacht habe.

Geschrieben

Vielleicht als freie Mitarbeiterin, Lissie. Biete denen doch Ideen für ihre Werbeabteilung an!

Geschrieben

Wenn du solch eine Begriffs-Ungenauigkeit bei mir siehst, bitte ich dich immer um deine Korrektur, Robert. Ich habe einfach den Text übernommen und nicht nachgedacht.

Geschrieben

Daß Du stets um Roberts Korrektur bittest ist bekannt, Martin. Interessanter wäre Deine Meinung zu meiner "Korrektur". Danke

 

Gruß Frank

Geschrieben


Zitat von Thofrock am 14:38 - 1.März.2003

Daß Du stets um Roberts Korrektur bittest ist bekannt, Martin. Interessanter wäre Deine Meinung zu meiner "Korrektur". Danke

 

Gruß Frank

 

 

Du siehst nicht richtig hin, Frank. Ich bitte nicht STETS um Roberts Korrektur, sondern dann, wenn ich mit der offensichtlich falschen Verwendung eines Begriffes für Mißverständnisse sorge.

 

Herzliche Grüße

Martin

Geschrieben


Zitat von Thofrock am 10:50 - 1.März.2003

Also Martin und Robert,

 

die Kirche arbeitet doch mit noch ganz anderen Marketingtricks. Natürlich tut sie dabei unschuldiger, aber daß da knallharte Strategien dahinterstehen die sich auf wissenschaftliche Erkenntnisse stützen werdet ihr doch nicht leugnen.

 

Gerade Du, Robert, bist doch einer der schärfsten Kritiker in Sachen Moraltheologie. Und Dir ist doch selbstverständlich klar daß dieser Umschwung vorzugsweise mit Öffentlichkeitsarbeit zu tun hat.

 

Gruß Frank


 

Diese Frage ist zu offen, Frank. Bitte bring ein Beispiel, so konkret wie das von mir aufgeführte - "Begriffe" aus einem offensichtlich anderen "System" werden benutzt, aus dem Zusammenhang gerissen um für plakative Aufmerksamkeit zu sorgen. Verbunden mit einem in Kauf genommenen Vor-den-Kopf-Stoßen der "Mitglieder" dieses "Systems", denn hier geht es letztendlich für Christen nicht um eine Banalität, sondern um Leben und Tod.

 

Mit-Spannung-dein-Beispiel-erwartend

Martin

Geschrieben

Also Martin,

 

wenn Dir dazu selbst kein Beispiel einfällt brauchen wir eigentlich nicht weiterzudebattieren. Aber ich werde trotzdem ein paar aufzählen.

 

Fangen wir mal mit den Sektenbeauftragten an die den Job haben die Mitwettbewerber zu diskreditieren.

Die Kirche geht mit der Zeit. Bibeln erscheinen in Comikform. Die Kirche goes online. Die Kirche tritt als Großaktionär auf. Die Kirche setzt dem Trend entsprechend auf die Anti-Kriegs-Schiene.

Aus PR-Gründen räumt man inzwischen sogar schlimmste Verfehlungen von Kirchenmitarbeitern ein und verurteilt diese öffentlich. Wäre noch vor 10 Jahren undenkbar gewesen.

Und warum zahlt die Kirche für uneheliche Kinder von Pfarrern ? Kein Marketing ? Oh doch !

 

Und wie siehts mit der Einstellung zum Zeitgeist ein ? Ließ doch bitte mal "Hirntod der Moraltheologie" auf Roberts HP.  Dort beschreibt Robert einige weitere Beispiele die die 180 Grad-Drehungen von Bischöfen und Co. beschreiben.

 

Also wenn Du ernsthaft mit Spannung auf ein Beispiel gewartet hast weil Dir selbst keines einfiel dann ist das entweder ziemlich naiv oder geschwindelt, gell ?

 

Vielleicht hilft es Dir auch wenn Du Dir den Begriff Marketing (in Sachen Kirche vorzugsweise mit der Ausrichtung PR) mal definierst.

 

 

Gruß Frank

   

Geschrieben


Zitat von Martin am 16:46 - 1.März.2003

 "Begriffe" aus einem offensichtlich anderen "System" werden benutzt, aus dem Zusammenhang gerissen um für plakative Aufmerksamkeit zu sorgen. Verbunden mit einem in Kauf genommenen Vor-den-Kopf-Stoßen der "Mitglieder" dieses "Systems", denn hier geht es letztendlich für Christen nicht um eine Banalität, sondern um Leben und Tod.

 

 


 

Ja, Martin, aber was erwartest Du? Daß Zeichen aus einem Textsystem in ein anderes importiert werden und dort im anderen Kontext eine neue Bedeutung  erhalten, ist gang und gäbe in einer multikulturellen Gesellschaft: Multikulturalität (das Nebeneinander verschiedener Kulturen) führt oft zu Interkulturalität (dem Miteinander-in-Beziehung-Treten verschiedener Kulturen und den sich daraus ergebenden neuen "Texten" - um das ganze mit Begriffen aus der Semiotik zu beschreiben, die für solche Phänomene die geeignetste "brille" ist). Ob und inwiefern sich dabei jedes beteiligte Kultursystem gebührend geachtet fühlt, ist eine andere Frage. Wer weiß, vielleicht fühlt sich ja auch manch ein liberaler und freigeistiger Eis-Liebhaber durch die Verwendung der christlichen Versatzstücke ganz schön vor den Kopf gestoßen.

 

Denn schließlich stößt ja auch das von Dir genannte System  fortwährend Leute vor den Kopf, indem es Dinge, die anderen heilig sind, in den Dreck zieht. (Ein gutes Beispiel hierfür wäre die aus gesellschaftlicher Sicht sicher recht wertvolle Werbung mit dem Schwulenpaar- eine Minderheitenethik, die zum Beispiel von dem christlichen System sehr viel übler in den Dreck gezogen wird als die sieben Christen-Sünden es in der Eiskampagne werden).

 

Ich finde, daß ein System, das so aggressiv mit seiner Botschaft in die Öffentlichkeit tritt wie die Kirche, kein Anrecht mehr auf das alleinige Copyright seiner Zeichen hat.  Man kann auch Deschner nicht verbieten, sich ein Kreuz umzuhängen - seis auch nur, weil ihm die Form gefällt.

 

Und was ich nicht verstehe, Martin: Wieso eigentlich fühlt man sich als "Angehöriger des einen Systems" vor den Kopf gestoßen, nur weil  die Elemente des eigenen Systems in einem fremden Kontext verwendet werden? Man fordert ja keinen Christen explizit auf, die Sünden zu begehen. Die Frage nach "Leben und Tod" kann der Christ sich nach wie vor gemäß seinem System beantworten.

Geschrieben

Was mich stört, Lissie, ist die Verbindung eines Begriffes mit einer Ware, die inhaltlich nichts damit zu tun hat. Die reine Willkür und - in Bezug auf die Völlerei sogar - Verdrehung.

 

Mit diesen Begriffen sind nun ja keine Läßlichkeiten verknüpft, sondern Verhaltensweisen, die niemand gutheißen kann, falls er darüber nachdenkt, wobei z.B. Trägheit nicht mit Muße verwechselt werden solle, oder Wollust mit Begehren.

 

Das schlimmste ist ja noch, dass Magnum-Eis mein Lieblingseis ist :) , du siehst also, ich kann es nicht einmal ignorieren.

 

Was dieses Vor-den-Kopf-Stoßen angeht - z.B. mit der Einstellung zur Homosexualität - so ist dieser Vergleich nicht passend. Von Beginn an wird diese Einstellung vertreten und ist nun bestimmt kein Marketing-Gag.

 

Danke, dass du zum Thema zurückgekommen bist.

Martin

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