Flo77 Geschrieben 8. März 2012 Melden Share Geschrieben 8. März 2012 (bearbeitet) Darf/Muss der Priester trotzdem absolvieren? Darf/Muss der Priester dem Kind raten sich ausserhalb Hilfe zu suchen?Zur ersten Frage: Ja, muss er. Ansonsten offenbarte er den Inhalt der Beichte des Kindes.Er muss ein offensichtlich ungültiges Sakrament simulieren??? Werden solche Fälle in der Beichtväterseelsorge eigentlich besonders behandelt? Zur zweiten Frage: Das sollte er tun, und er sollte auch Begleitung anbieten. Da auf Seiten des mißbrauchten Kindes keine Sünde vorliegen dürfte, kann er auch einen Teil des Redens übernehmen (was das Recht extrem eng auslegt im Interesse des Heiles der Seele).Ist es ratsam/sinnvoll/erlaubt, daß er das Kind bittet, ihm den Missbrauch nach der Beichte nochmal zu erzählen? Oder fällt das immer noch unter's Beichtgeheimnis? bearbeitet 8. März 2012 von Flo77 Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Chrysologus Geschrieben 8. März 2012 Melden Share Geschrieben 8. März 2012 Das muss er, denn er darf das Siegel nicht brechen. Ihc halte den Fall allerdings für sehr konstruiert. Die saubere Lösung wäre es, das Kind nochmals um eine kurze Schilderung zu bitten. Ich halte das jedoch aus "pädagogischen" Gründen für wenig sinnvoll, weil so der Eindruck entstehen mag, er glaube dem Kind nicht. Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Tammy_D Geschrieben 8. März 2012 Melden Share Geschrieben 8. März 2012 Das muss er, denn er darf das Siegel nicht brechen. Ihc halte den Fall allerdings für sehr konstruiert. Die saubere Lösung wäre es, das Kind nochmals um eine kurze Schilderung zu bitten. Ich halte das jedoch aus "pädagogischen" Gründen für wenig sinnvoll, weil so der Eindruck entstehen mag, er glaube dem Kind nicht. Also dem Beichtenden selbst gegenüber darf der Priester die Inhalte der Beichte außerhalb derselbigen ansprechen? (Hätte ich nicht gedacht.) Oder nur, soweit es (wie im Fall des mißbrauchten Kindes) dabei nicht um die Sünden des Beichtenden geht? Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Simone Geschrieben 8. März 2012 Melden Share Geschrieben 8. März 2012 Nee, ich denk mal, Chryso meite eher, innerhalb der Beichte um die spätere Schilderung bitten. Danach darf der Priester das eigentlich nicht mehr ansprechen. Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Chrysologus Geschrieben 8. März 2012 Melden Share Geschrieben 8. März 2012 Nee, ich denk mal, Chryso meite eher, innerhalb der Beichte um die spätere Schilderung bitten. Danach darf der Priester das eigentlich nicht mehr ansprechen. Das ist richig so. Der Priester darf den Poenitenten nie auf den Inhalt einer Beichte ansprechen. Im konstruierten Fall des Kindes, das sich in der Beichte an den Priester wendet, sehe ich hier allerdings die Hürde, dass man dem Kind begreiflich machen müßte, warum es nach der Beichte nochmals knapp um das bitten soll, was es gerade vernutlich unter Mühen berichtet hat und was es noch mehrfach wird berichten müssen. Wobei es formaliter wohl reichen würde, wenn es um Begleitung bäte, da sein Vater was mit ihm mache, das es nicht wolle. Wenn man denn ganz streng sein will. Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Moriz Geschrieben 8. März 2012 Melden Share Geschrieben 8. März 2012 Er muss ein offensichtlich ungültiges Sakrament simulieren??? Das muß er wohl. Das Beichtgeheimnis gilt absolut. So wie er auch die Eucharistie nicht verweigern darf, solange nicht die Spendung der Eucharistie zum Skandal führen würde. Letztlich kann ein Priester auch nicht beurteilen, ob sich der Pönitent nicht selbst so gründlich belügt, daß er sich keiner weiteren schweren Sünde bewusst ist. Werden solche Fälle in der Beichtväterseelsorge eigentlich besonders behandelt? Ich kann mir nur schwer einen beichtenden Kinderschänder vorstellen. Ich halte den geschilderten Fall für ähnlich speziell wie den von den beiden schamhaften Brautleuten, die erst nach der Hochzeit mit Abscheu erfahren haben, wie das mit dem Kinderkriegenzeugen geht und daraufhin die Ehe annuliert worden ist. Sollte ein Kinderschänder tatsächlich beichten, dann hat er den schwersten Schritt zur Änderung ja schon gemacht: Den ersten. Dann ist - bei einem einfühlsamen Beichtvater - der Weg da raus offen. Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Mecky Geschrieben 8. März 2012 Melden Share Geschrieben 8. März 2012 Das Problem würde sich entschärfen, wenn das Kind einen guten Beichtunterricht bekommen hat. Dann kennt es das Problem des Beichtgeheimnisses und versteht, warum es alles hinterher dem Pfarrer noch mal sagen muss. Zumindest, wenn es rational zugeht. Praktisch befürchte ich aber, dass das Ganze undurchführbar wäre. Es ist ja auch für missbrauchte Kinder eine Qual, wenn sie vor Gericht aussagen sollen. Allein schon, es irgendjemand zu sagen, ist eine gigantische Hürde, zu der sich wohl nicht jedes missbrauchte Kind gleich zwei Mal überwinden kann. Ich frage mich auch, wessen Wille es ist, dass das Kind sich außerhalb der Beichte Hilfe holt. Ein Erwachsener sieht natürlich, dass diese Hilfe sehr wichtig wäre. Aber ob das Kind dies so sieht? Ob es nicht eher in der Scham ertrinkt und nur in der Beichte (gerade wegen dieses äußerst geschützten Rahmens) darüber sprechen will und kann? Ich vermute, dass manches Kind sich lieber noch und noch mal missbrauchen lässt, als davon zu sprechen. Das ist ja in vielen Fällen gerade das Problem, das dann oftmals erst nach Jahrzehnten wieder hochkommt. Dann ist das Kind längst erwachsen und denkt "hätte ich mir doch damals Hilfe geholt!". Aber als Kind hat das anders ausgesehen. Da wäre jede Hilfe mit einer unendlichen Peinlichkeit und Scham und weiterer Entwürdigung verbunden gewesen. War es der (einsichtige) Wille des Erwachsenen? War es der Wille des Kindes? Ist es der Wille des erwachsen gewordenen Kindes? Ich glaube: Die Sache schwimmt viel zu sehr, als dass man hier eine Vor-Meinung aufbauen könnte (Präflexion). Konkret muss man sich dann auf sein aktuelles Fingerspitzengefühl verlassen. Im Vorhinein wird man nur zwei Dinge tun können: Für ein gutes Fingerspitzengefühl sorgen. Die Kinder, die man bebeichten will, erst mal kennen lernen. Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Moriz Geschrieben 8. März 2012 Melden Share Geschrieben 8. März 2012 Die saubere Lösung wäre es, das Kind nochmals um eine kurze Schilderung zu bitten. Ich halte das jedoch aus "pädagogischen" Gründen für wenig sinnvoll, weil so der Eindruck entstehen mag, er glaube dem Kind nicht. Auch ein Kind, das beichtet, wird schon mal was vom Beichtgeheimnis gehört haben. Sollte ein Kind während seiner Beichte um Hilfe bitten, dann sollte es kein großes Problem sein, wenn der Priester ihm noch mal erzählt, daß er über das, was er im Beichtstuhl oder Beichtzimmer hört, 'woanders' nie niemals reden darf und das auch nicht tun wird und das Kind ihm deshalb seine Bitte noch mal "draußen" kurz wiederholen sollte. (Und dann auch wirklich einen Ortwechsel vornehmen, das dürfte kindgerechter sein als der Unterschied zwischen 'vor' und 'nach' der Absolution). Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Werner001 Geschrieben 9. März 2012 Melden Share Geschrieben 9. März 2012 Er muss ein offensichtlich ungültiges Sakrament simulieren??? Das muß er wohl. Das Beichtgeheimnis gilt absolut. So wie er auch die Eucharistie nicht verweigern darf, solange nicht die Spendung der Eucharistie zum Skandal führen würde. Letztlich kann ein Priester auch nicht beurteilen, ob sich der Pönitent nicht selbst so gründlich belügt, daß er sich keiner weiteren schweren Sünde bewusst ist. Damit sind wir aber doch bei der Situation, dass die Absolution durch den Priester per se gar nichts bewirkt, sondern dass es letztlich auf jeden Einzelnen ankommt, wie der disponiert ist, was er in seinem Inneren denkt, oder, anders ausgedrückt, auf das persönliche Verhältnis des Einzelnen zu Gott. Wenn man aber sagt, die sakramentale beichte führe nicht in jedem Fall zur Sündentilgung, sondern es hänge von einzelnen Pönitenten ab, ob die Sünden weg sind oder nicht, dann kommt als nächstes natürlich die Frage, warum die Kirche so sehr gegen Generalabsolutionen bei Bußfeiern ist. Irgendein stichhaltiges Argument dagegen gibt es ja dann eigentlich nicht. Werner Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
mbo Geschrieben 9. März 2012 Melden Share Geschrieben 9. März 2012 Vorallem, wenn der Vater/Onkel/Nachbar als nächster in den Beichtstuhl kommt und diese Sünde nicht gleichfalls vorbringt? Dessen Beichte ist ja nun ganz offensichtlich ungültig und die Absolution kann nicht gültig erteilt werden. Ist denn eine Beichte nur gültig, wenn man alle Sünden, die einem bewusst sind, beichtet? Oder warum sollte diese Beichte ungültig sein? Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Franciscus non papa Geschrieben 9. März 2012 Melden Share Geschrieben 9. März 2012 zumindest stellt das auslassen einer wichtigen sache die gültigkeit der beichte in frage. Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
JohannaP Geschrieben 9. März 2012 Melden Share Geschrieben 9. März 2012 Die Sache mit der Beichte erscheint mir recht kompliziert. Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Franciscus non papa Geschrieben 9. März 2012 Melden Share Geschrieben 9. März 2012 nö - eigentlich ganz einfach, zu meiner zeit konnten das schon kinder... Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
JohannaP Geschrieben 9. März 2012 Melden Share Geschrieben 9. März 2012 nö - eigentlich ganz einfach, zu meiner zeit konnten das schon kinder... Und was willst Du damit sagen? Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Franciscus non papa Geschrieben 9. März 2012 Melden Share Geschrieben 9. März 2012 daß man alles mit konstruierten beispielen kompliziert machen kann. auch wenn es sehr einfach ist. Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Mecky Geschrieben 9. März 2012 Melden Share Geschrieben 9. März 2012 Kompliziert ist es eher für den Beichtvater und für den Bischof. Für den Beichtenden (und gelegentlich auch für dessen Eltern) ist es eher heikel. Die konstruierten Fälle spielen aber eine nicht unbedeutende Rolle. Denn jeder konstruierte Fall (so er gut konstruiert ist) kann ruckizucki einmal Realität werden. Lediglich das gering gewordene Beichtaufkommen senkt hier die Wahrscheinlichkeit. Vor allem Clowns Nachfrage ist eine Sache, über die man (Beichtväter und Beichtkatecheten) sich Gedanken machen muss. Tut man es nicht, handelt man ziemlich grob fahrlässig. Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
JohannaP Geschrieben 9. März 2012 Melden Share Geschrieben 9. März 2012 daß man alles mit konstruierten beispielen kompliziert machen kann. auch wenn es sehr einfach ist. Dass der formale Teil der Beichte nicht kompliziert ist versteht sich für mich von selbst. @Mecky: Hast Du das Gefühl dass das Beichten eine gute Sache für die Menschen ist? Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Bartholomäa Geschrieben 10. März 2012 Melden Share Geschrieben 10. März 2012 (bearbeitet) @Mecky: Hast Du das Gefühl dass das Beichten eine gute Sache für die Menschen ist? Ich hoffe Du hast nichts dagegen, wenn ich auch etwas dazu schreibe. Johannes: 20,22-23: "Nachdem er das gesagt hatte, hauchte er sie an und sprach zu ihnen: Empfangt den Heiligen Geist! Wem ihr die Sünden vergebt, dem sind sie vergeben; wem ihr die Vergebung verweigert, dem ist sie verweigert." Ich kann aus meiner eigenen Erfahrung schreiben, daß ich mich nach der Beichte immer sehr wohl fühle. Ich bin in der Beichte sehr streng mit mir selbst. D. h. Ich sage alles, was ich falsch gemacht habe, auch wenn ich mich sehr für meine Sünden schäme. Ich denke mir immer: Wenn, dann aber richtig. Was das Beichtgeheimnis des Priesters angeht, da mache ich mir eher wenig Sorgen. Ich vertraue den Priester in der Beichte Jesus Christus an, daß er auf ihn aufpasst, daß er meine früheren Sünden nicht weitererzählt. Es ist auch schon vorgekommen, daß ich zum Priester in der Beichte gesagt habe: Bitte nicht weitererzählen, das bleibt doch unter uns. Die Antwort war so ungefähr: Ist doch klar. Diese Sünden fallen doch unter das Beichtgeheimnis. Daher kann ich nur jedem raten: Bitte das Sakrament der Buße benutzen. Es lohnt sich. Spirito Santo aiutaci. Mille Grazie! bearbeitet 10. März 2012 von Bartholomäa Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Dies ist ein beliebter Beitrag. Mecky Geschrieben 10. März 2012 Dies ist ein beliebter Beitrag. Melden Share Geschrieben 10. März 2012 @Mecky: Hast Du das Gefühl dass das Beichten eine gute Sache für die Menschen ist? Absolut. Ich halte die Beichte nach wie vor für einen der großen Würfe des Christentums und finde es ungeheuer schade, dass dieses Sakrament so entsetzlich in den Hintergrund getreten ist. Ich habe einmal Exerzitien zu einer Art Beichtorgie zweckentfremdet. Die Impulse waren nicht so besonders und ich hatte keine Lust, ihnen zu folgen. Statt dessen bin ich täglich beichten gegangen. Der Beichtvater hat wahrscheinlich innerlich schon die Augen verdreht, wenn er mich wieder sah. Rücksichsvoll habe ich ihm nicht gesagt, dass ich eigentlich zwei Beichten pro Tag wünschte. Und jede Beichte hat ihn mindestens eine halbe Stunde gekostet - die meiste Zeit davon ging für mein Sündenbekenntnis drauf. Wie schon erwähnt gibt es neben dem Beichtbammel auch die Beichtlust. Hier kann man mal alles los werden. Ich machte mich allerdings nicht sonderlich vom Beichtvater abhängig (ich halte diese Abhängigkeit für einen Fehler). Zum einen bin ich gegen moralische Bemerkungen ziemlich resistent. Der braucht sich mir gegenüber nicht zu übernehmen. Und das Sprechen übernehme ich zu 80% selbst, vielleicht sogar mehr. Ich brauche auch keine großartige Beratung, höchstens Rückmeldung. Es mag für den armen Beichtvater vielleicht nervig gewesen sein, aber letztlich waren es kaum eine handvoll Sünden. Ich bin eher an der Tiefe orientiert, als an der Breite. Zwischen den Beichten hatte ich (da ich in den "Impulsen" ungebrochen weiter an meinen Sünden herumgedacht habe und so ziemlich jede aufgetragene Übung einfach weließ) üppig Zeit, selbst zu reflektieren und immer tiefer in das Sündengeschehen einzusteigen - sozusagen die Sünde an der Sünde herauszufinden. Jede Sünde hat eine Oberfläche, die es zu durchdringen gilt. Jede Sünde hat eine Tiefe, die es zu entdecken gilt. An der Oberfläche (meist moralischer oder selbstzweifelnder Natur) kann man weder Befreiung noch Perspektive gewinnen. Jeder Zuspruch wird zur billigen Vertröstung. Jede Moralisierung zum Druck, dem man irgendwann doch wieder ausweicht. Und Gott kommt hier nur sehr inaktiv zur Sprache, meist verobjektiviert. In der Tiefe der Sünde wird es erst interessant: Dort steht man nicht vor Moral, sondern vor seiner eigenen Hilflosigkeit. Da gibt es nicht die "Wiedergutmachung", weil nicht mehr die Tat im Vordergrund steht, sondern man selbst und zwar als unausweichlich der Sünde ausgesetzter Mensch. An die Stelle der "Wiedergutmachung" tritt die Annahme. Ein Beispiel: Ich habe gelogen. Na so was! Eine richtig schöne Klischee-Sünde. Schon als Kind haben wir das immer als erstes gesagt. Hatte man irgendwie immer auf dem Kerbholz. Und die anderen tun das doch auch. Richtiggehendes Sündenbekenntnis-Füllmaterial, damit man was zu sagen hat. Es wäre doch viel peinlicher, nichts sagen zu können. Dann doch lieber so eine landläufige Klischee-Sünde. "Ich habe gelogen ... (weitere Sündenaufzählung" ... das vergisst der Priester doch ganz gewiss, wenn man wieder geht. Und er wird es mit der Sünde all der Vorgänger und Nachfolger im Beichtstuhl verwechseln, weil die wahrscheinlich dasselbe sagen. Will man tiefer einsteigen, dann geht es oft um ein ganz konkretes Lügenbeispiel. Eines, das einem wirklich peinlich ist. Hier kann man sich dann ein erstes Mal festbeißen. "Wie konnte ich nur ..." - eine sehr gute Frage, wenn man sie wirklich als echte Frage (und nicht als bloßen Selbstvorwurf) stellt. Und dann kommt man in Erklärungsnot. Alle psychologischen Ausreden sind natürlich erst mal prima. Aber wirklich befriedigen tun sie nicht. Dazu würde ich mich selbst zu gut durchschauen. Trixen? Ja, klar. Aber so doof zu sein, sein eigenes Trixen nicht mehr wahrzunehmen würde an meinem Stolz (als reflektierter Mensch) allzu sehr nagen. Lieber nicht. Also gilt es, das Trixen zu durchschauen. Wieso trixt man denn so? Und dann gelangt man langsam in die Tiefe und erkennt seine Hilflosigkeit. Seine Verzagt heit gegenüber den Folgen, die aus Nichtlügen entstehen könnten. Wo bleibt denn da all das schöne Gottvertrauen? Und tiefer noch, als die Hilflosigkeit, liegt die Erkenntnis der eigenen Glaubensschwäche. Die hat man auch nicht in der Hand. Sie spottet jeder Moralisierung - sogar der Eigenmoralisierung. Es ist nicht mehr das "Ich könnte mir selbst in den A'rsch beißen!". Es ist die Trauer darüber, dass Glaube immer Gnade ist. Und an gewissen Punkten würde man doch so gerne was MACHEN. Und das kann man nicht. Man kann nicht den Glauben machen. Man kann ihn nicht einmal herbeibeten. Nebenbei kann man dann (fast schon ein ironischer Treppenwitz) beobachten, wie es dem Beichtvater heiß wird, sobald man in der Tiefe angelangt ist. Ist sein Glaube auch nur ein wenig aufgesetzt, versucht er immer wieder in den vermeintlich sicheren Hafen der Moralität zurückzusegeln. Und er schifft ab. Hihi! Darf man sich nicht von abhängig machen. Der eigentliche Beichtvater ist Gott, nicht er. Das eigentliche Gericht ist die Wahrheit über mein Leben, nicht das Kompendium moralischer Richtigkeiten. Am Ende des Bekenntnisses steht dann die elendiglich Erkenntnis, dass man nach zig Jahren immer noch unbeholfen da steht und sich nach mehr Glauben sehnt, als man hat. Sehr schlecht für die Einbildung. Sehr schlecht für illusionäre Selbstbilder. Und geradezu die Katastrophe für das Trixen. Aber: Ungeschminkt, real, Unaufgesetzt, echt. Man selber eben. Angekommen in der Sünde. Alle Moralaufträge (gute Vorsätze und Wiedergutmachungen) treten in den Hintergrund. Und dann die Erfahrung, dass man trotz allem noch da ist. Dass man nicht im Boden versinkt. Angewiesen darauf, aber auch offen für den entscheidenden Impuls der Annahme von außen. Zum Sakrament wird der Beichtvater, wenn er unaufgesetzt und echt das Wort Gottes ausspricht: "Hallo, du Würstchen! Du bist mein geliebter Sohn. Ich nehme dich an. Ich trage dich, auch wenn Du weiterhin ein Würstchen bleiben wirst." Man befindet sich in maximaler Distanz zu Nitzsches Übermensch. Man wird als Normalsünder angenommen. So was ganz Stinknormales. 10 Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
laura Geschrieben 11. März 2012 Melden Share Geschrieben 11. März 2012 Super Beitrag, Mecky! Laura Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
JohannaP Geschrieben 11. März 2012 Melden Share Geschrieben 11. März 2012 Lieber Mecky, ich möchte mich ausdrücklich für Deinen Beitrag bedanken. Das ist sehr wertvoll und hilfreich für mich das Thema aus diesem Blickwinkel anzusehen. LG JP Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Higgs Boson Geschrieben 12. März 2012 Melden Share Geschrieben 12. März 2012 Mein verschobenen Kommentar war als vollständige Zustimmung gemeint. Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
GeSu Geschrieben 12. März 2012 Melden Share Geschrieben 12. März 2012 ... Lieber Mecky, ich möchte mich ausdrücklich für Deinen Beitrag bedanken. Das ist sehr wertvoll und hilfreich für mich das Thema aus diesem Blickwinkel anzusehen. LG JP da kann ich mich johanna nur anschließen! prima! Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Flo77 Geschrieben 12. März 2012 Melden Share Geschrieben 12. März 2012 Angewiesen darauf, aber auch offen für den entscheidenden Impuls der Annahme von außen. Zum Sakrament wird der Beichtvater, wenn er unaufgesetzt und echt das Wort Gottes ausspricht: "Hallo, du Würstchen! Du bist mein geliebter Sohn. Ich nehme dich an. Ich trage dich, auch wenn Du weiterhin ein Würstchen bleiben wirst." Man befindet sich in maximaler Distanz zu Nitzsches Übermensch. Man wird als Normalsünder angenommen. So was ganz Stinknormales.Also 1. habe ich zu keinem Menschen dieses Vertrauen von dem Bartholomäa oben sprach - geschweigedenn für so eine Beichtorgie wie von Dir zitiert. 2. Wundere ich mich angesichts Deiner sonstigen Vorwürfe der Selbstzerfleischung an mich doch ziemlich über dieses Posting (dessen Quintessenz in Mt. 19, 17 meiner Meinung nach völlig komprimiert zusammengefasst ist) denn 3. denke ich, auch ohne einen Beichtvater über mehrere Stunden belagert zu haben, diesen Punkt schon längst erreicht zu haben - hätte ich das nicht, läge ich längst auf dem Grund des Rheins. Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
gouvernante Geschrieben 12. März 2012 Melden Share Geschrieben 12. März 2012 3. denke ich, auch ohne einen Beichtvater über mehrere Stunden belagert zu haben, diesen Punkt schon längst erreicht zu haben Dazu braucht es auch keine "Beichtorgie". In den ignatianischen Exerzitien ist das existentielle Wissen um sich als als geliebter(!!) Sünder und das - frohe!! - Zu-Eigen-machen dieser Erkenntnis die Voraussetzung, um überhaupt in die sog. "1. Woche" eintreten zu können, die sich dann dem Blick auf die je eigenen Verweigerungen der Liebe widmet. Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
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