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Wer weiß schon etwas über Gott?


Volker

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Du verstehst es nicht, weil es nicht stimmt. Da die Frage, ob ein Leben "funktioniert", wesentlich von der Vorstellung abhängt, was ein "funktionierendes Leben" sei. Außerdem, selbst wenn man objektivere Kriterien anlegt, es einfach davon abhängt, unter welchen Lebensbedingungen Menschen leben, inwieweit also ihre Vorstellungen zu ihren Lebensbedingungen passen, und das eben keine eineindeutige Zuordnung ist, kann es ganz unterschiedliche Arten geben, wie Menschen ihr Leben "gelingt".

 

Es ist auch Unfug, daß eine Vorstellung nur so realistisch ist, wie die Grundlage, auf der sie beruht. Alchemie ist sicher unrealistisch, praktisch angewendet, hat sie die Grundlagen der modernen Chemie geschaffen (jedenfalls Teile davon). Kolumbus ist gerade deshalb nach Amerika gekommen, weil er eine unrealistische Vorstellung von den Entfernungen nach Indien hatte.

 

Das hingegen versteh ich sofort.

 

DonGato.

Das war der Plan. :D

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Verstehe ich nicht. Warum kann nur ein einzige Weltensicht zu einem funktionierenden Leben fuehren?

 

Marcellinus hat es schon gesagt - man kann von der überdies subjektiven Empfindung "es funktioniert meiner Erfahrung nach" nicht darauf schließen, dass es auch wahr ist. Es gibt mehrere Probleme, das eine davon ist, dass die dahintersteckenden Modelle - Christentum, Islam, Buddhismus - sich widersprechen, daher kann nicht jedes der Modelle wahr sein. Dann ist es so, dass die Maßstäbe für "es funktioniert" nicht nur subjektiv sind, die Maßstäbe sind schon Bestandteil des Glaubens. Die Behauptung "es funktioniert" hat keine Grundlage außer der eigenen Vorstellung, dass es funktioniert. Empirisch gesehen müsste sich das darin zeigen, dass religiöse Menschen glücklicher sind, oder erfolgreicher, oder sozial stabiler, weniger depressiv sind etc., wenigstens tendenziell. Die empirischen Befunde deuten nichts dergleichen an. Religiöse Menschen sind nur dort glücklicher als Vergleichsgruppen, wo die Religiosität eine große Rolle spielt, was in Deutschland und Frankreich beispielsweise nicht der Fall ist. Deswegen sind bei uns die religiösen Menschen nicht glücklicher als die areligiösen. Aber auch jedes andere Kriterium versagt. Kurz: Die Behauptung, "es funktioniert" besagt nicht mehr, als dass der Gläubige glaubt, dass es funktioniert. Damit ist der Rückschluss auf "und deswegen ist er auch wahr" doppelt falsch. Kompensiert wird das i. d. R. dadurch, dass man alle empirischen Verfahren anzweifelt, die zu einem anderen Ergebnis kommen als man selbst - zur Ehre von Kirsten nenne ich das mal "die Kirsten-Verteidigung".

 

Normalerweise würde man erwarten, dass jemand, der glaubt, dass er etwas hat, was funktioniert, schon alleine deswegen glücklicher oder zufriedener oder ausgeglichener oder weniger depressiv etc. ist. Und zwar schlicht durch die Macht der Suggestion. Aber nicht einmal diese Erwartung erfüllt sich. D. h., der Gläubige glaubt nur, dass es ihm mit dem Glauben besser geht, ohne dass dies auch nur den geringsten Effekt hat, nicht einmal den, den man von einer wirksamen Suggestion erwarten würde. Ich finde deswegen diesen Umstand auch äußerst erstaunlich und unerwartet. Es ist möglich, dass der Glauben etwas Kraft gibt, aber diese auch gleich wieder wegnimmt.

 

Quelle: http://www.hu-berlin.de/pr/pressemitteilungen/pm1110/pm_111010_00

 

Es gibt einen bei Psychosekten sehr beliebten Trick, um den Leuten vorzugaukeln, dass man ihnen etwas gibt, mit denen sie ihr Leben besser bewältigen können. Bei Scientology funktioniert das so: Man lässt die Leute einen Psychotest machen. An so einem habe ich selbst einmal teilgenommen - aus Neugierde, ich konnte dann aber nicht widerstehen, den Test so auszufüllen, dass sich bei mir keine Schwachstelle zeigte. Der Testauswerter war darüber höchst erstaunt - er wusste nicht, dass ich als Psychologiestudent die Testverfahren so gut kenne, dass ich genau weiß, was welche Frage bedeutet (die haben einen Standard-Test genommen, den FPI). Normalerweise wird dann auf den Schwächen herumgehackt, bis sich der Anzuwerbende klein und mies fühlt. Dann gibt man ihm Methoden, die sein Leben angeblich verbessern, beim nächsten Test gibt man ihm zu verstehen, dass sich seine Schwächen gebessert haben, und der Betroffen fühlt sich dann besser. Geändert hat sich aber nichts, außer, dass viel Geld die Taschen gewechselt hat. Das hat Scientology von der rkK gelernt: Zuerst macht man die Leute klein, sündig, unbedeutend, dann baut man sie wieder auf. Das erweckt den Eindruck, dass es ihnen besser geht, zugleich gibt man ihnen durch die Gruppe soziale Anerkennung. In der Erforschung der Psychosekten nennt man das "Love-Bombing" - die Überschüttung mit Liebe. Die bekommt man nur als konformes Mitglied, und danach kann man süchtig werden.

 

Dass die Methoden keine echte Wirkung zeigen wird dadurch verschleiert, dass auch Scientology die Kirsten-Verteidigung kennt und anwendet. Wenn Du Dir wünschst, zwei Meter groß zu sein, dann verbrenne alle Messlatten, die anzeigen könnten, dass Du viel kleiner bist. Benutze nur das als Maß, was Dir anzeigt, dass Du zwei Meter groß bist - jetzt bist Du zwar immer noch nicht größer, fühlst Dich aber so, als wärst Du ein Zwei-Meter-Riese.

 

Auch hier verstehe ich nicht Deine Aussage. Die Adaequationstheorie sagt nur aus, dass eine Uebereinstimmung gedanklicher Vorgange mit der subjektunabhaenigen Wirklichkeit als wahr angesehen wird. Nichts anderes beschreibst Du hier - zumindestens faellt mir kein essenzieller Unterschied auf. Es ueberhaupt nicht moeglich Wahrheit ueber das "absolute" Konzept der physikalischen Beschaffenheit der Welt festzumachen und dieses wird auch in der Adaequationstheorie nicht gefordert. Einige Male verwiese ich auf die Grenzen dieses "absoluten" Objektivitaetsbegriffes. Vgl. hierzu: Th. Nagel "Limits of Objectivity" - gibt es auch in der deutschen Uebersetzung bei Reclam.

 

Ein Modell muss nicht einmal adäquat sein, es muss nur eine so gute Simulation darstellen, dass es gute Resultate erzielt (besser als die Alternativen). Ob das Modell intern die Aspekte der Realität korrekt erfasst ist irrelevant. Landkarte A ist besser als die Karte B, wenn ich mich mit ihr weniger oft verirre, selbst wenn A das Land total falsch darstellt - B ist aber wohl noch falscher. Wieweit Landkarte A das Land korrekt darstellt, entzieht sich dabei meiner Kenntnis. Das Argument von Keuth ist, dass man die Adäquatheit nicht durch Kriterien feststellen kann, und ich sage, dass für alle praktischen Aspekte die Adäquatheit nicht relevant ist. In diesem Sinne ist ein Modell nicht "wahr", es ist nützlich, und sein Nutzen lässt sich durch Vergleich relativ bewerten. Man kann damit sogar den Begriff "Wahrheit" obsolet machen, wenn man es extrem formuliert. Das ist übrigens auch der Standpunkt einiger Physiker: Ob die Modelle wahr sind, ist uninteressant, interessant ist nur, dass sie uns Vorhersagen erlauben.

 

Diese Idee wird in der "evolutionären Erkenntnistheorie" ausgedrückt: Wahrnehmung dient einem Nutzen beim Überleben. Ob die Wahrheit erkannt wird ist uninteressant, der Nutzen muss nur größer sein als bei der Konkurrenz. Ich hatte dazu das Haibeispiel genannt (anderer Thread, ich erlaube mir hier, das zu wiederholen, aber in einer Variante). In einer Folge von "The Mentalist" sind Jane und Lisbon in einem Wald, in dem mehrere Tiger ausgebrochenen sind, einer von ihnen hat eine Leiche ausgegraben hat. Sie erfahren, dass immer noch einer der Tiger frei herumläuft, und Jane fängt an zu rennen. Lisbon rennt ihm hinterher und ruft ihm zu "Glaubst Du etwa, dass Du schneller rennen kannst als ein Tiger?" Worauf Jane antwortet: "Das muss ich nicht, ich muss nur schneller rennen als Du!"

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Das sehe ich anders. Und ich hab bei diesen Aussagen wieder das Gefühl, dass du nicht verstanden hast wovon ich rede. (Aber ich bin ja ein geduldiger Mensch ;)) Die Begründung ist eben nicht, ich bin überzeugt, weil ich überzeugt bin, sondern ich bin überzeugt, weil ich feststelle, dass es funktioniert.

 

Das habe ich schon verstanden und irgendwo in meinem Posting auch erwähnt. Das Problem damit ist, dass der Maßstab, den Du anlegst, um festzustellen, dass es funktioniert, demselben Glauben entstammt. Dieser Maßstab ist weich und vor allem sehr subjektiv. Es gibt eine Sache, die ich beim Lernen von Psychotherapie erfahren habe: Der Glaube, dass etwas hilft, hilft auch dann, wenn der Glauben falsch ist - und sei es auch nur, dass die Menschen sich subjektiv besser fühlen. Darauf basieren die meisten Psychotherapien. Sobald man andere Maßstäbe anlegt, sieht das anders aus. Als ich Student war, erregte eine Studie große Aufmerksamkeit: Man hatte zwei Gruppen mit ähnlichen Symptomen und ähnlichem Aufbau (Alter, Geschlecht, soziale Situation etc.). Die eine Gruppe bekam eine regelmäßige Psychotherapie, die andere nur einen Eintrag auf einer Warteliste. Bei beiden Gruppen wurde regelmäßig die Einschätzung überprüft, die Mitglieder ihrem Problemstatus gaben (besser als vorher, gleich schlimm, schlechter als vorher, in allen Punkten). Beide Gruppen waren so gebildet worden, dass die Einschätzung der eigenen Situation gleich war, vor allem gleich verteilt. Nach einem halben Jahr wertete man die Einschätzungen aus, und siehe da, bei beiden Gruppen waren gleich viele Leute geheilt, gleich vielen ging es so wie vorher, bei gleich vielen gab es eine Verschlechterung - wobei, den meisten ging es besser. Trotzdem gab die Mehrheit der Teilnehmen der Psychotherapie an, dass ihnen die Therapie geholfen hat. Die Therapie hat also - sagen die Teilnehmer - "funktioniert". Nur, einfach nur warten hat ebenso gut funktioniert.

 

Daraus kann man eine Menge lernen. Offensichtlich ist, dass dass die getestete Psychotherapiemethode nichts taugte. Ebenso, dass viele Symptome quasi von alleine verschwinden - nicht wirklich, die Leute helfen sich selbst, und das können sie so gut wie ein schlechter Therapeut auch. Der dritte Punkt ist der, dass die Aussage der Klienten "die Therapie hat mir geholfen" die tatsächlichen Verhältnisse nicht widerspiegelt. Ich muss mich bei Dir jetzt entschuldigen, aber wenn Du mir sagst, dass es in Deinem Leben funktioniert, dann glaube ich Dir zwar, dass Du das glaubst, aber ich habe keine Möglichkeit, darauf zu schließen, dass das auch stimmt. Der Schluss, dass deswegen etwas dran sein muss am Christentum ist noch viel gewagter. Zweitens, auch wenn es stimmt, gibt es keinen Hinweis darauf, dass das Christentum dafür die Ursache ist. Die könnte ganz woanders liegen, woher willst Du das wissen? Das Problem aller subjektiven Maßstäbe ist, dass sie keinen Vergleich erlauben. Du hast keinen Vergleich, um zu sagen: "In dieser Situation geht es mir mit dem Christentum besser als ohne". Dazu müsstest Du den Zeitraum zweimal durchleben, einmal mit und einmal ohne Christentum - das ist unmöglich. Die subjektive Sichtweise schränkt Dich so extrem ein, dass so eine Aussage praktisch wertlos ist. Das klingt jetzt hart, weil das eine schwer zu schluckende, aber triviale Wahrheit ist.

 

Ich finde es enorm wichtig, dass es Dir in Deinem Glauben gut geht. Ich finde es auch gut, dass Du selbst diesen Eindruck hast. Und da Du dies ehrlichen Herzens sagst, glaube ich Dir das auch. Aber ob es Dir mit oder ohne Religion, oder mit einer anderen Religion besser oder schlechter oder gleich gut geht - dazu kann ich nichts sagen. Wenn es für Dich ein Argument ist, schön - dann solltest Du beim Christentum bleiben, das würde ich Dir empfehlen. Wenn katholisch Dein Weg ist, dann bleibe katholisch.

 

Ich sage nur eines: Die Mitglieder von Scientology sagen mir auch fast alle, dass es ihnen besser geht, seit sie dabei sind. Aber ich würde niemals auf die Idee kommen, dass es deswegen Thetans gibt. Nach ihrer Meinung - und nach Deiner Meinung auch - müsste ich das aber. Und es tut mir Leid, wenn ich sagen muss, dass ich mich dieser Ansicht nicht anschließen kann. Dann müsste ich auch glauben, dass die oben erwähnte Psychotherapie tatsächlich geholfen hat. Und das kann ich nicht.

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nun mußt du noch die philosophien einbauen. sie haben zwar keine armeen, bzw. nicht mehr, aber recht anspruchsvoll in ihrer "glaubwürdigkeit" sind sie schon. jedenfalls manche ihrer vertreter.

Weltanschauungen, religiöse oder philosphische, setzen sich als Mode durch oder mit Gewalt, und weder das eine noch das andere hält auf Dauer.

 

Nach ein paar tausend Jahren Religion/ Christentum kann man das auch anders sehen.

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Marcellinus hat es schon gesagt - man kann von der überdies subjektiven Empfindung "es funktioniert meiner Erfahrung nach" nicht darauf schließen, dass es auch wahr ist. Es gibt mehrere Probleme, das eine davon ist, dass die dahintersteckenden Modelle - Christentum, Islam, Buddhismus - sich widersprechen, daher kann nicht jedes der Modelle wahr sein. Dann ist es so, dass die Maßstäbe für "es funktioniert" nicht nur subjektiv sind, die Maßstäbe sind schon Bestandteil des Glaubens. Die Behauptung "es funktioniert" hat keine Grundlage außer der eigenen Vorstellung, dass es funktioniert.

 

 

Ich habe Marcellinus so verstanden, dass es kein objektives Kriterium gibt, wie man "funktionierendes Leben" bewerten kann. Dieses sagt auch Du im folgendem aus. Wichtig ist hier jedoch wie Du die Begrifflichkeit "Wahrheit" handhabst - ich werde darauf aber erst weiter unten eingehen.

 

 

Empirisch gesehen müsste sich das darin zeigen, dass religiöse Menschen glücklicher sind, oder erfolgreicher, oder sozial stabiler, weniger depressiv sind etc., wenigstens tendenziell.

 

 

Das verstehe ich nicht. Wenn "Glauben" - wie auch immer das hier aufgefasst wird - als Ansatz fuer ein "funktionierendes Leben" nicht funktionieren wuerde, muesste genau Gegenteil der Fall sein: Religioese Menschen muessten ungluecklicher sein etc ... Da dieses nicht der Fall ist, kann man nur schliessen, dass "Glauben" und "Nicht-Glauben" rein empirisch etwa gleich erfolgreich sind, um ein "funktionierendes Leben" zu fuehren. Die von Dir hier reflektierten Untersuchungen fokusierten auf den Nachweis, ob "Glauben" ein erfolgreicherer Ansatz als "Nicht-Glauben" ist.

 

 

...

 

Ein Modell muss nicht einmal adäquat sein, es muss nur eine so gute Simulation darstellen, dass es gute Resultate erzielt (besser als die Alternativen). Ob das Modell intern die Aspekte der Realität korrekt erfasst ist irrelevant. Landkarte A ist besser als die Karte B, wenn ich mich mit ihr weniger oft verirre, selbst wenn A das Land total falsch darstellt - B ist aber wohl noch falscher. Wieweit Landkarte A das Land korrekt darstellt, entzieht sich dabei meiner Kenntnis. Das Argument von Keuth ist, dass man die Adäquatheit nicht durch Kriterien feststellen kann, und ich sage, dass für alle praktischen Aspekte die Adäquatheit nicht relevant ist. In diesem Sinne ist ein Modell nicht "wahr", es ist nützlich, und sein Nutzen lässt sich durch Vergleich relativ bewerten. Man kann damit sogar den Begriff "Wahrheit" obsolet machen, wenn man es extrem formuliert. Das ist übrigens auch der Standpunkt einiger Physiker: Ob die Modelle wahr sind, ist uninteressant, interessant ist nur, dass sie uns Vorhersagen erlauben.

 

 

Nicht ganz so schnell. Du tauschst das Wahrheitskriterium aus. In der Korrespondenzthese ist es die Uebereinstimmung mit der Wirklichkeit - wobei mir es erscheint, dass Kirsten58 ein sprachphilosophisches Wahrheitskonzept ihren Definitionen unterlegt, nicht nur diesen rein ontologische Ansatz. Du verwendest nun als Wahrheistbewertungsfunktion den Handlungserfolg - das ist ein Ansatz, der mich an die materialistische Widerspiegelungstheorie erinnert. Wenn man das unterliegende Konzepte austauscht - also die Grundvorstellungen und die angenommenen Voraussetzungen (=> Voraussetzungsmetaphysik ;) ) - ist es mir einleuchtend, man kommt zu anderen Schluessen. Jedoch muss man sich fragen, ob ein Modell, dass eine grossere Chance auf Handlungserfolg beinhaltet wirklich keine fuer den Handlungserfolg wesentliche Aspekte der Wirklichkeit beinhaltet. Auf der anderen Seite ist zu fragen, ob ein Modell, dass eine moeglichs grosse Wirklichkeitsnaehe anstrebt, langfristig zu einem geringeren Handlungserfolg fuehrt.

 

An dieser Stelle komme ich zurueck auf Deine obigen Aussage "... daher kann nicht jedes der Modelle wahr sein." Natuerlich koennen die alles gleichzeitig "wahr" sein - liegt nur daran, welche Wahrheitsbewertungsfunktion man verwendet. Vorweg sei gesagt, ich betrachte das Resultat "funktionierendes Leben" ist ein subjektive Bewertung. Es gibt Aspekte der menschlichen Erfahrung, die nur subjektiv zugaenglich sind.

Deine Aussage, verschiedene spirituelle Denktraditionen koennen nicht alle gleichzeitig wahr sein, beruht darauf, dass diese Modell sich widersprechende Aussage zBsp ueber die Ontologie der Wirklichkeit machen. Nur eine kann richtig sein, wenn man als Wahrheitskriterium die vollstaendige Uebereinstimmung mit der "absoluten" Wirklichkeit annimmt. Hier ist mir nicht klar, wie Du es bewertest, wenn das eine Modell diesen und das andere Modell jenen Wirklichkeitsaspekt richtig beinhaltet. Doch diese Frage verschwindet, wenn man, wie Du in Deinem Landkartenbeispiel, den Handlungserfolg als Bewertungskriterium verwendet. Wie empirisch gezeigt fuehrt mit Sicherheit viele Modelle zu einem Handlungserfolg (=> "funktionierendes Leben"). Alle diese Modelle koennen somit gleichzeitig "wahr" sein. Meiner Ansicht nach springst Du hier zwischen mindestens zwei Wahrheitskriterien hin und her.

 

A mi modo de ver

DonGato.

 

Postscriptum: Da Wahrheit meiner Ansicht nach immer nur eine Eigenschaft im Sinne einer Relation des Wahrheitstraegers und des Wahrheitskriterium ist, kann nie das Konzept der Begrifflichkeit "Wahrheit" obsolet werden.

bearbeitet von DonGato
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Das Problem damit ist, dass der Maßstab, den Du anlegst, um festzustellen, dass es funktioniert, demselben Glauben entstammt. Dieser Maßstab ist weich und vor allem sehr subjektiv.

Natürlich ist der Maßstab weich und subjektiv. Und das ist gut so. Er ist flexibel und veränderbar, passt sich an. Ich will keinen objektiven, starren Maßstab an mein Leben anlegen. Ich glaub gar nicht, dass das geht und vor allem nicht, dass das gut wäre. Es passieren nunmal immer wieder unvorhergesehene Dinge. Wenn man dann bei seinem harten Maßstab bleibt, kann es leicht passieren, dass man daran kaputt geht. In gewisser Weise entstammt der Maßstab natürlich demselben Glauben. Genauer gesagt, sowohl der Glaube, als auch der Maßstab entspringen aus meinem Leben, aus meinen Erfahrungen. Damit bedingt sich beides natürlich, aber es ist ja kein geschlossener Kreislauf, in den nichts reinkann.

 

Trotzdem gab die Mehrheit der Teilnehmen der Psychotherapie an, dass ihnen die Therapie geholfen hat. Die Therapie hat also - sagen die Teilnehmer - "funktioniert". Nur, einfach nur warten hat ebenso gut funktioniert.

:) Dafür brauch ich doch keine Studie. Ich denk mir jedes mal, wenn ich irgendwie krank bin und versuche was dagegen zu unternehmen, seien es "Hausmittel" oder Medikamente: "Wer weiß, ob das jetzt wirklich geholfen hat, oder ob es nicht auch von selber wieder besser geworden wäre."

 

Das Problem aller subjektiven Maßstäbe ist, dass sie keinen Vergleich erlauben. Du hast keinen Vergleich, um zu sagen: "In dieser Situation geht es mir mit dem Christentum besser als ohne". Dazu müsstest Du den Zeitraum zweimal durchleben, einmal mit und einmal ohne Christentum - das ist unmöglich. Die subjektive Sichtweise schränkt Dich so extrem ein, dass so eine Aussage praktisch wertlos ist. Das klingt jetzt hart, weil das eine schwer zu schluckende, aber triviale Wahrheit ist.

Trivial ist das schon, schwer zu schlucken find ich das eigentlich nicht. Ich kann ganz gut damit leben, dass das so ist. Und ich glaube ehrlich gesagt, du machst dir was vor, wenn du glaubst, dass das bei dir nicht so ist, nur weil du nicht an Gott glaubst. Du kannst mir nicht erzählen, dass du im Alltag, im Umgang mit Freunden usw. nur anwendest, was wissenschaftlich erprobt und erwiesen ist. Auch du bist darauf angewiesen, einfach mal das zu tun, was du subjektiv für richtig hältst. Und ich kann mir nicht vorstellen, dass du dann einen anderen als deinen subjektiven Maßstab hast, um zu beurteilen, ob es funktioniert hat.

 

Ich muss mich bei Dir jetzt entschuldigen, aber wenn Du mir sagst, dass es in Deinem Leben funktioniert, dann glaube ich Dir zwar, dass Du das glaubst, aber ich habe keine Möglichkeit, darauf zu schließen, dass das auch stimmt. Der Schluss, dass deswegen etwas dran sein muss am Christentum ist noch viel gewagter. Zweitens, auch wenn es stimmt, gibt es keinen Hinweis darauf, dass das Christentum dafür die Ursache ist. Die könnte ganz woanders liegen, woher willst Du das wissen?

Das stimmt, der Schluss, dass deswegen am Christentum was dran sein muss, ist gewagt. :) Das ist mir aber ehrlich gesagt ziemlich egal. Natürlich weiß ich nicht, wie es mir mit einer anderen Religion, oder ohne gehen würde. Das liegt schon allein daran, dass ich es nicht ausprobiert hab. Ich wüsste aber auch nicht, warum ich das ausprobieren sollte, wenn ich doch zufrieden bin. Das kommt mir so ähnlich vor, wie wenn jemand in einer Partnerschaft immer danach Ausschau hält, ob nicht noch was Besseres daher kommt ;) Ich vermute aber auch, das bei allen Menschen, deren Leben wirklich "funktioniert" im Grunde ein ähnliches Welt- und Menschenbild dahintersteckt, ganz egal, welcher Religion sie angehören oder auch nicht. Von daher denke ich, dass ich auch mit einer anderen Religion gut zurecht kommen würde. Allerdings gibt es im Christentum einfach Dinge, auf die ich keinesfalls verzichten möchte.

 

Wenn katholisch Dein Weg ist, dann bleibe katholisch.

Danke! :)

 

Die Behauptung "es funktioniert" hat keine Grundlage außer der eigenen Vorstellung, dass es funktioniert. Empirisch gesehen müsste sich das darin zeigen, dass religiöse Menschen glücklicher sind, oder erfolgreicher, oder sozial stabiler, weniger depressiv sind etc., wenigstens tendenziell.

Es hat doch niemand behauptet, dass Religion ein Automatismus ist. Wie ich jetzt schon einige Male gesagt habe, ist m. M. n. ein Glaube, der nicht hilft, quasi automatisch falsch. Und in diesem Sinne gibt es natürlich auch viele Christen, die einen "falschen" Glauben haben. Im Grunde widersprichst du dir mit dieser Feststellung aber eh selber. Oben tust du so, als wäre Glauben ein Kreislauf, in dem man sich einredet, dass alles funktioniert auch wenn das gar nicht stimmt.

 

Das hat Scientology von der rkK gelernt: Zuerst macht man die Leute klein, sündig, unbedeutend, dann baut man sie wieder auf. Das erweckt den Eindruck, dass es ihnen besser geht, zugleich gibt man ihnen durch die Gruppe soziale Anerkennung. In der Erforschung der Psychosekten nennt man das "Love-Bombing" - die Überschüttung mit Liebe. Die bekommt man nur als konformes Mitglied, und danach kann man süchtig werden.

Na ja, das macht aber die Kirche so nicht (mehr). Zumindest nicht meiner Erfahrung nach. Mir hat niemand eingeredet, dass ich klein, sündig und unbedeutend bin. Im Gegenteil, die meisten Seelsorger sind viel mehr darauf bedacht, die Menschen aufzubauen und ihnen klarzumachen, wie wertvoll sie sind, und das sie geliebt sind. Und diese Liebe bekommt man eben nicht nur als "konformes Mitglied". Ich schätze aber, du willst auf die, laut Kirche, allgemeine Erlösungsbedürftigkeit der Menschen, hinaus. Das seh ich aber eher als Feststellung, dass viele Menschen einfach nicht so richtig zufrieden mit sich und ihrem Leben sind. Diese allgemeine Aussage ist doch überhaupt nicht vergleichbar mit dem was Scientology macht, wenn sie dem einzelnen einredet, du hast da und da Defizite und (nur) wir können dir dabei helfen.

 

Wenn Du Dir wünschst, zwei Meter groß zu sein, dann verbrenne alle Messlatten, die anzeigen könnten, dass Du viel kleiner bist. Benutze nur das als Maß, was Dir anzeigt, dass Du zwei Meter groß bist - jetzt bist Du zwar immer noch nicht größer, fühlst Dich aber so, als wärst Du ein Zwei-Meter-Riese.

Ich bin mir nicht sicher, ob so eine Methode immer so falsch ist, wie du es hier darstellst. In deinem Beispiel wird das ganze nur deshalb nicht funktionieren, weil dir nicht nur die Messlatten sagen, wie groß du in Wirklichkeit bist, sondern in gewisser Weise auch deine Umwelt. (Ich stelle jetzt wo ich das schreibe erst fest, wie gut das auch zu den oben gemachten Aussagen passt, dass auch ohne objektiven Maßstab, das Leben an sich hilfreiche und richtige Rückmeldungen liefert.) Aber ich denke, dass es schon Situationen gibt, wo es richtig ist alle Messlatten (um in dem Bild zu bleiben) zu verbrennen.

 

Ob die Wahrheit erkannt wird ist uninteressant, der Nutzen muss nur größer sein als bei der Konkurrenz.

:)

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nun mußt du noch die philosophien einbauen. sie haben zwar keine armeen, bzw. nicht mehr, aber recht anspruchsvoll in ihrer "glaubwürdigkeit" sind sie schon. jedenfalls manche ihrer vertreter.

Weltanschauungen, religiöse oder philosphische, setzen sich als Mode durch oder mit Gewalt, und weder das eine noch das andere hält auf Dauer.

 

Nach ein paar tausend Jahren Religion/ Christentum kann man das auch anders sehen.

Gerade das nicht! Wie anders willst du sonst erklären, was Menschen in dieser Zeit schon alles geglaubt haben, und eine Zeit lang später wieder nicht. Was im einen Jahrhundert "Wahrheit" war, war im nächsten Häresie und umgekehrt. Wechselte wie die Rocklänge.

 

Lange nicht gesehen, übrigens. ;)

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Lieber Volker,

 

 

 

...

Die Frage war ursprünglich: Gibt es eine Rechtfertigung für die eigene Überzeugung? Die Antwort bisher: Ja, meine eigene Überzeugung.

Überzeugt sein, heißt: Sich sicher sein, die Wahrheit für wahr zu halten.

 

Die Rechtfertigung liefern kann nur das Erleben der Wirklichkeit als übereinstimmend mit dem Für-wahr-gehaltenen.

 

 

Die zweite Antwort lautet: Ich bin davon überzeugt, weil es in meinem Leben funktioniert. Das ist aber schon Teil der Überzeugung, die empirischen Beweise sprechen eine andere Sprache. Daher auch mein Beispiel mit Scientology: Deren Mitglieder sind auch überzeugt, dass es in ihrem Leben funktioniert. Auch die Atheisten, Heiden, Buddhisten, Hindus, Muslime, Jainisten, Aborigenes, Shintoisten etc. hegen dieselbe Auffassung. Es ist unmöglich, dass dies alles gleichzeitig wahr sein soll. Keine Ansicht kann wahrer sein als die Grundlage, auf der sie ruht. Wenn die Grundlagen sich widersprechen - sagt einem die verfluchte Logik - ist es unmöglich, dass sie alle stimmen.

Ganz recht - so ist es.

 

Betrachte, um die Problematik zu verstehen, das Prolemäische und das Kopernikanische Weltbild.

Beide sind in sich widerspruchsfrei. und beschreiben exakt die Bewegung der Planeten.

 

Dennoch ist nur das Kopernikanische Weltbild wahr.

 

Der Sozialdarwinismus funktioniert ebenfalls, und ist dennoch nicht wahr.

 

 

Der Schluß:

Das Funktionieren von Überzeugungen ist noch kein Wahrheitbeweis.

 

 

Ist der Grund warum Christen überzeugt sind daß, wenn es um GOTT, die Befindlicheit des Menschen und der Welt geht, nur GOTT selbst die Wahrheit kennt - und Menschen die JESUS CHRISTUS, dem SOHN GOTTES, vertrauen die Wahrheit offenbart zu bekommen.

 

So, wie alle Mathematik auf Axiomen basiert, gründet der Glaube an JESUS CHRISTUS auf dem Axiom daß GOTT existiert und hier und heute anwesend ist in der Person des HEiLIGEN GEISTES um JESUS CHRISTUS als den Verkünder GÖTTlicher Wahrheit zu bezeugen.

 

 

 

Gruß

josef

bearbeitet von josef
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Lieber Volker,

 

 

 

...

...Das hat Scientology von der rkK gelernt: Zuerst macht man die Leute klein, sündig, unbedeutend, dann baut man sie wieder auf. Das erweckt den Eindruck, dass es ihnen besser geht, zugleich gibt man ihnen durch die Gruppe soziale Anerkennung...

Das macht die Kirche eben nicht.

 

Daß der Mensch Unheil und Schaden anrichtet, macht dem nachdenklichen Menschen zuvorderst die Lebenserfahrung und nicht die Kirche voll bewußt.

Der theologische Fachausdruck "Sünde" ändert an der Erkenntnis der Unfähigkeit gerecht zu sein, nichts.

 

Den Ausweg aus der Misere zeigt nicht primär die Kirche sondern der HEILIGE GEIST GOTTES mit dem Hinweis auf JESUS CHRISTUS.

 

Soziale Anerkennung spielt dabei keine Rolle.

Jeder Mensch ist vor GOTT allein.

 

 

Gruß

josef

bearbeitet von josef
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....Lisbon rennt ihm hinterher und ruft ihm zu "Glaubst Du etwa, dass Du schneller rennen kannst als ein Tiger?" Worauf Jane antwortet: "Das muss ich nicht, ich muss nur schneller rennen als Du!"

ich dachte das funktioniert nur beim hai. :D

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nun mußt du noch die philosophien einbauen. sie haben zwar keine armeen, bzw. nicht mehr, aber recht anspruchsvoll in ihrer "glaubwürdigkeit" sind sie schon. jedenfalls manche ihrer vertreter.

Weltanschauungen, religiöse oder philosphische, setzen sich als Mode durch oder mit Gewalt, und weder das eine noch das andere hält auf Dauer.

 

Nach ein paar tausend Jahren Religion/ Christentum kann man das auch anders sehen.

Gerade das nicht! Wie anders willst du sonst erklären, was Menschen in dieser Zeit schon alles geglaubt haben, und eine Zeit lang später wieder nicht. Was im einen Jahrhundert "Wahrheit" war, war im nächsten Häresie und umgekehrt. Wechselte wie die Rocklänge.

 

Lange nicht gesehen, übrigens. ;)

wahrheit ist analog. das wetter und die qualität des essens lassen mich über eine philosophie entscheiden. also jede sekunde eine andere wahrheit.

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...

Ob die Wahrheit erkannt wird ist uninteressant, der Nutzen muss nur größer sein als bei der Konkurrenz.

:)

und den nutzen messe ich auch noch nach meinem maßstab.

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Empirisch gesehen müsste sich das darin zeigen, dass religiöse Menschen glücklicher sind, oder erfolgreicher, oder sozial stabiler, weniger depressiv sind etc., wenigstens tendenziell.

 

Das verstehe ich nicht. Wenn "Glauben" - wie auch immer das hier aufgefasst wird - als Ansatz fuer ein "funktionierendes Leben" nicht funktionieren wuerde, muesste genau Gegenteil der Fall sein: Religioese Menschen muessten ungluecklicher sein etc ... Da dieses nicht der Fall ist, kann man nur schliessen, dass "Glauben" und "Nicht-Glauben" rein empirisch etwa gleich erfolgreich sind, um ein "funktionierendes Leben" zu fuehren. Die von Dir hier reflektierten Untersuchungen fokusierten auf den Nachweis, ob "Glauben" ein erfolgreicherer Ansatz als "Nicht-Glauben" ist.

 

Nicht, wenn die Religiosität keinen Einfluss auf das Funktionieren hat. Dann bleiben zwei Überzeugungen übrig: Erstens, mir geht es gut wegen meiner Religion, zweitens, dass es mir gut geht, ist ein Beweis dafür, dass die Religion richtig ist. Richtig für das Funktionieren, obwohl häufig daraus auch der Schluss gezogen wird, dass sich das auch auf die Grundlagen der Religion bezieht.

 

Abgesichert wird dieser logische Zirkel durch folgende Überlegung: Wenn es mir mal nicht so gut geht - die Religion nicht funktioniert (= keinen Beitrag zu meinem Glück oder Wohlbefinden leistet), dann liegt das daran, dass ich in der Religion etwas falsch mache, etwas Falsches glaube etc. Dann muss ich etwas daran ändern.

 

Nun geht, im Allgemeinen, das Wohlbefinden in Wellen auf und ab. Nehmen wir einmal an, in einem der Täler beschließe ich, dass ich an meiner Religion etwas ändern muss, beispielsweise fester glauben, oder was auch immer. Wenn ich nun gelernt habe bzw. glaube, das Religion zu meinem Wohlbefinden beiträgt, dann assoziiere ich die dann folgende Aufwärtsbewegung als durch die Religion verursacht. Siehe da, die Religion funktioniert wieder. Das "bestätigt", dass die Religion die Ursache für mein Wohlbefinden ist. Dauert das Tal länger, ändert man etwas mehr, bis es wieder aufwärts geht - was fast immer irgendwann geschieht, selbst bei depressiven Menschen gibt es diese Wellenbewegungen, ebenso bei sehr glücklichen Menschen. Und jetzt kommt der raffinierte Trick: Abwärtsbewegungen werden entweder nicht auf die Religion ursächlich zurückgeführt, oder führen dazu, dass man etwas an seinem religiösen Verhalten ändert, bis es wieder nach oben geht. Aufwärtsbewegungen verstärken den subjektiven Eindruck, dass die Religion einen kausalen Zusammenhang mit dem Wohlbefinden zu tun hat, aber die Bewegung in die entgegengesetzte Richtung schwächen diese Assoziation nicht ab. Das ist ein sich selbst bestätigendes, assoziatives System. Erst wenn jemand in eine schwere Krise gerät, die er auch ursächlich auf die Religion zurückführt - wenn also die Ausreden nicht mehr funktionieren - dann schwächt sich die Assoziation ab und kann dazu führen, dass sogar jemand seinem Glauben den Rücken kehrt. Das ist allerdings, statistisch gesehen, selten. Geht es abwärts, schiebt man sich die Schuld zu, den Umständen, vielleicht einer Kleinigkeit im Glauben, geht es aufwärts, dann war es die Religion. Das ist wie eine Aalreuse: Es gibt einen Weg hinein, aber kaum einen wieder heraus.

 

Dazu muss die Religion ursächlich überhaupt keinen Einfluss auf das Wohlbefinden haben. Im Gegenteil, würde man so eine Ursache erkennen können, dann könnte man auch die Abwärtsbewegungen auf die Religion zurückführen. Sobald die Idee etabliert ist, dass Religion zum Wohlbefinden beiträgt - was meist in der Kindheit geschieht - dann setzt sich dieser Mechanismus in Gang und kann ein Leben lang halten. Subjektiv gibt es nur dann eine Möglichkeit, festzustellen, ob etwas wirklich hilft, wenn man es wiederholt testet und "gegen den Strich" bürstet. Ich habe Schmerzen, ich nehme ein Medikament, die Schmerzen sind weg. Sie kommen nach einiger Zeit wieder, sie bleiben. Ich nehme die Tablette, die Schmerzen sind wieder weg, usw. usf. Wenn ich Schmerzen habe, und gleich eine Tablette nehme, und dann in regelmäßigen Abständen wieder eine, so dass keine Schmerzen auftreten, dann habe ich keine Möglichkeit, zu sagen, ob mir die Tabletten helfen. Ich kann ja nicht wissen, ob der Schmerz eventuell auch ganz ohne Medikamente verschwunden wäre, und ich nur zufällig die Pille schlucke, bevor der Schmerz von alleine verschwindet. Schmerz ist auch eine subjektive Angelegenheit, nur meist viel drastischer und leichter zu beobachten - Schmerz drängt sich auf. Beim Wohlbefinden ist ist der Maßstab noch viel weicher und von sehr vielen, oft schwankenden, Faktoren abhängig.

 

Also: Das System funktioniert gerade dann, wenn die Religion überhaupt keinen Einfluss auf das Wohlbefinden hat. Und weil das subjektive Empfinden der einzige Maßstab ist, den man hat, alle anderen werden "wegerklärt". Und weil die Religion mit einem "Bonus" startet. Bei jemandem, dem dieser Bonus nicht vermittelt wurde, wird das nur in seltenen Fällen auch funktionieren. Deswegen konvertieren Erwachsene relativ selten zu einem Glauben. Für den Atheismus spielt das keine Rolle, weil kaum jemand dem Atheismus einen so positiven Effekt auf sein Leben zutraut. Wenn das Bestandteil des Atheismus wäre, würde es aber ebenso funktionieren. Es ist der Glauben, dass X zum Wohlbefinden beiträgt, aber X nicht an Abwärtsbewegungen beteiligt ist (wenn doch, hat man X nur nicht "richtig" angewendet), der das in Gang setzt. Für "X" kann man eine beliebige Lehre einsetzen. Diesen Effekt machen sich fast alle obskurantistischen Lehren zunutze, das klappt auch dann, wenn keiner weiß, wie und warum es funktioniert. Das Wissen darum wäre für die Lehren sogar schädlich, deswegen handelt es sich nicht um Betrug, sondern um Selbsttäuschung. Na gut, manche Gurus wissen es vielleicht doch und machen es sich zunutze, ich denke aber, das ist der Ausnahmefall und nicht die Regel. Durchschaut man den Mechanismus - was sehr schwer ist - verschwindet seine positive Wirkung nach einiger Zeit.

 

Wissenschaftlich lassen sich solche Assoziationen dann im Regelfall nicht bestätigen, weil in der Wissenschaft meist die Annahmen auch "gegen den Strich gebürstet" werden. D. h., man sucht auch immer nach falsifizierenden Faktoren, nicht nur nach Bestätigungen. Wenn nicht, handelt es sich um Pseudowissenschaft. Die Treffer zählen und die Fehlschläge ignorieren ist die Wurzel allen Aberglaubens.

 

Sich selbst bestätigende Systeme sind häufiger, als man denkt. In der Medizin, in der Religion, in der Esoterik etc., aber auch im Alltagsleben. Man muss nur suggestiv eine solche Assoziation schaffen. Dazu reicht es - simples Beispiel - zu sagen: Ist Dir eigentlich schon aufgefallen, dass Ampeln häufiger rot als grün sind? Von da ab widmet man seine Aufmerksamkeit den roten Ampeln. Diese erfordern ohnehin mehr Aufmerksamkeit, bei einer grünen Ampel fährt man einfach durch, ohne sein Verhalten zu ändern. An einer roten Ampel muss man zig Aktionen ausüben, das nervt - schon wieder warten. Nach einiger Zeit könnte man schwören, dass Ampeln häufiger rot als grün sind, jetzt hat man einen sich selbst erhaltenden Glauben. Auch wenn einem die Logik sagt, dass Rot- und Grünphasen statistisch gleich verteilt sein müssen (bis auf ein paar Sekunden, weil es zwar gleichzeitige Rotphasen an Kreuzungen gibt, aber keine gleichzeitigen Grünphasen). Zudem kommt einem Zeit länger vor, wenn man auf etwas wartet, als wenn man etwas tut.

 

Übrigens gibt es noch andere verstärkende Faktoren: Gemeinschaftsstiftende Rituale haben fast immer einen positiven Effekt auf das Wohlbefinden. Das liegt aber nicht am Inhalt der Rituale, sondern an der Gemeinschaft. Der Inhalt ist nahezu beliebig austauschbar. Assoziiert wird oft der Inhalt mit dem Wohlbefinden, nicht so sehr die Gemeinschaft.

 

Auf das andere Thema gehe ich später ein.

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Das stimmt, der Schluss, dass deswegen am Christentum was dran sein muss, ist gewagt. :) Das ist mir aber ehrlich gesagt ziemlich egal. Natürlich weiß ich nicht, wie es mir mit einer anderen Religion, oder ohne gehen würde. Das liegt schon allein daran, dass ich es nicht ausprobiert hab. Ich wüsste aber auch nicht, warum ich das ausprobieren sollte, wenn ich doch zufrieden bin.

 

Hübsches Beispiel für eine sich selbst erhaltende Assoziation. Das funktioniert bei allen höheren Lebewesen:

 

Man installiert z. B. in einer Pferdebox eine Klingel und einen elektrischen Schockapparat. Man lässt die Klingel ertönen und einige Sekunden später bekommt das Pferd einen leichten Elektroschock - leicht, wir sind ja keine Tierquäler. Hebt das Pferd aber seinen rechten Vorderhuf, verzichtet man auf den Schock. Nach ganz kurzer Zeit hat das Pferd herausgefunden: Wenn ich den Huf hebe, bleibt der Schock aus. Jetzt kann man den Schockapparat abmontieren, weil das Pferd beim Ertönen der Schelle immer seinen Huf heben wird. Und jedes Heben des Hufs bestätigt dem Pferd, dass dies die Ursache dafür ist, dass es keinen Schock erhält. Da das Pferd nie auf die Idee kommt, das mal zu testen, wird es bis zu seinem Lebensende immer brav das Vorderbein heben, wenn die Klingel ertönt. Denn warum sollte es ausprobieren, ob es den Schock noch bekommt, wenn es nichts tut? Es weiß auch nicht, warum es das ausprobieren soll, weil es doch mit der Lösung zufrieden ist.

 

Und: Auf seine Art hat das Pferd recht! Warum sollte man es riskieren, dass man falsch liegt? Es droht dann jedes mal der Verlust des Wohlbefindens.

 

Über die Macht des assoziativen Denkens, die stärker ist als jede Logik, gibt es von Derren Brown einen interessanten Versuch in seiner Serie "Trick or Treat", Episode 2, Folge 6. Unbedingt auf YouTube ansehen!

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Nun geht, im Allgemeinen, das Wohlbefinden in Wellen auf und ab. Nehmen wir einmal an, in einem der Täler beschließe ich, dass ich an meiner Religion etwas ändern muss, beispielsweise fester glauben, oder was auch immer.

Oder gar nicht mehr zu glauben ;)

 

Wenn ich nun gelernt habe bzw. glaube, das Religion zu meinem Wohlbefinden beiträgt, dann assoziiere ich die dann folgende Aufwärtsbewegung als durch die Religion verursacht. Siehe da, die Religion funktioniert wieder. Das "bestätigt", dass die Religion die Ursache für mein Wohlbefinden ist. Dauert das Tal länger, ändert man etwas mehr, bis es wieder aufwärts geht - was fast immer irgendwann geschieht, selbst bei depressiven Menschen gibt es diese Wellenbewegungen, ebenso bei sehr glücklichen Menschen. Und jetzt kommt der raffinierte Trick: Abwärtsbewegungen werden entweder nicht auf die Religion ursächlich zurückgeführt, oder führen dazu, dass man etwas an seinem religiösen Verhalten ändert, bis es wieder nach oben geht. Aufwärtsbewegungen verstärken den subjektiven Eindruck, dass die Religion einen kausalen Zusammenhang mit dem Wohlbefinden zu tun hat, aber die Bewegung in die entgegengesetzte Richtung schwächen diese Assoziation nicht ab. Das ist ein sich selbst bestätigendes, assoziatives System. Erst wenn jemand in eine schwere Krise gerät, die er auch ursächlich auf die Religion zurückführt - wenn also die Ausreden nicht mehr funktionieren - dann schwächt sich die Assoziation ab und kann dazu führen, dass sogar jemand seinem Glauben den Rücken kehrt. Das ist allerdings, statistisch gesehen, selten. Geht es abwärts, schiebt man sich die Schuld zu, den Umständen, vielleicht einer Kleinigkeit im Glauben, geht es aufwärts, dann war es die Religion.

Das alles ist sicherlich im Großen und Ganzen richtig. Aber das beschränkt sich m. M. n. überhaupt nicht auf religiöse Menschen. Im Prinzip geht das doch jedem Menschen mit seinem Lebensmodell so, selbst dann, wenn man sich dieses Mechanismuses bewusst ist. Wahrscheinlich kommt man ohne gar nicht wirklich aus. Nur, wenn man sich darüber im Klaren ist, geht man bestimmt kritischer damit um. Das halte ich auch für grundsätzlich nicht schlecht.

 

Subjektiv gibt es nur dann eine Möglichkeit, festzustellen, ob etwas wirklich hilft, wenn man es wiederholt testet und "gegen den Strich" bürstet. Ich habe Schmerzen, ich nehme ein Medikament, die Schmerzen sind weg. Sie kommen nach einiger Zeit wieder, sie bleiben. Ich nehme die Tablette, die Schmerzen sind wieder weg, usw. usf.

Wer sagt dir, dass nicht so mancher Gläubige seinen Glauben nicht schon auf eine solche Art getestet hat? Zugegeben, ich habs nicht. Das liegt ganz einfach daran, dass ich das Glück hab, bislang ein recht unbeschwertes Leben gehabt zu haben.

 

Sich selbst bestätigende Systeme sind häufiger, als man denkt. In der Medizin, in der Religion, in der Esoterik etc., aber auch im Alltagsleben.

Na also, hier sagst du es ja selbst. Da stellt sich doch die Frage, warum sind die so häufig? Doch wohl nicht einfach nur, weil die Menschen so blöd sind, das zu merken. Ich schätze, es hat ganz konkrete Vorteile.

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Und: Auf seine Art hat das Pferd recht! Warum sollte man es riskieren, dass man falsch liegt? Es droht dann jedes mal der Verlust des Wohlbefindens.

Okay, dann bin ich wohl nicht schlauer als ein Pferd. :D Mir reicht das.

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Und: Auf seine Art hat das Pferd recht! Warum sollte man es riskieren, dass man falsch liegt? Es droht dann jedes mal der Verlust des Wohlbefindens.

Okay, dann bin ich wohl nicht schlauer als ein Pferd. :D Mir reicht das.

 

Lass Dir da nichts einreden. Klassische Konditionierung funktioniert nicht nur bei Pferden und (pavlovshen) Hunden und korreliert umgekehrt zur Intelligenz - je "duemmer" ein Lebewesen ist, je langsamer lernt es und je schwerer sind Konditionierungen. Also beim Menschen funktioniert soetwas sehr gut, sogar fuer Dinge, die scheinbar nicht willentlich gesteuert sind, wie die Aktivitaet des Immunsystem (=> Placebo-Effekt).

 

A mi modo de ver

DonGato.

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Und: Auf seine Art hat das Pferd recht! Warum sollte man es riskieren, dass man falsch liegt? Es droht dann jedes mal der Verlust des Wohlbefindens.

Okay, dann bin ich wohl nicht schlauer als ein Pferd. :D Mir reicht das.

 

Lass Dir da nichts einreden. Klassische Konditionierung funktioniert nicht nur bei Pferden und (pavlovshen) Hunden und korreliert umgekehrt zur Intelligenz - je "duemmer" ein Lebewesen ist, je langsamer lernt es und je schwerer sind Konditionierungen. Also beim Menschen funktioniert soetwas sehr gut, sogar fuer Dinge, die scheinbar nicht willentlich gesteuert sind, wie die Aktivitaet des Immunsystem (=> Placebo-Effekt).

 

A mi modo de ver

DonGato.

 

Danke! *schmunzel* Heißt das jetzt, ich bin intelligenter als ein Pferd, weil das was Volker kritisiert bei mir noch besser funktioniert als beim Pferd? Was sagt uns das über Volker?

:ninja::lol:

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Und: Auf seine Art hat das Pferd recht! Warum sollte man es riskieren, dass man falsch liegt? Es droht dann jedes mal der Verlust des Wohlbefindens.

Okay, dann bin ich wohl nicht schlauer als ein Pferd. :D Mir reicht das.

 

Lass Dir da nichts einreden. Klassische Konditionierung funktioniert nicht nur bei Pferden und (pavlovshen) Hunden und korreliert umgekehrt zur Intelligenz - je "duemmer" ein Lebewesen ist, je langsamer lernt es und je schwerer sind Konditionierungen. Also beim Menschen funktioniert soetwas sehr gut, sogar fuer Dinge, die scheinbar nicht willentlich gesteuert sind, wie die Aktivitaet des Immunsystem (=> Placebo-Effekt).

 

A mi modo de ver

DonGato.

 

Nochmal ernsthaft. Darf ich dich so verstehen, dass du meine obige Vermutung für richtig hältst, dass das was Volker kritisiert im Grunde eine sehr sinnvolle Fähigkeit des Menschen ist und nichts, was man unbedingt überwinden müsste?

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Nochmal ernsthaft. Darf ich dich so verstehen, dass du meine obige Vermutung für richtig hältst, dass das was Volker kritisiert im Grunde eine sehr sinnvolle Fähigkeit des Menschen ist und nichts, was man unbedingt überwinden müsste?

 

Da bin ich sogar viel weiter gegangen. Weiss Du wie oft ich hier gestritten habe, ob der Mensch eine natuerlich Veranlagung zur Spiritualitaet hat? Vor einiger Zeit habe ich sogar die These diskutiert, ob man Spiritualitaet als ein zwingendes Entwicklungsprodukt der kognitativen Leistungen des menschlichen Hirns auffassen kann. Spiritualitaet koennte so betrachtet eine Phaenomenologie einer archaischen Entwicklungstufe bei der Herausbildung des abstrakten Denkens sein, also eine fruehe Stufe des sich-selber-bewusst-werdens => Eine Art Bindeglied zwischen Gefuelsleben und rationalen Denken, welches heute noch das menschliche Leben mitbestimmt - voellig analog dazu, wie das Gefuehlserlebnis auch heute noch das ach so rationale Denken der Menschen weiterhin dominiert.

Aber ich habe diesen Diskurs aufgegeben: Ich bin DonGato und nicht DonQuijote.

 

me canso,

DonGato.

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Und: Auf seine Art hat das Pferd recht! Warum sollte man es riskieren, dass man falsch liegt? Es droht dann jedes mal der Verlust des Wohlbefindens.

Okay, dann bin ich wohl nicht schlauer als ein Pferd. :D Mir reicht das.

 

Lass Dir da nichts einreden. Klassische Konditionierung funktioniert nicht nur bei Pferden und (pavlovshen) Hunden und korreliert umgekehrt zur Intelligenz - je "duemmer" ein Lebewesen ist, je langsamer lernt es und je schwerer sind Konditionierungen. Also beim Menschen funktioniert soetwas sehr gut, sogar fuer Dinge, die scheinbar nicht willentlich gesteuert sind, wie die Aktivitaet des Immunsystem (=> Placebo-Effekt).

 

A mi modo de ver

DonGato.

 

Nochmal ernsthaft. Darf ich dich so verstehen, dass du meine obige Vermutung für richtig hältst, dass das was Volker kritisiert im Grunde eine sehr sinnvolle Fähigkeit des Menschen ist und nichts, was man unbedingt überwinden müsste?

 

Selbstverständlich, das ist die Folge einer sehr sinnvollen Funktion: der Fähigkeit, per Assoziation zu lernen. Das war auch weniger Kritik als mehr eine Feststellung. Bei uns funktioniert das sogar besser als bei Pferden. Das war übrigens kein Beispiel für klassische, pavlovsche Konditionierung. Bei der klassischen Konditionierung wird auf einen Reiz hin eine unmittelbare Körperreaktion konditioniert: vermehrter Speichelfluss, beispielsweise. Das ist etwas, was wir Menschen nicht ohne weiteres hervorrufen können. Es geht, wenn man sich leckeres, schönes Essen vorstellt, das ist ein indirekter Einfluss.

 

Wir lernen praktisch nur durch Assoziation. Auf Ereignis A folgt B. Wenn sich das oft genug wiederholt, in entsprechenden Abständen, assoziieren wir A mit B und denken: Aha, immer wenn A, dann B. Je öfters sich das wiederholt, umso stärker wird die Assoziation. Lediglich traumatisches Lernen geht schneller, da reicht ein Ereignis aus, und wir vergessen das ein ganzes Leben lang nicht. Eine Assoziation verstärkt sich mit jeder Wiederholung und schwächt sich mit der Zeit ab - anhand der Vergessenskurve, oder auch, wenn A kommt, aber B nicht folgt.

 

Die Erkenntnis: "Immer wenn A, dann B" hat sich in der Evolution bewährt. Ebenso ist die Vergessenskurve optimiert, man stelle sich vor, man würde alles einmal lernen und dann nie wieder vergessen, dann reicht es aus, dass ein einziges Mal auf A b folgt, und wir könnten uns nie mehr von der Vorstellung lösen: Wenn A, dann folgt immer B. Dann wäre alles lernen wie das erlernen von Traumata, und die Lernerfahrungen würden uns überfluten, wie bei Menschen mit einem fotografischen Gedächtnis. Solche Menschen sind meistens Autisten oder haben das Asperger-Syndrom, es gibt allerdings auch einige wenige Ausnahmen.

 

Hinzu kommt: Wenn öfters auf A B folgt, dann denken wir, dass A die Ursache von B ist. Das nennt man den cum hoc ergo propter hoc-Fehlschluss. Dieser Trugschluss ist uns quasi evolutionär einprogrammiert. Lustig ist, dass wenn man sagt "A korreliert mit B" sofort jemand kommt und sagt: "Ja, aber Korrelation heißt nicht Kausalität". Für die meisten Menschen schon, die kommen nicht auf die Idee, dass es noch vier weitere Möglichkeiten gibt. Auch der, der intellektuell mit dem Einwand kommt, benutzt in seinem alltäglichen Leben meist nur eine der fünf Schlussfolgerungen: Die programmierte Schlussfolgerung ist stärker als die intellektuelle Einsicht.

 

Das führt übrigens auch zu einem Effekt, den ich Lewis-Carrol-Effekt nenne, nach einem Abschnitt aus der Geschichte Alice im Wunderland: Was ich dreimal sage, das ist wahr. Eine Behauptung muss nur ausreichend oft wiederholt werden, dann haftet sie im Gedächtnis und wird leicht für wahr gehalten. Deswegen arbeiten Glaubensreligionen mit ritueller Wiederholung. Pathfinder und der Geist nutzen diesen Effekt für sich, deswegen schreiben sie unter fast jedes meiner Postings: Volker ist doof und hat keine Ahnung (sinngemäß). Sie hoffen auf den Lewis-Carrol-Effekt, und das klappt auch ziemlich gut. Man braucht keine Argumente, nur Hartnäckigkeit - Argumente sind sogar schwächer. Warum sollte man sich die Mühe machen, Argumente zu bringen, wenn eine simple Wiederholung auch reicht? Lustig ist, dass der Urheber der Wiederholung auch deswegen verstärkt glaubt, es sei wahr. Er wird sozusagen ein Opfer seiner eigenen Rhetorik.

 

Es gibt gegen solche Trugschlüsse nur ein einziges bekanntes Mittel: Konsequente Anwendung der Logik. Ohne die entsprechende Disziplin im Denken wird man permanent Opfer von Trugschlüssen und Denkfehlern, deswegen sind wir Menschen weniger rational, als wir selbst glauben. Ich denke logisch nicht nur zum Spaß, sondern weil ich Denkfehler wenigstens bei mir vermeiden möchte. Die meisten anderen Menschen sind bescheidener, ihnen reicht es, zu glauben, dass etwas der Fall ist, mir nicht. Fast immer, wenn man im Radio oder Fernsehen hört "Ursache für den Unfall war menschliches Versagen", dann ist wieder jemand Opfer eines solchen oder ähnlichen Trugschlusses geworden. Denkfehler verursachen Tote, Verletzte, und immensen wirtschaftlichen Schaden, manchmal alles auf einmal. Ohne diese Irrtümer wäre unsere Welt erheblich besser, als sie es ist. Wenn also jemand nach so etwas wie der Ursünde sucht, hier ist sie: mangelndes logisches Denken.

 

Warum also sollte man logisch denken? Um Leben zu retten. So einfach ist das. Und jede Religion, jede Ideologie, jede Weltanschauung, jede propagierte Denkweise, die das unterminiert, ist ein Feind des Menschen - manchmal ein tödlicher Feind, ein Gegner, der uns an Leib und Leben schadet, unbarmherzig, gnadenlos, konsequent. Wenn es einen Teufel gibt, dann ist er das, und er macht uns das Leben hier schon zur Hölle, manchmal buchstäblich. Nicht die Logik hat uns Auschwitz beschert, sondern ein Mangel daran. Ich finde es absolut ehrenwert, hungernden Kindern in Afrika zu helfen, ich befürworte das, ich habe Respekt vor denen, die das tun: Jeder sollte so gut helfen, wie er kann, jeder dort, wo er am Besten helfen kann. Mein Platz ist u. a. hier. Nur, falls noch jemand fragt, was ich hier überhaupt will: Ich will niemandem seine Religion ausreden, ich möchte nur das meinige dazu tun, Denkweisen zu propagieren, mit denen eine Reihe von Problemen an der Wurzel bekämpft werden kann. Wo fängt man damit besser an als dort, wo intelligente Menschen - jedenfalls die meisten - sind, die über etwas diskutieren, was Teil des Problems ist? Und wenn ich auf einige Dinge heftig reagiere, dann könnt Ihr jetzt vielleicht auch verstehen, warum.

 

Meine Freundin wirft mir Langstrecken-Masochismus vor und sagt "Die kapieren das ja doch nicht". Ja, ich muss wohl masochistisch veranlagt sein, aber ich gebe die Hoffnung nicht auf.

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Nochmal ernsthaft. Darf ich dich so verstehen, dass du meine obige Vermutung für richtig hältst, dass das was Volker kritisiert im Grunde eine sehr sinnvolle Fähigkeit des Menschen ist und nichts, was man unbedingt überwinden müsste?

 

Da bin ich sogar viel weiter gegangen. Weiss Du wie oft ich hier gestritten habe, ob der Mensch eine natuerlich Veranlagung zur Spiritualitaet hat? Vor einiger Zeit habe ich sogar die These diskutiert, ob man Spiritualitaet als ein zwingendes Entwicklungsprodukt der kognitativen Leistungen des menschlichen Hirns auffassen kann. Spiritualitaet koennte so betrachtet eine Phaenomenologie einer archaischen Entwicklungstufe bei der Herausbildung des abstrakten Denkens sein, also eine fruehe Stufe des sich-selber-bewusst-werdens => Eine Art Bindeglied zwischen Gefuelsleben und rationalen Denken, welches heute noch das menschliche Leben mitbestimmt - voellig analog dazu, wie das Gefuehlserlebnis auch heute noch das ach so rationale Denken der Menschen weiterhin dominiert.

 

Da ist was dran, diese Vermutung hege ich auch.

 

Aber ich habe diesen Diskurs aufgegeben: Ich bin DonGato und nicht DonQuijote.

 

Vielleicht sollte ich mich umbenennen? :unsure:

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Vielleicht sollte ich mich umbenennen? :unsure:

Namen sind Schall und Rauch.

Aber kämpfe weiter mit uns Sancho Panzas für unsere Dulcinea! :daumenhoch:

bearbeitet von Eifelgeist
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Vielleicht sollte ich mich umbenennen? :unsure:

Namen sind Schall und Rauch.

Aber kämpfe weiter mit uns Sancho Panzas für unsere Dulcinea! :daumenhoch:

 

Darf ich mich um die Stelle des Rucio noch bewerben?

 

DonGato.

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...Warum also sollte man logisch denken? Um Leben zu retten. So einfach ist das. Und jede Religion, jede Ideologie, jede Weltanschauung, jede propagierte Denkweise, die das unterminiert, ist ein Feind des Menschen - manchmal ein tödlicher Feind, ein Gegner, der uns an Leib und Leben schadet, unbarmherzig, gnadenlos, konsequent. Wenn es einen Teufel gibt, dann ist er das, und er macht uns das Leben hier schon zur Hölle, manchmal buchstäblich. Nicht die Logik hat uns Auschwitz beschert, sondern ein Mangel daran. Ich finde es absolut ehrenwert, hungernden Kindern in Afrika zu helfen, ich befürworte das, ich habe Respekt vor denen, die das tun: Jeder sollte so gut helfen, wie er kann, jeder dort, wo er am Besten helfen kann. Mein Platz ist u. a. hier. Nur, falls noch jemand fragt, was ich hier überhaupt will: Ich will niemandem seine Religion ausreden, ich möchte nur das meinige dazu tun, Denkweisen zu propagieren, mit denen eine Reihe von Problemen an der Wurzel bekämpft werden kann. Wo fängt man damit besser an als dort, wo intelligente Menschen - jedenfalls die meisten - sind, die über etwas diskutieren, was Teil des Problems ist? Und wenn ich auf einige Dinge heftig reagiere, dann könnt Ihr jetzt vielleicht auch verstehen, warum.

 

Meine Freundin wirft mir Langstrecken-Masochismus vor und sagt "Die kapieren das ja doch nicht". Ja, ich muss wohl masochistisch veranlagt sein, aber ich gebe die Hoffnung nicht auf.

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das ist ein guter ansatz. von einem logiker ausgesprochen hat er sicher eine methode des nachweises in der praxis.

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