Lullus Geschrieben 27. April 2012 Melden Share Geschrieben 27. April 2012 Was bleibt? Ein aufrichtiges Leben nach seinem Gewissen leben und dann abwarten, was nach dem Tod passiert. Alles Theoretisieren, auch in Internetforen, bringt einen nicht in den Himmel! Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Aleachim Geschrieben 27. April 2012 Melden Share Geschrieben 27. April 2012 Wissen, beispielsweise, basiert ebenso auf Vertrauen wie der Glauben. In der Wissenschaft gibt es einen gravierenden Unterschied: Man vertraut nicht einer Lehre, oder einer Institution, sondern einem Netzwerk aus sich wechselseitig korrigierenden Personen mit einem hohen Ausbildungsgrad. Im religiösen Glauben gibt es das nicht, weil dieser weitgehend gegen Kritik immunisiert ist, er ist so beschaffen, dass es fast unmöglich ist, einen Irrtum zu entdecken. Akzeptiert man die Logik nicht, ist es sogar komplett unmöglich. Das hat Folgen: Die Wissenschaft konvergiert, weltweit, über alle Kulturen hinweg - es gibt nur eine Physik. Uneinigkeit herrscht nur an den Randbereichen, aber sobald mehr Informationen vorliegen, setzt ein Einigungsprozess ein. Irrtümer werden eliminiert. Religiöser Glauben hingegen divergiert. Auch in der Wissenschaft ist es so: Wo es Divergenzen gibt, gibt es dafür einen Hauptgrund - Mangel an Informationen. Jede neue Information auf einem Sachgebiet schränkt nämlich die möglichen Alternativen und Interpretationen ein. Das gibt es beim Glauben nicht: Informationen sind rar und werden manchmal nicht akzeptiert, etwa im Fundamentalismus (Beispiel: Alter der Erde - es gibt immer noch einige, die meinen, die Erde könne nicht älter als 10.000 Jahre sein). Logik wird nicht akzeptiert, was die Anzahl der Möglichkeiten in das Unendliche treibt. Was auch bedeutet, dass die statistische Wahrscheinlichkeit, das richtige zu glauben, gegen Null tendiert. Da es kaum Möglichkeiten zur Fehlerkorrektur gibt ist alles gleich wahrscheinlich, bei einer nahezu unendlichen Anzahl von Alternativen heißt dies, dass eine Auswahl von richtigen Alternativen nahezu unmöglich ist. Was mir dazu einfällt, ist, dass du anscheinend alle Erfahrungen die du machst, durch andere Menschen absichern möchtest. [Küchenpsychologiemodus] Du traust dir selber deinem Erleben, deinen Gefühlen nicht, erst wenn du es von anderen bestätigt bekommst, bist du dir dessen sicher. [/Küchenpsychologiemodus] Als Kind hab ich natürlich erstmal den Menschen vertraut, die mir von Gott erzählt haben. Inzwischen ist mein Glaube aber kein Vertrauen mehr auf das was andere über Gott sagen, sondern ein Vertrauen in mein Inneres sozusagen. Was am religiösen Glauben so bemerkenswert ist, ist der Umstand, dass die subjektive Gewissheit der Gläubigen in einem auffallenden Kontrast zu der Unwahrscheinlichkeit steht, den richtigen Glauben zu haben. Das kann man nicht rational rechtfertigen. Es ist aber niemand dazu gezwungen, rationale Gründe anzuerkennen. Beim Glauben redet man von einer Entscheidung, aber das betrifft die Rationalität auch. Man muss die Entscheidung treffen, auf einem Gebiet rationale Gründe anzuerkennen. Tut man dies nicht, dann ist alles möglich, auch, wenn man sich dann für nur eine Möglichkeit aus dem Ozean unendlicher Alternativen entscheidet. Vom richtigen Glauben würde ich nie reden. Darum gehts meiner Meinung nach sowas von überhaupt nicht. Es gibt zwischen Wissen und religiösem Glauben vier wesentliche Unterschiede: Die subjektive Gewissheit, die Möglichkeit zur Fehlerkorrektur (ändern kann man seinen Glauben - Fehler korrigieren wohl kaum), die Unendlichkeit der möglichen Alternativen, der oft unterschätzte Gehorsamkeitsaspekt. Wissen erfordert und verlangt keinen Gehorsam und kein Hören auf Autoritäten. Fehlerkorrektur... Auch sowas, womit ich in Zusammenhang mit meinem Glauben nichts anfangen kann. Welche Auswirkungen hat denn ein "fehlerhafter" Glaube? Dass ich nicht in den Himmel komme? Ich denke, dir ist klar, dass ich diese Befürchtung nicht hab. Wahrscheinlich denkst du eher an sowas wie dass man sein Leben auf falsche Voraussetzungen gründet und deshalb im Leben Fehler macht. Nur... wie soll ich das nur erklären.... Der Glaube ist nichts, was neben dem Leben steht und es mal eben so die ganze Zeit beeinflusst. Es ist miteinander verknüpft. Ich kann mir nichts denken, was ich anders machen würde, wenn ich plötzlich wüsste "Gott gibts gar nicht." Vor allem nichts, was irgendwie positiv wäre. Von daher wüsste ich nicht, welchem Irrtum ich mit meinem Glauben aufsitzen könnte, der korrigiert werden müsste. Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Aleachim Geschrieben 27. April 2012 Melden Share Geschrieben 27. April 2012 Wohl wahr! Je mehr man weiss, desto weniger glaubt man! Oh nein! Okay, kommt drauf an, wie du es meinst. Natürlich ist es so, wenn ich etwas glaube und sich dieser Glaube irgendwann bestätigt, so dass ich es weiß, dann glaube ich nicht mehr, sondern weiß ich. Also glaube ich dann weniger, weil ich mehr weiß. (Mann klingt das wirr. ) Wenn du es aber so gemeint hast, dass es manchmal besser ist, nicht so viel zu wissen, weil das den Glauben irgendwie gefährdet, dann kann ich da nicht zustimmen. (Tolles Futter für Volker. ) Ein Glaube, der durch Wissen gefährdet ist, ist ganz offensichtlich falsch. Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Volker Geschrieben 27. April 2012 Autor Melden Share Geschrieben 27. April 2012 Darum sage ich: Das Vertrauen ist eine Grunderfahrung und Gott vertrauen oder einem Menschen vertrauen, das ist für viele kaum unterscheidbar. Muss es auch nicht sein, ich halte schlicht die Fähigkeit und Bereitschaft zu vertrauen für das, worauf es ankommt. Doch denkt man mal drüber nach, erscheint es wenig sinnvoll, ganz und gar auf Menschen zu setzen, die sind wankelmütig, die sterben. Der gläubige Mensch vertraut immer letztlich auf Gott, auch sogenannte schlichte Gemüter - die wissen oft mehr davon zu erzählen als allzu kluge Nachdenker. Um auf Gott vertrauen zu können müsste man etwas mehr über ihn wissen. Ich denke, das steht dem Wesen des Vertrauens entgegen. Oder sagen wir, es gibt zwei gute Arten des Vertrauens, eine aus dem Wissen heraus, dass derjenige vertrauenswürdig ist, und eine ohne Vorbedingung. Mein Glauben ist im Wesentlichen Vertrauen. Und sollte Gott nicht vertrauenswürdig sein, sage ich in Anlehnung an Meister Eckhart, dann gebe ich nicht die Bohne auf ihn. Da kannst Du sehen, wie sehr Gott innerlich ist, nicht äußerlich. Insofern hast Du recht: Man vertraut aber seinem Glauben - nicht seinem Wissen. Du hast recht: Wissen steht dem Vertrauen manchmal/oft entgegen. Vertrauen in Menschen wird manchmal enttäuscht. Das Vertrauen in Gott nie. Warum? Weil an das Vertrauen bei Menschen meist eine Erwartung geknüpft ist. Erwartungen können enttäuscht werden. An Gott ist keine Erwartung geknüpft, die enttäuscht werden kann. Denn niemand kann nachprüfen, ob die Erwartung an ein ewiges Leben nicht doch eine Täuschung ist. Die Unmöglichkeit der Enttäuschung bei Gott hat aber einen hohen Preis: Bei Menschen weiß ich, dass einige ihren Erwartungen nachkommen, andere nicht. Manchmal kommt es auch umgekehrt, als man denkt. Bei Gott weiß ich nichts davon, es ist wieder eine "Überzeugung des Glaubens". Kein Ereignis dieser Welt wird so betrachtet, dass es die Erwartungen an einen liebenden Gott verderben kann. Es spielt keine Rolle, wie viele Menschen auf welche Art bei einer Naturkatastrophe umkommen. Auf mich wirkt das ein wenig so, als ob ich ein "Urvertrauen" in einen Menschen entwickle, und wenn der zum Serienmörder mutiert, dann ignoriere ich alles Schlimme, was er getan hat und tut und konzentriere mich auf die positiven Aspekte von ihm. Das hat aber für mich den Beigeschmack von Aberglauben: Schon Francis Bacon wusste, dass die Treffer zählen und die Fehlschläge ignorieren die Wurzel allen Aberglaubens ist. Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Volker Geschrieben 27. April 2012 Autor Melden Share Geschrieben 27. April 2012 Was mir dazu einfällt, ist, dass du anscheinend alle Erfahrungen die du machst, durch andere Menschen absichern möchtest. [Küchenpsychologiemodus] Du traust dir selber deinem Erleben, deinen Gefühlen nicht, erst wenn du es von anderen bestätigt bekommst, bist du dir dessen sicher. [/Küchenpsychologiemodus] Nicht nur durch andere Menschen - auch durch andere Möglichkeiten wie beispielsweise Logik. Ja, ich traue meinem eigenen Erleben und meinen eigenen Gefühlen nicht. Das liegt an drei Erfahrungen, die ich gemacht habe: Als Zauberkünstler habe ich gelernt, wie leicht Menschen sich täuschen und täuschen lassen, und wie wenig ihre Augenzeugenberichte eigentlich wert sind. Als kognitiver Psychologe und als Logiker weiß ich um die Irrtümer, die im Denken gemacht werden. Die Liste der kognitiven Fehler ist ellenlang. Die christlich Religion bietet davon eine reichliche Auswahl. Die sog. pessimistische Induktion. Den Punkt 1. kann man wahrscheinlich nur nachvollziehen, wenn man selbst als Zauberkünstler aufgetreten ist. Zum zweiten Punkt gibt es eine Fülle an Literatur, hier ist eines davon, das sich nur mit logischen Denkfehlern beschäftigt: Damer, T. Edward. Attacking faulty reasoning : a practical guide to fallacy-free arguments. Australia; Belmont, CA: Wadsworth/Cengage Laerning, 2009. Dort wird eine lange Liste logischer Irrtümer besprochen. Am Schluss des Buches findet sich der Brief eines Vaters an seinen Sohn, der aufs College geht. Der Vater ermahnt seinen Sohn, nicht von seinem christlichen Glauben abzufallen. In diesem Brief werden alle logischen Fehler wiederholt, die im Buch besprochen wurden, zum selber entdecken. Liest sich manchmal wie einige Postings hier auf mykath ... Die pessimistische Induktion sammelt mehrere tausend Jahre Erfahrung mit menschlichem Denken. Jede uns bekannte Generation hat zwei Fehler begangen: Jede Generation hat den vorigen Generationen ihre Fehler vorgehalten, aber nicht bedacht, dass sie selbst auch welche machen könnten. Jede Generation hat geglaubt, sie selbst habe es jetzt aber endlich richtig hinbekommen. Und lag damit meilenweit daneben. Mit jeder neuen Generation fängt das Spiel wieder von vorne an. Nicht umsonst zitiere ich den Mentalisten Joshua Quinn in meiner Signatur! In der christlichen Religion gibt es eine interessante Variante dieser pessimistischen Induktion: Ein paar Generationen von vor 2.000 Jahren haben den richtigen Glauben gehabt, und jetzt endlich ist man soweit, diesen Glauben richtig zu interpretieren. Das glaubt wieder jede Generation. Das gilt übrigens auch für Genies wie Aristoteles: Aristoteles war ein herausragender Denker, ein Geistesriese unter Zwergen. Trotzdem ist fast alles, was er an Wissen hatte, aus heutiger Sicht falsch. Was für ein Teufel reitet uns, daraus nichts zu lernen? Das meiste von dem, was wir heute zu wissen glauben, muss falsch sein. Der einzige Ausweg aus diesem Sumpf ist, das Irrtümer zu eliminieren. Jede Ideologie oder Lehre, die keine Methoden zur Irrtumskorrektur besitzt, speziell wenn sie sehr alt ist, wird nichts weiter als eine Ansammlung von Irrtümern sein. Lediglich die Wissenschaft besitzt solche Methoden und setzt sie systematisch ein. Wissenschaft ist irrumskorrigierend, Religion ist irrtumsbewahrend. Dabei ist die Erkenntnis, dass man sich irren könnte, der Königsweg zur Toleranz. Ja, man könnte sich auch darin irren, einem anderen einen Irrtum vorzuhalten! Deswegen habe ich eine so starke Abneigung gegen alle Formen des Denkens, die dazu führen, an alten Irrtümern festzuhängen. Die Immunisierung gegen Kritik ist eine der schlimmsten Fehler, die man überhaupt machen kann. Das ist ein Wesensmerkmal aller Ideologien: Kommunismus, Faschismus, Christentum, Islam, Esoterik - also keineswegs auf Religion beschränkt. Der schlimmste Irrtum ist subjektive Gewissheit. Deswegen sagte Nietzsche: Die Überzeugung ist ein schlimmerer Feind der Wahrheit als die Lüge. Recht hat er! Übrigens bin ich mir nicht einmal sicher, das etwas richtig ist, wenn es von anderen bestätigt wird. Man hat sich schließlich auch lange Zeit gegenseitig darin bestätigt, dass die Sonne um die Erde kreist, dass Sklaverei in Ordnung geht, dass Schwarze weniger intelligent sind als Weiße, dass Frauen weniger können als Männer, oder dass Gott existiert. 1 Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
kirsten58 Geschrieben 28. April 2012 Melden Share Geschrieben 28. April 2012 Der Threadtitel lautet: "Wer weiß schon etwas über Gott?". Um konstruktiv darüber diskutieren zu können, müsste man zunächst klären, was unter "Wissen" zu verstehen ist. Der Begriff des Wissens ist ja keineswegs homogen; es gibt eine nicht gerade geringe Anzahl verschiedener Vorstellungen darüber. Hinzu kommen sehr unterschiedliche Bereiche von "Wissen", die nicht alle über einen Kamm geschoren werden sollten. So ist beispielsweise mathematisches Wissen etwas anderes als empirisches, soziales etwas anderes als intuitives, explizites etwas anderes als implizites und so weiter und so fort. Der nächste Punkt mit Klärungsbedarf ist die Bedeutung des Wortes "Kritik", wenn z.B. davon gesprochen wird, dass "Aussagen vor Kritik immunisiert werden". Wie unterschiedlich die Auffassungen sein können, sieht man beispielsweise im Vergleich der Standpunkte der Vertreter der sog. "Kritischen Theorie" mit denen ihrer schärfsten Kontrahenten, den "Kritischen Rationalisten". Darüber hinaus ist die Behauptung der Kritikimmunisierung, wenn sie nicht von Fall zu Fall dezidiert begründet wird, eine stumpfe Klinge, zumal auch in der allerkritischsten Prüfung immer Voraussetzungen enthalten sind, die nicht weiter hinterfragbar sind, wenn man nicht im lähmenden Skeptizismus enden will. Das beste Beispiel sind die Axiome einer sog. Kernlogik (z.B. der Satz vom Widerspruch). Um sie "kritisch" zu prüfen, müssen wir sie bereits voraussetzen. (H. Albert, auf den die Formulierung "Kritikimmunisierung" zurückgeht, war sich dieses Problems bewusst.) Dann wären weiterhin "Wissen" und "Verstehen" zu vergleichen: Haben wir verstanden, was wir wissen? So können wir z.B. viele physikalische Vorgänge en detail beschreiben; aber haben wir sie deshalb auch verstanden? Was ist Verstehen? Wo ist es uns überhaupt möglich? Und umgekehrt: Gibt es Bereiche, in denen wir verstehen, ohne das erklären zu können? Ich denke, das kennen wir alle: Wir erfassen etwas spontan in seinem komplexen Zusammenhang, obwohl wir nicht sagen können, wie wir zu diesem nicht-diskursiven Verständnis kommen. Und dann stellt sich später heraus, dass unser "Verstehen" zutreffend ist. Ist nur solches Verstehen wirkliches Wissen? Auf welcher Grundlage rechtfertigen wir, unser Beschreiben von Dingen, Strukturen und Prozessen für Wissen zu halten? Demgegenüber bleibt zu klären, was unter "Glauben" verstanden werden soll, insbesondere in Abgrenzung zum "Wissen". Zumal die pessimistische Metainduktion schön veranschaulicht, dass wir meistens nur zu wissen glauben. Außerdem scheint es Verbindungen zwischen Glauben und Wissen zu geben, die in vielen Metadiskussionen gar nicht in den Blick kommen. Ich will das hier nur andeuten, weil ich im Moment weder die Zeit noch die Ruhe habe, das aufzudröseln. Dabei geht es um intuitives, apriorisches und prozessuales Wissen. (Näheres dazu: Gerd Gigerenzer: Bauchentscheidungen. Die Intelligenz des Unbewussten und die Macht der Intuition, 2007. - Martin Grajner: Intuitionen und apriorische Rechtfertigung, 2011. - Sabine Ammon: Wissen verstehen. Perspektiven einer prozessualen Theorie der Erkenntnis, 2009.) Das alles müsste geklärt werden, bevor es überhaupt einen Sinn haben soll, sich darüber auszutauschen, ob Glauben und Wissen ähnlich, unähnlich, völlig verschieden oder letztlich die zwei Seiten derselben Medaille sind. Und was gemeint ist, wenn Gläubige etwas über ihren Glauben mitteilen: Wissen, Glauben, Verstehen, Meinen, Deuten, Wünschen, Erkennen, Begreifen, ... ? In welchem Verhältnis ihr "Glaube" zu "wissenschaftlichen Theorien" steht; ob es ein solches "Verhältnis" überhaupt gibt, geben kann, geben muss? Ob Glauben und Alltagswissen etwas miteinander zu tun haben? Welcher Art unser "Wissen" in Beziehungen zu anderen Menschen ist und ob sich daraus etwas über die Art religiöser Überzeugungen lernen lässt? Und so weiter ... Ohne eine genauere Vorverständigung über den Gegenstand einer solchen Diskussion bleibt das, was dazu gesagt werden kann, oberflächlich und missverständlich. Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
tribald_old Geschrieben 28. April 2012 Melden Share Geschrieben 28. April 2012 Ohne eine genauere Vorverständigung über den Gegenstand einer solchen Diskussion bleibt das, was dazu gesagt werden kann, oberflächlich und missverständlich. Da aber genau das ziemlich unmöglich ist, jedenfalls nach meiner Lebenserfahrung, müsste dann nach deiner Meinung keinerlei Diskussion mehr möglich sein. Sorry, aber du postulierst hier unerfüllbare Grundbedingungen. Die für mich den Eindruck erwecken, auf diese Art mißliebige Kritik an Glauben und ähnlichem unterbinden zu sollen Eigentlich sind die Begriffe Glauben, Wissen ganz klar. Glauben heißt, etwas für wahrscheinlich zu halten, auch wenn ich es selbst nicht überprüfen kann. Wissen heißt, durch eigenes nachprüfen den Wahrheitsgehalt ( Tatsachenfeststellung) einer Behauptung bestädigen oder eben nicht, zu können. Dann bin ich auf keine Offenbarunge und Informationen aus zweiter Hand angewiesen. Dann gibt es noch einen Punkt, das ist die Plausibilität einer Behauptung. Wenn jemand sagt, er könne übers Wasser laufen, wird jeder erstmal im besten Sinne skeptisch sein. Warum?, weil es noch nie jemandem beweisbar gelungen ist, das zu tun. Also kann man mit allergrößter wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass diese Behauptung Unsinn ist. Natürlich gibt es jede Menge Bereiche, die auch viele Menschen nicht verstehen, und trotzdem, ne, nicht glauben, sondern Wissen, dass etwas funktioniert. Einfach weil sie es tagtäglich erleben. Kaum einer weiß wieso ein Flugzeug fliegt. Ich kriege immer wieder mal die erstaunten, ja fast erfürchtigen Ausrufe von Leuten mit, wenn sich so ein Riesenvogel wie der Jumbo oder der A 380 vom Boden abhebt. Da das aber jeden Tag zigtausendfach passiert, bezeichnet das kaum jemand als Wunder. Langer Rede kurzer Sinn, du versuchst......so seh ich das......Nebelkerzen zu werfen. Die Worte solange im Kreis zu drehen, bis wirklich kein Mensch mehr weiß, was diese eigentlich bedeuten sollen. Ein billiger Versuch. Der wird dir nicht gelingen. Jedenfalls nicht bei Leuten, die hinter die Fassade kucken wollen. ein bisschen Lust am streiten habend.........tribald 2 Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
kirsten58 Geschrieben 28. April 2012 Melden Share Geschrieben 28. April 2012 Ohne eine genauere Vorverständigung über den Gegenstand einer solchen Diskussion bleibt das, was dazu gesagt werden kann, oberflächlich und missverständlich. Da aber genau das ziemlich unmöglich ist, jedenfalls nach meiner Lebenserfahrung, müsste dann nach deiner Meinung keinerlei Diskussion mehr möglich sein. Sorry, aber du postulierst hier unerfüllbare Grundbedingungen. Die für mich den Eindruck erwecken, auf diese Art mißliebige Kritik an Glauben und ähnlichem unterbinden zu sollen Eigentlich sind die Begriffe Glauben, Wissen ganz klar. Glauben heißt, etwas für wahrscheinlich zu halten, auch wenn ich es selbst nicht überprüfen kann. Wissen heißt, durch eigenes nachprüfen den Wahrheitsgehalt ( Tatsachenfeststellung) einer Behauptung bestädigen oder eben nicht, zu können. Dann bin ich auf keine Offenbarunge und Informationen aus zweiter Hand angewiesen. Dann gibt es noch einen Punkt, das ist die Plausibilität einer Behauptung. Wenn jemand sagt, er könne übers Wasser laufen, wird jeder erstmal im besten Sinne skeptisch sein. Warum?, weil es noch nie jemandem beweisbar gelungen ist, das zu tun. Also kann man mit allergrößter wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass diese Behauptung Unsinn ist. Natürlich gibt es jede Menge Bereiche, die auch viele Menschen nicht verstehen, und trotzdem, ne, nicht glauben, sondern Wissen, dass etwas funktioniert. Einfach weil sie es tagtäglich erleben. Kaum einer weiß wieso ein Flugzeug fliegt. Ich kriege immer wieder mal die erstaunten, ja fast erfürchtigen Ausrufe von Leuten mit, wenn sich so ein Riesenvogel wie der Jumbo oder der A 380 vom Boden abhebt. Da das aber jeden Tag zigtausendfach passiert, bezeichnet das kaum jemand als Wunder. Langer Rede kurzer Sinn, du versuchst......so seh ich das......Nebelkerzen zu werfen. Die Worte solange im Kreis zu drehen, bis wirklich kein Mensch mehr weiß, was diese eigentlich bedeuten sollen. Ein billiger Versuch. Der wird dir nicht gelingen. Jedenfalls nicht bei Leuten, die hinter die Fassade kucken wollen. ein bisschen Lust am streiten habend.........tribald Du kannst deine Lust am Streiten gerne ausleben Was ich hier referiert habe, ist nicht meine Erfindung, sondern Stand der Diskussion zum Wissensbegriff. Lektüre hatte ich bereits genannt. Lies dir mal, wenn du magst, die Einleitung bei Sabine Ammon durch, da hast in aller Kürze einen Überblick. Das hat mit Nebelkerzen nichts zu tun. Ich kann nachvollziehen, dass du's gerne einfacher hättest (wer nicht?!), aber diesen Gefallen muss ich dir leider schuldig bleiben. Volker hat ein Thema eröffnet und dann in seinen Folgebeiträgen mit Begriffen und Argumenten gearbeitet, die alles andere als eindeutig sind. Darauf weise ich hin, nicht mehr und nicht weniger. Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Lullus Geschrieben 28. April 2012 Melden Share Geschrieben 28. April 2012 Wir WISSEN gar nichts über Gott! Wenn wir etwas genau wüssten, gäbe es nicht die Vielzahl an Religionen und Kirchen. Ohne Religion aber können die meisten Menschen nicht leben. Religionen sind entstanden, weil die Menschen sonst "die Grausamkeit der Evolution nicht ertragen könnten" (Drewermann). Wenn wir nichts wissen, aber doch eine Religion brauchen, dann gibt es zwei Möglichkeiten: Die erste ist die populärste: Man hat zwar nicht die Wahrheit, aber man tut einfach so, als wenn man sie hätte. Man erklärt einen Mann oder ein Buch für "unfehlbar". Dann erzählt man den Leuten von der Wiege bis zur Bahre immer dieselben Geschichten und hofft, dass irgend etwas hängen bleibt (was ja auch meistens der Fall ist). Die zweite Methode ist mehr etwas für eine kleine Elite: Man streicht ehrlich alles das, was historisch-kritisch nicht haltbar ist. Was dann übrig bleibt (ein Sehnen nach Gott, Liebe, Meditation) ist zwar wenig, kann aber durchaus durchs Leben tragen und das kann einem wenigstens keiner mehr nehmen. Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
helmut Geschrieben 28. April 2012 Melden Share Geschrieben 28. April 2012 Ohne eine genauere Vorverständigung über den Gegenstand einer solchen Diskussion bleibt das, was dazu gesagt werden kann, oberflächlich und missverständlich. Da aber genau das ziemlich unmöglich ist, jedenfalls nach meiner Lebenserfahrung, müsste dann nach deiner Meinung keinerlei Diskussion mehr möglich sein. Sorry, aber du postulierst hier unerfüllbare Grundbedingungen. Die für mich den Eindruck erwecken, auf diese Art mißliebige Kritik an Glauben und ähnlichem unterbinden zu sollen Eigentlich sind die Begriffe Glauben, Wissen ganz klar. Glauben heißt, etwas für wahrscheinlich zu halten, auch wenn ich es selbst nicht überprüfen kann. Wissen heißt, durch eigenes nachprüfen den Wahrheitsgehalt ( Tatsachenfeststellung) einer Behauptung bestädigen oder eben nicht, zu können. Dann bin ich auf keine Offenbarunge und Informationen aus zweiter Hand angewiesen.... am anfang verweigerst du dich und dann gibst du deine version doch zum besten. die damit verbundene unterstellung "...auf diese Art mißliebige Kritik an Glauben und ähnlichem unterbinden..." ergänzt du sofort durch eigene glaubenskritik. aber ich gebe dir soweit recht, dass kirstens wünsche unerfüllbar sind. aber auch eigene wünsche, mit logik perfekte aussagen erzielen zu wollen, klappen nicht. sie kranken an nahezu beliebigen prämissen. was gelingen kann, sind gutwillig aufgenommene selbstmitteilungen. aufgenommen mit respekt, mit vertrauen auf den guten willen des mitteilenden. Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Volker Geschrieben 29. April 2012 Autor Melden Share Geschrieben 29. April 2012 Ohne eine genauere Vorverständigung über den Gegenstand einer solchen Diskussion bleibt das, was dazu gesagt werden kann, oberflächlich und missverständlich. Man kann darauf mit einem Zitat von Aristoteles antworten: »Es zeichnet einen gebildeten Geist aus, sich mit jenem Grad an Genauigkeit zufrieden zugeben, den die Natur der Dinge zulässt, und nicht dort Exaktheit zu suchen, wo nur Annäherung möglich ist«.(Aristoteles,Nikomachische Ethik I, Kap. 3, 25, 1094b) Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
kirsten58 Geschrieben 29. April 2012 Melden Share Geschrieben 29. April 2012 Ohne eine genauere Vorverständigung über den Gegenstand einer solchen Diskussion bleibt das, was dazu gesagt werden kann, oberflächlich und missverständlich. Man kann darauf mit einem Zitat von Aristoteles antworten: »Es zeichnet einen gebildeten Geist aus, sich mit jenem Grad an Genauigkeit zufrieden zugeben, den die Natur der Dinge zulässt, und nicht dort Exaktheit zu suchen, wo nur Annäherung möglich ist«.(Aristoteles,Nikomachische Ethik I, Kap. 3, 25, 1094b) Durchaus. Das gilt aber nicht dort, wo es gerade darum geht, etwas explizit zu theamtisieren und so präzise wie möglich den Gegenstand der Diskussion zu fassen. Wäre es anders, sähen z.B. Aristoteles' Analysen zur Logik anders aus Deine Ausführungen zu "Glauben und Wissen" sind - sorry - viel zu oberflächlich und greifen aktuelle Debatten nicht mal ansatzweise auf. Was du hier als Wissen explizierst, steckt immer noch in den ausgelatschten Schuhen des Wiener Kreises. Die sind seit längerem längst entsorgt worden ... Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
helmut Geschrieben 29. April 2012 Melden Share Geschrieben 29. April 2012 Wir WISSEN gar nichts über Gott! Wenn wir etwas genau wüssten, gäbe es nicht die Vielzahl an Religionen und Kirchen. Ohne Religion aber können die meisten Menschen nicht leben. Religionen sind entstanden, weil die Menschen sonst "die Grausamkeit der Evolution nicht ertragen könnten" (Drewermann). Wenn wir nichts wissen, aber doch eine Religion brauchen, dann gibt es zwei Möglichkeiten: Die erste ist die populärste: Man hat zwar nicht die Wahrheit, aber man tut einfach so, als wenn man sie hätte. Man erklärt einen Mann oder ein Buch für "unfehlbar". Dann erzählt man den Leuten von der Wiege bis zur Bahre immer dieselben Geschichten und hofft, dass irgend etwas hängen bleibt (was ja auch meistens der Fall ist). Die zweite Methode ist mehr etwas für eine kleine Elite: Man streicht ehrlich alles das, was historisch-kritisch nicht haltbar ist. Was dann übrig bleibt (ein Sehnen nach Gott, Liebe, Meditation) ist zwar wenig, kann aber durchaus durchs Leben tragen und das kann einem wenigstens keiner mehr nehmen. kannst du dieses zitat : weil die Menschen sonst "die Grausamkeit der Evolution nicht ertragen könnten" (Drewermann). bitte um ein, zwei sätze davor erweitern? Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
helmut Geschrieben 29. April 2012 Melden Share Geschrieben 29. April 2012 Ohne eine genauere Vorverständigung über den Gegenstand einer solchen Diskussion bleibt das, was dazu gesagt werden kann, oberflächlich und missverständlich. Man kann darauf mit einem Zitat von Aristoteles antworten: »Es zeichnet einen gebildeten Geist aus, sich mit jenem Grad an Genauigkeit zufrieden zugeben, den die Natur der Dinge zulässt, und nicht dort Exaktheit zu suchen, wo nur Annäherung möglich ist«.(Aristoteles,Nikomachische Ethik I, Kap. 3, 25, 1094b) Durchaus. Das gilt aber nicht dort, wo es gerade darum geht, etwas explizit zu theamtisieren und so präzise wie möglich den Gegenstand der Diskussion zu fassen. Wäre es anders, sähen z.B. Aristoteles' Analysen zur Logik anders aus Deine Ausführungen zu "Glauben und Wissen" sind - sorry - viel zu oberflächlich und greifen aktuelle Debatten nicht mal ansatzweise auf. Was du hier als Wissen explizierst, steckt immer noch in den ausgelatschten Schuhen des Wiener Kreises. Die sind seit längerem längst entsorgt worden ... zum schluß wird eine schule nach gefühl ausgewählt. warum gäbe es sonst soviel philosophische schulen. Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Volker Geschrieben 29. April 2012 Autor Melden Share Geschrieben 29. April 2012 Ohne eine genauere Vorverständigung über den Gegenstand einer solchen Diskussion bleibt das, was dazu gesagt werden kann, oberflächlich und missverständlich. Man kann darauf mit einem Zitat von Aristoteles antworten: »Es zeichnet einen gebildeten Geist aus, sich mit jenem Grad an Genauigkeit zufrieden zugeben, den die Natur der Dinge zulässt, und nicht dort Exaktheit zu suchen, wo nur Annäherung möglich ist«.(Aristoteles,Nikomachische Ethik I, Kap. 3, 25, 1094b) Durchaus. Das gilt aber nicht dort, wo es gerade darum geht, etwas explizit zu theamtisieren und so präzise wie möglich den Gegenstand der Diskussion zu fassen. Wäre es anders, sähen z.B. Aristoteles' Analysen zur Logik anders aus Deine Ausführungen zu "Glauben und Wissen" sind - sorry - viel zu oberflächlich und greifen aktuelle Debatten nicht mal ansatzweise auf. Was du hier als Wissen explizierst, steckt immer noch in den ausgelatschten Schuhen des Wiener Kreises. Die sind seit längerem längst entsorgt worden ... Ich bin Anhänger des kritischen Rationalismus, Popper, der ihn begründet hat, war ein Gegner des Wiener Kreises. Du kannst davon ausgehen, dass ich deren Ideen ebenfalls ablehne. Was Wissen ist, ist recht gut definiert: Wissen ist rational gerechtfertigter Glauben. Mit Glauben ist hier nicht der religiöse Glauben gemeint, sondern ein Vermuten. Man könnte auch sagen: Es handelt sich um Vermutungen oder Hypothesen, die besser rational gerechtfertigt sind als alternative Lösungen des Problems. Rational heißt: In sich logisch konsistent und mit den Fakten kompatibel. Religiöser Glauben unterscheidet sich dadurch vom Alltagsglauben, dass er sich rational nicht rechtfertigen lässt, weil er in sich logisch inkonsistent ist, mit den bekannten Tatsachen kollidiert, oder weil er gegen Kritik immunisiert wurde. Der Antrieb, Wissen zu erwerben, entsteht aus der Suche nach Wahrheit. Religiöser Glauben wird von Wünschen und Hoffnungen angetrieben. Er zeichnet sich oft durch eine starke Skepsis gegen Wissen aus, es geht nicht darum, sich die Alternative auszuwählen, die ein bestehendes Problem am Besten löst, sondern diejenige, die zu den eigenen, subjektiven Gefühlen und Wünschen und Hoffnungen stärker kompatibel ist. In der Religion wird oft nur das Problem gelöst, was durch die eigenen Wünsche vorgegeben ist und deren (meist enger) Rahmen sowie durch kognitive Fehler verstärkt wird. Das entspricht dem aktuellen Stand der Debatte. Pascal Boyer und Scott Atran markieren die Eckpfeiler, hinter deren Stand sollte man nicht zurückfallen. Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
kirsten58 Geschrieben 29. April 2012 Melden Share Geschrieben 29. April 2012 (bearbeitet) Was Wissen ist, ist recht gut definiert: Wissen ist rational gerechtfertigter Glauben. Mit Glauben ist hier nicht der religiöse Glauben gemeint, sondern ein Vermuten. Man könnte auch sagen: Es handelt sich um Vermutungen oder Hypothesen, die besser rational gerechtfertigt sind als alternative Lösungen des Problems. Rational heißt: In sich logisch konsistent und mit den Fakten kompatibel. Religiöser Glauben unterscheidet sich dadurch vom Alltagsglauben, dass er sich rational nicht rechtfertigen lässt, weil er in sich logisch inkonsistent ist, mit den bekannten Tatsachen kollidiert, oder weil er gegen Kritik immunisiert wurde. Der Antrieb, Wissen zu erwerben, entsteht aus der Suche nach Wahrheit. Religiöser Glauben wird von Wünschen und Hoffnungen angetrieben. Er zeichnet sich oft durch eine starke Skepsis gegen Wissen aus, es geht nicht darum, sich die Alternative auszuwählen, die ein bestehendes Problem am Besten löst, sondern diejenige, die zu den eigenen, subjektiven Gefühlen und Wünschen und Hoffnungen stärker kompatibel ist. In der Religion wird oft nur das Problem gelöst, was durch die eigenen Wünsche vorgegeben ist und deren (meist enger) Rahmen sowie durch kognitive Fehler verstärkt wird. Das entspricht dem aktuellen Stand der Debatte. Pascal Boyer und Scott Atran markieren die Eckpfeiler, hinter deren Stand sollte man nicht zurückfallen. Was Wissen ist, ist so umstritten wie kaum zuvor. Boyers Ansichten erfreuen sich lebhafter Kritik, insbesondere gibt es sogar unter Naturalisten eine heftige Debatte, ob man die alt gediente Erkenntnistheorie tatsächlich durch eine naturwissenschftliche Theorie menschlicher Kognition ersetzen kann. (Einen Überblick gibt Thomas Sukopp in Sukopp/Vollmer, Naturalismus - Positionen, Perspektiven, Probleme, Tübingen 2007, S. 1-24) Und was Atran angeht, so soll er hier mal selbst zu Wort kommen: I find it fascinating that among the brilliant scientists and philosophers at the conference, there was no convincing evidence presented that they know how to deal with the basic irrationality of human life and society other than to insist against all reason and evidence that things ought to be rational and evidence based. It makes me embarrassed to be a scientist and atheist. There is no historical evidence whatsoever that scientists have a keener or deeper appreciation than religious people of how to deal with personal or moral problems. Some scientists have some good and helpful insights into human beings' existential problems some of the time, but some good scientists have done more to harm others than most people are remotely capable of. (Quelle) Was das "mit den Fakten kompatibel" angeht, so flog das Basisproblem bereits Carnap um die Ohren. Popper hat es nicht lösen können, wie inzwischen bekannt sein sollte, auch sein Versuch, die Korrespondenztheorie der Wahrheit unter Zuhilfenahme der Metadiskussion Tarskis zu retten, ist gescheitert (kann man alles in Herbert Keuths Habilitationsschrift "Realität und Wahrheit" von 1978 (!) haarklein nachlesen; Keuth ist übrigens Schüler H. Alberts). Deine "Ausführungen" zum Glauben sind derart ... naja, dass ich dazu hier lieber nichts weiter kommentiere ... bearbeitet 29. April 2012 von kirsten58 Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Domingo Geschrieben 29. April 2012 Melden Share Geschrieben 29. April 2012 Und was Atran angeht, so soll er hier mal selbst zu Wort kommen [...]Quelle Danke für den Link! Sehr interessant fand ich die folgende Passage: Religious beliefs are not false in the usual sense of failing to meet certain truth conditions, like "the earth is flat" or "natural grass is orange. " Rather, core religious beliefs, like poetic metaphors, are literally senseless in that they altogether lack truth conditions; that is, there are no logical or empirical criteria for judging whether such utterances are true or not.As Aristotle and Kant noted, there is no more literal sense — no right or wrong to the matter — to deciding if "a bodiless God is omnipotent" than to deciding if "a colorless green idea has wings" As Hobbes surmised, such notions are truly incomprehensible. They are used primarily to evoke other ideas in an open-textured manner, depending on the context at hand and on people's interests at a given time. That is why religious ideas can be "adapted" to so many different situations, and in contrary ways. Literal dogmatists who try to pin down the meaning of core religious beliefs are quite the exception, not the rule. Eine ähnliche Idee wäre "Ich bin eins mit dem Universum" oder eben die mystischen Vorstellungen - sie sind eher Gefühle als etwas anderes, und man darf sie sehr wohl kultivieren, solange man sich dieses Umstands bewusst ist, wie James Huber schreibt am Ende seines Erleuchtungsberichts Die folgende Passage halte ich indes für Geschwätz: No society in recorded history has ever survived more than about three generations without a religious foundation. Western Europe, many confidently say, is about to buck the trend. Now, I'm not one for predicting the future (such predictions almost always range between zero and chance) but I do think that there was something prescient in a statement that André Malraux — the great French writer, resistance fighter, government minister and avowed atheist — said towards the end of his life, in the 1970s, when religion appeared to be waning across the world, falling into the divide between the clashing secular ideologies that mostly covered the world: "The next century will either be religious or it won't be." (Vor allem: Was ist "religious foundation" überhaupt?) Aber insgesamt eine sehr wertvolle Lektüre. Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Domingo Geschrieben 29. April 2012 Melden Share Geschrieben 29. April 2012 Aber insgesamt eine sehr wertvolle Lektüre. Die ganze Debatte ist eine wertvolle Lektüre (Achtung: es geht von unten nach oben...). Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Volker Geschrieben 29. April 2012 Autor Melden Share Geschrieben 29. April 2012 Was Wissen ist, ist so umstritten wie kaum zuvor. Unter Theologen und Antirealisten. Für den praktischen Gebrauch reicht es. Dein Problem hier ist, dass Du den Ultra-Skeptizismus als (vermeintlichen) Ausweg benutzt. Wenn Du nur 10% von der Skepsis, der Du anderen Ansichten entgegenbringst, auf Deine eigenen gefühlten "Wahrheiten" anwenden würdest, Du müsstest 99% von Deinem Glauben über Bord werfen, das meiste davon hochkant. Die Taktik, dem Wissen gegenüber maximal skeptisch zu sein, um damit "Raum für den Glauben" zu schaffen, ist eine Art der Kritikimmunisierung: Wenn man nur extrem skeptisch gegenüber Wissen ist, kann man damit alle Kritik pauschal abwerten. Ich halte das für einen rhetorischen Trick, allerdings bin ich auch der Ansicht, dass Du ihn nicht bewusst als Trick betrachtest. Um seine eigene Meinung zu konservieren ist es das ein nützlicher Trick: Man legt halt an alles Wissen - oder Glauben - , das dem eigenen widerspricht, eine sehr viel höhere Messlatte an als an das, was man weiß oder glaubt. Das nennt man auch pyrrhonischen Skeptizismus. Darin ist die katholische Kirche sehr erfahren, sie hat diese Methode gegen den damals "neumodischen" Protestantismus angewendet. Der Schuss ging allerdings damals nach hinten los: Das Buch des Michel de Montaigne, der diesen Skeptizismus anwandte, landete auf dem Index der verbotenen Bücher, weil sich Freigeister daraus bedienten, um die katholische Kirche zu kritisieren. Boyers Ansichten erfreuen sich lebhafter Kritik, insbesondere gibt es sogar unter Naturalisten eine heftige Debatte, ob man die alt gediente Erkenntnistheorie tatsächlich durch eine naturwissenschftliche Theorie menschlicher Kognition ersetzen kann. (Einen Überblick gibt Thomas Sukopp in Sukopp/Vollmer, Naturalismus - Positionen, Perspektiven, Probleme, Tübingen 2007, S. 1-24) Sofern die Theorie durch evolutionäre Erkenntnisse gestützt wird, ist das momentan ein Königsweg. Und was Atran angeht, so soll er hier mal selbst zu Wort kommen: I find it fascinating that among the brilliant scientists and philosophers at the conference, there was no convincing evidence presented that they know how to deal with the basic irrationality of human life and society other than to insist against all reason and evidence that things ought to be rational and evidence based. It makes me embarrassed to be a scientist and atheist. There is no historical evidence whatsoever that scientists have a keener or deeper appreciation than religious people of how to deal with personal or moral problems. Some scientists have some good and helpful insights into human beings' existential problems some of the time, but some good scientists have done more to harm others than most people are remotely capable of. (Quelle) Da hat er ja recht: Wissenschaftler sind auch keine besseren Menschen. Inzwischen halte ich es auch für einen Fehler, dass man gegen die ganze Irrationalität nur ein Beharren auf die Vernunft einsetzt. Aber ich denke, Du ziehst aus dem Gesagten eine falsche Schlussfolgerung. Das geht, wie Domingo demonstriert hat, als Schuss gewaltig nach hinten los, weil die meisten irrationalen Vorstellungen - die "gefühlte Wahrheit" - sich nämlich dadurch auszeichnet, dass sie noch viel schlechter als falsch ist, sie ist sinnlos. Das ist eine viel härtere Kritik als zu sagen, dass sie "bloß" falsch sei. Was das "mit den Fakten kompatibel" angeht, so flog das Basisproblem bereits Carnap um die Ohren. Popper hat es nicht lösen können, wie inzwischen bekannt sein sollte, auch sein Versuch, die Korrespondenztheorie der Wahrheit unter Zuhilfenahme der Metadiskussion Tarskis zu retten, ist gescheitert (kann man alles in Herbert Keuths Habilitationsschrift "Realität und Wahrheit" von 1978 (!) haarklein nachlesen; Keuth ist übrigens Schüler H. Alberts). Ja, kenn' ich. Dass Wissen unsicher ist, ist aber keine ganz neue Erkenntnis. Das ist aber besser als eine komplett sinnfreie "gefühlte Wahrheit". Das ist jetzt wie mit dem Splitter und dem Balken: Du siehst den Splitter im Auge der Wissenden, aber der Stapel an Balken in Deinen eigenen Augen entgeht Dir. Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Volker Geschrieben 29. April 2012 Autor Melden Share Geschrieben 29. April 2012 Und was Atran angeht, so soll er hier mal selbst zu Wort kommen: I find it fascinating that among the brilliant scientists and philosophers at the conference, there was no convincing evidence presented that they know how to deal with the basic irrationality of human life and society other than to insist against all reason and evidence that things ought to be rational and evidence based. It makes me embarrassed to be a scientist and atheist. There is no historical evidence whatsoever that scientists have a keener or deeper appreciation than religious people of how to deal with personal or moral problems. Some scientists have some good and helpful insights into human beings' existential problems some of the time, but some good scientists have done more to harm others than most people are remotely capable of.(Quelle) Die Antwort von Daniel Dennet (dieselbe Quelle) auf Scott Atran ist noch interessanter: Atran vividly draws our attention to the problem. He tells us that Weinberg, Dawkins, and Harris exhibit no knowledge about "how to deal with the basic irrationality of human life and society," but he then declines to share any knowledge of his own about how to manage this trick. Weinberg, Dawkins and Harris are saying that whatever the second, third, and fourth step should be, the first step must be to acknowledge the very fact of this basic irrationality of human life and society: religious convictions are rationally indefensible. (You don't have to be an expert plumber to know that the first step, when burst pipes are flooding your house, is to turn off the water!) I think they are right. The public needs to be told this. Auch für Scott Atran ist es keine Frage, dass religiöse Vorstellungen Bullshit sind. Die Frage dreht sich darum, wie man dem entgegen tritt. Was kann man tun, um solche Vorstellungen zu kritisieren und zu korrigieren? Nun, meine eigenen Postings sind meine eigene Feldstudie dazu. Der erste Schritt ist in der Tat der, nicht mehr zu schweigen, sondern zu sagen, was Sache ist. Das empfinde ich als eine Art moralischer Verpflichtung, zusätzlich, ungeachtet der Möglichkeit, dass es auf den einen oder anderen nicht wirkt. Es geht auch darum, herauszufinden, welche Taktiken verwendet werden, um an irrationalen Gedanken festzuhalten. Eine habe ich eben genannt - Ultra-Skeptizismus gegen fremde, überhaupt keiner oder nur sehr schwacher Skeptizismus gegen eigene Gedanken. Eine der Möglichkeiten besteht darin, den Ultra-Skeptizismus gegen die Ultra-Skeptizisten zu verwenden. Wenn man die Skepsis gegen das Wissen gegen den Glauben wendet, dann besteht die Möglichkeit einer Einsicht, dass dieser radikale Skeptizismus doch vielleicht keine so gute Idee ist. Wissen ist immer unsicher, weil man eine ganze Anzahl an Alternativen hat, aber beim Glauben steht es viel schlimmer - hier hat man unendlich viele Möglichkeiten, sich zu irren, und die stehen gegen den einen Glauben, den man hat. Wer Logik als Begrenzung seines Denkens ansieht, der hat recht - aber das Gegenteil ist noch viel schlimmer: Sich in einem unendlichen Meer an Möglichkeiten zu verlieren. Wenn das, was jemand gegen alle Logik glaubt, wahr sein soll - dann stehen unendlich viele Varianten offen, die auch wahr sein können. Da sind die Probleme des Wissens dagegen unendlich banaler Pipifax, eigentlich nicht der Rede wert, vergleichsweise. Es gibt bei vielen Formen des Glaubens keine Kriterien für Wahrheit, und nicht einmal Kriterien, um für sich herauszufinden, dass das eigene Denken nichts weiter als Bullshit ist. Da bevorzuge ich die Probleme des Wissens. Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
helmut Geschrieben 30. April 2012 Melden Share Geschrieben 30. April 2012 Was Wissen ist, ist so umstritten wie kaum zuvor. Unter Theologen und Antirealisten. Für den praktischen Gebrauch reicht es. Dein Problem hier ist, dass Du den Ultra-Skeptizismus als (vermeintlichen) Ausweg benutzt. Wenn Du nur 10% von der Skepsis, der Du anderen Ansichten entgegenbringst, auf Deine eigenen gefühlten "Wahrheiten" anwenden würdest, Du müsstest 99% von Deinem Glauben über Bord werfen, das meiste davon hochkant. ... hier wird nun auf die schnelle wissen, wissen über das wissen, wahrheit und ansicht durcheinandergewürfelt. die daraus gebildeten logischen ausdrücke können nur beliebig sein und damit auch deren lösungen. für meinen praktischen gebrauch reicht es. wie jemand meinen praktischen gebrauch nennt, skeptizismus, ultraskeptizismus, kritischer rationalismus, religiöser glaube, christentum, heidentum oder was auch immer, hat keine bedeutung. mein skeptizismus auf meine ansichten reicht aus, um ausreichend dynamisch zu reagieren. wer bestimmt das maß? ich bestimme es, wer sonst. Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
helmut Geschrieben 30. April 2012 Melden Share Geschrieben 30. April 2012 ...Auch für Scott Atran ist es keine Frage, dass religiöse Vorstellungen Bullshit sind. Die Frage dreht sich darum, wie man dem entgegen tritt. Was kann man tun, um solche Vorstellungen zu kritisieren und zu korrigieren? Nun, meine eigenen Postings sind meine eigene Feldstudie dazu. Der erste Schritt ist in der Tat der, nicht mehr zu schweigen, sondern zu sagen, was Sache ist. Das empfinde ich als eine Art moralischer Verpflichtung, zusätzlich, ungeachtet der Möglichkeit, dass es auf den einen oder anderen nicht wirkt. Es geht auch darum, herauszufinden, welche Taktiken verwendet werden, um an irrationalen Gedanken festzuhalten. ... es ist ein versuch durch rationalisierung die eigene tiefe verunsicherung zu bewältigen. die rationalisierung wird überdeutlich durch: - eigene Feldstudie - nicht mehr zu schweigen - sagen, was Sache ist - moralischer Verpflichtung - welche Taktiken - irrationalen Gedanken hier wird in einem gemisch aus naturwissenschaftlicher methodik und moralismus eine eigene position unkritisch in den mittelpunkt gestellt. Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Der Geist Geschrieben 30. April 2012 Melden Share Geschrieben 30. April 2012 Nun, meine eigenen Postings sind meine eigene Feldstudie dazu. Der erste Schritt ist in der Tat der, nicht mehr zu schweigen, sondern zu sagen, was Sache ist. Das empfinde ich als eine Art moralischer Verpflichtung, Dafür bin ich Dir sehr dankbar ....Deine Art der Religionskritik scheint mir in Wahrheit eine Religionswerbung zu sein. Du bewegst Dich auf dem gleich unterirdischen Niveau wie Dawkins und Konsorten, die man heute allgemein als fundamentalsitische Atheisten einstuft....und Fundamentalismus ist imm er abstoßend egal von welcher Geistesrichtung er praktiziert wird. nicht mehr zu schweigen, sondern zu sagen, was Sache ist. Du meinst wohl, das zu sagen, wovon Du auf der Grundlage eines völlig einseitigen Informations- und Wissensstandes glaubst es könnte Sache sein. Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Aleachim Geschrieben 30. April 2012 Melden Share Geschrieben 30. April 2012 Unsere Tragik liegt oft darin, dass unsere Gefühle uns das eine sagen, und unser Verstand etwas ganz anderes. Es gibt scheinbar nur vier Wege, um damit umzugehen: Man kann den Gefühlen vertrauen und dem Verstand misstrauen - daraus speist sich der Glauben. Man kann den Gefühlen misstrauen und dem Verstand vertrauen - daraus resultiert dann eher Atheismus. Man kann den Gefühlen misstrauen und dem Verstand misstrauen - das nennt man Misanthropie, nicht erstrebenswert. Man kann den Gefühlen und dem Verstand vertrauen - das funktioniert nicht immer, irgendwann kommt es zu Widersprüchen, und man muss sich zwischen 1., 2. oder 3. entscheiden, oder wird schizophren (nicht im medizinisch-psychologischen Sinne). Also mir ist dein vierter Weg sehr sympathisch. Und ich glaub nicht, dass ich auf dem Weg bin, schizophren zu werden. Vielleicht gehts im Leben genau darum: Dass man sowohl seinen Gefühlen, als auch seinem Verstand traut. Und bei Widersprüchen nicht einfach eins von beiden über Bord wirft, sondern sich fragt: "Wie passt das zusammen?" Dein Beispiel mit der Mutter find ich ganz gut. (Und vielleicht meinst du mit deinem fünften Weg etwas ganz Ähnliches wie ich.) Ich denke, es sollte in dem Fall kein "mehr den Gefühlen als dem Verstand trauen" sein, sondern eben tatsächlich ein "sich fragen, wie Gefühl und Verstand zusammen passt". Dein Beispiel vom AKW passt m. E. nicht. Ich kann mir nicht vorstellen, wieso da das Gefühl der Vernunft widersprechen sollte. Oder meinst du solche Sachen wie "Ich hatte das Gefühl, dass ich diesen Knopf jetzt besser nicht drücken sollte." Sowas gibts doch nur im Film, oder? Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
kirsten58 Geschrieben 30. April 2012 Melden Share Geschrieben 30. April 2012 Die Taktik, dem Wissen gegenüber maximal skeptisch zu sein, um damit "Raum für den Glauben" zu schaffen, ist eine Art der Kritikimmunisierung: Wenn man nur extrem skeptisch gegenüber Wissen ist, kann man damit alle Kritik pauschal abwerten ... Sorry, aber dieses ewige Geblubber von wegen "Kritikimmunisierung" ist einfach bloß langweilig. Damit lockst du niemanden hinter'm Ofen hervor. Speziell manche Kritischen Rationalisten schwingen diese Keule ja schnell und gerne, wenn andere Standpunkte ihrem eigenen Rationalitätskonzept nicht entsprechen. Jeder, der das macht, muss aufpassen, sich damit nicht letztlich selbst zu treffen. Statt auf Kritik inhaltlich einzugehen (siehe Sukopp, siehe Keuth, ich könnte stante pede mehr nennen), kommst du mit der völlig aus der Luft gegriffenen Behauptung eines prinzipiellen Wissensskeptizismus. Das ist ziemlich schwach, Volker, denn ich bin nicht dem Wissen gegenüber grundsätzlich skeptisch (Strohmann!), sondern ich weise darauf hin, dass es höchst unterschiedliche Auffassungen darüber gibt, was Wissen ist, und dass deine hier implizit vertretene Auffassung weder die einzig sinnvolle noch die fraglos beste ist. Auf diese Diskussion lässt du dich aber gar nicht erst ein. Das gehört dann wohl zu deiner Taktik. Bemerkenswert finde ich deine Mutmaßung, ich verträte einen Pyrrhonismus. Woraus leitest du das ab, aus dem Kaffeesatz? Was ich hingegen tatsächlich weiter oben schrieb und meinte: "Darüber hinaus ist die Behauptung der Kritikimmunisierung, wenn sie nicht von Fall zu Fall dezidiert begründet wird, eine stumpfe Klinge, zumal auch in der allerkritischsten Prüfung immer Voraussetzungen enthalten sind, die nicht weiter hinterfragbar sind, wenn man nicht im lähmenden Skeptizismus enden will." Das bezieht sich explizit auf die Tatsache, dass jede noch so kritische Prüfung (was du doch immer forderst) immer Voraussetzungen enthält, die selbst nicht mehr kritisch prüfbar sind, es sei denn, man nimmt einen umfassenden Skeptizismus in Kauf. Hier geht es nicht darum, dass ich für diesen Skeptizismus bin (das bin ich nicht), sondern darum, dass jede "kritischen Prüfung" selbst ihre unkritischen Untiefen hat. Im Grunde eine triviale Erkenntnis, die dir aber offenbar Sorgen bereitet. Was den Sinnlosigkeitsverdacht betrifft, so ist das nun Schnee von gestern, egal, wer gerade den Schnee scheppt. Hinzu kommt, dass die willkürliche Reduktion des Glaubens auf eine bloß gefühlige Spiritualität weder etwas mit dem Selbstverständnis der meisten Gläubigen zu tun hat noch zur Kenntnis nimmt, dass Religion nicht schon deswegen unvernünftig ist, weil sie eine andere Sicht auf das Vermögen der Vernunft hat. In der katholischen Theologie (weiß ich als Evangelische sogar) hat sich insbesondere R. Schaeffler darum verdient gemacht, den Sinnlosigkeitsverdacht selbst ad absurdum zu führen. Man lese hierzu einmal sein erhellendes kleines Büchlein "Fähigkeit zur Erfahrung - Zur transzendentalen Hermeneutik des Sprechens von Gott" (1982). Was davon zu halten ist, Epistemologie durch biologische Kognitionstheorie zu ersetzen, ist eine jedenfalls nach meinem Kenntnisstand alles andere als abgeschlossene Debatte und es gibt aus allen möglichen philosophischen und wissenschaftstheoretischen Lagern harsche Kritik an diesem Programm. Am Beispiel der evolutionären Erkenntnistheorie buchstabieren das z.B. Löw , Lütterfelds, Bieri, Rutte, Janisch durch - um nur diese zu nennen. Und schon beim jungen Wittgenstein finden sich im Tractatus entsprechende kritsche Äußerungen zur Evolutionstheorie, die ja die Basis der EE ist. In der von mir schon in einem Thread in der Arena erwähnten Dissertation von D.A. Braun: "Philosophische Verwicklungen der neurobilogischen Bewusstseinsforschung" (2010) wird das gesamte Thema auf knapp 300 Seiten in wirklich epischer Breite einer gründlchen kritischen Durchleuchtung unterzogen. Eine sehr aufschlussreiche Lektüre für jeden, der meint, hierzu sei schon alles gesagt (im Netz als pdf frei verfügbar). Vielleicht solltest du dich einfach mal mit der kritischen Debatte zum Thema beschäftigen? Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
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