mn1217 Geschrieben 8. November 2012 Melden Share Geschrieben 8. November 2012 Der Vater bleibt ganz sachlich und ruhig. [...] Aber das "Mein Kind, du bist immer bei mir, und alles, was mein ist, ist auch dein. Aber jetzt müssen wir uns doch freuen und ein Fest feiern ..."Ganz ehrlich? Vielleicht liegt es an der Übersetzung und vielleicht hatte man damals auch einfach ein anderes Sprachgefühl, aber wenn mein Vater mich heute in einer ähnlichen Situation mit "Mein Kind" ansprechen würde, käme bei mir das völlige Gegenteil von "Sachlichkeit" an. Darin liegt soviel Überheblichkeit, Nicht-ernst-nehmen, billige Vertröstung - bei kleinen Kindern mag das noch ziehen und Erwachsenen finde ich die Formulierung einfach nur deplaciert. Hm, ok. Bei mir kommt es aber auch eher positiv an. Vieleicht wäre da das Original hilfreich, um zu wissen, wie es gemeint ist. Übrigens ist es schon auch der Fehler von uns Ältesten, wenn wir uns im Pflichtbewusstsein vergraben. Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Flo77 Geschrieben 8. November 2012 Melden Share Geschrieben 8. November 2012 Der Vater wirkt nicht so, als wollte er, dass der Älteste nicht lebt-im Gegenteil,er macht ihn ja nochmal drauf aufmerksam, dass er leben und feiern kann und soll.Aber zu welchem Zeitpunkt? Doch erst, als der Ältere damit konfrontiert wird, daß der Vater feiern will. Menschen - gerade Kinder - brauchen Vorbilder. Diese Episode habe ich in "Der letzte Dreck" von Margareth Horsefield gefunden: Eine Hausfrau aus den 50er/60er Jahren war - ganz den diesbezüglichen Erwartungen ihrer Zeit gemäß - täglich mehrere Stunden damit beschäftigt ihren Haushalt zu versorgen. Die Maßstäbe lagen hoch. Sie vererbte dieses Pflichtbewusstsein und ihre Ansprüche natürlich auch an ihre Töchter. ABER: dennoch war die Tochter, die Horsefield zitiert, ihrer Mutter extrem dankbar, weil eben jene Mutter für sich in Anspruch nahm jeden Nachmittag wenigstens 1 Stunde Zeit für sich zu haben, zu lesen (wenn ich mich recht erinnere recht anspruchsvolle Autoren) und auszuruhen. Von diesem Beispiel zehrt besagte Tochter heute noch, weil es sie selbst aus der Pflichtmühle befreit. Meine Kinder erleben ebenso, daß es Dinge gibt, die nunmal getan werden müssen (ob man will oder nicht - gleichwohl sie leichter fallen, wenn man will...) aber daß es eben auch Zeiten gibt, die ganz anders genutzt sein wollen. Dieser Ausgleich scheint mir beim älteren Bruder ziemlich unterentwickelt zu sein - ich glaube allerdings nicht, daß er auf diese Entwicklung tatsächlich größeren Einfluss gehabt haben könnte. Und damit wären wir wieder beim Vater: den Sohn, der nach Hause zurückkehrt, den feiert er - aber den daheimgebliebenen feiert er nicht... Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Flo77 Geschrieben 8. November 2012 Melden Share Geschrieben 8. November 2012 Erstgeburtsrecht ist bei Zwillingen natürlich völliger Quatsch, aber ich fürchte, dass das Monarchien bis heute nicht kapiert haben.Meine Tochter legt sehr viel wert darauf, daß ihr Bruder jünger ist - auch wenn es nur 10 Minuten sind. (Und frag mal einen Standesbeamten ob er bei beiden Kindern die gleiche Uhrzeit eintragen darf - oi oi oi...) Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Melancholy Geschrieben 8. November 2012 Melden Share Geschrieben 8. November 2012 Wir wissen nicht, ob der Vater - vom ältesten Sohn in die Enge getrieben - es wirklich ernst gemeint hat (in der Vergangenheit, in der Gegenwart und in der Zukunft) mit dem "was mein ist, das ist auch dein" bzw. ob er ihn lediglich beschwichtigen wollte in dem Wissen, dass der älteste Sohn dies niemals real umsetzen wird. Wenn der sog. himmlische Vater gemeint ist, wissen wir alle, dass das, was sein ist, niemals mein sein wird, allein schon wenn es um Allwissenheit und all die anderen "Alls" geht...brauchts ja auch nicht im Paradies, wo alle ewig glücklich und zufrieden sind...und nicht mehr über solche Dinge wie Gut und Böse, Gerechtigkeit u.v.m. nachdenken müssen/können, es kein mykath mit pöhzen Atheisten mehr geben wird, wir wohl überhaupt nicht mehr nachdenken können/wollen, sondern nur noch - was denn eigentlich? Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
mn1217 Geschrieben 8. November 2012 Melden Share Geschrieben 8. November 2012 Der Vater wirkt nicht so, als wollte er, dass der Älteste nicht lebt-im Gegenteil,er macht ihn ja nochmal drauf aufmerksam, dass er leben und feiern kann und soll.Aber zu welchem Zeitpunkt? Doch erst, als der Ältere damit konfrontiert wird, daß der Vater feiern will. Menschen - gerade Kinder - brauchen Vorbilder. Diese Episode habe ich in "Der letzte Dreck" von Margareth Horsefield gefunden: Eine Hausfrau aus den 50er/60er Jahren war - ganz den diesbezüglichen Erwartungen ihrer Zeit gemäß - täglich mehrere Stunden damit beschäftigt ihren Haushalt zu versorgen. Die Maßstäbe lagen hoch. Sie vererbte dieses Pflichtbewusstsein und ihre Ansprüche natürlich auch an ihre Töchter. ABER: dennoch war die Tochter, die Horsefield zitiert, ihrer Mutter extrem dankbar, weil eben jene Mutter für sich in Anspruch nahm jeden Nachmittag wenigstens 1 Stunde Zeit für sich zu haben, zu lesen (wenn ich mich recht erinnere recht anspruchsvolle Autoren) und auszuruhen. Von diesem Beispiel zehrt besagte Tochter heute noch, weil es sie selbst aus der Pflichtmühle befreit. Meine Kinder erleben ebenso, daß es Dinge gibt, die nunmal getan werden müssen (ob man will oder nicht - gleichwohl sie leichter fallen, wenn man will...) aber daß es eben auch Zeiten gibt, die ganz anders genutzt sein wollen. Dieser Ausgleich scheint mir beim älteren Bruder ziemlich unterentwickelt zu sein - ich glaube allerdings nicht, daß er auf diese Entwicklung tatsächlich größeren Einfluss gehabt haben könnte. Und damit wären wir wieder beim Vater: den Sohn, der nach Hause zurückkehrt, den feiert er - aber den daheimgebliebenen feiert er nicht... Das steht da nun echt nirgends. Vielleicht haben die beiden zusammen gefeiert, der Älteste übersieht das nur in dem Moment, in dem er sauer ist oder hielt das für selbstverständlich. Wir wissen es nicht. Was wir wissen, ist, das der Älteste mitfeiern soll- und ich sehe das eher als eine Feier der nun wieder vollständigen Familie (wo ist eigentlich Mama?). Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
mn1217 Geschrieben 8. November 2012 Melden Share Geschrieben 8. November 2012 Wir wissen nicht, ob der Vater - vom ältesten Sohn in die Enge getrieben - es wirklich ernst gemeint hat (in der Vergangenheit, in der Gegenwart und in der Zukunft) mit dem "was mein ist, das ist auch dein" bzw. ob er ihn lediglich beschwichtigen wollte in dem Wissen, dass der älteste Sohn dies niemals real umsetzen wird. Wenn der sog. himmlische Vater gemeint ist, wissen wir alle, dass das, was sein ist, niemals mein sein wird, allein schon wenn es um Allwissenheit und all die anderen "Alls" geht...brauchts ja auch nicht im Paradies, wo alle ewig glücklich und zufrieden sind...und nicht mehr über solche Dinge wie Gut und Böse, Gerechtigkeit u.v.m. nachdenken müssen/können, es kein mykath mit pöhzen Atheisten mehr geben wird, wir wohl überhaupt nicht mehr nachdenken können/wollen, sondern nur noch - was denn eigentlich? leben. Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
mn1217 Geschrieben 8. November 2012 Melden Share Geschrieben 8. November 2012 Erstgeburtsrecht ist bei Zwillingen natürlich völliger Quatsch, aber ich fürchte, dass das Monarchien bis heute nicht kapiert haben.Meine Tochter legt sehr viel wert darauf, daß ihr Bruder jünger ist - auch wenn es nur 10 Minuten sind. (Und frag mal einen Standesbeamten ob er bei beiden Kindern die gleiche Uhrzeit eintragen darf - oi oi oi...) ja, ich weiß, ich halte Erstgeburtsrecht bei Zwillingen trotzdem für Blödsinn. Allerdings hat die Uhrzeit ja in D keine rechtlichen Konsequenzen. Wie gesagt, das gälte ja nur für Zwillinge, die in Monarchien einen Thronanspruch haben- die beiden kleinen Dänen müssen sich darum Zb vermutlich nciht veiel Gedanken machen, da gibt es zwei ältere Geschwister. Da bei heutigen Zwillingsgeburten meistens ein Kaiserschnitt gemacht wird, ist ja Manipulation da ziemlich wahrscheinlich (testen wir beide erst mal genetisch und entscheiden dann, wen wir zuesrt rausholen...). Dass deine Tochter auf die zehn Minuten Wert let, kann ich mir vorstellen. Sie seien ihr gegönnt. Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Flo77 Geschrieben 8. November 2012 Melden Share Geschrieben 8. November 2012 Allerdings hat die Uhrzeit ja in D keine rechtlichen Konsequenzen.Sobald in einem Schenkungs- oder Erbfall die Reihenfolge der Geburten oder die Uhrzeit eine Rolle spielt schon. Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Tammy_D Geschrieben 8. November 2012 Melden Share Geschrieben 8. November 2012 Allerdings hat die Uhrzeit ja in D keine rechtlichen Konsequenzen.Sobald in einem Schenkungs- oder Erbfall die Reihenfolge der Geburten oder die Uhrzeit eine Rolle spielt schon. Hast Du dafür mal ein Beispiel? Ich kenne nur die Relevanz des Todeszeitpunkts. Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Flo77 Geschrieben 8. November 2012 Melden Share Geschrieben 8. November 2012 Allerdings hat die Uhrzeit ja in D keine rechtlichen Konsequenzen.Sobald in einem Schenkungs- oder Erbfall die Reihenfolge der Geburten oder die Uhrzeit eine Rolle spielt schon.Hast Du dafür mal ein Beispiel?Ich kenne nur die Relevanz des Todeszeitpunkts. Ein Mann stirbt bevor seine Enkel geboren werden. Sein Testament sieht vor: Mein Vermögen nach Abzug der Pflichtteile vermache ich meinen Kindern in Erbengemeinschaft als Vorerben. Nacherben sind mit der Vollendung des 21. Lebensjahres meine Enkel. Meinem 1. Enkelkind: Wohnhaus und Grundstück, Gemeinde N., Flur 2, Parzelle 3 Meinem 2. Enkelkind: Wiese und Obstgarten, Gemeinde N., Flur 6, Parzelle 5 Meinem 3. Enkelkind: Wald, Gemeinde M., Flur 10, Parzellen 6, 7 und 12 etc. Folgend Regelungen, für den Fall, daß weniger als die genannte Anzahl Enkel geboren wird:... Ich weiß nicht, wie oft solche Regelungen heute noch vorkommen, aber so hat es mir damals der Standesbeamte (der sich bei unserem Jüngsten um 3 Minuten vertippt hatte und die Geburtsurkunde daraufhin neu ausstellen musste) erklärt. Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Tammy_D Geschrieben 8. November 2012 Melden Share Geschrieben 8. November 2012 Allerdings hat die Uhrzeit ja in D keine rechtlichen Konsequenzen.Sobald in einem Schenkungs- oder Erbfall die Reihenfolge der Geburten oder die Uhrzeit eine Rolle spielt schon.Hast Du dafür mal ein Beispiel?Ich kenne nur die Relevanz des Todeszeitpunkts. Ein Mann stirbt bevor seine Enkel geboren werden. Sein Testament sieht vor: Mein Vermögen nach Abzug der Pflichtteile vermache ich meinen Kindern in Erbengemeinschaft als Vorerben. Nacherben sind mit der Vollendung des 21. Lebensjahres meine Enkel. Meinem 1. Enkelkind: Wohnhaus und Grundstück, Gemeinde N., Flur 2, Parzelle 3 Meinem 2. Enkelkind: Wiese und Obstgarten, Gemeinde N., Flur 6, Parzelle 5 Meinem 3. Enkelkind: Wald, Gemeinde M., Flur 10, Parzellen 6, 7 und 12 etc. Folgend Regelungen, für den Fall, daß weniger als die genannte Anzahl Enkel geboren wird:... Ich weiß nicht, wie oft solche Regelungen heute noch vorkommen, aber so hat es mir damals der Standesbeamte (der sich bei unserem Jüngsten um 3 Minuten vertippt hatte und die Geburtsurkunde daraufhin neu ausstellen musste) erklärt. Hm. Enkelkinder können aber tatsächlich zeitgleich geboren werden. Und dann? Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Flo77 Geschrieben 8. November 2012 Melden Share Geschrieben 8. November 2012 (bearbeitet) Hm. Enkelkinder können aber tatsächlich zeitgleich geboren werden. Und dann?Damit darf sich dann der Notar auseinandersetzen... bearbeitet 8. November 2012 von Flo77 Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Aleachim Geschrieben 8. November 2012 Autor Melden Share Geschrieben 8. November 2012 Den Vorwurf "mir hast Du nie auch nur einen Ziegenbock geschenkt ..." finde ich ja auch total gerechtfertigt. Darüber müsste man mit dem Vater mal reden. Vielleicht würde er antworten: "Hättest mich halt mal fragen sollen!" Oder er würde einsehen: "Jepp. Das habe ich versäumt. Holen wir aber nach!" Was mir aber völlig gegen den Strich geht, ist diese kalte Schulter gegenüber dem jüngeren Bruder. Den wertet er nun ab. Und diese lieblose Abwertung hat nicht das Ziel, nun endlich doch zu seinem Ziegenböckchen und zu seinem Fest zu kommen. Sondern er will klarstellen, dass er der bessere ist. Und dass sein jüngerer Bruder ein Lump ist. Und diese Lumpenexistenz macht er an den Verfehlungen des Bruders fest. So sehr ich bei Menschen Einbildung mag, so wenig mag ich, wenn jemand hinter seiner Einbildung kein echtes Selbstbewusstsein und kein Genügen am eigenen Selbstbewusstsein hat. Der ältere Sohn hat sich offensichtlich fremdbestimmen lassen. Das ist für mich schon ein Unding. Und das hat immer furchtbare Konsequenzen. Er hat hart gearbeitet - aber nicht, weil er von der Arbeit überzeugt war, nicht weil er selbst etwas davon hatte, sondern als eine Art Sklave aus eigener Wahl. Das hätte er nicht mit sich machen lassen dürfen. Er hat zwar das Richtige, das Gute, das Anerkennenswerte getan. Aber er hat es nicht aus eigenem Antrieb getan. Die eigene Wahl, sich diesem Sklavenjob zu beugen, entsprang nicht dem eigenen Ideal und Antrieb. Sonst hätte er jetzt cool sagen können: "Ach, hat es mein jüngerer Bruder nun endlich gelernt? Hat er endlich begriffen, dass ich die bessere Wahl getroffen habe, als ich mich entschloss, hier zu bleiben?" Aber nein! Er meint, dass sein eigenes Los das schlechtere war. ER brauche einen Zusatzlohn, eine Anerkennung von außen. Das ist, wie wenn ich irgendwann einmal im Himmelreich einen Lohn dafür fordere, dass ich mir Stunden um Stunden in Mykath um die Ohren geschlagen habe. Gott wird mich auslachen! Ach nein! Er wird mich darauf hinweisen, dass ich das so gewollt habe. Und im Unterschied zum älteren Bruder muss ich dann sagen: "Ja. In ich habe es wirklich so gewollt. Es war trotz aller Anfeindungen, aller Kritik, aller Zeit und Mühe genau das, was mir selbst viel gegeben hat. Ich brauche kein Böckchen als Bestätigung. .... Ähm ... Lieber Gott? Aber kannst Du mir sagen, ob das auch in Deinem Sinne war?" Ich denke, dass hier das Problem so mancher Pharisäer lag: Sie haben zwar das Gute getan. Aber nicht, weil sie es selbst für gut und befriedigend hielten, sondern weil es im Gesetz stand. Nicht, weil es ihr eigener Wille war, sondern weil es Gottes Wille war. Sie wollten sich brav anpassen. Und für diese tolle Leistung Anerkennung und Vergütung bekommen. Gott soll sie dafür belohnen, dass sie sich fremdbestimmen ließen und in ihrer Fremdbestimmtheit in tausend ungeliebte Mühen und Schwierigkeiten gekommen sind! Pfui! Was für unreife Früchtchen! Der jüngere Sohn hat den besseren Teil erwählt. Er hat das Risiko auf sich genommen, seiner Facon zu folgen. Er hat das Falsche gewählt und ist auch volle Kanüle auf die Schnauze gefallen. Und dann hat er wieder den einzig richtigen Entschluss gefasst: Sie flehend an den Vater zu wenden. Und: Er hat eingesehen, dass er Mist gebaut hat. Und das halte ich für sehr erwachsen. Dies ist die Grundlage für Reife und Weisheit. Die Vorwürfe des älteren Bruders sind ja sachlich alle gerechtfertigt. Das schöne Vermögen des Vaters zu den Dirnen zu tragen war ja wirklich ein grandioser Mist. Und wer weiß, wie viele gute Ratschläge er in den Wind geschlagen hatte. Und wie viele innere Zweifel er niedergerungen hat, als das Geld immer knapper wurde. Wie unbelehrbar! Ich fände es völlig in Ordnung, wenn der ältere Bruder mal seinen jüngeren Bruder darauf anspricht. "Schämst Du Dich nicht?" Womöglich würde er offene Türen einrennen. "Doch. Das ist doch gerade mein Problem. Scheiße! Verdammt noch mal!" Dann hätte er sogar die Abwertung - aber nicht als Einsortierung auf der Hackordnung, sondern als dramatisches Selbstzeugnis. Aber sowohl der Zeitpunkt, zu dem er seinen Unmut äußert, als auch die Worte, die er verwendet, deuten darauf hin, dass er (älterer Bruder) überhaupt kein Mitgefühl kennt, weil er nämlich selbst höchst unzufrieden ist. Und wiederum: Dieses Nicht-Gönnen-Können. Das ist das, was mir am Meisten wider den Strich geht. Wenn mein Bruder auf Abwege kommt und plötzlich abgemagert und hilflos zu meiner Schwester kommt (meine Eltern sind leider schon verstorben) und sie ein Fest feiert, dann komm ich. Und ich habe mir schon Sorgen gemacht. Und ich freue mich, dass es noch mal gut gegangen ist mit meinem Bruder. Scheißegal, ob er straffällig geworden ist, ob er gehurt hat, ob er seinen Erbteil aufgebraucht hat und ob er in Zukunft meine Unterstützung in Anspruch nehmen muss. Das ist doch mein Bruder! Und das ist ein Mensch, der gerade aus der Hölle kommt! Dass das einzig Positive an ihm sein AIDS-Test ist, kann ich ihm später in aller Ruhe noch sagen. Tu ich auch. Aber jetzt! Jetzt bin ich erst mal froh, dass alles grade noch mal gut gegangen ist. Ich frage mich immer: "Sagt mal, was habt Ihr denn für Geschwister?", wenn jemand anders reagiert. Aber vielleicht sollte ich eher fragen: "Sagt mal, habt Ihr denn keinen Stolz? Kein Selbstbewusstsein? Keine Lust am Gönnen?" Oder: "Wie gefühllos kann man eigentlich sein gegenüber einem Menschen, der gerade aus der Hölle kommt? Wie sehr muss man in seinen eigenen Bedürfnissen festhängen, um nicht mehr wahrzunehmen, dass jetzt erst mal Freude angesagt ist? Wie unbeholfen muss man sein, dass man nicht erkennt, dass die Zeit der Vorwürfe schon noch kommen wird. Aber nicht jetzt?" Der ältere Bruder ist in meinen Augen ein Zerrbild von Menschlichkeit. Die ganzen Jahre über hätte er Böcklein fordern können. Aber nein! Er tut es jetzt, zum unpassendsten Zeitpunkt. Ihr merkt vielleicht, dass ich mich gerade schon wieder beginne, mich aufzuregen. Aber solche Leute gehen mir gewaltig gegen den Strich. Ich versuch jetzt mal alles, was mir zu diesem Beitrag durch den Kopf geht, auf die Reihe zu kriegen. Erst wollt ich ihn zerpflücken, hab aber festgestelllt, dass ich dadurch auch nicht weiterkomme. Jetzt versuch ich es doch so, auch auf die Gefahr hin, dass es etwas wirr wird. (Auch, weil du mal gesagt hast, dass du es nicht magst, wenn man deine Beiträge zerpflückt.) Das Wichtigste ist meiner Ansicht nach, deine Aussage, der ältere Sohn habe sich fremdbestimmen lassen. Wahrscheinlich hast du Recht. (Auf jeden Fall kann man damit m. E. unglaublich viel aus diesem Gleichnis herausholen.) Ich hab den Eindruck, dass auch Flo dass so sieht, die Fremdbestimmung des Älteren. Allerdings sieht er wohl die Schuld dafür hauptsächlich beim Vater. Ich bin insofern bei Flo, dass ich mir das auch total gut ausmalen kann, wie dieser Vater seinen Ältesten total unglücklich macht damit, was er (wahrscheinlich nicht unbedingt explizit, aber doch) fordert. Er versucht, sich durch Gehorsam die Liebe seines Vaters zu verdienen. Er tut mir so leid. Er rackert sich ab, Tag aus, Tag ein, tut das, von dem er meint, dass es von ihm erwartet wird und dann kommt der Bruder, dieser Taugenichts, der sich kein bisschen Mühe gegeben hat, die Gunst des Vaters zu erwerben. Und was tut der Vater? Er überschüttet ihn gradezu mit Liebe. Ich kann seine Enttäuschung gut verstehen. Ich halte es aber nun nicht für sinnvoll, davon auszugehen, dass der Vater "schuld" ist, dass er dem Älteren eben seine Liebe zuwenig gezeigt hat und das alles in Ordnung gewesen wäre, wenn er ihm seine Liebe von Anfang an deutlich genug gezeigt hätte. Ich glaub nicht, dass das die (alleinige) Lösung für das Problem gewesen wäre. Das Gefühl sich Liebe verdienen zu müssen, steckt in manchen Menschen so tief drin (und hat seinen Ursprung sicher auch in einem Mangel an Liebe, insofern ist der Vater natürlich nicht unschuldig), dass das nicht einfach dadurch weggeht, dass man demjenigen für seine Leistung genügend Liebe und Anerkennung schenkt. Im Gegenteil, er denkt dann ja nur wieder, dass er sich das ja jetzt verdient hat und bekommt so nie die Chance, ein echtes Selbstwertgefühl zu entwickeln. Ich kann deshalb nicht ganz nachvollziehen, warum du dich über diesen älteren Bruder so aufregst. Mir tut er vor allem leid. Natürlich hast du auch Recht damit, dass er das was er (für den Vater) getan hat, nicht aus echter Überzeugung getan hat und darum eben seinem Bruder nicht so cool wie du das beschreibst gegenübertreten konnte. Für mich wird damit überdeutlich, wie wichtig es ist, ein autonomes, selbstbestimmtes Leben zu führen. Und ich denke, gouvernante hat Recht, die Verantwortung dafür, kann man auf niemanden abschieben. Vielleicht ist das eine der Kernaussagen dieses Gleichnisses: Tue das, was du tust aus eigener Überzeugung und nicht, weil du dir Anerkennung, Lohn, oder sonstwas dafür versprichst. Riskiere dafür sogar, nicht mehr geliebt zu werden. Aber sei auch so ehrlich zu dir selbst, wenn du merkst, dass es falsch war und kehr um. Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Mecky Geschrieben 8. November 2012 Melden Share Geschrieben 8. November 2012 Was mich am meisten an dem älteren Bruder abstößt, dass ihn seine Fremdbestimmtheit so feindselig gegenüber dem Vater und dem jüngeren Bruder macht. Ich fände es sogar sehr ehrenwert, wenn er sich gesagt hätte: "Ich brauche diese Selbstbestimmung gar nicht. Ich vertraue meinem Vater. So, wie er es anweist, so will ich es tun. Mir geschehe nach seinem Wort." Das wäre genug Selbstbestimmung - immerhin hätte er selbst gewählt, dass er fremdbestimmt leben will. So was finde ich ziemlich reif. Das Hochstilisieren des Selbstbestimmungsrechtes ist ja auch nicht das Wahre, wie man an seinem Bruder sieht. Dem hätte gut getan, sich dem Vater schon ganz zu Beginn der Geschichte zu fügen. Hätte der ältere Sohn diesen Entschluss gefasst (mir geschehe nach des Vaters Wort), hätte er natürlich auch das Fest geschehen lassen, ohne sich darüber aufzuregen. Ich finde folgenden Wortwechsel (vielleicht während des Festes) sehr interessant und sehr ernsthaft und erwachsen: "Papa, kannst Du verstehen, dass dieses Fest mich an Dir zweifeln lässt? So sehr ich mich darüber freue, dass mein Bruder wieder da ist, so frage ich mich doch: Warum hast Du mir nie so ein Fest spendiert? Schätzt Du es denn gar nicht, dass ich Dir vertraue, für Dich arbeite und immer bei Dir geblieben bin?" "Du hättest einmal fragen können ...!" "Das wäre aber nicht das Gleiche. Das hätte von Dir ausgehen müssen. Verstehst Du, dass ich darüber enttäuscht bin?" Er hätte sogar noch schwächer formulieren können: "Sei mir nicht böse, aber ich grolle meinem Bruder immer noch. Aber ich freue mich, dass Du Dich freust. Ich freue mich, dass Dir eine Last vom Herzen gefallen ist. Aber sag mal ... warum bist Du nie auf die Idee gekommen, mir ein Fest zu spendieren? Bin ich Dir weniger Wert?" Das alles sind erwachsene Worte. Sie entspringen eben nicht mehr einer abstoßenden Herzenshärte. Die Eifersucht (so überhaupt vorhanden) verhärtet ihn nicht mehr gegen den Vater und den Bruder, sondern ist Ausdruck seines völlig gerechtfertigten Bedürfnisses nach Anerkennung, Zuwendung und Unterstützung. Jetzt müsste sich der Vater was überlegen. Jetzt ist der Vater am Zuge, ihm diese Anerkennung und Zuwendung zu bestätigen. Solche Reaktionen finde ich nicht im Mindesten abstoßend. Im Gegenteil: Sie sind für mich ein Zeichen, dass da eine reife Persönlichkeit seine berechtigten Anliegen formuliert. Richtig gut. Der Vorwurf an den Vater ist in dieser Form absolut gerechtfertigt. Und weder der Vater, noch der jüngere Sohn werden abgewertet. Ich glaube, dass es im Gleichnis diese verhärtende Abwertung ist (sowohl gegenüber dem Bruder, als auch gegenüber dem fest-spendenen Vater), die Jesus den Pharisäern und Schriftgelehrten vor Augen halten will. Herzlos, uneinsichtig, kindisch auf die eigene Leistung und deren Anerkennung verengt - bis hin zur völligen Verblendung gegenüber der Not des jüngeren Bruders und der Erleichterung des Vaters. Du, lass Dich nicht verengen, lass dich nicht von der Eifersucht in die Verbitterung und von der Verbitterng zur Herzlosigkeit verführen. Sonst wirst Du anmaßend. Und damit wirst Du weder Deinen Brüdern noch dem Vater gerecht. Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Flo77 Geschrieben 8. November 2012 Melden Share Geschrieben 8. November 2012 Was mich am meisten an dem älteren Bruder abstößt, dass ihn seine Fremdbestimmtheit so feindselig gegenüber dem Vater und dem jüngeren Bruder macht.Du bist kein Erstgeborener - oder? (Zumal Du selbst eines der besten Beispiele dafür bist, wie Ohnmacht bzw. Fremdbestimmung aggressiv bzw. depressiv machen kann...) Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Mecky Geschrieben 8. November 2012 Melden Share Geschrieben 8. November 2012 Oh doch. Und zwar mit einer ziemlich komplizierten Geschichte. Mit meiner Schwester (anderhalb Jahre jünger) gab es immer Zoff und Rivalität und Eifersucht. Mein Bruder ist fünf Jahre jünger, als ich. Und schon vor seiner Geburt war mir klar: Das wird mein Verbündeter! Was war ich froh, dass er ein Junge war! Und dann haben wir meine Schwester in die Zange genommen - und zwar von seiner Geburt an. Er konnte mich von Anfang an besser leiden, weil ich sein Wiege ruhiger und geduldiger geschockelt habe. Das war unsere erste gemeinsame Waffe. Aber es gibt einen ganz entscheidenden Unterschied zwischen meiner kindlichen Eifersucht und der Eifersucht des jüngeren Gleichnisbruders: Als meine Schwester zusammen mit mir in einem Kinderheim waren (zwecks Aufpäppelung. Meine Eltern dachten immer, ich sei zu mager. Und meine Schwester musste mit. Reizklima. Katholisches Heim. Kann ich ein andermal erzählen.), bekam sie die Windpocken und musste 2 Wochen länger bleiben. Mein Bruder war noch nicht geboren. Und meine Eltern haben mir erzählt, dass ich jeden Morgen unter der Bettdecke meiner Schwester nachgesehen habe, ob sie nicht doch irgendwie schon da wäre und sich nur verstecke. Ich bin sogar mit in die Stadt an den Bahnhof gefahren und war überglücklich, meine verlorene Schwester wieder zu sehen. Große Umarmung, große Freundin. Aber bei der Rückfahrt nach Hause, haben mir meine Eltern erzählt, habe es schon wieder endlosen Zoff gegeben. Pack schlägt sich, Pack verträgt sich. Bei aller Rivalität und allen Vorwürfen ihr gegenüber (die damals schon erstaunlich klar bewusst hatte!), bei all den Gemeinheiten, die sie mir angetan hatte (die Gemeinheiten, die ich ihr angetan hatte, waren mir dann wieder nicht so bewusst ...): Ich hätte meine Schwester niemals hängen lassen. An Fastnacht war sie das Rotkäppchen und ich war der Jäger. Sie hat vor bestimmten rüpelhaften Fastnachtsmonstern Angst. Und ich habe meine Schwester heldenhaft gegen sie verteidigt und sie alle mit meinem Jagdgewehr totgeschossen. Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Mecky Geschrieben 8. November 2012 Melden Share Geschrieben 8. November 2012 Auch, weil du mal gesagt hast, dass du es nicht magst, wenn man deine Beiträge zerpflückt. Ja. Und danke, dass Du das nicht getan hast. Wenn jemand mein Posting zerpflückt nehme ich immer gleich mal an, dass er die Aussage nicht verstanden hat und sich nun ersatzweise an einzelnen Sätzen vergreift. (Selbst, wenn er was Positives schreibt. Dann ist das Positive gemindert.) Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
mn1217 Geschrieben 8. November 2012 Melden Share Geschrieben 8. November 2012 Allerdings hat die Uhrzeit ja in D keine rechtlichen Konsequenzen.Sobald in einem Schenkungs- oder Erbfall die Reihenfolge der Geburten oder die Uhrzeit eine Rolle spielt schon.Hast Du dafür mal ein Beispiel?Ich kenne nur die Relevanz des Todeszeitpunkts. Ein Mann stirbt bevor seine Enkel geboren werden. Sein Testament sieht vor: Mein Vermögen nach Abzug der Pflichtteile vermache ich meinen Kindern in Erbengemeinschaft als Vorerben. Nacherben sind mit der Vollendung des 21. Lebensjahres meine Enkel. Meinem 1. Enkelkind: Wohnhaus und Grundstück, Gemeinde N., Flur 2, Parzelle 3 Meinem 2. Enkelkind: Wiese und Obstgarten, Gemeinde N., Flur 6, Parzelle 5 Meinem 3. Enkelkind: Wald, Gemeinde M., Flur 10, Parzellen 6, 7 und 12 etc. Folgend Regelungen, für den Fall, daß weniger als die genannte Anzahl Enkel geboren wird:... Ich weiß nicht, wie oft solche Regelungen heute noch vorkommen, aber so hat es mir damals der Standesbeamte (der sich bei unserem Jüngsten um 3 Minuten vertippt hatte und die Geburtsurkunde daraufhin neu ausstellen musste) erklärt. Wir sind mitteweile etwas OT, aber wäre es nicht sinniger, abzuwarten, wieviele Enkel man hat und dann auch noch, wer von denen jetzt Interesse/Begabung für die Wiesen und den Obstgarten- und die da anfallende Arbeit-hat? Jaa. ich weiß, es geht um die huritische Rekevanz... Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
mn1217 Geschrieben 8. November 2012 Melden Share Geschrieben 8. November 2012 (bearbeitet) Es ist ja auch die Frage, ob der Älteste wirklich so fremdbestimmt war. Ich habe eher den Eindruck, dass er sich selbst unter Druck gesetzt hat. Und in dem Moment, in dem der Jüngere zurück kommt, reagiert er vielleicht nicht ganz erwachsen. Aber was soll's. Er darf das auch mal, das Recht hat ja nicht nur der Jüngere. Die erwachsenen Gespräche könne ja später noch kommen. Geschwisterbeziehungen in der Bibel sind eine spannende Sache, fällt mir auf. bearbeitet 8. November 2012 von mn1217 Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Higgs Boson Geschrieben 8. November 2012 Melden Share Geschrieben 8. November 2012 Ich kann mit der Erklärung leben, daß sich der Himmel über Einen der umkehrt mehr freut als über 100 Gerechte, aber nicht damit, daß Gerechtsein ein Unglück ist, WEIL man dem Vater gehorsam ist. Ich glaube, so langsam verstehe ich Dich. Es geht Dir weniger um die Behandlung des Jüngeren, als darum, dass Du keine, weniger, mindere Beachtung bekommst? Ich bezweifle, dass dies die Intention der Erzählung ist. Es ist eher so: Ich war in den naturwissenschaftlich / mathematischen Fächern immer gut bis sehr gut. Das war normal, wurde erwartet, da gab es kein Überraschungen. Meine große Schwäche war Latein. Hier eine andere Note als vier zu schaffen war einfach, mir gelangen bisweilen auch Fünfen oder Sechsen. Hatte ich dann mal eine Drei in der Schulaufgabe (ist mir in all den Jahren gerade mal 2 mal geglückt) war das Grund für ein rauschendes Fest. Mathematische Gleichungen löste ich nicht, weil ich musste, sondern weil mir das leidenschaftlich Spaß gemacht hat. Redoxgleichungen waren die Freude meines Herzen. Dafür musste mich keiner Loben. Ich machte das sogar heimlich, man wird ja nicht gerne für bekloppt gehalten. Stolz bin ich auf die Dreier in Latein. Eine drei in Mathe löste in mir hingegen Sinnkrisen aus. Allerdings sehe ich jetzt nirgends, dass es ein Unglück gewesen wäre, in den Fächern die mir leicht fielen, gut gewesen zu sein. Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun. Und ich sehe jetzt gerade nicht, wo das in dem Gleichnis so dargestellt würde. (Habe ich da was übersehen?) Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Flo77 Geschrieben 8. November 2012 Melden Share Geschrieben 8. November 2012 Ich glaube, so langsam verstehe ich Dich. Es geht Dir weniger um die Behandlung des Jüngeren, als darum, dass Du keine, weniger, mindere Beachtung bekommst? Ich bezweifle, dass dies die Intention der Erzählung ist.Die Behandlung des Jüngeren durch den Vater ist überhaupt nicht mein Punkt. Wenn der Vater diese Grundhaltung nicht hätte - ich hab's an anderer Stelle schon geschrieben: ist Gott nicht barmherzig, ist der Himmel so gut wie leer. Es geht auch nicht darum, daß ich zu wenig Beachtung bekomme (manchmal ist es ganz gut, wenn man nicht im Fokus des Allmächtigen steht). Es ist eher so: Ich war in den naturwissenschaftlich / mathematischen Fächern immer gut bis sehr gut. Das war normal, wurde erwartet, da gab es kein Überraschungen. Meine große Schwäche war Latein. Hier eine andere Note als vier zu schaffen war einfach, mir gelangen bisweilen auch Fünfen oder Sechsen. Hatte ich dann mal eine Drei in der Schulaufgabe (ist mir in all den Jahren gerade mal 2 mal geglückt) war das Grund für ein rauschendes Fest. Mathematische Gleichungen löste ich nicht, weil ich musste, sondern weil mir das leidenschaftlich Spaß gemacht hat. Redoxgleichungen waren die Freude meines Herzen. Dafür musste mich keiner Loben. Ich machte das sogar heimlich, man wird ja nicht gerne für bekloppt gehalten. Stolz bin ich auf die Dreier in Latein. Eine drei in Mathe löste in mir hingegen Sinnkrisen aus. Allerdings sehe ich jetzt nirgends, dass es ein Unglück gewesen wäre, in den Fächern die mir leicht fielen, gut gewesen zu sein. Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun. Und ich sehe jetzt gerade nicht, wo das in dem Gleichnis so dargestellt würde. (Habe ich da was übersehen?) Du hast Leistungen erbracht und wurdest dafür benotet. Du hast also eine Rückmeldung für Dein Tun bekommen. Was diese Rückmeldung bei Dir ausgelöst hat, welchen Stellenwert Du den einzelnen Noten beimisst ist natürlich etwas rein Individuelles. Bei dem älteren Sohn habe ich den Verdacht, daß diese Rückmeldung (aus seiner Sicht) ausblieb. Er also weder vom Vater ein "Mein Sohn ich danke dir" noch "Wir wissen beide, daß Du das besser kannst" oder ein "Junge, du tust zuviel - schon dich mal" zu hören bekam. Und man kann diese "Nichtachtung" erstaunlich lange als völlig normal empfinden - während dieser Phase reicht es sogar sich der Illusion hinzugeben, daß man ja tatsächlich durch das zusammen leben und zusammen arbeiten in einer echten, guten Beziehung lebt. Die Trauer über den Verlust des Bruders kann das sogar noch verstärken. Als der Jüngere wieder auftaucht platzt eben der Lack. Ich weiß die Geschichte erzählt davon nichts, aber für mich würde das die Wut des Älteren erklären. Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Higgs Boson Geschrieben 9. November 2012 Melden Share Geschrieben 9. November 2012 Bei dem älteren Sohn habe ich den Verdacht, daß diese Rückmeldung (aus seiner Sicht) ausblieb. Er also weder vom Vater ein "Mein Sohn ich danke dir" noch "Wir wissen beide, daß Du das besser kannst" oder ein "Junge, du tust zuviel - schon dich mal" zu hören bekam. Und man kann diese "Nichtachtung" erstaunlich lange als völlig normal empfinden - während dieser Phase reicht es sogar sich der Illusion hinzugeben, daß man ja tatsächlich durch das zusammen leben und zusammen arbeiten in einer echten, guten Beziehung lebt. Die Trauer über den Verlust des Bruders kann das sogar noch verstärken. Als der Jüngere wieder auftaucht platzt eben der Lack. Ich weiß die Geschichte erzählt davon nichts, aber für mich würde das die Wut des Älteren erklären. Natürlich erzählt die Geschichte nichts davon, warum der Ältere so ist, ist nicht im Vergleichspunkt, das ist nicht Thema. Schließlich ist das ein Gleichnis. Weder der Ältere noch der Jünger sind reale Personen. Sie agieren ausschließlich in ihrem erfundenen Umfeld. Das habe ich mit Unfug gemeint. So wie die 99 Schafe in der Wüste, denen kein Wolf, kein Löwe oder Heinzelmännchen was tut. Warum? Spricht der Hirte einen Schutzzauber? Kann er nicht auf gleiche magische Weise das verlorene Schaf retten? Zahlt er Schutzgeld an die wilden Tiere, oder ist die Geschichte nicht dazu da, sich darüber Gedanken zu machen? Kann man machen, ist nur nicht im Sinne des Gleichnis. Und genauso ergiebig wie die Frage: Warum ging das Huhn über die Straße? 1 Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
josef Geschrieben 9. November 2012 Melden Share Geschrieben 9. November 2012 Liebe Christen, Ihr überinterpretiert das Gleichnis vom Verlorenen Sohn. Warum bittet Ihr nicht Euren Beistand, den HEILIGEN GEIST GOTTES um SEINE Deutung des Gleichnisses ? ER würde Euch einsichtig machen daß Gleichnisse kein realer Bericht aus dem Leben sind, sondern nur einen Aspekt der Realität verdeutlichen sollen. Gruß josef Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Flo77 Geschrieben 9. November 2012 Melden Share Geschrieben 9. November 2012 Kann man machen, ist nur nicht im Sinne des Gleichnis.Ach? Und was im Sinne des Gleichnisses bestimmst Du? Warum ging das Huhn über die Straße?Man macht keine Witze über Alzheimerpatienten. Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Mecky Geschrieben 9. November 2012 Melden Share Geschrieben 9. November 2012 Natürlich erzählt die Geschichte nichts davon, warum der Ältere so ist, ist nicht im Vergleichspunkt, das ist nicht Thema. Schließlich ist das ein Gleichnis. Weder der Ältere noch der Jünger sind reale Personen. Sie agieren ausschließlich in ihrem erfundenen Umfeld. Das habe ich mit Unfug gemeint. So wie die 99 Schafe in der Wüste, denen kein Wolf, kein Löwe oder Heinzelmännchen was tut. Warum? Spricht der Hirte einen Schutzzauber? Kann er nicht auf gleiche magische Weise das verlorene Schaf retten? Zahlt er Schutzgeld an die wilden Tiere, oder ist die Geschichte nicht dazu da, sich darüber Gedanken zu machen? Man kann sich über den Werdegang der Brüder dennoch einiges zusammenreimen. Nur darf man dabei nicht an den Werdegang realer Personen, sondern an den Werdegang fiktiver Gleichnisfiguren denken. Denn so sind sie ja entstanden: Als Aussageträger einer Botschaft Jesu. Um jemandem etwas zu verdeutlichen. Man muss also bei Jesus, dem Schöpfer dieser Figuren ansetzen. Und bei der Situation, auf die er reagiert. Und (etwas weiter ausgreifend) bei den realen Personen bzw. Gruppen, an die er sich wendet bzw. für die er sich mit dieser Geschichte einsetzt. Aus alledem wurden diese Figuren geschaffen. Sie haben eine Funktion - und nur insofern sie eine Funktion haben, haben sie auch ein Vorleben. Jesus, der Fresser und Säufer, der Gesell von Zöllnern und Sünder, der mit diesem Pöbel Feste feiert, wird angegriffen. 1 Alle Zöllner und Sünder kamen zu ihm, um ihn zu hören. 2 Die Pharisäer und die Schriftgelehrten empörten sich darüber und sagten: Er gibt sich mit Sündern ab und isst sogar mit ihnen. 3 Da erzählte er ihnen ein Gleichnis und sagte: (Lk 15,1-3) Es geht hier nicht um ein Erbrecht. Es ist auch nicht widersinnig anzunehmen, dass der Vater auch dem älteren Sohne seinen Erbteil ausgehändigt hätte und von Harz IV oder von gar nichts gelebt hätte - ich glaube nicht dass Jesus, der sein Leben für alle hingegeben hat, dies für unmöglich gehalten hätte. Es geht um eine Analyse, einen Spiegel, den Jesus den Pharisäern kritisch vorhält. Und das Material dieses Spiegels besteht aus dem verlorenen Schaf und seinem guten Hirten (wer wollte da nicht an Jesus denken, der sich selbst als solchen bezeichnet hat!). Es besteht aus der verlorenen Drachme und seiner Besitzerin, die diese kleine Münze eben so unsinnig-unermüdlich und leidenschaftlich sucht, wie Jesus die Zöllner und Sünder. Und es geht um den verlorenen Sohn, der von seinem väterlichen Retter trotz seiner Missetaten aufgenommen und bejubelt wird und der von ihm gegen die Hartherzigkeit seines pharisäer- und schriftgelehrthaft reagierenden Bruders in Schutz gelegt hat. Die Frage ist nicht nach dem Werdegang einer realen Person, sondern nach dem Werdegang einer fiktiven Figur. Wie hat Jesus diese Figur formen müssen, damit seine Botschaft verstanden wird? Damit er sein Verhalten gegenüber den Zöllnern und Sündern den Pharisäern und Schriftgelehrten klar machen kann. Das Verhältnis zum Erbrecht wird im Lukasevangelium einmal kurz angeleuchtet: Ein Mann kommt zu Jesus und erzählt von seinem Bruder, der das Erbe nicht teilen will. Und Jesus soll nun dem bösen Bruder ins Gewissen reden. Teilen ist doch was Gutes! Und scheint doch im Interesse Jesu zu liegen. Und Jesus gibt diesem Mann eine Abfuhr: "Wer hat mich zum Richter und Schlichter zwischen euch gemacht! Ihr aber: Hütet euch vor jeder Art von Habgier!" Das Erbrecht interessiert Jesus gar nicht. Er hält es nicht für das Problem und nicht für die Lösung. Das Problem, das ihn interessiert ist die Habsucht. Und wahrscheinlich auch die Zwietracht, die durch sie entsteht. Und Jesus wird den Teufel tun, sich vor den Karren dieses Bittstellers spannen zu lassen, der mit dieser Anfrage gegen seinen Bruder intrigiert. Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
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