DonGato Geschrieben 29. November 2012 Melden Share Geschrieben 29. November 2012 Jesus oder die Person Christus ist ja nicht erst in NT-Schriften erwähnt, sondern ist schon im AT beschrieben z.B. In Jesaja Kapitel 53. Jesus zitiert ja auch AT-Stellen. Man kann also nicht behaupten das Christentum wäre eine neue Religion erfunden von den Griechen. Problem: Da wird er mit einem völlig anderen Namen bedacht. So völlig, dass genau dies gegen einen erfundenen Jesus spricht. Denn wenn ich mir schon einen mythologischen Messias ausdenke, dann nenn ich den auch wie erwartet 'Immanuel'. Und nicht Jesus. Oder Kevin. Immer diesen faktenorientierten, detailverliebten Kleingeister Unter den Annahme, ein Prophet Gottes kann die Zukunft vorhersagen, ist das alles kein Problem ... DonGato. Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Volker Geschrieben 29. November 2012 Melden Share Geschrieben 29. November 2012 Jesus oder die Person Christus ist ja nicht erst in NT-Schriften erwähnt, sondern ist schon im AT beschrieben z.B. In Jesaja Kapitel 53. Jesus zitiert ja auch AT-Stellen. Man kann also nicht behaupten das Christentum wäre eine neue Religion erfunden von den Griechen. Problem: Da wird er mit einem völlig anderen Namen bedacht. So völlig, dass genau dies gegen einen erfundenen Jesus spricht. Denn wenn ich mir schon einen mythologischen Messias ausdenke, dann nenn ich den auch wie erwartet 'Immanuel'. Und nicht Jesus. Oder Kevin. Der Name Jesus bedeutet "Retter". Einen passenderen Namen wird man kaum finden. Die Evangelisten haben nicht alles erfunden, sie haben sich aus vielen Quellen bedient. U. a. aus dem AT, aus dem sie "passende" Stellen entnommen und zu "Prophezeiungen" umgedeutet haben. Oder genauer gesagt, sie haben Teile der Geschichten so geschrieben, dass man sie als erfüllte Prophezeiungen deuten kann. Das wird vor allem dort deutlich, wo in der Septuaginta Übersetzungsfehler waren, die einen Einfluss auf die Geschichte hatten. Vielleicht enthält Q auch einen Hinweis auf einen "jüdischen Retter" oder eben einen jüdischen Jesus, und sie haben das als Anlaß genommen? Wer weiß? Ich stelle mir die Entstehung der Evangelien mehr wie die Konstruktion eines Romans von Dan Brown vor: Brown hat sich vieler alter Quellen und Mythen bedient und diese teilweise ziemlich umgebogen, bis sie passen. Er hat sogar in seinem Buch die Karte von Rom geometrisch verzerrt, damit die Geometrie zu einer wilden Theorie passt. Aber er hat nicht alles erfunden. Wenn wir annehmen, dass die sieben Paulusbriefe echt sind, dann waren die Evangelisten nicht mehr frei in der Namenswahl. Paulus erwähnt den Namen Jesus, da kann man ihn nicht mehr Immanuel nennen. Wenn man annimmt, dass sie von Marcion initiiert wurden, dann hatte Markus zwar die freie Auswahl, theoretisch - es sei denn, eine seiner Quellen bezog sich schon auf den Retter. Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Der Geist Geschrieben 29. November 2012 Autor Melden Share Geschrieben 29. November 2012 Der Name Jesus bedeutet "Retter". Deinen Trefferquote beim heiteren Bibelraten wird immer schlechter...Pech auch! Jesus heißt nämlich nicht der Retter sondern nach überwiegender Ansicht "Gott ist Hilfe" Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Higgs Boson Geschrieben 29. November 2012 Melden Share Geschrieben 29. November 2012 Jesus oder die Person Christus ist ja nicht erst in NT-Schriften erwähnt, sondern ist schon im AT beschrieben z.B. In Jesaja Kapitel 53. Jesus zitiert ja auch AT-Stellen. Man kann also nicht behaupten das Christentum wäre eine neue Religion erfunden von den Griechen. Problem: Da wird er mit einem völlig anderen Namen bedacht. So völlig, dass genau dies gegen einen erfundenen Jesus spricht. Denn wenn ich mir schon einen mythologischen Messias ausdenke, dann nenn ich den auch wie erwartet 'Immanuel'. Und nicht Jesus. Oder Kevin. Der Name Jesus bedeutet "Retter". Einen passenderen Namen wird man kaum finden. Die Evangelisten haben nicht alles erfunden, sie haben sich aus vielen Quellen bedient. U. a. aus dem AT, aus dem sie "passende" Stellen entnommen und zu "Prophezeiungen" umgedeutet haben. Oder genauer gesagt, sie haben Teile der Geschichten so geschrieben, dass man sie als erfüllte Prophezeiungen deuten kann. Das wird vor allem dort deutlich, wo in der Septuaginta Übersetzungsfehler waren, die einen Einfluss auf die Geschichte hatten. Vielleicht enthält Q auch einen Hinweis auf einen "jüdischen Retter" oder eben einen jüdischen Jesus, und sie haben das als Anlaß genommen? Wer weiß? Ich stelle mir die Entstehung der Evangelien mehr wie die Konstruktion eines Romans von Dan Brown vor: Brown hat sich vieler alter Quellen und Mythen bedient und diese teilweise ziemlich umgebogen, bis sie passen. Er hat sogar in seinem Buch die Karte von Rom geometrisch verzerrt, damit die Geometrie zu einer wilden Theorie passt. Aber er hat nicht alles erfunden. Wenn wir annehmen, dass die sieben Paulusbriefe echt sind, dann waren die Evangelisten nicht mehr frei in der Namenswahl. Paulus erwähnt den Namen Jesus, da kann man ihn nicht mehr Immanuel nennen. Wenn man annimmt, dass sie von Marcion initiiert wurden, dann hatte Markus zwar die freie Auswahl, theoretisch - es sei denn, eine seiner Quellen bezog sich schon auf den Retter. Und Kevin ist die anglisierte Version eines irischen Namens, der soviel bedeutet wie 'holder Knabe im lockigen Haar'. 1 Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Alfons Geschrieben 29. November 2012 Melden Share Geschrieben 29. November 2012 (bearbeitet) (...)Die Theorie von den erst um 150 herum durch Marcion gefälschten Paulus-Briefen hat der Berliner Pfarrer Hermann Detering in diesem Buch aufgestellt. (...) Die von Volker weiter oben ausgebreiteten Thesen sind also so etwas wie ein Überblick über das Detering-Buch. Ich fände es begrüßenswert, wenn User von vornherein ihre Quellen nennen würden und nicht so tun, als wären diese Ideen auf eigenem Mist gewachsen. Habe ich mehrfach gemacht. Muss ich das jetzt jedes Mal in jedem Posting neu schreiben, woher diese Theorie stammt? Ja, selbstverständlich! In deinem Posting oben deutet nichts darauf hin, dass du hier die Thesen eines Fremden referierst. Im Gegenteil, dein Referat beginnt mit den Worten "Hier meine Theorie"! Es ist von keinem Leser zu erwarten, dass er wissen muss, was du in anderen Threads vor Monaten und vor Jahren geschrieben hast. Nein, nicht "in jedem Posting" musst du das schreiben. Aber es wäre hilfreich, dies dann zu tun, wenn du mit dem Thema neu ankommst. Nicht "Hier meine Theorie", sondern "Hier die Theorie eines Berliner Pastors, der in seinem Buch.... etc." Ja, allerdings bin ich kein Detering-Jünger. ich sagte schon: Ich zweifle daran, dass es stimmt. (...) Du sagtest das vielleicht in Postings, die Monate oder Jahre zurück liegen. In deinem "Hier meine Theorie"-Referat sagtest du es nicht, dort klingt alles so, als stündest du voll hinter deinen Ideen. Auch Du klebst mit Deinen Exegesen sehr an der orthodoxen Mehrheitsmeinung - als ob diese wissenschaftlich fundiert wäre. Ist sie nicht, sie beruht auf "geglaubter Spekulation". Das ist schon amüsant, den aktuellen Wissensstand in der theologischen Forschung als "orthodoxe Mehrheitsmeinung" bezeichnet zu sehen. Aber: Zu viel der Ehre. Ich erläutere hier im Forum gelegentlich den Stand der wissenschaftlichen Diskussion bei einigen Sachpunkten, einfach weil ich mich damit in den vergangenen Jahren beschäftigt habe (für die Anregung dazu bin ich, nebenbei erwähnt, dir zu Dank verpflichtet) - aber eigene Exegesen habe ich, wenn ich mich recht erinnere, hier noch nicht veröffentlicht. Aber ja, natürlich versuche ich, den aktuellen Forschungsstand darzustellen. Das schließt immer die Möglichkeit des Irrtums ein. "Wissenschaft sagt nie: So ist es!, sondern nur: So stellt es sich uns auf dem Stand der Forschung dar!" (Gerd Theißen/Annette Merz: Der historische Jesus, im Vorwort). Wer weiß, vielleicht hat ja der sympathische Herr Detering Recht mit seiner Außenseiterthese, obwohl ich so eine Ahnung habe, Ockhams Rasiermesser wäre bei einer Behandlung seines Buches stumpf schon lange vor der letzten Seite. Aber es wäre nicht die erste These, die sich dann doch in der Wissenschaft durchgesetzt hat, Theologie eingeschlossen. Das zu diskutieren sehe ich als theologischer Laie jedoch nicht als meine Aufgabe an. Und ich kann mir auch nicht jedes Buch eines Außenseiters des Wissenschaftsbetriebs kaufen, nur um hier im Forum darüber zu diskutieren - so viel Platz ist in meiner Bibliothek nicht. Ohnehin erscheinen mir solche Diskussionsanregungen mit "Hier meine Theorie" manchmal - nimms mir nicht übel, Volker - als eine Art Christen-Beschäftigungsstrategie. Ich bin zwar Atheist, habe aber zu so etwas keine große Lust. Neben aller Orthodoxie breite ich hier auch unorthodoxe Ansichten aus. Wenn ich das tue, dann nicht, weil ich glaube, dass es so ist, sondern um deutlich zu machen, welchen Interpretationsspielraum es gibt. (...) Das ist nett von Dir, ja. Aber ich denke, dass die meisten Christen, und jedenfalls die hier im Forum, ganz gut wissen, welche Interpretationsspielräume es gibt. Und jetzt kennen sie dank deines Engagements ja auch den Spielraum des Herrn Detering. Alfons bearbeitet 29. November 2012 von Alfons 3 Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
josef Geschrieben 30. November 2012 Melden Share Geschrieben 30. November 2012 (bearbeitet) Lieber Alfons, ... Aber ja, natürlich versuche ich, den aktuellen Forschungsstand darzustellen. Das schließt immer die Möglichkeit des Irrtums ein. "Wissenschaft sagt nie: So ist es!, sondern nur: So stellt es sich uns auf dem Stand der Forschung dar!" (Gerd Theißen/Annette Merz: Der historische Jesus, im Vorwort)... Fragen wir uns was denn Grundlagen der JESUS-"Forschung" sein können: # Grundlage sind nur und nur Schriften die JESUS erwähnen - Und die Überlieferung die die Christenheit getreu bewahrt hat. Sonst gibt es nichts. # Außerhalb des Neuen Testamentes und den Apokryphen gibt über JESUS keinen Bericht von Belang. # Vom Neuen Testament gibt es nur Abschriften und Übersetzungen - die mit wenigen Ausnahmen allesamt bis auf Belanglosigkeiten übereinstimmen. Daraus folgt, daß die JESUS-"Forschung" im Erfinden immer neuer Spekulationen besteht die sich allesamt nur auf den Wortlaut der Texte des Neuen Testamentes berufen können. Dabei wird Plausibilität - irrtümlich, wie der Kritische Rationalismus nachgewiesen hat - als Wahrheitsbeweis angesehen. Verglichen mit Naturforschung und Naturwissenschaft ist JESUS-"Forschung"offenbar keine Forschung und keine Wissenschaft. Das Kompendium von Udo Schnelle zur "Einleitung in das neue Testament" weist mehr als 900 Theorien der Entstehung de Evangelien auf. Und niemand - außer dem HEILIGEN GEIST GOTTES und Christen die sich von IHM belehren lassen - weiß wie die Evangelien wirklich entstanden sind. Gruß josef bearbeitet 30. November 2012 von josef Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Alfons Geschrieben 30. November 2012 Melden Share Geschrieben 30. November 2012 Das Kompendium von Udo Schnelle zur "Einleitung in das neue Testament" weist mehr als 900 Theorien der Entstehung de Evangelien auf. Und niemand - außer dem HEILIGEN GEIST GOTTES und Christen die sich von IHM belehren lassen - weiß wie die Evangelien wirklich entstanden sind. Gruß josef Lieber Josef, fast. Korrekt wäre: "Und niemand weiß, wie die Evangelien wirklich entstanden sind." Aber herzlichen Dank, dass du den "Schnelle" empfiehlst. Ich schätze ihn auch sehr. Alfons Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Franziskaner Geschrieben 30. November 2012 Melden Share Geschrieben 30. November 2012 (bearbeitet) Zu Frage 1Wenn es sich so verhielte wie der User schreibt, dann ist Deine Schlussfolgerung schlüssig. Das größere Wunder wäre in diesem Fall allerdings, wie sich das Abendmahl nach über 100 Jahren etablieren konnte, indem einfach Brief geschrieben wurde. Briefe waren Einzelstücke, es gab kein www und kein email, noch nicht mal Buchdruck, um solcherlei flächendeckend zu verbreiten. Es gab noch nicht mal ein NT wie wir es kennen, keine Verbalinspiration und schon gleich garkeine Biblizisten. Du begehst denselben Fehler wie der Geist: Du setzt voraus, dass Paulus das Abendmahl eingesetzt hat. Das hat er aber nicht - das geht aus dem Brief an die Korinther ziemlich eindeutig hervor. Es hat sich nicht wegen irgendwelcher Briefe von Paulus etabliert, denn wie sollte Paulus einen Streit über das Abendmahl in Korinth schlichten können, wenn es das Abendmahl nicht schon gab, bevor er seinen Brief geschrieben hat? Elementare Logik. Hätte man aus meinem Posting in dem Thread über das Abendmahl herauslesen können, da steht das nämlich. In welchem Zusammenhang siehst Du denn dann den Clemesbrief? Der wurde ca. im Jahr 95 an die Korinther Gemeinde geschickt, um einen Streit zu schlichten und blickt schon auf Paulus zurück. Der müsste ja dann auch eine Fälschung sein, mit dem Ziel, einen lückenlosen geschichtlichen Ablauf zu simulieren. Und wie gehst Du mit der Tatsache um, dass die neutestamentlichen und nach-neutestamentlichen Schriften eine klare und plausibe historische Entwicklung zeichnen: von den kurzen Jahren des Wanderpredigers Jesus, über die Urgemeinde in Jerusalem unter Leitung der Apostel, den Konflikt um die Heidenmission, die darauffolgende Auseinandersetzung mit der Gnosis, die beginnende christologische Diskussion etc. Wenn Du das alles ins Jahr 150 verlegst, dann müsstest Du einen Autor annehmen, der eine aus heutiger Sicht plausible geschichtliche Entwicklung mit unterschiedlichen geistigen Strömungen und vielen unterschiedlichen Autoren mit unterschiedlichen Schreibstilen, kulturellen Hintergründen und persönlichen Anliegen simuliert hat. Du müsstest die Tatsache erklären, dass viele zutreffende historische Details der Evangelien aus dem Judentum der 30er Jahre einem Hellenisten des Jahres 150 schlicht und einfach nicht bekannt gewesen sein können. Dein gesamter Denkansatz ist vollkommen anachronistisch. Es gab zu dieser Zeit keine Romane und Romanautoren. Es gab kein Internet, in dem man mal schnell Informationen aus entlegenen Kulturen und Zeiten nachschauen konnte. Und es gab keine Möglichkeit, Traditionen zentral zu steuern und zu überwachen. bearbeitet 30. November 2012 von Franziskaner 1 Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Marcellinus Geschrieben 30. November 2012 Melden Share Geschrieben 30. November 2012 Dein gesamter Denkansatz ist vollkommen anachronistisch. Es gab zu dieser Zeit keine Romane und Romanautoren. Die gab es! Nimm allein die Märtyrerromane. Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Franziskaner Geschrieben 30. November 2012 Melden Share Geschrieben 30. November 2012 (bearbeitet) Dein gesamter Denkansatz ist vollkommen anachronistisch. Es gab zu dieser Zeit keine Romane und Romanautoren. Die gab es! Nimm allein die Märtyrerromane. Das sind keine Romane. Das sind Heiligenviten. Die sind nach klaren Regeln verfasst; und man sieht aus heutiger Sicht auf den ersten Blick, dass die keinen historischen Anspruch haben. Volker postuliert eine in allen Einzelheiten simulierte geschichtliche Entwicklung. Die Simulation von Sprachstilen, um in einem Roman unterschiedliche Ebenen und Blickwinkel zu erzeugen, ist etwas, was zum Roman des 20. Jahrhunderts gehört. Vorher gab es das einfach nicht. Abgesehen davon: das Genie möchte ich sehen, das so einen komplexen und vielschichtigen Textblock wie das NT und die darauffolgenden Schriften erfinden könnte. So viele Unterschiedliche Sprachstile kann keine einzelner Mensch beherrschen; so viel detailliertes Wissen über spezifische, längst vergangene kulturelle Situationen. Die ganze These ist einfach Unfug. Es gibt ja auch einen Historiker, der zieht durch die Lande und behauptet, die Jahre 600-800 wären eine Erfindung der karolinigischen Geschichtsschreibung, in Wirklichkeit wären wir erst im Jahre 1812. Der hat ganz ähnliche Argumente wie Volker: er erklärt einfach Zeiten und Situationen ohne direkte schriftliche Belege für inexistent. Es ist aber klar, woher dieser Versuch der Spätdatierung kommt: die Texte des NT setzen voraus, dass es eine mündliche Tradition gab, denn die frühsten Texte (die Paulusbriefe) setzen eine Erzähltradition über Jesus voraus; sie beziehen sich auf eine Person, bei der es unnötig ist, sie zu beschreiben, weil die Erzählungen über sie allen vertraut sind. Die These, Paulus hätte das Christentum erfunden, hängt also völlig in der Luft. Wenn man an ihr festhalten will (bzw. an dem Grundanliegen, Jesus zu einem unbedeutenden Menschen zu machen), dann muss man noch einen Schritt weiter gehen: dann muss irgend ein postulierter Autor eben Paulus und die Evangelien zusammen erfunden haben. bearbeitet 30. November 2012 von Franziskaner Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Alfons Geschrieben 30. November 2012 Melden Share Geschrieben 30. November 2012 (...) Wenn Du das alles ins Jahr 150 verlegst, dann müsstest Du einen Autor annehmen, der eine aus heutiger Sicht plausible geschichtliche Entwicklung mit unterschiedlichen geistigen Strömungen und vielen unterschiedlichen Autoren mit unterschiedlichen Schreibstilen, kulturellen Hintergründen und persönlichen Anliegen simuliert hat. Du müsstest die Tatsache erklären, dass viele zutreffende historische Details der Evangelien aus dem Judentum der 30er Jahre einem Hellenisten des Jahres 150 schlicht und einfach nicht bekannt gewesen sein können. Das meinte ich mit meinem "Ockhams Rasiermesser wäre bei einer Behandlung seines Buches stumpf schon lange vor der letzten Seite". Aber ich kann nicht verhehlen, dass mir Pfarrer Hermann Detering samt seiner Theorie sympathisch ist. Ich mag Querdenker, auch, weil sie um der Wahrheit willen ihr Scheitern riskieren. Und manchmal behalten sie ja doch recht... Alfons Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Franziskaner Geschrieben 30. November 2012 Melden Share Geschrieben 30. November 2012 (...) Wenn Du das alles ins Jahr 150 verlegst, dann müsstest Du einen Autor annehmen, der eine aus heutiger Sicht plausible geschichtliche Entwicklung mit unterschiedlichen geistigen Strömungen und vielen unterschiedlichen Autoren mit unterschiedlichen Schreibstilen, kulturellen Hintergründen und persönlichen Anliegen simuliert hat. Du müsstest die Tatsache erklären, dass viele zutreffende historische Details der Evangelien aus dem Judentum der 30er Jahre einem Hellenisten des Jahres 150 schlicht und einfach nicht bekannt gewesen sein können. Das meinte ich mit meinem "Ockhams Rasiermesser wäre bei einer Behandlung seines Buches stumpf schon lange vor der letzten Seite". Aber ich kann nicht verhehlen, dass mir Pfarrer Hermann Detering samt seiner Theorie sympathisch ist. Ich mag Querdenker, auch, weil sie um der Wahrheit willen ihr Scheitern riskieren. Und manchmal behalten sie ja doch recht... Alfons Na, den Typen, der die Existenz der Jahre 600-800 bestreitet, finde ich auch super. Aber bei Volkers Theorie geht es ja vor allem darum, Christen klarzumachen, dass sie dumme Gänse sind, die auf eine Lügengeschichte hereingefallen sind. Und das ist dann schon nicht mehr ganz so lustig. Weil ja auch viele Menschen die inhaltliche Dürftigkeit dieser Thesen gar nicht durchschauen können. 1 Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Marcellinus Geschrieben 30. November 2012 Melden Share Geschrieben 30. November 2012 (...) Wenn Du das alles ins Jahr 150 verlegst, dann müsstest Du einen Autor annehmen, der eine aus heutiger Sicht plausible geschichtliche Entwicklung mit unterschiedlichen geistigen Strömungen und vielen unterschiedlichen Autoren mit unterschiedlichen Schreibstilen, kulturellen Hintergründen und persönlichen Anliegen simuliert hat. Du müsstest die Tatsache erklären, dass viele zutreffende historische Details der Evangelien aus dem Judentum der 30er Jahre einem Hellenisten des Jahres 150 schlicht und einfach nicht bekannt gewesen sein können. Das meinte ich mit meinem "Ockhams Rasiermesser wäre bei einer Behandlung seines Buches stumpf schon lange vor der letzten Seite". Aber ich kann nicht verhehlen, dass mir Pfarrer Hermann Detering samt seiner Theorie sympathisch ist. Ich mag Querdenker, auch, weil sie um der Wahrheit willen ihr Scheitern riskieren. Und manchmal behalten sie ja doch recht... Alfons Siehst du, Alfons, das tröstet mich. Mir ist Detering sehr suspekt, auch und gerade mit seiner Betonung von Radikalkritik. Aber viele seiner Thesen sind auch für die Maßstäbe der Geschichtswissenschaft gut belegt. Es ist nicht "die" Wahrheit - die gibt's in der Historik nicht - aber eine beeindruckende Menge an Fakten, und ein interessantes Modell. Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Volker Geschrieben 30. November 2012 Melden Share Geschrieben 30. November 2012 In welchem Zusammenhang siehst Du denn dann den Clemesbrief? Der wurde ca. im Jahr 95 an die Korinther Gemeinde geschickt, um einen Streit zu schlichten und blickt schon auf Paulus zurück. Die Datierung basiert worauf? Ah - auf nichts. Wann dieser Brief geschrieben wurde, kann nur vermutet werden. Seine Datierung basiert einzig und alleine auf der Annahme, dass dieser Brief tatsächlich von einem bestimmten Bischof Clemens geschrieben wurde. Und natürlich auf der Datierung der Paulusbriefe, die ich ja gerade infrage stelle. Der sonst noch gerne verwendete Ignatiusbrief wird übrigens höchstwahrscheinlich falsch datiert. Der müsste ja dann auch eine Fälschung sein, mit dem Ziel, einen lückenlosen geschichtlichen Ablauf zu simulieren. Überhaupt nicht. Der Punkt ist nämlich der: Die Orthodoxie bemüht sich, alle Schreiben so früh wie nur irgendmöglich zu datieren. Das ist aber ein rein apologetischer Zweck, wissenschaftliche Gründe gibt es dafür nicht. Wissenschaftlich begründet kann man sagen, dass das Markusevangelium zwischen dem Fall des Jerusalemer Tempels und der Mitte des 2. Jahrhunderts entstanden sein muss. Zu sagen, es sei um 70 herum entstanden ist nicht wissenschaftlich, sondern apologetisch. Das gilt für alle Datierungen: Alles muss so nahe wie nur möglich an die Lebenszeit Jesu herangeschoben werden. Das hat, wie gesagt, rein orthodox-religiöse und keinerlei wissenschaftliche Gründe. Was ich nur sage: Alles ist vermutlich später entstanden als die Orthodoxie es gerne haben möchte. Man muss nur die Entstehung aller Texte verschieben - wobei, wie gesagt, dass dies auch für die Paulusbriefe gilt ist tatsächlich nur meine Theorie, weil ich das in der Kombination noch nie gehört habe. Eral Doherty, beispielsweise, von dem ich einige Argumente übernommen habe, datiert die Paulusbriefe orthodox und hält sie nicht für gefälscht. Detering wiederum datiert die Evangelien orthodox, ebenso wie Doherty. Price wiederum datiert die Evangelien auf 135-150 und führt dazu eine Menge Gründe an, die zum großen Teil auch nicht von ihm stammen. Wie Price zu Paulus steht, weiß ich nicht, sein Buch "The Amazing Colossal Apostle" ist noch nicht erschienen. Möglich, dass er die Thesen von Detering unterstützt - oder auch nicht. Das Jesus-Seminar wiederum datiert die Evangelien ebenfalls orthodox, ebenso Paulus. Ebenso Bart Ehrmann. Unter den anderen Radikalkritikern bildet sich allmählich eine Mehrheit zugunsten der Spätdatierung der Evangelien, d. h. die Mehrheit der nicht von der katholischen oder evangelischen Orthodoxie abhängigen Theologen tendiert inzwischen zur Spätdatierung - die sind aber nicht auf das Wohlwollen einer Kirche angewiesen, sondern nur der Wahrheit verpflichtet. Verschiebt man einmal alle Texte, sozusagen en Block, ergibt sich kein einziges der Probleme, das Du aufzählst. Es werden aber eine ganze Reihe vorher unlösbarer Probleme gelöst, beispielsweise, warum es fast 100 Jahre gedauert hat, bis man die Evangelien zur Kenntnis genommen hat. Und wie gehst Du mit der Tatsache um, dass die neutestamentlichen und nach-neutestamentlichen Schriften eine klare und plausibe historische Entwicklung zeichnen: von den kurzen Jahren des Wanderpredigers Jesus, über die Urgemeinde in Jerusalem unter Leitung der Apostel, den Konflikt um die Heidenmission, die darauffolgende Auseinandersetzung mit der Gnosis, die beginnende christologische Diskussion etc. Das wird ja alles dadurch nicht angetastet. Das Problem besteht nur, wenn man, sagen wir mal, die Paulusbriefe auf 150 datiert und alles andere beim alten belässt. Denn dann kann es nicht stimmen, dass Lukas die Apostelgeschichte verfasst hat, denn die muss nach den Paulusbriefen entstanden sein etc. pp. Wenn Du das alles ins Jahr 150 verlegst, dann müsstest Du einen Autor annehmen, der eine aus heutiger Sicht plausible geschichtliche Entwicklung mit unterschiedlichen geistigen Strömungen und vielen unterschiedlichen Autoren mit unterschiedlichen Schreibstilen, kulturellen Hintergründen und persönlichen Anliegen simuliert hat. Eben nicht. Wenn man alles um 70 Jahre verschiebt, existiert das Problem schlicht nicht. Du müsstest die Tatsache erklären, dass viele zutreffende historische Details der Evangelien aus dem Judentum der 30er Jahre einem Hellenisten des Jahres 150 schlicht und einfach nicht bekannt gewesen sein können. Wie kommst Du auf diese steile These? Etwa dadurch, dass Markus tatsächlich vieles über das Judentum nicht wusste und nicht einmal die Geografie der Region kannte? Bis auf Matthäus strotzen die Evangelien nur so vor Unkenntnis. Dein gesamter Denkansatz ist vollkommen anachronistisch. Es gab zu dieser Zeit keine Romane und Romanautoren. Es gab kein Internet, in dem man mal schnell Informationen aus entlegenen Kulturen und Zeiten nachschauen konnte. Und es gab keine Möglichkeit, Traditionen zentral zu steuern und zu überwachen. So so, es gab keine Romane. Aber was sind erfundene Geschichten anderes als Romane oder umgekehrt? Meinst Du das ernst, dass es damals keine erfundenen Geschichten gab? Ob es damals schon den Gattungsbegriff "Roman" dafür gab oder nicht, ist unerheblich. Und ich habe nicht behauptet, Traditionen seien zentral gesteuert worden - jedenfalls nicht, bevor es die Kirche gab. Die Geschichten rund um Jesus sind organisch gewachsen, jeder hat halt nur ein paar kleine Details hinzugefügt oder geändert. Die Evangelien, beispielsweise, entstanden aus dem AT, den Erzählungen kynischer Wanderphilosophen und antiker Mythen. So erzählt beispielsweise Markus einige Mythen aus der Illias neu. Geschichten wurden auch von einer Kultur zur anderen verbreitet, und damit auch kulturelle Details. Manchmal gab es auch Geschichten, die in jeder Kultur erzählt wurden. Dazu gehört beispielsweise die Geschichte einer Sintflut. Eine solche Geschichte wurde selbst in China erzählt, dort allerdings mit einem kleinen Twist. Der damalige chinesische Kaiser baute nämlich keine Arche, sondern Dämme, und verhinderte damit, dass Gott China ebenfalls überflutete. Auch die Geschichte eines Sohn Gottes, der von den Toten wieder auferstand, gab es in allen Kulturen des nahen Ostens, und zwar Dutzendweise (Herakles, Mithras, Adonis, Attis, Osiris, Horus, Dionysos, Tammuz, Krishna und und und). Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Volker Geschrieben 30. November 2012 Melden Share Geschrieben 30. November 2012 Aber bei Volkers Theorie geht es ja vor allem darum, Christen klarzumachen, dass sie dumme Gänse sind, die auf eine Lügengeschichte hereingefallen sind. Und das ist dann schon nicht mehr ganz so lustig. Weil ja auch viele Menschen die inhaltliche Dürftigkeit dieser Thesen gar nicht durchschauen können. Das stimmt schlicht nicht. Ich denke, es ist normalerweise rational gerechtfertigt, sich der Mehrheit der Experten anzuschließen. Wenn etwa die Mehrheit der Astrophysiker das Alter des Universums auf 13,7 Jahrmilliarden datiert, dann kann man sich dieser Meinung ohne großes Risiko anschließen. Aber, und das ist die oft vergessene Voraussetzung: Eine Mehrheitsmeinung ist nur dann etwas wert, wenn sich die Experten - oder die Beteiligten - ihre Meinung unabhhängig voneinander gebildet haben. Ich hatte dazu ein drastisches Beispiel gewählt: Man hat ein Dutzend Zeugen dafür, dass zu der Zeit eines Mordes der Mafia-Pate Kaputzki in einer Kneipe gesehen wurde, wie er sein Bier trank. Normalerweise muss man dann sofort schließen: Es gibt absolut keinen Grund, das Kaputzki den Mord begangen hat, Fall erledigt. Wenn man aber zusätzlich bedenkt, dass ein weiterer Zeuge, der das bestritten hat, mit einem Betonklotz an den Füßen aus einem See gefischt wurde, und dass die Zeugen entweder von der Mafia abhängig sind oder Angst haben, dann kann man schon seine Zweifel haben, dass die Sache stimmt. Man muss das bei der Historie als Teil der Theologie so sehen. Wenn ein Theologe an der katholischen Fakultät die These äußert, dass Jesus nie gelebt hat, dann ist seine Karriere damit beendet. Damit ist die Mehrheitsmeinung der Experten nichts mehr wert. Kann sein, dass sie trotzdem recht haben, kann sein, dass es nicht so ist - eine Berufung auf deren Autorität ist dann aber in jedem Fall ein Denfehler, so oder so, gleichgültig, wie die Sachlage ausgeht. Ein wissenschaftlicher Historiker vertritt nur seine Ansichten, die er sich selbst gebildet hat, da gibt es zwar auch Abhängigkeiten, aber die sind nicht so dramatisch wie bei Theologen. Theologische Historie ist aber eine mit wissenschaftlichen Mitteln betriebene Apologetik, damit keine Wissenschaft mehr. Wissenschaft lebt von den Querdenkern. Natürlich gibt es in der Theologie auch Querdenker. Bruno Bauer, David Friedrich Strauß, Albert Schweitzer, Küng, Ranke-Heinemann, Lüdemann, Mynarek u. v. a. m. - aber wir wissen, wie es denen ergangen ist. Deutschland war mal das Zentrum der Radikalkritik - deswegen mussten deutsche katholische Theologen damals auch den Antimodernisteneid schwören, das war das Ende der Radikalkritik in Deutschland, von ganz wenigen Ausnahmen abgesehen. Heute finden wir Radikalkritik fast nur noch in den Niederlanden und den USA. Das ist der Grund, warum ein Robert M. Price bei mir mehr zählt als ein Dutzend beliebiger katholischer Theologen, deren Argumente kann man zwar verwenden, aber bei den Prämissen muss man vorsichtig sein. Na gut, Vorsicht muss man überall walten lassen, auch bei Price. Aber ich beziehe mich auf Argumente, nicht auf einen Glauben, den ich sowieso nicht mehr habe. Ich folge den Argumenten, nicht dem Glauben - bei Dir ist es genau umgekehrt. Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Quoth Geschrieben 1. Dezember 2012 Melden Share Geschrieben 1. Dezember 2012 [...] So reime ich mir mögliche Gründe zusammen, die Halbfas haben könnte. Ob es auch so ist weiß ich natürlich nicht! Meine Hypothese: [...] Ähem? Wenn ich laut darüber mutmaße, wie Marsilio Ficino zu seiner Einschätzung der hohen Bedeutung der Tabula Smaragdina kam, sichtbar in der relativ frühen Übersetzung, mache ich mir doch nicht dessen Position zu eigen oder widerspreche mir selbst, wenn ich anderswo die Rezeptionsgeschichte des genannten Textes für interessanter als den Text selbst erkläre. Ich erkläre (mir und möglicherweise anderen) wie jemand anders, basierend auf meinem Wissen über dessen Wissen, möglichen ideologischen Motiviationen etc. seine Haltung begründet hat. Und ähnliches scheint mir hier der Fall zu sein. Auch wenn ich zugegebenermaßen nicht die verlinkte Diskussion gelesen habe. Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Der Geist Geschrieben 1. Dezember 2012 Autor Melden Share Geschrieben 1. Dezember 2012 [...] So reime ich mir mögliche Gründe zusammen, die Halbfas haben könnte. Ob es auch so ist weiß ich natürlich nicht! Meine Hypothese: [...] Ähem? Wenn ich laut darüber mutmaße, wie Marsilio Ficino zu seiner Einschätzung der hohen Bedeutung der Tabula Smaragdina kam, sichtbar in der relativ frühen Übersetzung, mache ich mir doch nicht dessen Position zu eigen oder widerspreche mir selbst, wenn ich anderswo die Rezeptionsgeschichte des genannten Textes für interessanter als den Text selbst erkläre. Ich erkläre (mir und möglicherweise anderen) wie jemand anders, basierend auf meinem Wissen über dessen Wissen, möglichen ideologischen Motiviationen etc. seine Haltung begründet hat. Und ähnliches scheint mir hier der Fall zu sein. Auch wenn ich zugegebenermaßen nicht die verlinkte Diskussion gelesen habe. Interessantes Statement: Übersetzt schreibt der User: Ich habe zwar keine Ahnung ob das was ich behaupte überhaupt Gegenstand des Threads ist, weil ich ihn gar nicht gelesen habe. Aber es musste unbedingt gesagt werden, weil ich zeigen will, wie schlau ich bin. Ich finde das lieb! Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Franziskaner Geschrieben 2. Dezember 2012 Melden Share Geschrieben 2. Dezember 2012 (bearbeitet) Was ich nur sage: Alles ist vermutlich später entstanden als die Orthodoxie es gerne haben möchte. Man muss nur die Entstehung aller Texte verschieben - wobei, wie gesagt, dass dies auch für die Paulusbriefe gilt ist tatsächlich nur meine Theorie, weil ich das in der Kombination noch nie gehört habe. Eral Doherty, beispielsweise, von dem ich einige Argumente übernommen habe, datiert die Paulusbriefe orthodox und hält sie nicht für gefälscht. Detering wiederum datiert die Evangelien orthodox, ebenso wie Doherty. Price wiederum datiert die Evangelien auf 135-150 und führt dazu eine Menge Gründe an, die zum großen Teil auch nicht von ihm stammen. Wie Price zu Paulus steht, weiß ich nicht, sein Buch "The Amazing Colossal Apostle" ist noch nicht erschienen. Möglich, dass er die Thesen von Detering unterstützt - oder auch nicht. Das Jesus-Seminar wiederum datiert die Evangelien ebenfalls orthodox, ebenso Paulus. Ebenso Bart Ehrmann. Unter den anderen Radikalkritikern bildet sich allmählich eine Mehrheit zugunsten der Spätdatierung der Evangelien, d. h. die Mehrheit der nicht von der katholischen oder evangelischen Orthodoxie abhängigen Theologen tendiert inzwischen zur Spätdatierung - die sind aber nicht auf das Wohlwollen einer Kirche angewiesen, sondern nur der Wahrheit verpflichtet. Verschiebt man einmal alle Texte, sozusagen en Block, ergibt sich kein einziges der Probleme, das Du aufzählst. Es werden aber eine ganze Reihe vorher unlösbarer Probleme gelöst, beispielsweise, warum es fast 100 Jahre gedauert hat, bis man die Evangelien zur Kenntnis genommen hat. Es übersiehst dabei aber die Tatsache, das die wichtigen Eckpunkte der Entstehung des Christentums auch von außerchristlichen Quellen belegt sind. - sowohl jüdische als auch römische Quellen bestätigen die Kreuzigung Jesu - sowohl jüdische als auch römische Quellen bestätigen, dass das Christentum zunächst als jüdische Sekte wahrgenommen wurde. (Dazu passt, dass Paulus als erste Anlaufpunkte in neuen Städten meistens die Synagogen wählte) - spätestens um das Jahr 100 gibt es einen formellen Ausschluss der Christen aus der jüdischen Gemeinde. (Diese Konflikte finden ihren Widerhall in den Evangelien) - im Jahre 49 ließ Kaiser Claudius Juden als "Anhänger des Chrestus" aus Rom ausweisen. Paulus traf diese ausgewiesenen Christen in Korinth. - Nero ließ schon im Jahre 68 Christen in einem groß angelegten Pogrom verfolgen verfolgen. Das gesamte neue Testament spiegelt die Auseinandersetzung zwischen hellenistischen und jüdischen Strömungen im Christentum wieder. Mit dem Jakobusbrief und dem Matthäusevangelium gibt es wenigstens zwei judenchristliche Zeugnisse, die nicht hellenistisch beinflusst sind, und sich trotzdem lückenlos in das Meinungsspektrum vor bzw. während der endgültigen Trennung von der Synagoge einfügen. Wie Shalom Ben Chorin gezeigt hat, geht die Passionsgeschichte bei Johannes auf lokale Besonderheiten zur Zeit Jesu ein, die im Griechenland des Jahres 100, erst recht 150 gar nicht bekannt gewesen sein können. (Wie schon gesagt: Wikipedia gab es noch nicht) Zur Mitte des 2. Jahrhunderts ist die christologische Diskussion bereits in vollem Gange. (Dazu gehört übrigens auch Markion mit seiner kompletten Anblehnung des AT, die weder zu Matthäus, noch zu Jakobus, noch zur Apostelgeschichte passt) Die Paulusbriefe und die Evangelien fügen sich in diese Diskussion überhaupt nicht ein. Sie sind an einer systematischen Durchdringung der Frage "Gott oder Mensch oder was auch immer?" überhaupt nicht interessiert und bieten aus diesem Grund auch keine konsistente Lehre in dieser Frage. Und warum gibt es so wenig Texte, die sich mit den Evangelien befassen? Das hat meines Erachtens zwei Gründe: 1. Über das was man kennt, braucht man nicht zu reden. Wenn du z.B. die letzten 10 Jahrgänge der Regionalmitteilungen der Franziskanischen Gemeinschaft lesen würdest, könntest du zu der Ansicht kommen, dass Franziskus nie gelebt hat. Da gibt es Klatsch und Tratsch aus den Gemeinschaften; Berichte über Beschlüsse des Regional- und Nationalkapitels; Artikel zu aktuellen Themen aus Sicht franziskanische Spiritualität (die gelegentlich anekdotenhaft mit Einzelereignissen aus dem Leben des Franziskus verbunden sind). Aber über den historischen Franz von Assisi erfährst du da nicht. Und zwar, weil sein Leben und seine Lehre allen bekannt sind. Man braucht das nicht dauernd zu wiederholen. 2. Die Botschaft Jesu war und ist eine Provokation und eine Überforderung. Vieles davon war damals nicht einmal in Ansätzen umsetzbar. Das ging bis ins Mittelalter so. Im 6. Jahhundert beschwerte sich ein fränkischer Priester, dem man Gewalttätigkeit vorgeworfen hatte: "Nur weil ich Kleriker bin, brauch ich doch nicht auf mein Recht auf Rache zu verzichten." Das germanische Denken zu überwinden, dauerte Jahrhunderte. Der erste, der sich explizit auf das Evangelium berief und nichts anderes wollte, als es in der normalen Gesellschaft zu leben und umzusetzen, war Franziskus. Und der galt wegen dieses Ansatzes jahrhundertelang als "Heiliger Narr". Die Tatsache, das überhaupt so ein umfangreicher Kern der Botschaft Jesu überliefert wurde, obwohl man überhaupt nicht daran dachte, das auch in praktische Leben zu übersetzen, spricht dafür, dass man so großen Respekt davor hatte, dass man es unverändert tradierte, obwohl es zunächst einmal keine praktische Relevanz hatte. Das Evangelium ist auf jeden Fall denkbar ungeeignet, um einer rein machtorientierten Organisation eine Rechtfertigungsgrundlage zu bieten. bearbeitet 2. Dezember 2012 von Franziskaner 3 Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Franziskaner Geschrieben 2. Dezember 2012 Melden Share Geschrieben 2. Dezember 2012 Es gibt ja tatsächlich Fälle von Fälschungen, in denen später entstandene Texte biblischen Personen untergeschoben wurden. Solche Fälschungen sind aus heutiger Sicht auf den ersten Blick zu erkennen: an ihrer mangelnden Plausibilität (was den historischen Ablauf angeht), an ihrer inhaltlichen Einseitigkeit, aber vor allem an ihrer inhaltlichen Dürftigkeit. So gibt es z.B. einen gefälschten Briefwechsel zwischen Paulus und Seneca. Da steht nichts drin außer zusammengestoppelten Paulus-Zitaten und nichtssagenden Antworten von Seneca. Ebenso ist es auch mit den apokryphen Evangelien. Das sind tatsächlich unzusammenhängende Wundergeschichten ohne inhaltlichen Kern, oder Schriftwerke, die beweisen sollen, dass Jesus ein Gnostiker war. 1 Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Franziskaner Geschrieben 2. Dezember 2012 Melden Share Geschrieben 2. Dezember 2012 (bearbeitet) Falsche Frage. Wie ich schon sagte: So etwas wie ein Abendmahl hat es schon lange vor dem Christentum gegeben. Klar hat es das: das jüdische Seder-Mahl gab es schon tausend Jahre früher. Aber dass eine reale Person diese Feier aufgegriffen und auf sich selber gedeutet hat, das gab es vorher nicht. Auch nicht in den antiken Mysterienkulten. Klar ist außerdem, das Jesus hier eine Linie zum Abschluss bringet, die sein gesamtes Wirken durchzieht: er stellt sich selber als Identifikationsfigur zur Vefügung, er lässt sich von der Sehnsucht der Menschen vereinnahmen, um sie zu heilen. bearbeitet 2. Dezember 2012 von Franziskaner Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Franziskaner Geschrieben 2. Dezember 2012 Melden Share Geschrieben 2. Dezember 2012 So so, es gab keine Romane. Aber was sind erfundene Geschichten anderes als Romane oder umgekehrt? Meinst Du das ernst, dass es damals keine erfundenen Geschichten gab? Ob es damals schon den Gattungsbegriff "Roman" dafür gab oder nicht, ist unerheblich. Da stimmt nicht. Der Roman ist eine typische Kulturform der Moderne: in ihm geht es tatsächlich darum, erfundene Geschichten so in die reale Welt einzufügen, dass sie wahr sein könnten. Und zwar in allen Details: den psychologischen, sozialen, historischen und geographischen. Im 20. Jahhundert kam dann die Technik hinzu, unterschiedliche Schreibstile zu nutzen, um verschiedene Personen mit unterschiedlichen Blickwinkeln zu Wort kommen zu lassen. Dieser Verzicht auf den allwissenden Erzähler verschafft der Geschichte eine höhere Anmutung von Authenzität. Aber wie gesagt: in der Antike gab es das nicht. Es gab Sagen, Legenden, Epen, Gedichte, philosophische Texte. Aber keine Romane. Und deine Theorie der Entstehung des NT setzt dieses Bewusstsein für die Existenz von Romanen voraus. Du hast den Hinweis auf Dan Brown ja selber mal gebracht. Und das ist einfach anachronistisch. 1 Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Marcellinus Geschrieben 2. Dezember 2012 Melden Share Geschrieben 2. Dezember 2012 Es gibt ja tatsächlich Fälle von Fälschungen, in denen später entstandene Texte biblischen Personen untergeschoben wurden. Solche Fälschungen sind aus heutiger Sicht auf den ersten Blick zu erkennen: an ihrer mangelnden Plausibilität (was den historischen Ablauf angeht), an ihrer inhaltlichen Einseitigkeit, aber vor allem an ihrer inhaltlichen Dürftigkeit. So gibt es z.B. einen gefälschten Briefwechsel zwischen Paulus und Seneca. Da steht nichts drin außer zusammengestoppelten Paulus-Zitaten und nichtssagenden Antworten von Seneca. Ebenso ist es auch mit den apokryphen Evangelien. Das sind tatsächlich unzusammenhängende Wundergeschichten ohne inhaltlichen Kern, oder Schriftwerke, die beweisen sollen, dass Jesus ein Gnostiker war. Was ist zB mit dem 10. Buch der Plinius-Briefe, das im Stil so ganz anders, und posthum von Unbekannt veröffentlicht? Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Marcellinus Geschrieben 2. Dezember 2012 Melden Share Geschrieben 2. Dezember 2012 Es übersiehst dabei aber die Tatsache, das die wichtigen Eckpunkte der Entstehung des Christentums auch von außerchristlichen Quellen belegt sind. - sowohl jüdische als auch römische Quellen bestätigen die Kreuzigung Jesu Ja? Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Bjarne Geschrieben 2. Dezember 2012 Melden Share Geschrieben 2. Dezember 2012 Da stimmt nicht. Der Roman ist eine typische Kulturform der Moderne Das ist nun wirklich haarsträubender Unsinn. Und das hier: Im 20. Jahhundert kam dann die Technik hinzu, unterschiedliche Schreibstile zu nutzen, um ... das ist einfach nur Spam. Man muss nun wirklich kein Literaturwissenschaftler sein, um deine Behauptungen, oder deine Definition zur Entstehung und Kulturgeschichte des Romans (in den verschiedensten europischen Epochen), einfach und schlichtweg als allergrößten Humbug zu bezeichnen. Jetzt einmal ehrlich, Franziskaner, solche Sätze hier: Im 20. Jahhundert kam dann die Technik hinzu, unterschiedliche Schreibstile zu nutzen, um verschiedene Personen mit unterschiedlichen Blickwinkeln zu Wort kommen zu lassen. die sind doch eigentlich völlig absurd. Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Volker Geschrieben 2. Dezember 2012 Melden Share Geschrieben 2. Dezember 2012 Es übersiehst dabei aber die Tatsache, das die wichtigen Eckpunkte der Entstehung des Christentums auch von außerchristlichen Quellen belegt sind. Die Entstehung des Christentums ist gut belegt. Aber das hier nicht: - sowohl jüdische als auch römische Quellen bestätigen die Kreuzigung Jesu Es gibt keine römische Quelle zur Kreuzigung Jesu, und die Stelle im Talmud kommt ziemlich spät. Zu spät, um noch von Relevanz zu sein. - sowohl jüdische als auch römische Quellen bestätigen, dass das Christentum zunächst als jüdische Sekte wahrgenommen wurde. (Dazu passt, dass Paulus als erste Anlaufpunkte in neuen Städten meistens die Synagogen wählte) Ja. Das besagt nichts. Niemand bestreitet, dass es schon 1. Jahrhundert das Christentum gab (genauer: Viele unterschiedliche christliche Gruppen). - spätestens um das Jahr 100 gibt es einen formellen Ausschluss der Christen aus der jüdischen Gemeinde. (Diese Konflikte finden ihren Widerhall in den Evangelien) Wie gesagt, Christen gab es schon deutlich früher. Vielleicht sogar schon vor dem Jahr 30? Was dagegen spricht ist, dass die Qumran-Rollen keine Christen erwähnen. - im Jahre 49 ließ Kaiser Claudius Juden als "Anhänger des Chrestus" aus Rom ausweisen. Paulus traf diese ausgewiesenen Christen in Korinth. Steile These. Chrestus ist ein Name, aber nicht unbedingt ein Hinweis auf Christen. Woher hast Du das mit Korinth? - Nero ließ schon im Jahre 68 Christen in einem groß angelegten Pogrom verfolgen verfolgen. Ja, wie gesagt, Christen gab es schon. Das bestreitet, soweit ich weiß, niemand. Umstritten ist die Quelle des Christentums, nicht ihre Existenz. Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
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