HerrBert Geschrieben 27. Dezember 2012 Melden Share Geschrieben 27. Dezember 2012 Zunächst einmal Hallo an Alle! Wissenschaftlicher Fortschritt besteht darin, Modelle zu entwickeln, die die beobachtbaren Tatsachen besser beschreiben als vorher, und Tatsachen in größerem Umfang beobachtbar machen. Wissenschaften sind ein ständiges Wechselspiel von Tatsachenbeobachtung und Theoriebildung, und setzen damit eine beobachtbare Wirklichkeit als Gegenstand voraus. Ich möchte hier nachfragen, wie in dieses Wissenschaftsverständnis physikalische Spekulationen wie Stringtheorie(n) oder das Randall-Sundrum-Modell (nur mal als Beispiele) deiner Meinung nach passen? Da wirds ja mit dem Beobachten schwierig. Ich möchte erwähnen, dass es ja gerade solche Spekulationen waren, die die Wissenschaft oft weitergebracht haben, obwohl sie deinem Wissenschaftsbegriff (s. Zitat oben) nicht entsprechen. Oder die Mathematik, die ja auch nicht gerade mit "beobachtbaren Tatsachen" punkten kann. Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Marcellinus Geschrieben 27. Dezember 2012 Melden Share Geschrieben 27. Dezember 2012 Zunächst einmal Hallo an Alle! Wissenschaftlicher Fortschritt besteht darin, Modelle zu entwickeln, die die beobachtbaren Tatsachen besser beschreiben als vorher, und Tatsachen in größerem Umfang beobachtbar machen. Wissenschaften sind ein ständiges Wechselspiel von Tatsachenbeobachtung und Theoriebildung, und setzen damit eine beobachtbare Wirklichkeit als Gegenstand voraus. Ich möchte hier nachfragen, wie in dieses Wissenschaftsverständnis physikalische Spekulationen wie Stringtheorie(n) oder das Randall-Sundrum-Modell (nur mal als Beispiele) deiner Meinung nach passen? Da wirds ja mit dem Beobachten schwierig. Ich möchte erwähnen, dass es ja gerade solche Spekulationen waren, die die Wissenschaft oft weitergebracht haben, obwohl sie deinem Wissenschaftsbegriff (s. Zitat oben) nicht entsprechen. Oder die Mathematik, die ja auch nicht gerade mit "beobachtbaren Tatsachen" punkten kann. Hallo erst einmal! Ich bin kein Physiker, aber du sprichst ja selbst von Spekulationen. Dagegen kann niemand etwas haben, solange diese Spekulationen nicht anerkanntem und belegbarem Wissen widersprechen, oder der Forschung im Wege stehen. Am Ende bringt nur Wissen weiter, und das erhält man nur, wenn man Modelle durch Tatsachenbeobachtungen belegen kann. Die Mathematik ist ähnlich wie die Logik ein in sich geschlossenes formales System. Manche nennen sie auch Philosophie in Zahlen. Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
JohannaP Geschrieben 27. Dezember 2012 Melden Share Geschrieben 27. Dezember 2012 jeder verhaltensbiologe ist gefordert, seine beobachtungen durch experimente zu belegen, und nicht durch schwurbeleien, aka emperische erkenntnisse. disziplinen wie soziobiologie kommen dieser anforderung auch nach.Verhaltensbiologie beruht meist auf Beobachtungen und weniger auf Experimenten.das geht zwar schrecklich OT, aber ich kann es nicht auf mir sitzen lassen: aus einer beobachtung lässt sich eine these formulieren, aber diese ist zu ihrer weiteren erhärtung, nutzbarmachung und verwendung mit ws methoden zu testen und zu belegen...... .........alleine wäre man nie darauf gekommen. Vielen Dank für die schöne Erklärung. Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
HerrBert Geschrieben 27. Dezember 2012 Melden Share Geschrieben 27. Dezember 2012 Zunächst einmal Hallo an Alle! Wissenschaftlicher Fortschritt besteht darin, Modelle zu entwickeln, die die beobachtbaren Tatsachen besser beschreiben als vorher, und Tatsachen in größerem Umfang beobachtbar machen. Wissenschaften sind ein ständiges Wechselspiel von Tatsachenbeobachtung und Theoriebildung, und setzen damit eine beobachtbare Wirklichkeit als Gegenstand voraus. Ich möchte hier nachfragen, wie in dieses Wissenschaftsverständnis physikalische Spekulationen wie Stringtheorie(n) oder das Randall-Sundrum-Modell (nur mal als Beispiele) deiner Meinung nach passen? Da wirds ja mit dem Beobachten schwierig. Ich möchte erwähnen, dass es ja gerade solche Spekulationen waren, die die Wissenschaft oft weitergebracht haben, obwohl sie deinem Wissenschaftsbegriff (s. Zitat oben) nicht entsprechen. Oder die Mathematik, die ja auch nicht gerade mit "beobachtbaren Tatsachen" punkten kann. Hallo erst einmal! Ich bin kein Physiker, aber du sprichst ja selbst von Spekulationen. Dagegen kann niemand etwas haben, solange diese Spekulationen nicht anerkanntem und belegbarem Wissen widersprechen, oder der Forschung im Wege stehen. Am Ende bringt nur Wissen weiter, und das erhält man nur, wenn man Modelle durch Tatsachenbeobachtungen belegen kann. Die Mathematik ist ähnlich wie die Logik ein in sich geschlossenes formales System. Manche nennen sie auch Philosophie in Zahlen. Ist es wirklich so einfach? Ich habe meine Zweifel. Die Tatsachenbeobachtungen sind ja selbst theoriengeladen, wie es im Kritischen Rationalismus so schön genannt wird. Der wissenschaftliche Erkenntnisprozess ist ja keineswegs so simpel, dass am Anfang eine Tatsachenbeobachtung steht, die man dann mit einem Modell zu verstehen sucht, das wiederum durch eine Tatsachenbeobachtung belegt wird. Da hätte man bloß einen Zirkel. Im Gegenteil, oft stehen Tatsachenbeobachtungen aus, um ein Modell zu bestätigen, und zwar nicht, weil sie noch nicht gemacht wurden, sondern weil sie (mit hoher Wahrscheinlichkeit) nie werden gemacht werden können (wie z.B: bei M-Theorien). Trotzdem werden solche Modelle und der Erkenntnisprozess, der zu ihnen geführt hat, im Forschungsbetrieb als wissenschaftlich anerkannt. Die Mathematik hatte ich erwähnt, weil sie gerne als Struktur- und "Hilfs"-Wissenschaft bezeichnet wird (wobei auch hier eben als Wissenschaft). Nach deinen Kriterien ist sie aber keine Wissenschaft, denn sie hat, zumindest als theoretische Mathematik, nichts mit Tatsachenbeobachtungen zu tun. Da m.W. Konsens darüber besteht, dass Mathematik eine, wenn nicht die wesentliche Grundlage vieler Wissenschaften ist, die dein Kriterium erfüllen, z.B. die Physik, finde ich es erstaunlich, dass eine Disziplin wie die Mathematik, die das gerade nicht tut, dort so grundlegend sein kann. Welches Licht wirft das auf deinen Wissenschaftsbegriff? Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Marcellinus Geschrieben 27. Dezember 2012 Melden Share Geschrieben 27. Dezember 2012 (bearbeitet) Ist es wirklich so einfach? Ich habe meine Zweifel. Die Tatsachenbeobachtungen sind ja selbst theoriengeladen, wie es im Kritischen Rationalismus so schön genannt wird. Der wissenschaftliche Erkenntnisprozess ist ja keineswegs so simpel, dass am Anfang eine Tatsachenbeobachtung steht, die man dann mit einem Modell zu verstehen sucht, das wiederum durch eine Tatsachenbeobachtung belegt wird. Da hätte man bloß einen Zirkel. Ja, ist es! Du hast es sogar selbst zitiert: Wissenschaftlicher Fortschritt besteht darin, Modelle zu entwickeln, die die beobachtbaren Tatsachen besser beschreiben als vorher, und Tatsachen in größerem Umfang beobachtbar machen. Wissenschaften sind ein ständiges Wechselspiel von Tatsachenbeobachtung und Theoriebildung, und setzen damit eine beobachtbare Wirklichkeit als Gegenstand voraus. oder wie Auguste Comte vor fast 200 Jahren schrieb: „Denn wenn auch auf der einen Seite jede positive Theorie notwendigerweise auf Beobachtungen fundiert sein muß, so ist es auf der anderen Seite nicht weniger richtig, daß unser Verstand eine Theorie der einen oder anderen Art braucht, um zu beobachten. Wenn man bei der Betrachtung von Erscheinungen diese nicht unmittelbar in Beziehung zu gewissen Prinzipien setzen würde, wäre es nicht nur unmöglich für uns, diese isolierten Beobachtungen miteinander in Verbindung zu bringen ... wir würden sogar völlig unfähig sein, uns an die Tatsachen zu erinnern; man würde sie zum größten Teil nicht wahrnehmen." (Auguste Comte, Cours de Philosophie Positive, Band 1, Paris 1907) Die Mathematik hatte ich erwähnt, weil sie gerne als Struktur- und "Hilfs"-Wissenschaft bezeichnet wird (wobei auch hier eben als Wissenschaft). Nach deinen Kriterien ist sie aber keine Wissenschaft, denn sie hat, zumindest als theoretische Mathematik, nichts mit Tatsachenbeobachtungen zu tun. Da m.W. Konsens darüber besteht, dass Mathematik eine, wenn nicht die wesentliche Grundlage vieler Wissenschaften ist, die dein Kriterium erfüllen, z.B. die Physik, finde ich es erstaunlich, dass eine Disziplin wie die Mathematik, die das gerade nicht tut, dort so grundlegend sein kann. Welches Licht wirft das auf deinen Wissenschaftsbegriff? Überhaupt keinen, außer vielleicht, daß das Prestige der Wissenschaften heute so groß ist, vor allem aufgrund der unbezweifelbaren Erfolge der Naturwissenschaften, daß jeder Akademiker seinen Bereich auch als Wissenschaft bezeichnet sehen will. Ich streite mich nicht um Begriffe. Für mich geht es um die Wissenschaften, die Modelle erstellen zur Beschreibung der Wirklichkeit (wieder so ein Begriff, um den Philosophen sich unendlich streiten können), also Physik, Biologie und Soziologie, wobei die letztere sich noch im Stadium der Inventurwissenschaft befindet, in dem man zwar eine Fülle belegbarer Tatsachen hat, aber kein verbindliches und nachprüfbares Modell von Zusammenhängen zwischen diesen Tatsachen. Um diese Wissenschaften im engeren Sinne, man könnte sie mit Comte positive Wissenschaften nennen, geht es. Was nun die Mathematik betrifft, so gab und gibt es Zahlenmystiker, die in die Mathematik alles mögliche hineingeheimnissen. In meinem Mathematikstudium hieß es kurz, Mathematik sei das, was man in 50 Jahren in der Physik brauche. Am Ende sind es menschengemachte Symbole, und wenn man Symbolen ein Eigenleben zuschreibt, landet man bei der Metaphysik. bearbeitet 27. Dezember 2012 von Marcellinus Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
teofilos Geschrieben 27. Dezember 2012 Melden Share Geschrieben 27. Dezember 2012 jeder verhaltensbiologe ist gefordert, seine beobachtungen durch experimente zu belegen, und nicht durch schwurbeleien, aka emperische erkenntnisse. disziplinen wie soziobiologie kommen dieser anforderung auch nach.Verhaltensbiologie beruht meist auf Beobachtungen und weniger auf Experimenten.das geht zwar schrecklich OT, aber ich kann es nicht auf mir sitzen lassen: aus einer beobachtung lässt sich eine these formulieren, aber diese ist zu ihrer weiteren erhärtung, nutzbarmachung und verwendung mit ws methoden zu testen und zu belegen. zb: krähen an kanadas westküste fangen schalentiere, fliegen dann in die höhe und lassen sie fallen, um die schale zu brechen und das innere fressen zu können. meist braucht es mindestens zwei anläufe, dh. fangen, fliegen, fallen lassen, wiederfinden, auflesen, wieder fliegen, wieder fallen lassen, bis die schale kaputt ist. jeder depp kann sich einen tag lang an die küste setzen und das beobachten. wenn es aber zb darum geht den küstenstrich unter naturschutz zu stellen muss man schon etwas mehr als beobachtungen anliefern. zb eine these welche die intelligenz der krähen plausibilisiert und begründet. dazu hat ein verhaltensbiologe erstmal selbst schalentiere verschiedener grösse eingesammelt und sie aus verschiedenen höhen fallen lassen und daraus das optimale verhältnis energieleistung (benötigt durch den aufwärtsflug) zu den gewonnen kalorien (gewonnen durchs fressen der beute) berechnet. und siehe da. krähen – obwohl nicht davon auszugehen ist dass sie es ausrechnen können- taten das sehr nahe am optimum. später offerierte man ihnen ein schalentier-buffet - von mini-bissen bis ganz grossen. sie taten immer das „ökonomischste“. aber durch beobachtung alleine wäre man nie darauf gekommen. Könnte es sein, dass ihr beide eine unterschiedliche Auffassung von 'Experiment' habt? Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Volker Geschrieben 27. Dezember 2012 Melden Share Geschrieben 27. Dezember 2012 jeder verhaltensbiologe ist gefordert, seine beobachtungen durch experimente zu belegen, und nicht durch schwurbeleien, aka emperische erkenntnisse. disziplinen wie soziobiologie kommen dieser anforderung auch nach.Verhaltensbiologie beruht meist auf Beobachtungen und weniger auf Experimenten.das geht zwar schrecklich OT, aber ich kann es nicht auf mir sitzen lassen: aus einer beobachtung lässt sich eine these formulieren, aber diese ist zu ihrer weiteren erhärtung, nutzbarmachung und verwendung mit ws methoden zu testen und zu belegen. zb: krähen an kanadas westküste fangen schalentiere, fliegen dann in die höhe und lassen sie fallen, um die schale zu brechen und das innere fressen zu können. meist braucht es mindestens zwei anläufe, dh. fangen, fliegen, fallen lassen, wiederfinden, auflesen, wieder fliegen, wieder fallen lassen, bis die schale kaputt ist. jeder depp kann sich einen tag lang an die küste setzen und das beobachten. wenn es aber zb darum geht den küstenstrich unter naturschutz zu stellen muss man schon etwas mehr als beobachtungen anliefern. zb eine these welche die intelligenz der krähen plausibilisiert und begründet. dazu hat ein verhaltensbiologe erstmal selbst schalentiere verschiedener grösse eingesammelt und sie aus verschiedenen höhen fallen lassen und daraus das optimale verhältnis energieleistung (benötigt durch den aufwärtsflug) zu den gewonnen kalorien (gewonnen durchs fressen der beute) berechnet. und siehe da. krähen – obwohl nicht davon auszugehen ist dass sie es ausrechnen können- taten das sehr nahe am optimum. später offerierte man ihnen ein schalentier-buffet - von mini-bissen bis ganz grossen. sie taten immer das „ökonomischste". aber durch beobachtung alleine wäre man nie darauf gekommen. Könnte es sein, dass ihr beide eine unterschiedliche Auffassung von 'Experiment' habt? Ja. Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
JohannaP Geschrieben 27. Dezember 2012 Melden Share Geschrieben 27. Dezember 2012 @Voker: Ja. Hast Du wirklich nur "ja" geschrieben? Ich bin überrascht. Das passiert in diesem Forum nicht mehr häufig. Sorry Volker. Ist nicht böse gemeint. Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Volker Geschrieben 27. Dezember 2012 Melden Share Geschrieben 27. Dezember 2012 @Voker: Ja. Hast Du wirklich nur "ja" geschrieben? Ich bin überrascht. Das passiert in diesem Forum nicht mehr häufig. Sorry Volker. Ist nicht böse gemeint. Ich kann auch kurz, daran wollte ich mal erinnern. Nur, dass dies dann auch wieder nicht recht ist... Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
JohannaP Geschrieben 27. Dezember 2012 Melden Share Geschrieben 27. Dezember 2012 Volker, das ist doch völlig OK. Es war halt nur so auffällig - für mich irgendwie gar nicht zu fassen! Sitzt da der ein und selbe Volker vor der Tastatur? Hab ich mich gefragt. Es ist bemerkenswert wenn sich der Schreibhabitus so unterscheidet. Und dass jemand der sonst immer sehr ausführlich kommentiert sich plötzlich mit einer (trotz allem auch sehr aussagekräftigen) Knappheit begnügt- sensationell. Das siehst Du wie auch wenig Text von einer schlichten, ja fast kargen Schönheit ganz kraftvoll einen Sachverhalt völlig ausreichend beschreiben kann. 1 Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Petrus Geschrieben 28. Dezember 2012 Melden Share Geschrieben 28. Dezember 2012 Was die Jungfrauengeburt betrifft: Ein Exeget (des Alten Testaments) wird erklären, dass der Begriff bei Jesaja nicht notwendigerweise "Jungfrau" heißen muss stimmt. Die Masoreten schreiben "junge Frau", während die Septuaginta "Jungfrau" schreibt. Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Werner001 Geschrieben 28. Dezember 2012 Melden Share Geschrieben 28. Dezember 2012 Was die Jungfrauengeburt betrifft: Ein Exeget (des Alten Testaments) wird erklären, dass der Begriff bei Jesaja nicht notwendigerweise "Jungfrau" heißen muss (was auch nie dogmatisiert war) Da ich die Stelle ja erst wieder einmal (oder vielmehr zweimal) gehört habe: Was für eine Art "Zeichen" könnte es denn sein, wenn eine junge Frau ein Kind bekommt? Das ist doch eigentlich eine Banalität. Werner Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Frank Geschrieben 28. Dezember 2012 Melden Share Geschrieben 28. Dezember 2012 (bearbeitet) jeder verhaltensbiologe ist gefordert, seine beobachtungen durch experimente zu belegen, und nicht durch schwurbeleien, aka emperische erkenntnisse. disziplinen wie soziobiologie kommen dieser anforderung auch nach.Verhaltensbiologie beruht meist auf Beobachtungen und weniger auf Experimenten.das geht zwar schrecklich OT, aber ich kann es nicht auf mir sitzen lassen: aus einer beobachtung lässt sich eine these formulieren, aber diese ist zu ihrer weiteren erhärtung, nutzbarmachung und verwendung mit ws methoden zu testen und zu belegen. zb: krähen an kanadas westküste fangen schalentiere, fliegen dann in die höhe und lassen sie fallen, um die schale zu brechen und das innere fressen zu können. meist braucht es mindestens zwei anläufe, dh. fangen, fliegen, fallen lassen, wiederfinden, auflesen, wieder fliegen, wieder fallen lassen, bis die schale kaputt ist. jeder depp kann sich einen tag lang an die küste setzen und das beobachten. wenn es aber zb darum geht den küstenstrich unter naturschutz zu stellen muss man schon etwas mehr als beobachtungen anliefern. zb eine these welche die intelligenz der krähen plausibilisiert und begründet. dazu hat ein verhaltensbiologe erstmal selbst schalentiere verschiedener grösse eingesammelt und sie aus verschiedenen höhen fallen lassen und daraus das optimale verhältnis energieleistung (benötigt durch den aufwärtsflug) zu den gewonnen kalorien (gewonnen durchs fressen der beute) berechnet. und siehe da. krähen – obwohl nicht davon auszugehen ist dass sie es ausrechnen können- taten das sehr nahe am optimum. später offerierte man ihnen ein schalentier-buffet - von mini-bissen bis ganz grossen. sie taten immer das „ökonomischste“. aber durch beobachtung alleine wäre man nie darauf gekommen. Was mir nicht ganz klar ist: Wie funzt theoloisch-wissenschaftliches Arbeiten so rein technisch gesehen. Achtung. liebe Fachleute, jetzt ist Phantasie gefragt: Der Papst will Phyllis´ Krähen in einer Enzyklika verwursten... Thema: Intelligenz der Schöpfung... was würde Benny´s Haus- und Hoftheologe machen um zu einem Entwurf zu kommen? (Mich interessiert da jetzt weniger das Ergebnis was in dem Entwurf drin stehen würde, sondern mehr das methodisch-wissenschaftliche Vorgehen, also die technische Seite) bearbeitet 28. Dezember 2012 von Frank Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Werner001 Geschrieben 28. Dezember 2012 Melden Share Geschrieben 28. Dezember 2012 jeder verhaltensbiologe ist gefordert, seine beobachtungen durch experimente zu belegen, und nicht durch schwurbeleien, aka emperische erkenntnisse. disziplinen wie soziobiologie kommen dieser anforderung auch nach.Verhaltensbiologie beruht meist auf Beobachtungen und weniger auf Experimenten.das geht zwar schrecklich OT, aber ich kann es nicht auf mir sitzen lassen: aus einer beobachtung lässt sich eine these formulieren, aber diese ist zu ihrer weiteren erhärtung, nutzbarmachung und verwendung mit ws methoden zu testen und zu belegen. zb: krähen an kanadas westküste fangen schalentiere, fliegen dann in die höhe und lassen sie fallen, um die schale zu brechen und das innere fressen zu können. meist braucht es mindestens zwei anläufe, dh. fangen, fliegen, fallen lassen, wiederfinden, auflesen, wieder fliegen, wieder fallen lassen, bis die schale kaputt ist. jeder depp kann sich einen tag lang an die küste setzen und das beobachten. wenn es aber zb darum geht den küstenstrich unter naturschutz zu stellen muss man schon etwas mehr als beobachtungen anliefern. zb eine these welche die intelligenz der krähen plausibilisiert und begründet. dazu hat ein verhaltensbiologe erstmal selbst schalentiere verschiedener grösse eingesammelt und sie aus verschiedenen höhen fallen lassen und daraus das optimale verhältnis energieleistung (benötigt durch den aufwärtsflug) zu den gewonnen kalorien (gewonnen durchs fressen der beute) berechnet. und siehe da. krähen – obwohl nicht davon auszugehen ist dass sie es ausrechnen können- taten das sehr nahe am optimum. später offerierte man ihnen ein schalentier-buffet - von mini-bissen bis ganz grossen. sie taten immer das „ökonomischste“. aber durch beobachtung alleine wäre man nie darauf gekommen. Was mir nicht ganz klar ist: Wie funzt theoloisch-wissenschaftliches Arbeiten so rein technisch gesehen. Achtung. liebe Fachleute, jetzt ist Phantasie gefragt: Der Papst will Phyllis´ Krähen in einer Enzyklika verwursten... Thema: Intelligenz der Schöpfung... was würde Benny´s Haus- und Hoftheologe machen um zu einem Entwurf zu kommen? (Mich interessiert da jetzt weniger das Ergebnis was in dem Entwurf drin stehen würde, sondern mehr das methodisch-wissenschaftliche Vorgehen, also die technische Seite) Ich bin mir nicht sicher, ob das passt. Da geht es nämlich nicht um wissenschaftliches Arbeiten, sondern darum, das Ergebnis der Arbeit irgendwie darzustellen. Interessanter wäre das, was zu diesem Ergebnis führt. Werner Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Frank Geschrieben 28. Dezember 2012 Melden Share Geschrieben 28. Dezember 2012 jeder verhaltensbiologe ist gefordert, seine beobachtungen durch experimente zu belegen, und nicht durch schwurbeleien, aka emperische erkenntnisse. disziplinen wie soziobiologie kommen dieser anforderung auch nach.Verhaltensbiologie beruht meist auf Beobachtungen und weniger auf Experimenten.das geht zwar schrecklich OT, aber ich kann es nicht auf mir sitzen lassen: aus einer beobachtung lässt sich eine these formulieren, aber diese ist zu ihrer weiteren erhärtung, nutzbarmachung und verwendung mit ws methoden zu testen und zu belegen. zb: krähen an kanadas westküste fangen schalentiere, fliegen dann in die höhe und lassen sie fallen, um die schale zu brechen und das innere fressen zu können. meist braucht es mindestens zwei anläufe, dh. fangen, fliegen, fallen lassen, wiederfinden, auflesen, wieder fliegen, wieder fallen lassen, bis die schale kaputt ist. jeder depp kann sich einen tag lang an die küste setzen und das beobachten. wenn es aber zb darum geht den küstenstrich unter naturschutz zu stellen muss man schon etwas mehr als beobachtungen anliefern. zb eine these welche die intelligenz der krähen plausibilisiert und begründet. dazu hat ein verhaltensbiologe erstmal selbst schalentiere verschiedener grösse eingesammelt und sie aus verschiedenen höhen fallen lassen und daraus das optimale verhältnis energieleistung (benötigt durch den aufwärtsflug) zu den gewonnen kalorien (gewonnen durchs fressen der beute) berechnet. und siehe da. krähen – obwohl nicht davon auszugehen ist dass sie es ausrechnen können- taten das sehr nahe am optimum. später offerierte man ihnen ein schalentier-buffet - von mini-bissen bis ganz grossen. sie taten immer das „ökonomischste“. aber durch beobachtung alleine wäre man nie darauf gekommen. Was mir nicht ganz klar ist: Wie funzt theoloisch-wissenschaftliches Arbeiten so rein technisch gesehen. Achtung. liebe Fachleute, jetzt ist Phantasie gefragt: Der Papst will Phyllis´ Krähen in einer Enzyklika verwursten... Thema: Intelligenz der Schöpfung... was würde Benny´s Haus- und Hoftheologe machen um zu einem Entwurf zu kommen? (Mich interessiert da jetzt weniger das Ergebnis was in dem Entwurf drin stehen würde, sondern mehr das methodisch-wissenschaftliche Vorgehen, also die technische Seite) Ich bin mir nicht sicher, ob das passt. Da geht es nämlich nicht um wissenschaftliches Arbeiten, sondern darum, das Ergebnis der Arbeit irgendwie darzustellen. Interessanter wäre das, was zu diesem Ergebnis führt. Werner Hmm... Wenn ich dich richtig verstehe wäre diese Enzyklika schon das Ergebnis? (Du siehst ich hab keinen Ahnung, deshalb frag ich ja so doof ) Wenn das so ist, ist die Frage was zu dem Ergebnis führt das was ich meine Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
HerrBert Geschrieben 28. Dezember 2012 Melden Share Geschrieben 28. Dezember 2012 Ist es wirklich so einfach? Ich habe meine Zweifel. Die Tatsachenbeobachtungen sind ja selbst theoriengeladen, wie es im Kritischen Rationalismus so schön genannt wird. Der wissenschaftliche Erkenntnisprozess ist ja keineswegs so simpel, dass am Anfang eine Tatsachenbeobachtung steht, die man dann mit einem Modell zu verstehen sucht, das wiederum durch eine Tatsachenbeobachtung belegt wird. Da hätte man bloß einen Zirkel. Ja, ist es! Du hast es sogar selbst zitiert: Wissenschaftlicher Fortschritt besteht darin, Modelle zu entwickeln, die die beobachtbaren Tatsachen besser beschreiben als vorher, und Tatsachen in größerem Umfang beobachtbar machen. Wissenschaften sind ein ständiges Wechselspiel von Tatsachenbeobachtung und Theoriebildung, und setzen damit eine beobachtbare Wirklichkeit als Gegenstand voraus. oder wie Auguste Comte vor fast 200 Jahren schrieb: „Denn wenn auch auf der einen Seite jede positive Theorie notwendigerweise auf Beobachtungen fundiert sein muß, so ist es auf der anderen Seite nicht weniger richtig, daß unser Verstand eine Theorie der einen oder anderen Art braucht, um zu beobachten. Wenn man bei der Betrachtung von Erscheinungen diese nicht unmittelbar in Beziehung zu gewissen Prinzipien setzen würde, wäre es nicht nur unmöglich für uns, diese isolierten Beobachtungen miteinander in Verbindung zu bringen ... wir würden sogar völlig unfähig sein, uns an die Tatsachen zu erinnern; man würde sie zum größten Teil nicht wahrnehmen." (Auguste Comte, Cours de Philosophie Positive, Band 1, Paris 1907) Meine Rückfrage richtet sich darauf, dass Tatsachenbeobachtungen bereits selbst theoriengeladen sind, also ihrerseits immer schon Modelle der Welt voraussetzen. Zugespitzt könnte man sagen, Tatsachenbeobachtungen sind selbst auf die Wirklichkeit angewandte Erkenntnismodelle. Der "Zirkel", den ich hier meine, ist ein anderer, als der, den du meinst. Du beziehst dich auf die gegenseitige Bezogenheit von Tatsachenbeobachtung enerseits und Modell andererseits, die im Wechsel dann zu Wissensfortschritt führen- Ich meine damit hingegen, dass die Tatsachenbeobachtung selbst bereits nichts anderes als ein Modell der Wirklichkeit repräsentiert. Daraus ergäbe sich, dass es keine "reine" Tatsachenbeobachtungen gibt, sondern nur solche, die zirkulär die eigenen inhärenten Modelle bestätigen. Vielleicht wird deutlicher, was ich meine, wenn ich statt von Modellen von Paradigmen spreche. Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Volker Geschrieben 28. Dezember 2012 Melden Share Geschrieben 28. Dezember 2012 Was die Jungfrauengeburt betrifft: Ein Exeget (des Alten Testaments) wird erklären, dass der Begriff bei Jesaja nicht notwendigerweise "Jungfrau" heißen muss (was auch nie dogmatisiert war) Da ich die Stelle ja erst wieder einmal (oder vielmehr zweimal) gehört habe: Was für eine Art "Zeichen" könnte es denn sein, wenn eine junge Frau ein Kind bekommt? Das ist doch eigentlich eine Banalität. Nicht nur das: Wenn man weiterliest, dann stellt man fest, dass der Junge, von dem die Rede ist, im weiteren Verlauf der Geschichte geboren wird und sich jede der Prophezeiungen erfüllt. Die Weissagung richtet sich an einen bestimmten König, zu dessen Lebzeiten (Jahrhunderte vor Jesus) das alles geschehen sollte (und geschah). Auf Jesus passt diese Prophezeiung also überhaupt nicht, schließlich wird er auch nicht "Imanuell" genannt. Wir könnten daraus schließen, dass der Evangelist eine alte, längst abgehakte Prophezeiung des AT benutzt, daraus eine neue Prophezeiung zu machen, und dass die Geschichte, die er erzählt, mit Absicht so erzählt (verändert) wird, dass sie zu der Prophezeiung passt. Dieser Schluss liegt deswegen so nahe, weil das bei weitem nicht die einzige Stelle ist. Des weiteren kann man erkennen, dass die Evangelisten die hebräische Version des AT nicht kannten, sondern nur die Septuagint. Das wird vor allem an den Stellen deutlich, bei denen ein Übersetzungsfehler der griechischen Bibel die im Evangelium erzählte Geschichte beeinflusst. Ein weiteres Beispiel dazu ist der Einritt von Jesus auf zwei Eseln: Im hebräischen Original wird eine typische Bekräftigungsformulierung verwendet, in der griechischen Übersetzung werden daraus zwei Esel, und so formuliert der Evangelist es so, dass Jesus auf zwei Eseln gleichzeitig reitet - damit die Prophezeiung erfüllt wird, Wie gesagt, man könnte daraus schlussfolgern, dass im AT Jesus keineswegs vorhergesagt wird, sondern dass die Evangelisten das AT als Steinbruch verwenden, um ihre Geschichte so zu erzählen, dass sie so klingt, als ob sie Prophezeiungen erfüllen würde. Ganz drastisch: Die Wahrscheinlichkeit, dass jede Stelle, bei der "sich die Schrift erfüllt", eine Erfindung ist, ist sehr hoch. Das Gegenteil ist eher unwahrscheinlich. Wer das Gegenteil behauptet, muss dazu schon sehr, sehr gute Gründe anführen. Aber jetzt kommen ein paar interessante Dinge ins Spiel: Erstens - die meisten theologischen Exegeten wissen das schon seit langem. Zweitens - unter Laien ist diese Erkenntnis nur wenig verbreitet. Drittens - wenn ein Ungläubiger damit kommt, sei es Deschner, oder eine geschasste Professorin für Theologie, wie Uta Ranke-Heinemann, dann heulen speziell die katholischen Theologen auf und fallen über den Überbringer der Botschaft her. Dann wird bestritten, was das Zeug hält. Ist man unter sich, dann weiß man natürlich, dass es stimmt - die ganzen angeblichen Weissagungen der Evangelisten sind ein Beweis dafür, dass die Evangelisten ihre Geschichten kunstvoll konstruiert haben. Da sich - dank Deschner - solches Wissen allmählich aber doch unter Laien verbreitet, spricht man inzwischen ganz ungeniert darüber, weil es sich nicht verheimlichen lässt. Da hat es eine Entwicklng gegeben. Aber man käme natürlich und selbstverständlich niemals auf die Idee, sich bei Deschner zu entschuldigen, weil man ihm jahrzehntelang öffentlich vorgeworfen hat, Unsinn zu erzählen. Wobei, das ist ja das Lustige daran, Deschner hat nur erzählt, was an Erkenntnissen unter evangelischen Theologen bereits Mehrheitsmeinung war. Wenn man Deschner vorwirft, er verbreite Unsinn, dann müsste man korrekterweise sagen: Die Mehrheit der evangelischen - und inzwischen auch katholischen Theologen - verbreiten Unsinn, den Deschner lediglich wiedergibt. Deschner konnte sich vor 40 Jahren nur deswegen nicht auf katholische Theologen stützen, weil diese durch den Antimodernisteneid daran gehindert wurden, zu den gleichen Erkenntnissen wie ihre evangelischen Kollegen zu kommen. Inzwischen, nach einer Generation nicht unter diesem Eid stehenden Theologen, gibt es auch jede Menge katholischer Theologen, die verklausuliert im Grunde genommen bestätigen, was Deschner vor 40 Jahren geschrieben hat. Etwa, dass die Jungfrauengeburt in erster Linie eine Erfindung von zwei Evangelisten ist (Paulus und die beiden anderen Evangelisten wissen nichts davon). Natürlich, trickreich wie man ist, sagt man das nicht so. Allenfalls sagt man, dass die Erkenntnis, dass die Evangelisten so vorgegangen sind, kein strikter Beweis dafür ist, dass Jesus nicht von einer Jungfrau geboren worden ist. Denselben Müll bekommt man auch von Astrologen zu hören, wenn man Einwände gegen die Astrologie vorbringt. Wäre man intellektuell redlich - nicht unbedingt ein verbreiteter Wesenszug von Theologen, wenn sie vor Laien reden - müsste man, da es "strikte Beweise" in dem Fall nicht geben kann, eigentlich sagen, dass es eine vernünftige Schlussfolgerung ist, dass die Evangelisten in dieser (und vielen, vielen andereren) Dingen Märchen erzählen, um eine bestimmte Glaubensauffassung zu verbreiten. Ein Evangelium ist keine historische Erzählung (das gesteht man zähneknirschend inzwischen ein), sondern ein theologisches Traktat zum Glauben-Machen. Die Evangelisten waren Theologen und Apologeten einer bestimmten theologischen Auffassung. Was sie erzählen geschieht stets mit einer Hinterabsicht. Alles wird so erzählt, dass die Leute dadurch zu einem bestimmten Glauben kommen. Was auch bedeutet, dass ein Theologe, der die Evangelisten für zuverlässig hält, damit in erster Linie sagen will: Theologen (wie die Evangelisten), die dafür sorgen, dass ich in Lohn und Brot stehe und ein fettes Leben habe, sind alleine schon deswegen zuverlässig, weil ich mich selbst für zuverlässig halte (wer tut das nicht?), und daher niemals denen am Zeug flicke, die dafür sorgen, dass ich ein gutes Leben habe. Albert Schweitzer hat als Theologe aufgegeben, weil er seinen Kollegen genau diese intellektuelle Unaufrichtigkeit vorgeworfen hat: Was durch theologische Forschung ermittelt wird ist nicht das, was von den Kanzeln gepredigt wird. Dieselbe theologische Unaufrichtigkeit fängt schon bei den Evangelisten an. Man muss sich genau überlegen, welchen Theologen man überhaupt noch trauen kann. Ein paar Hinweise: Ein Theologe, der den Antimodernisteneid geschworen hat, kann man nicht von der Wand bis zur Tapete trauen. Entweder, er bricht einen Eid, oder der Eid hindert ihn daran, die Wahrheit zu erzählen (ich kenne den Einwand, der jetzt kommen wird, ich werde ihn später zerpflücken). Kein Mensch, der einen Eid geschworen hat, eine bestimmte Ansicht zu vertreten, kann danach noch als Wissenschaftler ernst genommen werden. Er ist nicht der Wahrheit, sondern einem Eid verpflichtet. Die Schüler dieser Theologen werden zum großen Teil auch ausscheiden, weil sie meistens ihre Lehren von denen bekommen haben, deren Eid sie im Zweifel daran hindern wird, die Wahrheit zu sagen. Außerdem muss man vorsichtig mit allen Theologen sein, deren Karriere von Erwägungen abhängig sind, die nichts mit Wahrheit zu tun haben. Damit scheiden die meisten deutschen katholischen Theologen und die meisten evangelischen Theologen schon aus: Sie mögen subjektiv ernsthaft bemüht sein, objektiv muss man aber alles unter einem Vorbehalt sehen. Das macht es sehr mühsam, sich durch deren Erkennntisse zu quälen, weil man nie weiß, was die Motive sind, die dahinter stehen. Das ist auch der Grund, warum ich mich auf niederländische oder amerikanische Theologen stütze. Wie es deutschen, ehrlichen Theologen ergeht, kann man an den Karrieren von Albert Schweitzer, Bruno Bauer, David Friedrich Strauß u. v. a. mehr sehen. Man kann entweder deutscher katholischer Theologe sein oder rückhaltlos ehrlich, beides zusammen geht nicht bzw. ist nur bei den Teilgebieten möglich, bei denen man nicht befürchten muss, mit der Amtskirche zu kollidieren. Nochmal: Ein Wissenschaftler, der einen Eid schwört, nur bestimmte Erkenntnisse zu verbreiten oder andere nicht zu verbreiten, ist als Wissenschaftler in Bezug auf diese Erkenntnisse absolut unglaubwürdig. Es ändert sich nichts, wenn er persönlich davon überzeugt ist, das spielt keine Rolle. Der einzige Eid, den ein Wissenschaftler in Bezug auf seine Forschung jemals schwören darf ist der, die Wahrheit zu sagen, wie er sie kennt, ohne die geringsten Rücksichten auf Personen oder Institutionen oder Mehrheitsmeinungen zu nehmen. Fast ebenso gefährlich ist es, dass es Meinungen gibt, bei deren Äußerung die Karriere eines Wissenschaftlers beendet werden kann. Man muss nicht nur naiv, man muss geradezu dumm sein, wenn man glaubt, dass dies keinen Einfluss auf die geäußerte Meinung haben wird. Ein Theologe, der den Antimodernisteneid geschworen hat, wird eigentlich automatisch eidbrüchig, sobald er etwas erfährt, was mit dem Eid kollidiert: Entweder, er bricht den Antimodernisteneid und erzählt, was er erfahren hat (was seine Karriere beenden dürfte), oder er bricht den (impliziten) Eid der Wissenschaftler, stets die Wahrheit zu sagen. Ein solcher Theologe ist eigentlich immer unglaubwürdig, weil er so oder so eidbrüchig werden muss, früher oder später. Man muss das, was er sagt, immer unter diesem Vorbehalt sehen, so wie man die Ansichten eines notorischen Lügners auch nicht ungetsraft für bare Münze nehmen kann. Und wer auf Theologen hört, die einen solchen Eid geschworen haben, erbt deren Unzuverlässigkeit und Unglaubwürdigkeit: Einmal, weil es so oder so ein Fehler ist, sich nach Autoritäten zu richten - ein No-Go für Wissenschaftler - und zum zweiten, weil derjenige auch noch auf eidbrüchige Autoritäten hört, was ein noch viel schlimmerer Fehler als der erste ist. Niemand kann diese beiden Fehler begehen und behaupten, er sei irgendwie an irgendeiner Wahrheit interessiert. Wer ohnehin meistens pöbelt, gibt dies ja auch unumwunden zu. Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Volker Geschrieben 28. Dezember 2012 Melden Share Geschrieben 28. Dezember 2012 Meine Rückfrage richtet sich darauf, dass Tatsachenbeobachtungen bereits selbst theoriengeladen sind, also ihrerseits immer schon Modelle der Welt voraussetzen. Zugespitzt könnte man sagen, Tatsachenbeobachtungen sind selbst auf die Wirklichkeit angewandte Erkenntnismodelle. Der "Zirkel", den ich hier meine, ist ein anderer, als der, den du meinst. Du beziehst dich auf die gegenseitige Bezogenheit von Tatsachenbeobachtung enerseits und Modell andererseits, die im Wechsel dann zu Wissensfortschritt führen- Ich meine damit hingegen, dass die Tatsachenbeobachtung selbst bereits nichts anderes als ein Modell der Wirklichkeit repräsentiert. Daraus ergäbe sich, dass es keine "reine" Tatsachenbeobachtungen gibt, sondern nur solche, die zirkulär die eigenen inhärenten Modelle bestätigen. Vielleicht wird deutlicher, was ich meine, wenn ich statt von Modellen von Paradigmen spreche. Das ist eine hochinteressante Frage. Im Grunde lautet die Frage: Wenn eine Tatsache aus einem Modell abgeleitet wird, dann ist die Tatsache eine (logische) Folge einer Theorie. Da dies für alle Theorien gilt: Sind dann Theorien nicht einfach nur ein Zirkel, bei dem man die Theorien mit Tatsachen stützt, die man aus den Theorien selbst abgeleitet hat? Antwort: Prinzipiell ja. Aus dem Münchhausentrilemma wissen wir, das alle Erkenntnis entweder auf einem unendlichen Regress beruht, den man aber nicht durchführen kann, oder einem logischen Zirkel, oder dem willkürlichen Abbruch des Regresses. Es gibt quasi kein Tatsache, keine Theorie, die von diesem Einwand verschont wird. Das gilt sogar für moralische Begründungen, was meist übersehen wird. Eigentlich würde das bedeuten: Es kann keinen Erkenntnisfortschritt geben. Tatsachen werden aus Theorien abgeleitet, die wiederum diese Theorien stützen, und man ist in einem Zirkel gefangen. Nachdem David Hume auch noch bewiesen hatte, dass es keine Induktion geben kann, schien damit aller wissenschaftliche Fortschritt besiegelt zu sein - dachten die Philosophen. Just nachdem die Philosophen zu dieser Erkenntnis gelangt waren, begann der unglaubliche Sieges- und Triumphzug der Wissenschaft. Was Popper zu der Ansicht verleitete: Offensichtlich haben die Philosophen Fehler gemacht, die die Wissenschaftler vermieden haben. Offensichtlich kann man im reinen Denken nicht herausfinden, woher Erkenntnis kommt. Das war das Ende des klassischen Rationalismus. Und - damit gehört es zum Thema - da die Theologe völlig auf dem klassischen Rationalismus beruht, ist das eigentlich auch das Ende aller Theologie. Es hat sich aber noch nicht herumgesprochen, dass Theologen ein totes Pferd reiten... Aber das Problem lässt sich in der Tat lösen. Dazu muss man aber sein Denken radikal umstellen. Viele - speziell Theologen - sind nicht dazu bereit. Die Lösungen lauten: Verzicht auf das Begründungsdenken, dieses muss durch das Prinzip der permanenten kritischen Prüfung ersetzt werden. Außerdem muss man erkennen, das jeder Abbruch des unendlichen Regresses nur vorläufiger Natur sein kann, was bedeutet: Es kann keine vernünftigen Dogmen geben - jedes Dogma ist schon dadurch diskreditiert, dass man es als Dogma aufstellt. Das heißt, es kann keine Letztbegründungen geben. Und das heißt, die logischen, vitiösen (= giftigen) Zirkel durch virtuose Zirkel zu ersetzen. Oder anders gesagt: Man benutzt dieselben Methoden, die seit 3,5 Jahrmilliarden dafür sorgen, dass wir so viel von unserer Umwelt erkennen können, dass wir darin überleben. Weil diese Methode die einzige ist, von der man behaupten kann, sie sei bewährt. Bei allem anderen - etwa dem klassischen rationalen Denken - ist die Bewährung eine Illusion. Natürlich wäre dies das Ende der Theologie. Daher will man nichts davon wissen. Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
HerrBert Geschrieben 28. Dezember 2012 Melden Share Geschrieben 28. Dezember 2012 Die Lösungen lauten: Verzicht auf das Begründungsdenken, dieses muss durch das Prinzip der permanenten kritischen Prüfung ersetzt werden. ... Man benutzt dieselben Methoden, die seit 3,5 Jahrmilliarden dafür sorgen, dass wir so viel von unserer Umwelt erkennen können, dass wir darin überleben. Weil diese Methode die einzige ist, von der man behaupten kann, sie sei bewährt. Ich sehe zwei Probleme: 1. Die kritische Prüfung unterliegt selbst dem von mir geschilderten Problem. 2. Evolutionär bewährte Apperzeption taugt zum Überleben, aber deswegen nicht automatisch auch zum Erkenntnisgewinn über die Wirklichkeit als solche (was genau Wissenschaft ja anstrebt). Nimm als Beispiel die Welterfahrung einer Fledermaus, die evolutionär erfolgreich ist, die aber nur ein sehr eingeschränktes "Bild" der Welt (also ein Weltbild) liefert. Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
teofilos Geschrieben 28. Dezember 2012 Melden Share Geschrieben 28. Dezember 2012 Ist es wirklich so einfach? Ich habe meine Zweifel. Die Tatsachenbeobachtungen sind ja selbst theoriengeladen, wie es im Kritischen Rationalismus so schön genannt wird. Der wissenschaftliche Erkenntnisprozess ist ja keineswegs so simpel, dass am Anfang eine Tatsachenbeobachtung steht, die man dann mit einem Modell zu verstehen sucht, das wiederum durch eine Tatsachenbeobachtung belegt wird. Da hätte man bloß einen Zirkel. Ja, ist es! Du hast es sogar selbst zitiert: Wissenschaftlicher Fortschritt besteht darin, Modelle zu entwickeln, die die beobachtbaren Tatsachen besser beschreiben als vorher, und Tatsachen in größerem Umfang beobachtbar machen. Wissenschaften sind ein ständiges Wechselspiel von Tatsachenbeobachtung und Theoriebildung, und setzen damit eine beobachtbare Wirklichkeit als Gegenstand voraus. oder wie Auguste Comte vor fast 200 Jahren schrieb: „Denn wenn auch auf der einen Seite jede positive Theorie notwendigerweise auf Beobachtungen fundiert sein muß, so ist es auf der anderen Seite nicht weniger richtig, daß unser Verstand eine Theorie der einen oder anderen Art braucht, um zu beobachten. Wenn man bei der Betrachtung von Erscheinungen diese nicht unmittelbar in Beziehung zu gewissen Prinzipien setzen würde, wäre es nicht nur unmöglich für uns, diese isolierten Beobachtungen miteinander in Verbindung zu bringen ... wir würden sogar völlig unfähig sein, uns an die Tatsachen zu erinnern; man würde sie zum größten Teil nicht wahrnehmen." (Auguste Comte, Cours de Philosophie Positive, Band 1, Paris 1907) Meine Rückfrage richtet sich darauf, dass Tatsachenbeobachtungen bereits selbst theoriengeladen sind, also ihrerseits immer schon Modelle der Welt voraussetzen. Zugespitzt könnte man sagen, Tatsachenbeobachtungen sind selbst auf die Wirklichkeit angewandte Erkenntnismodelle. Der "Zirkel", den ich hier meine, ist ein anderer, als der, den du meinst. Du beziehst dich auf die gegenseitige Bezogenheit von Tatsachenbeobachtung enerseits und Modell andererseits, die im Wechsel dann zu Wissensfortschritt führen- Ich meine damit hingegen, dass die Tatsachenbeobachtung selbst bereits nichts anderes als ein Modell der Wirklichkeit repräsentiert. Daraus ergäbe sich, dass es keine "reine" Tatsachenbeobachtungen gibt, sondern nur solche, die zirkulär die eigenen inhärenten Modelle bestätigen. Vielleicht wird deutlicher, was ich meine, wenn ich statt von Modellen von Paradigmen spreche. So ist es. Der Beobachter bringt sich selbst immer mit in die Beobachtung. Die Frage in der praktischen Arbeit (an sich selbst) scheint einfach ist aber hochexplosiv: gefunden oder erfunden? phyllis möge mir verzeihen aber "ihr" Krähenexperiment ist so ein Beispiel für Deine Annahmen. Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Volker Geschrieben 28. Dezember 2012 Melden Share Geschrieben 28. Dezember 2012 Die Lösungen lauten: Verzicht auf das Begründungsdenken, dieses muss durch das Prinzip der permanenten kritischen Prüfung ersetzt werden. ... Man benutzt dieselben Methoden, die seit 3,5 Jahrmilliarden dafür sorgen, dass wir so viel von unserer Umwelt erkennen können, dass wir darin überleben. Weil diese Methode die einzige ist, von der man behaupten kann, sie sei bewährt. Ich sehe zwei Probleme: 1. Die kritische Prüfung unterliegt selbst dem von mir geschilderten Problem. Ja, zum Teil - aber nicht gänzlich, sofern man von vitiösen auf virtuose Zirkel wechselt. Man nennt es deswegen auch das Münchhausentrilemma, weil man sich wie weiland Baron Münchhausen an den eigenen Haaren aus dem Sumpf ziehen kann. Beweis: In der Evolution hat das funktioniert. Dass es überhaupt so etwas wie Erkenntnis gibt - was ja unumstritten ist - zeigt, dass es einen Weg aus diesen Problemen geben muss. Sonst könnte man nicht erklären, woher die eigenen Erkenntnisse über die Erkenntnis kommen. 2. Evolutionär bewährte Apperzeption taugt zum Überleben, aber deswegen nicht automatisch auch zum Erkenntnisgewinn über die Wirklichkeit als solche (was genau Wissenschaft ja anstrebt). Nimm als Beispiel die Welterfahrung einer Fledermaus, die evolutionär erfolgreich ist, die aber nur ein sehr eingeschränktes "Bild" der Welt (also ein Weltbild) liefert. Genau das muss man in der Tat berücksichtigen. Man muss die Grenzen der Methode kennen, also die Grenzen der eigenen Erkenntnis und ihre Möglichkeiten. Das ist nämlich genau der Punkt, bei dem die Theologie total versagt: Sie betont zwar gerne die Grenzen der anderen Erkenntnismethoden - aber nur, um damit quasi einen Raum zu schaffen, ihre eigenen Spekulationen - die als Erkenntnis getarnt werden - in der so entstehenden Lücke unterzubringen. Dasselbe verfahren benutzen Astrologen, Homöopathen, Scientologen, überhaupt alle Esoteriker und Obskurantisten. Das Verfahren ist immer gleich: 1. Behaupte, dass es in der Erkenntnis der Wissenschaft und bei ihren Methoden Lücken gibt (die gibt es tatsächlich, nur werden daraus falsche Schlussfolgerungen gezogen). 2. Bringe Deine eigenen Behauptungen und Spekulationen in der so entstandenen Lücke unter. Verbunden wird das mit der impliziten Behauptung, dass man etwas über das weiß, was man nicht weiß. Man kann das nicht so offen sagen, weil dann der Bullshit offensichtlich wird. Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Marcellinus Geschrieben 28. Dezember 2012 Melden Share Geschrieben 28. Dezember 2012 Meine Rückfrage richtet sich darauf, dass Tatsachenbeobachtungen bereits selbst theoriengeladen sind, also ihrerseits immer schon Modelle der Welt voraussetzen. Zugespitzt könnte man sagen, Tatsachenbeobachtungen sind selbst auf die Wirklichkeit angewandte Erkenntnismodelle. Der "Zirkel", den ich hier meine, ist ein anderer, als der, den du meinst. Du beziehst dich auf die gegenseitige Bezogenheit von Tatsachenbeobachtung enerseits und Modell andererseits, die im Wechsel dann zu Wissensfortschritt führen- Ich meine damit hingegen, dass die Tatsachenbeobachtung selbst bereits nichts anderes als ein Modell der Wirklichkeit repräsentiert. Daraus ergäbe sich, dass es keine "reine" Tatsachenbeobachtungen gibt, sondern nur solche, die zirkulär die eigenen inhärenten Modelle bestätigen. Vielleicht wird deutlicher, was ich meine, wenn ich statt von Modellen von Paradigmen spreche. Nein, es gibt keine "reine" Tatsachenbeobachtung, und auch was du siehst, ist nur ein Modell dieser Welt, das dein Gehirn erzeugt. Nur zirkulär ist das nicht zwangsläufig, sonst würde es keine Beobachtungen geben, die die eigenen Modelle widerlegen. Übrigens ist auch das Paradigmen-Modell von Thomas S. Kuhn gescheitert, falls du das meinen solltest. Also stehen wir vor der Frage, wie realistisch eigentlich unsere Modelle sind, oder ob wir darüber überhaupt etwas sagen können. In der Sache kommst du erkenntnisphilosophisch nicht mehr weiter und landest am Ende bei der Idee, es hänge eben ab von den ontologischen Grundannahmen. Auguste Comte hatte auch in diesem Fall wohl recht. Entweder die Philosophie führt zur Wissenschaft oder zurück zur Religion. Wenn du dagegen menschliches Wissen als Teil des Prozesses der Entwicklung unserer Gesellschaften siehst, das Subjekt der Erkenntnis also nicht "der" einzelne Mensch, sondern die Gesellschaft der Menschen ist, dann kommst du an der Erkenntnis nicht vorbei, daß im Laufe unserer Geschichte unser Wissen über diese Welt realistischer geworden ist, besonders was die physikalischen Grundlagen und die Möglichkeiten der Naturbeherrschung betrifft. Anders ist die Erhöhung unserer Lebenserwartung, die Leistungssteigerung in der Landwirtschaft und all die technischen Errungenschaften nicht zu erklären. Unsere Modell sind also realistischer, wirklichkeitsgerechter geworden, aber dadurch sind sie natürlich nicht "wahr", wie man immer wieder an den Überraschungen sehen kann, die diese Welt für uns bereithält. Unsere Vorstellung bleiben Modell, mit realistischen Gehalten, aber sicherlich auch mit Fantasievorstellungen. Besonders in den sozialen Bereichen unserer gemeinsamen Vorstellungen, Wirtschaft, Politik, usw. herrschen weitgehend noch nationale oder sonstwie ideologische Fantasien vor, und werden Maßnahmen oft auf gut Glück getroffen. Wenn du also erkenntnistheoretische Aussagen treffen willst, kannst du das nur auf wissenssoziologischer Grundlange tun, in dem du untersuchst, wie sich Wissen über diese Welt wirklich entwickelt hat, nicht wie es nach Ansicht der Philosophen sein sollte. Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
MartinO Geschrieben 28. Dezember 2012 Melden Share Geschrieben 28. Dezember 2012 @Werner: Meines Wissens vermuten die meisten Exegeten, dass die Stelle sich auf einen Sohn des damaligen Königs Ahas bezieht, eventuell auf den späteren König Hiskija, der im Gegensatz zu seinem Vorgänger an einem Jahwekult gemäß den Überlieferungen festhielt (oder diesen erst einführte). Sicher ist nichts davon, da nicht bekannt ist, ob Hiskija den Beinamen Immanuel führte oder nicht. Denkbar wäre, dass Jesaja auf einen künftigen Retter hoffte, ohne eine genaue Vorstellung von diesem zu haben. @Volker: Richtig ist, dass die Verheißungen des Alten Testaments sich nicht notwendigerweise auf Jesus beziehen müssen (nicht einmal notwendigerweise auf einen künftigen Messias). Dass die Evangelisten von der Septuaginta ausgingen, ist sehr gut möglich: Selbst in Judäa und Galiläa war Hebräisch zur Zeit Jesu keine gesprochene Sprache mehr; in der Diaspora wurde ausschließlich fast Griechisch gesprochen. Von zwei Eseln ist nur bei Matthäus die Rede, während der Einzug in Jerusalem von allen vier Evangelisten berichtet wird. Matthäus ist überhaupt derjenige Evangelist, der am öftesten das Alte Testament zitiert; Markus und Lukas interessieren sich weit weniger dafür, Johannes so gut wie nicht. (Ich verwende die gängigen Namen, ohne damit Anspruch auf deren historische Richtigkeit zu erheben). Richtig ist auch, dass der Antimodernisteneid eine fatale Wirkung auf die theologische Forschung, nicht nur in Deutschland, hatte. Falsch ist dagegen, dass dies der Grund für die Kritik an Deschner ist: Deschners Forschungsgebiet ist die Kirchengeschichte, nicht die Exegese; in dieser gab es zu jeder Zeit mehr Freiheiten. Bei Ranke-Heinemann verhält es sich etwas anders: Sie verlor die Missio tatsächlich unter anderem, weil sie die Jungfrauengeburt bestritt. Dies war allerdings weder der einzige Grund, noch ist es heute der Hauptvorwurf gegen sie. Sie hat andere, nachweislich falsche Thesen verbreitet, weshalb sie, anders als etwa Küng, in der Tat heute nicht mehr ernst genommen wird. Die Beispiele Küngs und Drewermanns zeigen im Übrigen, dass sich dank dem Konkordat in Deutschland kaum ein Theologe (zumindest, wenn er Lehrstuhlinhaber ist) Gedanken um seine berufliche Zukunft machen muss: Beide behielten nicht nur ihren Status als Professoren sondern konnten exakt dieselben Projekte weiterführen wie bisher. Ernsthaft Sorgen muss sich hierzulande etwa ein Historiker machen, der ernsthaft Zweifel am Holocaust äußert (wobei der Holocaust Tatsache ist; jede gesetzliche Einschränkung der wissenschaftlichen Forschung ist aber nach den Kriterien, die du und andere für die Theologie anlegst ein Grund, einer Wissenschaft die Berechtigung abzusprechen, sich Wissenschaft zu nennen). Ernsthaft Sorgen machen muss sich ein Jurist, der das Grundgesetz ablehnt. Ernsthaft Sorgen machen muss sich ein Mediziner, der Homosexualität als Krankheit bezeichnet. Ihnen kann es passieren, dass ihnen der Lehrstuhl entzogen wird und sie tatsächlich vor dem Nichts stehen. Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
HerrBert Geschrieben 28. Dezember 2012 Melden Share Geschrieben 28. Dezember 2012 Die Lösungen lauten: Verzicht auf das Begründungsdenken, dieses muss durch das Prinzip der permanenten kritischen Prüfung ersetzt werden. ... Man benutzt dieselben Methoden, die seit 3,5 Jahrmilliarden dafür sorgen, dass wir so viel von unserer Umwelt erkennen können, dass wir darin überleben. Weil diese Methode die einzige ist, von der man behaupten kann, sie sei bewährt. Ich sehe zwei Probleme: 1. Die kritische Prüfung unterliegt selbst dem von mir geschilderten Problem. Ja, zum Teil - aber nicht gänzlich, sofern man von vitiösen auf virtuose Zirkel wechselt. Man nennt es deswegen auch das Münchhausentrilemma, weil man sich wie weiland Baron Münchhausen an den eigenen Haaren aus dem Sumpf ziehen kann. Beweis: In der Evolution hat das funktioniert. Dass es überhaupt so etwas wie Erkenntnis gibt - was ja unumstritten ist - zeigt, dass es einen Weg aus diesen Problemen geben muss. Sonst könnte man nicht erklären, woher die eigenen Erkenntnisse über die Erkenntnis kommen. Das Fledermausbeispiel soll veranschaulichen, dass auch unser Wissen über die Welt evolutionär erfolgreich sein kann, ohne zugleich objektive Erkenntnis der Wirklichkeit zu sein. (Natürlich müsste man jetzt diskutieren, wie man hier "objektiv" definieren will.) BTW: Ich ging von Marcellinus' "Tatsachenbeobachtungen" aus; das Thema Religion/Theologie interessiert mich dabei gar nicht. Vielleicht ist es hier deswegen auch OT? Die Moderation möge einschreiten, wenn das alles zu weit vom Threadthema wegführt. 2. Evolutionär bewährte Apperzeption taugt zum Überleben, aber deswegen nicht automatisch auch zum Erkenntnisgewinn über die Wirklichkeit als solche (was genau Wissenschaft ja anstrebt). Nimm als Beispiel die Welterfahrung einer Fledermaus, die evolutionär erfolgreich ist, die aber nur ein sehr eingeschränktes "Bild" der Welt (also ein Weltbild) liefert. Genau das muss man in der Tat berücksichtigen. Man muss die Grenzen der Methode kennen, also die Grenzen der eigenen Erkenntnis und ihre Möglichkeiten. Das ist nämlich genau der Punkt, bei dem die Theologie total versagt: Sie betont zwar gerne die Grenzen der anderen Erkenntnismethoden - aber nur, um damit quasi einen Raum zu schaffen, ihre eigenen Spekulationen - die als Erkenntnis getarnt werden - in der so entstehenden Lücke unterzubringen. Dasselbe verfahren benutzen Astrologen, Homöopathen, Scientologen, überhaupt alle Esoteriker und Obskurantisten. Das Verfahren ist immer gleich: 1. Behaupte, dass es in der Erkenntnis der Wissenschaft und bei ihren Methoden Lücken gibt (die gibt es tatsächlich, nur werden daraus falsche Schlussfolgerungen gezogen). 2. Bringe Deine eigenen Behauptungen und Spekulationen in der so entstandenen Lücke unter. Verbunden wird das mit der impliziten Behauptung, dass man etwas über das weiß, was man nicht weiß. Man kann das nicht so offen sagen, weil dann der Bullshit offensichtlich wird. Um Grenzen zu kennen, müsste man wissen, was jenseits der Grenzen ist. Wie soll das hier gehen? Wir können höchstens aus try and error lernen, was evolutionär passt und was nicht. Hinsichtlich "objektiver Erkenntnis der Wirklichkeit", also dem, was die Wissenschaft ja anstrebt, und dem Problem des inhärenten Zirkels theoriebeladener Beobachtungen (bzw. eben kritischer Prüfungen) sehe ich da noch keine Lösung. Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
HerrBert Geschrieben 28. Dezember 2012 Melden Share Geschrieben 28. Dezember 2012 Meine Rückfrage richtet sich darauf, dass Tatsachenbeobachtungen bereits selbst theoriengeladen sind, also ihrerseits immer schon Modelle der Welt voraussetzen. Zugespitzt könnte man sagen, Tatsachenbeobachtungen sind selbst auf die Wirklichkeit angewandte Erkenntnismodelle. Der "Zirkel", den ich hier meine, ist ein anderer, als der, den du meinst. Du beziehst dich auf die gegenseitige Bezogenheit von Tatsachenbeobachtung enerseits und Modell andererseits, die im Wechsel dann zu Wissensfortschritt führen- Ich meine damit hingegen, dass die Tatsachenbeobachtung selbst bereits nichts anderes als ein Modell der Wirklichkeit repräsentiert. Daraus ergäbe sich, dass es keine "reine" Tatsachenbeobachtungen gibt, sondern nur solche, die zirkulär die eigenen inhärenten Modelle bestätigen. Vielleicht wird deutlicher, was ich meine, wenn ich statt von Modellen von Paradigmen spreche. Nein, es gibt keine "reine" Tatsachenbeobachtung, und auch was du siehst, ist nur ein Modell dieser Welt, das dein Gehirn erzeugt. Nur zirkulär ist das nicht zwangsläufig, sonst würde es keine Beobachtungen geben, die die eigenen Modelle widerlegen. Übrigens ist auch das Paradigmen-Modell von Thomas S. Kuhn gescheitert, falls du das meinen solltest. Also stehen wir vor der Frage, wie realistisch eigentlich unsere Modelle sind, oder ob wir darüber überhaupt etwas sagen können. In der Sache kommst du erkenntnisphilosophisch nicht mehr weiter und landest am Ende bei der Idee, es hänge eben ab von den ontologischen Grundannahmen. Auguste Comte hatte auch in diesem Fall wohl recht. Entweder die Philosophie führt zur Wissenschaft oder zurück zur Religion. Wenn du dagegen menschliches Wissen als Teil des Prozesses der Entwicklung unserer Gesellschaften siehst, das Subjekt der Erkenntnis also nicht "der" einzelne Mensch, sondern die Gesellschaft der Menschen ist, dann kommst du an der Erkenntnis nicht vorbei, daß im Laufe unserer Geschichte unser Wissen über diese Welt realistischer geworden ist, besonders was die physikalischen Grundlagen und die Möglichkeiten der Naturbeherrschung betrifft. Anders ist die Erhöhung unserer Lebenserwartung, die Leistungssteigerung in der Landwirtschaft und all die technischen Errungenschaften nicht zu erklären. Unsere Modell sind also realistischer, wirklichkeitsgerechter geworden, aber dadurch sind sie natürlich nicht "wahr", wie man immer wieder an den Überraschungen sehen kann, die diese Welt für uns bereithält. Unsere Vorstellung bleiben Modell, mit realistischen Gehalten, aber sicherlich auch mit Fantasievorstellungen. Besonders in den sozialen Bereichen unserer gemeinsamen Vorstellungen, Wirtschaft, Politik, usw. herrschen weitgehend noch nationale oder sonstwie ideologische Fantasien vor, und werden Maßnahmen oft auf gut Glück getroffen. Wenn du also erkenntnistheoretische Aussagen treffen willst, kannst du das nur auf wissenssoziologischer Grundlange tun, in dem du untersuchst, wie sich Wissen über diese Welt wirklich entwickelt hat, nicht wie es nach Ansicht der Philosophen sein sollte. Klingt für mich nach sozialem Konstruktivismus. Dass Wissen immer auch ein sozialer Prozess ist, ist im Grunde trivial. Damit passt es ganz gut zu meinen kritischen (man könnte auch sagen: skeptischen) Rückfragen oben. Es scheint mir aber nicht so recht zu deinem Konzept der Tatsachenbeobachtungen zu passen, denen du, falls ich ich dich richtig verstanden habe, einen hohen Stellenwert zur Objektivierung von Wissen einräumst. Denn wenn Wissen vor allem ein sozialer Prozess ist, landet man schnell beim Kontextualismus und damit beim Relativismus. Doch genau das scheint ja nicht deine Absicht zu sein. Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
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