Der Geist Geschrieben 13. Juli 2013 Melden Share Geschrieben 13. Juli 2013 Oh nein! Ich kann dieses Zurückhalten nicht ausstehen. Ich habe ziemlich glasklar dargestellt, dass der Dekalog sehr wohl als Direktive (und zwar strafbewehrt) gesehen wurde - in seiner Zeit und wahrscheinlich sogar von seinen Autoren. Wenn Dich das erschreckt, dann erkläre mir Dein Erschrecken. Oder wenn Dich erschreckt, dass ich mich nicht irgendwelchen Autoren anschließe, deren Argumente nicht benannt werden, dann sag es. Aber dieses Rumgedruckse von "ich geh auf Deine Argumente nicht ein" und "die Argumente Zengers benenne ich nicht" oder "erschreckend!" - "was?" - "einiges!" mache ich nicht mit. Ich kann mir jetzt tausend tolle Fantasien zusammenstellen, was Du denn so erschreckend an mir und meinen Gedanken findest. Und alle, die das lesen, können dies auch tun. Oh nein! Sprich hier. Und benenne klar. Ich habe im realen Leben schon lange nicht mehr so viel klerikale Präpotenz ohne entsprechende wissensmäßige Unterfütterung erlebt...aber es ist lehrreich zu sehen wie der Firnis des Allesverstehers abbröckelt, wenn man Hochwürden zu widersprechen wagt. Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Mecky Geschrieben 13. Juli 2013 Melden Share Geschrieben 13. Juli 2013 (bearbeitet) Okay. Prätpotenz. Prima. Unterfütterung. Prima. Allesversteher, Hochwürden. Prima. So. Und wenn Du dann mit den ganzen ad hominems endlich mal fertig bist: Dann bring doch mal die Argumente. Geh doch mal auf meine Argumente ein. bearbeitet 13. Juli 2013 von Mecky Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Ennasus Geschrieben 14. Juli 2013 Melden Share Geschrieben 14. Juli 2013 Oh nein! Ich kann dieses Zurückhalten nicht ausstehen. Das ist d e i n Problem. Wenn jemand sachlich auf nichts eingeht, was ich schreibe, auch nicht auf fachlich belegte ausführliche Postings, und auch ansonsten mehr oder weniger einen ganzen Thread lang auf mich nicht den Eindruck macht, verstehen zu wollen, was andere schreiben, sehe ich wenig Sinn darin, mich weiter zu engagieren. Zumal ich nicht den Eindruck habe, dass du an Nachhilfeunterricht interessiert bist. Und diskutieren auf der Basis dermaßen unterschiedlichen Wissens finde ich uninteressant. Worüber ich erschrocken bin, habe ich dir zumindest zum Teil per pm geschrieben (schon bevor du hier von Rumgedruckse und ähnlichen Nettigkeiten geschrieben hast.) Wenn du es wissen magst, kannst du es wissen. Wenn nicht, lass es. Das ist d e i n e Entscheidung, genauso wie es meine Entscheidung ist, worüber ich wo schreibe. Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Aleachim Geschrieben 14. Juli 2013 Melden Share Geschrieben 14. Juli 2013 Tut mir leid Mecky, wenn ich das so sagen muss… aber du wirkst in dieser Diskussion hier grad auf mich, wie einer, der zeigen muss, dass er, obwohl kath. Priester, sich die Freiheit nimmt, bestimmte Stellen der Bibel für Unsinn zu halten. Irgendwie so, als müsstest du das grad vor dir hertragen und am besten auch noch andere davon überzeugen, dass es eben Unsinn ist. Und so, als würde deswegen gar niemand durch kommen zu dir… Mir lässt das aber grad keine Ruhe und auch wenn du auf meinen Einwurf, dass für mich die „innere Dynamik“ und das Handeln Gottes eins sind, nicht eingegangen bist, versuch ich es nochmal. Es geht bei Strafe um eine Konsequenz, die nicht automatisch folgt, weil sie in der Natur der Sache liegt, sondern um einen willentlichen Akt. Jemand fügt einem Unrechttuer willentlich Leiden und Tod zu. Genau dafür gibt es in der Bibel sehr viele Belegstellen. Und auch die Vertreibung aus dem Paradies ist eine solche willentliche Aktion, die Gott über Adam und Eva verhängt. Das ist Strafe. Nach Deiner Definition. Eigentlich überschneidet sich das fast mit meinem Barmherzigkeits-Thread. Wie ich da schon geschrieben habe, glaube ich nicht, dass Gott für irgendetwas tatsächlich straft, oder belohnt. Trotzdem finde ich ganz viele Bibelstellen (ich geb zu, so besonders bibelfest bin ich nicht ) in denen es um Strafe oder Belohnung geht, total schlüssig. Zumindest, seit sich mein Horizont, was Bibelverständnis angeht, ein wenig geweitet hat. Ich denke, das tatsächlich wohl alles, was von den biblischen Autoren als Strafe oder Belohnung Gottes beschrieben wird, auf natürlichen Zusammenhängen basiert. Ich will damit nicht sagen, dass sie das unbedingt wussten. Mag sein, dass sie es als echte, willkürliche Strafe eines Gottes empfunden haben. Ich denke, heute sind wir teilweise weiter, können die Zusammenhänge erkennen. Und wenn man diese Zusammenhänge beim Lesen der Bibel berücksichtigt und sich auf die (Bilder-)sprache einlässt, ist es unglaublich erstaunlich, wie perfekt das mit unserer heutigen Erkenntnis zusammenpasst. Und ich bin ziemlich sicher, dass es da noch vieles gibt, was wir an solchen Zusammenhängen nicht verstehen. Sowohl von Dingen, die in der Bibel beschrieben sind, als auch von Dingen, die uns täglich widerfahren. Manch einer, ist auch heute noch davon überzeugt, dass es sich bei vielem um Belohnung oder Bestrafung handelt. Ich glaube mit dem Blickwinkel, dass es eine innere Dynamik gibt, die von Gott kommt (oder die wir Gott nennen, oder was auch immer), können wir unglaublich viel lernen. Ich hoffe, das war jetzt irgendwie verständlich. Es fällt mir schwer, das auszudrücken, auch, weil ich selbst erst dabei bin, das verstehen zu lernen. Und vor allem hoffe ich, dass du wenigstens ein bisschen bereit bist, dich darauf einzulassen, statt weiter Passagen zu zitieren, wo von Strafe die Rede ist. Vielleicht hast du ja zumindest verstanden, warum das total an dem vorbei ist, was viele hier sagen wollen. 2 Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Mecky Geschrieben 14. Juli 2013 Melden Share Geschrieben 14. Juli 2013 Du glaubst nicht, dass Gott für etwas straft oder lohnt. In der Bibel aber findest Du massenweise Zeugnisse für Strafe und Lohn durch Gott. Die Brücke, die Du Dir für diesen Widerspruch baust, ist die Brücke der inneren Dynamik. Das Gute trägt seinen Lohn sozusagen in sich, ebenso das Böse. Ich mache das genau so. Ich nehme auch diese Brücke. Aber wenn ich dann Bibelstellen lese, die diese Brücke eben nicht verwenden, sondern Lohn und Strafe als direktes und willentliches Eingreifen Gottes darstellen, dann widerspreche ich. Letztlich sind diese Brücken nicht besonders gut. Sie laufen auf eine Art Deismus hinaus. Deswegen identifiziere ich mich vorzugsweise (Vorzug vor diesen Brücken) mit Hiob, der ratlos vor der Unverstehbarkeit Gottes steht, sich nicht zusammenreimt, was der da so alles mit ihm treibt und der dennoch ihm vertraut. Es ist letztlich der Schritt vom Wissen zum Glauben. Dieses ganze Zusammenreimen bringt nicht viel. Weder in der Form, wie es in der Bibel in höchst anstößigen Stellen geschieht, noch in der Brückenform. 3 Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Mecky Geschrieben 15. Juli 2013 Melden Share Geschrieben 15. Juli 2013 Das ist so, wie du das schreibst, nämlich einfach nicht richtig.Es ist schade, dass du dich für den Inhalt der Diskussion rund um den Dekalog nicht interessierst, dann könntest du nämlich z.B. das wissen, was der Geist auch schon geschrieben hat: dass die sogenannten "10 Gebote" nur im Zusammenhang mit ihrer Voraussetzung richtig verstanden werden können: die Prämisse für alles weitere ist: "Ich bin Jahwe, dein Gott, der dich aus Ägypten geführt hat, aus dem Sklavenhaus." Für den Judaisten Bernward Teuwsen geht es dabei ganz klar um ein reifes, verantwortetes Gewissen. Er sagt/schreibt es so (ich zitiere Teile aus dem Handout eines Vortrags von heuer im Mai und dem, was ich dazu mitgeschrieben habe. Eine Verwendung der Darstellung und Übertragung ist mit Nennung der Verfasserschaft ausdrücklich erlaubt): Für verANTWORTetes MenschSEIN In der Bibel steht seit je her ein "Zehn Wort" als Einladung zu einem befreiten (sich befreienden) Gewissen. NIE standen in der Bibel "10 Gebote", so werden sie fälschlicherweise genannt. Die Sinn stiftende Präambel "Ich, ja ich bin IHVH, deine Gottheit (eigentlich: dein Gottesgeschehen) welche/r dich ja herausgebracht aus dem Land Mizraim (Ägypten), dem Haus von Dienstbarkeiten (=Verwicklungen)" setzt die Kenntnis voraus von Exodus 3,14 Ich bin "ich-werde" welche/r wird "ich bin": Mose - ein Hörender, einer der HINhört und so ein ANgehöriger wird. (...) Es geht um Lebensweisung und Lebenshaltung aus erlebter Befreiung. Es gilt, das Gewissen als Sammlung und Verdichtung von Lebenswissen wahr sein zu lassen und zur Geltung zu bringen. Die Erfahrung der BeFreiung ist Grundlage der konsekutiven und konsequenten Weisungen: Das Verb, um das es geht (und das immer noch als Befehlsform, imperativ übertragen wird und den Eindruck von Geboten macht),steht in einer Verbform, die die grammatikalische Form für eine noch nicht abgeschlossene, in der Vergangenheit begonnene Handlung ist und bedeutet "machen, herstellen, in Form bringen --> es geht um EINstellungen: "nicht wirst du dir machen ..." Zum Teil hat sich die Sicht durchgesetzt, dass die Verbform eher als Hinweis zu verstehen, als aus der Präambel folgende Haltung und Handlung zu sehen ist. Oft wird der Text dann die "10 Weisungen" genannt. Doch weder Imperativ, noch Adhortativ, weder Gebot noch Weisung, eher konsekutive Weiterführung einer Erfahrung, ermutigender Hinweis auf gelungene Begegnung ist in der Verbform wie in der Syntax zu lesen: Aufmerksam machen auf eine EINStellung, nicht aufbauen auf einer VORStellung. Die EINStellungen I bis V weisen in die Vertikale, richten aus, richten auf: die EINStellungen VI bis X weisen in die Horizontale, richten ein, richten hin zu. In I bis V wird die befreiende Erfahrung in die Grund Haltung des "aufrechten Gangs" gebracht; in VI bis X werden die menschlichen/schöpferischen Selbst Verständlichkeiten zugeordnet. (...) Frankl: "Solange Furcht vor Strafe, Hoffnung auf Lohn oder der Wunsch, dem Überich zu gefallen, menschliches Verhalten bestimmt, ist das Gewissen noch gar nicht zu Wort gekommen" Ich finde die Darstellung von Bernward Teuwsen unerhört und kann nur hoffen, dass es daran liegt, dass Du nur einen Teil des Handouts zitiert hast. Aber die Gewichtung, die er vornimmt, ist nur allzu bekannt. Und sie ist schrecklich, äußerst schrecklich. Das Schreckliche ergibt sich dabei nicht aus dem, was er sagt, sondern aus dem, was er nicht sagt. Oder genauer: Was er verschleiert, was er vertuscht, was er aus dem Blickfeld nimmt. Bernward Teuwsen abstrahiert vollständig von der Geschichte. Eine völlig geschichtslose Darstellung. Der Dekalog als unverbindliche, nicht strafbewehrte Vorlage zur besseren Gewissensbildung. Welch ein Hohn! Was meinst Du: Warum wurde Jesus der Bruch des Sabbatgebotes x-mal vorgehalten? Weil er sein Gewissen nicht recht gebildet habe? Nix da. Es ging um die Übertretung eines Gebotes. Und die musste bestraft werden. Und wenn ihm vorgeworfen wurde "er lästert Gott", dann war das ein todeswürdiges Verbrechen gegen das 2. Gebot des lieblichen Dekalogs. Die Ehebrecherin, die sie durch die Straßen getrieben haben, hat sich gegen das dekalogische Ehebruchsverbot versündigt. Und sie soll nun barbarisch abgestraft werden. Abgestraft werden nach dem "Gesetz des Mose". Jepp: Gesetz. So hat man das gesehen. Gesetz! Da kann der gute Bernward Teuwsen noch so sehr was anderes behaupten. Die Gebote des Dekalogs wurden als Gesetz gesehen. Und sie waren, wie ich schon mehrfach belegt habe, strafbewehrt. Und daran ändert die Tatsache, dass die Strafbewehrung nicht gleich im Dekalogtext steht, überhaupt nichts. Man hat diese Strafbewehrung nämlich von Anfang an schon dazugesetzt. Auf Ehebruch steht der Tod. Steinigung. Die Verschleierung dieser Gebotshaftigkeit und der Strafbewehrung hat doch fast schon zynische Züge. Und das Argument, dass im hebräischen Originaltext nicht "du sollst", sondern "du wirst" steht, macht die Sache nicht besser, sondern noch schlimmer. Ebenso übrigens die Bezeichnung nicht mehr als "Gebote", sondern als "Weisung". Wenn ein General zu einem Hauptmann sagt: "Du WIRST vor Jericho Stellung beziehen", dann ist dieses WIRST eine glasklare Weisungsbindung, die keinen Millimeter Spielraum lässt. Das WIRST ist noch strenger, als das SOLLST. Sollbestimmungen sind flexibler und als netter Rat deutbar. Und Weisung ist strenger, als Gebot. Von seiner Entstehungszeit an, war der Dekalog als Grundlage für ganz konkrete Handlungspraktiken gedacht. Da ist - wie man noch nach Jahrhunderten an der Ehebrecherin sehen kann - Blut geflossen. Da knallten Steine gegen die Köpfe in Todesangst schreiender Frauen. Haufenweise haben sich konkrete und äußerst brutale Strafanweisungen an die Dekalogsgebote drangehängt. Man kann nur von Glück reden, dass auch die dekalogische Gesetzgebung sich in der Praxis eher vereinzelt, als flächendeckend durchgesetzt hat. Gott sei Dank gab es immer wieder Menschen wie Jesus, denen es gelungen ist, andere Menschen von den barbarischen Strafanweisungen zu verschonen. Und wenn Bernward Teuwsen dies einfach wegdrückt, wenn er so macht, als handle es sich bei den Geboten um liebe, gut gemeinte und hilfreiche Ratschläge, dann missachtet er eben die gesamte Geschichte. Sowohl missachtet er die gesellschaftlich-religiösen Anliegen derer, die den Dekalog schrieben, als auch die spätere Wirkungsgeschichte. Der Dekalog wurde mir in der Schule als "die 10 Gebote" vorgestellt. Und so ist es auch richtig. So haben es sowohl die Autoren und ihre Zeitgenossen gesehen. So hat man die einzelnen Gebote auch gehandhabt. Und so hat man sie auch auf Übertreter angewandt. Bernward Teuwsen kann vertuschen und Gräueltaten schönfärben, wie er will. Er ist ein Fremdkörper in der Dekalogsinterpretation - ein Fremdkörper, der in den letzten Jahren allerdings um sich greift. Man will die barbarischen Bibelstellen nicht als solche wahrnehmen, also zieht man das Positive heraus und vertuscht den ganzen riesigen Rest, der Menschen das Leben oder noch mehr gekostet hat. Man baut eine Vertuschungsfront auf, die die Täter (also in diesem Fall die Autoren und ihr gesellschaftliches Umfeld) in einem netten Licht erscheinen lässt. Als ob sie nur helfen wollten. Als ob es ihnen nur um hilfreiche Ratschläge gegangen wäre. Nicht einmal das Wort "Gebot" belässt man, sondern ersetzt er widersinniger und kontraproduktiver Weise durch "Weisung" (ohne zu erkennen, das Weisungsgebundenheit eigentlich härter ist, als Gebotsgebundenheit). Alles mit dem Ziel, nicht Wahrhaben zu müssen, wie hart die damaligen Sitten waren und dass sich diese Härte und Menschenverachtung auch in der Bibel niedergeschlagen hat. Man will eine Insel der Seligen aufbauen: Der Dekalog als menschenfreundliche Insel im Meer menschenverachtender Gesetze. Ja, viele mosaische Gesetze sind vielleicht schlimm. Nicht aber der Dekalog! Pustekuchen! Der Dekalog ist eine der Hauptquellen für Gesetzesgräuel. Vielen genügt es nicht zu sagen: "Jepp, so brutal war das damals. Und mitten in diesen brutalen Zeiten gab es aber auch sehr fruchtbare Aspekte." Und danach könnte man immer noch diese Aspekte, die ja wirklich vorhanden sind, herausheben - allerdings ohne den Rest zu vertuschen. Ohne die Gräueltäter von damals rosa anzustreichen. 2 Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Aleachim Geschrieben 15. Juli 2013 Melden Share Geschrieben 15. Juli 2013 Danke Mecky, für diese Antwort. Mir ist aber nicht ganz klar, was du damit eigentlich sagen willst... Die Brücke, die Du Dir für diesen Widerspruch baust, ist die Brücke der inneren Dynamik. Das Gute trägt seinen Lohn sozusagen in sich, ebenso das Böse. Ich mache das genau so. Ich nehme auch diese Brücke. Mir kommts so vor, als würdest du Brücke sagen, aber Krücke meinen... Eine Brücke ist etwas, das mir hilft weiter zu kommen, Abgründe zu überwinden. Bei dir klingt es aber so, als würde man einen Fehler machen, wenn man diese Brücke nutzt (über sie geht). Es klingt nach einem kleinen Hilfsmittel, das man nutzen darf, wenns unbedingt nötig ist, aber möglichst nicht zur Gewohnheit werden sollte. Aber wenn ich dann Bibelstellen lese, die diese Brücke eben nicht verwenden, sondern Lohn und Strafe als direktes und willentliches Eingreifen Gottes darstellen, dann widerspreche ich. Ja, ich widerspreche dem Bild von einem willkürlich strafenden oder belohnenden Gott. Ich halte aber die Geschichte trotzdem für erstaunlich richtig. Auch du widersprichst dem Willkür-Gottesbild. Was du aber mit den diskutierten Bibelstellen machst, ist mir nicht ganz klar? Letztlich sind diese Brücken nicht besonders gut. Sie laufen auf eine Art Deismus hinaus. Okay, das ist also deine Begründung, warum du denkst, dass es nicht gut ist, über diese Brücken zu gehen. Aber mal anders (und etwas provokant) gefragt, was wäre denn an so einer Art Deismus, auf die das deiner Meinung nach rausläuft so schlimm? Ich bin ehrlich gesagt aber auch überrascht, dass du Deismus sagst und nicht vielleicht eher Pantheismus. Ich dachte, es sei klar, dass Gott für mich diese Prozesse, die Dynamik, nicht einach nur in Gang gesetzt hat, sondern dass er dieser Dynamik sozusagen innewohnt. Könntest du vielleicht ausführlicher sagen, wo du glaubst, dass diese Brücken hinführen, und warum das schlecht sein soll? Deswegen identifiziere ich mich vorzugsweise (Vorzug vor diesen Brücken) mit Hiob, der ratlos vor der Unverstehbarkeit Gottes steht, sich nicht zusammenreimt, was der da so alles mit ihm treibt und der dennoch ihm vertraut. Es ist letztlich der Schritt vom Wissen zum Glauben. Dieses ganze Zusammenreimen bringt nicht viel. Weder in der Form, wie es in der Bibel in höchst anstößigen Stellen geschieht, noch in der Brückenform. Da fehlt mir jetzt irgendwie die Neugier und Wissbegierde. Versuchen, sich was zusammenzureimen, muss doch nicht mangelndes Vertrauen bedeuten. Ich bin sicher, dass wir inzwischen mehr wissen können, als Hiob wusste. Dieses mehr an Wissen führt aber auch zu noch mehr Fragen, weshalb wir Hiobs blindes Vertrauen noch immer genauso nötig haben. Ich versteh nicht, wieso du von "entweder - oder" ausgehst. Ich weiß nicht, ob du es wirklich so meinst, aber du propagierst hier für mich eine Art Resignation. "Wir können es eh nicht, also versuchen wir es erst gar nicht. Wer weiß, wo das hinführt." Und so eine Resignation halte ich eher nicht für gut. (Ich glaube übrigens nicht, dass die Hiobsgeschichte, so eine Resignation verlangt.) Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Mecky Geschrieben 15. Juli 2013 Melden Share Geschrieben 15. Juli 2013 Du hast jetzt eine Menge Arbeitsmaterial hingestellt. Mal gucken, ob ich das alles bewältigen kann. So Stück für Stück. Ich fange mal hier an: Tut mir leid Mecky, wenn ich das so sagen muss… aber du wirkst in dieser Diskussion hier grad auf mich, wie einer, der zeigen muss, dass er, obwohl kath. Priester, sich die Freiheit nimmt, bestimmte Stellen der Bibel für Unsinn zu halten. Irgendwie so, als müsstest du das grad vor dir hertragen und am besten auch noch andere davon überzeugen, dass es eben Unsinn ist. Und so, als würde deswegen gar niemand durch kommen zu dir… Das mit dem Priester habe ich nicht ins Spiel gebracht. Richtig ist aber, dass ich manche Bibelstellen für äußerst gefährliches Gut halte, für verzerrend, für ethisch hochproblematisch und menschengefährdend. Stellen wie "Hexen aber sollst Du nicht am Leben lassen" sind ganz eindeutig eine solche Katastrophe. Und ich warne davor, sich nach ihnen zu richten. Bei vielen anderen Bibelstellen ist das nicht so eindeutig, wie bei dieser. Ich denke, dass ich mit dieser Meinung nicht alleine dastehe. Ich sehe aber momentan die Tendenz, dass man aus lauter Unwohlsein bei solchen Bibelstellen, die Bibelstellen so lange umdeutet, bis man dann doch sagen kann: "In Wahrheit, bei tieferer Betrachtung, ist diese Bibelstelle ja doch ganz gut." Da wird verbogen. Und es soll der Eindruck erweckt werden, als seien Bibelstellen ja doch gut, man müsse nur zu ihrem "eigentlichen Kern" kommen. Ich halte diese Zugehensweise für gefährlich. Manche Bibelstellen sind durch und durch verdorben. Sie stammen aus böser Hand. Sie leiten zu Gewalttätigkeit an, glorifizieren sie. Sie werten Menschen ab - z.B. Frauen. Sie öffnen Tor und Tür für Gewalttaten. Sie stellen Gott so übel dar, dass man wirklich keine Lust mehr hat, an solch ein Monster zu glauben. Und so sind diese Bibelstellen eben. Und daran darf man nichts wegnehmen. Ich sehe die Gefahr, dass Bibelstellen als Beleg genommen werden. So, wie man Ex 22,17 als Belegstelle für Hexenverbrennung genommen hat, so kann man das auch bei vielen anderen Bibelstellen machen. Ich halte einen solchen Umgang mit Bibelstellen für nicht machbar. Er ist nicht nur unlogisch, nicht nur scheinlegitimierend für alles Mögliche, sondern er ist auch gefährlich für Mensch und Glaube. Es wird der Aufgabe ausgewichen, ein Gesamtbild der Bibel vor Augen zu nehmen. Die Bibelstellen werden nicht eingeordnet (z.B. als Zeugnis einer Suche, die im Irrweg gelandet ist), sondern werden als autoritative Legitimation genommen. "Wenn's doch in der Bibel steht, dann muss es doch richtig sein!". "Nein!" heißt hier meine Antwort. Denn es könnte sich hier um einen Irrweg handeln. Allein, dass etwas in der Bibel steht, macht die Aussage überhaupt nicht besser. Dass in der Bibel steht, dass man Hexen töten soll, macht den Hexenwahn um keinen Deut besser. Und so müssen wir uns bei jeder Bibelstelle fragen. Es ist nicht erlaubt, die Verantwortung abzugeben und sich auf die Biblizität einer Aussage zu berufen. Es ist falsch und gefährlich, diese Einordnung zu unterlassen. Jede Einzelstelle muss sich vor der Gesamtaussage der Bibel verantworten und - ein ganz wesentlicher Punkt - auch vor dem Glauben. Und dazu muss die einzelne Bibelstelle ernst genommen werden. Auch das Barbarische, auch die Irrwege müssen als solche gesehen und erkannt werden. Mir kommt es manchmal sogar vor, als ob Gott sogar bevorzugt durch solche erkannten Irrwege zu uns spricht. Das Grausen, das uns beim Lesen von der Vernichtung der Menschheit (Noah), bei der Verachtung und Minderberechtigung von Frauen, bei barbarischen Gerichtsworten, bei Kriegsgotterzählungen (Buch Josua) und ähnlichem befällt, halte ich nicht für einen Systemfehler, sondern für Wort Gottes und Wirken des heiligen Geistes. In diesem Grausen spricht Gott zu uns. "Schau mal da an, wozu Menschen fähig sind. Und Du auch." oder "Durch Dein Grausen sage ich Dir, dass ich nicht so bin, wie in dieser Bibelstelle beschrieben. Dein Grausen ist meine Offenbarung an Dich." 2 Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Dies ist ein beliebter Beitrag. Alfons Geschrieben 15. Juli 2013 Dies ist ein beliebter Beitrag. Melden Share Geschrieben 15. Juli 2013 Der Dekalog ist kein genuin israelitisches Gottesrecht, sondern eine Art ethisches Grundgesetz mit allgemeinen Verhaltensregeln, die mit der altorientalischen Weisheitsliteratur verwandt sind. Ich kann nicht verhehlen, dass mich Meckys Auftritt als Agent Provokateur mit Thesen aus der Theologie vergangener Jahrhunderte geärgert hat. Geärgert aus zwei Gründen. Der erste Grund: Seine Argumentation stellt völlig auf ein wörtliches Bibelverständnis ab. Wenn Gott höchstpersönlich den Griffel geführt hat beim Beschriften der Tafeln Mose, und wenn Gott höchstpersönlich die Ausführungsbestimmungen aka Gesetzbücher formuliert hat, dann ist er aber ein ganz schön hart strafender Gott – das ist Jammern über eine Theologie, die es in fundamentalistischen Zirkeln geben mag, oder bei Atheisten in ihrer Empörungsphase. Der zweite Grund: Mit seinem Reden von der „handelsüblichen Strafmentalität“ des Alten Testamentes, aus der Jesus ausgestiegen sei, wiederholt Mecky unkritisch die jahrtausendealte antijudaistische Herabwürdigung des Ersten Testaments durch die christliche Kirche. Zum ersten Grund: Der Dekalog ist wahrscheinlich zwischen 587 und 515 vor unserer Zeitrechnung entstanden (Pentateuchmodell nach R.G. Kratz), jedenfalls „nach Joschija“ (also nach 609 v.u.Z. - Bibellexikon Wibilex), und zwar zuerst in der Fassung in Exodus Kapitel 20, aber noch ohne Bilderverbot und Sabbatgebot. Die wurden dann aus der späteren Fassung im Deuteronomium 5 zurück übertragen. Ob die umfangreichen Gesetzeswerke des Pentateuch – ich denke hier vor allem an die deuteronomische Gesetzessammlung Kapitel 12 bis 28, auch wenn Mecky vor allem Rechtssätze aus Exodus zitiert – auf den Dekalog aufsetzt, ist theologisch umstritten. Ich meine: ja, und folge da der „Einleitung in das Alte Testament“ von Erich Zenger, der einen Zusammenhang sieht: Das Zehnwort sei „hermeneutische Vorgabe der im Pentateuch versammelten Gesetzes- bzw. Rechtskorpora“ (Zenger u.a., Einleitung, S. 126). Es gibt ja eine schöne Geschichte in der Bibel über die Entstehung des fünften Mose-Buchs. In 2. Könige 22 wird erzählt, wie bei der Instandsetzung des Tempels ein Buch „gefunden“ wird, König Joschija davon ganz überwältigt ist und den Text prompt zum Staatsgrundgesetz erklärt. Heute ist man sich ziemlich sicher, dass diese Geschichte einen wahren Kern hat. Es handelte sich wohl um eine Vorstufe des Deuteronomiums, verfasst von den angeblichen Findern – unter anderem, um ganz im Sinne Joschijas assyrische Kulte abzuschaffen. In der Exilszeit und auch noch in nachexilischer Zeit wurden diese Texte ausgebaut und auf den Dekalog hin geordnet. In der Form wurden sie nicht als Gesetze eines Königs, sondern als ein Vertrag zwischen Jahwe und seinem Volk formuliert. Kurz gesagt: Die Gesetzestexte im Alten Testament sind Menschenwerk. Sie entsprechen, mit manchen Verbesserungen, den Gesetzeswerken anderer vorderasiatischer Völker. Die Ähnlichkeiten zum Beispiel mit dem Codex Hammurabi sind nicht zu übersehen. Und sie haben erkennbar örtliche Bedeutung: während der Dekalog als eine Sammlung ethischer Maximen umfassende Gültigkeit beansprucht, wendet sich das Deuteronomische Gesetzeswerk an die Bewohner des Landes westlich des Jordan (5. Mose 12, 1). Wer die Einsicht der Theologie teilt, dass die alttestamentarischen Gesetze von Menschen vor 2500 Jahren gemacht wurden, für eine Gesellschaft vor 2500 Jahren, kann nicht eine wörtliche Gültigkeit dieser Gesetze für die heutige Zeit und für heutige Gesellschaften einfordern. Während das Zehnwort hingegen als ethische Maxime im Kontext seiner Entstehungszeit durchaus nachdenkenswert ist. Ich verweise da auf das Posting von Ennasus mit den Gedanken von Bernward Teuwsen. Dass es in den christlichen Kirchen – evangelisch, katholisch oder sonstwie – die Tendenz gibt, die Erkenntnisse der Theologie nicht wahrhaben zu wollen, sehe ich auch. Aber das sollte man nicht den Theologen, nicht der Bibel und nicht seinem jeweiligen Gott vorwerfen, sondern den Kirchen bzw. den Augenwischern unter ihren Amtsträgern. Zum zweiten Grund: Der angebliche Gegensatz der Gottesbilder im Alten und im Neuen Testament ist ein Topos der Judenfeindlichkeit in der Geschichte der christlichen Kirche bis in die Neuzeit hinein. „Der Vorwurf lautet: Der Gott, von dem in den Geschichtsbüchern erzählt wird, dessen Botschaft die Propheten verkünden, den die Psalmenbeter anflehen und auf den die Weisheitsüberlieferungen setzen, sei letztlich und zutiefst ein anderer Gott als der Gott Jesu. Der kriegslüsterne, gewalttätige und rachesüchtige Gott des Alten Testaments sei das Gegenteil von dem Gott der Güte und der Barmherzigkeit, den Jesus verkündet habe.“ (Zenger: Das Erste Testament, S. 10). Dieses Vorurteil wurde gern auf die Art belegt, dass man sanfteste Stellen aus dem Neuen Testament herausgriff und den problematischsten Stellen des Alten Testaments gegenüber stellte. „Man vergleicht beispielsweise nicht die Botschaft Jesu vom barmherzigen Gott mit dem breiten Strom der Texte, die den Gott Israels (…) als den über die Maßen barmherzigen Gott verkünden, sondern man sucht gezielt nach Texten, die zu den neutestamentlichen Highlights ausgesprochene Kontrasttexte sind. Wenn man das gleiche Verfahren umkehren würde, könnte das Neue Testament auch sehr schlecht aussehen.“ (Zenger, a.a.O., S. 18). Nach dem Ersten Testament ist Jahwe ein Gott, der die Hilferufe und das Stöhnen der Sklaven hört (Exodus 2,23), der in Treue zu seinen Zusagen steht (Exodus 2,24), der an den Leiden der Unterdrückten mit leidet (Exodus 3,7). Ein Gott, dem im Zweifelsfall die Barmherzigkeit höher steht als die Gerechtigkeit. Dem ließe sich gegenüber stellen aus dem Neuen Testament – auch dies nur ein Beispiel – der Spruch aus dem Hebräer-Brief: „Es ist furchtbar, in die Hände des lebendigen Gottes zu fallen“ (Hebr. 10,30f). Wer sich vorurteilsfrei über das Thema Gewalt im AT informieren möchte, sei auf Norbert Lohfink hingewiesen: „Gewalt und Gewaltlosigkeit im Alten Testament“, Freiburg 1983. Über die Bedeutung des Alten Testaments für das Christentum informiert eindrucksvoll Erich Zenger in seinem hier schon zitierten Werk „Das Erste Testament. Die jüdische Bibel und die Christen“, Düsseldorf 1991. Alfons 11 Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Julius Geschrieben 15. Juli 2013 Melden Share Geschrieben 15. Juli 2013 (bearbeitet) Ich habe mein Leseperlenkontingent für heute leider (und das auch noch aus Versehen) schon verbraten. bearbeitet 15. Juli 2013 von Julius Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Mecky Geschrieben 15. Juli 2013 Melden Share Geschrieben 15. Juli 2013 Die Brücke, die Du Dir für diesen Widerspruch baust, ist die Brücke der inneren Dynamik. Das Gute trägt seinen Lohn sozusagen in sich, ebenso das Böse. Ich mache das genau so. Ich nehme auch diese Brücke. Mir kommts so vor, als würdest du Brücke sagen, aber Krücke meinen... Eine Brücke ist etwas, das mir hilft weiter zu kommen, Abgründe zu überwinden. Bei dir klingt es aber so, als würde man einen Fehler machen, wenn man diese Brücke nutzt (über sie geht). Es klingt nach einem kleinen Hilfsmittel, das man nutzen darf, wenns unbedingt nötig ist, aber möglichst nicht zur Gewohnheit werden sollte. Nein, es ist wirklich eine Brücke. Ich glaube sehr wohl an die innere Dynamik und daran, dass sie echte Schöpfungsanlage, also gottbegründet ist. Das Töten ist nicht schlecht, weil es in den 10 Geboten verboten wird, sondern es ist in sich schlecht und führt zu Katastrophen. Die Brücke ist manchmal gut. Aber diese Betrachtungsweise löst nicht alles. Sie führt tatsächlich zu einem Deismus: Gott hat am Anfang der Schöpfung alles so gestaltet, dass das Böse seine Verderblichkeit in sich trägt. Und dann lässt er uns mit dieser Eigendynamik allein. Der Verweis auf die Eigendynamik führt ganz schnell zu einem fernen Gott, der zwar mal am Beginn der Schöpfung für eine Eigendynamik gesorgt hat, der sich dann aber zurückgezogen hat. Und hier muss eine Gegendarstellung her. Wenn man das mit der Eigendynamik so sieht, dann ist diese Betrachtungsweise glaubensvernichtend. Ganz unbedingt bedarf es der Ergänzung durch ein nicht-deistisches Gottesbild. So. Und an diesem Punkt der Gedanken angekommen, werde ich jetzt endgültig überfordert. Ja, ich habe ein nicht-deistisches Gottesbild, das dennoch diese Eigendynamik hervorbringt. Aber das ist nicht in einem Posting zu erklären. Es dreht sich um die Frage, wie Gott in der Welt handelt - und zwar aktuell handelt. Ich müsste eine Gegendarstellung zu der traditionellen Wunder-Wirkweise unternehmen (also: Gott handelt punktuell an der Eigendynamik vorbei, indem er Wunder wirkt. Allein dieser Vorstellung differenziert zu widersprechen brauche ich nicht ein Posting, sondern ganze Threads.) Erst durch diese Darstellung wird mein Verständnis von Eigendynamik über das Niveau flotter Begründungssprüche (die ich wie die Pest hasse) erhoben. Was aber gar nicht geht, ist: Dass man mein Verständnis dieser Dynamik in diejenigen Bibelstellen hineininterpretiert, die eine völlig andere Vorstellung von der Art haben, wie Gott eingreift und wirkt. Damit vergewaltigt man zugleich die Bibelstelle und auch meine Gedanken zu der Eigendynamik. Der Versuch, dem Schreiber des Sündenfall-Mythos abzusprechen, dass er Gott als strafend beschreibt - und zwar durch eine eigene, bewusste und gewollte Aktion, die nicht in der Natur der Sache entspringt, ist eine solche Vergewaltigung. Und dies gilt es erst einmal ernst zu nehmen. Ich habe nichts dagegen, wenn man dann in einem zweiten Schritt sagt: "Aber ich gehe mit meinen Gedanken noch mal über das hinaus, was da geschrieben steht. Ich sehe mich durch die biblische Aussage inspiriert, die Eigendynamik des Bösen bzw. des Bewusstwerdens durchzudenken." Das ist völlig nichtvergewaltigend und legitim. Den Dekalog als gebot- und strafbewehrungsfreie Zone darzustellen, ist auch so eine Vergewaltigung, die man nur vornehmen kann, wenn man den geschichtlichen Zusammenhang und die Wirkungsgeschichte ausblendet. Legitim dagegen wäre es zu sagen: "Jepp, war Gebot, war Übertretungsverbot, war Drohung mit Strafe. Und war der Untergang so manchen armen Opfers dieser Einstellung. War eben so. Aber: Es steckt noch mehr in diesem Dekalog. Neben der Grundlegung von Gräuel geht es hier auch tatsächlich um eine Suche nach dem, was gut ist, was Gott von mir will. Und in einem zweiten Schritt (der erste Schritt war die Erfassung der Realität des Dekaloges) erhebe ich mich, von Gottes Wort und seinem Geist inspiriert über die geschichtliche Situation des Dekaloges und entdecke in diesen Worten tatsächlich wahre Schätze, Gottes bundeswillige Fürsorge für meinen Lebensweg, mit der er mir hilft. Auf diese Weise ist dies dann weder Vergewaltigung der Bibelstelle, noch Vergewaltigung meiner Zugangsweise und meines Glaubens und meiner Ethik. Sondern im Gegenteil: Befruchtung. Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Aleachim Geschrieben 15. Juli 2013 Melden Share Geschrieben 15. Juli 2013 Ich sehe aber momentan die Tendenz, dass man aus lauter Unwohlsein bei solchen Bibelstellen, die Bibelstellen so lange umdeutet, bis man dann doch sagen kann: "In Wahrheit, bei tieferer Betrachtung, ist diese Bibelstelle ja doch ganz gut." Da wird verbogen. Und es soll der Eindruck erweckt werden, als seien Bibelstellen ja doch gut, man müsse nur zu ihrem "eigentlichen Kern" kommen. Ich halte diese Zugehensweise für gefährlich. Erstmal muss ich sagen, dass ich da gar nicht so grundsätzlich anderer Meinung bin. Wo Menschen tatsächlich meinen, dass es partout nicht sein darf, dass irgendwas Falsches, oder Schlechtes in der Bibel steht und deshalb auf Biegen und Brechen irgendwie uminterpretieren müssen, halte ich das bestenfalls für albern, schlimmstenfalls, wie du auch sagst, für gefährlich. Und ich glaube, von mir behaupten zu können, dass ich nicht zu denen gehöre, die ein Problem damit haben, zu sagen: „Auch wenns in der Bibel steht, das ist trotzdem Quatsch!“ Bis vor einiger Zeit, war ich mir sogar sicher, dass genau das zutrifft. Manches ist Quatsch, anderes heute einfach unwichtig, manches versteh ich einfach nicht, und manches ist tatsächlich gut und wertvoll. Mittlerweile seh ich das ein wenig anders, seit ich eine Betrachtungsweise kenne, die mich meint. Das heißt nicht, dass ich jetzt plötzlich der Meinung bin, dass alles was in der Bibel steht, richtig sein muss. (und schon gar nicht nur WEIL es in der Bibel steht) Aber ich bin auch nicht mehr bereit, einen Text gleich zu verwerfen und für grundfalsch zu halten, nur weil es im ersten Moment so abstoßend klingt. Wenn ich mich richtig erinnere, magst du die Psalmen gerne. Die sind vielleicht ein ganz gutes Beispiel dafür, was ich meine. Früher haben mich Psalmen überhaupt nicht interessiert. Ich bekam dann den Tipp, das als mein persönliches Gebet zu lesen und evtl. zu ergänzen. Klingt gut und schön, ist mir aber auch nicht besonders gelungen. Ich fands entweder zu schmalzig und hochtrabend, irgendwie überkandidelt, oder grausam und abstoßend. Vor allem, wenn so häufig von den Feinden die Rede ist, die vernichtet werden sollen etc. Erst als ich darauf gekommen bin, das alles mit meinem Innersten in Verbindung zu bringen, dass eben z. B. die Feinde in mir lauern, hat sich das geändert. Nun mag ich viele der Psalmen sehr und kann sie auch zu meinem Gebet machen. Ja, wie sehr wünsch ich mir manchmal, dass meine Feinde (z. B. irgendeine Angst) vernichtet werden mögen. Auch wenn der Psalmenschreiber wohl mit Feinden tatsächlich andere Menschen meinte, die ihm Böses wollten und ich das nicht gutheiße, finde ich einen Sinn für mich darin. Jetzt sagst du vielleicht, dass dieser Sinn nicht im Text steht, sondern von mir reingelegt wird. Und vielleicht hast du Recht. Aber das geht zum einen nicht mit jedem x-beliebigen Text. (Ich bin immer wieder überrascht, wie das mit biblischen Texten funktioniert), zum anderen glaube ich, dass nur so (indem man selber dem Text einen Sinn gibt), Gottes Wort draus wird. Und ich glaube auch nicht, dass das was ich da und in viele andere Bibelstellen hineininterpretiere, so beliebig ist, wie die, die gegen ein solches Verständnis sind, gerne glauben machen wollen. Ich denke, das steckt eine Art und Weise der Interpretation dahinter, die sehr stringent und stimmig ist und von der man vielleicht tatsächlich sagen kann, dass es sowas wie der „eigentliche Kern“ ist. Und zwar deshalb, weil es m. E. nichts was wir wissen außer Acht lässt. Es passt sowohl in den Gesamtkontext der Bibel, als auch zu allen Lebenserfahrungen, und zu unserem heutigen Wissen über die Welt. Ansonsten stimm ich dir eigentlich wieder ziemlich zu. Vor allem, dass uns grausame Geschichten auch sagen wollen, zu was wir Menschen fähig sind. 2 Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Mecky Geschrieben 15. Juli 2013 Melden Share Geschrieben 15. Juli 2013 Hi Alfons! Na, jetzt hast auch Du mir eine Menge Material zum Abarbeiten gegeben. Langsam wird es anstrengend. Aber es ist mir lieber so - nämlich mit klaren Aussagen, Darstellungen und Argumenten. Das gibt zwar Arbeit, aber da habe ich dann ja auch was davon. Ich mach mal Stück für Stück. Der Dekalog ist kein genuin israelitisches Gottesrecht, sondern eine Art ethisches Grundgesetz mit allgemeinen Verhaltensregeln, die mit der altorientalischen Weisheitsliteratur verwandt sind. Jepp. Da gab es bereits eine jahrhundertelange Tradition. Wenn Jahrhunderte da überhaupt ausreichen. Wahrscheinlich müsste man sogar Jahrtausende bemühen. Und nicht nur die altorientalische Weisheitsliteratur. Sondern genau genommen spiegelt sich hier die ganze Menschheitsgeschichte. Ich gehe an so was streng nach Piaget heran: Das baut immer aufeinander auf. Da gibt es Stufen, Entwicklungsstufen. Und die folgenden Stufen setzen die vorhergehenden voraus. Aber genau dies macht es unmöglich, den Dekalog allein als ein ethisches Grundgesetz mit allgemeinen Verhaltensregeln zu sehen. Sondern da spiegelt sich wirklich die ganze Geschichte. Und zu dieser Geschichte gehören eben nicht nur gutgemeinte Verhaltensregeln, nicht nur auf eine Essenz gebrachte, allgemeine Gesetze. Sondern zu dieser Geschichte gehört auch die Geschichte justizieller Gewalt, gehört die Geschichte von Strafbewehrung dazu. Schön, dass im Dekalog selbst die Strafen nicht dazu geschrieben sind. Das war ja auch gar nicht nötig. Das hat man sich dazudenken können. Das hat man ja auch hin und wieder erleben können. Das war bewusstes Allgemeingut. Und in diese Geschichte hinein spricht dann der Dekalog und bietet noch einmal in Reinform all jene Gebote, deren Bestrafungsneigung allgemein bekannt waren. Und der Dekalog bezieht diese Gebote auch noch auf Gott. So, dass der Übertreter weiß, dass er nicht nur von den Menschen abgestraft wird, sondern dass diese Abstrafung göttlich fundiert ist. Diese ganze Diskussion hat sich entzündet, weil ich behauptet habe, dass es sich im Dialog um Gebote, um Übertretung und um Bestrafung dreht. Und das sage ich immer noch. Die Vollstrecker der Strafen bekamen durch den Dekalog noch einmal tüchtig Rückenwind. Sie setzen sich ja für das göttlich Gute ein. Und die Opfer der Strafen durften sich gleich noch von Gott mitgestraft, als Bundesbrecher, als (wie Saul) von Gott Verstoßene fühlen. Die Frage ist nach dem Sitz im Leben. Meinst Du wirklich, dass der Dekalog für weisheitlich durchdrungene Philanthropen in Elfenbeintürmen und im Tempel gedacht war? Wohl kaum. Oder? Im Dekalog wird eine Rechtspraxis essenzialisiert, göttlich fundiert und geschärft. Da geht es vielleicht auch um die Förderung der Gottesbeziehung, um Gewissensbildung. Schon. Aber kann man aus diesen Gründen heraus darüber hinwegsehen, dass hier Rechtspraxis - und das bedeutet auch: Strafpraxis - abgesegnet wird? Dass man hinterher fundiert Urteile fällen und Strafen verhängen kann? Und genau dies habe ich behauptet. Ich habe nicht behauptet, dass der Dekalog keinen geistlichen Gewinn bringen könnte. Ich habe nicht behauptet, dass die Gebote schlechte Lebensregeln seien. Ich habe nur behauptet, dass sich der Dekalog um Gebot, um Übertretung und Strafe dreht. Oder noch genauer: Dass er neben all diesem auch ein wichtiges Instrument war, um Gebote mit göttlicher Autorität zu sehen. Um die Übertretung nicht nur als profanes Fehlverhalten, sondern als Angriff auf Gott zu brandmarken. Und um Strafen zu rechtfertigen, wie man sie in der schon lange gewohnten Geschichte praktiziert hat. Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Mecky Geschrieben 15. Juli 2013 Melden Share Geschrieben 15. Juli 2013 Ich kann nicht verhehlen, dass mich Meckys Auftritt als Agent Provokateur mit Thesen aus der Theologie vergangener Jahrhunderte geärgert hat. Geärgert aus zwei Gründen. Der erste Grund: Seine Argumentation stellt völlig auf ein wörtliches Bibelverständnis ab. Wenn Gott höchstpersönlich den Griffel geführt hat beim Beschriften der Tafeln Mose, und wenn Gott höchstpersönlich die Ausführungsbestimmungen aka Gesetzbücher formuliert hat, dann ist er aber ein ganz schön hart strafender Gott – das ist Jammern über eine Theologie, die es in fundamentalistischen Zirkeln geben mag, oder bei Atheisten in ihrer Empörungsphase. Der zweite Grund: Mit seinem Reden von der „handelsüblichen Strafmentalität“ des Alten Testamentes, aus der Jesus ausgestiegen sei, wiederholt Mecky unkritisch die jahrtausendealte antijudaistische Herabwürdigung des Ersten Testaments durch die christliche Kirche. Das verärgert mich nun doch. Dass ich "völlig auf ein wörtliches Bibelverständnis" abhebe, ist wohl eine grandiose Fehleinschätzung. Allerdings lege ich natürlich durchaus Wert darauf, dass man erst mal den Text erfasst, wie er dasteht. Aber dazu habe ich an dieser Stelle eigentlich gar nicht viel geschrieben. Als ob ich voraussetzen würde, dass Gott höchstpersönlich den Griffel geführt hätte! Wo hast Du denn das her? Hast Du jemals von mir etwas in diese Richtung gehört? Vielmehr habe ich den Dekalog in die Geschichte eingeordnet. Ganz konkret bin ich auf seine Wirkungsgeschichte eingegangen. Darauf, wie der Dekalog biblisch verwendet und gesehen wurde. Und die handelsübliche Strafmentalität im alten Testament kann man doch wohl kaum abstreiten. Das alte Testament quillt von Strafbestimmungen und Strafgeschichten förmlich über. Wie kannst Du so was abstreiten? Und den Blödsinn von der antijudaistischen Herabwürdigung kannst Du Dir insbesondere nach meinen Schwärmereien für das Hiobbuch echt sparen. Du referierst da anscheinend so ein paar Standardvorwürfe, die Alttestamentler gerne mal bringen, damit sich keiner mehr getraut, die Bedeutung ihres Forschungsobjektes auch nur ansatzweise in Frage zu stellen. Ich kritisiere das Alte Testament genauso, wie ich auch Paulus kritisiere und wie ich überhaupt jedes Festhalten an überholten Erkenntnissen kritisiere. (Du übrigens hast das ja auch gerade getan.) Jepp. Und Jesus kritisiert auch. Und nicht jede Kritik ist Antijudaismus. Und Jesus hält seine Botschaft tatsächlich auch für besser, als die Botschaft der Alten. Und er war kein Antijudaist. Nicht einmal ansatzweise. Ich finde solche Verdächtigungen ziemlich übel. Und auch haltlos. Soll ich jetzt jede Kritik an alttestamentlichen Gräuelstellen einstellen, nur damit ich nicht in Verdacht gerate, Antijudaist zu sein? Ach, das ist doch alles Blödsinn. Und jetzt habe ich für heute Abend keine Lust mehr, weiterzuschreiben. Es wäre mir echt lieb, wenn Du diesen Vorwurf zurückziehst. Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Mecky Geschrieben 16. Juli 2013 Melden Share Geschrieben 16. Juli 2013 Der Dekalog ist wahrscheinlich zwischen 587 und 515 vor unserer Zeitrechnung entstanden (Pentateuchmodell nach R.G. Kratz), jedenfalls „nach Joschija“ (also nach 609 v.u.Z. - Bibellexikon Wibilex), und zwar zuerst in der Fassung in Exodus Kapitel 20, aber noch ohne Bilderverbot und Sabbatgebot. Die wurden dann aus der späteren Fassung im Deuteronomium 5 zurück übertragen. Ob die umfangreichen Gesetzeswerke des Pentateuch – ich denke hier vor allem an die deuteronomische Gesetzessammlung Kapitel 12 bis 28, auch wenn Mecky vor allem Rechtssätze aus Exodus zitiert – auf den Dekalog aufsetzt, ist theologisch umstritten. Ich meine: ja, und folge da der „Einleitung in das Alte Testament“ von Erich Zenger, der einen Zusammenhang sieht: Das Zehnwort sei „hermeneutische Vorgabe der im Pentateuch versammelten Gesetzes- bzw. Rechtskorpora“ (Zenger u.a., Einleitung, S. 126). ... Kurz gesagt: Die Gesetzestexte im Alten Testament sind Menschenwerk. Sie entsprechen, mit manchen Verbesserungen, den Gesetzeswerken anderer vorderasiatischer Völker. Die Ähnlichkeiten zum Beispiel mit dem Codex Hammurabi sind nicht zu übersehen. Und sie haben erkennbar örtliche Bedeutung: während der Dekalog als eine Sammlung ethischer Maximen umfassende Gültigkeit beansprucht, wendet sich das Deuteronomische Gesetzeswerk an die Bewohner des Landes westlich des Jordan (5. Mose 12, 1). Wer die Einsicht der Theologie teilt, dass die alttestamentarischen Gesetze von Menschen vor 2500 Jahren gemacht wurden, für eine Gesellschaft vor 2500 Jahren, kann nicht eine wörtliche Gültigkeit dieser Gesetze für die heutige Zeit und für heutige Gesellschaften einfordern. Während das Zehnwort hingegen als ethische Maxime im Kontext seiner Entstehungszeit durchaus nachdenkenswert ist. Ich verweise da auf das Posting von Ennasus mit den Gedanken von Bernward Teuwsen. Dass es in den christlichen Kirchen – evangelisch, katholisch oder sonstwie – die Tendenz gibt, die Erkenntnisse der Theologie nicht wahrhaben zu wollen, sehe ich auch. Aber das sollte man nicht den Theologen, nicht der Bibel und nicht seinem jeweiligen Gott vorwerfen, sondern den Kirchen bzw. den Augenwischern unter ihren Amtsträgern. Dass die alttestamentarischen Gesetze von Menschen vor 2500 Jahren gemacht wurden, halte ich für eine Verengung. So einfach ist das nicht. Da gibt es Traditionen, die viel weiter zurückreichen. Meiner Meinung nach sogar bis in prähistorische Zeiten. Das Tötungsverbot, das Diebstahlsverbot, das Ehebruchsverbot, das Falschzeugnisverbot sind keine Errungenschaften von vor 2500 Jahren. Das "keine-andere-Götter-Gebot" stammt wohl direkt aus der Zeit des Aufkommens des Monotheismus. Dass die Gesetze auf den Dekalog aufgesetzt sind, habe ich keineswegs so gemeint, dass zuerst der Dekalog da war, und dann erst die Gesetze mit ihren Strafbestimmungen draufgesetzt wurden. Oh nein! Sondern es ging darum, dass eine lange Vorgeschichte im Dekalog zusammengefasst und prinzipialisiert und essenzialisiert wurde. Der Dekalog ist keineswegs nur Grundlage für die Gesetzgebung, sondern er ist auch Produkt von schon länger vorhandenen Gesetzesvorstellungen. Dies habe ich aber gestern schon beschrieben. Ich brauche nur zu repetieren: Das macht es dann vollkommen unmöglich, den Dekalog als selige Insel der Nichtstrafbewehrung, der Nichtgebotshaftigkeit und der Nichtberücksichtigung von Übertretung zu beschreiben. Die hübschen Erkenntnisse, die Du hier referierst, streite ich nicht im Geringsten ab, auch wenn ich sie ergänze und den Dekalog in eine Geschichte einbette, die lange zuvor begonnen hat, und die noch weitreichende Folgen in die Zukunft hat. Die Erkenntnis, dass der Dekalog Menschenwerk sei, halte ich für eine Trivialität. Ja natürlich doch! Die ganze Bibel ist Menschenwerk. Hätte ich jemals etwas anderes gesagt? Jesus höchstpersönlich ist Mensch geworden - und auch seine Worte sind Menschenwerk. Was ich allerdings hochgradig bestreite ist der Schluss: Weil es Menschenwerk ist, kann man es nicht Gott in die Schuhe schieben. Wenn man aus der Theologie alles herausstreicht, was Menschenwerk ist, bleibt nichts übrig. Gar nichts. Problematischer ist die Sicht Gottes als "Allverursacher". Diese Ansicht geht ja auch nicht davon aus, dass es keine menschlich-irdischen Ursachen gäbe, sondern dass Gott in dem Menschenwerk wirkt. Dass er vermittels der weltlichen, irdischen und menschlichen Vorgänge wirkt. Das Menschenwerk ist damit sozusagen der Arm Gottes. Oder im Spezialfall der Bibel: Die Menschenworte sind der Mund Gottes. Am Ende der Lesung sagt der Lektor, nachdem er lauter Menschenworte (Plural) vorgelesen hat: "Wort (Singular) des lebendigen Gottes!" (Problematisch ist das, weil solche Gedanken furchtbar freiheits- und verantwortungsvernichtend sein können. Wenn Gott Allverursacher ist, dann sind Mensch und Welt sehr schnell Nichtsverursacher. Uiuiui!) Und genau dies wurde für den Dekalog und für die Gesetze beansprucht: Dass sie (wiewohl auch Menschenworte) Gottes Wort an uns sind. Im Dekalog wirkt sich das Gottesbild seiner Schreiber aus. Und zu diesem Gottesbild gehörte das Gebotgeben und das Bestrafen von Übertretungen dazu. Die ganze Einbettung des Dekalogs in die Geschichte der Menschheit ist zugleich eine Einbettung in die geschichtlichen Gottesbilder. Und über deren Nichtgebothaftigkeit, Übertretungstoleranz und Bestrafungsverzicht gibt die Geschichte erschöpfende Auskunft. Schön, dass sich die Gottesbilder der damaligen Zeit nicht im strafenden Gott erschöpfen. Gegen eine solche Behauptung ("der Gott des AT ist ein rächender, strafender Gott") würde ich mich sofort wenden. Warum? Weil das eine ziemlich saublöde Verengung ist. Die Gottesbilder des AT haben weitaus mehr zu bieten. Auch das Gottesbild, das hinter dem Dekalog steht. Aber genauso wende ich mich energisch dagegen, wenn behauptet wird, dass die Aspekte des Gebotgebens und Strafens aus dem Gottesbild der Dekalogschreiber entschwunden sein sollte. Das ist doch völlig unhistorischer Quark! Das ist ebenso eine Verengung, wie die Absolutsetzung des rächenden, strafenden Gottes. Es ist mir wirklich unverständlich, nicht nachvollziehbar, mit welchem Eifer hier einige für eine solche Verengung eingetreten sind und partout darauf bestehen, dass sich der Dekalog nicht um Gebot, um Übertretung und um Strafe dreht. Natürlich tut er das. Und zwar nicht vorbei an heutigen wissenschaftlichen Erkenntnissen. Sondern die wissenschaftlichen Erkenntnisse bestätigen doch diese Einbindung in die Geschichte. Da kann man doch nicht davon abstrahieren, nur weil man sich gerne auf eine Insel der Seligen mit einem nichtfordernden und nichtbestrafenden Gott zurückziehen will. Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Flo77 Geschrieben 16. Juli 2013 Autor Melden Share Geschrieben 16. Juli 2013 Bin ich der einzige, der beim besten Willen nicht erkennen kann, ob Mecky rezipiert hat, daß 1. das biblische "Du sollst" eine Futurformel ist und 2. der ganze Dekalog im Kontext der altorientalischen Verträge zwischen Großkönigen und Vasallen eingeordnet werden müsste? Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Mecky Geschrieben 16. Juli 2013 Melden Share Geschrieben 16. Juli 2013 Der angebliche Gegensatz der Gottesbilder im Alten und im Neuen Testament ist ein Topos der Judenfeindlichkeit in der Geschichte der christlichen Kirche bis in die Neuzeit hinein. „Der Vorwurf lautet: Der Gott, von dem in den Geschichtsbüchern erzählt wird, dessen Botschaft die Propheten verkünden, den die Psalmenbeter anflehen und auf den die Weisheitsüberlieferungen setzen, sei letztlich und zutiefst ein anderer Gott als der Gott Jesu. Der kriegslüsterne, gewalttätige und rachesüchtige Gott des Alten Testaments sei das Gegenteil von dem Gott der Güte und der Barmherzigkeit, den Jesus verkündet habe.“ (Zenger: Das Erste Testament, S. 10). Was mich gestern abend so verärgert hat ist: Das, was Du da schreibst, ist ja durchaus richtig. Aber Du schreibst das in einem Posting, das meinen Namen verwendet. Und das ist völlig daneben. Ich wehre mich schon die ganze Zeit gegen eine Zweiteilung in "Gottesbild AT" und "Gottesbild NT". Ich würde nicht einmal von einem "Gottesbild Jesu" reden, denn auch dies wird in den Evangelien jeweils unterschiedlich beschrieben - gerade was die Vergebungswilligkeit Gottes und seinen Umgang mit Sünde und Sündern. Da sind zwischen Matthäus und Lukas doch erhebliche Akzentunterschiede. Mein Thema war vielmehr der Gegensatz zwischen Gottesbild in Gen 3 und Gottesbild im Hiobsbuch. Und das Gottesbild im Dekalog ist auch nicht vollständig deckungsgleich mit dem von Gen 3 (und das gälte selbst dann, wenn der Schreiber von Gen 3 zugleich auch der Schreiber des Exodus-Dekaloges sein sollte). Dass es allerdings im alten Testament Zeugnisse für einen kriegslüsternen, gewalttätigen und rachesüchtigen gibt, kann man wohl nicht abstreiten. Und was den strafenden Gott angeht, gibt es sogar erschreckend viele Zeugnisse - und zwar im AT wie auch im NT. Aus der Feststellung "Gott tritt im AT massenweise strafend, gewalttätig und rachsüchtig auf!" einen Antijudaismus zu konstruieren, habe ich in verschiedenen Schattierungen schon öfter gelesen - und zwar bevorzugt von Alttestamentlern. Sie wehren sich gegen Pauschalisierung. So weit gut. Mach ich mit. Aber sie pauschalisieren damit auch die Kritik an den inkriminierten Bibelstellen. Ich finde es auch sehr pauschalisierend, wenn Du in einem Posting mir eine solch pauschalisierde Einstellung vorhältst. Als ob ich einen solchen undifferenzierten Gegensatz zwischen AT und NT errichtet hätte. Da wirst Du mir nicht sonderlich gerecht. Und das finde ich schon ziemlich übel. Wie kommst Du dazu, mir so etwas vorzuhalten? Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Mecky Geschrieben 16. Juli 2013 Melden Share Geschrieben 16. Juli 2013 Bin ich der einzige, der beim besten Willen nicht erkennen kann, ob Mecky rezipiert hat, daß 1. das biblische "Du sollst" eine Futurformel ist und 2. der ganze Dekalog im Kontext der altorientalischen Verträge zwischen Großkönigen und Vasallen eingeordnet werden müsste? Das ist jetzt schon mehrmals angesprochen worden. Ich bin bisher nur ganz am Rande darauf eingegangen - ich war mit anderen Aspekten ganz gut beschäftigt. Es ist leicht, hier ein Eingehen auf dies zu fordern. Noch leichter würde dies Geist fallen, weil er einfach einen Theologennamen oder einen Buchtitel postet - und fertig is. Sollte ich darauf eingehen: Verspricht Dir aber nicht allzu viel davon. Der Aspekt der futurischen Formulierung und der Vertragshaftigkeit stützt nämlich meine These, dass es sich im Dekalog um Gebot, Übertretung und Strafe dreht. Eigentlich kannst Du mit diesem Hinweis alles, was zu sagen ist, aus meinen bisherigen Aussagen ableiten. Was besagt denn, dass die Vorlage zum Dekalog ein Vasallenpakt ist? Einen unverbindlichen Raum ohne Gebote? Nur lebenskundliche Unterstützung mit weisheitlichen Ratschlägen? Bernward Teuwsens "Es gilt, das Gewissen als Sammlung und Verdichtung von Lebenswissen wahr sein zu lassen und zur Geltung zu bringen." klingt da geradezu lächerlich. Hat Teuwsen sich schon mal überlegt, was in Vasallenverträgen drinstand? Das kann doch wohl nur ein Witz sein. Der altorientalische Großkönig gibt seinen Vasallen vertraglich eine "Sammlung und Verdichtung von Lebenswissen". Da gackern doch die Hühner! Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Flo77 Geschrieben 16. Juli 2013 Autor Melden Share Geschrieben 16. Juli 2013 Du übst für Deine Prüfung als Kirchenleerer richtig? Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Mecky Geschrieben 16. Juli 2013 Melden Share Geschrieben 16. Juli 2013 Nein. Ich nehme gerade Nachhilfe und beschwere mich über das Unterrichtsmaterial. Bisher war noch nicht viel Neues dabei. Wenn nicht bald mal was kommt, werde ich den Lehrvertrag wieder kündigen. Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Mat Geschrieben 16. Juli 2013 Melden Share Geschrieben 16. Juli 2013 Die gesamte Darstellung der Königreiche Israel und Juda steht unter dem Schema Gottes Gebot und Israels Übertretung. Es ist das Erklärungsmuster dafür, dass der Gott Israels der mächtigste Gott der Welt ist und dennoch andere Reiche Israel beherrschen. So ist im Grunde auch der Dekalog zu verstehen. Wenn man den Dekalog befolgt dann wird man leben, wenn nicht, dann wird man bestraft. Jedenfalls kann man sagen, den Verfassern der Gesetze des Alten Testamentes war es völlig fremd, dass man auch die Umstände des Handelns mit zu bedenken habe. Es gilt ein ganz direkter Tun Ergehens Zusammenhang: so wie ich handle, wird es mir auch ergehen. So ist auch die Paradiesgeschichte gestrickt. Diese negativ gewendete Heilsgeschichte schient aus heutiger Perspektive sehr fragwürdig. Und ich bin sehr sicher, dass es auch Israel am Besten ging unter den Realpolitikern und nicht unter den Ideologen auf dem Königsdthreon (beispielsweise war die Zeit unter dem Erzbösewicht Mansse eine sehr gute Zeit für Juda während der Ideologe Hiskia nur allerknappstens der vollständigen Vernichtung Judas durch die Assyrer entging). Ein extrem ausgelegter Dekalog hilft niemandem - weder die Annahme, Gott würde prinzppiell jede Übertretung hart bestrafen noch die Haltung, dass das eigene Handeln keine Konsequenzen hat. Aus meienr Sicht bewegt sich Interpration zwischen diesen Extremen: die kurzen Formel gelten in sehr vielen Fällen - aber nicht immer. Und da ich fest davon überzeigt bin, dass mein Gott erheblich komplexere Zusammenhänge übernlicken und gerecht machen kann als ich, wird er wohl mit seinem Dekalog gut zurecht kommen. 2 Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Mecky Geschrieben 16. Juli 2013 Melden Share Geschrieben 16. Juli 2013 Dem kann ich mich voll und ganz anschließen. Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
mn1217 Geschrieben 16. Juli 2013 Melden Share Geschrieben 16. Juli 2013 Der Dekalog hatte nicht nur Menschen von vor 2500 Jahren oder noch mehr etwas zu sagen, ganz und gar nicht. Das fände ICH jetzt einengend. Klar wurde er da geschrieben, aber wir können ja alle noch was damit anfnagen. Ich verstehe Mecky übrigens so, dass er schreibt: Die Schreiber der Bibel haben Gott als strafend emfunden, haben die Gesetzestexte strafend geschrieben usw usf. Und er mag Hiob- was ich ganz gut nachvollziehen kann. Dass leider manche Bibeltexte genommen wuren, um abscheuliche dinge zu tun, stimmt. Z:B: die Hexenstelle. Wobei (ich habe nach der ersten folge "charmed", in der die Stelle zitiert wird, natürlich nachgelesen) das ziemlich alleinsteht.Die Definition von "Hexe" steht da nicht. Die Damen, die ums Leben gekommen sind,waren keine Hexen. Und ihre Ermordung war menschliche, nicht biblische Willkür. Was den Dekalog anbetrifft, bin ich ziemlich sicher, dass nichts von Steingung drinsteht. Es stehen überhaupt keine Strafen drin. Lediglich wird im vierten Gebot eine 'Belohnung' erwähnt. Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Long John Silver Geschrieben 16. Juli 2013 Melden Share Geschrieben 16. Juli 2013 Der Dekalog hatte nicht nur Menschen von vor 2500 Jahren oder noch mehr etwas zu sagen, ganz und gar nicht. Das fände ICH jetzt einengend. Klar wurde er da geschrieben, aber wir können ja alle noch was damit anfnagen. Ich verstehe Mecky übrigens so, dass er schreibt: Die Schreiber der Bibel haben Gott als strafend emfunden, haben die Gesetzestexte strafend geschrieben usw usf. Und er mag Hiob- was ich ganz gut nachvollziehen kann. Dass leider manche Bibeltexte genommen wuren, um abscheuliche dinge zu tun, stimmt. Z:B: die Hexenstelle. Wobei (ich habe nach der ersten folge "charmed", in der die Stelle zitiert wird, natürlich nachgelesen) das ziemlich alleinsteht.Die Definition von "Hexe" steht da nicht. Die Damen, die ums Leben gekommen sind,waren keine Hexen. Und ihre Ermordung war menschliche, nicht biblische Willkür. Was den Dekalog anbetrifft, bin ich ziemlich sicher, dass nichts von Steingung drinsteht. Es stehen überhaupt keine Strafen drin. Lediglich wird im vierten Gebot eine 'Belohnung' erwähnt. Danke, dass du es erwaehnst. Die Gebote stellen in Aussicht das gute Leben, das man hat, wenn man ihnen folgt - von einer Strafe steht da nichts und das war auch nicht der Sinn. Der Sinn war tatsaechlich die Beschreibung vom Zusammenleben einer Gemeinschaft in einer Gegenwart und Zukunft in der sich die Ordnung des Zusammenlebens aus Gottes Bund mit den Menschen ergab (wobei das ganze auch ohne diesen Ueberbau Sinn machte und macht, weil es um allgemeine soziale Regeln geht). Eine direkte Strafe aus dem Verstoss gegen ein Gebot wird nicht angedroht. Die Folgen ergeben aus dem Leben in der Gemeinschaft, das Uebergehen eines Gebotes zeigt sich an den Folgen fuer den Betreffenden und die anderen, die davon tangiert sind. Das Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Alfons Geschrieben 16. Juli 2013 Melden Share Geschrieben 16. Juli 2013 (...) Wenn Gott höchstpersönlich den Griffel geführt hat beim Beschriften der Tafeln Mose (...) (...) Als ob ich voraussetzen würde, dass Gott höchstpersönlich den Griffel geführt hätte! Wo hast Du denn das her? (...) Aus der Bibel. "Und der Herr sprach zu Mose: Komm herauf zu mir auf den Berg und bleib hier. Ich will dir die Steintafeln übergeben: die Weisung und die Gebote, die ich aufgeschrieben habe." Exodus 24 Vers 12. Muss man nicht kennen. Alfons Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
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