Jump to content

Warum wählte Jesus den Fuß des Ölbergs als Gebetsort?


Eifelgeist

Recommended Posts

Du hast mit Quellen argumentiert, die es gar nicht gibt. Ist das Teil der Geschichtswissenschaft?

Ja, natürlich. Über manche Quellen weiß man leider nur etwas dadurch, daß sie anderswo zitiert werden. Hier ein Beispiel von dem geschätzten Ammianus Marcellinus. ;) Allerdings muß man aufpassen, wer da zitiert, was und mit welchem Interesse. Wenn jemand sich selbst zitiert, mag das noch angehen. Wenn jemand einen ideologischen Gegner zitiert, muß man vermuten, daß dessen Position zumindest verzerrt wiedergegeben wird. Wenn eine Quelle zitiert wird, um die eigene Position zu belegen, muß man sich fragen, ob die Quelle überhaupt existiert. Quellenstudium ist ein interessantes und vielseitiges Gebiet. :D

Diese Quellen gibt es als Sekundärquellen. Interessant, dass hier aber mal nicht nur Fakten, sondern auch die Bewertung von Quellen eine Rolle spielt ...

Ja, und um eine schlimme Sache schlimmer zu machen, man ist sich über diese Bewertung auch gelegentlich durchaus uneinig. Übrigens muß man jede Quelle auf ihre Glaubwürdigkeit überprüfen. Keiner schreibt "sine ira et studio", nicht einmal Tacitus (gerade der nicht!). :D

 

Du hast hier aber auch Quellen ins Feld gebracht, die verschollen sind. Und die sind definitiv nicht solider als ein christlicher Text, den man bewerten muss, da er nicht nur Fakten birgt, sondern auch eine Position vertreten will.

Nein, über den Inhalt dieser Quellen habe ich nicht einmal spekuliert, außer, daß sie offenbar andere Positionen vertraten als derjenige, der sie zitierte, in diesem Falle Tertullian.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Noch mal etwas zum Überlieferungsprozess und der Einschätzung der Historizität der Evangelien.

 

Ich gehe erst einmal davon aus, dass die Evangelien einen historischen Kern haben. Wenn jemand diese Grundentscheidung nicht teilt, dann ist jede Diuskussion über die Evangelien zwecklos (dann frage ich mich aber auch, ob man mit diesem Ansatz beispielsweise Sokrates für eine historische Gestalt halten kann, oder doch besser Plato für einen miesen Fälscher).

 

Man kann den historischen Kern ungefähr so beschreiben:

Zur Zeit des Kaiser augustus trat v.a. in Galliläa ein Wanderprediger mit dem Allerweltsnamen Jesus auf, der aus der Masse des Volkes stammte und Jünger um sich sammelte, die ebenfalls aus dieser Masse dees Volkes stammte.Jesus geriet mit den Autoritäten in Konflikt (was damals wohl nicht allzuschwer gewesen sein dürfte) und wurde in Jerusalem gekreuzigt. Die Kreuzigung ist die Strafe für die Aufrührer gegen die Römer und statuiert ein Exempel für alle Anhänger des Gekreuzigten. Dennoch schaffen es die Anhänger irgendwie, weiterzumachen und relativ schnell im gesamten Römischen Reich kleine Gruppen zu gründen, die untereinander eine Art Community bildeten).

 

Die Lehren des Gekreuzigten (oder was man dafür hielt) wurden hierbei ebenso mündlich tradiert wie die Passionsgeschichte und wahrscheinlich auch andere Geschichten aus dem Leben Jesu. Parallel (!!!) dazu entsteht in der Community der Gemeinden so etwas wie eine erste Lehre über Christus, was sich in den Briefen im NT niedergeschlagen hat.

 

Die Sache mit dem Leben und der Lehre Jesu wird an dieser Stelle schwierig, denn Quellen und Schritte, die vor den Evangelien lagen, sind nicht mehr fassbar. Die mündliche Tradition wird zwar als Tatsache nur dann bestritten, wenn man die Evangelien zu reinen Fiktionen erklären will, aber was diese Tradition genau enthielt, ist völlig unklar. Eine Hilfskonstruktion stellt die sogenannte Quelle Q dar, vielleicht eine Sammlung von Sprüchen Jesu, die möglicherweis eauch von Thomasevangelium genutzt wurde, aber eigentlich wissen wir nicht, wann welcher Spruch oder welche Anekdote in den Bestand der Tradition gelangte. Mittlerweile ist auch völlig klar, dass die Autoren der Evangelien nicht nur Sammler und Kompilatoren von Informationen über Jesus waren, sondern dass sie Schriftsteller waren. Sie haben ihr Material in einen Sinnzusammenhang gebracht.

 

Aus meiner Sicht muss man an dieser stelle hier weniger von den Autoren her als von den Gemeinden denken. Nach meiner Ansicht sind die Evangelien in erster Linie Ausdruck der Theologie einer bestimmten Gemeinde. Der individuelle Wille des Autors tritt dahinter zurück. Die könnte beispielsweise gut erklären, warum MT und LK diese eigenartige Mischung aus Markus und eigenem Gut darstellen: Gemeinden kannten Markus, "wussten" aber noch sehr viel mehr oder Anderes über Jesus zu berichten.

 

M.a.W. auch wenn es am Ende ein oder mehrere Autoren oder literarische Schichten waren, die zu einem Evangelium beigetragen haben, so sind diese doch vor allem ein Resultat einer kollektiven Tradition. D.h., wir haben hier ein Dokument vorliegen, dass den Glauben einer bestimmten Gemeinde darlegt: so hat man sich Jesus Lehre, Leben, sterben und Auferstehung vorgestellt. Unter diesem aspekt ist es müßig darüber zu diskutieren, ob das Evangelium nicht eine Rezeption irgendeines Klasikers ist. Selbst wenn es diese wäre, dann wäre es nichts mehr als ein Gewand, in das die Leser!! der Evangelien ihren Glaubenskern gehüllt sehen.

 

Es ist unter dieser Perspektive auch müßig zu diskutieren, wie denn der historische Jesus war, und worin sich seine Lehre von der der Evangelien unterschied. Dieser Unterschied ist nicht tradiert und somit für jedwede Spekulation frei. Ebenso ist es unsinnig über den historischen Gehalt der Evangelien zu spekulieren: Wir kennen ihn nicht, müssen aber die oben genannten dürren Skizzen als historisch annehmen - oder aber die Evangelien ganz als historisch verwerfen.

 

Insofern bin ich gegenüber allzuviel Gewissheit gelassen. Denn wenn jemand behauptet, die Evangelien würden ganz gewiss genau das Leben Jesu chronistisch wiedergeben, oder sie würden ganz gewiss (fast) nur Fantasie sein, dann sagt das sehr viel über diejenigen aus, die dies behaupten, aber nichts über die Evangelien, die zu diesem Punkt selbst schweigen und wahrscheinlich immschweigen werden.

  • Like 3
Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

PS: Hätten Nicht die Römer Jesus gekreuzigt, Paulus hätte es uns sicher gerne mitgeteilt, Lukas wäre glücklich gewesen und Markus sicher auch. Denk du mal nach.

 

Lukas und Markus waren griechische Heiden, wieso sollten sie froh sein, die Römer freizusprechen? Für die anderen wie Johannes gab es noch die Juden, denen man kollektiv (!) die Schuld in die Schuhe schieben konnte. Paulus bleibt vage und bezieht sich nicht auf geschichtliche Ereignisse, wenn man ihn liest, hätte die Kreuzigung überall und zu allen Zeiten stattfinden können 20 Jahre vorher, 200, 2.000 oder mehr - es gibt keine Stelle, wo er das auf kürzlich geschehene Ereignisse bezieht. Das finden wir erst bei Markus, der sich auch prompt dabei vertut.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Es ist schon bezeichnend über das geschichtliche Wissen von Mitforanten, die indirekt andeuten, zu jener Zeit habe man Häretiker einen Kopf kürzer gemacht. Das geschah erst Jahrhunderte später, bedauerlicherweise, aber es würde das Niveau heben, würde auf solche unzutreffenden Verkürzungen verzichtet werden.

Ich habe geschrieben, die Geschichte des Christentums sei seitens der herrschende Kreise manipuliert worden. Zu den herrschenden Kreisen gehörten Christen frühestens seit Konstantin, obwohl sie sich auch schon vorher als höchst unangenehm und feindselig Andersgläubigen gegenüber benommen haben. Und schnell danach fing auch das Köpfe kürzer machen an. Manipulieren kann man übrigens auch rückwirkend - siehe die "Konstantinische Schenkung".

Mit anderen Worten, meine Verkürzung war und ist extrem zutreffend. Soviel zu einem getrübten Urteilsvermögen durch ideologische Verblendung.

Dale

Warum kürzt du nicht noch mehr? Differenzieren ist doch was für ideologisch Verblendete.

Weißt du, Volker differenziert hier ständig und muss sich darum den Vorwurf gefallen lassen, er würde zuviel schreiben und zu ausufernd werden. Da mache ich's doch lieber knapp.

Ich habe lediglich reagiert, weil du hier die Deutungshoheit für akzeptable und nicht akzeptable Quellen reklamiert hast. Auf diesen Topf musste einfach ein Deckel.

 

Grundsätzlich interessiert mich diese Debatte an dieser Stelle und ich finde es bemerkenswert, dass du den literarischen Charakter der Evangelien zugestanden hast. Das ist ja schon mal was.

 

Interessant finde ich es aber auch immer wieder, wie der eine oder andere Christ seine persönliche Exegese so hoffnungsvoll Schicht für Schicht das Literarische, das Unhistorische, das Wundersame, das Widersprüchliche abträgt, um irgendwann auf , wie Mat es ausdrückt, den Glaubenskern zu stoßen. Ich fürchte nur, die Bibel ist da doch eher wie eine Zwiebel.

 

Gleichwohl, die Geschichte dieses Wanderpredigers namens Jesus ist schon interessant. Auch für mich.

Dale

  • Like 1
Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Noch mal etwas zum Überlieferungsprozess und der Einschätzung der Historizität der Evangelien.

 

Ich gehe erst einmal davon aus, dass die Evangelien einen historischen Kern haben. Wenn jemand diese Grundentscheidung nicht teilt, dann ist jede Diuskussion über die Evangelien zwecklos (dann frage ich mich aber auch, ob man mit diesem Ansatz beispielsweise Sokrates für eine historische Gestalt halten kann, oder doch besser Plato für einen miesen Fälscher).

 

Genau das nennt man Kritikimmunisierung: Ich rede nicht mit denen, die meine Grundannahmen nicht teilen.

 

Man kann den historischen Kern ungefähr so beschreiben:

Zur Zeit des Kaiser augustus trat v.a. in Galliläa ein Wanderprediger mit dem Allerweltsnamen Jesus auf, der aus der Masse des Volkes stammte und Jünger um sich sammelte, die ebenfalls aus dieser Masse dees Volkes stammte.Jesus geriet mit den Autoritäten in Konflikt (was damals wohl nicht allzuschwer gewesen sein dürfte) und wurde in Jerusalem gekreuzigt. Die Kreuzigung ist die Strafe für die Aufrührer gegen die Römer und statuiert ein Exempel für alle Anhänger des Gekreuzigten. Dennoch schaffen es die Anhänger irgendwie, weiterzumachen und relativ schnell im gesamten Römischen Reich kleine Gruppen zu gründen, die untereinander eine Art Community bildeten).

 

Das ist natürlich alles sehr plausibel. Es hat nur einen Haken: es gibt keinen Zeitabschnitt in der Geschichte vor der Neuzeit, aus dem wir so viele historische Dokumente haben wie das 1. und 2. Jahrhundert. Selbst wenn wir Paulus klassisch datieren und seine sieben Briefe als echt akzeptieren, dann gibt es weder christliche noch außerchristliche Quellen, die für Jesus Ort oder Zeit nennen vor dem 2. Jahrhundert. Es gibt auch weder christliche noch nichtchristliche Quellen für die Existenz eines Paulus. Wir wissen, dass es diverse christliche Gemeinden im ersten Jahrhundert gab, von denen aber keine einzige etwas über Paulus oder Jesus geschrieben hat. Paulus Briefe haben ihr Ziel wohl nie erreicht. Abgesehen von den Briefen gibt es also keinen Hinweis auf seine Existenz, obwohl er doch mit anderen Philosophen diskutiert haben soll, viele Briefe (mind. sieben) geschrieben haben soll und weitgereist war.

 

Von wann die Evangelien stammen wissen wir nicht. Zudem sind sie, was ungewöhnlich ist, anonym verfasst worden: Warum wollte keiner der Autoren seinen Namen dafür hergeben? Lukas erwähnt einen Adressaten, immerhin: Theophilos - Gottesfreund. Außerdem sagt er, "schon viele" hätten es unternommen, diese Geschichte aufzuschreiben. Wenn das wahr wäre, dann müsste das mehr als nur das Markusevangelium gewesen sein. Diese Schriften sind verschwunden, da ist es keine Verschwörungstheorie wenn man annimmt, dass sie von interessierten Kreisen vernichtet wurden.

 

Es sind dieselben Kreise übrigens, die auch heute noch die anderen, apokryphen Evangelien, die man dann später doch noch gefunden hat, hartnäckig ignorieren. Es ist daher keine Verschwörungstheorie, wenn man davon ausgeht, dass dies damals wie heute der Fall ist: Man war nur an dem interessiert, was die eigene Meinung stützt. Wie man sehen kann hat sich daran bis heute bei den meisten Theologen nichts geändert. Man weigert sich, zu diskutieren, was nicht die eigenen Grundannahmen stützt. Aus welchem Grund sollte ich annehmen, dass dies damals anders war?

 

Ich finde es erstaunlich, wenn man den Leuten damals unterstellt, sie wollten getreu historische Ereignisse berichten und dann interpretieren, wenn man nicht an der Historie interessiert ist, die der eigenen Lieblingstheorie widerspricht.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Paulus Briefe haben ihr Ziel wohl nie erreicht. Abgesehen von den Briefen gibt es also keinen Hinweis auf seine Existenz, ...

 

Wie kommen dann wir in den Genuss seiner Briefe?

 

Warum sollte die Post damals so unzuverlässig gewesen sein?

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Paulus Briefe haben ihr Ziel wohl nie erreicht. Abgesehen von den Briefen gibt es also keinen Hinweis auf seine Existenz, ...

 

Wie kommen dann wir in den Genuss seiner Briefe?

 

Warum sollte die Post damals so unzuverlässig gewesen sein?

Erstens gab es damals keine Post.

Zweitens hielte ich es für erstaunlicher, wenn sie nach Erreichen des Empfängers erhalten geblieben wären. Man hätte sie wohl gelesen und das wäre es gewesen. Also wohl eher "offene Briefe", soe wie der Papst das diese Woche gemacht hat.

 

Werner

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Erstens gab es damals keine Post.

 

Das ist mir schon klar. Man schickte persönliche Boten mit den Briefen.

 

Zweitens hielte ich es für erstaunlicher, wenn sie nach Erreichen des Empfängers erhalten geblieben wären. Man hätte sie wohl gelesen und das wäre es gewesen. Also wohl eher "offene Briefe", so wie der Papst das diese Woche gemacht hat.

 

Die persönlichen Anspielungen deuten schon darauf hin, dass die Paulinischen Briefe an konkrete Gemeinden gerichtet waren. Aber die waren dann wohl so stolz auf diese Briefpost, dass sie sie kopiert und weiter geschickt haben (zumindest spätere Generationen).

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Zweitens hielte ich es für erstaunlicher, wenn sie nach Erreichen des Empfängers erhalten geblieben wären.

 

Ich weiß nicht was daran so erstaunlich wäre...es gibt eine Reihe von Briefwechseln antiker Autoren die ehalten sind, z.B.

Ciceros Epistulae ad Atticum, und Senecas Epistulae morales ad Lucium.

Da denkt wohl jemand nach dem Motto: Weil nicht sein kann was nicht sein darf.

  • Like 1
Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Zweitens hielte ich es für erstaunlicher, wenn sie nach Erreichen des Empfängers erhalten geblieben wären. Man hätte sie wohl gelesen und das wäre es gewesen.

Kommt auf die Briefe und ihren Inhalt an. Möglicherweise sind viele Briefe der damaligen Zeit nicht erhalten geblieben. Aber so, wie wir heute wichtige Schriftstücke nicht wegschmeißen sondern abheften, und z.B. für uns bedeutende persönliche Briefe sogar immer wieder lesen und in Ehren halten, so werden auch damals wichtige Briefe sorgsam verwahrt worden sein. Als es dann an die Verschriftlichung der Lehre ging, standen sie zur Verfügung.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Natürlich haben wir von Paulus nur die Briefe. Das ist das Problem an der Geschichtswissenschaft, dass meistens nur Literatur überlebt, gelegentlich ein Grab und im besten Fall Sachen, die man ausbuddeln kann. Letzte Gewissheiten sind nicht zu bekommen, was ungeahnten Spekulationen Raum gibt. Was meinst du, woher die Kreationisten ihr Pulver herhaben? Die stellen sich gegen die Evolutionstheorie und es funktioniert, weil man Vergangenes nicht wirklich beweisen kann, dem, der nicht will.

 

Die Anzahl der Leute, die fundamentalistisch an der Historizität der Evangelien hängen, hält sich in diesem Forum in Grenzen, in diesem Thread bisher gleich Null. Niemand unterstellt den Evangelien, sie hätten ausschließlich historisches Interesse.

 

Es ist natürlich einfacher, gegen diese Position zu polemisieren und ich mache da auch gerne mit, falls da mal jemand daherkäme. Bis dahin müsst ihr mit uns weichgespülten Evangelieninterpretierer vorlieb nehmen.

 

Ich neige auch nicht zu persönlicher Exegese und bin keine freischaffende Hauskreisbibelleserin. Es gibt unterschiedliche Sichtweisen in der Exegese und das ist normal. Ich lese das Zeug halt, ich finde es spannend.

 

Und da hätte ich jetzt eine sachliche Frage: Würdest du, Volker, bitte genauer ausführen, was du mit der Theorie meinst, dass Jesus nicht nach der Zeitenwende, sondern früher gelebt hätte? Habe ich das richtig verstanden? Und wenn das so ist, also ich das richtig verstanden habe, dann würde mich das genauer interessieren. Die Spätdatierung von Paulus, das haut nicht hin.

 

Was das Verschwinden der unbekannten Evangelien betrifft: Man kann Spuren zuhauf in der antiken christlichen Literatur feststellen. Andererseits hat man bekanntermaßen Literatur nicht gepflegt, an der man kein Interesse hat, und das Verschwinden der apokryphen Evangelien ist nur ein Teil der ganzen Bücherdiskussion, die hatten wir schon. Lukas selbst verarbeitet Quellen, zwei davon sind uns bekannt, es waren aber deren mehr. Man vermutet auch eine Querverbindung zu Johannes. Aber es ist schon seltsam, dass Paulus nicht existiert haben soll, aber verschwundene Evangelien postuliert werden, die sich auf dem Schreibtisch des Lukas getürmt haben sollen.

 

Bedenke immer, dass die Evangelisten nicht für uns schreiben, sondern für ihre Gemeinde.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Noch mal etwas zum Überlieferungsprozess und der Einschätzung der Historizität der Evangelien.

 

Ich gehe erst einmal davon aus, dass die Evangelien einen historischen Kern haben. Wenn jemand diese Grundentscheidung nicht teilt, dann ist jede Diuskussion über die Evangelien zwecklos (dann frage ich mich aber auch, ob man mit diesem Ansatz beispielsweise Sokrates für eine historische Gestalt halten kann, oder doch besser Plato für einen miesen Fälscher).

 

Genau das nennt man Kritikimmunisierung: Ich rede nicht mit denen, die meine Grundannahmen nicht teilen.

 

Vielleicht habe ich etwas zu extrem formuliert: mir geht es um eine gemeinsame Diskussionsgrundlage. Man ja die Evangelien nicht aufmachen wie eine Tonne und sehen, was an Historie drin ist oder eben nicht. Am Ende geht es um eine Einschätzung, die letztendlich subjektiv ist. Wir können also entweder darüber reden, dass die Evangelien überhaupt keine historischen Inhalte aufweisen oder wir können darüber reden, dass sie welche aufweisen. Du selbst hat weiter oben den historischen Kern nicht bezweifelt, ihm aber einen sehr geringen Anteil gegeben.

 

Das ist natürlich alles sehr plausibel. Es hat nur einen Haken: es gibt keinen Zeitabschnitt in der Geschichte vor der Neuzeit, aus dem wir so viele historische Dokumente haben wie das 1. und 2. Jahrhundert. Selbst wenn wir Paulus klassisch datieren und seine sieben Briefe als echt akzeptieren, dann gibt es weder christliche noch außerchristliche Quellen, die für Jesus Ort oder Zeit nennen vor dem 2. Jahrhundert. Es gibt auch weder christliche noch nichtchristliche Quellen für die Existenz eines Paulus. Wir wissen, dass es diverse christliche Gemeinden im ersten Jahrhundert gab, von denen aber keine einzige etwas über Paulus oder Jesus geschrieben hat. Paulus Briefe haben ihr Ziel wohl nie erreicht. Abgesehen von den Briefen gibt es also keinen Hinweis auf seine Existenz, obwohl er doch mit anderen Philosophen diskutiert haben soll, viele Briefe (mind. sieben) geschrieben haben soll und weitgereist war.

 

Selbst wenn die Quellenlage des 1. und 2. Jhds verhältnismäßig gut ist, so ist denoch extrem zufällig und lückenhaft. Wir haben nun einmal nur die Quellen, die wir haben und da unterscheidet sich ein Evangelium kaum von anderen vergleichbaren literarischen antiken Quellen.

 

Dass sonst über Jesus nichts bekannt ist, lässt sich auch damit erklären, dass Jesus im 1. und 2. Jhd. keine sehr bedeutende Person war. Was interessierte denn die Massen oder Eliten des Römischen Reiches diese Minireligion, die dazu auch noch reichlich skurril daher kam und zumeist von Frauen und Sklaven ausgeübt wurde?

 

Woher wissen wir, dass diverse Gemeinde etwas über Jesus geschrieben haben? Wir vermuten mit guten Gründen, dass die Evangelien nicht nur auf mündlichen Quellen beruhen, sondern auch auf schriftlichen. Das könnte zum einen Sammlungen mit Sprüchen Jesu als auch zum anderen Passionsgeschichten sein, möglicherwiese auch Sammlungen von Wundererzählungen. Wir eissen aufgrund der felenden Überlieferung nicht, was es alles gewesen sein könnte und wo es abgeblieben ist. Damit kann man dann aber auch nur noch spekulieren.

 

Woher wissen wird, dass Paulus Briefe nie ihr Ziel ereicht haben? Dafr gibt es keinerlei Beweise? Paulus war ebenso unbedeutend wie Jesus.

 

Mit dieser Art der Argumentation müsste man das gesamte Alte Testament als Fälschung sagen wir des 1. Jhd. n Chr. betrachten, denn wir haben ja gar keine Hinweise darauf, dass da vorher etwas geschrieben wurde. Wir wissen zwar von dem einen oder anderen König aus außerisraelitischen Quellen, aber das ist halt alles ebefalls hoch dubios :)

 

Von wann die Evangelien stammen wissen wir nicht. Zudem sind sie, was ungewöhnlich ist, anonym verfasst worden: Warum wollte keiner der Autoren seinen Namen dafür hergeben? Lukas erwähnt einen Adressaten, immerhin: Theophilos - Gottesfreund. Außerdem sagt er, "schon viele" hätten es unternommen, diese Geschichte aufzuschreiben. Wenn das wahr wäre, dann müsste das mehr als nur das Markusevangelium gewesen sein. Diese Schriften sind verschwunden, da ist es keine Verschwörungstheorie wenn man annimmt, dass sie von interessierten Kreisen vernichtet wurden.

 

Ob die Evangelien deshalb anonym sind, weil hier niemand seinen Namen her geben will oder ob sie nicht einfach als Literatur der Gemeinde gelten wollten, die die Absicht der Gemeinde in den Mittelpunkt stellten, nicht den Autor, sei mal dahingestellt.

 

Du baust sehr viel auf den Hinweis des Lukas auf, dass schon Viele ein Evangelium unternommen hätten. Es kann sich hier um einen historischen Verweis handeln - wobei Viele natürlich 10, 100 oder 1000 sein könnten - es kann aber auch ein literarischer Kniff sein, der das erfolgreiche Unternehmen des Lukas in einem besonders guten Licht dastehen lässt. Mit der Annahme, es handele sich um historische Notiz ist keineswegs zwingend eine verschwörungstheorie verbunden. Es ist vollkommen ausreichend, dass man annimmt, die Überlieferungslage ist lückenhaft. Natürlich kann innerhalb des viel späteren Kanonisierungsprozesses manches in Vergessenheit geraten sein - aber das war nicht im 1. oder 2. Jahrhundert.

 

Es sind dieselben Kreise übrigens, die auch heute noch die anderen, apokryphen Evangelien, die man dann später doch noch gefunden hat, hartnäckig ignorieren. Es ist daher keine Verschwörungstheorie, wenn man davon ausgeht, dass dies damals wie heute der Fall ist: Man war nur an dem interessiert, was die eigene Meinung stützt. Wie man sehen kann hat sich daran bis heute bei den meisten Theologen nichts geändert. Man weigert sich, zu diskutieren, was nicht die eigenen Grundannahmen stützt. Aus welchem Grund sollte ich annehmen, dass dies damals anders war?

Die apokryphen Evangelien sind, soweit heute allgemein angenommen wird, in der Regel jünger als der Kanon (eine der Ausnahmen ist das Thomasevangelium). Schon im Johannesevangelium findet sich hier die Diskussio um gnostische Lehrinhalte. Es ging auf allen Seiten darum, die als recht erkannte Lehre durchzusetzen und eine der Möglichkeiten hat sich durchgesetzt. Hätten die Gnostiker gewonnen, wären wir heute Gnostiker - würdest Du dann ebenfalls Verschwörung und Untersrückung unterstellen?

Es gibt aber durchaus noch andere Gründe als die Frage nach der Orthodoxie, die Vieles in den Apokryphen als zweifelhaft erscheinen lassen (so manche Kindheitsgeschichte ist doch allzu skurril und kitschig und dabei theologisch aus heutiger Sicht duchaus vertretbar).

 

 

Ich finde es erstaunlich, wenn man den Leuten damals unterstellt, sie wollten getreu historische Ereignisse berichten und dann interpretieren, wenn man nicht an der Historie interessiert ist, die der eigenen Lieblingstheorie widerspricht.

 

Im Grunde sind wir hier wieder am Anfang. Ich habe nicht die Wahrnehmung, dass Du anders handelst. Du hast eine Lieblingstheorie und neben guten Gründen finde ich auch Vieles extrem Einseitige bis hin zu sehr eindigen Dingen (die Homer Theorie ist m.E. kaum wirklich begründbar). Und wenn Dich jemand auf handwerkliche Fehler aufmerksam macht, dann ist das für Dich oft nur eine Immunisierung gegen eine berechtigte Kritik.

Manchmal komme ich mich vor, als würde man mit einem Drittligaverein die Champions League spielen wollen (das gilt natürlich auch umgekehrt für Vieles aus dem Fundilager). Natürlich ist in der Champions League nicht alles Gold, was glänzt, und natürlich kann auch der Drittligist mal gewinnen und natürlich sollte man nicht die Arroganz besitzen, dass man in der Champions League alles besser kann. Aber manchmal ist es auch zum Haareraufen mit den Kurzschlüssen - und das packt mich an meiner Ehre als Wissenschaftler, nicht als Christ.

  • Like 2
Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Dass sonst über Jesus nichts bekannt ist, lässt sich auch damit erklären, dass Jesus im 1. und 2. Jhd. keine sehr bedeutende Person war.

Sag es ruhig deutlich: Wenn es ihn gegeben hat, war er einer von vielen Wanderpredigern, außerhalb seiner ein/zwei Dutzend Anhänger vollkommen unbekannt, und wäre es auch geblieben, wenn seine Sekte innerhalb des Judentums geblieben wäre. Mit der Auswahl ihrer Messiasse sind die Juden nämlich ziemlich wählerisch. Bis heute waren sie mit keinem zufrieden. Für eine eigene Schule innerhalb des Judentums hat es dagegen nicht gereicht. Dazu hatte sich dieser Wanderprediger innerhalb seiner Mitjuden auch wohl zu viele Feinde gemacht. Also blieb nur der Export eines "Judentum light" in die Welt der Heiden. Da war die Person Jesus aber nur noch eine ferne und unklare Erinnerung, und der Versuch, das, was man noch von ihm wußte, oder meinte verstanden zu haben, in die Welt der Heiden zu übersetzen, hat den Christen dann einige Jahrhunderte "Christologie" beschert. Erst danach traten die Christen in das Bewußtsein der damaligen Öffentlichkeit. Zu dem Zeitpunkt gibt es aber schon viele verschiedene Christentümer, hauptsächlich vor allem in den östlichen Teilen des Reiches, die später als erstes dem Islam "zum Opfer fielen".

 

Was aus der Anfangszeit bekannt ist, wissen wir nur aus christlichen Überlieferungen, einfach weil niemand außerhalb davon wußte oder sich dafür interessierte. In christlicher Darstellung liest sich das natürlich anders. Da waren dann immer gleich tausende von Leuten auf der Straße. Es ist eben Vereins- und Parteigeschichte, nicht mit der Absicht geschrieben, den Ablauf historisch korrekt wiederzugeben, sondern um damit Werbung zu machen. Also wurde das Ganze aufgehübscht und in einen widerspruchsfreien Zusammenhang gebracht, und da Geschichte für Christen auch immer Heilsgeschichte war und ist, galt das umso mehr.

 

Das alles ist nur meine persönliche Sicht der Dinge, aber sie scheinen mir mit den belegbaren Fakten recht gut übereinzustimmen. Es muß sich aber niemand aufregen, der das anders sieht. ;)

 

Was interessierte denn die Massen oder Eliten des Römischen Reiches diese Minireligion, die dazu auch noch reichlich skurril daher kam und zumeist von Frauen und Sklaven ausgeübt wurde?

Ich will mich ja nicht einmischen, aber das interessiert mich doch, weil ich es schon so oft gehört habe. Gibt es irgendwelche Untersuchungen über die soziale Zusammensetzung frühchristlicher Gemeinden? Das mit den Frauen will mir ja noch einleuchten. Die findet man euch heute überproportional ein esoterischen Zirkeln. Obwohl, das Leben der römischen Frauen im 1. u. 2. Jh. war zwar nicht ganz so streng geregelt wie in Griechenland oder Arabien, aber für die Mitgliedschaft in einer übel beleumundeten Sekte brauchten sie sicher die Zustimmung ihrer Väter oder Ehemänner. Was die Sklaven betraf, Bergwerks- und Feldsklaven wurden streng bewacht bzw. angekettet, und selbst Haussklaven liefen nicht frei herum Wissen oder Erlaubnis ihrer Herren. Da die ersten Gemeinden im Umkreis oder sogar als Teil der jüdischen Gemeinden entstanden, waren es also Juden oder deren Unterstützer. Aus deren Haushalten kamen dann die Frauen und Sklaven. Anders war es in der damaligen Zeit kaum denkbar.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

 

Im Grunde sind wir hier wieder am Anfang. Ich habe nicht die Wahrnehmung, dass Du anders handelst. Du hast eine Lieblingstheorie und neben guten Gründen finde ich auch Vieles extrem Einseitige bis hin zu sehr eindigen Dingen (die Homer Theorie ist m.E. kaum wirklich begründbar). Und wenn Dich jemand auf handwerkliche Fehler aufmerksam macht, dann ist das für Dich oft nur eine Immunisierung gegen eine berechtigte Kritik.

Manchmal komme ich mich vor, als würde man mit einem Drittligaverein die Champions League spielen wollen (das gilt natürlich auch umgekehrt für Vieles aus dem Fundilager). Natürlich ist in der Champions League nicht alles Gold, was glänzt, und natürlich kann auch der Drittligist mal gewinnen und natürlich sollte man nicht die Arroganz besitzen, dass man in der Champions League alles besser kann. Aber manchmal ist es auch zum Haareraufen mit den Kurzschlüssen - und das packt mich an meiner Ehre als Wissenschaftler, nicht als Christ.

Und in meiner Wahrnehmung lesen viele Foranten bei Volker die Beiträge nicht richtig. Wenn ihm tatsächlich ein Fehler unterläuft, dann ist er stets bereit, diesen auch einzugestehen. Hat er schon einige Male so praktiziert. Die Frage ist nur, was ist ein Fehler und was sind tatsächlich Versuche der Kritikimmunisierung oder auch nicht selten, reflexartige Beitragsabstoßreaktionen. Ich kann das sogar verstehen, als Christ würde mir das vermutlich auch nur begrenzt Freude machen, seine Texte zu lesen. Aber wenn ich schon lese und auch antworte, dann würde ich mich bemühen, die Texte auch zu verstehen.

Der Vergleich mit der Champions League ist natürlich sehr gemein, überflüssig und blödsinnig. Bis zu dieser Stelle fand ich deinen Beitrag sehr angenehm und instruktiv und vor allem tauglich als Basis für eine weitere Diskussion.

Und was Homer angeht, da spekulieren doch alle hier, und ein Francesco Carotta hat sogar ein Buch geschrieben, in dem er behauptet, Jesus sei eigentlich Julius Cäsar resp. umgekehrt. Ich habe das Buch mit Vergnügen gelesen, nicht weil ich denke, dass es so ist, sondern wegen der jaaa wegen des intellektuellen Spaßes, den so eine Idee mit sich bringt.

Dale

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Da waren dann immer gleich tausende von Leuten auf der Straße.

Das Highlight ist ja die Passionsgeschichte, da wird beim Einzug Jesus' in Jerusalem von einer jubelnden Menge gesprochen und man gewinnt dein Eindruck, dass da tausende von Menschen auf den Straßen sind, um dem Messias zu huldigen und dann, von Pontius Pilatus vor die Wahl gestellt, entscheidet sich dieselbe Menge kurze Zeit später für die Freilassung eines Verbrechers anstelle des "Messias". Mal abgesehen von dem logischen Problem, Jesus sollte ja am Kreuz sterben, das war ja offenbar Gottes Plan, ist das doch eine erstaunlich Kehrtwende in der Volksmeinung. Klar, auch dieser Teil ist Literatur und auch hier schon oft diskutiert, mich wundert nur, wie wenig Skepsis solche Widersprüchlichkeiten bei all den mykath Hobby-Exegeten auslösen...

Dale

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

 

Im Grunde sind wir hier wieder am Anfang. Ich habe nicht die Wahrnehmung, dass Du anders handelst. Du hast eine Lieblingstheorie und neben guten Gründen finde ich auch Vieles extrem Einseitige bis hin zu sehr eindigen Dingen (die Homer Theorie ist m.E. kaum wirklich begründbar). Und wenn Dich jemand auf handwerkliche Fehler aufmerksam macht, dann ist das für Dich oft nur eine Immunisierung gegen eine berechtigte Kritik.

Manchmal komme ich mich vor, als würde man mit einem Drittligaverein die Champions League spielen wollen (das gilt natürlich auch umgekehrt für Vieles aus dem Fundilager). Natürlich ist in der Champions League nicht alles Gold, was glänzt, und natürlich kann auch der Drittligist mal gewinnen und natürlich sollte man nicht die Arroganz besitzen, dass man in der Champions League alles besser kann. Aber manchmal ist es auch zum Haareraufen mit den Kurzschlüssen - und das packt mich an meiner Ehre als Wissenschaftler, nicht als Christ.

Und in meiner Wahrnehmung lesen viele Foranten bei Volker die Beiträge nicht richtig. Wenn ihm tatsächlich ein Fehler unterläuft, dann ist er stets bereit, diesen auch einzugestehen. Hat er schon einige Male so praktiziert. Die Frage ist nur, was ist ein Fehler und was sind tatsächlich Versuche der Kritikimmunisierung oder auch nicht selten, reflexartige Beitragsabstoßreaktionen. Ich kann das sogar verstehen, als Christ würde mir das vermutlich auch nur begrenzt Freude machen, seine Texte zu lesen. Aber wenn ich schon lese und auch antworte, dann würde ich mich bemühen, die Texte auch zu verstehen.

Der Vergleich mit der Champions League ist natürlich sehr gemein, überflüssig und blödsinnig. Bis zu dieser Stelle fand ich deinen Beitrag sehr angenehm und instruktiv und vor allem tauglich als Basis für eine weitere Diskussion.

Und was Homer angeht, da spekulieren doch alle hier, und ein Francesco Carotta hat sogar ein Buch geschrieben, in dem er behauptet, Jesus sei eigentlich Julius Cäsar resp. umgekehrt. Ich habe das Buch mit Vergnügen gelesen, nicht weil ich denke, dass es so ist, sondern wegen der jaaa wegen des intellektuellen Spaßes, den so eine Idee mit sich bringt.

Dale

 

Hallo Dale,

danke für Deine Rückmeldung. Ich sehe ein, dass ich mich missverständlich ausgedrückt habe:

Ich habe nicht Volker vorwerfen wollen, er sei Drittligigst und ich Champions League, sondern es ging mir darum, welche Theorien man für die Diskusiion heranzieht. Und da empfinde ich die Homer-Theorie als drittklassig.

Volker hat durchaus auch erstklassige Theorien in seinem Köcher. Ich erinnere beispielsweise an die Thesen des sog. Jesus Seminar.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

... eine erstaunlich Kehrtwende in der Volksmeinung. ...

 

Sowas gibt es immer wieder mal. Man denke nur an Barack Obama.

 

Aber wenn man die betreffenden Textstellen liest, wird einem auch deutlich, warum sich die Volksseele gedreht hat.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Hallo Dale,

danke für Deine Rückmeldung. Ich sehe ein, dass ich mich missverständlich ausgedrückt habe:

 

Okay, dann habe ich dich falsch verstanden. Das beruhigt mich.

LG Dale

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

... eine erstaunlich Kehrtwende in der Volksmeinung. ...

 

Sowas gibt es immer wieder mal. Man denke nur an Barack Obama.

 

Aber wenn man die betreffenden Textstellen liest, wird einem auch deutlich, warum sich die Volksseele gedreht hat.

Interessanter Vergleich. Und besonders interessant, weil er von dir stammt. Obama hatte schon etwas mehr Zeit, die Zahl seiner Befürworter zu reduzieren, einerseits, und andererseits ging es bei Jesus schon auch um etwas mehr - es ging um seinen Tod und zwar einen auf eine höchst unangenehme Weise.

Mich würde ernsthaft interessieren, wie du die entsprechenden Textstellen so interpretierst, sodass du nicht über den recht plötzlichen Umschwung der Volksseele zwischen "Messias" und "Kreuzigung" verwundert bist.

Dale

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Sag es ruhig deutlich: Wenn es ihn gegeben hat, war er einer von vielen Wanderpredigern, außerhalb seiner ein/zwei Dutzend Anhänger vollkommen unbekannt, und wäre es auch geblieben, wenn seine Sekte innerhalb des Judentums geblieben wäre. Mit der Auswahl ihrer Messiasse sind die Juden nämlich ziemlich wählerisch. Bis heute waren sie mit keinem zufrieden. Für eine eigene Schule innerhalb des Judentums hat es dagegen nicht gereicht. Dazu hatte sich dieser Wanderprediger innerhalb seiner Mitjuden auch wohl zu viele Feinde gemacht. Also blieb nur der Export eines "Judentum light" in die Welt der Heiden. Da war die Person Jesus aber nur noch eine ferne und unklare Erinnerung, und der Versuch, das, was man noch von ihm wußte, oder meinte verstanden zu haben, in die Welt der Heiden zu übersetzen, hat den Christen dann einige Jahrhunderte "Christologie" beschert. Erst danach traten die Christen in das Bewußtsein der damaligen Öffentlichkeit. Zu dem Zeitpunkt gibt es aber schon viele verschiedene Christentümer, hauptsächlich vor allem in den östlichen Teilen des Reiches, die später als erstes dem Islam "zum Opfer fielen".

Was aus der Anfangszeit bekannt ist, wissen wir nur aus christlichen Überlieferungen, einfach weil niemand außerhalb davon wußte oder sich dafür interessierte. In christlicher Darstellung liest sich das natürlich anders. Da waren dann immer gleich tausende von Leuten auf der Straße. Es ist eben Vereins- und Parteigeschichte, nicht mit der Absicht geschrieben, den Ablauf historisch korrekt wiederzugeben, sondern um damit Werbung zu machen. Also wurde das Ganze aufgehübscht und in einen widerspruchsfreien Zusammenhang gebracht, und da Geschichte für Christen auch immer Heilsgeschichte war und ist, galt das umso mehr.

 

Na ja, es ist für mich zweifelhaft, ob es Jesus überhaupt um eine Schule innerhalb des Judentums ging, aber das können wir heute nicht mehr sagen.

 

Das Christentum hat höchstwahscheinlich über die griechisch-sprachigen Juden Jerusalems den Weg in die hellenistische Welt gefunden und zwar ziemlich schnell. Die meisten Christen der ersten Stunden dürften Juden gewesen sein. Die Heiden kamen dann etwas später dazu. Das mit dem Judentum light haben die Juden wohl anders gesehen, jedenfalls wolten sie die Christen bald nicht mehr in ihren Synagogen haben.

 

Der Anfang zur Zeit Jesu war wohl eher bescheiden. Ob 20 oder 50 oder 100 Leute dürfte dabei keinen so großen Unterschied machen. Die einzige Stelle, an der Jesus mehr Aufmerksamkeit erregt haben dürfte, ist dieser Einzug nach Jerusalem, der Anspruch auf den Tempel und damit der Konflikt mit der herschenden Ordnung. Ob es sich dabei eher um einen kleinen Demonstrationszug gehandelt hat, bei dem die Beteiligten ordentlich Lärm machten oder ob die ganze Stadt in Aufruhr war (es wäre ja nach der Darstellung der Bibel beides möglich), sei mal dahin gestellt.

 

Aber immerhin ist aus dem bescheidenen Anfang etwas sehr Großes geworden.

 

 

 

Ich will mich ja nicht einmischen, aber das interessiert mich doch, weil ich es schon so oft gehört habe. Gibt es irgendwelche Untersuchungen über die soziale Zusammensetzung frühchristlicher Gemeinden? Das mit den Frauen will mir ja noch einleuchten. Die findet man euch heute überproportional ein esoterischen Zirkeln. Obwohl, das Leben der römischen Frauen im 1. u. 2. Jh. war zwar nicht ganz so streng geregelt wie in Griechenland oder Arabien, aber für die Mitgliedschaft in einer übel beleumundeten Sekte brauchten sie sicher die Zustimmung ihrer Väter oder Ehemänner. Was die Sklaven betraf, Bergwerks- und Feldsklaven wurden streng bewacht bzw. angekettet, und selbst Haussklaven liefen nicht frei herum Wissen oder Erlaubnis ihrer Herren. Da die ersten Gemeinden im Umkreis oder sogar als Teil der jüdischen Gemeinden entstanden, waren es also Juden oder deren Unterstützer. Aus deren Haushalten kamen dann die Frauen und Sklaven. Anders war es in der damaligen Zeit kaum denkbar.

 

Das halte ich für ziemlich wahrscheinlich. M.W gibt es dazu Untersuchungen, die habe ich aber nicht zur Hand.

Allerdings lässt sich das Ganze nicht ganz hermetisch abgetrennt von anderen Bevölkerungsschichten sehen. Schon von Anfang an scheinen erste auch wohlhabendere Leute dabeigewesen zu sein (was allerdings die Bedeutung des neuen Glaubens nicht steigerte) und im Laufe der Generationen fand das Christentum auch in anderen Kreisen Verbreitung.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Mich würde ernsthaft interessieren, wie du die entsprechenden Textstellen so interpretierst, sodass du nicht über den recht plötzlichen Umschwung der Volksseele zwischen "Messias" und "Kreuzigung" verwundert bist.

 

Zwischen Einzug in Jerusalem und Karfreitag kommt es noch zu folgenden Zwischenfällen:

 

1) Tempelreinigung

2) Verkündung provozierender Gleichnisse etwa von den bösen Winzern.

3) Die Frage nach der kaiserlichen Steuer. Seine hier bekundete Loyalität zum Kaiser

enttäuschte alle, die in ihm einen Aufrührer gegen Rom erhofften.

4) Kritische Worte gegen Schriftgelehrte und Pharisäer. (Mt 23)

5) Ankündigung der Zerstörung des Tempels und anderer Katastrophen.

 

Das reichte, um bei vielen Menschen den Glauben an Jesus als Messias zerplatzen zu lassen ...

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Mich würde ernsthaft interessieren, wie du die entsprechenden Textstellen so interpretierst, sodass du nicht über den recht plötzlichen Umschwung der Volksseele zwischen "Messias" und "Kreuzigung" verwundert bist.

 

Zwischen Einzug in Jerusalem und Karfreitag kommt es noch zu folgenden Zwischenfällen:

 

1) Tempelreinigung

2) Verkündung provozierender Gleichnisse etwa von den bösen Winzern.

3) Die Frage nach der kaiserlichen Steuer. Seine hier bekundete Loyalität zum Kaiser

enttäuschte alle, die in ihm einen Aufrührer gegen Rom erhofften.

4) Kritische Worte gegen Schriftgelehrte und Pharisäer. (Mt 23)

5) Ankündigung der Zerstörung des Tempels und anderer Katastrophen.

 

Das reichte, um bei vielen Menschen den Glauben an Jesus als Messias zerplatzen zu lassen ...

Seltsam ist, dass in der Folge hauptsächlich Menschen, die im Leben noch nie etwas von einem "Messias" gehört hatten, zu Gläubigen wurden, während die allermeisten derer, die sich mit dem Thema Messias bestens auskannten, den Glauben an ihn als Messias ablehnten.

 

Werner

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Seltsam ist, dass in der Folge hauptsächlich Menschen, die im Leben noch nie etwas von einem "Messias" gehört hatten, zu Gläubigen wurden, während die allermeisten derer, die sich mit dem Thema Messias bestens auskannten, den Glauben an ihn als Messias ablehnten.

 

Werner

Das ist ein bekanntes Problem von Propheten, dass sie im eigenen Land nichts gelten. Es ist für Heilande nicht hilfreich, wenn man sie allzu lange und genau kennt.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Seltsam ist, dass in der Folge hauptsächlich Menschen, die im Leben noch nie etwas von einem "Messias" gehört hatten, zu Gläubigen wurden, während die allermeisten derer, die sich mit dem Thema Messias bestens auskannten, den Glauben an ihn als Messias ablehnten.

 

Werner

Das ist ein bekanntes Problem von Propheten, dass sie im eigenen Land nichts gelten. Es ist für Heilande nicht hilfreich, wenn man sie allzu lange und genau kennt.

99% der damaligen Juden kannten Jesus auch nicht. Sie kannten nur das Thema Messias. Und das kannten sie durch das Messias-Bild, das ihnen von den religiösen Führern vermittelt wurde. Das war aber offenbar so falsch, dass sie nicht erkannten, dass Jesus dieser Messias ist.

Die Parallele zum durch heutige religiöse Führer vermittelten Gottesbild drängt sich auf. Vermutlich würden auch heute 99% der Menschen Gott nicht erkennen, wenn er ihnen begegnen würde. Sie würden sagen "das kann nicht Gott sein, der passt nicht zu meinem Gottesbild."

Und die religiösen Führer würden auch heute wieder sagen "sagt, er soll ihn kreuzigen und den Barrabas freilassen". Nicht aus Bosheit, sondern weil er nicht zu dem Gottesbild passen würde, an das sie glauben und das sie anbeten, und weil sie ihn deshalb für einen Gotteslästerer hielten

 

Werner

  • Like 1
Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Mich würde ernsthaft interessieren, wie du die entsprechenden Textstellen so interpretierst, sodass du nicht über den recht plötzlichen Umschwung der Volksseele zwischen "Messias" und "Kreuzigung" verwundert bist.

 

Zwischen Einzug in Jerusalem und Karfreitag kommt es noch zu folgenden Zwischenfällen:

 

1) Tempelreinigung

2) Verkündung provozierender Gleichnisse etwa von den bösen Winzern.

3) Die Frage nach der kaiserlichen Steuer. Seine hier bekundete Loyalität zum Kaiser

enttäuschte alle, die in ihm einen Aufrührer gegen Rom erhofften.

4) Kritische Worte gegen Schriftgelehrte und Pharisäer. (Mt 23)

5) Ankündigung der Zerstörung des Tempels und anderer Katastrophen.

 

Das reichte, um bei vielen Menschen den Glauben an Jesus als Messias zerplatzen zu lassen ...

Seltsam ist, dass in der Folge hauptsächlich Menschen, die im Leben noch nie etwas von einem "Messias" gehört hatten, zu Gläubigen wurden, während die allermeisten derer, die sich mit dem Thema Messias bestens auskannten, den Glauben an ihn als Messias ablehnten.

 

Werner

 

Wenn man sich bemühte zwischen christlichem und jüdischem Messiasverständnis zu differenzieren würde sich manche "Seltsamkeit" gar nicht darstellen.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

×
×
  • Neu erstellen...