Dies ist ein beliebter Beitrag. Chrysologus Geschrieben 4. April 2014 Dies ist ein beliebter Beitrag. Melden Geschrieben 4. April 2014 (bearbeitet) Es war keine einfache Zeit, und es hat mich mehr mitgenommen, als ich zunächst realisieren wollte oder konnte. Um so mehr war es gut und wertvoll für mich, so viele Menschen an meiner Seite zu wissen. Daher ist es an der Zeit, mich bei allen denen zu bedanke, die mir im Forum, per PN oder im Chat beigestanden haben. Nicht alleine zu sein, mit Menschen reden zu könne, die ähnliches erlebt haben, das hat sehr gut getan. Ich habe - der eine oder andere weiß es ja - im Auferstehungsamt die Predigt gehalten. Sie ist sehr persönlich geworden, ich möchte sie dennoch hier einstellen für alle, die sie lesen mögen. Ich kann nur in einem Gesamtkonzept passabel predigen - daher muss ich den restlichen Messablauf zumindest knapp mitliefern. Kyrie: Ratlos stehen wir da | am Ende eines Lebens. Es war nicht immer einfach, zu sehen, dass DU da warst. | Sei DU uns nahe. Wende dich uns zu (Taizé) Ratlos stehen wir da | angesichts von Leid und Tod. Es ist schwer, zu sehen, dass DU da bist. | Sei DU uns nahe. Wende dich uns zu Ratlos stehen wir da | angesichts unserer Endlichkeit. Es ist schwer, zu sehen, dass DU immer da sein wirst. | Sei DU uns nahe. Wende dich uns zu 1. Lesung: Spuren im Sand Anm.: Ich habe den Text gelöscht - Urheberrecht. ICh hoffe, ihr kennt ihn, ansonsten fragt Herrn google. Evangelium: Joh 11,17-27 (Jesus & Martha) Predigt: Henning ist tot, und wir werden ihn nachher begraben. Zurück bleiben Leerstellen – ein leeres Bett in seinem Zimmer, ein leerer Stuhl bei Tisch, ein leerer Sattel auf seinem Pferd, Leere in unseren Köpfen. Aber das erstaunliche: Diese Leere in unseren Köpfen schafft Platz, so dass viele Erinnerungen wach werden können. Bilder tauchen auf, in denen Henning anwesend ist. Seine Stimme klingt in uns nach. Und an so manches erinnern wir uns eigentümlicherweise erst jetzt wieder – sein schelmisches Lachen, seine unglaubliche Gelassenheit, sein Wortwitz, und bei allem Ärger über sein Schicksal seine Zufriedenheit mit dem, was er hatte. Als ich vor einer Woche an Hennings Totenbett stand, als ich seinen Kopf das letzte Mal streichelte, da sah ich auf einmal das Baby vor mir, das ich mit 7 Jahren auf dem Schoß hielt und wie ich damals wusste, dass ich diesen Kopf gut festhalten sollte, weil das Baby doch noch so klein war. Eigenartigerweise scheint Hennings Lebensgeschichte, wenn man sie erzählt, oftmals eine Geschichte seines Kopfes zu sein: Der Tumor, die Behandlungen danach, die Epilepsie in seinem Kopf, die diversen Stürze auf denselben. Und am Ende hat ihn die Epilepsie umgehauen – so dichtete es seine Nichte - und ich glaube, Henning hätte zu diesem Satz den Kopf gewogen und von sich gegeben: „Ja, so könnte man das sagen!" Das bringt mich auf eine zweite Geschichte seines Lebens – denn seine Lebensgeschichte ist ja keine Krankenakte: Hennings bisweilen recht eigener Kopf, sein in der Familie nicht ganz unüblicher Dickschädel, und – das sollte hier keinesfalls unerwähnt bleiben - seine Schlagfertigkeit, die so gar nicht auf den Kopf gefallen war. Sein sehr eigener, manchmal auch etwas schwarzer Humor. Seine beneidenswerte Fähigkeit, Dinge recht knapp und trocken auf den Punkt bringen zu können. Wenn wir nun auf sein Leben zurückschauen wie auf den Strandspaziergang der Lesung, dann hat Gott uns und ihn oft tragen müssen. Manchmal wären wir verzweifelt ohne Gott, und Henning hat – das kann man auch hier so sagen – mit seinem Gott gehadert. Wer wollte es ihm verdenken? Für Henning, der so gerne unter Menschen war, der so gerne feierte, der so neugierig auf die Welt war, der so gerne reiste, für ihn war jene Krankheit, die dazu führte, dass er alles das in den letzten Jahren kaum noch konnte, weil es ihn regelmäßig wortwörtlich umhaute, für ihn war alles das Grund genug, mit seinem Gott böse zu sein. Und es wäre billige Tröstung, wollte man darüber hinweg predigen. Hat Gott ihn nicht erst in die Lage gebracht, ihn tragen zu müssen? War das alles wirklich nötig? Hätte es nicht irgendwann auch mal aufhören können? WARUM das alles?? PAUSE Auf diese Fragen habe ich keine einfache, glatte Antwort. Es geht mir wie Martha im Evangelium, die Jesus ja harsch angeht: „Wo warst DU, als Lazarus krank war? Wärst DU hier gewesen, er würde noch leben! DU hättest ihn retten können – aber DU hast nicht! Statt dessen hast DU dir alle Zeit der Welt gelassen!" Ihre Schwester Maria wird kurz darauf inhaltlich dasselbe sagen. Es ist gerade heute leicht vorzustellen, wie die beiden Schwestern auf Jesus los gegangen sind in ihrer Trauer und Wut – und ich kann es ihnen nicht im mindesten verdenken. Aber Martha bleibt nicht bei ihrem Zorn stehen: Jesus sagt zu ihr: „Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt: Auch wenn er stirbt – wird er leben. Und jeder, der lebt und an mich glaubt nimmermehr stirbt er – nicht auf Weltzeit hin. Glaubst du das?" Auf diese Frage hin antwortet sie: „Du bist der Messias, der Sohn Gottes!" In dieser Situation des Verlustes und des Zornes ist sie dennoch die erste, die Jesus als Sohn Gottes bekennt (Petrus wird da länger brauchen, aber auch er wird da in Rage sein). Beides gehört zusammen: Der Zorn und das Bekenntnis, denn der Ärger über Gott gründet ja letztlich im Vertrauen auf Gott, dass er es anders machen könnte. Deswegen hadern wir mit Gott, weil wir glauben, dass ER es anders hätte machen können, und weil wir nicht verstehen, warum ER es so geschehen ließ, wie es geschah. „Weiter offene Arme als die unseres Herrn gibt es nicht," schrieb mir eine Freundin, „möge Henning in seinen Armen ankommen." Wir glauben an die Auferstehung der Toten und das ewige Leben – das ist angesichts des toten Henning eine Herausforderung und eine Verheißung, die tröstet. Ihm geht es jetzt gut – wir müssen lernen, ohne ihn zu leben. Gute Reise, kleiner Bruder, warte auf mich. bearbeitet 4. April 2014 von Chrysologus Urheberrecht beachtet. 26
mbo Geschrieben 4. April 2014 Melden Geschrieben 4. April 2014 Lieber Chryso, herzlichen Dank, dass Du Deine Worte mit uns teilst. Sie bewegen mich sehr. Danke.
mn1217 Geschrieben 4. April 2014 Melden Geschrieben 4. April 2014 Eine sehr bewegende Predigt. Danke, dass du sie mit uns teilst.
Long John Silver Geschrieben 4. April 2014 Melden Geschrieben 4. April 2014 Danke.Ich habe die ganze Zeit immer wieder an euch gedacht. Gut, das jetzt zu lesen.
Lothar1962 Geschrieben 4. April 2014 Melden Geschrieben 4. April 2014 Danke, Chrysologus. Und Herzliches Beileid.
teofilos Geschrieben 4. April 2014 Melden Geschrieben 4. April 2014 Auch von mir tiefe Anteilnahme. Es hat mich sehr berührt.
phyllis Geschrieben 7. April 2014 Melden Geschrieben 7. April 2014 erst jetzt gelesen. schöne predigt. mein herzliches beileid Chryso. ich weiss leider, wie sich sowas etwa anfühlt. ich wünsche dir dass dir viele schöne erinnerungen bleiben an denen du dich auch freuen kannst. grüsse Phyllis
Collie Geschrieben 8. April 2014 Melden Geschrieben 8. April 2014 Danke für das Teilen dieser Predigt. So berührt hat mich schon lange keine Predigt mehr, sehr sehr menschlich und mitfühlend geschrieben Mein aufrichtiges Beileid.
Baumfaeller Geschrieben 12. April 2014 Melden Geschrieben 12. April 2014 Lieber Chryso: Ich habe das erst jetzt gelesen. Und darf hier in den GG eigentlich nicht posten. Trotzdem ... Mein herzliches Beileid. Einen juengeren Bruder zu verlieren, dass muss schlimm sein; ungefaehr so schlimm, wie ein Kind zu verlieren. Ich wuensche den Hinterbliebenen vor allem die Kraft, um durch die ersten paar Wochen und Monate durchzukommen. Verletzungen erzeugen Narben. Narben koennen verhaerten, und dann die normale Funktion der Glieder beeintraechtigen. Wenn man das Narbengewebe aber richtig bewegt und massiert, dann wird es irgendwann mal beinahe genauso gut wie das urspruengliche Gewebe, oder sogar besser. Das klingt zwar alles sehr medizinisch und mechanistisch, ist hier aber spirituell gemeint. Viel Glueck!
Petrus Geschrieben 12. April 2014 Melden Geschrieben 12. April 2014 (bearbeitet) in der sicheren und gewissen Hoffnung auf eine fröhliche Auferstehung Peter bearbeitet 12. April 2014 von Petrus
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