Ennasus Geschrieben 27. Juni 2014 Melden Share Geschrieben 27. Juni 2014 Gerade das Markusevangelium richtet sich nicht an eine kleine Schicht von Intellektuellen oder Wissenden. Es ist ja auch nicht Markus, der in Gleichnissen geredet und Symbolhandlungen gesetzt hat. Sondern Jesus. Markus berichtet nur. Verstehen will ich ja nicht die Botschaft des Markus, sondern die Botschaft Jesu. Eine Interpretation, die so viele evangeliums-externe Kenntnisse zurückgreifen muss, passt da einfach nicht. Jesus hat das offensichtlich vorausgesetzt, dass seine Umgebung fassen konnte, was er mitteilen wollte - und seine Umgebung war eine, die zutiefst geprägt war von einem Denken in Symbolen. Viele konnten das natürlich auch damals nicht verstehen, das war ihm klar und das hat er auch in Kauf genommen: "Wer es fassen kann, der fasse es." Ich denke, allererste Voraussetzung dafür, zu verstehen, ist das Öffnen von Herz und Hirn für das, was einen anrührt an diesen Geschichten - dafür braucht man kein Wissen, das stimmt. Aber wenn das Nichtwissen dazu führt, dass man Geschichten verwerfen muss, weil man sie nicht integrieren kann, ist mir sehr klar, dass ich (für die Jesus wirklich "Zukunft" ist), mich zuerst einmal um Wissen bemühe. Wenn ich mich in der Nachfolge eines Menschen sehe, dann will ich möglichst viel über ihn und sein Denken wissen und immer besser begreifen, was seine Botschaft war. Du magst das anders halten, du wirst dann aber halt einfach auch akzeptieren müssen, dass man dir sachlich widerspricht. Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
nannyogg57 Geschrieben 27. Juni 2014 Melden Share Geschrieben 27. Juni 2014 ... Der Feigenbaum ist ein Kontrastzeichen im Kontext der beginnenden Passionsgeschichte. Er ist definitiv nicht die Sinnspitze des jesuanischen Wirkens. Woraus schliesst Du das? DonGato. Weils im Markusevangelium hinten steht, zwischen Tempelreinigung und Weltgericht. Und weils eine idiotische Geschichte ist. Ein Mann, der Brote vermehrt, hat Hunger? Es geht darum, dass der Glaube Macht hat. Und kurz drauf die Endzeitrede. Es geht aber nicht darum, dass Jünger Jesu ab sofort im Frühjahr Feigenbäume verfluchen sollen, so als special-christlicher Ritus. Es gibt auch keine Tradition, dass Christen Feigenbäume doof finden. Die Wirkungsgeschichte dieser Erzählung beschränkt sich auf einen Thread in einem Internetforum, wo Leute versuchen, daraus eine bedeutende Tat Jesu zu konstruieren. Der letzte Satz ist ein bisschen übertrieben, zugegeben. 2 Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Werner001 Geschrieben 27. Juni 2014 Melden Share Geschrieben 27. Juni 2014 Der Verweis von Ennasus auf den Symbolverständis der hebräischen Sprache erscheint mir nicht nachvollziehbar, den das Markusevangelium wurde in Griechisch verfasst. Vielleicht ist das aber auch ein Teil des Schlüssels. Sprache und Kultur gehen sehr eng einher, und wenn man versucht, seine Kultur in eine andere Sprache zu übertragen, ist das für den, der die zu dieser Sprache gehörige Kultur besitzt, nicht immer verständlich. Werner Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
DonGato Geschrieben 27. Juni 2014 Melden Share Geschrieben 27. Juni 2014 (bearbeitet) Weils im Markusevangelium hinten steht, zwischen Tempelreinigung und Weltgericht. Und weils eine idiotische Geschichte ist. Ein Mann, der Brote vermehrt, hat Hunger? Es geht darum, dass der Glaube Macht hat. Und kurz drauf die Endzeitrede. Ja, es geht darum: Glaube hat Macht. Mit dem "richtigen" Glauben kann man völlig grundlos ein Lebewesen töten - einfach nur um zu demonstrieren, welche Macht der Glaube hat - einfach nur, weil man schlecht drauf ist - einfach so, völlig inhaltslos. Zu demonstrieren, welche Macht der "richtige" Glaube hat ist Sinnspitze des jesuanischen Wirkens. DonGato. bearbeitet 27. Juni 2014 von DonGato Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Mecky Geschrieben 27. Juni 2014 Melden Share Geschrieben 27. Juni 2014 Gerade das Markusevangelium richtet sich nicht an eine kleine Schicht von Intellektuellen oder Wissenden. Es ist ja auch nicht Markus, der in Gleichnissen geredet und Symbolhandlungen gesetzt hat. Sondern Jesus. Markus berichtet nur. Verstehen will ich ja nicht die Botschaft des Markus, sondern die Botschaft Jesu. Eine Interpretation, die so viele evangeliums-externe Kenntnisse zurückgreifen muss, passt da einfach nicht. Jesus hat das offensichtlich vorausgesetzt, dass seine Umgebung fassen konnte, was er mitteilen wollte - und seine Umgebung war eine, die zutiefst geprägt war von einem Denken in Symbolen. Viele konnten das natürlich auch damals nicht verstehen, das war ihm klar und das hat er auch in Kauf genommen: "Wer es fassen kann, der fasse es." Ich denke, allererste Voraussetzung dafür, zu verstehen, ist das Öffnen von Herz und Hirn für das, was einen anrührt an diesen Geschichten - dafür braucht man kein Wissen, das stimmt. Aber wenn das Nichtwissen dazu führt, dass man Geschichten verwerfen muss, weil man sie nicht integrieren kann, ist mir sehr klar, dass ich (für die Jesus wirklich "Zukunft" ist), mich zuerst einmal um Wissen bemühe. Wenn ich mich in der Nachfolge eines Menschen sehe, dann will ich möglichst viel über ihn und sein Denken wissen und immer besser begreifen, was seine Botschaft war. Du magst das anders halten, du wirst dann aber halt einfach auch akzeptieren müssen, dass man dir sachlich widerspricht. Markus berichtet nur? Das halte ich für höchst fragwürdig. Und Du willst nicht die Botschaft des Markus verstehen, sondern die Botschaft Jesu? Das halte ich für eine Illusion. Du kannst höchstens die Botschaft des Markus verstehen, und dann vertrauen, dass dies die Botschaft Jesu widergibt - zumindest in gewisser Weise. Denn fast alle Evangelienbotschaften sind gefärbt und immer von der Botschaft des jeweiligen Evangelisten geprägt. Wenn man es genau nimmt sogar wirklich alle. Hätte Jesus es anders gewollt, hätte er selbst zur Feder greifen müssen. Allein schon die Abfassung in Griechisch. Jesus hat wohl eher aramäisch gesprochen. (Wobei man auch hierüber diskutieren kann. Man diskutiert sogar darüber, ob Jesus überhaupt griechisch verstehen und sprechen konnte.) Die Botschaft Jesu richtete sich zunächst einmal an seine konkreten Zuhörer. Dennoch: Schon hier stellt sich die Frage, ob diesen Zuhörern all die Details bekannt waren. Und ob sie auf diese Deutung der Worte Jesu kamen oder überhaupt kommen konnten. Petrus z.B. war Fischer, nicht Schriftgelehrter. Die Evangelien dagegen richten sich an einen viel weiteren Personenkreis. Und ob diesem Personenkreis solche Details geläufig waren, würde ich für noch weitaus fragwürdiger erachten. Ich glaube nicht, dass Markus solche Kenntnisse voraussetzt, damit man die Botschaft verstehen kann. Hätte er die von Dir beschriebenen Dinge wirklich gemeint, dann hätte er wohl eine kurze Erklärung abgegeben - wie es in den Evangelien übrigens öfters vorkommt. Nur eben hier nicht. Ich halte Deine Interpretation für ein Produkt Deiner selbst. Du siehst Zusammenhänge, die sich aus den hebräischen Namen ergeben können. Aber nichts im Text deutet darauf hin, dass es so gemeint war. Keine Erklärung erfolgt in diese Richtung. Und wie sieht es mit der Wirkungsgeschichte aus? Haben wenigstens die Kirchenväter in ähnlicher Weise interpretiert, wie Du? So dass man sagen könnte: "Schau, zumindest in der Antike hat man eben so gedacht und interpretiert?" Wobei auch hier bereits die Kluft von einigen Jahrhunderten dazwischenläge. Nach einer zeitgenössischen Interpretation aus dem 1. Jahrhundert frage ich lieber schon gar nicht, weil hier das Material so geringfügig ist. 2 Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Mecky Geschrieben 27. Juni 2014 Melden Share Geschrieben 27. Juni 2014 Es geht aber nicht darum, dass Jünger Jesu ab sofort im Frühjahr Feigenbäume verfluchen sollen, so als special-christlicher Ritus. Es gibt auch keine Tradition, dass Christen Feigenbäume doof finden. Die Wirkungsgeschichte dieser Erzählung beschränkt sich auf einen Thread in einem Internetforum, wo Leute versuchen, daraus eine bedeutende Tat Jesu zu konstruieren. Ich glaube, dass der Vorwurf lautet: "Jesus ist ein Schwarzmagier!" Er ist böse und reagiert sich sogar an unschuldigen Feigenbäumen ab. Mit magischen Mitteln. So ganz und gar daneben liegt dieser Vorwurf nicht. Auf jeden Fall desavouiert diese Bibelstelle das süßliche Bild vom lieben Jesulein. Gerade auch in Verbindung mit der Tempelreinigung. Und magische Vorstellungen gibt es bei Markus durchaus. Aber was will man von einem Schreiber des 1. Jahrhunderts erwarten? Dass er ein real-wissenschaftliches Weltbild vorträgt? Hahaha. Dass er Jesu eindringliche Moralbotschaften und deren Konsequenzen unter den Teppich kehrt? Ich würde mich nicht wundern, wenn Jesus tatsächlich mit großem Verderben rechnet - vor allem bei den Händlern, Käufern und Geldwechslern, bei Chorazin und Betsaida, bei denen die nicht den engen, steilen Weg nehmen, bei denen, die kein Voratsöl mitnehmen etc. etc. etc. Und will man es Markus verdenken, dass er diese Einstellung Jesu in das Bild eines (eventuell durch üble Magie) absterbenden Feigenbaums gießt? 2 Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
phyllis Geschrieben 27. Juni 2014 Melden Share Geschrieben 27. Juni 2014 (bearbeitet) Ich gehe auch davon aus, dass der Feigenbaum ein Symbol ist. Logisch: Die Evangelisten waren nicht an Feigenbäumen interessiert. Symbol für all diejenigen, die äußerlich was hermachen (schöne, grüne Blätter), aber keine Früchte tragen.ja das ist weit einleuchtender mmn. nur macht es den jesus noch schlimmer. der feigenbaum ist nicht eitel oder unnütz. die blätter hat er nicht um hip auszusehen sondern braucht sie um feigen zu produzieren. er ist – auch nach dem verständnis des markus scheint mir – “unschuldig”. trotzdem lässt ihn jesus verdorren. er hätte halt feigen haben sollen als die grosse gottheit an ihm vorbeispazierte. die moral also? gott macht mit euch was er will. ihr müsst nicht mal unbedingt böse sein um ins verderben zu geraten. ihr könnt einfach pech haben; zur falschen zeit am falschen ort sein. den 1km entfernten nächsten feigenbaum ohne feigen hat er ja nicht verdorren lassen. Ich glaube nicht, dass Markus solche Kenntnisse voraussetzt, damit man die Botschaft verstehen kann. Hätte er die von Dir beschriebenen Dinge wirklich gemeint, dann hätte er wohl eine kurze Erklärung abgegeben - wie es in den Evangelien übrigens öfters vorkommt. Nur eben hier nicht. es wäre auch absurd. was soll ich mit einer religion, in der ich hebräisch beherrschen und mich in wortspielereien und symbolik einarbeiten muss die vor 2000 jahren galten (und sowieso nie und nimmer exakt nachvollzogen werden können). das evangelium sollte ja nicht-juden ansprechen, also exportiert werden. wenn ich ein buch schreibe das im gesamten deutschen sprachraum verstanden werden soll werde ich nicht wortspielereien verwenden die ausserhalb von klein-pfupfingen kein mensch versteht. so doof war der markus wohl kaum. die dritte - mmn die optimale - ist die auseinandersetzung mit dem 100% gott, 100% mensch-wesen. das erklärt es dann. willkommen bei den heiden. wir wussten das schon immer. Kannst du das bitte noch einmal erklären, wie du das meinst?dass gott mensch wurde sollte nach meinem verständnis bedeuten dass er eben – ganz als mensch – auch mal dünnpfiff absonderte, die beherrschung verlor, sich besoff (hochzeit von kanan?) oder die souvenir-verkäufer im tempel verprügelte. die götter der heiden sind – ich glaube das kann man so verallgemeinern – nicht allwissend und allgütig, und längst nicht jede ihrer handlungen stets über alle zweifel erhaben. man ehrt sie als gottheiten trotz ihrer unzulänglichkeiten. vllt waren es ja gerade diese unzulänglichkeiten die eine handlung besonders verehrenswürdig machen. zb finden wir es auch in unserer kultur besonders toll, wenn ein versumpftes, drogenabhängiges schwangeres teen-mädchen alles tut damit ihr kind ein besseres leben hat. bei einer gut situierten mutter in einer stabilen familie nehmen wir hingegen als den normalfall. aber – korrigier mich wenn nötig – bei jesus geht das nicht. der war dank seiner abstammung eben schon perfekt. bearbeitet 27. Juni 2014 von phyllis Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
GermanHeretic Geschrieben 27. Juni 2014 Melden Share Geschrieben 27. Juni 2014 Die Wirkungsgeschichte dieser Erzählung beschränkt sich auf einen Thread in einem Internetforum, wo Leute versuchen, daraus eine bedeutende Tat Jesu zu konstruieren. Ach je, jede Tat Jeus ist konstruiert. Keine davon ist so passiert, wie es im Mythos erzählt wird und jede Konstruktion dient einem anderen Zweck, den Du u.a. in diesem Strrang schon erwähnt hast. Daß jemand, der Jesus nachfolgt, sich aus den ganzen Komstruktionen die heraussucht bzw. alle so interpretiert, wie es für den eigenen Lebensweg paßt. Das ist normal, finde ich. Und Nicht-Christen interpretieren die Geschichten eben anders, das finde ich auch normal. Das ganze Palaver kommt doch nur, weil es Leute gibt, die dahinter eine absolute Wahrheit als eine Lebenseinstellung postulieren. Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
nannyogg57 Geschrieben 27. Juni 2014 Melden Share Geschrieben 27. Juni 2014 Die Wirkungsgeschichte dieser Erzählung beschränkt sich auf einen Thread in einem Internetforum, wo Leute versuchen, daraus eine bedeutende Tat Jesu zu konstruieren. Ach je, jede Tat Jeus ist konstruiert. Keine davon ist so passiert, wie es im Mythos erzählt wird und jede Konstruktion dient einem anderen Zweck, den Du u.a. in diesem Strrang schon erwähnt hast. Daß jemand, der Jesus nachfolgt, sich aus den ganzen Komstruktionen die heraussucht bzw. alle so interpretiert, wie es für den eigenen Lebensweg paßt. Das ist normal, finde ich. Und Nicht-Christen interpretieren die Geschichten eben anders, das finde ich auch normal. Das ganze Palaver kommt doch nur, weil es Leute gibt, die dahinter eine absolute Wahrheit als eine Lebenseinstellung postulieren. Ja, aber vielleicht können wir mal registrieren, dass dieses fundamentalistische Bibelverständnis ein Produkt der Neuzeit ist und dass in diesem Thread keiner der Projesusleute dieses Verständnis hat. Zu recht, wie ich nachschieben will. Wir haben mal wieder den Fall, dass die A&As sich mit fundamentalistischen Bibelverständnis auseinandersetzen, weils halt der simplere Gegner ist. Und ich zB soll dann den Part dazu spielen, sonst bin ich ein Spielverderber. Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
nannyogg57 Geschrieben 27. Juni 2014 Melden Share Geschrieben 27. Juni 2014 Weils im Markusevangelium hinten steht, zwischen Tempelreinigung und Weltgericht. Und weils eine idiotische Geschichte ist. Ein Mann, der Brote vermehrt, hat Hunger? Es geht darum, dass der Glaube Macht hat. Und kurz drauf die Endzeitrede. Ja, es geht darum: Glaube hat Macht. Mit dem "richtigen" Glauben kann man völlig grundlos ein Lebewesen töten - einfach nur um zu demonstrieren, welche Macht der Glaube hat - einfach nur, weil man schlecht drauf ist - einfach so, völlig inhaltslos. Zu demonstrieren, welche Macht der "richtige" Glaube hat ist Sinnspitze des jesuanischen Wirkens. DonGato. Wenn die Welt untergeht, ist auch der Feigenbaum hinüber. Kontext, bitte. Ich bin nicht für ein sentimentales Herangehen an altorientalische Texte. Das ist der falsche hermeneutische Schlüssel. Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
fragerin Geschrieben 27. Juni 2014 Melden Share Geschrieben 27. Juni 2014 Es geht aber nicht darum, dass Jünger Jesu ab sofort im Frühjahr Feigenbäume verfluchen sollen, so als special-christlicher Ritus. Es gibt auch keine Tradition, dass Christen Feigenbäume doof finden. Die Wirkungsgeschichte dieser Erzählung beschränkt sich auf einen Thread in einem Internetforum, wo Leute versuchen, daraus eine bedeutende Tat Jesu zu konstruieren. Ich glaube, dass der Vorwurf lautet: "Jesus ist ein Schwarzmagier!" Er ist böse und reagiert sich sogar an unschuldigen Feigenbäumen ab. Mit magischen Mitteln. So ganz und gar daneben liegt dieser Vorwurf nicht. Auf jeden Fall desavouiert diese Bibelstelle das süßliche Bild vom lieben Jesulein. Gerade auch in Verbindung mit der Tempelreinigung. Und magische Vorstellungen gibt es bei Markus durchaus. Aber was will man von einem Schreiber des 1. Jahrhunderts erwarten? Dass er ein real-wissenschaftliches Weltbild vorträgt? Hahaha. Dass er Jesu eindringliche Moralbotschaften und deren Konsequenzen unter den Teppich kehrt? Ich würde mich nicht wundern, wenn Jesus tatsächlich mit großem Verderben rechnet - vor allem bei den Händlern, Käufern und Geldwechslern, bei Chorazin und Betsaida, bei denen die nicht den engen, steilen Weg nehmen, bei denen, die kein Voratsöl mitnehmen etc. etc. etc. Und will man es Markus verdenken, dass er diese Einstellung Jesu in das Bild eines (eventuell durch üble Magie) absterbenden Feigenbaums gießt? Für mich ist spannend, dass quasi der religiöse, zur Dreifaltigkeit betende Teil von mir der Enneasus begeistert eine Perle gegeben hat und der Teil, der weiß: ja, verdammt, das Leben ist schwer und nicht gerecht und der Lebensweg voller Schlaglöcher und diese Sorge um einen armen Feigenbaum ist ver-rückt angesichts dessen, dass der "Glaube" halt nicht nur eine "weißmagische", sondern auch eine "schwarzmagische Macht" hat, siehe nicht nur im Großen unseren Adolf, sondern im Kleinen das ohne-Öl-Dastehen weil man unaufmerksam war. Also der Teil, der das weiß, hat jetzt dem Mecky eine Perle gegeben. Die Gespräche hier erinnern mich an den Film von Pasolini, wo er das Matthäusevangelium verfilmt hat. Dieser finstere Jesus, den er da zeichnete, ist sicher evangeliumsgemäßer als "mein Jesus", der Jesus, dem ich in der Eucharistie begegne etc. Wegen dieser Spannungen mag ich dieses Forum. Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
phyllis Geschrieben 27. Juni 2014 Melden Share Geschrieben 27. Juni 2014 Wir haben mal wieder den Fall, dass die A&As sich mit fundamentalistischen Bibelverständnis auseinandersetzen, weils halt der simplere Gegner ist. Und ich zB soll dann den Part dazu spielen, sonst bin ich ein Spielverderber.nein sondern wir haben wieder mal den fall wo es darum geht einen text oder mythos sinnesgemäss interpretieren, statt den sinn dem eigenen gusto entsprechend zurechtzubiegen (oder solange daran herumzuschrauben bis er ins dogma passt) und die kritiker, hinterfrager oder zweifler in die dummy-ecke zu stellen. wenigstens stellt sich Mecky dem problem, seine beiträge bringen mich echt weiter was das verständnis angeht. danke dafür. Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
nannyogg57 Geschrieben 27. Juni 2014 Melden Share Geschrieben 27. Juni 2014 Wir haben mal wieder den Fall, dass die A&As sich mit fundamentalistischen Bibelverständnis auseinandersetzen, weils halt der simplere Gegner ist. Und ich zB soll dann den Part dazu spielen, sonst bin ich ein Spielverderber.nein sondern wir haben wieder mal den fall wo es darum geht einen text oder mythos sinnesgemäss interpretieren, statt den sinn dem eigenen gusto entsprechend zurechtzubiegen (oder solange daran herumzuschrauben bis er ins dogma passt) und die kritiker, hinterfrager oder zweifler in die dummy-ecke zu stellen. wenigstens stellt sich Mecky dem problem, seine beiträge bringen mich echt weiter was das verständnis angeht. danke dafür. Schön für dich. Aber ich stelle mich ungern einem Problem, das ich nicht sehe. 1 Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Dies ist ein beliebter Beitrag. Alfons Geschrieben 27. Juni 2014 Dies ist ein beliebter Beitrag. Melden Share Geschrieben 27. Juni 2014 (bearbeitet) Feigenbaum – eine Annäherung Dreierlei halte ich für wichtig, wenn ich über die Verfluchung des Feigenbaums in Markus 11,12-14 nachdenke: - Genau darauf zu schauen, wer diesen Text und wann geschrieben hat. - Nicht zu vergessen, dass dieser Text schon bei der Entstehung und bei der Niederschrift symbolisch verstanden wurde und kein tatsächliches Geschehen wiedergab. - Versuchen, in dem symbolischen Verstehen dieser Erzählung, wie sie vor knapp 2000 Jahren entstanden ist, Denken und Lehre Jesu zu erkennen. Ich sage gleich vorab, dass dabei etwas heraus kommt, was nicht weit entfernt liegt von der Deutung, die Ennasus hier vorstellt. Zum ersten Punkt: Der Verfasser des Markus-Evangeliums war ein heidenchristlicher Autor. Er schrieb das Evangelium um das Jahr 70 herum, zur Zeit des Jüdischen Krieges, in einem Ort außerhalb Palästinas, vielleicht in Antiochia, vielleicht in Rom. Die Jerusalemer Urgemeinde war bereits untergegangen, die Stadt Jerusalem und der Tempel zerstört, die Trennung der Christen, anfangs eine thora-treue Gemeinschaft von Jesus-Anhängern innerhalb des Judentums, vom Judentum vollzogen. Was „Markus“ für seine Gemeinde aufschreibt, erzählt er vor diesem Hintergrund. Zum zweiten Punkt. Die so genannte Tempelreinigung und das Feigenbaum-Wunder gehören als Erzählung zusammen. Sie sind zusammen mit der Schilderung des Einzugs in Jerusalem als Auftakt der Passionsgeschichte zu verstehen: Jesus muss bei seinem Auftritt im Vorhof des Tempels – auch die historisch-kritische Forschung geht davon aus, dass es einen Zwischenfall dieser Art gegeben hat – bereits gewusst haben, welche Folgen das für ihn haben wird. Bereits aus der Konstruktion der gesamten Geschichte Markus 11, 12-25 lässt sich erkennen, dass der Markus-Autor die Geschichte um den verdorrten Feigenbaum symbolisch meint. Es gibt mehrere Passagen in den Evangelien, an denen die Autoren eine Wundergeschichte erzählen, mit der sie den dann folgenden Text symbolisch vorweg nehmen. Ein Beispiel: Vor dem Bekenntnis des Petrus „Du bist der Messias!“ in Markus 8 steht eine Blindenheilung. Sie zeigt, dass den Jüngern, die zuvor als blind gescholten worden waren, nun endlich die Augen aufgehen über Jesu wahre Würde. Ebenso symbolisch ist das Wunder vom verdorrten Feigenbaum, direkt vor der Tempelreinigung, gemeint. Es soll zeigen, dass die religiösen Führer Israels nicht die Früchte bringen, die von ihnen erwartet werden. Das heißt nicht, dass der Markus-Autor dieses Wunder erfunden hat. Es heißt aber, dass in den Jahrzehnten vorher etwas sinngemäß überliefert worden ist, das die ersten Gemeinden auf Jesus zurück führten. Irgendein Ausspruch, von dem sich annehmen lässt, dass Jesus damit genau das kritisiert hat, was er mit der Tempelreinigung dann auch handgreiflich bekämpft: die religiöse Unfruchtbarkeit der herrschenden Schicht, der Schriftgelehrten und Hohenpriester. Ein Vergleich mit einem Feigenbaum, der verdorrt. Ein untypisches Wunder Warum gerade dieser Vergleich? Baumwunder symbolisierten in der Antike Machtwechsel, berichtet Gerd Theißen in „Der historische Jesus“ (S. 266). Und außerdem werden damit mehrere Prophetenworte des Alten Testamentes aufgenommen, zum Beispiel Jeremia 8, 13: „Will ich bei ihnen ernten – Spruch des Herrn –, so sind keine Trauben am Weinstock, keine Feigen am Feigenbaum, und das Laub ist verwelkt. Darum habe ich für sie Verwüster bestellt.“ Meine persönliche Vermutung ist: Die Strafwunder-Perikope basiert auf einem nur noch inhaltlich rekonstruierbaren Logion oder Gleichnis Jesu. Denn: Bei der Erzählung vom verfluchten Feigenbaum handelt es sich um ein Strafwunder, und das zählt zur Gruppe der so genannten Normenwunder. Mit solchen Wundern werden Normen begründet, Verstöße gegen sie bestraft oder das erwünschte Verhalten belohnt. Bei den Wundern, die Jesus zugeschrieben werden, fällt mehrerlei auf. Zum einen: Jesus verschärft mit seinen Wundern keine Normen, sondern entschärft stattdessen die Normen der Thora. Sodann: „Alle Wunder Jesu sind Ausdruck heilender und rettender Macht“ (Theißen, Der historische Jesus S. 279) – außer dem Strafwunder mit dem Feigenbaum. Und schließlich: Dieses einzige Strafwunder Jesu trifft keinen Menschen. Das ist nicht nur im Alten Testament anders, sondern auch im Urchristentum. Da fällt (Apostelgeschichte 5, 1ff) ein Ehepaar, das Geld unterschlagen hatte, tot um. Jesus hätte den beiden vergeben. An dieser Stelle ist mir ein Hinweis wichtig, den Ennasus in ihrem oben bereits verlinkten Beitrag gemacht hat, nämlich, dass man in dem Ausspruch Jesu: "Niemals mehr in Ewigkeit soll von dir einer eine Frucht essen" das „soll“ vielleicht „wird“ geheißen hat. Dass hier also kein Fluch vorliegt, sondern ein Mahnwort. Joachim Jeremias hat in seiner „Neutestamentlichen Theologie“ erläutert, dass an der Stelle des „soll“ ursprünglich das aramäische Imperfekt „jekol“ in futuristischem Sinne gestanden habe. Dadurch würde der Satz zur Ankündigung eines baldigen Endes, das noch vor dem Beginn der Feigenzeit herein bricht – und die Zeit der Frühfeigen liegt im Mai, bald nach dem Passahfest. In diesem Fall hätte das Jesus-Wort die Bedeutung: Noch vor der Feigenernte kommt die Wende. Schließen lässt sich aus alledem, dass dieses Verdorrte-Baum-Wunder nicht stattgefunden hat, aber dass es in Jesu Wirken und Reden eine Grundlage gegeben haben kann, auf der die Erzählung 40 Jahre später aufbaut. Teil 3: Symbole ernst nehmen Die Erzählung von verdorrten Feigenbaum wurde lange vor allem als Erläuterung des historischen Hintergrundes verstanden: Jesus habe sich kurz vor seinem gewaltsamen Tod gegen die Führungsschicht der Juden (oder gar gegen die Juden insgesamt) gewandt und sie verflucht. So wird bis in die heutige Zeit hinein argumentiert. In der Einheitsübersetzung der Bibel steht als Anmerkung: „Der unfruchtbare Feigenbaum ist Bild für das Volk Gottes, das den Glauben verweigert.“ Eine solche Deutung ist nicht weit entfernt von der Substitutionstheologie, nach der das jüdische Volk von Gott verworfen worden sei. Sich mit dem Hinweis zu behelfen, dass die Perikope Markus 11, 12-14 (und die Parallele bei Matthäus 21, 18-19) ja keine wörtliche Wiedergabe des Geschehens seien, sondern Ergebnis der Überlieferung über Jahrzehnte hinweg und somit vor allem die Überzeugungen der jeweiligen Gemeinden spiegeln, führt nicht zum wirklichen Verständnis der Erzählung. Natürlich ist das eingeflossen! Aber wenn diese Erzählung überhaupt einen jesuanischen Kern hat – und davon gehe ich als Hypothese aus – dann reicht es nicht, zu sagen: Judenfeindlichkeit kann es nicht gewesen sein. Sondern was dann? Die Feigenbaum-Erzählung ist inhaltlich mit der Geschichte von der Tempelreinigung verbunden: Jesus jagt die Händler und Geldwechsler aus dem Vorhof des Tempels in Jerusalem. Und damit setzt er sein Verständnis der Thora, sein Verständnis von Religion wieder einmal und diesmal unausweichlich gegen das der religiösen Führungsschicht. Es war quasi schon sein Todesurteil. Im „Kommentar zum Neuen Testament aus Talmud und Midrasch“ von Strack/Billerbeck ist es eindringlich formuliert: „Es ist der ewige Gegensatz zwischen Macht und Profitgier, die auch und besonders sich der Religionen bedient, um nach Vorschrift und Gesetz das Volk zu reglementieren und auszubeuten, und der Offenheit des Geistes, die den Tempel Gottes allen Menschen öffnet, die Gott betend, innerlich, verehren. Der Übergang von der einen zu der anderen Haltung ist in der Tat wie ein Einreißen und Wiederaufrichten des Tempels.“ Die Wende, die Jesus mit seinem Einzug in Jerusalem erzwingen wollte, kam zwar. Jesus zwang die religiöse Führungsschicht zu einer Entscheidung, aber „diese Entscheidung machte nur ganz entschieden deutlich, wie unfruchtbar und unlebendig, wie lebensverhindernd und tödlich die ganze Art der offiziellen Religion des Gesetzes und der Synagoge war, wie unfähig zu jeder Güte, Barmherzigkeit und Menschlichkeit“ (Eugen Drewermann, Markus-Evangelium II S.194). Es geht, so argumentiert Drewermann weiter, nicht um Israel als um eine Religionsform der Geschichte, sondern es geht in dieser Doppel-Erzählung um „Israel“ als um die Chiffre einer Grundhaltung der Existenz. Es geht um Kritik an einer Veräußerlichung der Religion (die Forderung von Benedikt XVI. nach einer „Entweltlichung der Kirche“ sehe ich ganz auf dieser Linie), und es geht um eine lebendige, achtsame Innerlichkeit, um das Vermögen, Frucht zu bringen. Zweimal die gleiche Idee In dem Bild des verfluchten Feigenbaums wird nun dieser Gegensatz von lebendigem Glauben und dem toten Buchstaben- und Ritual-Glauben, den Jesus in der Szene der Tempelreinigung ganz handgreiflich deutlich macht, auf eine symbolische Weise deutlich. Der Feigenbaum steht – ich referiere die Auslegung von Eugen Drewermann – für die Möglichkeiten, die der Mensch hat, Beziehungen (zu Gott, zu Menschen) zu gestalten: „Auf der einen Seite gibt es starke Kräfte in uns, die der Wahrheit Jesu begeistert entgegen jubeln – wie das Volk damals beim Einzug Jesu in Jerusalem; spontan und unverfälscht verstünden wir sofort, dass in der Botschaft Jesu und in seiner Person gerade das lebt, was wir seit eh und je am meisten ersehnen; und würden wir einfach leben, wonach wir wirklich Hunger haben, so brächte der Feigenbaum in der Nähe Jerusalems das ganze Jahr über Früchte. Was aber zwingt uns zur Unfruchtbarkeit? Was nötigt uns, am Ende nichts als Laub hervor zu treiben und unter dem Anschein blühenden Lebens vollkommen leer zu bleiben?“ (Drewermann: Markus-Evangelium II S. 196) Ennasus hat es ganz ähnlich gesagt: „Wenn man versucht, das, was einem kostbar ist, umzutauschen, Profit daraus zu ziehen, dann kann nie "Zeit der Feigen" werden und es ist ganz einfach wahr, dass von einem solchen "Baum der Beziehung" niemand je eine Frucht essen wird: In der Nähe eines Menschen, der in Beziehungen (auch in der Beziehung zu Gott) rechnet und der ständig drauf schaut, dass er nicht zu kurz kommt, und der das ihm Wesentliche "umtauscht", kann man innerlich nicht "satt" werden. Ein solcher Mensch kann aber wahrscheinlich nicht nur andere nicht satt machen, sondern er wird auf Dauer auch selbst innerlich verdorren „bis zur Wurzel“ und absterben.“ Bei beiden Deutungen, der von Drewermann und der sehr ähnlichen von Ennasus, habe ich den Eindruck, dass sie sehr nah an dem sind, was der mögliche Kern der Perikope ist. Wenn Jesus je etwas über einen verdorrten Feigenbaum gesagt hat – in dieser Art könnte er es meiner Meinung nach gemeint haben. Alfons bearbeitet 27. Juni 2014 von Alfons 6 Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Mecky Geschrieben 27. Juni 2014 Melden Share Geschrieben 27. Juni 2014 ...Ebenso symbolisch ist das Wunder vom verdorrten Feigenbaum, direkt vor der Tempelreinigung, gemeint. Es soll zeigen, dass die religiösen Führer Israels nicht die Früchte bringen, die von ihnen erwartet werden. ... In dem Bild des verfluchten Feigenbaums wird nun dieser Gegensatz von lebendigem Glauben und dem toten Buchstaben- und Ritual-Glauben, den Jesus in der Szene der Tempelreinigung ganz handgreiflich deutlich macht, auf eine symbolische Weise deutlich. Bei aller Wertschätzung gegenüber Drewermann: Ich glaube weder, dass es hier um die religiösen Führer Israels geht, noch um einen toten Buchstaben- und Ritual-Glauben. Um all das geht es (womöglich) bei anderen Evangelisten, nicht aber bei der Markus-Stelle. Schau Dir mal den Text der markinischen Tempelreinigung an: 15 Dann kamen sie nach Jerusalem. Jesus ging in den Tempel und begann, die Händler und Käufer aus dem Tempel hinauszutreiben; er stieß die Tische der Geldwechsler und die Stände der Taubenhändler um 16 und ließ nicht zu, dass jemand irgendetwas durch den Tempelbezirk trug. 17 Er belehrte sie und sagte: Heißt es nicht in der Schrift: Mein Haus soll ein Haus des Gebetes für alle Völker sein? Ihr aber habt daraus eine Räuberhöhle gemacht. Da ist weder von den religiösen Führern, noch von Buchstabenglaube die Rede. Statt dessen geht es um Leute, die ein Heilig-tum missbrauchen, um daraus Profit zu schlagen. Es geht also nicht speziell um die Führer des Volkes, sondern um einen sehr verbreiteten Missbrauch des Heiligen. Es geht um einen allgemeinen Missstand und um kommerzielle Ausschlachtung religiöser Orte. Hier wird aus dem Heiligtum eine "Räuberhöhle gemacht". Ich stimme mit Ennasus, Dir und Drewermann darin überein, dass der verdorrte Feigenbaum ein Bild ist. Allerdings ist es noch schlimmer: Es ist nicht nur das Bild für eine kleine Minderheit religiöser oder politischer Führer, sondern das ganze Volk ist betroffen - bis dahin dass Jesus auch die meint, die "irgendetwas durch den Tempelbezirt" (Post? Geldsendung? Marktware? Käfig mit Opfertauben?) tragen. Dieser Weg (der profitheischenden Kommerzialisierung) wird hier als verderblich gebrandmarkt. Wahrscheinlich sogar die ganze schreckliche Entehrung dieses Ortes, an dem sich viele Leute ganz selbstverständlich bezeichenen. Die Botschaft wäre dann: "Lasst ab davon! Sonst ergeht es Euch wie diesem Feigenbaum!" Oder (konstatierend): "Alle, die solches tun, sind wie ein Feigenbaum, der zur entscheidenden Stunde (wenn der Menschensohn seine Früchte bräuchte) keine Früchte trägt." Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Mecky Geschrieben 27. Juni 2014 Melden Share Geschrieben 27. Juni 2014 (bearbeitet) Meine persönliche Vermutung ist: Die Strafwunder-Perikope basiert auf einem nur noch inhaltlich rekonstruierbaren Logion oder Gleichnis Jesu. Denn: Bei der Erzählung vom verfluchten Feigenbaum handelt es sich um ein Strafwunder, und das zählt zur Gruppe der so genannten Normenwunder. Kann durchaus sein. Man kann hier sehr fruchtbar spekulieren. Und - wie manch anderes Mal - sind solche Spekulationen ziemlich erhellend. Auch wenn man sie nie wirklich fundieren kann. Ich habe eine andere Lieblingsvorstellung: Jesus hat das Weinberglied gekannt: Jes 5,1–7 Jesus hat die Botschaft Johannes des Täufers gekannt. Als er irgendwann einmal hungrig war, ärgert er sich über einen leeren Feigenbaum. Keine Ahnung, ob es wirklich keine Erntezeit war, ob er schon abgeerntet war, oder ob der arme Baum schlicht unfruchtbar war. Und angesichts dieses ärgerlichen Hungers, schmählich vom Baum im Stich gelassen, sagt Jesus was. Er verleiht seinem Ärger verbal Ausdruck und er verwünscht diesen blöden Baum - allerdings nicht als magischen Zauber, sondern wie man eben eine blöde Teppichkante verflucht, wenn man darüber stolpert. Zum Beispiel: "Saublöder Feigenbaum." Und noch dazu - z.B. in der Johannesfassung: "Aber schon ist die Axt an deine Wurzel gelegt. Dir soll es ergehen wie den Rebstöcken im Weinberglied. Nutzloses Teil, Du elendes!" Nach der Tempelreinigung (womöglich Monate oder sogar viele Jahre später) macht jemand daraus eine Story. Und klar: Jetzt, nachdem man an Jesus glaubt, hält man es für möglich und wahrscheinlich, dass Jesu Worte nicht ein Ausdruck seiner Verärgerung waren, sondern wirkmächtige magische Kraft in sich hatten. Vielleicht ist der blöde Baum sogar tatsächlich in der Zwischenzeit abgestorben. Ist ja klar, dass das nur an dem Fluch Jesu gelegen haben kann. Der Evangelist Markus findet diese Story vor und baut sie - jetzt aber kunstvoll durchdacht - in sein Evangelium ein. Er formt aus dieser Story die Rahmengeschichte für die Tempelreinigung. Er nimmt den magischen Teil sehr stark zurück. Und er verwendet die Story - wieder ganz im Stil des Weinbergliedes - als Bild für die Händler, Geldwechsler und Kunden im Tempelbezirk. In dieser Fassung kennen wir die Geschichte aus dem Markusevangelium. bearbeitet 27. Juni 2014 von Mecky Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Mecky Geschrieben 27. Juni 2014 Melden Share Geschrieben 27. Juni 2014 Nachtrag: Das Weinberglied - Jesaja 5, 1-7 1 Ich will ein Lied singen von meinem geliebten Freund, / ein Lied vom Weinberg meines Liebsten. Mein Freund hatte einen Weinberg / auf einer fruchtbaren Höhe. 2 Er grub ihn um und entfernte die Steine / und bepflanzte ihn mit den edelsten Reben. Er baute mitten darin einen Turm / und hieb eine Kelter darin aus. Dann hoffte er, / dass der Weinberg süße Trauben brächte, / doch er brachte nur saure Beeren. 3 Nun sprecht das Urteil, Jerusalems Bürger und ihr Männer von Juda, / im Streit zwischen mir und dem Weinberg! 4 Was konnte ich noch für meinen Weinberg tun, / das ich nicht für ihn tat? Warum hoffte ich denn auf süße Trauben? / Warum brachte er nur saure Beeren? 5 Jetzt aber will ich euch kundtun, / was ich mit meinem Weinberg mache: Ich entferne seine schützende Hecke; / so wird er zur Weide. Seine Mauer reiße ich ein; / dann wird er zertrampelt. 6 Zu Ödland will ich ihn machen. / Man soll seine Reben nicht schneiden / und soll ihn nicht hacken; Dornen und Disteln werden dort wuchern. / Ich verbiete den Wolken, ihm Regen zu spenden. 7 Ja, der Weinberg des Herrn der Heere / ist das Haus Israel und die Männer von Juda sind die Reben, / die er zu seiner Freude gepflanzt hat. Er hoffte auf Rechtsspruch - / doch siehe da: Rechtsbruch, und auf Gerechtigkeit - / doch siehe da: Der Rechtlose schreit. Im Gefetteten wird das Bild als Bild kenntlich gemacht. Und es wird auch gleich geklärt, wofür dieses Bild vom Weinberg ein Bild sein soll: Für das Haus Israel, für die Männer von Juda. Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Mecky Geschrieben 27. Juni 2014 Melden Share Geschrieben 27. Juni 2014 Der Feigenbaum ist ein Kontrastzeichen im Kontext der beginnenden Passionsgeschichte. Er ist definitiv nicht die Sinnspitze des jesuanischen Wirkens.Woraus schliesst Du das? Weils im Markusevangelium hinten steht, zwischen Tempelreinigung und Weltgericht. Und weils eine idiotische Geschichte ist. Ein Mann, der Brote vermehrt, hat Hunger? Es geht darum, dass der Glaube Macht hat. Und kurz drauf die Endzeitrede. Es geht aber nicht darum, dass Jünger Jesu ab sofort im Frühjahr Feigenbäume verfluchen sollen, so als special-christlicher Ritus. Es gibt auch keine Tradition, dass Christen Feigenbäume doof finden. Die Wirkungsgeschichte dieser Erzählung beschränkt sich auf einen Thread in einem Internetforum, wo Leute versuchen, daraus eine bedeutende Tat Jesu zu konstruieren. Der letzte Satz ist ein bisschen übertrieben, zugegeben. Das Gefettete würde ich gerne anders formulieren. Zum Beispiel: "Dass die Verwahrlosung des Glaubens Konsequenzen hat". Oder vielleicht sogar "Dass Gott einige Lebens-stile (way of life) nicht ungestraft lässt." Die Feigenbaum-Verfluchung ist natürlich nicht die Sinnspitze des jesuanischen Wirkens schlechthin. Diese Sinnspitze ist allerdings nicht so einfach auf eine Reihe zu bekommen. Ich halte diese Sinnspitzen-Logik für einen Unfug. Das Leben eines Menschen lässt sich nicht auf eine Spitze treiben und zusammenfassen. Es geht um einen lebendigen Menschen. Und der hat mehrere Anliegen. Und es ist nicht einmal gesagt, dass all seine Anliegen miteinander kompatibel sind. Auch Jesus hatte nicht alles auf einer Reihe. Und ich frage mich, ob ein Mensch, der alles auf einer Reihe hätte, wirklich noch ein Mensch wäre, ob er noch in eine Weltgeschichte hineinpassen würde. Alles auf der Reihe hat die von Hawkin postulierte Weltformel. Und die ist noch nicht mal entdeckt, sondern nur postuliert. Dass Gott keineswegs nur ein liebender, vergebender, Betwunsch-erfüllender Vater sein kann, sondern auch strenger Richter, der die Menschen in Tod und Verdammnis schicken kann, scheint bei Jesus parallel existieren zu können. Und dass man sein ganzes Vertrauen auf Gott richten soll, existiert hübsch neben dem "Mein Gott, mein Gott, warum hast Du mich verlassen!". Und diese Spannung kann auch nicht durch die folgende Auferstehung vollständig harmonisiert werden. Auch diese Elemente existieren bei Jesus parallel. Hinzu kommt noch, dass wir nur durch die vier verschiedenen Evangelien kennen, die sich auch noch gegenseitig widersprechen und jeweils grundverschiedene theologische Entwürfe repräsentieren. Man hat sich immer wieder über die eine, wahre, supertolle, alles erklärende, endgültige und objektive Sinnspitze bei Jesus gestritten. Und ich habe eher den Eindruck: "Sinnspitze" ist nicht das, was im jeweiligen Evangelium vorkommt, sondern "Sinnspitze" ist eine Wertung des jeweiligen Lesers. Für ihn, den Leser, ist dies oder das die entscheidende Sinnspitze. Heute. Morgen kann es schon wieder anders aussehen. Oder vielleicht in 5 Minuten. Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
phyllis Geschrieben 28. Juni 2014 Melden Share Geschrieben 28. Juni 2014 Wir haben mal wieder den Fall, dass die A&As sich mit fundamentalistischen Bibelverständnis auseinandersetzen, weils halt der simplere Gegner ist. Und ich zB soll dann den Part dazu spielen, sonst bin ich ein Spielverderber.nein sondern wir haben wieder mal den fall wo es darum geht einen text oder mythos sinnesgemäss interpretieren, statt den sinn dem eigenen gusto entsprechend zurechtzubiegen (oder solange daran herumzuschrauben bis er ins dogma passt) und die kritiker, hinterfrager oder zweifler in die dummy-ecke zu stellen. wenigstens stellt sich Mecky dem problem, seine beiträge bringen mich echt weiter was das verständnis angeht. danke dafür. Schön für dich. Aber ich stelle mich ungern einem Problem, das ich nicht sehe.klar siehst du es nicht. aber deine betriebsblindheit sind nicht meine erkenntnis-technischen mängel. es ist eine symbolsprache, aber es eine des herrschens, des zerstörens und des strafens. der feigenbaum verdorrt, die reben werden von unkraut überwuchert. der feigenbaum mit all seinen blättern, all die reben im rebberg, das sind menschen, familien, sippen, nationen. man könnte den feigenbaum auch bewässern oder die trauben ausdünnen oder enger pflanzen. oder einsehen dass es einfach ein schlechtes jahr war. da ziehe ich doch meine naturreligion vor. die vermittelt dass wir menschen von der natur abhängig sind statt den frust an ihr abzureagieren, symbolisch hin oder her. die bauern waren wohl um einiges schlauer als die propheten, sonst wären die dort unten längst alle verhungert. PS – konfuzius würde sagen – es ist besser ein kleines licht anzuzünden als die dunkelheit zu verfluchen. Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
GerhardIngold Geschrieben 28. Juni 2014 Melden Share Geschrieben 28. Juni 2014 Feigenbaum – eine Annäherung Dreierlei halte ich für wichtig, wenn ich über die Verfluchung des Feigenbaums in Markus 11,12-14 nachdenke: - Genau darauf zu schauen, wer diesen Text und wann geschrieben hat. - Nicht zu vergessen, dass dieser Text schon bei der Entstehung und bei der Niederschrift symbolisch verstanden wurde und kein tatsächliches Geschehen wiedergab. - Versuchen, in dem symbolischen Verstehen dieser Erzählung, wie sie vor knapp 2000 Jahren entstanden ist, Denken und Lehre Jesu zu erkennen. Ich sage gleich vorab, dass dabei etwas heraus kommt, was nicht weit entfernt liegt von der Deutung, die Ennasus hier vorstellt. Zum ersten Punkt: Der Verfasser des Markus-Evangeliums war ein heidenchristlicher Autor. Er schrieb das Evangelium um das Jahr 70 herum, zur Zeit des Jüdischen Krieges, in einem Ort außerhalb Palästinas, vielleicht in Antiochia, vielleicht in Rom. Die Jerusalemer Urgemeinde war bereits untergegangen, die Stadt Jerusalem und der Tempel zerstört, die Trennung der Christen, anfangs eine thora-treue Gemeinschaft von Jesus-Anhängern innerhalb des Judentums, vom Judentum vollzogen. Was „Markus“ für seine Gemeinde aufschreibt, erzählt er vor diesem Hintergrund. Zum zweiten Punkt. Die so genannte Tempelreinigung und das Feigenbaum-Wunder gehören als Erzählung zusammen. Sie sind zusammen mit der Schilderung des Einzugs in Jerusalem als Auftakt der Passionsgeschichte zu verstehen: Jesus muss bei seinem Auftritt im Vorhof des Tempels – auch die historisch-kritische Forschung geht davon aus, dass es einen Zwischenfall dieser Art gegeben hat – bereits gewusst haben, welche Folgen das für ihn haben wird. Bereits aus der Konstruktion der gesamten Geschichte Markus 11, 12-25 lässt sich erkennen, dass der Markus-Autor die Geschichte um den verdorrten Feigenbaum symbolisch meint. Es gibt mehrere Passagen in den Evangelien, an denen die Autoren eine Wundergeschichte erzählen, mit der sie den dann folgenden Text symbolisch vorweg nehmen. Ein Beispiel: Vor dem Bekenntnis des Petrus „Du bist der Messias!“ in Markus 8 steht eine Blindenheilung. Sie zeigt, dass den Jüngern, die zuvor als blind gescholten worden waren, nun endlich die Augen aufgehen über Jesu wahre Würde. Ebenso symbolisch ist das Wunder vom verdorrten Feigenbaum, direkt vor der Tempelreinigung, gemeint. Es soll zeigen, dass die religiösen Führer Israels nicht die Früchte bringen, die von ihnen erwartet werden. Das heißt nicht, dass der Markus-Autor dieses Wunder erfunden hat. Es heißt aber, dass in den Jahrzehnten vorher etwas sinngemäß überliefert worden ist, das die ersten Gemeinden auf Jesus zurück führten. Irgendein Ausspruch, von dem sich annehmen lässt, dass Jesus damit genau das kritisiert hat, was er mit der Tempelreinigung dann auch handgreiflich bekämpft: die religiöse Unfruchtbarkeit der herrschenden Schicht, der Schriftgelehrten und Hohenpriester. Ein Vergleich mit einem Feigenbaum, der verdorrt. Ein untypisches Wunder Warum gerade dieser Vergleich? Baumwunder symbolisierten in der Antike Machtwechsel, berichtet Gerd Theißen in „Der historische Jesus“ (S. 266). Und außerdem werden damit mehrere Prophetenworte des Alten Testamentes aufgenommen, zum Beispiel Jeremia 8, 13: „Will ich bei ihnen ernten – Spruch des Herrn –, so sind keine Trauben am Weinstock, keine Feigen am Feigenbaum, und das Laub ist verwelkt. Darum habe ich für sie Verwüster bestellt.“ Meine persönliche Vermutung ist: Die Strafwunder-Perikope basiert auf einem nur noch inhaltlich rekonstruierbaren Logion oder Gleichnis Jesu. Denn: Bei der Erzählung vom verfluchten Feigenbaum handelt es sich um ein Strafwunder, und das zählt zur Gruppe der so genannten Normenwunder. Mit solchen Wundern werden Normen begründet, Verstöße gegen sie bestraft oder das erwünschte Verhalten belohnt. Bei den Wundern, die Jesus zugeschrieben werden, fällt mehrerlei auf. Zum einen: Jesus verschärft mit seinen Wundern keine Normen, sondern entschärft stattdessen die Normen der Thora. Sodann: „Alle Wunder Jesu sind Ausdruck heilender und rettender Macht“ (Theißen, Der historische Jesus S. 279) – außer dem Strafwunder mit dem Feigenbaum. Und schließlich: Dieses einzige Strafwunder Jesu trifft keinen Menschen. Das ist nicht nur im Alten Testament anders, sondern auch im Urchristentum. Da fällt (Apostelgeschichte 5, 1ff) ein Ehepaar, das Geld unterschlagen hatte, tot um. Jesus hätte den beiden vergeben. An dieser Stelle ist mir ein Hinweis wichtig, den Ennasus in ihrem oben bereits verlinkten Beitrag gemacht hat, nämlich, dass man in dem Ausspruch Jesu: "Niemals mehr in Ewigkeit soll von dir einer eine Frucht essen" das „soll“ vielleicht „wird“ geheißen hat. Dass hier also kein Fluch vorliegt, sondern ein Mahnwort. Joachim Jeremias hat in seiner „Neutestamentlichen Theologie“ erläutert, dass an der Stelle des „soll“ ursprünglich das aramäische Imperfekt „jekol“ in futuristischem Sinne gestanden habe. Dadurch würde der Satz zur Ankündigung eines baldigen Endes, das noch vor dem Beginn der Feigenzeit herein bricht – und die Zeit der Frühfeigen liegt im Mai, bald nach dem Passahfest. In diesem Fall hätte das Jesus-Wort die Bedeutung: Noch vor der Feigenernte kommt die Wende. Schließen lässt sich aus alledem, dass dieses Verdorrte-Baum-Wunder nicht stattgefunden hat, aber dass es in Jesu Wirken und Reden eine Grundlage gegeben haben kann, auf der die Erzählung 40 Jahre später aufbaut. Teil 3: Symbole ernst nehmen Die Erzählung von verdorrten Feigenbaum wurde lange vor allem als Erläuterung des historischen Hintergrundes verstanden: Jesus habe sich kurz vor seinem gewaltsamen Tod gegen die Führungsschicht der Juden (oder gar gegen die Juden insgesamt) gewandt und sie verflucht. So wird bis in die heutige Zeit hinein argumentiert. In der Einheitsübersetzung der Bibel steht als Anmerkung: „Der unfruchtbare Feigenbaum ist Bild für das Volk Gottes, das den Glauben verweigert.“ Eine solche Deutung ist nicht weit entfernt von der Substitutionstheologie, nach der das jüdische Volk von Gott verworfen worden sei. Sich mit dem Hinweis zu behelfen, dass die Perikope Markus 11, 12-14 (und die Parallele bei Matthäus 21, 18-19) ja keine wörtliche Wiedergabe des Geschehens seien, sondern Ergebnis der Überlieferung über Jahrzehnte hinweg und somit vor allem die Überzeugungen der jeweiligen Gemeinden spiegeln, führt nicht zum wirklichen Verständnis der Erzählung. Natürlich ist das eingeflossen! Aber wenn diese Erzählung überhaupt einen jesuanischen Kern hat – und davon gehe ich als Hypothese aus – dann reicht es nicht, zu sagen: Judenfeindlichkeit kann es nicht gewesen sein. Sondern was dann? Die Feigenbaum-Erzählung ist inhaltlich mit der Geschichte von der Tempelreinigung verbunden: Jesus jagt die Händler und Geldwechsler aus dem Vorhof des Tempels in Jerusalem. Und damit setzt er sein Verständnis der Thora, sein Verständnis von Religion wieder einmal und diesmal unausweichlich gegen das der religiösen Führungsschicht. Es war quasi schon sein Todesurteil. Im „Kommentar zum Neuen Testament aus Talmud und Midrasch“ von Strack/Billerbeck ist es eindringlich formuliert: „Es ist der ewige Gegensatz zwischen Macht und Profitgier, die auch und besonders sich der Religionen bedient, um nach Vorschrift und Gesetz das Volk zu reglementieren und auszubeuten, und der Offenheit des Geistes, die den Tempel Gottes allen Menschen öffnet, die Gott betend, innerlich, verehren. Der Übergang von der einen zu der anderen Haltung ist in der Tat wie ein Einreißen und Wiederaufrichten des Tempels.“ Die Wende, die Jesus mit seinem Einzug in Jerusalem erzwingen wollte, kam zwar. Jesus zwang die religiöse Führungsschicht zu einer Entscheidung, aber „diese Entscheidung machte nur ganz entschieden deutlich, wie unfruchtbar und unlebendig, wie lebensverhindernd und tödlich die ganze Art der offiziellen Religion des Gesetzes und der Synagoge war, wie unfähig zu jeder Güte, Barmherzigkeit und Menschlichkeit“ (Eugen Drewermann, Markus-Evangelium II S.194). Es geht, so argumentiert Drewermann weiter, nicht um Israel als um eine Religionsform der Geschichte, sondern es geht in dieser Doppel-Erzählung um „Israel“ als um die Chiffre einer Grundhaltung der Existenz. Es geht um Kritik an einer Veräußerlichung der Religion (die Forderung von Benedikt XVI. nach einer „Entweltlichung der Kirche“ sehe ich ganz auf dieser Linie), und es geht um eine lebendige, achtsame Innerlichkeit, um das Vermögen, Frucht zu bringen. Zweimal die gleiche Idee In dem Bild des verfluchten Feigenbaums wird nun dieser Gegensatz von lebendigem Glauben und dem toten Buchstaben- und Ritual-Glauben, den Jesus in der Szene der Tempelreinigung ganz handgreiflich deutlich macht, auf eine symbolische Weise deutlich. Der Feigenbaum steht – ich referiere die Auslegung von Eugen Drewermann – für die Möglichkeiten, die der Mensch hat, Beziehungen (zu Gott, zu Menschen) zu gestalten: „Auf der einen Seite gibt es starke Kräfte in uns, die der Wahrheit Jesu begeistert entgegen jubeln – wie das Volk damals beim Einzug Jesu in Jerusalem; spontan und unverfälscht verstünden wir sofort, dass in der Botschaft Jesu und in seiner Person gerade das lebt, was wir seit eh und je am meisten ersehnen; und würden wir einfach leben, wonach wir wirklich Hunger haben, so brächte der Feigenbaum in der Nähe Jerusalems das ganze Jahr über Früchte. Was aber zwingt uns zur Unfruchtbarkeit? Was nötigt uns, am Ende nichts als Laub hervor zu treiben und unter dem Anschein blühenden Lebens vollkommen leer zu bleiben?“ (Drewermann: Markus-Evangelium II S. 196) Ennasus hat es ganz ähnlich gesagt: „Wenn man versucht, das, was einem kostbar ist, umzutauschen, Profit daraus zu ziehen, dann kann nie "Zeit der Feigen" werden und es ist ganz einfach wahr, dass von einem solchen "Baum der Beziehung" niemand je eine Frucht essen wird: In der Nähe eines Menschen, der in Beziehungen (auch in der Beziehung zu Gott) rechnet und der ständig drauf schaut, dass er nicht zu kurz kommt, und der das ihm Wesentliche "umtauscht", kann man innerlich nicht "satt" werden. Ein solcher Mensch kann aber wahrscheinlich nicht nur andere nicht satt machen, sondern er wird auf Dauer auch selbst innerlich verdorren „bis zur Wurzel“ und absterben.“ Bei beiden Deutungen, der von Drewermann und der sehr ähnlichen von Ennasus, habe ich den Eindruck, dass sie sehr nah an dem sind, was der mögliche Kern der Perikope ist. Wenn Jesus je etwas über einen verdorrten Feigenbaum gesagt hat – in dieser Art könnte er es meiner Meinung nach gemeint haben. Alfons Wie feinsinnig Dein Annäherungsversuch auch ist und die Gedanken in unsere Zeit passen, bezweifle ich die Richtigkeit. Die Menschen habe die Bibel wörtlich verstanden und nur dort symbolisch, wo es um Gleichnisse gegangen ist. Aber ich bezweifle auch, dass Jesus solche Wunderkräfte gehabt hat, um einen Baum verdorren zu lassen. Heute aber werden die meisten Bibeltexte symbolisch erklärt. Das zeigt die Entwicklung in der Theologie. Die Theologen, die alles versimbolisieren, sollten zum Paradigmawechsel stehen. Aber wie an anderer Stelle schon gesagt, die Kirchenmitglieder sind kaum daran interessiert und wurde man ihnen den heimlichen Paradigmawechsel unter die Nase reiben, gäbe es Streit bis hin zu Spaltungen. Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Ennasus Geschrieben 28. Juni 2014 Melden Share Geschrieben 28. Juni 2014 Die Theologen, die alles versimbolisieren, sollten zum Paradigmawechsel stehen. Aber wie an anderer Stelle schon gesagt, die Kirchenmitglieder sind kaum daran interessiert und wurde man ihnen den heimlichen Paradigmawechsel unter die Nase reiben, gäbe es Streit bis hin zu Spaltungen. Der Paradigmenwechsel (der Schritt zu neuem Verstehen - von konkretistischem zu Symbolverständnis) findet im Einzelnen statt. Oder eben auch nicht. (Er ist übrigens nicht damit vollzogen, dass man ein Bild als Bild erkennt, sondern es gehört dazu, dass man diesen Bildern erlaubt, dass sie an einem wirksam werden dürfen, dass sie Wandlung bewirken dürfen.) Historisch hat es den theologischen Zugang zu einem Verständnis der Bilder als Bilder auch im Christentum immer schon gegeben (im Judentum sowieso!), immer schon parallel zu einem konkretistischen Verständnis! Du findest ja auch schon in den Evangelien Versuche, Gleichnisse zu deuten und auf eine bestimmte Lebenswirklichkeit zu übertragen. Auch jetzt ist in der Theologie beides parallel neben einander da, je nach Mensch, der einen Text liest. Es ist k e i n heimlicher Paradigmenwechsel, heimlich schon gar nicht - jemand, der beginnt, die Texte als Symboltetxte zu lesen, als Aussagen über innnere Wirklichkeiten, über die menschliche Psyche - hört einfach dieselben Worte auf einmal anders. Er sagt dasselbe und es öffnen sich ihm andere Räume als bei einem konkretistischen Zugang. Das Problem dabei ist nicht, dass er das verheimlichen will, sondern dass man das jemandem, der Texte wortwörtlich versteht, nicht vermitteln kann, selbst bei noch so vielem Bemühen nicht. Kirchenmitglieder sind daran teilweise höchst interessiert, was meinst du, warum Drewermann eine so große und begeisterte Leserschar hat und vielen erst wieder glauben ermöglicht hat? Nur, wie gesagt: die, die es nicht verstehen können, denen kann man es nicht vermitteln - so sehr man sich danach sehnen würde. Streit und Spaltung will übrigens niemand, der begonnen hat, neu zu verstehen. Im Gegenteil, so jemand weiß, dass das eine im andern Platz hat, dass alle diese Textschichten auf ihre Weise ihre Berechtigung und Geltung haben. Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Dies ist ein beliebter Beitrag. nannyogg57 Geschrieben 28. Juni 2014 Dies ist ein beliebter Beitrag. Melden Share Geschrieben 28. Juni 2014 Wir haben mal wieder den Fall, dass die A&As sich mit fundamentalistischen Bibelverständnis auseinandersetzen, weils halt der simplere Gegner ist. Und ich zB soll dann den Part dazu spielen, sonst bin ich ein Spielverderber.nein sondern wir haben wieder mal den fall wo es darum geht einen text oder mythos sinnesgemäss interpretieren, statt den sinn dem eigenen gusto entsprechend zurechtzubiegen (oder solange daran herumzuschrauben bis er ins dogma passt) und die kritiker, hinterfrager oder zweifler in die dummy-ecke zu stellen. wenigstens stellt sich Mecky dem problem, seine beiträge bringen mich echt weiter was das verständnis angeht. danke dafür. Schön für dich. Aber ich stelle mich ungern einem Problem, das ich nicht sehe.klar siehst du es nicht. aber deine betriebsblindheit sind nicht meine erkenntnis-technischen mängel. es ist eine symbolsprache, aber es eine des herrschens, des zerstörens und des strafens. der feigenbaum verdorrt, die reben werden von unkraut überwuchert. der feigenbaum mit all seinen blättern, all die reben im rebberg, das sind menschen, familien, sippen, nationen. man könnte den feigenbaum auch bewässern oder die trauben ausdünnen oder enger pflanzen. oder einsehen dass es einfach ein schlechtes jahr war. da ziehe ich doch meine naturreligion vor. die vermittelt dass wir menschen von der natur abhängig sind statt den frust an ihr abzureagieren, symbolisch hin oder her. die bauern waren wohl um einiges schlauer als die propheten, sonst wären die dort unten längst alle verhungert. PS – konfuzius würde sagen – es ist besser ein kleines licht anzuzünden als die dunkelheit zu verfluchen. Sagst du das dem Arzt auch, wenn dir seine Diagnose nicht passt: Sie sind betriebsblind, deshalb haben Sie keine Ahnung von Medizin? Wissen schadet beim Verständnis? Wäre auch ein tolles Argument für Schüler: Bloß nicht was für Mathe tun, am Ende werden wir noch betriebsblind. 4 Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
DonGato Geschrieben 28. Juni 2014 Melden Share Geschrieben 28. Juni 2014 ... Bei beiden Deutungen, der von Drewermann und der sehr ähnlichen von Ennasus, habe ich den Eindruck, dass sie sehr nah an dem sind, was der mögliche Kern der Perikope ist. Wenn Jesus je etwas über einen verdorrten Feigenbaum gesagt hat – in dieser Art könnte er es meiner Meinung nach gemeint haben. Es ist eine wunderbar logische Spekulation, die Du hier darlegst, sehr interessant, sie zu lesen. Nur leider erscheint sie mir völlig unplausibel. Wie nahe liegend ist es, wenn man seinen Glauben vermitteln will, in Symbolen zu sprechen die vielleicht nur 5% der damaligen Hören (und 0% der heutigen Lesen) verstehen? Wie viele verschieden Interpretationen von Theologen zu diesem "Strafwunder" gibt es? Welche trifft die Intention des Autors? Der Autor des Markusevangeliums soll etwas in so komplexer Symbolsprache aufgeschrieben haben, das bis heute Theologen sich über die korrekte Interpretation streiten, nur um seinen Glaubensverständnis anderen zu vermitteln? Wie logisch ist es zu sagen, der Autor des Markusevangeliums hat etwas in Symbolen ausgedrückt, was perfekt zu heutige Verständnis passt? Erscheint es nicht doch möglich, hier wird etwas hineininterpretiert im heutigen Zeitgeist, völlig unabhängig davon, was der Autor wirklich gemeint hatte? DonGato. 3 Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
helmut Geschrieben 28. Juni 2014 Melden Share Geschrieben 28. Juni 2014 ... Bei beiden Deutungen, der von Drewermann und der sehr ähnlichen von Ennasus, habe ich den Eindruck, dass sie sehr nah an dem sind, was der mögliche Kern der Perikope ist. Wenn Jesus je etwas über einen verdorrten Feigenbaum gesagt hat – in dieser Art könnte er es meiner Meinung nach gemeint haben. Es ist eine wunderbar logische Spekulation, die Du hier darlegst, sehr interessant, sie zu lesen. Nur leider erscheint sie mir völlig unplausibel. Wie nahe liegend ist es, wenn man seinen Glauben vermitteln will, in Symbolen zu sprechen die vielleicht nur 5% der damaligen Hören (und 0% der heutigen Lesen) verstehen? Wie viele verschieden Interpretationen von Theologen zu diesem "Strafwunder" gibt es? Welche trifft die Intention des Autors? Der Autor des Markusevangeliums soll etwas in so komplexer Symbolsprache aufgeschrieben haben, das bis heute Theologen sich über die korrekte Interpretation streiten, nur um seinen Glaubensverständnis anderen zu vermitteln? Wie logisch ist es zu sagen, der Autor des Markusevangeliums hat etwas in Symbolen ausgedrückt, was perfekt zu heutige Verständnis passt? Erscheint es nicht doch möglich, hier wird etwas hineininterpretiert im heutigen Zeitgeist, völlig unabhängig davon, was der Autor wirklich gemeint hatte? DonGato. wiki meint: „...jedes Schriftzeichen oder Bildzeichen mit verabredeter oder unmittelbar einsichtiger Bedeutung, das zur verkürzten oder bildhaften Kennzeichnung und Darstellung zum Beispiel eines Begriffs, Objekts, Verfahrens, Sachverhalts verwendet wird....“ eine persönliche deutung fällt mir leicht. sie wäre in einem satz formulierbar: eine beziehung, nach außen intakt, kann im inneren tot sein und bringt dann auch den kindern kein leben. Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Julius Geschrieben 28. Juni 2014 Melden Share Geschrieben 28. Juni 2014 (bearbeitet) Je länger ich hier mitlese, umso mehr verdichtet sich der Gedanke: Jesus muss manchmal extrem schlecht gelaunt gewesen sein. Über den Symbolgehalt meiner Ausbrüche - wenn ich extrem schlecht gelaunt bin - wird sich schon in weniger als 50 Jahren niemand mehr den Kopf zerbrechen. bearbeitet 28. Juni 2014 von Julius Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
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