Werner001 Geschrieben 15. Juli 2014 Melden Share Geschrieben 15. Juli 2014 Die entscheidende Linie ist die Ausgrenzung des Fremden, nicht die Ablehnung der Juden. Bist Du da sicher? Was war an zum Christentum konvertierten, getauften Juden noch fremd, dass man ihnen teils noch Generationen später misstraute (Marranen)? Gewiss: auch Morisken wurden von der spanischen Inquisition ausgespäht, ob sie evtl. ihre maurischen Bräuche weiterpflegten, aber Morisken wurden vertrieben und, mindestens soweit ich weiss, nicht oder nicht in dem Maße auf dem Scheiterhaufen verbrannt, wie man das mit Marranen machte. "Ausgrenzung des Fremden" scheint mir die Behandlung der Marranen nicht zu erklären. Spielt da nicht doch die Vorstellung mit, dass eben die Juden bzw. ihre Vorfahren diejenigen gewesen seien, die Jesus ermordet hätten?Steckt nicht doch "Ablehnung der Juden" dahinter, nachdem Christen sich aus dem Judentum angeeignet hatten, was ihnen passte und die Juden zu "Enterbten" erklärten? Schon ab 1449 gab es in Spanien rassistische Gesetze, die unter "estatudos de limpieza de sangre" (Gesetze zur Reinhaltung des Blutes) zusammengefasst werden. Werner Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Chrysologus Geschrieben 15. Juli 2014 Melden Share Geschrieben 15. Juli 2014 Mein Thema ist hier der Antisemitismus und nicht alles Unrecht, dass irgendwo auf dieser Welt einmal an Menschen aus irgendwelchen Gründen begangen wurde, oder noch begangen wurde...Da Du mich bereits über wissenschaftliches Arbeiten belehrt hast: Solche Beschränkung ist Wissenschaft, alles andere ist Bla Bla um von grauslichen Fakten abzulenken. Du kannst ja gerne bei deinem Thema bleiben - wobei du damit wirst leben müssen, dass die Differenzierung zwischen Antijudaismus und Antisemitismus (die du nicht ohne Begründung abgelehnt hast, auch wenn ich diese Begründung nicht teile) wissenschaftlich möglich ist und nicht einfach nur Bla Bla. Und wenn du etwas weniger um dich schlagen würdest, dann hättest du schon lange bemerkt, dass unsere Einschätzungen gar nicht so weit auseinander liegen. Wenn du nun aber schreibst, alles andere sei Bla Bla, um von den graußlichen Fakten abzulenken, dann hast du den Boden wissenschaftlicher Auseinandersetzung lange verlassen. Fakten sind Fakten, ob sie grauslich sind, das ist Bewertung (ich teile diese Bewertung, aber darum geht es nicht). Fakten sind (in diesem Kontext) historisch einzuordnen, und wenn sie noch so grauslich sind, das darf das wissenschaftliche Urteil nicht ersetzen. Wenn ich nochmals auf Lateran IV zurückkommen darf - es wäre noch von dir zu zeigen, dass Judaeos hier in einem ethnischen, nicht in einem religiösen Sinne gebraucht wird. Aber in der Tat werden die Muslime nur in c. 68 erwähnt, bei den Kleidungsvorschriften, und die Begründung liest sich eigentümlich: Damit christliche Männer nicht versehentlich mit jüdischen / muslimischen Frauen verkehren. Hier haben wir zumindest ein schwaches ethnisches Argument, das allerdings in c. 70 zurückgenommen wird, denn hier geht es nur um solche, die sich zum Schein haben taufen lassen, insgeheim aber weiter jüdisch leben. Fragt sich, warum in cc. 67, 69 und 70 nur Juden erwähnt werden. Wenn ich deine Ausführungen richtig lese, dann vertrittst du die Ansicht, weil man etwas gegen Juden hat. Ich stelle zumindest die Frage dagegen, ob das Konzil es den Muslimen gestattet hätte, Ämter zu bekleiden oder Zinsen zu nehmen? Was den Zins angeht - den zu nehmen war den Christen nach meinem Wissen komplett verboten, die Vermutung, man hätte dies den Muslimen gestattet, halte ich für abwegig. Es darf eher vermutet werden, dass das Problem schlicht nicht bestand, ebenso wie es keine Muslime gab, denen man öffentliche Ämter hätte geben können (aber da müsste man sich die spanische Praxis dieser Zeit ebenso anschauen wie die spanische Teilnehmerschaft an Lateran IV). Auch wenn das nun rabulistisch klingen mag (ich bin es gewohnt, dafür von links wie von rechts geprügelt zu werden): C. 67 spricht von "graves et immoderatas usuras" - gibt es Forschungen zum praktischen Umgang mit dieser Bestimmung? Man kann c. 67 des Lateran IV. auch so lesen (was in der Tat eine wohlwollende Lesart ist), dass den Juden durchaus das Recht auf moderate Zinsen zugestanden wird, auch wenn der Canon insgesamt den Juden deutlich unterstellt, hier einen Missbrauch zu betreiben, das Ganze kulminiert dann in dem .wie ich finde fast peinlichen Vorwurf, dass die genommenen Zinsen die Kirche schädigten, weil die Zinszahler ansonsten mehr gespendet hätten. Gleichwohl schreitet man auch nicht dazu, diese Geschäfte einfach für sittenwidrig zu erklären, die Zinsen ganz zu streichen und das verliehene Geld zugunsten der Kirche einzuziehen. Was aber die Konzilsväter daran hinderte, das wäre wenn möglich zu untersuchen. Auch die übrigen Regularien muss man (wenn man das wissenschaftlich verantwortet darstellen will) zumindest kontextualisieren: Welche ähnlichen Regelungen gibt es, welche Gruppen trifft es noch, warum regelt man das so. Denn die Regeln des Lateran IV. treffen ja nicht auf die deutsche oder österreichische Gesellschaft des Jahres 2014 unter Geltung des Grundgesetzes bzw. der Verfassung. Und dann finden wir vielfältige Kleidungsvorschriften für alle möglichen Gruppen und Stände, wir finden vielfältige Verbote betreffs Amtsübernahmen und Beschränkungen in der Vermögensfähigkeit, die "den Juden" durchaus nicht an das untere Ende der Leiter stellen - da finden sich unehelich geborene Mädchen und Frauen, und wenn da noch soviel Taufwasser floss. Lateran IV. dekretiert in eine höchst ungleiche Welt voller unüberschreitbarer Schranken hinein - das entschuldigt diese Bestimmungen nicht, es ist aber auch nicht so, dass man hier eine Gruppe innerhalb einer liberalen Gesellschaft in Ketten gelegt hätte. Sind das nun grausliche Fakten? Die ganze Epoche des Hochmittelalters ist dergestalt, dass ich (von der Mode einmal abgesehen) nicht darin leben wollte. Es ist in weiten Teilen eine sehr enge Welt, voller grausamer Strafen, furchtbarer Beschränkungen und Willkür. Die meisten Menschen, die wir heute noch aus dieser Zeit mit Namen kennen, scheinen die wenigen glücklichen zu sein. Die breite Masse der Bauern und das städtische Prekariat waren da schlechter dran! Das macht es nicht besser - und die Christenheit ist hier ihrem Anspruch alles andere als gerecht geworden, man kann auch sagen sie habe versagt. Das ist nun deutlich eine Frage der Perspektive: Das Handeln der Kirche ist im 13. Jahrhundert von der Gesellschaft nicht zu trennen, das Handeln der Gesellschaft des 13. Jahrhunderts mündet in der Judenemanzipation des 19. und 20. Jahrhunderts und im Staat Israel ebenso wie im Holocaust, und es mögen manchmal dieselben Momente sein, die zum einen wie zum anderen führten. Als Christ erbe ich beides und stehe auf beiden Seiten - so wie ich mich als Deutscher ebenso "verantwortlich" fühle für den Massenmord an Juden wie für die Leistungen Einsteins. 2 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Julius Geschrieben 15. Juli 2014 Melden Share Geschrieben 15. Juli 2014 (bearbeitet) Schon ab 1449 gab es in Spanien rassistische Gesetze, die unter "estatudos de limpieza de sangre" (Gesetze zur Reinhaltung des Blutes) zusammengefasst werden. Nicht erst ab 1449. Der Anfang wurde in Barcelona 1436 gemacht, und da waren, wenn ich mich richtig erinnere, grundsätzlich "Neuchristen", unabhängig von ihrer jüdischen oder maurischen Herkunft angesprochen. Das beantwortet aber meine oben gestellte Frage nicht. bearbeitet 15. Juli 2014 von Julius Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
GermanHeretic Geschrieben 15. Juli 2014 Melden Share Geschrieben 15. Juli 2014 Und heute löst Antisemitismus sich wieder ohne weiteres von einer christlich oder rassistisch geprägten Denkgrundlage und wird durch eine islamistisch-revolutionäre Ideologie getragen. Warum sollte er das tun? Antijudaismus ergibt nur ihn den davon abgespaltetenen hellenistischen und arabischen Sekten einen Sinn, Antisemitismus ist dasselbe plus rassistische Denkweise. Von daher ist keine Ideologie immun gegen den Antisemitismus Keine Ideologie mag immun gegen Fremdenhaß und Andersdenkende sein. Die Juden haben ein Problem, weil sie Juden sind - sie haben es geschafft, als Kulturvolk in verschiedenen sozialen und politischen Umfeldern ihre Identität zu bewahren und dabei sogar in hohem Grad Würde, Religion und Kultur zu bewahren. Vielleicht hat gerade dieser Erfolg, der dabei ohne territoriale Basis auskam, ihnen diese schärfste allen Feindschaften eingebracht, weil sich auch Neid damit vermischte. Im Judentum wurden zwei Dinge erstmals in unheilvoller Weise kombiniert: Die Abgrenzung nach außen, wo angeblich alle falsch liegen (Mosaische Unterscheidung nach Assmann) und ein gerüttelt Maß an Ethnozentrismus. Das Christentum hat das erste übernommen und das zweite weggelassen (heidenchristen vs Judenchristen), der Islam hat im Prinzip beides übernommen, auch dort gilt ein kultureller Ethnozentrismus (wer kein Arabisch kann, versteht den Koran grundsätzlich nicht). Der "Neid" im Christentum kommt eher daher, daß man das eigene jüdische Erbe nicht negieren kann (auf den Bolzen kamen erst völkische Esos im 19. Jhd.), die Juden aber über ihren ethnozentrischen Bund mit demselben Gott da eine "natürlichere" Bindung zu eben diesem Gott haben, die sich Christen über Umkehr, Glaube, dessen Gnade etc erst schaffen müssen. Eine mythologische Missetat eignet sich dann noch gut zur spirituellen Entschuldigung, es denen jetzt mal richtig zu zeigen. Für einen nicht abrahamitisch-religiös Konditionierten sind Juden nichts besonderes. Warum sollte man die extra beachten, egal ob im positiven oder negativen Sinne? Was besonderes sind sie nur im Rahmen dieser Religionsformen. Bei den Juden selbst, weil sie sich im direkten Bunde mit einem für angeblich alle gültigen Gottesbild sehen, für den Rest, weil sie diesen Bund als Teil ihrer eigenen Religionsvorstellungen als wichtig und besonders ansehen müssen. Für den Rest der Welt sind sie ganz normale Menschen. Und da nimmt man dann auch ganz normale Maßstäbe, wenn es z.B. um die Beurteilung staatlicher Handlungen geht. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Werner001 Geschrieben 15. Juli 2014 Melden Share Geschrieben 15. Juli 2014 ... Ich stelle zumindest die Frage dagegen, ob das Konzil es den Muslimen gestattet hätte, Ämter zu bekleiden oder Zinsen zu nehmen? Was den Zins angeht - den zu nehmen war den Christen nach meinem Wissen komplett verboten, die Vermutung, man hätte dies den Muslimen gestattet, halte ich für abwegig.... Musste man auch nicht, die Muslime verbieten sich das Zinsnehmen bis heute ja selbst. Werner Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Shubashi Geschrieben 15. Juli 2014 Melden Share Geschrieben 15. Juli 2014 Die entscheidende Linie ist die Ausgrenzung des Fremden, nicht die Ablehnung der Juden. Bist Du da sicher? Was war an zum Christentum konvertierten, getauften Juden noch fremd, dass man ihnen teils noch Generationen später misstraute (Marranen)? Gewiss: auch Morisken wurden von der spanischen Inquisition ausgespäht, ob sie evtl. ihre maurischen Bräuche weiterpflegten, aber Morisken wurden vertrieben und, mindestens soweit ich weiss, nicht oder nicht in dem Maße auf dem Scheiterhaufen verbrannt, wie man das mit Marranen machte. "Ausgrenzung des Fremden" scheint mir die Behandlung der Marranen nicht zu erklären. Spielt da nicht doch die Vorstellung mit, dass eben die Juden bzw. ihre Vorfahren diejenigen gewesen seien, die Jesus ermordet hätten?Steckt nicht doch "Ablehnung der Juden" dahinter, nachdem Christen sich aus dem Judentum angeeignet hatten, was ihnen passte und die Juden zu "Enterbten" erklärten? Schon ab 1449 gab es in Spanien rassistische Gesetze, die unter "estatudos de limpieza de sangre" (Gesetze zur Reinhaltung des Blutes) zusammengefasst werden. Werner Das ist interessant, aber die Frage ist, ob der moderne Rassismus nicht eben erst wirklich mit der "Rassenidee" aufkommt. Die Idee von "Blutlinien" ist in einer Adelsgesellschaft, die "Adel" und "Nichtadel" als Formen familiär erblicher Privilegien unterscheidet, naheliegend. Einerseits etablieren die Eroberer eine neue Schicht, nämlich ihre nichtadeligen Gefolgsleute, als quasi "neuen niederen Adel", der über den besiegten Morisken und Maranen steht - die Blutlinien sichern so die Privilegien der Sieger und belohnen ihre Gefolgsleute auf kostengünstige Weise. Zum anderen ging die Reconquista ursprünglich mit einer Ermordung oder Vertreibung der besiegten Mauren einher, d.h. man kann den Verzicht auf Vertreibung und Ermordung auch als Milderung der Sitten verstehen - dass man den Besiegten nicht getraut hat, erzwingt immer eine gewisse Logik des Krieges. Die Kirche hat diese "Blutlinien" nach der Konversion zwar zuerst abgelehnt, die Sieger bestanden aber schlicht auf diesem System zur Kontrolle und Unterdrückung ihrer ehemaligen Feinde. http://en.wikipedia.org/wiki/Limpieza_de_sangre Der spanische Eintrag dazu ist zwar deutlich umfangreicher, aber setzt eben leider auch gute Spanischkenntnisse voraus: http://es.wikipedia.org/wiki/Estatutos_de_limpieza_de_sangre Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Shubashi Geschrieben 15. Juli 2014 Melden Share Geschrieben 15. Juli 2014 Und heute löst Antisemitismus sich wieder ohne weiteres von einer christlich oder rassistisch geprägten Denkgrundlage und wird durch eine islamistisch-revolutionäre Ideologie getragen. Warum sollte er das tun? Antijudaismus ergibt nur ihn den davon abgespaltetenen hellenistischen und arabischen Sekten einen Sinn, Antisemitismus ist dasselbe plus rassistische Denkweise. Von daher ist keine Ideologie immun gegen den Antisemitismus Keine Ideologie mag immun gegen Fremdenhaß und Andersdenkende sein. Die Juden haben ein Problem, weil sie Juden sind - sie haben es geschafft, als Kulturvolk in verschiedenen sozialen und politischen Umfeldern ihre Identität zu bewahren und dabei sogar in hohem Grad Würde, Religion und Kultur zu bewahren. Vielleicht hat gerade dieser Erfolg, der dabei ohne territoriale Basis auskam, ihnen diese schärfste allen Feindschaften eingebracht, weil sich auch Neid damit vermischte. Im Judentum wurden zwei Dinge erstmals in unheilvoller Weise kombiniert: Die Abgrenzung nach außen, wo angeblich alle falsch liegen (Mosaische Unterscheidung nach Assmann) und ein gerüttelt Maß an Ethnozentrismus. Das Christentum hat das erste übernommen und das zweite weggelassen (heidenchristen vs Judenchristen), der Islam hat im Prinzip beides übernommen, auch dort gilt ein kultureller Ethnozentrismus (wer kein Arabisch kann, versteht den Koran grundsätzlich nicht). Der "Neid" im Christentum kommt eher daher, daß man das eigene jüdische Erbe nicht negieren kann (auf den Bolzen kamen erst völkische Esos im 19. Jhd.), die Juden aber über ihren ethnozentrischen Bund mit demselben Gott da eine "natürlichere" Bindung zu eben diesem Gott haben, die sich Christen über Umkehr, Glaube, dessen Gnade etc erst schaffen müssen. Eine mythologische Missetat eignet sich dann noch gut zur spirituellen Entschuldigung, es denen jetzt mal richtig zu zeigen. Für einen nicht abrahamitisch-religiös Konditionierten sind Juden nichts besonderes. Warum sollte man die extra beachten, egal ob im positiven oder negativen Sinne? Was besonderes sind sie nur im Rahmen dieser Religionsformen. Bei den Juden selbst, weil sie sich im direkten Bunde mit einem für angeblich alle gültigen Gottesbild sehen, für den Rest, weil sie diesen Bund als Teil ihrer eigenen Religionsvorstellungen als wichtig und besonders ansehen müssen. Für den Rest der Welt sind sie ganz normale Menschen. Und da nimmt man dann auch ganz normale Maßstäbe, wenn es z.B. um die Beurteilung staatlicher Handlungen geht. Das würde überzeugen, wenn Antisemitismus nicht auch in gänzlich abrahamismusfreien Kontexten funktionieren würde: http://www.theguardian.com/commentisfree/2009/feb/06/judaism-race Dadurch, dass europäisch-amerikanische Ideologien auch abseits ihrer religiösen Basis Einfluss ausüben, findet auch Antisemitismus seinen Nährboden. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
GermanHeretic Geschrieben 15. Juli 2014 Melden Share Geschrieben 15. Juli 2014 Das würde überzeugen, wenn Antisemitismus nicht auch in gänzlich abrahamismusfreien Kontexten funktionieren würde: http://www.theguardi...06/judaism-race Dadurch, dass europäisch-amerikanische Ideologien auch abseits ihrer religiösen Basis Einfluss ausüben, findet auch Antisemitismus seinen Nährboden. Es gibt auf der Welt gänzlich abrahamismusfreien Kontexte?* Es gibt europäisch-amerikanische Ideologien ohne diesen Gott mit uns? Hahaha. _____________________________ *Die gibt es bestimmt, aber dank der immerwährenden Missionstätigkeit versuchen doch sowohl Christentum als auch Islam permanent, jede solcher Kontexte auszurotten. Zudem steht selbst in der zitierten Geschichte (deren politische Relevanz auf Ostasien ich jetzt einfach mal aus dem Bauch heraus arg bezweifele, solange das nur in der Journalie und nicht in ernsthaften Veröffentlichungen verbreitet wird), daß der dort erzählte Kram hauptsächlich auf den "Weisen von Zion" aufbaut, ein Machwerk, das sowas von in eben diesem Kontext steht. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Chrysologus Geschrieben 15. Juli 2014 Melden Share Geschrieben 15. Juli 2014 Die entscheidende Linie ist die Ausgrenzung des Fremden, nicht die Ablehnung der Juden. Bist Du da sicher? Was war an zum Christentum konvertierten, getauften Juden noch fremd, dass man ihnen teils noch Generationen später misstraute (Marranen)? Gewiss: auch Morisken wurden von der spanischen Inquisition ausgespäht, ob sie evtl. ihre maurischen Bräuche weiterpflegten, aber Morisken wurden vertrieben und, mindestens soweit ich weiss, nicht oder nicht in dem Maße auf dem Scheiterhaufen verbrannt, wie man das mit Marranen machte. "Ausgrenzung des Fremden" scheint mir die Behandlung der Marranen nicht zu erklären. Spielt da nicht doch die Vorstellung mit, dass eben die Juden bzw. ihre Vorfahren diejenigen gewesen seien, die Jesus ermordet hätten?Steckt nicht doch "Ablehnung der Juden" dahinter, nachdem Christen sich aus dem Judentum angeeignet hatten, was ihnen passte und die Juden zu "Enterbten" erklärten? Das ist in der Tat eine andere Linie, die ich bislang nicht gesehen habe. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Werner001 Geschrieben 15. Juli 2014 Melden Share Geschrieben 15. Juli 2014 Die entscheidende Linie ist die Ausgrenzung des Fremden, nicht die Ablehnung der Juden. Bist Du da sicher? Was war an zum Christentum konvertierten, getauften Juden noch fremd, dass man ihnen teils noch Generationen später misstraute (Marranen)? Gewiss: auch Morisken wurden von der spanischen Inquisition ausgespäht, ob sie evtl. ihre maurischen Bräuche weiterpflegten, aber Morisken wurden vertrieben und, mindestens soweit ich weiss, nicht oder nicht in dem Maße auf dem Scheiterhaufen verbrannt, wie man das mit Marranen machte. "Ausgrenzung des Fremden" scheint mir die Behandlung der Marranen nicht zu erklären. Spielt da nicht doch die Vorstellung mit, dass eben die Juden bzw. ihre Vorfahren diejenigen gewesen seien, die Jesus ermordet hätten?Steckt nicht doch "Ablehnung der Juden" dahinter, nachdem Christen sich aus dem Judentum angeeignet hatten, was ihnen passte und die Juden zu "Enterbten" erklärten? Schon ab 1449 gab es in Spanien rassistische Gesetze, die unter "estatudos de limpieza de sangre" (Gesetze zur Reinhaltung des Blutes) zusammengefasst werden. Werner Das ist interessant, aber die Frage ist, ob der moderne Rassismus nicht eben erst wirklich mit der "Rassenidee" aufkommt. Die Idee von "Blutlinien" ist in einer Adelsgesellschaft, die "Adel" und "Nichtadel" als Formen familiär erblicher Privilegien unterscheidet, naheliegend. Einerseits etablieren die Eroberer eine neue Schicht, nämlich ihre nichtadeligen Gefolgsleute, als quasi "neuen niederen Adel", der über den besiegten Morisken und Maranen steht - die Blutlinien sichern so die Privilegien der Sieger und belohnen ihre Gefolgsleute auf kostengünstige Weise. Zum anderen ging die Reconquista ursprünglich mit einer Ermordung oder Vertreibung der besiegten Mauren einher, d.h. man kann den Verzicht auf Vertreibung und Ermordung auch als Milderung der Sitten verstehen - dass man den Besiegten nicht getraut hat, erzwingt immer eine gewisse Logik des Krieges. Die Kirche hat diese "Blutlinien" nach der Konversion zwar zuerst abgelehnt, die Sieger bestanden aber schlicht auf diesem System zur Kontrolle und Unterdrückung ihrer ehemaligen Feinde. http://en.wikipedia.org/wiki/Limpieza_de_sangre Der spanische Eintrag dazu ist zwar deutlich umfangreicher, aber setzt eben leider auch gute Spanischkenntnisse voraus: http://es.wikipedia.org/wiki/Estatutos_de_limpieza_de_sangre Vor diesen Gesetzen war die spanische Gesellschaft aber nicht weniger stark geschichtet, trotzdem konnte ein Konvertit da ohne weiteres Karriere machen. Werner Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Shubashi Geschrieben 15. Juli 2014 Melden Share Geschrieben 15. Juli 2014 Das würde überzeugen, wenn Antisemitismus nicht auch in gänzlich abrahamismusfreien Kontexten funktionieren würde: http://www.theguardi...06/judaism-race Dadurch, dass europäisch-amerikanische Ideologien auch abseits ihrer religiösen Basis Einfluss ausüben, findet auch Antisemitismus seinen Nährboden. Es gibt auf der Welt gänzlich abrahamismusfreien Kontexte?* Es gibt europäisch-amerikanische Ideologien ohne diesen Gott mit uns? Hahaha. _____________________________ *Die gibt es bestimmt, aber dank der immerwährenden Missionstätigkeit versuchen doch sowohl Christentum als auch Islam permanent, jede solcher Kontexte auszurotten. Zudem steht selbst in der zitierten Geschichte (deren politische Relevanz auf Ostasien ich jetzt einfach mal aus dem Bauch heraus arg bezweifele, solange das nur in der Journalie und nicht in ernsthaften Veröffentlichungen verbreitet wird), daß der dort erzählte Kram hauptsächlich auf den "Weisen von Zion" aufbaut, ein Machwerk, das sowas von in eben diesem Kontext steht. Ian Buruma kennt sich in Japan recht gut aus, er hat einiges zum Thema Nationalismus und Rassismus in Japan und Asien verfasst, auch vergleichend zum Thema Vergangenheitsbewältigung und 2. Weltkrieg. Falls Du einen anderen Prof. für vertrauenswürdiger hälst, wie wäre der? http://www2.hawaii.edu/~tbrislin/marco.html (Das Schrifttum zum Thema "Juden" ist in Japan z.B. oft grotesk und popularistisch, der Grund etwa "wenn die Europäer so von den Juden besessen sind, muss da ja was dran sein") Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Der Geist Geschrieben 15. Juli 2014 Autor Melden Share Geschrieben 15. Juli 2014 Die entscheidende Linie ist die Ausgrenzung des Fremden, nicht die Ablehnung der Juden. Bist Du da sicher? Was war an zum Christentum konvertierten, getauften Juden noch fremd, dass man ihnen teils noch Generationen später misstraute (Marranen)? Gewiss: auch Morisken wurden von der spanischen Inquisition ausgespäht, ob sie evtl. ihre maurischen Bräuche weiterpflegten, aber Morisken wurden vertrieben und, mindestens soweit ich weiss, nicht oder nicht in dem Maße auf dem Scheiterhaufen verbrannt, wie man das mit Marranen machte. "Ausgrenzung des Fremden" scheint mir die Behandlung der Marranen nicht zu erklären. Spielt da nicht doch die Vorstellung mit, dass eben die Juden bzw. ihre Vorfahren diejenigen gewesen seien, die Jesus ermordet hätten?Steckt nicht doch "Ablehnung der Juden" dahinter, nachdem Christen sich aus dem Judentum angeeignet hatten, was ihnen passte und die Juden zu "Enterbten" erklärten? Das ist in der Tat eine andere Linie, die ich bislang nicht gesehen habe. Stand auch im Eingangsposting . Aber im Eifer Dich ausschließlich selbst zu bestätigen und zu profilieren liest Du offenbar nur, was Dir in den Kram passt. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Julius Geschrieben 15. Juli 2014 Melden Share Geschrieben 15. Juli 2014 Vor diesen Gesetzen war die spanische Gesellschaft aber nicht weniger stark geschichtet, trotzdem konnte ein Konvertit da ohne weiteres Karriere machen. Nicht nur Konvertiten. Das Ende der Convivencia Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
GermanHeretic Geschrieben 15. Juli 2014 Melden Share Geschrieben 15. Juli 2014 Ian Buruma kennt sich in Japan recht gut aus, er hat einiges zum Thema Nationalismus und Rassismus in Japan und Asien verfasst, auch vergleichend zum Thema Vergangenheitsbewältigung und 2. Weltkrieg. Falls Du einen anderen Prof. für vertrauenswürdiger hälst, wie wäre der? http://www2.hawaii.e...slin/marco.html (Das Schrifttum zum Thema "Juden" ist in Japan z.B. oft grotesk und popularistisch, der Grund etwa "wenn die Europäer so von den Juden besessen sind, muss da ja was dran sein") Da ist überall von Verschwörungstheorien die Rede, die in Teilen der Bevölkerung Anklang finden. Die Grundidee dieser VTs liegen alle im europäischen Antijudaismus begründet. Und mir kann niemand erzählen, die ganze Welt reagiere irgendwie komisch auf Juden, weil sie realiter irgendwie anders seien. Dieses irgendwie anders zu sein kommt allein aus der ethnozentrischen jüdischen Mythologie, eben jenem Bund mit diesem Gott. Und dieses mythologische Bild ist in den anderen abrahamitischen Religionen, die nunmal 1/3 der Weltbevölkerung unter ihren Fittichen hat, präsent. Nenne mir einen Grund, warum Juden definitv anders seien als Nicht-Juden, egal ob besser oder schlechter oder geldgieriger oder bescheidender oder netter oder nasiger oder gottgewollter oder gottverhaßter, der a] nicht rassistisch und b] nichts mit der auch anderweitig inkulturierten jüdischen Mythologie zu tun hat. Und wohlgemerkt, rassistische Gründe gelten i.d.R. auch für Nicht-Juden, die obendrein Nicht-Eigene-Rasse sind, weshalb man für spezieller Antisemitismus aus "normaler" Xenophobie nicht wirklich heraussticht, wenn obiges b] nicht ebenfalls gegeben ist. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Der Geist Geschrieben 15. Juli 2014 Autor Melden Share Geschrieben 15. Juli 2014 Ian Buruma kennt sich in Japan recht gut aus, er hat einiges zum Thema Nationalismus und Rassismus in Japan und Asien verfasst, auch vergleichend zum Thema Vergangenheitsbewältigung und 2. Weltkrieg. Falls Du einen anderen Prof. für vertrauenswürdiger hälst, wie wäre der? http://www2.hawaii.e...slin/marco.html (Das Schrifttum zum Thema "Juden" ist in Japan z.B. oft grotesk und popularistisch, der Grund etwa "wenn die Europäer so von den Juden besessen sind, muss da ja was dran sein") Da ist überall von Verschwörungstheorien die Rede, die in Teilen der Bevölkerung Anklang finden. Die Grundidee dieser VTs liegen alle im europäischen Antijudaismus begründet. Und mir kann niemand erzählen, die ganze Welt reagiere irgendwie komisch auf Juden, weil sie realiter irgendwie anders seien. Dieses irgendwie anders zu sein kommt allein aus der ethnozentrischen jüdischen Mythologie, eben jenem Bund mit diesem Gott. Und dieses mythologische Bild ist in den anderen abrahamitischen Religionen, die nunmal 1/3 der Weltbevölkerung unter ihren Fittichen hat, präsent. Nenne mir einen Grund, warum Juden definitv anders seien als Nicht-Juden, egal ob besser oder schlechter oder geldgieriger oder bescheidender oder netter oder nasiger oder gottgewollter oder gottverhaßter, der a] nicht rassistisch und b] nichts mit der auch anderweitig inkulturierten jüdischen Mythologie zu tun hat. Und wohlgemerkt, rassistische Gründe gelten i.d.R. auch für Nicht-Juden, die obendrein Nicht-Eigene-Rasse sind, weshalb man für spezieller Antisemitismus aus "normaler" Xenophobie nicht wirklich heraussticht, wenn obiges b] nicht ebenfalls gegeben ist. Gerade das Beispiel das Shubashi gebracht hat beweist doch, dass man Antisemit sein kann ohne auch nur einen Juden zu kennen...das hat mit der mosaischen Unterscheidung*) überhaupt nichts zu tun. *)Die selbst ihr Erfinder inzwischen stark abgeschwächt hat. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Shubashi Geschrieben 15. Juli 2014 Melden Share Geschrieben 15. Juli 2014 Ian Buruma kennt sich in Japan recht gut aus, er hat einiges zum Thema Nationalismus und Rassismus in Japan und Asien verfasst, auch vergleichend zum Thema Vergangenheitsbewältigung und 2. Weltkrieg. Falls Du einen anderen Prof. für vertrauenswürdiger hälst, wie wäre der? http://www2.hawaii.e...slin/marco.html (Das Schrifttum zum Thema "Juden" ist in Japan z.B. oft grotesk und popularistisch, der Grund etwa "wenn die Europäer so von den Juden besessen sind, muss da ja was dran sein") Da ist überall von Verschwörungstheorien die Rede, die in Teilen der Bevölkerung Anklang finden. Die Grundidee dieser VTs liegen alle im europäischen Antijudaismus begründet. Und mir kann niemand erzählen, die ganze Welt reagiere irgendwie komisch auf Juden, weil sie realiter irgendwie anders seien. Dieses irgendwie anders zu sein kommt allein aus der ethnozentrischen jüdischen Mythologie, eben jenem Bund mit diesem Gott. Und dieses mythologische Bild ist in den anderen abrahamitischen Religionen, die nunmal 1/3 der Weltbevölkerung unter ihren Fittichen hat, präsent. Nenne mir einen Grund, warum Juden definitv anders seien als Nicht-Juden, egal ob besser oder schlechter oder geldgieriger oder bescheidender oder netter oder nasiger oder gottgewollter oder gottverhaßter, der a] nicht rassistisch und b] nichts mit der auch anderweitig inkulturierten jüdischen Mythologie zu tun hat. Und wohlgemerkt, rassistische Gründe gelten i.d.R. auch für Nicht-Juden, die obendrein Nicht-Eigene-Rasse sind, weshalb man für spezieller Antisemitismus aus "normaler" Xenophobie nicht wirklich heraussticht, wenn obiges b] nicht ebenfalls gegeben ist. Dass der Antisemitismus eine genuin europäische Idee ist, will ich ja gar nicht bezweifeln. Ich bzweifle nur, dass sie auf ihren christlich-kulturellen gesellschaftlichen Background angewiesen ist, um weiterzubestehen und sich auszubreiten, gerade weil sie schon in Europa auch in andere ideologische Kontexte überführt wurde. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Marcellinus Geschrieben 15. Juli 2014 Melden Share Geschrieben 15. Juli 2014 (bearbeitet) Der Antijudaismus ist eine christlich-islamische Idee (sozusagen zwei verwandte Seelen, ein gemeinsamer, schmutziger Gedanke), und wenn man mal auf der Weltkarte schaut, wo sich Christentum und Islam überall ausgebreitet haben im Zuge von islamischer Expansion und christlichem Imperialismus, dann bleiben nicht viele weiße Flecken übrig. bearbeitet 15. Juli 2014 von Marcellinus Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
GermanHeretic Geschrieben 15. Juli 2014 Melden Share Geschrieben 15. Juli 2014 Dass der Antisemitismus eine genuin europäische Idee ist, will ich ja gar nicht bezweifeln. Ich bzweifle nur, dass sie auf ihren christlich-kulturellen gesellschaftlichen Background angewiesen ist, um weiterzubestehen und sich auszubreiten, gerade weil sie schon in Europa auch in andere ideologische Kontexte überführt wurde. Dann ist es "nur" kein Antisemitismus mehr sondern "nur" Xenophobie. Nicht, daß das besser wäre und letzterer nicht ein Grund für ersteres ist. Genaugenommen ist die verbale Spezialisierung auf Antisemitismus, wenn es im Einzelfall genereller Diskriminierung auch Juden trifft, schon rassistisch, wenn auch mit vielleicht guten Absichten. Chryso hat es schon richtig bemerkt, der ausschlaggebende Faktor ist die Sündenbocksuche bei anderen. Daß es dabei oft Juden erwischt hat, liegt in Europa am christlichen Hintergrund und woanders am islamischen. Ist der Hintergrund weg, ist die imaginäre Zielscheibe, die Juden mit sich herumtragen, nicht mehr so groß. Weg wird sie nie sein - aber das gilt für jede abgrenzbare Minderheit. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Shubashi Geschrieben 15. Juli 2014 Melden Share Geschrieben 15. Juli 2014 Dass der Antisemitismus eine genuin europäische Idee ist, will ich ja gar nicht bezweifeln. Ich bzweifle nur, dass sie auf ihren christlich-kulturellen gesellschaftlichen Background angewiesen ist, um weiterzubestehen und sich auszubreiten, gerade weil sie schon in Europa auch in andere ideologische Kontexte überführt wurde. Dann ist es "nur" kein Antisemitismus mehr sondern "nur" Xenophobie. Nicht, daß das besser wäre und letzterer nicht ein Grund für ersteres ist. Genaugenommen ist die verbale Spezialisierung auf Antisemitismus, wenn es im Einzelfall genereller Diskriminierung auch Juden trifft, schon rassistisch, wenn auch mit vielleicht guten Absichten. Chryso hat es schon richtig bemerkt, der ausschlaggebende Faktor ist die Sündenbocksuche bei anderen. Daß es dabei oft Juden erwischt hat, liegt in Europa am christlichen Hintergrund und woanders am islamischen. Ist der Hintergrund weg, ist die imaginäre Zielscheibe, die Juden mit sich herumtragen, nicht mehr so groß. Weg wird sie nie sein - aber das gilt für jede abgrenzbare Minderheit. Eigentlich will ich da gar nicht so groß widersprechen, nur scheint mir Antisemitismus schon ein speziellerer Fall zu sein, weil eben so viel ideologisch-historischer Hintergrund existiert. Ich greife zur Erklärung mal einen australischen Artikel heraus: http://www.theaustralian.com.au/news/features/in-a-nation-of-tolerance-anti-semitism-still-can-erupt/story-e6frg6z6-1226751425780?nk=386cc20f992874ec5220dbe29be73807 In dem Vorfall eines Angriffs auf eine jüdische Familie wird ja auch eingestanden, dass die kriminellen Jugendlichen sich möglicherweise auch irgendwelche anderen "komischen" Ausländer herausgegriffen hätten. So weit die Xenophobie. In Bezug auf Juden hat sich aber leider mit dem Antisemitismus ein ganzer Rattenschwanz nichtreligiöser Topoi entwickelt, der eben zu einem fiktiven Stereotyp führte, in welchem "Jude" zu einem ziemlich universellen Feindbild wird. Die schwachsinnige Idee z.B., das Juden Zentralfiguren des "Weltfinanzsystems" seien oder über besonderen politischen Einfluss verfügten bedarf leider nicht der geringsten religiösen Überzeugung - sorgt aber für eine ausreichende Juden- und Israelfeindlichkeit, dass selbst in so einem abgelegenen Kontinent wie Australien regelmäßig einige hundert antisemitische Vorfälle im Jahr passieren. Dass diese verrückte Hassideologie 7 Leben zu haben scheint und leider immer noch irgendwelchen Schwatzhanseln jeglicher geistiger oder kultureller Couleur einzuleuchten scheint, ist für mich heutzutage das eigentliche Problem, und es geht leider über einfache Xenophobie hinasu. 2 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Der Geist Geschrieben 15. Juli 2014 Autor Melden Share Geschrieben 15. Juli 2014 Dass der Antisemitismus eine genuin europäische Idee ist, will ich ja gar nicht bezweifeln. Ich bzweifle nur, dass sie auf ihren christlich-kulturellen gesellschaftlichen Background angewiesen ist, um weiterzubestehen und sich auszubreiten, gerade weil sie schon in Europa auch in andere ideologische Kontexte überführt wurde. Dann ist es "nur" kein Antisemitismus mehr sondern "nur" Xenophobie. Mit ausreichenden Wortspielen kann man alles zu Recht biegen. Zudem ist es einfach falsch, dass der Antisemitismus eine genuin christliche Erfindung ist, es hat ihn bereits lange vor dem Christentum gegeben. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Der Geist Geschrieben 15. Juli 2014 Autor Melden Share Geschrieben 15. Juli 2014 Die Ritualmordlegende um Simon von Trient hat trotz ihrer im Jahr 1965 erfolgten Bereinigung – man jat Simon aus dem Martyrologium Romanum gestrichen – im Jahr 2007 nochmals für heftige Kontoversen gesorgt Ariel Toaff geboren 1942, der Sohn des emeritierten Oberrabbiners von Rom ist italienischer Historiker und war Lehrstuhlinhaber an der Bar-Ilan-Universität in Ramat Gan, Israel. Sein Fachgebiet ist die Geschichte der orientalischen Juden. Im Februar 2007 veröffentlichte er ein Buch , Pasque di Sangue. Ebrei d’ Europa e omicidi Rituali, Bologna 2007. (Pessach des Blutes. Die Europäischen Juden und die Ritualmorde). Der bekannte Historiker mit Schwerpunkt Geschichte des Judentums Johannes Heil, (http://de.wikipedia.org/wiki/Johannes_Heil_(Historiker)) schreibt dazu in einem Kommentar: Toaff will im Zusammenhang der notorisch bekannten (und gründlich erforschten) Trienter Blutbeschuldigung des Jahres 1475 Belege gefunden haben, dass „eine Minderheit fundamentalistischer Juden aschkenasischer Herkunft“ tatsächlich solche Opfer begangen hätte. Nicht nur manche Ungenauigkeiten – die Inquisition, die alles entdeckt haben soll, hat es so 1475 noch gar nicht gegeben – berechtigen zur Skepsis gegenüber den angeblichen Entdeckungen des Historikers. Er selbst geht ja davon aus, dass die Dokumente der Untersuchungsbehörden in Trient und anderswo durch Folter erpresst waren, übergeht auch nicht, dass der eigens nach Trient dirigierte päpstliche Gesandte die Giudici damals dem ganzen Verfahren jegliche Rechtsgültigkeit absprach. Ab hier begeht Professor Toaff Fehler, die vermeiden zu lernen die Sache von Proseminaren ist. Selbst wenn nach den gründlichen Arbeiten von Wolfgang Treue und Ronnie Pochia Hsia nun Toaff zu Trient, Treviso oder Portobuffolè noch irgendein nicht schon zigfach hin- und hergewendetes Dokument neu aufgetan hätte, muss er die Antwort auf die Frage schuldig bleiben, woher er bei so einseitiger und im wahrsten Wortsinn erzwungener Quellenlage den Beleg für tatsächliche Ereignisse beziehen wollte. Allein Toaff scheint wenig Gefallen an solchen Standard der Geschichtswissenschaft zu haben. In einem Interview mit der israelischen Tageszeitung Haaretz vom 12. Feb. gab er an, in den Untersuchungsprotokollen zum Trienter Prozess Details gefunden zu haben, die nicht aus der „Kultur der christlichen Richter stammten“ und deshalb jüdischen Ursprungs sein müssten. Dabei versteht er beide Gesellschaften als strikt getrennte Einheiten, die nicht miteinander kommuniziert und in denen nicht Wissen und besonders Halbwissen über die jeweils andere Seite bestanden hätten. Ließe man sich auf seine Logik ein, dann müßte alles stimmen, was jemals gegen Juden und die vielen anderen Anderen vorgebracht worden ist. Die Untersuchungsprotokolle der Gerichtsbehörden, besonders in der Zeit der Pestprogrome mit ihren mörderischen Brunnenvergiftungsvorwürfen im 14. Jahrhundert, sind voll von solchem Halbwissen, gepaart mit eifrig-eigenwilligen Deutungen. Manchmal scheint es, als hätten die künftigen Ankläger selbst mit zu Tisch gesessen und sich bei Gelegenheit dann aus allem einst Gesehenen und Unverstandenen ihren eigenen, phantastischen Reim gemacht. Die Folter tat dann ein übriges, um weitere „Details“ zu Tage zu fördern. Allein Toaff nimmt das so Protokollierte auf einmal für bare Münze. Toaff sah sich mittlerweile heftiger Kritik ausgesetzt und meint, missverstanden worden zu sein. In einem Interview für Mabat, die israelische Hauptnachrichtensendung, am 11. Feb. wollte er beschwichtigen und meinte, nicht von durch Juden gemordeten Christenkindern, sondern nur vom Gebrauch christlichen Blutes für medizinische Zwecke gesprochen zu haben. Das machte die Causa Toaff nicht besser, klingt angesichts des reißerischen Titels aber wenig überzeugend. Dass er gegenüber Haaretz tags darauf auch noch meinte, die „ganze Welt werde ihn für dieses Buch kreuzigen“, zeugt auch nicht gerade von der hohen Kunst überlegter Rede. Der Befund ist verheerend: Entweder ist dieses Buch der völligen Naivität des Historikers zuzuschreiben, der bislang kaum einmal über den Tellerrand der italienisch- jüdischen Sozialgeschichte hinausgeblickt hat, oder es ist der wohlüberlegte, aber zutiefst zynische Versuch, sich über für eng befundene Fachkreise hinaus Gehör zu verschaffen. Die Folge war wissenschaftliche Ablehnung und Empörung. Nach einer Woche zog der Verlag auf Verlangen Toaffs die Restauflage des Buches zurück. Er bedauerte die Veröffentlichung in Italien, bekräftigte, es habe nie jüdische Ritualmorde gegeben, kündigte eine Überarbeitung an und sagte zu, den bisherigen Erlös aus dem Buchverkauf an die Anti-Defamation League zu übergeben. Nach grundlegender Überarbeitung erschien das Buch Ende Februar 2008 in Italien neu. Toaff weist in der neuen Fassung die Behauptung, Juden hätten Christenblut verwenden können, entschieden als Legende zurück. Gian Marco Lucchese und Pietro Gionetti haben Toaffs Buch in der Version von 2007 ins Englische übertragen, man findet es unter http://www.bloodpassover.com im Netz. Die Mühen, die sich Autor und Verlag für die Neuauflage von 2008 gemacht haben, sind damit Makulatur, denn wer wird sich noch für eine italienische Ausgabe interessieren, wenn die englische skandalträchtiuge Version einen Mausklick entfernt liegt? 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Marcellinus Geschrieben 15. Juli 2014 Melden Share Geschrieben 15. Juli 2014 Dass der Antisemitismus eine genuin europäische Idee ist, will ich ja gar nicht bezweifeln. Ich bzweifle nur, dass sie auf ihren christlich-kulturellen gesellschaftlichen Background angewiesen ist, um weiterzubestehen und sich auszubreiten, gerade weil sie schon in Europa auch in andere ideologische Kontexte überführt wurde. Dann ist es "nur" kein Antisemitismus mehr sondern "nur" Xenophobie. Mit ausreichenden Wortspielen kann man alles zu Recht biegen. Zudem ist es einfach falsch, dass der Antisemitismus eine genuin christliche Erfindung ist, es hat ihn bereits lange vor dem Christentum gegeben. Ist das wieder eine deiner beliebten "Vereinfachungen"? Inhaltlich ist es nämlich Blödsinn. Die Auseinandersetzungen zwischen Juden und Polytheisten hatten Gründe, die mit dem christlichen Antijudaismus eben gerade nichts zu tun hatten. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Der Geist Geschrieben 15. Juli 2014 Autor Melden Share Geschrieben 15. Juli 2014 Dass der Antisemitismus eine genuin europäische Idee ist, will ich ja gar nicht bezweifeln. Ich bzweifle nur, dass sie auf ihren christlich-kulturellen gesellschaftlichen Background angewiesen ist, um weiterzubestehen und sich auszubreiten, gerade weil sie schon in Europa auch in andere ideologische Kontexte überführt wurde. Dann ist es "nur" kein Antisemitismus mehr sondern "nur" Xenophobie. Mit ausreichenden Wortspielen kann man alles zu Recht biegen. Zudem ist es einfach falsch, dass der Antisemitismus eine genuin christliche Erfindung ist, es hat ihn bereits lange vor dem Christentum gegeben. Ist das wieder eine deiner beliebten "Vereinfachungen"? Inhaltlich ist es nämlich Blödsinn. Die Auseinandersetzungen zwischen Juden und Polytheisten hatten Gründe, die mit dem christlichen Antijudaismus eben gerade nichts zu tun hatten. Aber es war Antisemitismus von dem Du behauptest er sei eine Frucht des Christentums Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Marcellinus Geschrieben 15. Juli 2014 Melden Share Geschrieben 15. Juli 2014 Aber es war Antisemitismus von dem Du behauptest er sei eine Frucht des Christentums Schau einfach, was ich geschrieben habe. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
GermanHeretic Geschrieben 15. Juli 2014 Melden Share Geschrieben 15. Juli 2014 (bearbeitet) Dass der Antisemitismus eine genuin europäische Idee ist, will ich ja gar nicht bezweifeln. Ich bzweifle nur, dass sie auf ihren christlich-kulturellen gesellschaftlichen Background angewiesen ist, um weiterzubestehen und sich auszubreiten, gerade weil sie schon in Europa auch in andere ideologische Kontexte überführt wurde. Dann ist es "nur" kein Antisemitismus mehr sondern "nur" Xenophobie. Mit ausreichenden Wortspielen kann man alles zu Recht biegen. Zudem ist es einfach falsch, dass der Antisemitismus eine genuin christliche Erfindung ist, es hat ihn bereits lange vor dem Christentum gegeben. Ist das wieder eine deiner beliebten "Vereinfachungen"? Inhaltlich ist es nämlich Blödsinn. Die Auseinandersetzungen zwischen Juden und Polytheisten hatten Gründe, die mit dem christlichen Antijudaismus eben gerade nichts zu tun hatten. 1. Genau das. Auf die Idee, daß Juden "Gottesmörder" oder selbsternannte Verweigerer von Wahrheit, Heil und ihres eigenen Gottes Gnade seien, ist niemand außer anderen Monotheisten jemals gekommen. 2. Die "Wortspiele" sollen gar nichts "zurechtbiegen", sondern bezeichnen zwei verschiedene Dinge, anstatt sie in einen Topf zu werfen. Aber das ist für Leute schwer einsichtig, für die jede Abweichung der Realität von ihren Vorstellungen ein Verbiegen der eigenen imaginären Wahrheit™ darstellt. 3. Rassistische Ideen kamen erst auf, als das Christentum schon lange in Macht und Adel war. Und auch wenn das nicht jedem paßt - aus welchen Gründen auch immer -, man unterscheidet gemeinhin Antisemitismus und Antijudaismus anhand der rassistischen Komponente. Diese definitorische Unterscheidung ist durchaus sinnvoll, denn die Gedankengänge derer, die das eine oder das andere (inklusives oder) umtreibt, unterscheiden sich in ihren Abläufen. Will man diese Gedankengänge beeinflußen bzw. verändern, sollte man die Unterschiede schon kennen. Und um etwas zu kennen, muß man es i.d.R. auch benennen können. Es ist wichtig, wie diese Leute die angebliche Minderwertigkeit der gerne diskriminierten Gruppe herleiten. Wir haben hier nämlich Umstände, die der Betreffende einmal ändern könnte, und zum anderen eben nicht, weil es unmöglich ist. Seine Religion, seine Kultur, seine Sprache kann man anpassen, ändern, umlernen, "umkehren", seine Abstammung nicht. Aus der rassistischen Nummer kommt man nicht raus, egal wie angepaßt man sich gibt. Und das hat Einfluß auf die Art der Maßnahmen, die die Bekloppten gegen einen unternehmen. bearbeitet 15. Juli 2014 von GermanHeretic 3 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
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