Baumfaeller Geschrieben 30. Oktober 2014 Melden Share Geschrieben 30. Oktober 2014 (bearbeitet) Dass sie dürfen bestreitet ja keiner. Du hattest aber was von "müssen" geschrieben, und irgendwelche uralten Vorschriften erwähnt. Das ist eine interessante Frage. Der Talmud ist fuer den Juedischen Glauben ungefaehr das gleiche wie der Katechismus fuer Christen: Das Regelwerk, und damit die gesetzliche Basis fuer Gerichte. Ich bin gerade erst nach Hause gekommen, es ist halb elf nachts. Den Talmud auf Deutsch gibt es im Internet gar nicht, und ich kann meine gedruckte Version jetzt nicht aus dem Regal holen und ein paar Seiten einscannen, ohne meine Frau zu wecken. Die englische Version (sucht mal nach Ketubot Kapitel 61b) kann man aber im Internet finden. Und soweit ich das verstehe, ist die Frage nicht, dass man jeden Abend unbedingt schnackseln muss. Sondern: Man darf sich seinem Ehepartner nicht zu oft oder zu lange verweigern. Dabei geht es in diesem Kapitel vor allem da drum, wie lange der Ehemann von zu Hause weg sein darf: Er darf sich den Wuenschen seiner Frau nicht dadurch entziehen, das er auf Reise ist. Deswegen sind die Regeln auch unterschiedlich fuer Wohlhabende (die immer zu Hause sind), oder Kameltreiber (die anscheinend einen Monat brauchen um die Kamele zu treiben). Fuer Seeleute duerfen sogar ein halbes Jahr von zu Hause weg sein. Eine andere Frage, die im gleichen Kapitel behandelt wird: Wie lange darf der Ehemann sich freiwillig (nicht durch Abwesenheit) seiner Frau verweigern? Laut der Schule von Rabbi Shammai fuer zwei Wochen, aber laut der Tradition von Rabbi Hillel nur eine Woche. Und etwas weiter unten steht, dass Gelehrte jeden Freitag aus dem Lehrhaus zu ihrer Frau nach Hause kommen sollen. Interessanterweise ist gleich das naechste Kapitel im Talmud die spiegelbildliche Regelung: Was passiert, wenn die Ehefrau sich ihrem Mann verweigert? Erstens werden sie geschieden, und die Ehefrau bekommt Alimente (die ist im Judentum immer schon in der Eheurkunde festgelegt, genau wie das Testament der beiden Ehepartner). Und wenn, wie hier, die Scheidung wegen Verweigerung des Verkehrs geschieht, dann wird ihre Alimente um sieben Dinare pro Woche gekuerzt. Aber Rabbi Judah sagt, nur um sieben halbe Dinare pro Woche. Genau das ist es, was ich am Talmud liebe: Man kann genau sehen, wie sich die Gelehrten vor 1800 Jahren gestritten haben, und ein juedisches Gericht (ein Bet Din) kann sie, je nach Sachlage, an die eine oder andere Lehre halten. Uebrigens: Wenn der Grund der Scheidung ist, dass der Ehemann sich verweigert hat, dann wird die Alimente stattdessen um drei Dinare erhoeht, und dazu scheint es keine Meinungsverschiedenheit zwischen den Rabbanim zu geben. Danach kommen drei Seiten Text, in denen diskutiert wird, wie die Entscheidung des Gerichts der Ehefrau zugestellt werden muss: Ist es noetig, sie zweimal oder viermal vorzulesen? Waehrend des Sabbat-Gottesdienstes oder nicht? Kann sie zugestellt werden, waehrend die Frau krank ist, oder unrein (menstruierend)? Muss die Entscheidung ihr auch zugestellt werden, oder reicht es, sie oeffentlich zu verlesen? Wenn sie ihr Verhalten aendert (sich nicht mehr weigert), bekommt sie dann die Kuerzung (die 7 Denare) zurueck? Alles sehr kompliziert. Natuerlich ist das ganze auf die Welt von vor 2000 Jahren zugeschnitten; die Vorstellung, dass ein Ehemann nicht der Geldverdiener ist und Alimente brauchen koennte, oder das die Ehefrau auf Geschaeftsreise gehen koennte, kam damals keiner. Die Gleichberechtigung er Geschlechter war damals noch nicht erfunden. bearbeitet 30. Oktober 2014 von Baumfaeller 1 Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Julius Geschrieben 30. Oktober 2014 Melden Share Geschrieben 30. Oktober 2014 Luther forderte ja zweimal die Woche... Wie bitte? Luther "forderte"? Wo hat er geschrieben, dass er zweimal die Woche Sex "fordere"? Oder forderte er gar nicht, sondern gab eine Empfehlung, einen Ratschlag aus seiner Erfahrung heraus: "In der Woche zwier, schadet weder ihm noch ihr!" Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Clown Geschrieben 30. Oktober 2014 Melden Share Geschrieben 30. Oktober 2014 Ganz allgemein gesprochen kann man doch mit bestimmten Aspekten einer Beziehung unzufrieden sein, sie dennoch insgesamt als gut und erfüllend befinden, wenn einen eben diese Punkte nicht allzu sehr stören. Naja, funktioniert ja bei denen schon seit Jahrzehnten; was soll ich dazu mehr sagen, als dass alle Abstriche machen müssen, solange es welche sind, mit denen beide leben können. Klar, aber das setzt ja voraus, dass einem die Kompromisspunkte (in dem Fall ein erfüllendes Sexualleben) nicht übermäßig wichtig sind. Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
mn1217 Geschrieben 30. Oktober 2014 Melden Share Geschrieben 30. Oktober 2014 Luther forderte ja zweimal die Woche... Wie bitte? Luther "forderte"? Wo hat er geschrieben, dass er zweimal die Woche Sex "fordere"? Oder forderte er gar nicht, sondern gab eine Empfehlung, einen Ratschlag aus seiner Erfahrung heraus: "In der Woche zwier, schadet weder ihm noch ihr!" Ja, das meinte ich. "Fordern" war nicht korrekt. Klingt am Ehesten anch einer Feststellung- ob die nun immer zutrifft, sei mal dahingestellt. Aber soo hyperkorrekt schreibst du auch nicht immer, dass du mir dieses eine "fordern" unter die Nase reiben musst. Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
josephine Geschrieben 31. Oktober 2014 Melden Share Geschrieben 31. Oktober 2014 Ganz allgemein gesprochen kann man doch mit bestimmten Aspekten einer Beziehung unzufrieden sein, sie dennoch insgesamt als gut und erfüllend befinden, wenn einen eben diese Punkte nicht allzu sehr stören. Naja, funktioniert ja bei denen schon seit Jahrzehnten; was soll ich dazu mehr sagen, als dass alle Abstriche machen müssen, solange es welche sind, mit denen beide leben können. Klar, aber das setzt ja voraus, dass einem die Kompromisspunkte (in dem Fall ein erfüllendes Sexualleben) nicht übermäßig wichtig sind. Ja. Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Julius Geschrieben 31. Oktober 2014 Melden Share Geschrieben 31. Oktober 2014 (bearbeitet) Luther forderte ja zweimal die Woche... Wie bitte? Luther "forderte"? Wo hat er geschrieben, dass er zweimal die Woche Sex "fordere"? Oder forderte er gar nicht, sondern gab eine Empfehlung, einen Ratschlag aus seiner Erfahrung heraus: "In der Woche zwier, schadet weder ihm noch ihr!" Ja, das meinte ich. "Fordern" war nicht korrekt. Klingt am Ehesten anch einer Feststellung- ob die nun immer zutrifft, sei mal dahingestellt. Aber soo hyperkorrekt schreibst du auch nicht immer, dass du mir dieses eine "fordern" unter die Nase reiben musst. Unter die Nase gerieben? Jetzt übertreibe mal nicht. Ich habe meine Entgegnung in eine ganz normale Computertastatur getippt und weder Dir noch sonst jemanden irgendwas "unter die Nase" gerieben. Meine Nase befindet sich jedenfalls die üblichen 50 bis 60 cm entfernt vom Bildschirm. Wer mit der Nase so nahe am Bildschirm sitzt, dass man ihm da was drunterreiben kann, braucht vielleicht eine Bildschirmbrille. Im übrigen darfst auch Du mich gerne korrigieren, wenn Du bei dem, was ich schreibe, sachliche Hyper-Unkorrektheiten feststellst und in der Lage bist, sie richtigzustellen. Wenn ich mich recht erinnere, ist das noch nicht sooo oft vorgekommen, oder? bearbeitet 31. Oktober 2014 von Julius Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
mn1217 Geschrieben 31. Oktober 2014 Melden Share Geschrieben 31. Oktober 2014 (bearbeitet) Vielleicht bin ich einfach nicht so penibel (wobei ich das bei mir für relativ unwahrscheinlich halte) und habe keine Lust auf persönliche Kleinkriege. Mal zurück zum Thema... bearbeitet 31. Oktober 2014 von mn1217 Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Baumfaeller Geschrieben 1. November 2014 Melden Share Geschrieben 1. November 2014 (bearbeitet) So, jetzt bin ich endlich mal zu einer vernünftigen Tageszeit zu Hause, und habe es geschafft, ein paar Seiten aus dem Talmud einzuscannen. Und zwar Abschnitte 61b und 63a des Buchs Ketuboth, in denen geregelt wird: Wie oft hat ein Ehemann seiner Ehefrau (zum Sex) zur Verfügung zu stehen, und was passiert, wenn Ehemann oder Ehefrau sich verweigern. Der Scan ist zwar nicht sehr gut (selbst mit dem Flatbed Scanner sind dicke Bücher nur schwer zu machen), aber lesbar. Das ganze ist aus der einzig verfügbaren Deutschen Übersetzung (Goldschmidt, aus den 20er Jahren, 11 Bände, im obersten Bücherregal etwas verstaubt). Viel Spass beim Lesen! Ich werde das verlinkte File in ein paar Wochen wieder löschen müssen, von wegen Speicherplatz. Im Grunde sind wir hier in diesem Thread viel zu sehr auf die faszinierenden (aber schweinischen) Aspekte eingeschossen. Für eine Ehe braucht man zwei Leute, die bereit sind, zusammenzuarbeiten, aufeinander einzugehen, Kompromisse zu schliessen. Das gilt für Sex, für Kindererziehung, für Putzen und Kochen, für Ausgehen, für beinahe alles. Wenn ein Ehepartner partout Sex will, und der andere partout nicht will, dann ist die Ehe kaputt. Im jüdischen Eherecht wird sie dann geschieden, im katholischen wird sie es nicht. Jeder kann sich seine eigene Meinung bilden, welche Variante gut oder schlecht ist. Aber Sex ist da nichts besonderes. Wenn ein Ehepartner partout Fisch essen will, und nicht willens ist das aufzugeben, und der andere Ehepartner nur Rind und Huhn einkauft oder kocht, dann ist die Ehe genauso kaputt, selbst wenn die beiden sich jeden Abend das Gehirn aus dem Leib schnackseln (oder es einvernehmlich nicht tun, sondern abends nackt im Bett liegen und miteinander Karten spielen). Wenn er zum Urlaub unbedingt auf die Griechischen Inseln will, und sie zu den Hebriden, und sie keinen Kompromiss finden können (Guernsey? Rügen? Sardinien?), dann ist die Ehe auch kaputt, unabhängig davon dass sie jeden Abend Rollmöpse reinhauen und es gleichzeitig in der "Öffnung der Lotusblumen"-Stellung treiben. bearbeitet 1. November 2014 von Baumfaeller Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
mn1217 Geschrieben 1. November 2014 Melden Share Geschrieben 1. November 2014 Na, ich weiß nicht. es kommt doch vermutlich darauf an, wie oft so etwas vorkommt. Wenn man sich ein- oder zweimal nicht auf Urlaubsziele/Sex/Kochen/... einigen kann, ist da mMn noch gar nichts kaputt. Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Baumfaeller Geschrieben 2. November 2014 Melden Share Geschrieben 2. November 2014 Man kann das Problem natuerlich am besten an Extrembeispielen sehen. Wenn sich die beiden so sehr zerstritten haben, dass sie auf Kreta lebt, und er auf den Hebriden, und die beiden finden das aetzend, dann ist die Ehe kaputt. Wenn die beiden das gut finden, und sich zweimal im Jahr am Flughafen in Frankfurt fuer ein paar Minuten sehen, und sie der Meinung sind, dass waere eine gute Ehe, dann ist das auch eine gute Ehe. Und das ist mit dem Sex genauso. Wenn sie jeden Abend es dreimal tun, und es geniessen (und sie genug Zeit und wenn noetig blaue Pillen dafuer haben), dann scheint es mir, als wenn sie eine glueckliche Ehe haben, zumindest was das Bett angeht. Wenn sie beide kein Interesse an Sex haben, getrennte Schlafzimmer, dann kann das auch eine glueckliche Ehe sein. Wo es auseinanderbricht: Wenn sie sich nicht einigen koennen, und zwar dauerhaft. Er ist immer voll drauf, und moechte jeden Abend, und an Wochenenden auch mittags, und sie hat immer gerade "Kopfschmerzen" und haelt die Knie zusammen: Das geht nicht lange gut. Sie muessen sich halt einigen. Eine Portion Ehrlichkeit ist da wahrscheinlich notwendig. Wenn sie eigentlich nicht will, und die Beine nur breitmacht damit er endlich aufhoert zu quengeln, und den Orgasmus nur simuliert, ist das eine glueckliche Ehe? Wenn er das Interesse verloren hat, und sie spielt im Badezimmer mit dem batteriebetriebenen Plastik-Penis waehrend er im Bett die FAZ liest, ist das eine glueckliche Ehe? Keine Ahnung, da musst Du das Ehepaar fragen. Auf Englisch sagt man: To each his own. Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Franciscus non papa Geschrieben 4. November 2014 Melden Share Geschrieben 4. November 2014 Wie es schon gesagt wurde, die Bedürfnisse der Menschen sind unterschiedlich. Und in einer glücklichen Ehe müssen eben beide mit den - auch unterschiedlichen - Bedürfnissen des anderen zurechtkommen und sie irgendwie mit den eigenen vereinbaren. Ob eine Ehe wirklich glücklich ist, ist von aussen kaum zu beurteilen. Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
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