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UMT - zu "Papst Franziskus und die Theodizee"


Long John Silver

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Mein Posting stammt aus dem Thread "Papst Franziskus und die Theodizee". Mich beschaeftigt, warum im Christentum so oft auf die eine oder andere Weise versucht wird, Leid zu funktionalisiern und spiriruell zu "erhoehen", ich denke nicht, dass das im Christentum zwingend notwendit sein muss.

 

UMT- weil ich nicht die x-te Diskussion Atheismus vs. Religion fuehren moechte. Ich weiss nicht, ob jemand hier das Buch "Der Schrecken Gottes - Attar, Hiob und die metaphysische Revolte" von Navid Kermani kennt. Ich habe es gerade sehr empfohlen bekommen, kenne aber nur die Rezensionen momentan. Fuer meinen Begriff klingt das aussserordentlich interessant, ich werde es wohl bestellen.
Naja, ich warte jetzt mal ab, ob jemand Interesse hat an dem Thread.

 

Das Sterben eines krebskranken Kindes ist für den Menschen so schlimm, weil unser moralischer Kompass den Tod eines Kindes grundsätzlich und den schmerzhaften Tod im Besonderen als ungerecht empfindet.

Wenn ein Gnukalb von einem Löwen gerissen wird, wird sich die Gnukuh kaum die Frage stellen, warum es nun ihr Kalb sein musste. Sie wird einige Tage trauern und den Verlust dann vergessen. Etwas, was der Mensch nicht so einfach kann. Vorallem wird das Gnu an diesem Verlust nicht verzweifeln und die Weltordnung in Frage stellen.

Ich denke nicht, dass das mit Moral zu tun. Wie bereits hier erwaehnt, es handelt um Empathie. Moral ist ein nachgelagertes System, zu allererst rebelliert unser Gefuehl, weil es uns in die Lage versetzt, mitzuleiden. Ich halte nichts davon, Tode oder Ungluecke in ein System von gut und boese einzuordnen, sie passieren notwendigerweise, weil sie aus einem Gesamtzusammenhang entstehen (der muss uns nicht gefallen, aber er existiert. Krankheiten entstehen aus Ursachen, Verbrechen aus sozialen Zusammenhaengen, Naturkatastrophen aus vorhandenen natuerlichen Gegebenheiten).

Um Emphatie zu haben, brauchen wir nicht die Notwendigkeit von Geschehnissen einzusehen (Leid koennen wir versuchen zu lindern, dazu braucht es keine Sinnfrage zu stellen, das geht ob mit oder ohne Religion oder Philosophie, wie ein Blick auf die Welt zeigt). Eine Reihe Menschen neigen dazu, Leid als persoenlichen Angriff auf sich oder die Menschhheit aufzunehmen. (Warum muss mir das passieren?) Abgesehen davon, dass die Frage undurchdacht ist (Soll es etwa anderen eher passieren als mir?) Wenn man so denkt, kommt man notwendigerweise in eine Falle, der man nicht entrinnen kann und verstrickt sich in sowohl komplizierte als auch unbefriedigende und meistens haltlose (theologische oder philosophische) Konzepte. Das kommt daher, dass sie Leid nicht als einfach zum Leben dazugehoerig empfinden und als ein dem Leben, wie es eben in seinen Ablaeufen strukturiert ist, immantentes Geschehen, sondern als irgendwie unmoralische Zumutung (an einen solchen Gott kann ich nicht glauben etc.). Dahinter steckt eine mangelnde Abstraktion. Abstraktion wuerde erlauben, Leid als nicht zielgerichtet gegen sich selbst zu erfahren, sondern als Folge eines (objektiven) Geschehens (Unfall, Krankheit, Naturkatastrophe) . Eine solche Abstraktion nivelliert Leid nicht, es setzt es in einen anderen Gesamtzusammenhang. Und es funktionalisiert Leid nicht fuer irgendwelche ihm willkuerlich angedachten "Zwecke".

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Da ist Buddhismus aber noch besser, was "Leid überhöhen" anbetrifft.

Was das Funktionalisieren anbetrifft, scheint mir das ehr eine allgemein menschliche als denn eine spezifisch religiöse Sache zu sein.

 

Leben und damit auch jeder Glaube geht irgendwie nicht ohne Leiden.

Menschen - oder alle sozial lebenden Wesen- scheinen als Spezies auch Konflikte zu brauchen(ob mit Waffengewalt bezweifle ich jetzt mal).

 

Und deswegen beschäftigt sich auch die Philosphie damit.

bearbeitet von mn1217
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Long John Silver

Da ist Buddhismus aber noch besser, was "Leid überhöhen" anbetrifft.

Was das Funktionalisieren anbetrifft, scheint mir das ehr eine allgemein menschliche als denn eine spezifisch religiöse Sache zu sein.

 

Leben und damit auch jeder Glaube geht irgendwie nicht ohne Leiden.

Menschen - oder alle sozial lebenden Wesen- scheinen als Spezies auch Konflikte zu brauchen(ob mit Waffengewalt bezweifle ich jetzt mal).

 

Und deswegen beschäftigt sich auch die Philosphie damit.

 

Der Buddhismus erkennt Leid und strebt die Ueberwindung und Aufhebung an, jedoch problematisiert er keine Theodizee.

 

Dass Leben nicht ohne Leiden passiert, hat nichts mit der Funktionalisierung von Leid zu tun (ihm einen bestimmten uebergeordneten Sinn beizugeben).

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Leid als nicht zielgerichtet gegen sich selbst zu erfahren, sondern als Folge eines (objektiven) Geschehens (Unfall, Krankheit, Naturkatastrophe)

 

Vielleicht ist das "Sein Kreuz auf sich nehmen": Abschied nehmen von der Vorstellung, dass dem Guten Gutes geschieht. Spüren, dass das Böse, der Verrat zum Beispiel, zuschlägt, bei wem es will. Vielleicht ist das "Vergebung": Den Verräter so unschuldig zu sehen wie einen Tsunami.

Es geht noch irgendwie "leichter", wenn das Unglück sich trennen lässt von menschlichem Verhalten, wenn also niemand dran Schuld sein kann. Aber wenn du dir bewusst bist, (oder wenn es dir jemand einreden will, so wie bei Hiob) dass ein bestimmtes Leid auch durch dein Handeln mitverursacht wurde, dann wird es kompliziert. Vielleicht bestell ich mir das Buch, das du anführst. Oder ich weiche aus auf das Buch desselben Autors: Gott ist schön: Das ästhetische Erleben des Koran. Weil: die Welt ist ein Chaos und Gott ist schön widerspricht sich offensichtlich nicht.

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Da ist Buddhismus aber noch besser, was "Leid überhöhen" anbetrifft.

Was das Funktionalisieren anbetrifft, scheint mir das ehr eine allgemein menschliche als denn eine spezifisch religiöse Sache zu sein.

 

Leben und damit auch jeder Glaube geht irgendwie nicht ohne Leiden.

Menschen - oder alle sozial lebenden Wesen- scheinen als Spezies auch Konflikte zu brauchen(ob mit Waffengewalt bezweifle ich jetzt mal).

 

Und deswegen beschäftigt sich auch die Philosphie damit.

 

Der Buddhismus erkennt Leid und strebt die Ueberwindung und Aufhebung an, jedoch problematisiert er keine Theodizee.

 

Dass Leben nicht ohne Leiden passiert, hat nichts mit der Funktionalisierung von Leid zu tun (ihm einen bestimmten uebergeordneten Sinn beizugeben).

 

Alles Leid kommt aus der Begierde.

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Na ja, das "Funktionalisieren" des Leids ist am Ende zwingend notweniger Bestandteil des Strebens, hinter allem einen Sinn finden zu wollen bzw. meinen zu müssen. Es ergibt sich folgerichtig aus der Annahme, daß eine Sache hinter allem stünde.

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Ich erinnere mich an einen Thread über den Sündenfall und ich denke, daß jener und dieser hier nicht weit auseinanderliegen.

 

Um Leid zu empfinden bzw. zu erkennen muss Empathie und meiner Meinung nach auch moralisches Abstraktionsvermögen vorliegen - Fähigkeiten, die der Mensch im biblischen Bild durch den Baum der Erkenntnis gewannen.

 

Ab diesem Moment konnte sich der Mensch natürlich nicht mehr "im Paradies" fühlen, da ihm das Leid (und die eigene Sterblichkeit - auch das etwas, was in der biblischen Geschichte angedeutet wird durch "sonst müsst ihr sterben") eigentlich permanent bewusst ist.

 

Der Erkenntnisgewinn, das Bewusstsein ändert nicht die Realität (wenn die Menschen vorher nicht gestorben wären, ergäbe der Baum des Lebens keinen Sinn in der Geschichte und auch für die Schlange ist die "Strafe" Gottes nur eine Bestätigung ihrer bisherigen Existenz), sondern nur die Art und Weise, wie der Mensch mit dieser Realität umgehen kann.

 

Der Sinn des "Leids" kann also allenfalls schöpfungsimmanent sein, denn es ist nur eine Bewertung ohnehin ablaufender Geschehnisse. Inwiefern dahinter ein System steckt, erschlösse sich allenfalls bei einer Totalerkenntnis des Schöpfungskonzepts. Das wiederum erscheint mir eine ziemliche unmenschliche Herausforderung.

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Es geht noch irgendwie "leichter", wenn das Unglück sich trennen lässt von menschlichem Verhalten, wenn also niemand dran Schuld sein kann.

das tägliche unglück ist wohl mit menschlichem verhalten verknüpft. sogar namen lassen sich meist nennen.

 

schuld setzt aber die freiheit zu anderem handeln voraus. das gilt für mich wie für mein gegenüber. wer ist frei? jeder ist gebunden durch ererbtes, erlerntes was sich im unterbewußtsein festsetzt.

was ist also "leichter"? indem ich meinem gegenüber nicht unterstelle, mir bewußt schaden zu wollen. natürlich nehme ich dieses auch für mich in anspruch.

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Long John Silver

Na ja, das "Funktionalisieren" des Leids ist am Ende zwingend notweniger Bestandteil des Strebens, hinter allem einen Sinn finden zu wollen bzw. meinen zu müssen. Es ergibt sich folgerichtig aus der Annahme, daß eine Sache hinter allem stünde.

 

Ich halte das nicht fuer unbedingt folgerichtig. Man koennte schliesslich auch sagen: ich vermute oder hoffe auf einen Sinn von Leid, da ich ihn aber sowieso nicht erkennen kann, enthalte ich mich unbeweisbaren Folgerungen (nicht dass ich so daechte, aber es waere eine Moeglichkeit). Das wuerde zumindest waghalsige theologische Konzepte verhindern.

 

I

bearbeitet von Long John Silver
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Na ja, das "Funktionalisieren" des Leids ist am Ende zwingend notweniger Bestandteil des Strebens, hinter allem einen Sinn finden zu wollen bzw. meinen zu müssen. Es ergibt sich folgerichtig aus der Annahme, daß eine Sache hinter allem stünde.

Ich halte das nicht fuer unbedingt folgerichtig. Man koennte schliesslich auch sagen: ich vermute oder hoffe auf einen Sinn von Leid, da ich ihn aber sowieso nicht erkennen kann, enthalte ich mich unbeweisbaren Folgerungen (nicht dass ich so daechte, aber es waere eine Moeglichkeit). Das wuerde zumindest waghalsige theologische Konzepte verhindern.

 

Ja klar, aber die Vermutung und Hoffnung auf einen Sinn hinter dem Leid unterstellt doch, daß Leid eine beabsichtigte Funktion hätte, auch wenn man die nicht sieht oder die Gründe nicht versteht oder verstehen kann.

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Long John Silver

Ich erinnere mich an einen Thread über den Sündenfall und ich denke, daß jener und dieser hier nicht weit auseinanderliegen.

 

Um Leid zu empfinden bzw. zu erkennen muss Empathie und meiner Meinung nach auch moralisches Abstraktionsvermögen vorliegen - Fähigkeiten, die der Mensch im biblischen Bild durch den Baum der Erkenntnis gewannen.

 

Ab diesem Moment konnte sich der Mensch natürlich nicht mehr "im Paradies" fühlen, da ihm das Leid (und die eigene Sterblichkeit - auch das etwas, was in der biblischen Geschichte angedeutet wird durch "sonst müsst ihr sterben") eigentlich permanent bewusst ist.

 

Der Erkenntnisgewinn, das Bewusstsein ändert nicht die Realität (wenn die Menschen vorher nicht gestorben wären, ergäbe der Baum des Lebens keinen Sinn in der Geschichte und auch für die Schlange ist die "Strafe" Gottes nur eine Bestätigung ihrer bisherigen Existenz), sondern nur die Art und Weise, wie der Mensch mit dieser Realität umgehen kann.

 

Der Sinn des "Leids" kann also allenfalls schöpfungsimmanent sein, denn es ist nur eine Bewertung ohnehin ablaufender Geschehnisse. Inwiefern dahinter ein System steckt, erschlösse sich allenfalls bei einer Totalerkenntnis des Schöpfungskonzepts. Das wiederum erscheint mir eine ziemliche unmenschliche Herausforderung.

 

Ja, ich dachte auch an diese Diskussion.

 

Man koennte auch sagen, Leid ist die notwendige Folge von Leben, oder?

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Da ist Buddhismus aber noch besser, was "Leid überhöhen" anbetrifft.

Was das Funktionalisieren anbetrifft, scheint mir das ehr eine allgemein menschliche als denn eine spezifisch religiöse Sache zu sein.

 

Leben und damit auch jeder Glaube geht irgendwie nicht ohne Leiden.

Menschen - oder alle sozial lebenden Wesen- scheinen als Spezies auch Konflikte zu brauchen(ob mit Waffengewalt bezweifle ich jetzt mal).

 

Und deswegen beschäftigt sich auch die Philosphie damit.

 

Der Buddhismus erkennt Leid und strebt die Ueberwindung und Aufhebung an, jedoch problematisiert er keine Theodizee.

 

Dass Leben nicht ohne Leiden passiert, hat nichts mit der Funktionalisierung von Leid zu tun (ihm einen bestimmten uebergeordneten Sinn beizugeben).

 

Nun ja, wenn mich mein Wissen ber Buddhismus nicht ganz trügt, ist da das "Gotteskonzept" auch anders als im Christentum.

Ein gegnüber ist halt auch praktisch für Schuldzuweisungen.

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Ja, ich dachte auch an diese Diskussion.

 

Man koennte auch sagen, Leid ist die notwendige Folge von Leben, oder?

Leid als zwingend verbunden mit Leben ist der buddhistische Ansatz. Wie bereits von Teofilos eine der vier edlen Weisheiten zitiert wurde: Leid entsteht durch Begierde; durch Unersättlichkeit und durch Lust - auch der Lust zu Leben. Leid ist in der Vorstellung des Buddhismus systemimmanent.

In der christlichen Vorstellung - so weit ich sie verstanden habe - gab es einen Urzustand frei von Leid, genannt Paradies, der sich in ein Unheilzustand durch den Sündenfall verwandelte. Fester Bestandteil dieses Unheilzustand ist Leid. Soweit zum Konstrukt "Erbsünde".

So ähnlich diese beiden Konzepte erscheinen "Leben ist immer Leid verbunden", so halte ich sie von dem Grundgedanken für fundamental verschieden. Auf der einen Seite ist Leid einfach Bestandteil des Lebens. Auf der anderen Seit wird das Leid erst durch das Handeln von Menschen in das Leben gebracht.

Deine Ausführungen, Empathie hat mit Moral vordergründig nichts zu tun, stimme ich zu. Auch wenn zur Empathie mehr gehört als nur Mitlied - doch ging es im Eingangsbeitrag von Dir in der Diskussion mit Flo77 um Mitleid - lässt sich meiner Ansicht nach Mitleid gut umschreiben mit "Das Leid eines anderen, welches das eigene Herz nicht aushält". Ob oder ob nicht etwas an Deiner Seele rührt, hat nichts mit einem eher rational formulierten Moralsystem zu tun. Andersherum kann es aber sein, man sagt sich selbst, bei diesem oder jenen muss man Mitleid haben im Einklang mit dem eigenen Moralsystem. (Dieses halte ich nicht typisch für Christen kommt durchaus aber auch bei Christen vor.)

Zur Deiner Frage "Why me?" - hier kann eine religions-gebundene Lebenssinngebung ausschlaggeben sein. Wenn man der überzeugung ist, alles geschieht durch Gottes Wille, dann folgt zwingend, man erkrankt an Cancer weil es Gott so will. Hingegen wenn man, wie Du schreibst, Leid nicht als etwas zielgerichtet ansieht - meiner Erfahrung nach tun das auch (einige) Christen - dann fällt dieser "Why me?"-Effekt völlig heraus. Wenn man er Ansicht ist, 2/3 aller Krebserkrankungen haben nichts mit der Lebensweise, begangene Sünden, wahlweise Prüfung Gottes oder sein Zorn oder den Genen zu tun sondern es ist schlicht und einfach Zufall, ob man erkrankt, gibt es auch keine spirituelle Erhöhung des Leids.

 

DonGato.

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Man koennte auch sagen, Leid ist die notwendige Folge von Leben, oder?

"Notwendig" unterstellt ja auch einen funktionalen Zusammenhang. In der Hinsicht, daß Leben ohne Leid nicht funktionieren könnte. Da wäre ich mir nicht so sicher. Aber Leid kommt halt in der Art und Weise, wie Leben auf diesem Planeten funktioniert, daher.
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Wenn man er Ansicht ist, 2/3 aller Krebserkrankungen haben nichts mit der Lebensweise, begangene Sünden, wahlweise Prüfung Gottes oder sein Zorn oder den Genen zu tun sondern es ist schlicht und einfach Zufall, ob man erkrankt, gibt es auch keine spirituelle Erhöhung des Leids.
die leidbewältigung ist aber ev. spirituell.
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Long John Silver

 

Man koennte auch sagen, Leid ist die notwendige Folge von Leben, oder?

"Notwendig" unterstellt ja auch einen funktionalen Zusammenhang. In der Hinsicht, daß Leben ohne Leid nicht funktionieren könnte. Da wäre ich mir nicht so sicher. Aber Leid kommt halt in der Art und Weise, wie Leben auf diesem Planeten funktioniert, daher.

 

 

Ja, das meinte ich. Leid (im weitesten Sinn) ist vorprogrammiert in dem Augenblick, wo Leben beginnt, genaugenommen als Stoerung des Gleichgewichtes, als unabaenderliche Folge des Abbaus oder Veraenderungen von Funktionen, als Folge von aeusseren Umstaenden, als biologische Uhr, die mit dem Zeitpunkt der Zeugung beginnt zu ticken. Es reicht allein der ueblicherweise ablaufende Lebenszyklus, um das zu produzieren, was wir als Leid wahrnehmen.

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Gast Mactafledis

 

Ja, ich dachte auch an diese Diskussion.

 

Man koennte auch sagen, Leid ist die notwendige Folge von Leben, oder?

Leid als zwingend verbunden mit Leben ist der buddhistische Ansatz. Wie bereits von Teofilos eine der vier edlen Weisheiten zitiert wurde: Leid entsteht durch Begierde; durch Unersättlichkeit und durch Lust - auch der Lust zu Leben. Leid ist in der Vorstellung des Buddhismus systemimmanent.

In der christlichen Vorstellung - so weit ich sie verstanden habe - gab es einen Urzustand frei von Leid, genannt Paradies, der sich in ein Unheilzustand durch den Sündenfall verwandelte. Fester Bestandteil dieses Unheilzustand ist Leid. Soweit zum Konstrukt "Erbsünde".

So ähnlich diese beiden Konzepte erscheinen "Leben ist immer Leid verbunden", so halte ich sie von dem Grundgedanken für fundamental verschieden. Auf der einen Seite ist Leid einfach Bestandteil des Lebens. Auf der anderen Seit wird das Leid erst durch das Handeln von Menschen in das Leben gebracht.

 

Der Mensch ist nach christlicher Vorstellung Geschöpf. Schöpferisch begabt, kreativ, ja. Aus allem, was verfügbar ist, kann Mensch mit seinen Fähigkeiten schöpfen, daraus etwas schaffen. Alles mögliche. Aber Ursache für Leid zu sein, Leid zu erschaffen, also als etwas Neues in die Welt zu bringen, ohne dass es zuvor der Schöpfung nicht schon als Möglichkeit zuinne wäre würde bedeuten, dass das Geschöpf den Schöpfer übersteigt. Und das entspricht überhaupt nicht christlicher Vorstellung. Nicht meiner und ich wüsste auch nicht, wo in christlicher Vorstellung diese Sicht zu finden wäre. Ich sehe da den fundamentalen Unterschied gar nicht, den Du siehst.

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also,

 

erstmal, damit wir uns richtig verstehen: "Theodizee" übersetze ich mit: "wie kann Gott all dieses Böse, und auch all dieses Leid, in dieser Welt zulassen?"

 

dann, dazu ein Erlebnis, ist schon länger her. Eine Kollegin (alle in meinem Berufsleben wußten, dass ich mal Theologie studiert hatte, damit hatte ich nie hinter dem Berg gehalten) kam zu mir und hat mir gesagt: "Herr X, mein Kind hat mich gestern abend gefragt, warum Gott all das böse in der Welt zuläßt? Haben Sie eine Antwort, für mein Kind?"

 

ich hatte keine Antwort, konnte sie aber insoweit beruhigen, als ihr Kind nicht der erste Mensch war, der diese Frage gestellt hatte.

 

----

 

so, und noch meine jetztige Meinung, vom Petrus.

 

Gott ist der Ganz Andere. ich habe nicht den Eindruck, dass er verantwortlich sei für all das Leid, was oftmals von uns Menschen gemacht ist.

 

 

ich bin mir nicht einmal sicher, ob Gott sich für unser Theodizee-Problem interessiert.

 

und und aber:

 

Du bist mein Gott.

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Der Mensch ist nach christlicher Vorstellung Geschöpf. Schöpferisch begabt, kreativ, ja. Aus allem, was verfügbar ist, kann Mensch mit seinen Fähigkeiten schöpfen, daraus etwas schaffen. Alles mögliche. Aber Ursache für Leid zu sein, Leid zu erschaffen, also als etwas Neues in die Welt zu bringen, ohne dass es zuvor der Schöpfung nicht schon als Möglichkeit zuinne wäre würde bedeuten, dass das Geschöpf den Schöpfer übersteigt. Und das entspricht überhaupt nicht christlicher Vorstellung. Nicht meiner und ich wüsste auch nicht, wo in christlicher Vorstellung diese Sicht zu finden wäre. Ich sehe da den fundamentalen Unterschied gar nicht, den Du siehst.

Hier schein ein Missverständnis vorzuliegen:

Natürlich beinhaltet die Annahme eines allmächtige und einzigen Schöpfers die Vorstellen, niemand anderes kann etwas hervorbringen, was nicht bereist durch den Schöpfer erzeugt wurde. Es ist auch nicht meine Aussage, die Menschen habe das Leid erzeugt, sondern "das Leid erst durch das Handeln von Menschen in das Leben gebracht" wurde. Die Aufmerksamkeit liegt auf dem Verb "bringen". Nach meinen Sprachverständnis beinhalte "bringen" nicht "erzeugen". Menschen habe durch ihr Handel die von Gott vorbeireitet Möglichkeit des Leides in ihr Leben gebracht. Auf der anderen Seite ist im Einklang mit der Vorstellung "Paradies" ein Leben ohne Leid denkmöglich. Leben im Paradies war/ist/wird frei von Leid. Leben muss somit nicht zwingend an Leid gekoppelt sein. Genau diese Denkmöglichkeit gibt es im Buddhismus meines Wissens nach nicht.

 

DonGato.

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Gast Mactafledis

 

Der Mensch ist nach christlicher Vorstellung Geschöpf. Schöpferisch begabt, kreativ, ja. Aus allem, was verfügbar ist, kann Mensch mit seinen Fähigkeiten schöpfen, daraus etwas schaffen. Alles mögliche. Aber Ursache für Leid zu sein, Leid zu erschaffen, also als etwas Neues in die Welt zu bringen, ohne dass es zuvor der Schöpfung nicht schon als Möglichkeit zuinne wäre würde bedeuten, dass das Geschöpf den Schöpfer übersteigt. Und das entspricht überhaupt nicht christlicher Vorstellung. Nicht meiner und ich wüsste auch nicht, wo in christlicher Vorstellung diese Sicht zu finden wäre. Ich sehe da den fundamentalen Unterschied gar nicht, den Du siehst.

Hier schein ein Missverständnis vorzuliegen:

Natürlich beinhaltet die Annahme eines allmächtige und einzigen Schöpfers die Vorstellen, niemand anderes kann etwas hervorbringen, was nicht bereist durch den Schöpfer erzeugt wurde. Es ist auch nicht meine Aussage, die Menschen habe das Leid erzeugt, sondern "das Leid erst durch das Handeln von Menschen in das Leben gebracht" wurde. Die Aufmerksamkeit liegt auf dem Verb "bringen". Nach meinen Sprachverständnis beinhalte "bringen" nicht "erzeugen". Menschen habe durch ihr Handel die von Gott vorbeireitet Möglichkeit des Leides in ihr Leben gebracht. Auf der anderen Seite ist im Einklang mit der Vorstellung "Paradies" ein Leben ohne Leid denkmöglich. Leben im Paradies war/ist/wird frei von Leid. Leben muss somit nicht zwingend an Leid gekoppelt sein. Genau diese Denkmöglichkeit gibt es im Buddhismus meines Wissens nach nicht.

 

DonGato.

 

Ich habe verstanden, danke.

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Menschen habe durch ihr Handel die von Gott vorbeireitet Möglichkeit des Leides in ihr Leben gebracht.
häufig ja. immer nicht. ein tsunami, ein erdbeben läßt dir keinen ausweg. aber auch unfälle u.ä., lassen sich nicht sicher verhindern.

 

aus der sicht des verunfallten schon gar nicht.

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Long John Silver

 

 

Da ist Buddhismus aber noch besser, was "Leid überhöhen" anbetrifft.

Was das Funktionalisieren anbetrifft, scheint mir das ehr eine allgemein menschliche als denn eine spezifisch religiöse Sache zu sein.

 

Leben und damit auch jeder Glaube geht irgendwie nicht ohne Leiden.

Menschen - oder alle sozial lebenden Wesen- scheinen als Spezies auch Konflikte zu brauchen(ob mit Waffengewalt bezweifle ich jetzt mal).

 

Und deswegen beschäftigt sich auch die Philosphie damit.

 

Der Buddhismus erkennt Leid und strebt die Ueberwindung und Aufhebung an, jedoch problematisiert er keine Theodizee.

 

Dass Leben nicht ohne Leiden passiert, hat nichts mit der Funktionalisierung von Leid zu tun (ihm einen bestimmten uebergeordneten Sinn beizugeben).

 

Nun ja, wenn mich mein Wissen ber Buddhismus nicht ganz trügt, ist da das "Gotteskonzept" auch anders als im Christentum.

Ein gegnüber ist halt auch praktisch für Schuldzuweisungen.

 

Einer muss schuld sein. Wenn nicht die Umstaende, dann Gott.

 

Ja, das ist so eine Denkweise. Die Umstaende, seien sie auch noch so schlimm, reichen nicht, es muss etwas uebergeordnetes her.

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Long John Silver

also,

 

erstmal, damit wir uns richtig verstehen: "Theodizee" übersetze ich mit: "wie kann Gott all dieses Böse, und auch all dieses Leid, in dieser Welt zulassen?"

 

 

 

Ja. Ich frage mich seit langem, warum diese Frage eine solche Gewichtigkeit angenommen. Sie wird geradezu reflexartig bearbeitet, als sei sie wichtig, dabei ist die angebliche Wichtigkeit an Annahmen gebunden, die man zuerst getroffen hat, und welche die Frage erst ermoeglichen. Das einfachste ist doch, man schaut auf die Annahmen, wie es mit diesen steht (dem Gottesbild). Kommt mir bei dieser so beruehmten Frage vor, als wuerde das Pferd von hinten aufgezaeumt und die halbe Welt macht mit und haelt es fuer gerechtfertigt. Das wundert mich seit vielen Jahren, dieser Automatismus. Mecky hatte es in dem anderen Thread sogar als existenzielle Frage bezeichnet. Wie kann das sein, dass eine Frage, die nur auf bestimmten Annahmen beruht, existenziell wichtig wird (auch fuer den Glauben)? Eine Frage, die gar nicht zu beantworten ist? Das waere dasselbe, als wenn ich jetzt behaupte, der Mond sei aus Kaese und ich beginne mich jetzt, mit existenziell daran ab, ob mir irgendwann einmal ein Kruemel davon in den Mund fallen koennte, und wenn nicht, dann ist der Mond schuld.

bearbeitet von Long John Silver
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Ja. Ich frage mich seit langem, warum diese Frage eine solche Gewichtigkeit angenommen. Sie wird geradezu reflexartig bearbeitet, als sei sie wichtig, dabei ist die angebliche Wichtigkeit an Annahmen gebunden, die man zuerst getroffen hat, und welche die Frage erst ermoeglichen. Das einfachste ist doch, man schaut auf die Annahmen, wie es mit diesen steht (dem Gottesbild). [...] Mecky hatte es in dem anderen Thread sogar als existenzielle Frage bezeichnet. Wie kann das sein, dass eine Frage, die nur auf bestimmten Annahmen beruht, existenziell wichtig wird (auch fuer den Glauben)?

Wundert dich das? Du schilderst hier ein naturalistisches Weltbild (die Welt als objektiver Zusammenhang), wobei ich den Eindruck habe, daß das deine Vorstellungen nicht umfassend beschreibt. In einem naturalistischen Weltbild hat Theodizee (die Gerechtigkeit oder Rechtfertigung Gottes) keinen Platz, weil in ihm Götter keinen Platz haben. Atheisten sind damit draußen.

 

Für Theisten, also Menschen, die an Götter glauben, sie verehren, oder ähnliches, hängt es davon ab, welches Gottesbild sie haben. Da hast du vollkommen Recht. Das müssen nun die Theisten unter einander ausmachen. Allerdings ist und bleibt Theodizee ein Thema für jeden, der an einen "guten" Gott glaubt.

 

Warum das Thema so wichtig genommen wird? Nun, in Europa begann dies mit der Pest im 13. Jh. Bei einem Weltbild, dem entsprechend kein Vogel über den Himmel fliegt, ohne daß ein Gott seine Hand im Spiel hat, war einfach kaum zu erklären, warum so viele Menschen starben. Die heutige Antwort, es sei eben ein Bakterium gewesen, ist keine, denn warum gab es dieses Bakterium? Entscheidend war aber das Erdbeben von Lissabon 1755, Lissabon, wohl die frommsten Großstadt des damaligen Europa, das noch an Allerheiligen, und mit den meisten Opfern in den Kirchen. während ausgerechnet das Rotlichtviertel verschont blieb. Dieses Thema wurde von den Aufklärern wie Voltaire, Kant oder Lessing diskutiert, und weil es aus einem Gottesbild, das auf der Vorstellung einer "geschöpften" Welt beruht, einer Geschichte, die als Heilsgeschichte begriffen wurde, und noch heute wird, keine zufriedenstellende Antwort darauf gibt, ist dies bis heute ein Thema.

 

Das Thema Theodizee ist so wichtig, weil bis heute viele Christen davon ausgehen, daß man in dieser Welt Gottes Wirken beobachten könne, und dieser Gott allwissend, allmächtig und gut sei, und, das kommt wohl hinzu, dieses "gut" in etwa dem entspreche, was wir Menschen darunter verstehen. Sowohl im AT als auch im Koran gibt es dieses "Problem" scheinbar nicht, weil man sich zB auf die Nichtverstehbarkeit Gottes hinausredet, oder menschliche Maßstäbe von Gut und Böse für irrelevant hält.

 

Wenn man so will, beruht das Theodizeeproblem also auf einer an sich positiven Eigenschaft des Christentums, nämlich der, daß man davon ausgeht, das Gute sei für uns Menschen mit Vernunft und Empathie zu erkennen. Je mehr wir nun über diese Welt wissen, umso mehr kollidiert dieses Wissen mit unseren Vorstellungen von Gut und Böse, und damit mit der Idee, dieser Welt liege ein erkennbarer "Sinn" zugrunde. Dieser "Sinn" ist nichts anderes als ein erkennbares Zeichen, daß es da einen "Gott" gibt, der es gut nicht nur mit dieser Welt, sondern vor allem mit den vielen einzelnen Menschen meint, auf den man vertrauen kann, daß er auch das Leben der einzelnen Menschen irgendwie zum Guten wendet. Das ist es, denke ich, was Mecky umtreibt.

 

Daneben gibt es natürlich noch viele andere Gottesbilder, und von denen, da hast du vollkommen Recht, hängt ab, ob man diese Frage für entscheidend hält oder nicht. Aber das ist für jemanden wie mich, der kein Gottesbild hatt, der sich als Naturalist versteht, kein Thema. ;)

bearbeitet von Marcellinus
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Long John Silver

 

Ja. Ich frage mich seit langem, warum diese Frage eine solche Gewichtigkeit angenommen. Sie wird geradezu reflexartig bearbeitet, als sei sie wichtig, dabei ist die angebliche Wichtigkeit an Annahmen gebunden, die man zuerst getroffen hat, und welche die Frage erst ermoeglichen. Das einfachste ist doch, man schaut auf die Annahmen, wie es mit diesen steht (dem Gottesbild). [...] Mecky hatte es in dem anderen Thread sogar als existenzielle Frage bezeichnet. Wie kann das sein, dass eine Frage, die nur auf bestimmten Annahmen beruht, existenziell wichtig wird (auch fuer den Glauben)?

Wundert dich das? Du schilderst hier ein naturalistisches Weltbild (die Welt als objektiver Zusammenhang), wobei ich den Eindruck habe, daß das deine Vorstellungen nicht umfassend beschreibt. In einem naturalistischen Weltbild hat Theodizee (die Gerechtigkeit oder Rechtfertigung Gottes) keinen Platz, weil in ihm Götter keinen Platz haben. Atheisten sind damit draußen.

 

Für Theisten, also Menschen, die an Götter glauben, sie verehren, oder ähnliches, hängt es davon ab, welches Gottesbild sie haben. Da hast du vollkommen Recht. Das müssen nun die Theisten unter einander ausmachen. Allerdings ist und bleibt Theodizee ein Thema für jeden, der an einen "guten" Gott glaubt.

 

Warum das Thema so wichtig genommen wird? Nun, in Europa begann dies mit der Pest im 13. Jh. Bei einem Weltbild, dem entsprechend kein Vogel über den Himmel fliegt, ohne daß ein Gott seine Hand im Spiel hat, war einfach kaum zu erklären, warum so viele Menschen starben. Die heutige Antwort, es sei eben ein Bakterium gewesen, ist keine, denn warum gab es dieses Bakterium? Entscheidend war aber das Erdbeben von Lissabon 1755, Lissabon, wohl die frommsten Großstadt des damaligen Europa, das noch an Allerheiligen, und mit den meisten Opfern in den Kirchen. während ausgerechnet das Rotlichtviertel verschont blieb. Dieses Thema wurde von den Aufklärern wie Voltaire, Kant oder Lessing diskutiert, und weil es aus einem Gottesbild, das auf der Vorstellung einer "geschöpften" Welt beruht, einer Geschichte, die als Heilsgeschichte begriffen wurde, und noch heute wird, keine zufriedenstellende Antwort darauf gibt, ist dies bis heute ein Thema.

 

Das Thema Theodizee ist so wichtig, weil bis heute viele Christen davon ausgehen, daß man in dieser Welt Gottes Wirken beobachten könne, und dieser Gott allwissend, allmächtig und gut sei, und, das kommt wohl hinzu, dieses "gut" in etwa dem entspreche, was wir Menschen darunter verstehen. Sowohl im AT als auch im Koran gibt es dieses "Problem" scheinbar nicht, weil man sich zB auf die Nichtverstehbarkeit Gottes hinausredet, oder menschliche Maßstäbe von Gut und Böse für irrelevant hält.

 

Wenn man so will, beruht das Theodizeeproblem also auf einer an sich positiven Eigenschaft des Christentums, nämlich der, daß man davon ausgeht, das Gute sei für uns Menschen mit Vernunft und Empathie zu erkennen. Je mehr wir nun über diese Welt wissen, umso mehr kollidiert dieses Wissen mit unseren Vorstellungen von Gut und Böse, und damit mit der Idee, dieser Welt liege ein erkennbarer "Sinn" zugrunde. Dieser "Sinn" ist nichts anderes als ein erkennbares Zeichen, daß es da einen "Gott" gibt, der es gut nicht nur mit dieser Welt, sondern vor allem mit den vielen einzelnen Menschen meint, auf den man vertrauen kann, daß er auch das Leben der einzelnen Menschen irgendwie zum Guten wendet. Das ist es, denke ich, was Mecky umtreibt.

 

Daneben gibt es natürlich noch viele andere Gottesbilder, und von denen, da hast du vollkommen Recht, hängt ab, ob man diese Frage für entscheidend hält oder nicht. Aber das ist für jemanden wie mich, der kein Gottesbild hatt, der sich als Naturalist versteht, kein Thema. ;)

 

 

Ich muss sagen, dass ich, bevor ich in dieses Forum, die Katastrophe von Lissabon nur kannte aus dem Unterricht, Serie "Groesste aufgezeichnete Katastrophen der Menschheitsgeschichte" - eben als Naturkatastrophe. Von irgendwelchen philosophischen Folgerungen daraus hatte ich bis dahin nichts gehoert, und ich denke auch, ich habe nicht wirklich etwas versaeumt. Das alles mag meinem geographischen und kulturellen Hintergrund liegen, jedenfalls musste ich mich recht muehsam in dieses "Problem" einarbeiten, weil es offenbar ein Thema war, das User hier immer wieder beschaeftige. Es faellt mir auch heute noch schwer, die angebliche Tragweite zu erkennen des Problems, das gebe ich gern zu. Ich beschaeftigte mich allerdings damit rein abstrakt und das ist bis jetzt auch so geblieben.

 

Der zweite Teil meiner Antwort geht jetzt nicht an dich direkt, sondern ist allgemein. Selbst wenn man Gott als Schoepfer betrachtet, ist nicht zwingend notwendig, von ihm eine Rechtfertigung zu verlangen oder zu versuchen, ihn zu rechtfertigen, was die Zustaende in der Welt betrifft. Die Schopefun , die ich zugebenerweise auf der Basis der juedischen Theologie gelesen habe, sagt nichts ueber Moral oder Gut und Boese nach menschlichen Masstaben. Der Begriff "Gut" bezieht sich auf das Ordnungsprinzip, mit dem das Chaos zurueckgedraengt wurde, also auf eine Gesetzmaessigkeit, die eintrat und die "gut" ist in dem Sinn, dass und weil sie funktioniert. Da viel mehr hinein zu interpretieren, halte ich fuer verwegen. Folgen kann ich dieser Gesetzmaessigkeit gut. Zum einen entnehme ich ihr, dass in den naechsten Sekunden nicht ploetzlich die Schwerkraft aufhebt nach allem Ermessen, zum anderen bedeutet ein Ordnungsprinzip spirituell keine Aussage ueber spezielle Eigenschaften dieses Prinzips. Die mag es haben, aber so wenig wie das Ordnungsprinzip selbst wirklich erkennbar und durchschaubar ist, sind seine Eigenschaften erkennbar und durchschaubar. Was also ist der Sinn von Spekulationen darueber?

bearbeitet von Long John Silver
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