DonGato Geschrieben 30. Januar 2015 Melden Share Geschrieben 30. Januar 2015 .... Der zweite Teil meiner Antwort geht jetzt nicht an dich direkt, sondern ist allgemein. Selbst wenn man Gott als Schoepfer betrachtet, ist nicht zwingend notwendig, von ihm eine Rechtfertigung zu verlangen oder zu versuchen, ihn zu rechtfertigen, was die Zustaende in der Welt betrifft. Die Schopefun , die ich zugebenerweise auf der Basis der juedischen Theologie gelesen habe, sagt nichts ueber Moral oder Gut und Boese nach menschlichen Masstaben. Der Begriff "Gut" bezieht sich auf das Ordnungsprinzip, mit dem das Chaos zurueckgedraengt wurde, also auf eine Gesetzmaessigkeit, die eintrat und die "gut" ist in dem Sinn, dass und weil sie funktioniert. Da viel mehr hinein zu interpretieren, halte ich fuer verwegen. Folgen kann ich dieser Gesetzmaessigkeit gut. Zum einen entnehme ich ihr, dass in den naechsten Sekunden nicht ploetzlich die Schwerkraft aufhebt nach allem Ermessen, zum anderen bedeutet ein Ordnungsprinzip spirituell keine Aussage ueber spezielle Eigenschaften dieses Prinzips. Die mag es haben, aber so wenig wie das Ordnungsprinzip selbst wirklich erkennbar und durchschaubar ist, sind seine Eigenschaften erkennbar und durchschaubar. Was also ist der Sinn von Spekulationen darueber? Diese Argumentation kenne ich in folgender Form: Als Gott die Welt ordnete, war es nur so und nicht anders (-> besser) möglich. Warum das nicht "besser" möglich war, ist dem Menschen unverständlich. Leid ist dann eine nicht vermeidbare Inperfektion bei der Weltenordnung. Das beinhaltet noch die Annahme, eine geordnete Welt, ganz gleich wie schlecht sie auch sein mag, ist immer noch besser als ein ungeordnetes Chaos. Das entspricht etwa dem, was Du hier schreibst - so weit wie ich Dich verstanden habe. Nun kann man den infiniten Regress des Hinterfragens an dieser Stelle abbrechen und sich damit zu frieden geben, dass die Welt so ist, wie sie ist und das in der Welt Leid existiert. Nun gibt es Menschen, die sich damit nicht zu frieden geben, die sich fragen, warum eine göttliche Allmacht nicht ausreicht, eine Welt perfekt zu ordnen. Dann folgt recht einfach der Gedanke, Gott hat extra das Leid erschaffen und Leid hat eine gottgewollte Funktion in der Welt. Damit ist man wieder beim Ausgangspunkt der Theodizee. DonGato. Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Der Geist Geschrieben 30. Januar 2015 Melden Share Geschrieben 30. Januar 2015 (bearbeitet) Diese Argumentation kenne ich in folgender Form: Als Gott die Welt ordnete, war es nur so und nicht anders (-> besser) möglich. Leibnitz: Die beste aller Welten....das hat allerdings schon Voltaire zu Spott und Hohn veranlasst.....nachzulesen im Candide oder der Optimismus. bearbeitet 30. Januar 2015 von Der Geist Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
mn1217 Geschrieben 30. Januar 2015 Melden Share Geschrieben 30. Januar 2015 Hm, ich finde den Leibnizansatz ganz gut. Gott hat die Welt so geschaffen, dass sie uns entspricht. Und Gott hat uns so geschaffen,wie wir eben sind. Mit Entwicklung usw. Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Long John Silver Geschrieben 30. Januar 2015 Autor Melden Share Geschrieben 30. Januar 2015 (bearbeitet) .... Der zweite Teil meiner Antwort geht jetzt nicht an dich direkt, sondern ist allgemein. Selbst wenn man Gott als Schoepfer betrachtet, ist nicht zwingend notwendig, von ihm eine Rechtfertigung zu verlangen oder zu versuchen, ihn zu rechtfertigen, was die Zustaende in der Welt betrifft. Die Schopefun , die ich zugebenerweise auf der Basis der juedischen Theologie gelesen habe, sagt nichts ueber Moral oder Gut und Boese nach menschlichen Masstaben. Der Begriff "Gut" bezieht sich auf das Ordnungsprinzip, mit dem das Chaos zurueckgedraengt wurde, also auf eine Gesetzmaessigkeit, die eintrat und die "gut" ist in dem Sinn, dass und weil sie funktioniert. Da viel mehr hinein zu interpretieren, halte ich fuer verwegen. Folgen kann ich dieser Gesetzmaessigkeit gut. Zum einen entnehme ich ihr, dass in den naechsten Sekunden nicht ploetzlich die Schwerkraft aufhebt nach allem Ermessen, zum anderen bedeutet ein Ordnungsprinzip spirituell keine Aussage ueber spezielle Eigenschaften dieses Prinzips. Die mag es haben, aber so wenig wie das Ordnungsprinzip selbst wirklich erkennbar und durchschaubar ist, sind seine Eigenschaften erkennbar und durchschaubar. Was also ist der Sinn von Spekulationen darueber? Diese Argumentation kenne ich in folgender Form: Als Gott die Welt ordnete, war es nur so und nicht anders (-> besser) möglich. Warum das nicht "besser" möglich war, ist dem Menschen unverständlich. Leid ist dann eine nicht vermeidbare Inperfektion bei der Weltenordnung. Das beinhaltet noch die Annahme, eine geordnete Welt, ganz gleich wie schlecht sie auch sein mag, ist immer noch besser als ein ungeordnetes Chaos. Das entspricht etwa dem, was Du hier schreibst - so weit wie ich Dich verstanden habe. Nun kann man den infiniten Regress des Hinterfragens an dieser Stelle abbrechen und sich damit zu frieden geben, dass die Welt so ist, wie sie ist und das in der Welt Leid existiert. Nun gibt es Menschen, die sich damit nicht zu frieden geben, die sich fragen, warum eine göttliche Allmacht nicht ausreicht, eine Welt perfekt zu ordnen. Dann folgt recht einfach der Gedanke, Gott hat extra das Leid erschaffen und Leid hat eine gottgewollte Funktion in der Welt. Damit ist man wieder beim Ausgangspunkt der Theodizee. DonGato. Diese Fragen sind nicht zwingend. Ein Begriff wie "bessere Welt" ist durch nichts zu definieren, denn wir haben keine Moeglichkeit, irgendeine andere Welt als unsere zu beurteilen und was wir fuer besser halten, kann andere sehr gravierende Nachteile haben oder auch den Nachteil, dass es uns nicht gaebe, weil es kein Leben gaebe, oder was auch immer es fuer Vorteile oder Nachteile geben koennte (der Phantasie sind da keine Grenzen gesetzt, ueberpruefen koennen wir nichts davon). Es gibt also gar keinen Masstab fuer die Vorstellung "bessere Welt als unsere". Ob es die beste aller Welten ist, wissen wir erst recht nicht, fuer uns ist es realistisch die einzige und somit sowieso die "beste" in dem Sinn, dass wir in ihr existieren. Wir wuerden allerdings auch eine Welt, in der wir nicht existierten, nicht schlechter finden, nein, wir wuerden gar nichts darueber denken, weil es uns nicht gaebe. So laeuft alles auf den Punkt hin, dass wir ueberhaupt keinen Masstab entwickeln koennen, was Welten betrifft, ob besser oder schlechter (in unserem Sinn, was wir fuer besser oder schlechter halten moegen). Es faengt nur an, sich im Kreis zu drehen, wenn man beginnt, Eigenschaften festzuschreiben. Dann kommt man wohl aus der Spirale der Theodizee nicht mehr heraus. Ich persoenlich kann mit der Vorstellung einer Schoepfung, die auf einem Ordnungsprinzip beruht, auch gut leben (jwas ich auch tue). In dem Modell der Genesis sagt Gott nicht: ich habe eine Welt ohne Leid erschaffen und siehe, sie ist sehr gut. Der Text der Schoepfungsgeschichet aeussert sich in keinster Weise, was diese Qualitaet "gut" denn jetzt bedeuten soll ausser: diese Welt funktioniert, es greift eines ins andere. In diesem Sinne ist der Text sehr klug, weil er sich nicht Wunschtraeume ergeht. Denn dass diese Welt funktioniert, stimmt ja. Das kann man sagen, egal ob man religioes ist oder nicht. bearbeitet 30. Januar 2015 von Long John Silver Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Der Geist Geschrieben 30. Januar 2015 Melden Share Geschrieben 30. Januar 2015 In mir sträubt sich alles anzunehmen dass Gottdie Ursache des Leidens Unschuldiger, insbesondere des Leidens unschuldiger Kinder sei. Ich haltre es da mit der Theologie, wie sie Johann Baptist Metz beispielhaft in der von ihm herausgegebenen Schrift „Landschaft aus Schreien“ entwickelt hat.Metz hält dem zur Theologie gewordenen Christentum vor, seine Leidempfindlichkeit oder – theologisch gesprochen – seine besondere „Theodizee-Empfindlichkeit“ d.h. die „Beunruhigung durch die Frage nach der Gerechtigkeit für die unschuldig Leidenden“ verloren zu haben. „Das Christentum verwandelte sich aus einer Leidensmoral in eine extrem individualisierte Sündenmoral. aus einem leidempfindlichen Christentum wurde ein sehr sündenempfindliches“ Unter der Überschrift „Theodizee-empfindliche Gotteserfahrung“ stellt Metz fest, dass die Gebetssprache in den Psalmen, bei Hiob in den Klageliedern und in vielen Passagen der Prophetenbücher nicht so sehr trostreiche Antwort auf das erfahrene Leid sei, sondern eher eine leidenschaftliche Rückfrage aus dem Leid. In dieser Tradition sieht Metz auch die Gottesmystik Jesu. Sie sei in einzigartiger Weise eine Mystik des „Leidens an Gott“: Sein Schrei am Kreuz sei der Schrei jenes Gottverlassenen, der seinerseits Gott nie verlassen hatte. Das weise, meint Metz, daraufhin, dass Jesus der Gottheit Gottes stand hält. „In der Gottverlassenheit des Kreuzes bejaht er einen Gott, der noch anders und anderes ist, als das Echo unserer Wünsche […], der noch anderes ist, als die Antwort auf unserer Fragen; und wären sie die härtesten und leidenschaftlichsten – wie bei Hiob und schließlich wie bei Jesus selbst“.Die biblisch inspirierte Gotteserfahrung ist keine Mystik der verschlossenen Augen, sondern eine Mystik der offenen Augen, sie ist keine rein selbstbezügliche Wahrnehmung, sondern gesteigerte Wahrnehmung fremden Leids. 1 Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Flo77 Geschrieben 30. Januar 2015 Melden Share Geschrieben 30. Januar 2015 kann man den infiniten Regress des Hinterfragens an dieser Stelle abbrechen und sich damit zu frieden geben, dass die Welt so ist, wie sie ist und das in der Welt Leid existiert. Nun gibt es Menschen, die sich damit nicht zu frieden geben, die sich fragen, warum eine göttliche Allmacht nicht ausreicht, eine Welt perfekt zu ordnen. Dann folgt recht einfach der Gedanke, Gott hat extra das Leid erschaffen und Leid hat eine gottgewollte Funktion in der Welt. Damit ist man wieder beim Ausgangspunkt der Theodizee.Daß die Welt so ist, wie sie ist ist wohl nicht zu leugnen. Die interessantere Frage ist, ob es so was wie "objektives Leid" überhaupt gibt. Ich halte "Leid" für eine Kategorie, in die überhaupt nur der Mensch aufgrund seiner einzigartigen Kombination von Verstand, Empathie und Moral ein Geschehen einordnen kann. Leid ist damit etwas, was abhängig ist vom Menschsein. Die Natur ist amoralisch, für sie spielt der Tod oder die Krankheit einzelner Organismen keine Rolle. Ihr sind Waldbrände ebenso egal, wie Tsunamis oder Krakatau-Ausbrüche. Und auch wenn Tiere (unterschiedlich intensiv) Trauer, Verlust und Schmerz empfinden und ausdrücken können, dürfte diese "Leiderfahrung" kaum zu einer "warum ich?" oder "warum der andere?" führen. Nur wenige Dinge in diesem Universum sind nicht eine mögliche logische Folge sehr, sehr, sehr langer Kausalketten. Von daher ist die Frage eher, ob wir Menschen, Menschen wären, wenn die natürliche Ordnung nicht so wäre, wie sie ist. Für mich ist daher die interessantere Frage: Sind wir gewollt oder einfach das Produkt einer Verkettung seltsamer Zufälle? Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Marcellinus Geschrieben 30. Januar 2015 Melden Share Geschrieben 30. Januar 2015 Für mich ist daher die interessantere Frage: Sind wir gewollt oder einfach das Produkt einer Verkettung seltsamer Zufälle?Weder noch! Wir sind das Produkt unbeabsichtigter, unbewußter, nicht zielgerichteter, aber strukturierter Prozesse. Mit Zufall hat das nichts zu tun. Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
helmut Geschrieben 30. Januar 2015 Melden Share Geschrieben 30. Januar 2015 Für mich ist daher die interessantere Frage: Sind wir gewollt oder einfach das Produkt einer Verkettung seltsamer Zufälle?Weder noch! Wir sind das Produkt unbeabsichtigter, unbewußter, nicht zielgerichteter, aber strukturierter Prozesse. Mit Zufall hat das nichts zu tun. es hat nicht nur mit zufall zu tun. in den prozessen gibt es auch zufälle. Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Tojak Geschrieben 31. Januar 2015 Melden Share Geschrieben 31. Januar 2015 "Der Gott der Philosophen ist vor langer Zeit an der Theodizee verstorben" (Quelle leider unbekannt). "Wie man nach Auschwitz noch Gott loben soll, der alles so herrlich regieret, das weiß ich nicht" (Dorothee Sölle). Es gibt Theologen, die im Falle des Holocaust trotzdem den Widerspruch zwischen den Bildern eines allmächtigen und brachial ins Weltgeschehen eingreifenden, gleichzeit aber allgütigen Gottes nicht anerkennen wollen und dagegen setzen, dass hier schlicht der Mensch seine ihm gegebene Freiheit missbraucht habe. Diese Ausflucht verfängt letztlich auch nicht mehr bei Naturkatastrophen wie dem bekannten Erdbeben von Lissabon oder dem Tsunami vor ein paar Jahren. Das Erdbeben von Lissabon hat, wie schon oben irgendwo erwähnt, allerdings auch Leibniz' beste aller Welten schlecht aussehen lassen. Was übrigens auch nicht weiterhilft, ist, Gott bei Auftauchen dieser Frage in die (ausschließliche) Opferrolle rochieren zu lassen und auf den quasi solidarisch am Kreuz leidenden Jesus zu verweisen. Damit mag man manchen Gläubigen etwas an die Hand geben, aber eine kritische und halbwegs neutrale Diskussion hält dieses Argument nicht aus. Letzlich liegt das eigentliche Problem nicht bei Gott, sondern bei unseren falschen, gleichzeitig vereinfachenden und verabsolutierenden Vorstellungen und Begriffsbildungen über Gott. Menschen verwickeln sich mit ihren eigenen Begriffen über Gott in Widersprüche und machen das Gott zum Vorwurf. Das Eingangszitat bringt das pointiert zum Ausdruck. Ausführlicher und weniger polemisch hat Peter Knauer das in seinem Beitrag "Erlösung aus der Theodizeefrage" dargestellt. http://peter-knauer.de/30.html Thomas Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Long John Silver Geschrieben 31. Januar 2015 Autor Melden Share Geschrieben 31. Januar 2015 (bearbeitet) kann man den infiniten Regress des Hinterfragens an dieser Stelle abbrechen und sich damit zu frieden geben, dass die Welt so ist, wie sie ist und das in der Welt Leid existiert. Nun gibt es Menschen, die sich damit nicht zu frieden geben, die sich fragen, warum eine göttliche Allmacht nicht ausreicht, eine Welt perfekt zu ordnen. Dann folgt recht einfach der Gedanke, Gott hat extra das Leid erschaffen und Leid hat eine gottgewollte Funktion in der Welt. Damit ist man wieder beim Ausgangspunkt der Theodizee.Daß die Welt so ist, wie sie ist ist wohl nicht zu leugnen. Die interessantere Frage ist, ob es so was wie "objektives Leid" überhaupt gibt. Ich halte "Leid" für eine Kategorie, in die überhaupt nur der Mensch aufgrund seiner einzigartigen Kombination von Verstand, Empathie und Moral ein Geschehen einordnen kann. Leid ist damit etwas, was abhängig ist vom Menschsein. Die Natur ist amoralisch, für sie spielt der Tod oder die Krankheit einzelner Organismen keine Rolle. Ihr sind Waldbrände ebenso egal, wie Tsunamis oder Krakatau-Ausbrüche. Und auch wenn Tiere (unterschiedlich intensiv) Trauer, Verlust und Schmerz empfinden und ausdrücken können, dürfte diese "Leiderfahrung" kaum zu einer "warum ich?" oder "warum der andere?" führen. Nur wenige Dinge in diesem Universum sind nicht eine mögliche logische Folge sehr, sehr, sehr langer Kausalketten. Von daher ist die Frage eher, ob wir Menschen, Menschen wären, wenn die natürliche Ordnung nicht so wäre, wie sie ist. Für mich ist daher die interessantere Frage: Sind wir gewollt oder einfach das Produkt einer Verkettung seltsamer Zufälle? Ja, das sehe ich auch so. Unter anderem ist das, was wir oft als "Leid" erleben, die Folge von Liebesfaehigkeit (Tiere haben das auch, allerdings, wie du richtig sagst, in geringerem Umfang und ohne sich wahrscheinlich die Sinnfrage zu stellen, sie leiden einfach). Unsere Art, Beziehungen fuehren zu koennen (und auch als soziale Wesen zu muessen) zieht notwendigerweise Leid nach sich, in verschiedener Weise. Leid so denke ich aber auch, ist keine objektive Kategorie, die ausserhalb der Geschoepflichkeit und Kreatuerlichkeit existiert. Sie ist verknuepft mit unserer speziellen psychischen Ausstattung. Es geht also eher um die Situation des Leidens, nicht um eine uebergeordnete Sinnhaftigkeit. Also nicht "warum leide ich" (das laesst sich leicht erklaeren, wenn die Umstaende anschaut), sondern die Wahrnehmung, "dass ich leide", dass ich mitten in einer Situation stecke, die aeusserst von mir abfordert, der ich gern entrinnen moechte, aber nicht kann. Es ist natuerlich die Frage ob auf welche Weise auch immer eine Entwicklung, ein wie auch immer aussehender Plan existiert, in dem Geschoepfe wir entstehen koennen und vielleicht auch sollten, die evolutionaer mit solchen Faehigkeiten zur Reflexion ausgestattet sind. In der Evolution, da bin ich mir sicher, gibt es nichts ohne eine Gegengewicht, es gibt nichts ohne einen Preis, es gibt keine Vollkommenheit, sondern hoechstens eine Art versuchter Ausgewogenheit. So bezahlen wir fuer unsere noetige enorme Liebesfaehigkeit und unserer enormes spezielles Bewusstsein auch einen enormen Preis. Wir koennen unserem Menschsein nicht entrinnen. bearbeitet 31. Januar 2015 von Long John Silver Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
GermanHeretic Geschrieben 31. Januar 2015 Melden Share Geschrieben 31. Januar 2015 Letzlich liegt das eigentliche Problem nicht bei Gott, sondern bei unseren falschen, gleichzeitig vereinfachenden und verabsolutierenden Vorstellungen und Begriffsbildungen über Gott. Menschen verwickeln sich mit ihren eigenen Begriffen über Gott in Widersprüche und machen das Gott zum Vorwurf. Das Theodizee-Problem tritt in der Tat nur bei einer Kombination von verabsolutierten Aspekten eines Gottes auf. Der Vorwurf dieses Problem geht auch nicht gegen diesen Gott, sondern gegen die Leute, die einem weismachen wollen, daß deren in sich widersprüchliche Vorstellungswelt die Wahrheit sei. Letzteres kann ganz einfach wg. der Theodizee nicht sein. Die Theodizee zwingt einen logisch, irgendwo einen gewissen Abstrich in der Gottesvorstellung zu machen. Je nachdem wo man das macht, stört es mal die einen mal die anderen, und führt zu endlosen Diskussionen wie diesen. 1 Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Flo77 Geschrieben 31. Januar 2015 Melden Share Geschrieben 31. Januar 2015 Es ist natuerlich die Frage ob auf welche Weise auch immer eine Entwicklung, ein wie auch immer aussehender Plan existiert, in dem Geschoepfe wir entstehen koennen und vielleicht auch sollten, die evolutionaer mit solchen Faehigkeiten zur Reflexion ausgestattet sind. In der Evolution, da bin ich mir sicher, gibt es nichts ohne eine Gegengewicht, es gibt nichts ohne einen Preis, es gibt keine Vollkommenheit, sondern hoechstens eine Art versuchter Ausgewogenheit. So bezahlen wir fuer unsere noetige enorme Liebesfaehigkeit und unserer enormes spezielles Bewusstsein auch einen enormen Preis. Wir koennen unserem Menschsein nicht entrinnen.Und das ist nach meinem dafürhalten auch die Grundaussage der Sündenfall-Episode. Die Erkenntnis von Gut und Böse sowie die Fähigkeit zu sozialen Bindungen ("und er erkannte Eva") gibt es nur um den Preis, daß man seine Fehler als solche erkennt und sie einen verfolgen können. Diese Weitsicht bedingt auch, daß der Mensch sich seiner eigenen Sterblichkeit bewusst ist. Durch das Menschsein ist die Sünde in die Welt gekommen, weil die übrige Schöpfung überhaupt nicht sündigen konnte (auch der Mensch nicht vor seiner Bewusstseinswerdung). Die Theorie von Harmonie und Ausgewogenheit ist in asiatischen Kulturen weitaus ausgeprägter als bei uns, während bei uns das Bewusstsein von Leistung und zu zahlendem Preis im Vordergrund steht - was aber wohl letztlich auf das Gleiche hinausläuft. Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Flo77 Geschrieben 31. Januar 2015 Melden Share Geschrieben 31. Januar 2015 Letzlich liegt das eigentliche Problem nicht bei Gott, sondern bei unseren falschen, gleichzeitig vereinfachenden und verabsolutierenden Vorstellungen und Begriffsbildungen über Gott. Menschen verwickeln sich mit ihren eigenen Begriffen über Gott in Widersprüche und machen das Gott zum Vorwurf.Das Theodizee-Problem tritt in der Tat nur bei einer Kombination von verabsolutierten Aspekten eines Gottes auf. Der Vorwurf dieses Problem geht auch nicht gegen diesen Gott, sondern gegen die Leute, die einem weismachen wollen, daß deren in sich widersprüchliche Vorstellungswelt die Wahrheit sei. Letzteres kann ganz einfach wg. der Theodizee nicht sein. Die Theodizee zwingt einen logisch, irgendwo einen gewissen Abstrich in der Gottesvorstellung zu machen. Je nachdem wo man das macht, stört es mal die einen mal die anderen, und führt zu endlosen Diskussionen wie diesen.Du gehst also auch davon aus, daß Leid objektiv feststellbar ist? Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
GermanHeretic Geschrieben 31. Januar 2015 Melden Share Geschrieben 31. Januar 2015 Du gehst also auch davon aus, daß Leid objektiv feststellbar ist? Ja sicher. Es ist objektiv feststellbar, ob jemand leidet oder nicht. Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Flo77 Geschrieben 31. Januar 2015 Melden Share Geschrieben 31. Januar 2015 Wie stellst Du objektiv Leid fest, wenn Du keine Beziehung bzw. keine empathische Verbindung zum Leidenden hast? Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
GermanHeretic Geschrieben 31. Januar 2015 Melden Share Geschrieben 31. Januar 2015 Wie stellst Du objektiv Leid fest, wenn Du keine Beziehung bzw. keine empathische Verbindung zum Leidenden hast? Wenn man eine Beziehung zum Leidenden hat, ist das alles andere als objektiv. Je enger desto weniger. Aber frag' die Neurologen, das wird man schon messen können. Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Der Geist Geschrieben 31. Januar 2015 Melden Share Geschrieben 31. Januar 2015 (bearbeitet) Wie stellst Du objektiv Leid fest, wenn Du keine Beziehung bzw. keine empathische Verbindung zum Leidenden hast? 1. Es ist leicht festzustellen dass jemand leidet auch wenn man zu ihm keine Beziehung hat. Ich brauche den/die Leidende nicht einmal zu kennen. Doe Probe auf Exempel ist angesichts von Bildern aus Kriegen, Hungergebieten und Konzentrationslagern wohl nicht sehr schwierig, soferne man wie Metz es empfiehlt keine Mystik der verschlossenen Augen, sondern eine Mystik der offenen Augen betreibt, alos sie ist keine rein selbstbezügliche Wahrnehmung, sondern gesteigerte Wahrnehmung fremden Leids. 2. Ein Christ der zu einem Leidenden keine empathische Verbindung hat seine Religion wohl irgendwie missverstanden bzw verweigert sich dem Gebot der Nächstenliebe. Er bestätigt Metz der behauptet, das zur Theologie gewordenen Christentum habe seine Leidempfindlichkeit oder – theologisch gesprochen – seine besondere „Theodizee-Empfindlichkeit“ d.h. die „Beunruhigung durch die Frage nach der Gerechtigkeit für die unschuldig Leidenden“ verloren. Quellen dazu. Johann Baptist Metz, Landschaft aus Schreien, ders. Memoria Passionis bearbeitet 31. Januar 2015 von Der Geist Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Long John Silver Geschrieben 31. Januar 2015 Autor Melden Share Geschrieben 31. Januar 2015 (bearbeitet) Ich denke, ueber die Frage, ob wir etwas bei uns oder anderen als Leid wahrnehmen, brauchen wir nicht zu diskutieren, das ist so (hat auch Flo nicht infrage gestellt). Es ging eher darum, ob eine Wahrnehmung von Leid auch ausserhalb unserer Geschoepflichkeit vorhanden ist, also ob Leid objektiv ist oder einfach an bestimmte Wahrnehmungsmoeglichkeiten gebunden. Nimmt man das letztere an, ist Leid Bezeichnung fuer einen bestimmten als leidvoll wahrgenommenen Zustand, wenn der nicht erreicht werden kann, gibt es auch keinen Begriff dafuer. Mich interessiert auch eher die Angewohnheit, Leiderfahrung religioes funktionalisieren zu wollen, ihnen also einen uebergeordneten Sinn zu verpassen bzw. die Erfahrung von Leid zum Anlass zu nehmen, ueberhaupt nicht mehr religioes sein zu wollen/zu koennen (was wiederum daher kommt, dass man jemand ein bestimmtes Gottesbild vermittelt hat, das unter solcher Belastung jaeh zusammenbricht und sich in Luft aufloest). Mich hat auch ein bestimmter religioese Automatismus interessiert, durch dem Leid offenbar letzen Endes doch immer etwas Positives zugewiesen wird und sei es, dass man angeblich daran reift oder dass eine offene oder versteckte Leidensmystik entwickelt wird. Fast als sei Leid eine Art Selbstzweck. Ich denke, das ist im Christentum sehr ausgepraegt zelebriert worden und auch theologisch begruendet. Ich sehe keinen Sinn im Leid, sondern einen unabaenderbaren Mechanismus, der sich aus den Zusammenhaengen ergibt, in denen man lebt. Selbst wenn man Gott als die Ursache dieser Zusammenhaenge sieht, ergibt sich daraus nicht notwendig eine Theodizee. bearbeitet 31. Januar 2015 von Long John Silver Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Lothar1962 Geschrieben 31. Januar 2015 Melden Share Geschrieben 31. Januar 2015 Ich sehe keinen Sinn im Leid, sondern einen unabaenderbaren Mechanismus, der sich aus den Zusammenhaengen ergibt, in denen man lebt. Das "unabänderbar" klingt aber jetzt so, als ob Leidensminimierung nicht notwendig, da sinnlos wäre. Ich bin mir ziemlich sicher, dass Du das nicht gemeint hast - schon alleine aufgrund Deiner Eröffnung dieses Threads kann das wohl nicht sein. Aber ich hörte solche Äußerungen bereits im RL AUCH aus christlichen Kreisen ("warum soll man Leid medikamentös minimieren? Dann leidet der Betroffene halt an was anderem" - ist allerdings nicht typisch christlich, sondern eher typisch bösartig). Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Flo77 Geschrieben 31. Januar 2015 Melden Share Geschrieben 31. Januar 2015 Ohne die Aversion gegen das Leid des anderen (und des eigenen Leids), wäre menschliche Gesellschaft auf Dauer wohl kaum denkbar. Minderung fremden Leids ist ein sehr starker Kitt, der Beziehungen festigt. Das Bestreben Leid zu mindern ist allerdings eher unabhängig von der Frage nach dem Warum? (die ja nicht gleichbedeutend ist mit der Frage wie es dazu kam). Denn natürlich ist die Minderung des Leids eine Verbesserung der gesamten Situation - und damit auch letztlich der eigenen. Ganz vermeidbar wird das Leiden aber schon allein aufgrund der Beschaffenheit unserer Umwelt nicht sein. Genauso, wie es je nach Definition in jeder Gesellschaft "Arme" geben wird, werden die Naturgesetze auch immer wieder Naturkatastrophen verursachen - ebenso werden die Menschen (aufgrund ihrer eigenen Beschaffenheit) vermutlich niemals an den Punkt kommen, an dem keiner dem anderen mehr Leid zufügt. Mir eine leidfreie Welt vorzustellen, erscheint mir unter den Bedingungen der Schöpfung mit unserem menschlichen kognitiven und empathischen völlig unmöglich - und für unsere jetzige Form der Existenz auch nur bedingt sinnvoll (bezogen auf die Menschheit als Ganzes - das Individuum sieht das im konkreten Einzelfall natürlich anders aus). Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
GermanHeretic Geschrieben 31. Januar 2015 Melden Share Geschrieben 31. Januar 2015 Ich denke, das ist im Christentum sehr ausgepraegt zelebriert worden und auch theologisch begruendet. Ich sehe keinen Sinn im Leid, sondern einen unabaenderbaren Mechanismus, der sich aus den Zusammenhaengen ergibt, in denen man lebt. Selbst wenn man Gott als die Ursache dieser Zusammenhaenge sieht, ergibt sich daraus nicht notwendig eine Theodizee. Ja, aber gegenüber dem "üblichen" Christentum ist das eine leichte Veränderung im Weltbild. Wie gesagt, Theodizee schlägt nur bei sehr engen Rahmenbedingungen zu, die nur in gewissen aber weit verbreiteten Formen des Christentums vorliegen. Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Long John Silver Geschrieben 2. Februar 2015 Autor Melden Share Geschrieben 2. Februar 2015 (bearbeitet) Hi, bitte mit weiteren Antworten warten, weil momentan Postings auf meine Bitte hin geloescht werden und zwar alle ab Volkers erstem Posting zum Thema. Volker, ich beabsichtige nicht aus meinem Thread eine deiner persoenlichen Predigtstunden zu machen. Stell dich an eine andere Ecke im Internet zur Selbstdarstellung und halte deine Vortraege. Ich habe Gouvernante um Loeschung gebeten. Kalten Kaffee brauchen wir nicht. Ich moechte hier deine abgestandenen Predigten nicht haben. Dies nur zur Info. (Kann dann auch geloescht werden, danke!) Ich lasse diese Info mal stehen. gouvernante als mod bearbeitet 2. Februar 2015 von gouvernante 2 Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Long John Silver Geschrieben 2. Februar 2015 Autor Melden Share Geschrieben 2. Februar 2015 Ich denke, das ist im Christentum sehr ausgepraegt zelebriert worden und auch theologisch begruendet. Ich sehe keinen Sinn im Leid, sondern einen unabaenderbaren Mechanismus, der sich aus den Zusammenhaengen ergibt, in denen man lebt. Selbst wenn man Gott als die Ursache dieser Zusammenhaenge sieht, ergibt sich daraus nicht notwendig eine Theodizee. Ja, aber gegenüber dem "üblichen" Christentum ist das eine leichte Veränderung im Weltbild. Wie gesagt, Theodizee schlägt nur bei sehr engen Rahmenbedingungen zu, die nur in gewissen aber weit verbreiteten Formen des Christentums vorliegen. Ja, natuerlich bedeutet das ein veraendertes Gottesbild, das weiss ich. Ich frage mich einfach, jetzt mal provokativ gefragt, ob die statische Aussage "Gott ist Liebe" nicht in gewisser Weises mehr Unheil anrichtet als Gutes. Unheil in dem Sinn, dass sie Diskussionen auf den Plan ruft, die sonst gar nicht entstuendern, Unheil auch in dem Sinn, dass solche Aussagen sich unter Umstaenden sehr negativ auswirken, wenn naemlich Leute diese Aussage so sehr naiv fuer wahr gehalten haben (im Sinn von: mir kann nichts passsieren), und dann aus allen Wolken und auch aus dem Glauben heraus fallen, wenn doch etwas passiert. Ich will damit nicht sagen, dass die Aussage "Gott ist Liebe" falsch ist oder abgeschafft werden soll, um Gotteswillen.Ich wuerde mir einfach einen differenzierten Umgang damit wuenschen und nicht den, dass man dann Zweifelnde eventuell auf die "Spuren im Sand" verweist oder auf das Fallen in Gottes Hand. Da bekomme ich eine leichte Krise, ich wuerde darauf sehr aggressiv reagieren und es billigste Vertroestung ansehen. Es geht mir also darum, was vermittelt wird in einem Gottesbild und wie undifferenziert es unter Umstaenden vermittelt wird. Als Nichtkatholik habe ich natuerlich den Vorteil, dass das Gottesbild meiner christlichen Sozialisation erheblich von dem abweicht, was die katholische Kirche vermittelt, und mir das auch relativ fremd ist, was dort vermittelt wird. Man glaubt es nicht, welche Unterschiede bestehen, wenn man es nicht erlebt hat. Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Werner001 Geschrieben 2. Februar 2015 Melden Share Geschrieben 2. Februar 2015 Als Nichtkatholik habe ich natuerlich den Vorteil, dass das Gottesbild meiner christlichen Sozialisation erheblich von dem abweicht, was die katholische Kirche vermittelt, und mir das auch relativ fremd ist, was dort vermittelt wird. Man glaubt es nicht, welche Unterschiede bestehen, wenn man es nicht erlebt hat. Das hört sich interessant an. Kannst du das näher erläutern? Werner Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Volker Geschrieben 2. Februar 2015 Melden Share Geschrieben 2. Februar 2015 Eine Frage ist dann "kalter Kaffee", wenn Du Dich nie damit beschäftigt hast und es auch nicht tun willst? Interessante Definition. Aber da bin ich auch schon wieder weg, ich verschone Dich in Zukunft mit Fragen zu Deinem Weltbild. Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
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