Studiosus Geschrieben 5. August 2018 Melden Share Geschrieben 5. August 2018 (bearbeitet) Mal was zum Thema: Scheinbar geistert aktuell ein Ausschnitt eines amerikanischen Pfarreibulletins durch das Netz (ob die Seite hier verlinkt werden sollte, weiß ich nicht). Der Kaplan der Pfarrei - Mitglied der FSSP und beschäftigt in einer Personalpfarrei des ao. Usus - nimmt Bezug auf die angekündigte Änderung des KKK hinsichtlich der Todesstrafe. Zusammenfassend behauptet er: Die geplante Änderung des Textes widerspricht dem Naturrecht und der beständigen Lehre der Kirche. Offensichtlich irrt der Heilige Stuhl in dieser Angelegenheit und kein Katholik sollte sich in dieser Hinsicht an den Katechismus gebunden fühlen. Nun frage ich mich, ob diese so getane Aussage - auch in schriftlicher Form im Pfarrblatt - nicht im engeren Sinne eine formelle Häresie konstituiert. Darüber habe ich mir noch keine abschließende Meinung gebildet. Meinungen hierzu? Saluti cordiali, Studiosus. bearbeitet 5. August 2018 von Studiosus Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Spadafora Geschrieben 5. August 2018 Melden Share Geschrieben 5. August 2018 ich denke nicht es sei das hl.Offizium sagt was anderes was mich zu einer andere Frage führt warum wird der KKK so hoch bewertet daß Benedikt XVI ihn zur Grundlage für die Anglikaner machte die Anglikanorum Coetibus in Anspruch nehmen wollten nie vorher hat ein Papst einen Katechismus so einen Stellenwert gegeben andererseits sollten ja Volks katechismen auf Grundlage des KKK erscheinen was nie geschehen ist alles sehr komisch Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Studiosus Geschrieben 5. August 2018 Melden Share Geschrieben 5. August 2018 Was mich hauptsächlich interessiert ist die Stellung der Doktrin der Todesstrafe im Lehrgebäude der Kirche. Soweit mir bekannt ist dies keine definitive Lehre über den Glauben oder die Sitten. Ergo nicht unfehlbar (sonst wäre auch die aktuelle Änderungen nicht denkbar). Anderseits ist die Änderung durch Franziskus ein Akt des ordentlichen Lehramts. U.a. Pius XII. betont, dass auch die Akte des ordentlichen Lehramts nicht leichtfertig gering geachtet werden dürfen. Eine Aporie? Saluti cordiali, Studiosus. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
gouvernante Geschrieben 5. August 2018 Melden Share Geschrieben 5. August 2018 Differenzierte Darstellung: Die Lehre entwickelt sich, und es gibt kein Zurück Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Studiosus Geschrieben 5. August 2018 Melden Share Geschrieben 5. August 2018 (bearbeitet) vor 22 Minuten schrieb gouvernante: Differenzierte Darstellung: Die Lehre entwickelt sich, und es gibt kein Zurück Sehr "differenziert", in der Tat. Das muss wohl am Blickwinkel liegen. Jedenfalls stellt der Hw. Pater die Traditionalisten bzw. das Anliegen der Tradition ziemlich gefärbt und eben gerade undifferenziert dar. Nur als Kostprobe: Zitat In der extremsten Form verbindet diese Einstellung ein abgöttisches Hängen an der unreformierten Liturgie mit der Weltanschauung des Syllabus Errorum. Der liturgische Höhepunkt wurde für sie 1580 erreicht, der theologische 1864, und beide Hochpunkte müssen für alle Zeit konserviert und gegen jede modernistische Neuerung und Entwicklung verteidigt werden. Es lässt sich so sagen: Die Kirche wird an dem Tag die tridentinische Liturgie als universelle Form ihrer "lex orandi" einführen, an dem sie den Kirchenstaat zurückerobert Ganz abgesehen vom polemischen Ton sind auch inhaltliche Fehler enthalten: Das fragliche Missale Romanum Pius V. stammt nicht aus 1580, sondern von 1570. Ebenso ist die Verbindung zwischen Kirchenstaat und "tridentinischer Messe" dümmlich. Wie bekannt sein dürfte wurde bis 1969/70 nach der letzten Ausgabe des Missale Romanum (Editio Typica 1962, Johannes XXIII.) in der "unreformierten" Fassung zelebriert (zwischenzeitlich gab es noch das wenig bekannte Interimsmissale von 1965). Da war der Kirchenstaat bereits ein gutes Jahrhundert passé. Dem verehrten Autor sind Nachhilfestunden in Liturgie- und Kirchengeschichte anzuempfehlen. Aber solange gegen die Tradition geschossen wird findet wohl alles Beifall. Saluti cordiali, Studiosus. bearbeitet 5. August 2018 von Studiosus Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Dies ist ein beliebter Beitrag. Chrysologus Geschrieben 6. August 2018 Dies ist ein beliebter Beitrag. Melden Share Geschrieben 6. August 2018 Nun, wenn falsche Jahreszahlen alles sind, was an Kritik einfällt, dann ist das wenig. Der Autor verteidigt die katholische Tradition vor allem gegen Anhänger jenes Patchworkglaubens, die sich selbst "die Tradion" nennen und deren Denken er zutreffend beschreibt als eine Art von katholischem Heimtaverein. Man kann die ganze Debate in verschiedene Richtungen und mit unterschiedlichen Ergebnissen auflösen: Zuerst wird man sachlich feststellen müssen, dass der Papst den KKK hat ändern lassen und dass er durchaus berechtigt ist, das zu tun. Wenn man Georg Bier und Norbert Lüdecke folgt, dann kann man die Frage nach der Verbindlichkeit relativ schnell beantworten. Der Papst hat die Lehre der Kirche authentisch und damit per definitionem richtig ausgelegt, die nun vorgelegte Lehre dürfte unter c. 752 fallen und damit religiösen Verstandes- und Willensgehorsam beanspruchen. Ein Verstoß gegen diese Norm ist im übrigen nach c. 1371 Nr. 1 strafbar. Anwendung finden diese beiden Normen allerdings in der Praxis kaum. Folgt man jenen weit verbreiteten Diskursen, die dem CCC eine nur begrenzte Verbindlichkeit zusprechen, so wird man ohne weiteres diesen neu formulierten Satz als nicht letztlich bindend ansehen können. Ein anderer Zugang ist der Gedanke von der sich entwickelnden und dabei auch verändernden Lehre der Kirche, wie Ruff sie ausführt. Eine ähnliche Entwicklung finden wri in der Lehre vom gerechten Krieg. Hier wie da hat die Kirche ein Faktum Hingenommen, an dessen Zulässigkeit sie hohe Anforderungen formulierte, so hoch, dass man sie zuletzt nicht mehr erfüllen konnte. Damit aber ist man an einem faktischen Verbot angekommen, das nun in ein formelles Verbot umgeschlagen ist. Eine deutliche Neuakzentuierung, aber eben kein Bruch. In den Kreisen der selbsternannten Tradition entwickelt man eine wie ich meine interessante andere Argumenation, die dem Gedanken des sensus fidelium ähnelt und darauf hinaus läuft, dass es Sache der Gläubigen sei, die Vereinbarkeit einer päpstliche vorgelegten Lehre mit der Lehre der Kirche festzustellen (oder auch zu verneinen) und deren Verbindlichkeit daran zu messen. Päpstliche Lehre ist dann eben nicht mehr ex sese, sondern nur ex consensu ecclesiae verbindlich. Eine Sicht, der nicht nur Hans Küng ohen weiteres zustimmen wird. Ob die Kirche lehramtlich der Todesstrafe jemals positiver gegenüberstand als in jenem Modus, der sie schlicht hin nahm, darf allerdings bezweifelt werden (den Beweis des Gegenteils würde ich gerne sehen). Dass sie sich auch nicht ausdrücklich gegen sie gewandt hat, das steht auf einem anderen Blatt und wird nach meiner Vermutung dem herrschenden Zeitgeist geschuldet gewesen sein. Die in der Literatur aufgeführte positivste Wertung der Tdesstrafe findet sich bei Innozenz III., der in ein am 18. Dezember 1208 an den Erzbischof von Tarragona gerichtetes Schreiben 1210 einen Satz einfügt: "Was die weltliche Gewalt betrifft, so erklären wir, dass sie ohne Todsünde ein Bluturtiel vollstrecken kann, solange sie zum Vollzug der Strafe nicht aufgrund von Hass, sondern aufgrund eines richterlichen Urteils, nicht unvorsichtig, sondern überlegt schreitet." Eine vorbehaltlose Unterstützung sieht anders aus! Jone, Katholische Moraltheologie 1937, stellt die Zuässigkeit der Hinrichtung im Rechtsstaat trocken fest, kennt allerdings auch das Recht des Veruteilten, eine lebensgefährliche Flucht zu riskieren, um dem Urteil zu entgehen (er darf das auch, um lebenslanger Haft zu entgehen, ansonsten ist eine lebensgefährliche Flucht sündhaft). Quellen nennt er keine, interessant ist aber, dass er auch keine Pflicht des Delinquenten kann, sich der Todesstrafe zu unterwerfen, im Unterschied zu einer legitimen und begrenzten Haft- oder Geldstrafe. Der damals in Kraft befindliche Codex kannte die etwas (wie ich meine) kuriose Regelung, dass der Richter, der eine Todesstrafe fällt, für die Weihe irregulär wird (c. 984 Nr. 6 CIC/19817), nicht aber der Henker, der sie vollstreckt (c. 985 Nr. 4 CIC/1917), der Codex spricht hier nur vom Homizid (in einem Satz mit Abtreibung), ohne die in der Literatur üblichen Unterscheidung zwischen Mord, Todschlag und fahrlässiger Tötung auf der einen und Hinrichtung auf der anderen Seite. Zu beiden Canones verweist Gasparris Quellensammlung nicht auf das oben genannte Schreiben von Innozenz III., das wird hier also keine Rolle gespielt haben (Gasparri hat die Quellenedition nach der Veröffentlichung des piobenediktinischen Codex erarbeitet, da er diesen federführend redigiert hat, werden ihm die relevanten Quellen jedoch bekannt gewesen sein). Die Stimmen für eine gegensätzliche Position sind demgegenüber in der Tat weit jünger, das Schreibend er Glaubenskongregation referiert sie nun gründlich. Am spannendsten aber finde ich die lehramtliche Aussage, dass sich die Lehre entwickle. Auch das ist nicht neu, aber es ist neu, dass es so klar gesagt wird, 4 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Merkur Geschrieben 6. August 2018 Melden Share Geschrieben 6. August 2018 Ich habe den Codex 1917 nur auf Englisch gefunden, da gibt es noch einen c. 984 Nr. 7, der anscheinend die Henker betrifft. Diese Regelung sieht nach einem Argument dafür aus, dass die Kirche die Todesstrafe auch bisher für ein Übel gehalten hat, das eher widerwillig geduldet wurde. Ein Kleriker sollte damit zumindest nichts zu tun haben. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Chrysologus Geschrieben 6. August 2018 Melden Share Geschrieben 6. August 2018 Ich kann Dir gerne ein Exemplar auf Latein überlassen - in der Sache hast du Recht, den hatte ich überlesen. Am Duktus meiner Argumentation ändert es aber nichts. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Studiosus Geschrieben 6. August 2018 Melden Share Geschrieben 6. August 2018 vor 24 Minuten schrieb Merkur: Ich habe den Codex 1917 nur auf Englisch gefunden, da gibt es noch einen c. 984 Nr. 7, der anscheinend die Henker betrifft. Diese Regelung sieht nach einem Argument dafür aus, dass die Kirche die Todesstrafe auch bisher für ein Übel gehalten hat, das eher widerwillig geduldet wurde. Ein Kleriker sollte damit zumindest nichts zu tun haben. Ich denke es ist klar, dass die Todesstrafe niemals als "wünschenswert" betrachtet wurde. Vielmehr stellte sie die ultima ratio dar. Kleriker haben sie niemals vollstreckt. Daher auch das - immer sozial geächtete - Handwerk des Henkers. Warum also die Todesstrafe? Thomas von Aquin - und die von ihm abhängigen Traditionsarme - argumentieren mit dem bonum commune, dem Gemeinwohl des Staates und dem Recht der Gesellschaft, sich gegen Straftäter zu verteidigen. An der Todesstrafe für Häretiker lässt sich das gut illustrieren: Der Häretiker gefährdet durch sein Wirken nicht die körperliche Unversehrtheit der Menschen, sondern das ewige Seelenheil der Bevölkerung. Das Motiv der "Ansteckung" wird hier bemüht: Der Ketzer muss aus der Gesellschaft dauerhaft entfernt werden, damit er die gesunden Teilen des Volkes nicht verderbe. Die Häresie gilt bei Thomas als gefährlicheres Verbrechen als bspw. Mord, sodass die Todesstrafe opportun erscheint. Diw Ausführenden laden bei Vollstreckung auch keine Schuld auf sich - wie man mit Verweis auf den Dekalog annehmen könnte - sondern verhelfen der Gerechtigkeit zum Durchbruch. Dass sich das mit modernen Straftheorien nicht recht vertragen will bedarf keiner gesonderten Erwähnung. Saluti cordiali, Studiosus. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Studiosus Geschrieben 6. August 2018 Melden Share Geschrieben 6. August 2018 (bearbeitet) vor einer Stunde schrieb Merkur: Ich habe den Codex 1917 nur auf Englisch gefunden, da gibt es noch einen c. 984 Nr. 7, der anscheinend die Henker betrifft. Der genannte Canon betrifft die carnifices insofern, als dass diesselbe Norm Irregularitäten ("Weihehindernisse") benennt, welche die Aufnahme in den Klerus bzw. die Erteilung der heiligen Weihen unmöglich machen. Zum von den Weihen ausgeschlossenen Personenkreis gehören demnach jene, welche das Amt des Henkers angenommen haben und jene, welche ihnen bei der Vollstreckung eines Todesurteils (freiwillig und unmittelbar) gedient (ministri) haben. Für den neuen Kodex ist hier c. 1041 n. 4/CIC1983 heranzuziehen, welcher freilich die Henker nicht mehr expressis verbis erwähnt. Genannt sind jene, die vorsätzlich einen Menschen getötet oder eine vollendete Abtreibung vorgenommen haben, sowie all jene, die positiv daran mitgewirkt haben. Saluti cordiali, Studiosus. bearbeitet 6. August 2018 von Studiosus Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Flo77 Geschrieben 6. August 2018 Melden Share Geschrieben 6. August 2018 vor 2 Stunden schrieb Studiosus: Für den neuen Kodex ist hier c. 1041 n. 4/CIC1983 heranzuziehen, welcher freilich die Henker nicht mehr expressis verbis erwähnt. Genannt sind jene, die vorsätzlich einen Menschen getötet oder eine vollendete Abtreibung vorgenommen haben, sowie all jene, die positiv daran mitgewirkt haben. Man sollte letzteres ("all jene, die positiv daran mitgewirkt haben") mal bis zum Brathähnchen durchexcerzieren. Mal sehen, wieviele dann noch übrig bleiben. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Merkur Geschrieben 6. August 2018 Melden Share Geschrieben 6. August 2018 Wie sähe es z.B. bei einem Staatsoberhaupt aus, das sich weigert, einem Gnadengesuch eines zum Tode Verurteilten stattzugeben? Oder gelten hier auch die im Strafrecht üblichen Rechtfertigungs- und Entschuldigungsgründe? Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Studiosus Geschrieben 6. August 2018 Melden Share Geschrieben 6. August 2018 (bearbeitet) Das kann ich nicht sagen. Da weiß Chrysologus sicher mehr. Ich kann nur den Terminus cooperatio ad malum aus der Moraltheologie anführen. Ich vermute aber, dass unter "positiver Mitwirkung" all das gefasst ist, was aktiv zum Gelingen des Tötungsaktes beiträgt. Also die Krankenschwester, welche die Instrumente dem abtreibenden Arzt anreicht, oder der Wärter, der den Delinquenten an der Liege festschnürt. Aber das ist einzig meine - weitgefasste - Auslegung. Im Falle der Abtreibung wäre sogar eine etwaige Schuld derer denkbar, die die betroffene Frau dazu anstiften/drängen. Saluti cordiali, Studiosus. bearbeitet 6. August 2018 von Studiosus Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Frank Geschrieben 6. August 2018 Melden Share Geschrieben 6. August 2018 (bearbeitet) vor 1 Stunde schrieb Studiosus: Das kann ich nicht sagen. Da weiß Chrysologus sicher mehr. Ich kann nur den Terminus cooperatio ad malum aus der Moraltheologie anführen. Ich vermute aber, dass unter "positiver Mitwirkung" all das gefasst ist, was aktiv zum Gelingen des Tötungsaktes beiträgt. Also die Krankenschwester, welche die Instrumente dem abtreibenden Arzt anreicht, oder der Wärter, der den Delinquenten an der Liege festschnürt. Aber das ist einzig meine - weitgefasste - Auslegung. Im Falle der Abtreibung wäre sogar eine etwaige Schuld derer denkbar, die die betroffene Frau dazu anstiften/drängen. Saluti cordiali, Studiosus. Wie siehts mit dem Parlamentarier aus, der Gegen eine Abschaffung bzw für eine Einführung der Todesstrafe stimmt? Wie siehts bei einem Parteitagsdelegierten aus, der auf dem Parteitag dafür stimmt, das seine Partei im Parteiprogramm die Forderung nach Einführung/ Beibehaltung der Todesstrafe erhebt? Ganz unabhängig davon ob der Parlamentarier oder seine Partei mit der jeweiligen Position eine Mehrheit erringt oder nicht. bearbeitet 6. August 2018 von Frank Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Studiosus Geschrieben 6. August 2018 Melden Share Geschrieben 6. August 2018 (bearbeitet) Das kann ich alles nicht beantworten. Nur vermuten. Ich muss aber nochmal ins Gedächtnis rufen, dass der Ausgangspunkt ein Canon des alten Kirchenrechtskodex war, der Irregularitäten, oder besser gesagt Weihehindernisse, regelt. C. 1041 des CIC von 1983 tut das ebenfalls. Das oben Genannte bezieht sich also erst einmal auf eine männliche Person, welche einen Weihegrad anstrebt. Für sie bedeutet es ein Weihehindernis. Außerhalb des "Weiherechts" sind darüber hinaus Strafen für die vollendete Abtreibung und die positiv daran Mitwirkenden geregelt. Unabhängig von Geschlecht oder Stand. Um genau zu sein ist für die Abtreibung die Exkommunikation reserviert. Einer der seltenen Fälle, die es in den erneurten Kodex geschafft hat. Wie nun die positive Mitwirkung zu definieren ist und ob darunter auch der abstrakte Vorgang einer parlamentarischen Abstimmung fallen würde, müsste erst eruiert werden. Ich glaube das ist nicht der Fall. Das Recht ist - insbesondere, wenn es um zu verhängende* Strafen geht - sehr eng auszulegen. Daher vermute ich, dass nur die tatsächlichen mittelbar oder unmittelbar am Akt Beteiligten von dieser Strafnorm erfasst werden. Wie gesagt, ich kann mich täuschen. Ich weiß von Priestern, vor allem aus dem amerikanischen Raum, die Senatoren und Abgeordneten, die aktiv an Gesetzgebungsverfahren zur Ermöglichung der Abtreibung beteiligt sind oder waren, die Kommunion verweigerten. Eben mit der Begründung, die hier diskutiert wird: Der einzelne Parlamentarier hat durch bejahendes Votum positiv an der Vollendung von Abtreibungen teilgenommen. Ist daher im schlimmsten Falle der Exkommunikation verfallen oder zumindest in Todsünde. Ist am Empfang der Eucharistie also gehindert bzw. nicht recht disponiert. Ob das kanonistisch alles hasenrein ist maße ich mir zu beurteilen nicht an. Interessant ist es allemal. Saluti cordiali, Studiosus. *Wobei "verhängen" nicht in jedem Falle der richtige Begriff ist, da es auch eine Exkommunikation latae sententiae als Tatstrafe gibt. bearbeitet 6. August 2018 von Studiosus Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Chrysologus Geschrieben 6. August 2018 Melden Share Geschrieben 6. August 2018 vor 8 Stunden schrieb Studiosus: Ich denke es ist klar, dass die Todesstrafe niemals als "wünschenswert" betrachtet wurde. Vielmehr stellte sie die ultima ratio dar. Das ist ein nicht unwesentlicher Punkt in der Debatte, der genau diese Option offen läßt, dass das Reich Gottes nunmehr so weit fortgeschritten sei, dass sie eben nicht mehr ultima ratio ist. Wenn der Papst allerdings die Verwerflichkeit damit begründet, dass sie gegen die aus der Gottebenbildlichkeit resultierenden Würde des Menschen verstoße, dann qualifiziert er sie damit als in sich schlechte Handlung. Mein Zitat von Innozenz III. geht in diese Richtung - etwas, das keine Todsünde ist, kann immer noch Sünde sein (der Mann war schließlich ein Berufskollege von mir, und in diesem Fach besser als ich). Thomas hingegen stellt schon einen Bruch dar mit seiner Lehre im Blick auf Ketzter, weil er von einer Verurteilung der Lehre zur Verurteilung des Lehrenden übergeht, was eien Neurung war. So stand am Ende des unseligen Inquisitionsverfahrens gegen Petrus Abaelardus in Soissons die Verurteilung einiger seiner Lehren, er mußte seine Theologia summi boni (mit diesem Titel prägte er die Bedeutung des Wortes Theolgie im heutigen Sinne) verbrennen, was aber seiner weiteren Karriere als Abt, Lehrer und Ordensgründer keinen Abbruch tat. Also sehen wir schon auf dem Weg von der Antike über Innozenz III. (der ein geistiger Enkel Abaelards war, vermittelt über Petrus Lombardus) hin zu Thomas eine deutliche Wandlung und Veränderung in der kirchlichen Lehre, die die Todesstrafe mehr und mehr akzeptierte (es gibt Reden Pius XII., die mehr als nur eine Akzeptanz erkennen lassen), und dann seit dem II. Vatikanischen Konzil und Johannes-Paul II. eine sehr dezidierte Entwicklung in Gegenrichtung. vor 8 Stunden schrieb Studiosus: Der genannte Canon betrifft die carnifices insofern, als dass diesselbe Norm Irregularitäten ("Weihehindernisse") benennt, welche die Aufnahme in den Klerus bzw. die Erteilung der heiligen Weihen unmöglich machen. Unmöglich würde ich nicht sagen, erschweren trifft es eher, man benötigt eine Dispens. Diese wird - außer es geht um das Eheband - in der Regel auch gewährt. vor 5 Stunden schrieb Merkur: Wie sähe es z.B. bei einem Staatsoberhaupt aus, das sich weigert, einem Gnadengesuch eines zum Tode Verurteilten stattzugeben? Wenn er sich weihen lassen wollte - könnte spannend werden, Das wäre eine eher politische Entscheidung, nehme ich mal an. Da man das Hindernis allerdings womöglich als eine Beschränkung der freien Rechtsausübung des Bischofs ind er AUswahl seiner Kleriker verstehen kann, müßte man die Norm wohl eng (cf. c. 18) auslegen. Nicht-handeln ist kaum als positive Mitwirkung zu verstehen. vor 5 Stunden schrieb Studiosus: Ich vermute aber, dass unter "positiver Mitwirkung" all das gefasst ist, was aktiv zum Gelingen des Tötungsaktes beiträgt. Also die Krankenschwester, welche die Instrumente dem abtreibenden Arzt anreicht, oder der Wärter, der den Delinquenten an der Liege festschnürt. Aber das ist einzig meine - weitgefasste - Auslegung. Moraltheologisch sicherlich - rechtlich eher nein. Die Mutter einer immer noch sehr guten Freundin war als Hebamme in einem Krankenhaus tätig. Sie hat sich dort geweigert, an Fruchtwasserbiopsien teilzunehmen, weil diese nur gemacht würden, um Abtreibungen vorzubereiten. Ich halte dies für eine Moraltheologisch legitime Argumentation, die eine solche Entscheidung zu einer Gewissensfrage machen kann. Strafrechtlich allerdings sind wir an die enge Auslegung gebunden, c. 18 ist nur ein Widerhall analoger Normen aus dem Corpus und den Reguale iuris Justinians. Mittäter ist der, der konkret hilft, der die Instrumente anreicht, der den Delinquenten anbindet, der das Urteil schreibt. Wer das Urteil abtippt oder zustellt, die Liege aufstellt, die Instrumente zusammen mit anderen sterilisiert, der ist mittelbar beteiligt und bleibt ebenso straffrei wie derjenige, der die Abrechnung macht, die Liege liefert oder das Papier für das Urteil herstellt. vor 5 Stunden schrieb Studiosus: Im Falle der Abtreibung wäre sogar eine etwaige Schuld derer denkbar, die die betroffene Frau dazu anstiften/drängen. Moralisch ja, strafrechtlich nur dann, wenn Zwang ausgeübt wird (der dann die Frau entschuldigt). vor 4 Stunden schrieb Frank: Wie siehts mit dem Parlamentarier aus, der Gegen eine Abschaffung bzw für eine Einführung der Todesstrafe stimmt? Nach meiner nicht unumstrittenen Lesart des Gesetzes droht ihm nichts. Wo allerdings Ortsbischöfe bislang mit Exkommunikationen bei entsprechenden Gesetzen in Sachen Abtreibung gedroht haben, da müssen sie konsequenterweise nun auch gegen Exekutionsbefürworter vorgehen. Ein Vorgehen, das ich allerdings für rechtwidrig halte. vor 4 Stunden schrieb Frank: Wie siehts bei einem Parteitagsdelegierten aus, der auf dem Parteitag dafür stimmt, das seine Partei im Parteiprogramm die Forderung nach Einführung/ Beibehaltung der Todesstrafe erhebt? Ganz unabhängig davon ob der Parlamentarier oder seine Partei mit der jeweiligen Position eine Mehrheit erringt oder nicht. Das würde die Höhe der Beihilfe kaum übersteigen. Man könnte nun - wie im Fall der Abtreibungsfrage auch - diskutieren, ob Bischof oder Papst rechtmäßig anordnen können, dass ein konkreter Parlamentarier sich in dezidierter Weise zu verhalten hätten. Dann könnte man über eine gerechte Strafe nachdenken, die allerdings keine direkte oder verdeckte Dauerstrafe sein darf. Also über das kirchliche Strafrecht ist hier kein Blumentopf zu gewinnen. 2 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Chrysologus Geschrieben 6. August 2018 Melden Share Geschrieben 6. August 2018 vor 4 Stunden schrieb Studiosus: Ich weiß von Priestern, vor allem aus dem amerikanischen Raum, die Senatoren und Abgeordneten, die aktiv an Gesetzgebungsverfahren zur Ermöglichung der Abtreibung beteiligt sind oder waren, die Kommunion verweigerten. Eben mit der Begründung, die hier diskutiert wird: Der einzelne Parlamentarier hat durch bejahendes Votum positiv an der Vollendung von Abtreibungen teilgenommen. Ist daher im schlimmsten Falle der Exkommunikation verfallen oder zumindest in Todsünde. Ist am Empfang der Eucharistie also gehindert bzw. nicht recht disponiert. Halte ich für rechtswidrig. Sie können nicht einmal ahnen, ob der/die Betreffende beichten war, damit fehlt es an jeder Basis für ein entsprechendes Verhalten. Ein Bekannter von mir durfte in den späten 1950ern nicht Ministrant werden, weil sein Vater (der Bürgermeister) mit dem Pfarrer in Sachen Flurbereinigung über Kreuz lag. Es ist ein schwerer Mißbrauch des Amtes - ich bin aber mal gespannt, wie diese Vertretzer sich nun Exekutionsbefürwortern (ein böses Wort, ich weiß) gegenüber verhalten. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
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